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VfGH vom 14.12.2005, V74/05

VfGH vom 14.12.2005, V74/05

Sammlungsnummer

17743

Leitsatz

Aufhebung des Flächenwidmungsplanes 2002 der Stadt Graz hinsichtlich der Festlegung der Widmungs- und Nutzungsart "Reines Wohngebiet" sowie einer bestimmten Bebauungsdichte für ein Grundstück im Grüngürtel wegen Widerspruchs zum Stadtentwicklungskonzept 2001; folglich Aufhebung des Bebauungsplanes "Pongratzgründe" mangels gesetzlicher Deckung

Spruch

1. Der 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 der Landeshauptstadt Graz, Beschlüsse des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , und , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom und kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 1 vom , wird, soweit damit für das Grundstück Nr. 610, KG Waltendorf, die Widmungs- und Nutzungsart "Reines Wohngebiet" sowie eine Bebauungsdichte von 0,2-0,3 festgelegt wird, als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Der 09.08 Bebauungsplan "Pongratzgründe" der Landeshauptstadt Graz, Beschluss des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 8 vom , wird als gesetzwidrig aufgehoben.

3. Die Steiermärkische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1026/03 ein Beschwerdeverfahren anhängig, dem folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Mit Eingabe vom beantragte die mitbeteiligte Partei beim Magistrat Graz die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer Wohnhausanlage mit 24 Wohneinheiten auf dem (nunmehrigen) Grundstück Nr. 610, KG Waltendorf.

Die Beschwerdeführer brachten vor der mündlichen Bauverhandlung am diverse Einwendungen gegen das Bauprojekt vor und sprachen sich in der Verhandlung gegen die Erteilung der beantragten Baubewilligung aus.

1.2. Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom wurde der mitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung unter gleichzeitiger Festsetzung von Auflagen erteilt. Die von den Nachbarn vorgebrachten Einwendungen verwies die Behörde zum Teil auf den Zivilrechtsweg, zum Teil wies sie diese zurück bzw. ab.

1.3. Die Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz gab der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung mit dem angefochtenen Bescheid vom keine Folge und bestätigte den Bescheid der Behörde erster Instanz. Das Bauvorhaben entspreche sowohl hinsichtlich seiner Nutzung als auch hinsichtlich der auftretenden Immissionen durch Lärm und Abgase der Ausweisung im Flächenwidmungsplan. Der in Geltung stehende 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 sei eine rechtsgültig kundgemachte Verordnung und von der Behörde im Bauverfahren anzuwenden. Für den in Rede stehenden Bauplatz bestehe weiters der 9.8 Bebauungsplan "Pongratzgründe". Von der Behörde erster Instanz sei unter Bezugnahme auf ein schall- und ein ablufttechnisches Gutachten zweier Amtssachverständiger des Umweltamtes festgestellt worden, dass die auftretenden Belastungen durch Lärm und Abluft durchaus dem Charakter eines Wohngebietes entsprächen. Die im Berufungsschriftsatz angeführten Bebauungsgrundlagen beinhalteten keinen Immissionsschutz, sodass keine Verletzung der Nachbarn in einem subjektiv-öffentlichen Recht vorliege. Die im Berufungsvorbringen enthaltene Dichteberechnung sei darüber hinaus unrichtig; die Länge der vorgesehenen Baukörper entspreche dem Bebauungsplan. Hinsichtlich der Einwendung, dass nach dem Bebauungsplan maximal eine zweigeschossige Bebauung mit einem ausgebauten Dachgeschoss zulässig sei, es sich aber tatsächlich zumindest teilweise um dreigeschossige Ausbauten handle, seien die Beschwerdeführer präkludiert. Aufgrund der Aussage des technischen Amtssachverständigen und dem baugeologischen Gutachten im Verfahren erster Instanz entspreche auch die geplante Beseitigung der Niederschlagswässer dem Stand der Technik. Die Berufungsbehörde habe zu dieser Frage auch ein neuerliches Gutachten des technischen Amtssachverständigen eingeholt, welches eindeutig feststelle, dass durch die für die Beseitigung der Niederschlagswässer geplanten Anlagen keine Gefahr oder unzumutbare Belästigung entstehe. Die Frage, ob eine Bewilligungspflicht nach dem Wasserrechtsgesetz bestehe, sei nicht von der Baubehörde zu beurteilen.

2. Die gegen diesen Bescheid gerichtete, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte, zu B1026/03 protokollierte Beschwerde behauptet die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG), auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) und "auf Einhaltung des Legalitätsprinzips" sowie die Verletzung "in ihrem Recht auf Parteiengehör und ihren in § 26 Stmk BauG normierten Nachbarrechten, insbesondere die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, dem Bebauungsplan und Bebauungsrichtlinien, auf Erlassung eines gesetzmäßigen Flächenwidmungsplanes, Bebauungsplanes und gesetzmäßiger Bebauungsrichtlinien, zumal durch das geplante Bauvorhaben gesundheitsbeeinträchtigende Immissionen für die Beschwerdeführer nicht auszuschließen" seien; der angefochtene Flächenwidmungsplan und der Bebauungsplan widersprächen dem Gesetz.

3.1. Die belangte Behörde legte Verwaltungs- und Verordnungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie inhaltlich auf eine beigelegte Stellungnahme des Stadtplanungsamtes der Stadt Graz vom verweist und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

3.2. Am erstattete das Stadtplanungsamt eine ergänzende Stellungnahme.

4. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Äußerung, in der sie dem Beschwerdevorbringen zusammenfassend entgegenhält, dass zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich seien, und die Ablehnung der Beschwerdebehandlung, in eventu die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. 1. Aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens beschloss der Verfassungsgerichtshof am , gemäß Art 139 Abs 1 B-VG

"1. die Gesetzmäßigkeit des 3.0 Flächenwidmungsplanes 2002 der Landeshauptstadt Graz, Beschlüsse des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , und , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom und kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 1 vom , soweit damit für das Grundstück Nr. 610, KG Waltendorf, die Widmungs- und Nutzungsart 'Reines Wohngebiet' sowie eine Bebauungsdichte von 0,2-0,3 festgelegt wird, sowie

2. die Gesetzmäßigkeit des 09.08 Bebauungsplanes 'Pongratzgründe' der Landeshauptstadt Graz, Beschluss des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 8 vom "

von Amts wegen zu prüfen.

2. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich folgendermaßen dar:

2.1. §§8 Abs 1, 10 Abs 1, 21, 22 Abs 1, 27 und 28 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 127/1974 in der Fassung LGBl. Nr. 64/2000 (in der Folge: Stmk ROG 1974) lauten:

"§8

Entwicklungsprogramm

(1) Die Landesregierung hat in Durchführung der Raumordnungsgrundsätze sowie der Aufgaben der überörtlichen Raumordnung (§6 Z. 1) durch Verordnung Entwicklungsprogramme zu erlassen.

[...]

§10

Regionale Entwicklungsprogramme

(1) Regionale Entwicklungsprogramme sind auf Grundlage des Landesentwicklungsprogrammes einschließlich der Entwicklungsprogramme für Sachbereiche aufzustellen. Sie haben die anzustrebende ökologische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der Planungsregion in Zielen und Maßnahmen darzustellen.

[...]

§21

Örtliches Entwicklungskonzept

(1) Ausgehend von den Ergebnissen der Bestandsaufnahme und unter Bedachtnahme auf überörtliche Planungen hat jede Gemeinde ein örtliches Entwicklungskonzept aufzustellen.

(2) Im örtlichen Entwicklungskonzept sind rechtswirksame Planungen des Bundes und Landes zu berücksichtigen.

(3) Das örtliche Entwicklungskonzept hat die langfristigen Entwicklungsziele der Gemeinde aufeinander abgestimmt festzulegen. Die Maßnahmen zur Erreichung der Entwicklungsziele, ihre Reihung und Finanzierung sind aufzuzeigen.

(4) Der Aufbau des örtlichen Entwicklungskonzeptes soll dem des regionalen Entwicklungsprogrammes gemäß § 10 entsprechen.

[...]

(6) Das örtliche Entwicklungskonzept besteht aus dem Wortlaut, den erforderlichen zeichnerischen Darstellungen und einer Erläuterung.

(7) Das örtliche Entwicklungskonzept sowie die Sachbereichskonzepte (Abs5 und Abs 5a) sind vom Gemeinderat mit Zweidrittelmehrheit zu beschließen. Die Gemeindemitglieder sollen vor Beschlußfassung über das örtliche Entwicklungskonzept in öffentlichen Versammlungen ausreichend informiert werden. Das beschlossene örtliche Entwicklungskonzept und die Sachbereichskonzepte sind vom Bürgermeister nach den Bestimmungen der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 bzw. des Statutes der Landeshauptstadt Graz kundzumachen.

§22

Flächenwidmungsplan

(1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung (§18 Z. 1) für ihr Gemeindegebiet durch Verordnung einen Flächenwidmungsplan aufzustellen. Der Flächenwidmungsplan darf den Gesetzen und Verordnungen des Bundes und des Landes, insbesondere den Raumordnungsgrundsätzen und den Entwicklungsprogrammen des Landes und dem örtlichen Entwicklungskonzept (§21) nicht widersprechen.

[...]

§ 27

Verfahren zur Bebauungsplanung

(1) Jede Gemeinde hat nach Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes mit der Bebauungsplanung zu beginnen und durch Verordnung Bebauungspläne zu erlassen. [...]

[...]

(4) Bebauungspläne [...] dürfen Gesetzen und Verordnungen des Bundes und des Landes, insbesondere den Raumordnungsgrundsätzen und den Entwicklungsprogrammen des Landes, sowie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen. [...]

[...]

§28

Inhalt der Bebauungsplanung

(1) Mit der Bebauungsplanung ist eine den Raumordnungsgrundsätzen entsprechende Entwicklung der Struktur und Gestaltung des im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Baulandes anzustreben. Im Bebauungsplan sind die Inhalte des Flächenwidmungsplanes ersichtlich zu machen.

[...]"

2.2. Am trat die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom , mit der ein regionales Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Graz und Graz-Umgebung erlassen wird, LGBl. für die Steiermark Nr. 26/1996, in Kraft.

§ 3 Abs 20 dieser Verordnung lautet:

"§3

Ziele und Maßnahmen

[...]

(20) Freihalten des Grüngürtels in der Landeshauptstadt Graz und den Nachbargemeinden von weiterer Baulandausweisung.

[...]"

2.3. Das am vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz beschlossene "Stadtentwicklungskonzept 1990" enthielt betreffend den "Grüngürtel" folgende Regelungen:

"Die Erhaltung des Grüngürtels ist eine notwendige Voraussetzung für die Verbesserung des Stadtklimas und Aufrechterhaltung des ökologischen Gleichgewichtes.

