VfGH vom 22.06.2007, V40/06
Sammlungsnummer
18167
Leitsatz
Rechtswidrige Erlassung einer Trassenverordnung für die S 1 Wiener Außenring Schnellstraße; Fehlen der Voraussetzung der ordnungsgemäßen Kundmachung des Vorhabens für die von der Behörde vertretene Anwendung der alten Rechtslage noch vor Übergang auf das System der Erlassung von Bescheiden bei der Bundesstraßenplanung; Kundmachungsfehler durch Veröffentlichung eines falschen Datums des Beginns der Auflagefrist der Unterlagen
Spruch
I. Die Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der
S 1 Wiener Außenring Schnellstraße, Abschn A 5/B 7 bis Knoten Korneuburg A 22/S 1 im Bereich der Gemeinden Hagenbrunn, Enzersfeld, Stetten, Leobendorf und Korneuburg, BGBl. II Nr. 177/2006, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.
Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
II. Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit einer beim Verfassungsgerichtshof am eingelangten Eingabe beantragen - gestützt auf Art 139 B-VG iVm § 24 Abs 11 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G) 2000 (idF BGBl. 773/1996) - zwei so genannte Bürgerinitiativen die Aufhebung der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie BGBl. II 177/2006 als gesetzwidrig.
a) Mit dieser Verordnung wird der Straßenverlauf der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße, Abschnitt A 5/B 7 bis Knoten Korneuburg A 22/S 1, im Bereich der Gemeinden Hagenbrunn, Enzersfeld, Stetten, Leobendorf und Korneuburg wie folgt bestimmt:
"Auf Grund des § 4 Abs 1 des Bundesstraßengesetzes 1971 (BStG 1971), BGBl. Nr. 286, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 95/2004, und des dritten Abschnittes des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G 2000), BGBl. Nr. 697/1993, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2002 und der Kundmachung BGBl. I Nr. 84/2004, wird verordnet:
Der Abschnitt A 5/B 7 bis Knoten Korneuburg A 22/S 1 der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße im Bereich der Gemeinden Hagenbrunn, Enzersfeld, Stetten, Leobendorf und Korneuburg wird wie folgt bestimmt:
Der gegenständliche Abschnitt der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße beginnt im Anschluss an die S 1 Wiener Außenring Schnellstraße, Abschnitt Landesgrenze Wien/Niederösterreich bis Knoten Eibesbrunn A 5/S 1/B 7, westlich des Knotens Eibesbrunn und verläuft zunächst auf freier Strecke südlich von Enzersfeld durch das westliche Marchfeld. In diesem Bereich befindet sich die geplante Anschlussstelle Hagenbrunn/Enzersfeld, die über ihre Rampen die Verbindung zu den niederösterreichischen Landesstraßen L 12 und L 1113 herstellt. In der Folge unterquert die Trasse den Bisambergzug und sein Vorland, ehe sie nach einem kurzen offenen Streckenabschnitt zwischen der Gemeinde Stetten und dem Umspannwerk Bisamberg im Umweltschutztunnel Stetten die Landesstraße L 33, den Donaugraben und die ÖBB-Lokalbahn (Strecke Korneuburg - Ernstbrunn) unterquert. Am Ende des Umweltschutztunnels Stetten liegt der geplante Kreisverkehr der Anschlussstelle Korneuburg Nord, die über ihre Rampen die Verbindung mit der B 6 Laaer Straße herstellt. Von dort verläuft die Trasse wieder auf offener Strecke zwischen Korneuburg und Leobendorf langsam in Tieflage absinkend bis zum Ostportal des Umweltschutztunnels Kreuzenstein. Auf dem Einhausungsbauwerk befindet sich die Anschlussstelle Korneuburg West/Leobendorf, welche die Verbindung zur Landesstraße B 305 und zur Landesstraße B 3 Donau Straße herstellt. Durch Umbau der bestehenden Anschlussstelle Korneuburg West zum Knoten Korneuburg A 22/S 1 erfolgt die Verknüpfung des gegenständlichen Abschnittes der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße mit der A 22 Donauufer Autobahn.
Im einzelnen ist der Verlauf der Trasse aus dem Verordnungsplan (Planzeichen S 1/59-03 im Maßstab 1:2000) zu ersehen. Die Festlegung der Straßenachsen erfolgt auf Grundlage des von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) als Projektwerberin im Mai 2005 eingereichten Projektes.
Der vorgenannte Verordnungsplan, die Projektsunterlagen sowie die Beilagen 1 und 2 zum Erlass
Zl. BMVIT-312.401/0041-II/ST-ALG/2006, welche die schriftliche Darlegung der wesentlichen Entscheidungsgründe unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung und die daraus resultierenden Maßnahmen enthalten, liegen beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, Sektion II, Abteilung ST3, Regierungsgebäude, 1010 Wien, Stubenring 1, beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung und in den Gemeinden Hagenbrunn, Enzersfeld, Stetten, Leobendorf und Korneuburg in den Gemeindeämtern zur öffentlichen Einsicht auf.
§ 15 Bundesstraßengesetz 1971 findet auf den vorangeführten Straßenabschnitt Anwendung. Die Grenzen des Bundesstraßenbaugebietes sind dem aufliegenden Verordnungsplan zu entnehmen."
b) Ihre Antragslegitimation leiten die Einschreiter aus dem Umstand ab, dass sie "eine Stellungnahme iSv § 19 Abs 4 iVm § 9 Abs 4 UVP-G idF BGBl. 84/2004 abgegeben und ... im gesamten Verordnungsverfahren als BI [= Bürgerinitiative] teilgenommen haben".
In der Sache selbst tragen die antragstellenden Bürgerinitiativen Bedenken dahingehend vor, dass das Vorhaben nicht umweltverträglich im Sinne des UVP-G 2000 sei und dass fundamentale Verfahrensgrundsätze außer Acht gelassen worden seien: Insbesondere hätte die Verordnung nur nach Durchführung einer ordnungsgemäßen Umweltverträglichkeitsprüfung erlassen werden dürfen und hätte die Behörde die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung anzuwenden gehabt; weiters wären die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (im Folgenden: UmweltverträglichkeitsprüfungsRL), ABl. 1985 L 175, S 40, idF der Richtlinie 2003/35/EG über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme (im Folgenden: ÖffentlichkeitsbeteiligungsRL), ABl. 2003 L 156, S 17, einzuhalten gewesen und hätte die Verordnung nur nach Prüfung der Wirtschaftlichkeit erlassen werden dürfen. Schließlich sei die Auflage nicht ordnungsgemäß erfolgt und die entsprechenden Fristen seien nicht gewahrt worden.
2. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie als zur Vertretung der angefochtenen Verordnung vor dem Verfassungsgerichtshof berufene Behörde legte Verordnungsakten(-teile) vor und erstattete eine Äußerung in der er den Antragsbehauptungen entgegentritt und die Abweisung des Antrags begehrt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
A) Zur Zulässigkeit:
1. Die antragstellenden "Bürgerinitiativen" stützen ihre Antragslegitimation auf (die Verfassungsbestimmung des) § 24 Abs 11 UVP-G 2000 idF BGBl. 773/1996 und den dort verwiesenen § 19 Abs 4.
a) Die bereits in der Stammfassung des UVP-G 2000, BGBl. 697/1993, (im § 24 Abs 5) enthalten gewesene, seit der Novelle zum UVP-G, BGBl. 773/1996, als Abs 11 des § 24 leg.cit. in Geltung gestandene Verfassungsbestimmung ist gemäß (der Verfassungsbestimmung des) § 46 Abs 19 Z 2 UVP-G 2000 idF BGBl. I 153/2004 zwar mit außer Kraft getreten; sie ist aber auf bestimmte, von Abs 18 Z 5 und Abs 19 Z 3 erfasste Vorhaben (genauer: den diesen zugrunde liegenden Verordnungen) weiter anzuwenden. § 24 Abs 11 (idF BGBl. 773/1996) hat folgenden Wortlaut:
"§24. ...
(11) (Verfassungsbestimmung) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen gemäß Abs 1 auf Antrag der im § 19 Abs 3 und 4 genannten Parteien."
b) aa) Der verwiesene Abs 1 des § 24 legt(e) den Anwendungsbereich des 3. Abschnittes und damit (auch) fest, welche Verordnungen Gegenstand einer Anfechtung durch Bürgerinitiativen gemäß § 24 Abs 11 UVP-G 2000 sein konnten.