* Sicherung der für das Stadtklima erforderlichen

Freilandflächen (Kaltluftproduktion und Kaltluftabfluß)

* Flächensicherung bestehender landwirtschaftlicher

Betriebe

* Erhaltung und Verbesserung der Naherholungsfunktion

* Keine Ausweitung bestehender Baugebiete im Grüngürtel

- es sind nur Auffüllungen und Abrundungen zulässig

* Geringe Bodenversiegelung und intensive Durchgrünung

* Bebauungsdichte maximal 0,3, Bebauung maximal

zweigeschossig"

2.4. Am trat die Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom über das 3.0 Stadtentwicklungskonzept der Landeshauptstadt Graz, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Graz Nr. 4 vom , (in der Folge: Stadtentwicklungskonzept 2001) in Kraft. Betreffend den Grüngürtel enthält das Stadtentwicklungskonzept 2001 folgende (in Normalschrift abgedruckte) normative Festlegungen und (in Kursivdruck) dazu angeführte Erläuterungen:

"Die große Bedeutung des Grüngürtels für das Klima, das ökologische Gleichgewicht und die Naherholung in der Stadt ist unbestritten und durch wissenschaftliche Untersuchungen erhärtet.

Der Grüngürtel ist seit der Beschlussfassung des ersten Stadtentwicklungskonzeptes 1980 ein essentieller Bestandteil der Raumordnung der Landeshauptstadt Graz und wurde entsprechend der Diktion - keine Ausweitung bestehender Baugebiete, es sind nur Auffüllungen und Abrundungen zulässig - bei der Flächenwidmungsplanung 1982 und 1992 konsequent beachtet.

Auf Grund der positiven raumordnungspolitischen Wirkung wurde der Begriff 'Grüngürtel' in das Regionale Entwicklungsprogramm Graz/Graz-Umgebung 1995 aufgenommen und auf die benachbarten Gemeinden ausgedehnt.

Gemäß den Erläuterungen zu § 3 (20) des Regionalen Entwicklungsprogrammes ist die Abgrenzung des Grüngürtels in der örtlichen Raumplanung vorzunehmen:

Es wurden daher die bereits in den Stadtentwicklungskonzepten 1980 und 1990 der Landeshauptstadt Graz festgelegten Grenzen und Inhalte des Grüngürtels im Grundsätzlichen beibehalten. An Stelle der bisherigen möglichen 'Abrundungen' und 'Auffüllungen' sind darin nunmehr 'kleinräumige Ergänzungen des Baulandes' nach klaren Kriterien zugelassen.

Innerhalb der Stadtgrenzen erstreckt sich der Grüngürtel im Westen auf den Plabutsch-Buchkogelzug, im Norden und Osten auf das Grazer Hügelland und umfasst 'Freiland' in Form landwirtschaftlich genutzter Flächen sowie Sondernutzungen im Freiland, Wald und bestehende gut durchgrünte Baugebiete. Diese gut durchgrünten Baugebiete beinhalten im Wesentlichen Baubestände aus der Zeit vor Rechtswirkung des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, sie sind mit dem Freiland stark verzahnt und bilden ein charakteristisches Element des Grazer Grüngürtels.

[...]

Bestehende Baugebiete im Grüngürtel

Diese gut durchgrünten Baugebiete beinhalten im Wesentlichen Baubestände aus der Zeit vor Rechtswirkung des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, sie sind mit dem Freiland stark verzahnt und bilden ein charakteristisches Element des Grazer Grüngürtels.

* Im Grüngürtel sind nur kleinräumige Ergänzungen des

Baulandes unter Beachtung folgender Kriterien zulässig:


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-
Erhaltung der großräumigen Freiflächen und deren Verbindung untereinander


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-
Rücksichtnahme auf landschaftliche, topographische und klimatische Gegebenheiten


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-
Bauplatzeignung


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* Bebauungsdichte höchstens 0,3

* Bebauung höchstens zweigeschossig - das bedeutet, ein


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höchstens zweigeschossiges Erscheinungsbild mit einem möglichen ausgebauten Dachgeschoß oder zurückgesetztem zweiten Obergeschoß


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* Grundsätzlich nur offene Bebauungsweise

* Einschränkung der versiegelten Flächen (einschließlich


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bebauter Flächen) auf 30%

* In Gebieten, die durch öffentliche Verkehrsmittel gut


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erschlossen sind, ist eine geringfügige Überschreitung der Bebauungsdichte von 0,3 im Flächenwidmungsplan zulässig, unter Bedachtnahme auf topographische und klimatische Verhältnisse."

2.5. Der 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 der Landeshauptstadt Graz, Beschlüsse des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , und , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom und kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 1 vom legt für das Baugrundstück Nr. 610, KG Waltendorf, die Widmungs- und Nutzungsart "Reines Wohngebiet" sowie eine Bebauungsdichte von 0,2-0,3 fest.

2.6. Der 09.08 Bebauungsplan "Pongratzgründe" der Landeshauptstadt Graz, Beschluss des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 8 vom , legt insbesondere in seinem § 10 Abs 3 fest:

"Die Bauten sind maximal zweigeschossig auszuführen, die Errichtung eines ausgebauten Dachgeschosses mit einer Dachneigung von max. 45 Grad ist zulässig."

3. Der Verfassungsgerichtshof ging vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig sei und er bei seiner Entscheidung darüber aus folgendem Grund die beiden in Prüfung gezogenen Verordnungen des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz anzuwenden hätte:

"Als 'präjudiziell' aus Anlass eines Bescheidprüfungsverfahrens erachtet der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung alle Rechtsvorschriften, die die bescheiderlassende Behörde tatsächlich angewendet hat oder anzuwenden verpflichtet war (vgl. etwa VfSlg. 8999/1980, 11.752/1988, 12.677/1991, 14.078/1995).

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz bei der Erlassung des angefochtenen Berufungsbescheides vom den Flächenwidmungsplan 3.0 insofern angewendet hat, als damit für das Grundstück Nr. 610, KG Waltendorf, die Widmungs- und Nutzungsart 'Reines Wohngebiet' und eine Bebauungsdichte von 0,2 - 0,3 festgelegt wurde. Der Verfassungsgerichtshof geht auch vorläufig davon aus, dass das in Rede stehende Grundstück im Flächenwidmungsplan insofern abgrenzbar ist, als die Parzellennummer 610 aus der der Verordnung zugrunde liegenden Plandarstellung ablesbar ist. Im Hinblick darauf, dass in der Kundmachung des Flächenwidmungsplanes 3.0 im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz vom die Feststellung 'Mit der Rechtswirksamkeit des 3.0 Flächenwidmungsplanes der Landeshauptstadt Graz tritt der Flächenwidmungsplan 1992 [...] außer Kraft' getroffen wird, dürfte es sich bei dieser Verordnung gegenüber dem zuvor in Geltung gestandenen Flächenwidmungsplan 2.09 um eine Neuerlassung des Flächenwidmungsplanes gehandelt haben. Sogar eine unveränderte Neuerlassung durch den Verordnungsgeber berührt aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes - anders als eine Wiederverlautbarung - die Identität der Norm (vgl. z. B. , VfSlg. 16.058/2000), sodass die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides zu Recht von der normativen Festlegung der hiermit in Prüfung genommenen Verordnungsbestimmungen im 3.0 Flächenwidmungsplan ausgegangen sein dürfte. Der Verfassungsgerichtshof geht daher vorläufig davon aus, dass auch er zur Beurteilung des vorliegenden Beschwerdefalles den 3.0 Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Graz, Beschlüsse des Gemeinderates vom , und , anzuwenden hätte. Hinsichtlich des in Prüfung gezogenen Bebauungsplanes 09.08 'Pongratzgründe' geht der Gerichtshof vorläufig davon aus, dass dieser dem Berufungsbescheid vom in der Fassung des genannten Gemeinderatsbeschlusses vom zugrunde gelegen und daher auch vom Verfassungsgerichtshof zur Beurteilung des Beschwerdefalles heranzuziehen ist. Aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich zwar, dass die Steiermärkische Landesregierung bezüglich des genannten Bebauungsplanes am amtswegig ein Behebungsverfahren eingeleitet hat; nach mehrmaligem Schriftwechsel mit dem Magistrat der Landeshauptstadt Graz dürfte dieses jedoch nicht fortgeführt worden sein, weshalb der Gerichtshof vorläufig davon ausgeht, dass der Bebauungsplan 09.08 'Pongratzgründe' letztlich von der Aufsichtsbehörde nicht behoben wurde und nach wie vor rechtswirksam ist."

4.1. Seine Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der geprüften Festlegungen des Flächenwidmungsplanes 3.0 des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz stellte der Verfassungsgerichtshof folgender Maßen dar:

"[...] Den im Verfahren vorgelegten Verordnungsakten zufolge wurde das ca. 10.000 m² große (nunmehrige) Grundstück Nr. 610, KG Waltendorf (das Grundstück dürfte vor der Erlassung des Flächenwidmungsplanes 3.0 aus den vorherigen Grundstücken Nrn. 609 und 610 zu einem Grundstück mit der Nr. 610 vereinigt worden sein), erstmals im Flächenwidmungsplan 2.09 der Stadt Graz vom von 'Freiland' in 'Reines Wohngebiet' gewidmet.

[...] Dem Erläuterungsbericht zum Flächenwidmungsplan 2.09 ist hinsichtlich der Widmungsgeschichte und der Änderungsbegründung Folgendes zu entnehmen:

'[...] Die zur Änderung vorgesehene Fläche war bereits im 2.0 Flächenwidmungsplan (gem. Gemeinderatsbeschluß vom ) als Bauland vorgesehen. Im Zuge des Genehmigungsverfahrens nach § 29 Abs 8 u 9 Stmk ROG stellte die Aufsichtsbehörde aber fest, dass diese Baulandausweisungen im Widerspruch zum Stadtentwicklungskonzept stehe und verlangte eine Rücknahme ins Freiland, die der Gemeinderat nach Durchführung des Anhörungsverfahrens in seiner Sitzung am dann auch beschloß. Seitens des Eigentümers der davon betroffenen Grundstücke (609 und 610 KG Waltendorf) wurde daraufhin ein Entschädigungsverfahren nach § 34 ROG eingeleitet. Als Beweisgrundlage in diesem Verfahren wurde ein Gutachten über die Baulandeignung [...], ein stadtklimatischer Befund [...] sowie die Stellungnahme des Kanalbauamtes über die Abwasserentsorgung [...] eingeholt.