Z 1 dieser Bestimmung benannte als Prüfungsgegenstand Verordnungen gemäß § 4 Abs 1 des Bundesstraßengesetzes (BStG) 1971, vor deren Erlassung eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G durchzuführen war. Hiebei handelt es sich unter anderem um Verordnungen betreffend den Neubau von Bundesstraßen oder ihrer Teilabschnitte, ausgenommen zusätzliche Anschlussstellen. Die Vorschrift des § 24 Abs 1 UVP-G in der Stammfassung wurde durch § 23a UVP-G 2000 idF BGBl. I 89/2000, was die Anfechtung von Verordnungen nach dem BStG 1971 durch Bürgerinitiativen anlangte, inhaltlich unverändert übernommen.
bb) Der verwiesene § 19 Abs 4 UVP-G 2000 lautet wie folgt (die durch die Novelle BGBl. I 89/2000 verfügten Änderungen gegenüber der Stammfassung sind für die hier zu lösende Frage der Antragslegitimation ohne Belang, sodass es dahingestellt bleiben kann, ob Abs 4 in dieser oder in der hier wiedergegebenen Fassung BGBl. I 89/2000 Anwendung findet):
"(4) Eine Stellungnahme gemäß § 9 Abs 4 kann durch Eintragung in eine Unterschriftenliste unterstützt werden, wobei Name, Anschrift und Geburtsdatum anzugeben und die Unterschrift beizufügen ist. Die Unterschriftenliste ist gleichzeitig mit der Stellungnahme einzubringen. Wurde eine Stellungnahme von mindestens 200 Personen, die zum Zeitpunkt der Unterstützung in der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt waren, unterstützt, dann nimmt diese Personengruppe (Bürgerinitiative) am Verfahren zur Erteilung der Genehmigung für das Vorhaben und nach § 20 als Partei oder als Beteiligte (Abs2) teil. Als Partei ist sie berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen, Rechtsmittel zu ergreifen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben."
Nach § 19 Abs 5 UVP-G 2000 (idF BGBl. I 89/2000) ist Vertreter der Bürgerinitiative die in der Unterschriftenliste als solche bezeichnete Person, mangels einer solchen Bezeichnung die in der Unterschriftenliste an erster Stelle genannte Person. Der Vertreter ist auch Zustellungsbevollmächtigter gemäß § 9 Abs 1 des Zustellgesetzes; scheidet er aus, so gilt als Vertreter die in der Unterschriftenliste jeweils nächstgereihte Person. Der Vertreter kann mittels schriftlicher Erklärung an die Behörde durch einen anderen ersetzt werden. Eine solche Erklärung bedarf der Unterschrift der Mehrheit der Bürgerinitiative.
c) § 9 UVP-G 2000, der gemäß § 24 Abs 6 UVP-G 2000 (beide idF BGBl. I 89/2000) im Verfahren zur Erlassung einer Verordnung, für die gemäß §§23a oder 23b eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass
"die öffentliche Auflage und die Auflage gemäß § 4 Abs 5 des Bundesstraßengesetzes 1971 in einem durchzuführen sind [und dass w]eiters ... statt dem Hinweis auf die Parteistellung der Bürgerinitiativen auf ihr Antragsrecht nach [§24] Abs 11 und ihre Partei- oder Beteiligtenstellung in den nachfolgenden Genehmigungsverfahren nach § 24h Abs 5 hinzuweisen [ist]",
bestimmt unter der Überschrift "Öffentliche Auflage"
Folgendes:
"§9. (1) Die Behörde hat der Standortgemeinde eine Ausfertigung des Genehmigungsantrages, der im § 5 Abs 1 genannten Unterlagen und der Umweltverträglichkeitserklärung zu übermitteln. Diese sind bei der Behörde und bei der Gemeinde mindestens sechs Wochen lang zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. § 44b Abs 2 zweiter und dritter Satz AVG sind anzuwenden.
...