In der Stellungnahme vom [...] bestätigt das Amt der Stmk. Landesregierung [...] im Entschädigungsverfahren das positive Gutachten über die Baulandeignung [...].Das klimatologische Gutachten [...] stellt überdies klar, daß kein Einwand gegen eine Bebauung der genannten Grundstücke bestehe, wenn der untere Teil des Grundstückes Nr. 609 aus Gründen des Kaltluftabflusses von Bebauung freigehalten werden könne.

Aufgrund des dreiseitigen Baulandeinschlusses, dessen Vorliegen [vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung] ausdrücklich bestätigt wird, gilt die vorgesehene Baulandausweisung als 'Abrundung und Auffüllung eines bestehenden Baugebietes im Grüngürtel' und steht daher nicht im Widerspruch zu den Vorgaben des STEK 1990.'

[...] Die im Erläuterungsbericht erwähnte Stellungnahme des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom trifft folgende Aussagen:

'Zur do. Anfrage wird wie vereinbart, wie folgt Stellung genommen: Die von der do. Rechtsabteilung ersuchte Begutachtung entfällt, mit dem Hinweis, daß die Begutachtung von Arch. [...] [Anmerkung: Von der mitbeteiligten Partei in Auftrag gegebenes 'Gutachten zur Baulandeignung und von Voraussetzungen zur Entschädigung nach dem Stmk Raumordnungsgesetz 1974' vom ] ha. fachsachlich und vollinhaltlich bestätigt wird. In diesem Sinn wird auch die 2. Frage bestätigt, dass ein dreiseitiger Baulandeinschluß vorliegt.

Hinsichtlich der Beurteilung, inwiefern die hier angeführten als Bauland ausgewiesenen Grundstücke lage-, aufschließungs- und ausweisungsmäßig ähnliche Verhältnisse wie die zur Entschädigung beantragten Grste. Nr. 609 + 610 lt. Flächenwidmungsplan aufweisen, wird nicht näher eingegangen.

Abschließend wird festgestellt, daß es sich bei den 2 genannten Grundstücksflächen um Teilflächen der Einwendung Nr. 1185 handelt; auf die diesbezüglichen Entscheidungen im Bescheid [...] vom [...] wird speziell hingewiesen.

Zusammengefasst kann festgestellt werden, daß die 'Nichtausweisung als Bauland' beruhend auf klimatologische Faktoren und Gutachten im Stadtentwicklungskonzept erfolgte.'

[...] Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die Festlegung der Widmung 'Reines Wohngebiet' und einer Bebauungsdichte von 0,2-0,3 für das Grundstück Nr. 610, KG Waltendorf, im Flächenwidmungsplan 3.0 zum einen vorläufig das Bedenken, dass diese dem Stadtentwicklungskonzept 3.0 der Landeshauptstadt Graz (in der Folge: STEK 2001) widersprechen.

Der Gerichtshof geht dabei vorläufig davon aus, dass das in Rede stehende Grundstück nach der funktionellen Gliederung des STEK 2001 im Grüngürtel als 'Bestehendes Baugebiet im Grüngürtel' ausgewiesen ist. [...]

Den vorgelegten Verordnungsakten zufolge dürfte die Steiermärkische Landesregierung als Aufsichtsbehörde bereits bei der Erlassung des Flächenwidmungsplanes 2.0 im Jahr 1992 die Versagung der Genehmigung der Baulandwidmung der damaligen Grundstücke Nrn. 609 und 610 wegen Widerspruches zum damals in Geltung stehenden STEK 1990 - welches das in Rede stehende Gebiet ebenfalls als 'Baugebiet im Grüngürtel' ausgewiesen haben dürfte - angedroht haben. Die Grundstücke verblieben daraufhin bis zum Flächenwidmungsplan 2.09 in der Widmung 'Freiland'.

Mit der Erlassung des Flächenwidmungsplanes 2.09 vom wurden die Grst. Nrn. 609 und 610 in der Folge erstmals als 'Reines Wohngebiet' mit einer Bebauungsdichte von 0,1-0,3 gewidmet. Der im vorliegenden Fall anscheinend anwendbare Flächenwidmungsplan 3.0 übernahm für das in der Zwischenzeit anscheinend zu einem Grundstück vereinigte Grst. Nr. 610 die Festlegung 'Reines Wohngebiet' und legte eine Bebauungsdichte von 0,2-0,3 fest.

Dem Verfassungsgerichtshof ist nun vorläufig nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände der auch nach Ansicht des Gerichtshofes anscheinend vorliegende Widerspruch der Baulandwidmung des in Rede stehenden Bereiches im (hier anscheinend nicht mehr anwendbaren) Flächenwidmungsplan 2.09 zum Stadtentwicklungskonzept 1990 (bereits § 22 Abs 1 letzter Satz Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974 in der Stammfassung LGBl. Nr. 127/1974 lautete: 'Der Flächenwidmungsplan darf [...] dem örtlichen Entwicklungskonzept (§21) nicht widersprechen') bei der Erlassung des Flächenwidmungsplanes 3.0 gegenüber dem STEK 2001 nicht mehr vorgelegen haben sollte:

Mag es auch sein, dass die mitbeteiligte Partei in der Zwischenzeit beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung einen Entschädigungsantrag gemäß § 34 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974 eingebracht und im Zuge dessen in ihrem Auftrag erstellte Gutachten vorgelegt hat, die die grundsätzliche Baulandeignung der in Rede stehenden Grundfläche bestätigen; auf die anscheinend gute infrastrukturelle Erschließung des Gebietes weist auch das Stadtplanungsamt in seiner oben [...] wiedergegebenen Stellungnahme hin. Trotzdem dürfte ein Widerspruch des Flächenwidmungsplanes zum STEK 2001 vorliegen, wenn dieses lediglich kleinräumige Ergänzungen im Grüngürtel vorsieht, da nach der vorläufigen Auffassung des Gerichtshofes bei der Widmung eines ca. 10.000 m² großen Gebietes als 'Reines Wohngebiet' von einer solchen 'kleinräumigen Ergänzung' nicht gesprochen werden kann. Die in einem Entschädigungsverfahren gemäß § 34 Stmk ROG 1974 getroffene Beurteilung der grundsätzlichen Baulandeignung eines Gebietes scheint dabei unbeachtlich zu sein.

Es dürften aber auch nicht solche Umstände vorliegen, wie sie im Erkenntnis VfSlg. 10.839/1986 eine 'geringfügige Erweiterung des Baulandes' im Bereich der 'Turmlinie Leonding' als im planerischen Gestaltungsspielraum gelegen erscheinen ließen.

Da gemäß § 22 Abs 1 Stmk ROG 1974 der Flächenwidmungsplan dem Örtlichen Entwicklungskonzept nicht widersprechen darf, ist der Gerichtshof vorläufig der Ansicht, dass eine Wohngebietswidmung des in Rede stehenden Bereiches ohne vorherige Änderung des Stadtentwicklungskonzeptes nicht hätte vorgenommen werden dürfen. Der Flächenwidmungsplan der Stadt Graz 3.0 in dem in Prüfung genommenen Umfang scheint schon aus diesem Grund mit Gesetzwidrigkeit belastet zu sein.

[...] Die in Rede stehende Verordnung dürfte aber noch aus einem weiteren Grund gesetzwidrig sein:

§ 3 Abs 20 des Regionalen Entwicklungsprogrammes der Steiermärkischen Landesregierung, LGBl. Nr. 26/1996, sieht ein 'Freihalten des Grüngürtels in der Landeshauptstadt Graz und den Nachbargemeinden von weiterer Baulandausweisung' vor; das Stadtplanungsamt der Stadt Graz geht in seiner Stellungnahme vom davon aus, dass eine 'Implementierung' des Regionalen Entwicklungsprogrammes in die örtliche Raumordnung über das STEK 2001 erfolgt sei. In einer weiteren Stellungnahme zur Verteidigung der Baulandausweisung wird Bezug auf eine Stellungnahme des 'Landesverfassungsdienstes' vom genommen, in welcher sich ua. zu § 3 Abs 20 des Regionalen Entwicklungsprogrammes (aber auch zur Frage der Auslegung des STEK 2001 sowie der Übereinstimmung des Bebauungsplanes 09.08 mit diesem) folgende Aussagen finden:

'Das regionale Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Graz und Graz-Umgebung, LGBl. Nr. 26/1996, legt im § 3 'Ziele und Maßnahmen' fest. Bei Durchsicht der einzelnen Regelungen im § 3 ist schwer zu differenzieren, welche Bestimmung eine Zielformulierung darstellt und welche bereits Maßnahmen treffen soll. Diese Problematik trifft auch für den Abs 20 ('Freihalten des Grüngürtels in der Landeshauptstadt Graz und den Nachbargemeinden von weiterer Baulandausweisung') zu.

Nach Ansicht der Fachabteilung 3A wäre es durchaus denkbar, diesen Absatz als Maßnahme anzusehen. Damit wäre allerdings verbunden, dass gleichsam einer Anordnung eine weitere Ausweisung von Bauland im Grüngürtel absolut verboten wäre, weil dieser nach dem Wortlaut 'freizuhalten' wäre. Diese Interpretation erscheint sehr radikal, zumal damit die weitere Entwicklung der Stadt in vielerlei Hinsicht gehemmt wäre. Es dürfte auch fachlich nicht vertretbar sein, jegliche Ausweisung - und mag sie auch noch so klein und zweckmäßig sein - zu verbieten. Es scheint daher angebracht, diese Bestimmung als Zielbestimmung zu sehen.

Mit dieser Auffassung ist nun entsprechend der Begriffsbestimmung von Zielen verbunden, dass die Auslegung bzw. Interpretation durch die Gemeinde im Rahmen der Durchführung der örtlichen Raumplanung unter schlüssiger Nachweisführung zu erfolgen hat. Betrachtet man nun das STEK 3.0, so finden sich unter Pkt. 2.2.1. 'Grüngürtel' verschiedene Zielvorstellungen und Maßnahmen (auch in diesem Fall unter unklarer Abgrenzung).

Im konkreten Falle ist insbesondere der Punkt 'Bestehende Baugebiete im Grüngürtel' problematisch. Nach der Überschrift sind sechs Punkte angeführt, die im Rahmen bestehender Baugebiete im Grüngürtel zu beachten sind. Aus der Formulierung alleine ist nicht ersichtlich, ob diese Punkte alternativ einzuhalten sind oder kumulativ. Eine Interpretation des Raumordnungsrechtes unter Berücksichtigung der Hierarchiestufen kann jedoch nur zu dem Ergebnis führen, dass diese Punkte kumulativ zu sehen sind. [...]

Darüber hinaus zeigt sich, dass die einzelnen Begriffe unklar sind. Insbesondere ist im Punkt 1 die Wortfolge 'nur kleinräumige Ergänzungen des Baulandes' strittig. Was unter 'kleinräumig' zu verstehen ist, ist nicht definiert. In diesem Sinne scheint das STEK mangelhaft, weil die Kriterien, die für die Nichtbeeinträchtigung der Zielverwirklichung maßgeblich sind, nicht eindeutig nachvollziehbar sind und einen zu großen Entscheidungsspielraum freigeben. Als Interpretationshilfe kann unter Umständen § 25 Abs 2 Z 2 ROG herangezogen werden, wonach im Freiland auch Auffüllungsgebiete festgelegt werden können, das sind kleinräumig zusammenhängend bebaute Gebiete außerhalb des Baulandes mit einer unbebauten Fläche von höchstens 3000 m². Dies kann zwar nicht als absolute Interpretationsmaxime verstanden werden, es mag aber einen Anhaltspunkt für die Frage von kleinräumigen Flächen im Raumordnungsrecht geben. Unter diesen Voraussetzungen wäre die Ausweisung einer Fläche von 13.000 m² nicht mehr als kleinräumig zu betrachten und daher als STEK-widrig einzustufen.

Inhalt des STEK im Flächenwidmungsplan

Gemäß § 22 ROG hat jede Gemeinde einen Flächenwidmungsplan aufzustellen, der u.a. dem örtlichen Entwicklungskonzept (in Graz: Stadtentwicklungskonzept) nicht widersprechen darf; dies wird sowohl in § 21 ROG ausgedrückt, aber auch durch den Versagungsgrund gem. § 29 Abs 9 litc. In der Praxis bedeutet dies, dass alle Inhalte des Entwicklungskonzeptes in den Flächenwidmungsplan einfließen müssen.

[...]

Zweigeschossigkeit

Da die Klärung des Vorliegens der Zweigeschossigkeit im Wesentlichen eine baurechtliche Beurteilung benötigt (die vom Baurechtsreferat sicherlich gut gelöst werden kann), sei dazu lediglich festgehalten, dass eine Festlegung im Bebauungsplan, die eine unterschiedliche Geschoßanzahl zulässt (zum einen zwei Geschoße, zum anderen sogar drei), nicht mit dem STEK übereinstimmen kann, zumal dort die Zweigeschossigkeit festgeschrieben ist. Was unter einem Geschoß zu verstehen ist, sollte sich aus den Begriffsbestimmungen des Baugesetzes und auch aus den Abstandsbestimmungen ergeben.'

Gemäß § 22 Abs 1 Stmk ROG 1974 darf der Flächenwidmungsplan den Entwicklungsprogrammen des Landes nicht widersprechen. Der Verfassungsgerichtshof hegt nun gegen die in Prüfung genommene Verordnungsbestimmung im Flächenwidmungsplan 3.0 der Landeshauptstadt Graz auch das vorläufige Bedenken, dass diese mit § 3 Abs 20 des Regionalen Entwicklungsprogrammes der Steiermärkischen Landesregierung nicht im Einklang steht. Gerade die diesbezüglich zitierte Stellungnahme des Verfassungsdienstes des Landes Steiermark ('[...] Es dürfte auch fachlich nicht vertretbar sein, jegliche Ausweisung - und mag sie auch noch so klein [...] sein, zu verbieten. [...]') kann dieses Bedenken nach der vorläufigen Auffassung des Gerichtshofes nicht entkräften; die Ausweisung einer durch das STEK 2001 anscheinend im Grüngürtel festgelegten Grundstücksfläche in der Größe von ca. 10.000 m² als Bauland dürfte nämlich nach der vorläufigen Meinung des Verfassungsgerichtshofes - insbesondere im Hinblick auf die Größe der zusätzlich ausgewiesenen Baulandfläche - dem oben wiedergegebenen überörtlichen Ziel der Freihaltung des Grüngürtels der Stadt Graz von weiterer Baulandausweisung widersprechen, was die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung ebenfalls mit Gesetzwidrigkeit belasten dürfte."

4.2. Seine Bedenken gegen den 09.08 Bebauungsplan "Pongratzgründe" der Landeshauptstadt Graz, Beschluss des Gemeinderates vom , legte der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss folgender Maßen dar:

"Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen den in Prüfung genommenen Bebauungsplan im Hinblick auf die wiedergegebenen Gesetzesbestimmungen zum einen das vorläufige Bedenken, dass dieser im Falle einer Aufhebung der in Prüfung gezogenen Flächenwidmungsplanbestimmung seine gesetzlich angeordnete Deckung verliert. Zum anderen hegt der Gerichtshof gegen den Bebauungsplan 'Pongratzgründe' auch das Bedenken, dass dieser aus den oben [...] genannten Gründen auch dem Regionalen Entwicklungsprogramm der Steiermärkischen Landesregierung für die Planungsregion Graz und Graz-Umgebung widerspricht.

Schließlich hegt der Verfassungsgerichtshof auch das Bedenken, ob die Festlegung in § 10 Abs 3 des in Prüfung genommenen Bebauungsplanes ('Die Bauten sind maximal zweigeschossig auszuführen, die Errichtung eines ausgebauten Dachgeschosses mit einer Dachneigung von max. 45 Grad ist zulässig') der Bestimmung des STEK 2001 'Bebauung höchstens zweigeschossig - das bedeutet ein höchstens zweigeschossiges Erscheinungsbild mit einem möglichen ausgebauten Dachgeschoss oder zurückgesetzten zweiten Obergeschoss' entspricht."

5. Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz äußerte sich zum Prüfungsbeschluss folgender Maßen:

"Übereinstimmung des 3.0 Flächenwidmungsplanes mit dem Regionalen Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Graz und Graz Umgebung:

Das Grundstück Nr. 610 KG Waltendorf liegt laut funktioneller Gliederung des 3.0 Stadtentwicklungskonzeptes im Grüngürtel der Landeshauptstadt Graz. § 3 (Ziele und Maßnahmen) Abs 20 des Regionalentwicklungsprogramms für die Planungsregion Graz und Graz Umgebung lautet:

'Freihalten des Grüngürtels in der Landeshauptstadt Graz und den Nachbargemeinden von weiterer Baulandausweisung'.

Zur Beurteilung der Frage inwieweit die gegenständliche Flächenwidmungsplanausweisung dem Regionalentwicklungsprogramm widerspricht, ist vorerst auf die unterschiedliche Aussagenschärfe eines Regionalen Entwicklungsprogramms auf der einen Seite bzw. eines im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu erlassenden Flächenwidmungsplan auf der anderen Seite einzugehen. Demgegenüber wird im Regionalen Entwicklungsprogramm nur auf Belange, die nachweislich von überörtlicher Bedeutung sind und die deshalb von den betroffenen Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich nicht ausreichend geregelt werden können eingegangen. Schon allein daraus ist ersichtlich, dass das Regionale Entwicklungsprogramm mit dem Begriff Grüngürtel nicht automatischer Weise den Grüngürtel des 3.0 Stadtentwicklungskonzeptes der Landeshauptstadt Graz umfasst. Mit dem 'Grüngürtel' wird ein Begriff eingeführt, der im Steiermärkischen Raumordnungsgesetz 1974 nicht enthalten ist und der auch im Regionalen Entwicklungsprogramm nicht näher definiert wird. Dies führt nun dazu, dass Nachbargemeinden von Graz in ihrem Entwicklungskonzepten und Flächenwidmungsplänen entweder gar keinen Grüngürtel ausgewiesen haben oder die Freilandausweisung gleichzeitig den Grüngürtelbereich darstellt. In der Landeshauptstadt Graz wiederum umfasst der im Stadtentwicklungskonzept 1990 enthaltene 'Grüngürtel' Wald, Freiland sowie bestehende Baugebiete im Grüngürtel, wobei für diese die Aussage getroffen wurde, dass bestehende Baugebiete im Grüngürtel nicht ausgeweitet werden sollen, sondern nur Auffüllungen und Abrundungen zulässig sind und dass neben einer geringen Bodenversiegelung und einer intensiven Durchgrünung die Bebauungsdichte maximal 0,3 und eine Bebauung maximal zweigeschossig erfolgen solle.

Die Landeshauptstadt Graz geht daher davon aus, dass es sich

bei gegenständlicher Bestimmung um ein Ziel handelt und eine in § 2

Zif. 15 des Regionalen Entwicklungsprogramms vorgesehene

Interpretation 'durch die Gemeinden im Rahmen der Durchführung der

örtlichen Raumplanung ... zu erfolgen hat'. Darauf weisen auch die

Erläuterungen (Seite 38) des Regionalen Entwicklungsprogramms hin

('Die Zielsetzung ... '), wonach 'die genaue Abgrenzung des

Grüngürtels ... im Zuge der örtlichen Raumplanung vorzunehmen' ist.

Eine solche genaue Abgrenzung des Grüngürtels seitens der einzelnen Gemeinden hat aber zur Voraussetzung, dass der Gesetzgeber in den Bestimmungen des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes oder allenfalls im Regionalen Entwicklungsprogramm selbst den Begriff des Grüngürtels genau bestimmt. Durch die seitens der Landeshauptstadt Graz erfolgte Miteinbeziehung von bestehenden Baugebieten in den 'Grüngürtel' ist nun, anders als in Gemeinden, deren 'Grüngürtel' keine bestehende[n] Baugebiete umfasst, auch die Bestimmung des § 34 Abs 2 litc des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 zu berücksichtigen, wonach ein Entschädigungsanspruch dann besteht, wenn eine als Bauland im Sinne des § 23 Abs 1 geeignete Grundfläche zur Gänze oder dreiseitig von Bauland umschlossen wird und dadurch, dass das umschlossene Grundstück nicht ebenfalls als Bauland ausgewiesen wird, eine Wertminderung gegenüber seinem Wert vor Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes entsteht.

Auf Seite 54 der Erläuterungen zum Regionalen Entwicklungsprogramm wird angeführt, dass die 'klare Abgrenzung und Sicherung der Funktionsfähigkeit der Erholungs- und Erlebniszone 'Grüngürtel um Graz' (siehe Regionalplan 1:50 000)' durch die Gemeinden und das Land zu erfolgen hat. Im Regionalplan 1:50 000 (Plan A) des Regionalen Entwicklungsprogramms sind Erholungs- und Erlebniszonen räumlich abgegrenzt. Das Grundstück Nr. 610 KG Waltendorf liegt nicht in einem solchen Bereich.

Diese Auslegung der Stadt Graz wird auch damit unterstrichen, als im § 3 des Regionalen Entwicklungsprogramm[s] Zielsetzungen, die für eine Baulandausweisung von Grundstück Nr. 610 sprechen, enthalten sind. So sieht § 3 Abs 6 das 'Freihalten von für das Kleinklima, den Luftaustausch und die Luftgüte bedeutsamen Bereichen (Frischluftzubringer, klimatologische Vorbehaltsflächen) von weiterer Bebauung bzw. Ausrichtung der baulichen Nutzung und Gestaltung auf die klimatologischen Gegebenheiten' vor. Laut Karte 'Planungshinweise aus klimatologischer Sicht' des 3.0 Stadtentwicklungskonzepts liegt das gegenständliche Grundstück auf einem thermisch begünstigten, wenig inversionsgefährdeten und gut durchlüfteten Riedelrücken, mit der Planungsvorgabe einer lockeren Bebauung bei Berücksichtigung der Topographie und der Bebauungsdichte von max. 0,6. § 3 Abs 19 sieht die 'Vorrangige Ausrichtung des Wohnungsneubaues (...) entlang von Hauptlinien des öffentlichen Verkehrs', § 3 Abs 17 die 'Abstimmung der Siedlungsentwicklung mit dem öffentlichen Verkehr (...)' vor. Der Regionalplan (Plan B) weist für gegenständliches Grundstück eine hochrangige ÖV Erschließung (der Bereich liegt jeweils in der höchsten ausgewiesenen Kategorie) aus.

Probleme mit dem Begriff 'Grüngürtel' haben den Landesverordnungsgeber offenbar dazu veranlasst, bei der Fortführung des Regionalen Entwicklungsprogramms der Planungsregion Graz und Graz-Umgebung entsprechende Klarstellungen durchzuführen. So sieht das von der Stmk. Landesregierung am beschlossene neue Regionale Entwicklungsprogramm nunmehr den Begriff Grüngürtel nicht mehr vor und spricht anstelle dessen in § 5 (Vorrangzonen) Abs 2 von 'Grünzonen'. Laut Regionalplan liegt Grundstück 610 KG Waltendorf nicht in einer solchen Grünzone. Die südlichen Teilbereiche von Grundstück 610 sind im Regionalplan als Vorrangzonen für die Siedlungsentwicklung ausgewiesen.

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass aufgrund der unterschiedlichen Planungsschärfe zwischen Regionalem Entwicklungsprogramm einerseits bzw. örtlicher Raumplanung andererseits, der unterschiedlichen inhaltlichen Bedeutung des Begriffs Grüngürtels im Regionalen Entwicklungsprogramm 1996 und im 3.0 Stadtentwicklungskonzept der Landeshauptstadt Graz, sowie unter Berücksichtigung aller heranzuziehenden Ziele und Maßnahmen des § 3 des Regionalen Entwicklungsprogramms ein Widerspruch zwischen dem 3.0 Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Graz zum Regionalen Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Graz und Graz Umgebung nicht vorliegt. Das wird durch das mittlerweile vorliegende fortgeführte Regionale Entwicklungsprogramm und den darin enthaltenen inhaltlichen Präzisierungen unterstrichen.

Übereinstimmung des 3.0 Flächenwidmungsplanes im Bereich des Grundstückes 610 KG Waltendorf mit dem 3.0 Stadtentwicklungskonzept:

Auf der Grundlage des Stadtentwicklungskonzeptes 1990 und der 2.09 Flächenwidmungsplanänderung 'Pongratzgründe' wurde der 09.08 Bebauungsplan 'Pongratzgründe' am beschlossen und am im Amtsblatt kundgemacht. Gegenüber dem Stadtentwicklungskonzept 1990 ist im 3.0 Stadtentwicklungskonzept 2000 insofern eine Änderung eingetreten, als anstelle von Auffüllungen und Abrundungen nunmehr 'kleinräumige Ergänzungen' des Baulandes im Grüngürtel unter Einhaltung einiger Kriterien, wie z.B Bebauungsdichte höchstens 0,3 oder eine höchstens zweigeschossige Bebauung - das bedeutet, ein höchstens zweigeschossiges Erscheinungsbild mit einem möglichen ausgebauten Dachgeschoss oder zurückgesetzten zweiten Obergeschoss - zulässig sind. Diese Ausweisung der 'Pongratzgründe' als vollwertiges Bauland wurde im 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 übernommen.

Laut 3.0 Stadtentwicklungskonzept besteht der Grüngürtel der Landeshauptstadt Graz aus Wald, Freiland, sowie bestehenden Baugebieten im Grüngürtel. Diese drei Funktionen sind in der funktionellen Gliederung räumlich abgegrenzt. Demnach liegt das gegenständliche Grundstück in der Kategorie 'Bestehende Baugebiete im Grüngürtel'. Laut 3.0 Stadtentwicklungskonzept sind im Grüngürtel darüber hinaus kleinräumige Ergänzungen des Baulandes zulässig. Nachdem das Grundstück 610 bereits als bestehendes Baugebiet im Grüngürtel festgelegt war, ist daher die Nachweisführung, dass es sich dabei um eine kleinräumige Ergänzung des Baulandes handelt, obsolet, weil Bauland ja bereits vorliegt und durch den Flächenwidmungsplan 3.0 im gegenständlichen Bereich nicht vergrößert wurde.

Der Vollständigkeit halber wird auf den Begriff der Kleinräumigkeit insofern eingegangen, als dass die Stadt Graz im Rahmen der Erstellung des 3.0 Stadtentwicklungskonzeptes davon ausgegangen ist, dass es sich dabei um eine relative Größe handelt, die im Bezug zur jeweiligen Umgebung anlassbezogen zu ermitteln ist. Diesbezüglich wurden ausführliche Kontaktionen mit der Aufsichtsbehörde (Landesregierung) durchgeführt und letztendlich diese Auffassung der Stadt Graz von der Aufsichtsbehörde bestätigt bzw. akzeptiert. Die im [Prüfungsbeschluss] angestellten Überlegungen zur Kleinräumigkeit im Zusammenhang mit § 25 Abs 2 Z 2 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 i.d.g.F. (dort wird die zulässige Größe von unbebauten Flächen in Auffüllungsgebieten mit 3000 m2 limitiert) gehen allein schon deshalb ins Leere, weil es sich bei Auffüllungsgebieten nicht um Baugebiete, sondern um Ausnahmebestimmungen im Freiland für teilweise bebaute Bereiche, die aufgrund der Bestimmungen des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes als Bauland nicht geeignet sind, handelt. Demgegenüber sind für das Grundstück Nr. 610 KG Waltendorf alle Baugebietsvoraussetzungen gemäß Steiermärkischen Raumordnungsgesetz erfüllt. Aufgrund seiner zentralen Lage und guten infrastrukturellen Aufschließung, insbesondere der guten ÖV Erschließung kann ein Vergleich mit Auffüllungsgebieten daher nicht angestellt werden. Zur Kleinräumigkeit wird weiters angeführt, dass die Stadt Graz mit knapp 6000 ha über die bei weitem größte Baulandfläche aller steirischen Gemeinden verfügt und daher auch diesbezüglich eine solche Interpretation nicht absolut sondern nur relativ erfolgen kann.

Das betroffene Grundstück liegt innerhalb des in Betracht zu ziehenden Grüngürtelbereichs zwischen bestehenden Wohngebieten im Westen, der Gemeindegrenze der Landeshauptstadt Graz im Osten, sowie der Waltendorfer Hauptstraße im Süden und der Ragnitzstraße im Norden [...] Dieser Bereich umfasst eine Fläche von knapp 190 ha, davon sind ca. 20 ha Wald, 8 ha Freiland und der Rest (das sind ca. 160 ha) fällt der Kategorie 'bestehende Baugebiete im Grüngürtel' zu. Das relative Flächenausmaß des ggst. Grundstück beträgt damit nur 0,6% des in Betracht gezogenen Grüngürtelbereiches. Zusätzlich ist anzuführen, dass es sich dabei um einen 30 m breiten, an ein bestehendes Baugebiet angrenzenden Streifen handelt und somit auch bei dieser Betrachtungsweise eine Kleinräumigkeit vorliegt.

Bezogen auf den im Erkenntnis VfSlg 10.839/1986 dargestellten Sachverhalt - hier handelt es sich um eine zusammenhängende geringfügige Erweiterung eines bereits bestehenden Siedlungssplitters im Bereich der 'Turmlinie Leonding' - ist festzustellen, dass es sich im Gegenstandsfall nicht um die geringfügige Erweiterung eines bereits bestehenden Siedlungssplitters handelt, sondern um ein dreiseitig von Bauland umschlossenes Grundstück und die Ausweisung dieses Grundstückes als Bauland 'Reines Wohngebiet' durchaus als im planerischen Gestaltungsspielraum gelegene kleinräumige Ergänzung zum umgebenden Bauland 'Reines Wohngebiet' angesehen werden kann.

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass ein Widerspruch zwischen dem Flächenwidmungsplan 3.0 der Landeshauptstadt Graz im Bereich des Grundstückes 610 KG Waltendorf und dem

3.0 Stadtentwicklungskonzept nicht vorliegt, weil gegenständliches Gebiet im Stadtentwicklungskonzept als bestehendes Baugebiet im Grüngürtel festgelegt worden ist und in Bezug zum funktionalen Umgebungsbereich als kleinräumig anzusehen ist.

Übereinstimmung des Bebauungsplanes 09.08 'Pongratz Gründe' mit dem 3.0 Stadtentwicklungskonzept der Landeshauptstadt Graz:

Zu den vom Gerichtshof geäußerten Bedenken, dass der Bebauungsplan 'Pongratzgründe' ebenfalls dem Regionalen Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Graz und Graz-Umgebung widersprechen würde, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obige zum 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 enthaltenen Äußerungen verwiesen.

Zu den seitens des Gerichtshofes geäußerten Bedenken, ob die im § 10 Abs 3 des Bebauungsplanes 'Pongratzgründe' enthaltene Festlegung ('die Bauten sind maximal zweigeschossig auszuführen, die Errichtung eines ausgebauten Dachgeschosses mit einer Dachneigung von maximal 45 Grad ist zulässig') der Bestimmung des STEK 2001 ('Bebauung höchstens zweigeschossig - das bedeutet ein höchstens zweigeschossiges Erscheinungsbild mit einem möglichen ausgebauten Dachgeschoss oder zurückgesetztem zweiten Obergeschoss') entspricht, ist seitens der Stadt Graz auszuführen, dass der am beschlossene 09.08 Bebauungsplan 'Pongratz-Gründe' im Geltungsbereich des Stadtentwicklungskonzeptes 1990 erlassen wurde. Das Stadtentwicklungskonzept 1990 wurde seitens des Gemeinderates am beschlossen, aber nicht als Verordnung kundgemacht.

Zum Inhalt und zur Aussageschärfe wurde im Vorspann zum Stadtentwicklungskonzept 1990 folgendes ausgeführt:

'Die Aussagen des Stadtentwicklungskonzeptes bewegen sich auf einer generellen Zielebene, ohne konkrete Umsetzungsmaßnahmen und ohne einen Finanzbezug.

Das Stadtentwicklungskonzept wäre sicher überfordert, wenn es auf sehr detaillierte oder auf Teilräume bezogene Lösungen abzielen würde. Dies ist vielmehr den weiterführenden Sachprogrammen vorbehalten, die detaillierte Ziele und Maßnahmen im Finanz- und Zeitbezug enthalten sollen, jedoch sollen nunmehr die Ziele und Maßnahmen in das Stadtentwicklungskonzept aufgenommen werden, die von der Stadt Graz direkt oder mittelbar beeinflusst werden können und die raumordnungsrelevant sind, also eine räumlich, funktionelle Auswirkung haben. In diesem Sinne wird auf den untrennbaren Zusammenhang zwischen Stadtentwicklungskonzept und den darauf aufbauenden weiteren Planungsebenen - Flächenwidmungsplan und Bebauungspläne bzw Bebauungsrichtlinien - hingewiesen'.

Die für die 'Pongratzgründe' maßgeblichen Inhalte des Stadtentwicklungskonzeptes sind im Kapitel 10 - räumlich funktionelle Gliederung - zusammengefasst, wo unter anderem darauf hingewiesen wird, dass die Bebauungsdichte maximal 0,3 und eine Bebauung maximal zweigeschossig erfolgen solle.

Ein Widerspruch des 09.08 Bebauungsplanes 'Pongratzgründe' zum STEK 1990, der lediglich als Zielbestimmung eine 'zweigeschossige' Bebauung vorgesehen hat, unter welcher im herkömmlichen Wortsinn die Errichtung eines Erd- und Obergeschosses mit einem Dachgeschoss zu verstehen ist, besteht nicht. Eine streng am Wortsinn haftende Auslegung der im STEK 1990 enthaltenen Zielbestimmung einer 'zweigeschossigen Bebauung' würde bedeuten, dass bei einer Errichtung eines Kellergeschosses nur mehr ein Erdgeschoss errichtet werden könnte, was dem Zweck der genannten Bestimmung, nämlich eine oberirdisch zweigeschossige Bebauung, verbunden mit einem Dachgeschoss, zuzulassen, widersprechen würde.

Ein Widerspruch des 09.08 Bebauungsplanes 'Pongratzgründe' zum STEK 2001 besteht nicht, da das 3.0 STEK 2001 erst am beschlossen wurde und somit nicht die Rechtsgrundlage für den 09.08 Bebauungsplan 'Pongratzgründe' gebildet hat.

Nach Ansicht des Gemeinderates würde aber auch ein Widerspruch zur Bestimmung des STEK 2001 ('Bebauung höchstens zweigeschossig - das bedeutet ein höchstens zweigeschossiges Erscheinungsbild mit einem möglichen ausgebauten Dachgeschoss oder zurückgesetzten zweiten Obergeschoss') nicht vorliegen, da die Bestimmung des STEK 2001 im Gegensatz zu § 10 Abs 3 des 09.08 Bebauungsplanes 'Pongratzgründe' weiter gefasst ist, sodass kein Widerspruch vorliegt."

6. Der Bauwerber gab im Verordnungsprüfungsverfahren folgende Stellungnahme ab:

"Zu den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, dass die Festlegung der Widmung 'Reines Wohngebiet' dem Stadtentwicklungskonzept 3.0 der Landeshauptstadt Graz (in der Folge: STEK 2001) widerspreche:

Das STEK 2001 behandelt in dessen Punkt 2.2 den Grünraum. Dieser umfasst den Grüngürtel und die Grünflächen im Stadtgebiet. Teil des Grünraumes sind die bestehenden Baugebiete im Grüngürtel. Hiezu ist die Aussage getroffen, dass im Grüngürtel nur kleinräumige Ergänzungen des Baulandes unter Beachtung dort genannter Kriterien zulässig sein sollen. Im selben Sinn die Ausführungen zum Kapitel funktionelle Gliederung Punkt 10.6.

Grundlage des STEK ist (wie für jede Raumplanung) die Bestandsaufnahme (§21 ROG). Gst Nr 610 war zum Zeitpunkt der Erlassung des STEK 2001 auf Grundlage der Flächenwidmungsänderung 2.09 bereits als vollwertiges Bauland Wohnen Rein ausgewiesen und wurde solcherart im Zuge der Erstellung des STEK 2001 rechtens bereits als 'Bauland im Grüngürtel' (und zwar als vollwertiges Wohngebiet Rein) übernommen. Konsequenterweise wurde Gst 610 sodann im 3.0 Flächenwidmungsplan - wiederum! - als Bauland Wohngebiet Rein ausgewiesen.

Zwischen der Vorgabe des STEK 2001 und der sodann konkreten Ausweisung im 3.0 Flächenwidmungsplan besteht daher kein Widerspruch.

Die Vorgabe, dass 'im Grüngürtel nur kleinräumige Ergänzungen des Baulandes zulässig sein sollen', stellt auf zukünftig angedachte Änderungen des Flächenwidmungsplanes im Sinne zukünftiger zusätzlicher Baulandausweisungen ab, es wird also hier (im Zuge der Ziel - Mittel - Relation) eine Vorgabe für künftige Änderungen definiert.

Lediglich als ergänzende Anmerkung: Diese Diskussion über die Gesetzmäßigkeit der Baulanderweiterung wäre allenfalls im Rahmen des 2.09 Flächenwidmungsplanänderungsverfahrens im Verhältnis zum STEK 1990 zu führen gewesen; auf Basis der geltenden Rechtslage ist diese Diskussion obsolet geworden.

Zu den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, dass die Festlegung der Widmung 'Reines Wohngebiet' mit § 3 Abs 20 des Regionalen Entwicklungsprogrammes der Steiermärkischen Landesregierung, LGBl Nr 26/1996 [...], nicht im Einklang stehe:

Eingangs ist auf die Frage der 'normativen Tiefenschärfe' dieses Regionalen Entwicklungsprogrammes einzugehen:

In § 3 werden Ziele und Maßnahmen definiert. Maßgeblich ist hiezu § 2 Z 15, wonach Ziele allgemeine Vorgaben für die örtliche Raumplanung der Gemeinden bzw für andere Träger von Planungsmaßnahmen sind. Die Auslegung bzw Interpretation von Zielen hat durch die Gemeinde im Rahmen der Durchführung der örtlichen Raumplanung unter schlüssiger Nachweisführung zu erfolgen. Hiezu kommt, dass der Begriff 'Grüngürtel' weder im Gesetz noch in dieser Verordnung definiert wird.

In diesem Zusammenhang sei auf die Vorgabe des § 10 Abs 1 ROG Bezug genommen: Regionale Entwicklungsprogramme haben anzustrebende Entwicklungen in Zielen und Maßnahmen darzustellen (ohne selbst im Einzelnen über finale Determinierungen hinauszugehen).

Konsequenterweise schränkt § 2 Z 15 des Regionalen Entwicklungsprogrammes Graz und Graz-Umgebung die 'rechtliche Qualität' der in § 3 definierten Ziele als allgemeine Vorgaben für die örtliche Raumplanung ein. Diese Z 15 räumt sohin den Planungsträgern einen entsprechenden - begründet zu handhabenden - Ermessensspielraum ein. Von diesem haben die Grazer Planungsinstrumente (STEK 2001 und 3.0 Flächenwidmungsplan) ausreichend begründet Gebrauch gemacht (in welchem Zusammenhang auf die Ausführungen des Gemeinderates der Stadt Graz in dessen Äußerung an den Verfassungsgerichtshof Bezug genommen werden darf).

Davon ausgehend ist ein Widerspruch zwischen § 3 (20) des Regionalen Entwicklungsprogrammes mit der hier geprüften Ausweisung zu verneinen:

Der Anspruch auf Freihalten des Grüngürtels von weiteren Baulandausweisungen ist eine generelle Zielvorgabe, welche keinen Anspruch auf 'parzellenscharfe Gültigkeit' erheben kann. Es werden damit keine normativen Vorgaben für den Einzelfall im Detail gemacht (was seine Erklärung bzw Rechtfertigung darin hat, dass die Planungsverhältnisse und -voraussetzungen in der Stadtgemeinde Graz von jenen in den Umlandgemeinden mehr oder minder stark abweichen (können), welchen unterschiedlichen Planungsvoraussetzungen erst auf der Ebene der örtlichen Raumplanung Rechnung getragen werden kann).

In diesem Zusammenhang darf der Prüfungsüberlegung, dass bei Widmung eines ca 10.000 m² großen Gebietes als 'Reines Wohngebiet' von einer 'kleinräumigen Ergänzung' nicht gesprochen werden könne, entgegengehalten werden wie folgt:

Weder Gesetz noch Verordnung definieren Ziffernvorgaben für die Begriffe 'Groß- oder Kleinräumigkeit'. Die Beurteilung hat daher nach einer Verhältnisbetrachtung zu erfolgen. Die Begriffe 'groß oder klein' sind daher am zu beurteilenden Objekt im Verhältnis zu seiner Umgebung unter Berücksichtigung einschlägiger Rahmenbedingungen zu messen.

Für den Gegenstand: Der fragliche Bereich 'Baugebiet im Grüngürtel' hat eine Ausdehnung von über 150 ha. Die 'Ausweitung' hielt sich daher im Promillebereich des Umgebungsbestandes. Dazu kommt als besondere Rahmenbedingung, dass es sich um einen nur ca 30 m breiten, aber langen Grundstücksstreifen handelt, welcher dreiseits bereits von Bauland umgeben war. Es kam also tatsächlich lediglich zu einer 'Begradigung der Baulandgrenze' (eine 'weniger lange' Widmungsausweisung hätte zum Beibehalten dieser 'Eckausbildung in der Baulandgrenze' geführt; dem Anliegen einer Grünlandzonierung wurde konsequenterweise im Rahmen des Bebauungsplanes 09.08 durch Festlegung von Baugrenzlinien Rechnung getragen).

Die Überführung dieses schmalen Streifens in das Bauland war daher unbeschadet der Flächenausdehnung von rund 10.000 m² tatsächlich nur eine 'kleinräumige Erweiterung'.

Zu den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes betreffend den Bebauungsplan 09.08:

Das Bedenken, dass der Bebauungsplan im Falle einer Aufhebung der in Prüfung gezogenen Flächenwidmungsplanbestimmung seine gesetzlich angeordnete Deckung verlöre, ist an dieser Stelle (vorläufig) nicht zu behandeln.

Zu dem Bedenken, dass dieser Bebauungsplan aus den im Prüfungsbeschluss unter II.2.1.6 genannten Gründen dem Regionalen Entwicklungsprogramm Graz und Graz-Umgebung widerspreche, darf, wie oben zu 2. ausgeführt, sinngemäß entgegengehalten werden.

Zu dem Bedenken, ob die Festlegung in § 10 Abs 3 des Bebauungsplanes ('die Bauten sind maximal zweigeschossig auszuführen, die Errichtung eines ausgebauten Dachgeschosses mit einer Dachneigung von max. 45 Grad ist zulässig') der Bestimmung des STEK 2001 'Bebauung höchstens zweigeschossig - das bedeutet ein höchstens zweigeschossiges Erscheinungsbild mit einem möglichen ausgebauten Dachgeschoss oder zurückgesetzten zweiten Obergeschoss' entspreche, ist entgegenzuhalten wie folgt:

Zur Frage der Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanes wurde im Zuge des (im Prüfungsbeschluss angesprochenen, nicht abgeschlossenen und einfach abgebrochenen) Verfahrens vor der Aufsichtsbehörde das Gutachten O.Univ.Prof.Dipl.Ing.Dr.techn. Franz Heigl mit Datum erarbeitet und der Behörde vorgelegt. Dieses Gutachten ist dieser Stellungnahme angeschlossen und wird vollinhaltlich auch zum Inhalt des eigenen Vorbringens erhoben.

Dies vorangestellt ist auf folgende grammatikalische Interpretation einzugehen: Wenn es heißt, dass Bauten maximal zweigeschossig auszuführen sind und wenn damit gemeint sein sollte, dass es insgesamt nur zwei Geschosse geben dürfe, dann wäre der Zusatz der Möglichkeit der Errichtung eines ausgebauten Dachgeschosses sinnentleert. Dazu kommt, dass ein Bebauungsplan eine Baumassenverteilung und -situierung vorgibt. Nach § 4 Z 22 ist ein Dachgeschoss: für Aufenthalts-, Lagerräume udgl. ganz oder teilweise ausgebauter Dachraum. Ansonsten spricht man nach Z 21 vom Dachboden. Dachboden oder Dachraum bilden aber dieselbe Baumasse im Sinne der Bebauungsplanung.

Das STEK 2001 ist diesbezüglich konkreter - ohne dass damit eine inhaltliche Abweichung formuliert würde. In beiden Fällen sind Baukörper in der äußeren Form zweier Vollgeschosse mit einem (möglich) ausgebauten Dachgeschoss angesprochen."

7. Die Steiermärkische Landesregierung erstattete im Verordnungsprüfungsverfahren folgende Äußerung:

"Zur Frage der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes 3.00 der Landeshauptstadt Graz soweit damit für das Grundstück Nr. 610, KG. Waltendorf, die Festlegung eines 'Reinen Wohngebietes' mit einer Bebauungsdichte von 0,2 - 0,3 festgelegt wird:

Die Grundstücke Nr. 609 und 610, KG. Waltendorf, wurden im Zuge der Flächenwidmungsplan-Änderung 2.09 mit Beschluss des Gemeinderates vom als 'Reines Wohngebiet' mit einer Bebauungsdichte von 0,1 - 0,3 ausgewiesen. Die Änderung des Flächenwidmungsplanes erfolgte auf der Grundlage des Stadtentwicklungskonzeptes 1990 der Landeshauptstadt Graz. In dieser Fassung des Stadtentwicklungskonzeptes war das Planungsziel der Erhaltung des Grüngürtels als notwendige Voraussetzung für die Verbesserung des Stadtklimas und die Aufrechterhaltung des ökologischen Gleichgewichtes bereits enthalten. In Bezug auf die Ausweisung von Baugebieten lautete die Zielsetzung: 'Keine Ausweitung bestehender Baugebiete im Grüngürtel - es sind nur Auffüllungen und Abrundungen zulässig'. Nähere Definitionen zu den Begriffen 'Auffüllung' bzw 'Abrundung' finden sich im Stadtentwicklungskonzept 1990 nicht, sodass die Abgrenzung zum Begriff der (auszuschließenden) 'Baulanderweiterung' fachlich unterschiedlich beurteilt wurde.

Die Stadtgemeinde Graz hat die Ansicht vertreten, dass es sich hierbei um relative Größen handle, die in Bezug zur jeweiligen Umgebungssituation zu setzen sind. Der Änderungsbereich wurde im Zuge des Flächenwidmungsplanänderungsverfahrens auch aufgrund des gegebenen dreiseitigen Baulandanschlusses als zulässige Auffüllung bzw. Abrundung beurteilt. Die ebenfalls im Stadtentwicklungskonzept enthaltene Zielsetzung der Sicherung der für das Stadtklima erforderlichen Freilandflächen (Kaltluftproduktion und Kaltluftabfluss) sollte unter Bezugnahme auf eine diesbezügliche klimaökologische Untersuchung durch entsprechende Festsetzungen im nachfolgenden Bebauungsplan berücksichtigt werden.

Im Regionalen Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Graz und Graz-Umgebung (LGBl. Nr. 26/1996) ist unter § 3 der Verordnung unter dem Titel 'Ziele und Maßnahmen' unter Ziffer 20 'das Freihalten des Grüngürtels in der Landeshauptstadt Graz und den Nachbargemeinden von weiterer Baulandausweisung' als Ziel festgelegt. Nach den Begriffsbestimmungen unter § 2 Abs 15 dieser Verordnung sind derartige Ziele als 'allgemeine Vorgaben für die örtliche Raumplanung der Gemeinden bzw. andere Träger von Planungsmaßnahmen' zu verstehen. 'Die Auslegung bzw. Interpretation von Zielen hat durch die Gemeinde im Rahmen der Durchführung der örtlichen Raumplanung unter schlüssiger Nachweisführung zu erfolgen.' Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurde seitens der Abteilung für Landes- und Regionalplanung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung festgestellt, dass die Fläche außerhalb von Landschaftsschutzgebieten, Erholungs- und Erlebniszonen und regionalen Grünzügen liege. Die Flächenwidmungsplan-Änderung stehe nicht im Widerspruch zu überörtlichen Festlegungen. Es war daher davon auszugehen, dass sich die Änderung des Flächenwidmungsplanes, im zulässigen Rahmen der Interpretation überörtlicher Ziele durch die Gemeinde bewegt, und damit kein Widerspruch zu den Zielen des Regionalen Entwicklungsprogrammes vorliegt. Die Steiermärkische Landesregierung hat daher in der Sitzung am den einstimmigen Beschluss gefasst, die Änderung des Flächenwidmungsplanes 2.09 zu genehmigen.

Im Zuge der Flächenwidmungsplan-Revision 3.00 wurden die rechtskräftigen Festlegungen des Flächenwidmungsplanes fortgeführt, es wurde lediglich die Mindestbebauungsdichte an die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen angepasst. Im - der Flächenwidmungsplan-Revision 3.00 zugrundeliegenden - Stadtentwicklungskonzept 3.00 ist die ggst. Fläche als 'bestehendes Baugebiet im Grüngürtel' festgelegt.

Die neu gefassten Kriterien des Stadtentwicklungskonzeptes für Baulandausweisungen im Grüngürtel stellen damit Vorgaben für zukünftige Planungsfestlegungen dar, die offensichtlich auf bereits zum Zeitpunkt der Flächenwidmungsplan-Revision 3.00 rechtskräftige Baulandausweisungen 'bestehender' Baugebiete nicht anzuwenden sind.

Ein Widerspruch zu den gegenüber der Flächenwidmungsplan-Änderung 2.09 unverändert geltenden Zielen des Regionalen Entwicklungsprogrammes wurde nicht festgestellt.

Im Genehmigungsverfahren zur Flächenwidmungsplan-Revision 3.00 wurde daher in der beschlossenen Fortführung der rechtswirksamen Planungsfestlegung kein Versagungsgrund erkannt. Die Steiermärkische Landesregierung hat in ihrer Sitzung vom den einstimmigen Beschluss gefasst, die Flächenwidmungsplan-Revision 3.00 der Stadtgemeinde Graz zu genehmigen.

Zur Frage der Gesetzmäßigkeit des 09.08. Bebauungsplanes 'Pongratzgründe':

Der Bebauungsplan 'Pongratzgründe' wurde auf der Grundlage der Flächenwidmungsplan-Änderung 2.09 und der Festlegungen des Stadtentwicklungskonzeptes 1990 beschlossen. Nach der räumlich funktionellen Gliederung des Stadtentwicklungkonzeptes handelt es sich hier um eine Abrundung und Auffüllung eines Baugebietes im Grüngürtel. Unter den im Kapitel 10 des Stadtentwicklungskonzeptes 1990 enthaltenen Zielsetzungen für die Erhaltung des Grüngürtels, ist für solche Baugebiete u.a. eine maximal zweigeschossige Bebauung und ein Bebauungsdichterahmen von max. 0,3 genannt. Die dazu widersprüchliche Festlegung des Bebauungsplanes - 'Die Bauten sind max. zweigeschossig auszuführen, die Errichtung eines ausgebauten Dachgeschosses mit einer Dachneigung von max. 45 Grad ist zulässig' hat letztlich zur Einleitung eines Verordnungsbehebungsverfahrens geführt.

Aus der Sicht der Aufsichtsbehörde wurde die Ansicht vertreten, dass für die Interpretation des Begriffes der Zweigeschossigkeit, mangels einer entsprechenden Definition im Stadtentwicklungskonzept selbst, die Begriffsbestimmungen der Bebauungsdichteverordnung 1993 anzuwenden seien. Demnach würden die Bestimmungen des Bebauungsplanes - entgegen der Zielsetzung des Stadtentwicklungskonzeptes - bei bestimmten Formen von Dachraumausbauten eine dreigeschossige Bebauung ermöglichen. Seitens der Stadtgemeinde Graz wurde demgegenüber argumentiert, dass sich die Aussagen des Stadtentwicklungskonzeptes auf einer generellen Zielebene ohne konkrete Umsetzungsmaßnahmen bewegen. Die Zielbestimmung einer 'zweigeschossigen Bebauung' orientiere sich nicht am Geschossbegriff der Bebauungsdichteverordnung sondern sei vielmehr darunter 'im herkömmlichen Wortsinn die Errichtung eines Erd- und Obergeschosses mit einem Dachgeschoss zu verstehen'.

Eine streng am Wortsinn haftende Auslegung dieser Bestimmung würde bedeuten, dass bei einer Errichtung eines Kellergeschosses nur mehr ein Erdgeschoss errichtet werden könnte, was dem Zweck der genannten Bestimmung, nämlich eine oberirdisch zweigeschossige Bebauung verbunden mit einem Dachgeschoss zuzulassen, widerspräche.

Der Gemeinderat habe bei der Festlegung der Zielsetzung der Zweigeschossigkeit auf die vielfältigen Bestände in den Baugebieten im Grüngürtel mit ein- bis dreigeschossigen Objekten Bedacht genommen, wobei bei der Mehrzahl der Objekte die Dachgeschosse ausgebaut seien. Eine generelle Reduzierung der Geschosszahl von Objekten mit ausgebauten Dachgeschossen im Grüngürtel auf bloß erdgeschossige Bauformen entspräche nicht der Realität und könne auch nicht aus den Zielsetzungen des Stadtentwicklungskonzeptes abgeleitet werden. Ergänzend wurde ein Gutachten von Univ.Prof. Dipl.lng. Dr. Franz Heigl vorgelegt, indem unter Hinweis auf die historische Entwicklung des Begriffes bzw. unter Bezugnahme auf entsprechende Definitionen in der Fachliteratur auf eine differenziertere Betrachtungsmöglichkeit des Geschossbegriffes verwiesen wird. Demnach sei eine Unterscheidung zwischen 'Geschossen' und 'Dachgeschossen' argumentierbar und schließe daher die Zielvorgabe des Stadtentwicklungskonzeptes 1990 die (zusätzliche) Errichtung eines Dachgeschosses nicht aus.

Das eingeleitete Verordnungsbehebungsverfahren wurde aufgrund der vorliegenden widersprüchlichen Sachverständigenaussagen zur Bedeutung des Begriffes der Zweigeschossigkeit nicht weitergeführt.

Nachdem ein Widerspruch zwischen den Bestimmungen des Bebauungsplanes und den Zielsetzungen des Stadtentwicklungskonzeptes 1990 nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, ist auch ein Widerspruch zu den Bestimmungen des Stadtentwicklungskonzeptes 3.0 nicht zweifelsfrei festzustellen, zumal die bezughabende Bestimmung im STEK 3.0 gegenüber der bisher verfolgten Zielsetzung lediglich durch eine erläuternde Festlegung ergänzt wurde ('Bebauung höchstens zweigeschossig - das bedeutet ein höchstens zweigeschossiges Erscheinungsbild mit einem möglichen ausgebauten Dachgeschoss oder zurückgesetzten zweiten Obergeschoss')."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im Verordnungsprüfungsverfahren ist nichts hervorgekommen, was an den vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes, dass die zu B1026/03 protokollierte Beschwerde zulässig ist und dass die in Prüfung gezogenen Verordnungen bei der Behandlung der Beschwerde präjudiziell sind, zweifeln lassen würde.

Insbesondere hat sich die Annahme des Verfassungsgerichtshofs bestätigt, dass die Steiermärkische Landesregierung zwar am amtswegig ein Verfahren zur Behebung des 09.08 Bebauungsplans eingeleitet hat, sie diesen letztlich aber nicht behoben hat. Ihrer Äußerung zufolge hat die Steiermärkische Landesregierung das "Verordnungsbehebungsverfahren" wegen des Vorliegens widersprüchlicher Sachverständigenaussagen zur Bedeutung des Begriffes der Zweigeschossigkeit nicht weitergeführt.

2. In der Sache:

2.1. Zu den geprüften Festlegungen des

3.0 Flächenwidmungsplans:

Das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, dass die geprüften Festlegungen "Reines Wohngebiet" und Bebauungsdichte 0,2-0,3 dem Stadtentwicklungskonzept 3.0 widersprechen, trifft zu.

Sowohl die Landeshauptstadt Graz als auch die als Bauwerber mitbeteiligte Partei und die Steiermärkische Landesregierung führen sinngemäß aus, ein Widerspruch zum Stadtentwicklungskonzept 3.0 liege nicht vor: Das Baugrundstück sei zum Zeitpunkt der Erlassung des Stadtentwicklungskonzepts 3.0 (2001) durch die Flächenwidmungsplanänderung bereits als "Bauland Wohnen Rein" gewidmet gewesen. Es sei daher rechtens bereits als "Bauland im Grüngürtel" in das Stadtentwicklungskonzept 3.0 übernommen worden. Dass das Baugrundstück im 3.0 Flächenwidmungsplan konsequenter Weise wiederum als "Bauland Wohngebiet Rein" ausgewiesen wurde, könne somit nicht im Widerspruch zum Stadtentwicklungskonzept 3.0 stehen. Die Frage eines Widerspruchs zu der Bestimmung des Stadtentwicklungskonzepts 3.0, im Grüngürtel seien nur kleinräumige Ergänzungen des Baulandes zulässig, stelle sich daher gar nicht.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Im Stadtentwicklungskonzept 3.0 sind gegenüber dem Stadtentwicklungskonzept 1990 in den Regelungen betreffend Baulandwidmungen im "Grüngürtel" folgende Änderungen eingetreten:

Stadtentwicklungskonzept 1990: "Keine Ausweitung bestehender Baugebiete im Grüngürtel - es sind nur Auffüllungen und Abrundungen zulässig" - wobei in der Plandarstellung "Räumlich-funktionelle Gliederung" innerhalb des Grüngürtels die "bestehenden Baugebiete im Grüngürtel" nicht besonders gekennzeichnet sind.

Stadtentwicklungskonzept 3.0 (2001): "Im Grüngürtel sind nur kleinräumige Ergänzungen des Baulandes unter Beachtung folgender Kriterien zulässig: Erhaltung der großräumigen Freiflächen und deren Verbindung untereinander; Rücksichtnahme auf landschaftliche, topographische und klimatische Gegebenheiten; Bauplatzeignung" - in der Plandarstellung "Funktionelle Gliederung" sind im Grüngürtel getrennt ausgewiesen: "Wald", "Land[gemeint wohl: wirt]schaftlich genutzte Flächen" und "Bestehende Baugebiete im Grüngürtel". Aufgrund des Maßstabs lässt sich nur erahnen, dass das Baugrundstück als "Bestehendes Baugebiet im Grüngürtel" gekennzeichnet sein dürfte.

Die erstmalige Baulandwidmung des Baugrundstücks erfolgte mit der Flächenwidmungsplanänderung . Dass diese Widmungsänderung, gemessen am damals geltenden Stadtentwicklungskonzept 1990, rechtmäßig war, behaupten der mitbeteiligte Bauwerber und die verordnungserlassende Behörde nicht ausdrücklich. Die Argumentation der Steiermärkischen Landesregierung, der "Änderungsbereich [sei] [...] auch aufgrund des gegebenen dreiseitigen Baulandanschlusses als zulässige Auffüllung bzw. Abrundung beurteilt" worden, vermag nicht zu überzeugen. Diese erstmalige Baulandwidmung widersprach dem Verbot der Ausweitung bestehender Baugebiete im Grüngürtel, da es sich - bei einer Fläche von 10.000 m² - sicherlich nicht um eine "Auffüllung" oder "Abrundung" handelte.

Besonders die verordnungserlassende Behörde und der mitbeteiligte Bauwerber unterstellen dem Stadtentwicklungskonzept 3.0 im Ergebnis, es habe bewirkt, dass sämtliche vor seinem Inkrafttreten - und sei es entgegen den Bestimmungen des davor geltenden Stadtentwicklungskonzepts 1990 - erfolgten Baulandausweisungen im Grüngürtel jedenfalls als gedeckt anzusehen seien. Richtig ist, dass der Verordnungsgeber die Anforderungen an Baulandausweisungen im Grüngürtel etwas gelockert hat. Der Sinn und Zweck des - grundsätzlich nicht aufgegebenen - Grüngürtelschutzes lässt es jedoch nicht zu, auch alle rechtswidrigen, im Regime des Stadtentwicklungskonzeptes 1990 erfolgten Baulandausweisungen im Grüngürtel als nunmehr gedeckt anzusehen. Eine solche Sanierungswirkung könnte allenfalls für solche Baulandausweisungen, die den gelockerten materiellen Anforderungen des Stadtentwicklungskonzepts 3.0 entsprechen, anzunehmen sein.

Das ist hier jedoch nicht der Fall: Der Verfassungsgerichtshof hält an seiner Annahme fest, dass die vorgenommene Widmung eines ca. 10.000 m² großen Gebiets als "Reines Wohngebiet" keine "kleinräumige Ergänzung" des Baulandes darstellt.

Die verordnungserlassende Behörde und der mitbeteiligte Bauwerber brachten sinngemäß vor, die Kleinräumigkeit sei daran zu messen, in welchem Größenverhältnis die neu als Bauland ausgewiesene Fläche zur vorhandenen Baulandfläche bzw. zur Fläche des Grüngürtels steht; die neu gewidmete Fläche betrage nur 0,6% des "in Betracht gezogenen" Grüngürtelbereichs. Darüber hinaus führe - so der mitbeteiligte Bauwerber - die Baulandwidmung des nur ca. 30 m breiten, "aber langen" Grundstücksstreifens zu einer Begradigung der Baulandgrenze, eine "weniger lange" Umwidmungsfläche hätte "zum Beibehalten dieser 'Eckausbildung in der Baulandgrenze' geführt".

Dem ist zu entgegnen, dass eine solche Auslegung des Stadtentwicklungskonzepts 3.0 nicht zu einem wirksamen Schutz des Grüngürtels vor neuen Baulandausweisungen führen würde. Eine einzelne Ausweisung von neuem Bauland im Grüngürtel wird in aller Regel nur ein geringes Prozentausmaß des gesamten Grüngürtels oder des gesamten Baulandes betragen. Maßstab für die Rechtmäßigkeit muss daher einerseits sein, ob es sich aus raumplanungsfachlicher Sicht um eine für eine zweckmäßige Bebauung notwendige "Ergänzung" des Baulandes handelt. Ob hier eine "Ergänzung" in diesem Sinne vorliegt, kann dahingestellt bleiben, denn darüber hinaus sind "Ergänzungen" des Baulandes auch an ihrer - absoluten - Größe zu messen (sie müssen "kleinräumig" sein). Die Kleinräumigkeit ist im vorliegenden Fall mit einer Fläche von 10.000 m² - die bei einer durchschnittlichen Bauplatzgröße von 1000 m² 10 Bauplätzen entspricht - jedenfalls überschritten.

Da sich somit der im Prüfungsbeschluss angenommene Widerspruch des Flächenwidmungsplans 3.0 zum Stadtentwicklungskonzept 3.0 erwiesen hat, war auf die übrigen Bedenken nicht mehr einzugehen.

2.2. Zum 09.08 Bebauungsplan "Pongratzgründe":

Mit der Aufhebung der Bestimmungen des

3.0 Flächenwidmungsplans verliert der 09.08 Bebauungsplan seine gesetzlich angeordnete Deckung. Auf die übrigen Bedenken war daher nicht mehr einzugehen.

3. Die geprüften Festlegungen im 3.0 Flächenwidmungsplan und der 09.08 Bebauungsplan der Landeshauptstadt Graz waren daher als gesetzwidrig aufzuheben.

4. Die Verpflichtung der Steiermärkischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung stützt sich auf Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.