(3) Die Behörde hat das Vorhaben gemäß § 44a Abs 3 AVG kundzumachen. Diese Kundmachung hat jedenfalls zu enthalten:
1. den Gegenstand des Antrages und eine Beschreibung des Vorhabens,
2. Ort und Zeit der möglichen Einsichtnahme und
3. einen Hinweis auf die gemäß Abs 4 jedermann offen stehende Möglichkeit zur Stellungnahme und darauf, dass Bürgerinitiativen gemäß § 19 Partei- oder Beteiligtenstellung haben.
Der Termin der mündlichen Verhandlung (§16) kann in einem mit dem Vorhaben kundgemacht werden.
(4) Jedermann kann innerhalb der Auflagefrist gemäß Abs 1 zum Vorhaben und zur Umweltverträglichkeitserklärung eine schriftliche Stellungnahme an die Behörde abgeben."
Nach § 24 Abs 6 letzter Satz UVP-G 2000 (idF BGBl. I 89/2000) gilt für die Entstehung der Bürgerinitiative § 19 Abs 4.
2. a) Die einschreitenden Bürgerinitiativen legten ihrem Antrag an den Verfassungsgerichtshof weder die in § 19 Abs 4 UVP-G 2000 vorgesehenen Unterschriftenlisten (in Kopie) noch Nachweise über die Wahlberechtigung der Unterschriftleistenden zum Gemeinderat vor.
b) Aus den von der belangten Behörde vorgelegten, einschlägigen Unterlagen ergeben sich für den Verfassungsgerichtshof indes keine Zweifel an der die Parteistellung begründenden Qualität der Personenmenge, die auf den der Behörde vorgelegten Unterschriftenlisten verzeichnet ist.
aa) Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Beschluss vom , V14/06, festgehalten hat,
"ist für das Vorliegen einer 'Bürgerinitiative' als nach § 19 Abs 4 UVP-G 2000 berechtigter Personenmehrheit notwendig, dass die physischen Personen, welche nachfolgend als 'Bürgerinitiative' einschreiten, eine gleichgerichtete Interessenstruktur (vgl. § 24c Abs 5 Z 2 UVP-G 2000) in Bezug auf den Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung aufweisen. Diese Identität der Einstellungen und die diese umgekehrt bedingende Betroffenheit der eine Stellungnahme unterstützenden Personen durch das zur Genehmigung eingereichte und öffentlich aufgelegte Projekt gelangen in zwei wesentlichen gesetzlichen Voraussetzungen zum Ausdruck: Nur solche Personen können - rechtserheblich - eine Stellungnahme unterstützen, die erstens zur Zeit der öffentlichen Projektsauflage in der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt waren und die zweitens ihre Interessensphäre und deren Übereinstimmung mit jener der anderen Unterstützenden dadurch zum Ausdruck brachten, dass sie eine zu diesem Zeitpunkt notwendigerweise bereits vorliegende Stellungnahme unterzeichnen. § 19 Abs 4 UVP-G 2000 verlangt daher, dass eine bereits vorliegende schriftliche Stellungnahme zum Vorhaben und (wohl auch: oder) zur Umweltverträglichkeitserklärung durch die Unterschrift des zukünftigen Mitgliedes der Bürgerinitiative in Gestalt der Eintragung in eine Unterschriftenliste unterstützt wird und dass die zur Unterstützung erstellte Unterschriftenliste 'gleichzeitig mit der Stellungnahme' während der Auflagefrist einzubringen ist.
Aus § 9 Abs 4 UVP-G 2000 ergibt sich ferner, dass die Stellungnahme 'schriftlich' abzugeben ist ... [Sie] muss ..., um rechtlich relevant zu sein, 'zum Vorhaben' oder 'zur Umweltverträglichkeitserklärung' (§9 Abs 4 idF BGBl. I 89/2000; in der Stammfassung auch noch 'zur vorläufigen Gutachterliste und zum Entwurf des Untersuchungsrahmens') abgegeben werden, wobei das Vorhaben gemäß § 2 Abs 2 UVP-G 2000 nicht nur das Projekt ieS, sondern auch damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehende Maßnahmen umfasst.
Als Stellungnahme genügt die Abgabe einer wertenden Meinung zum Projekt oder/und zur dazu vom Projektwerber vorgelegten und von der Behörde aufgelegten Umweltverträglichkeitserklärung. Mögen auch an die Stellungnahme keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sein, so muss sie inhaltlich dennoch zumindest derart beschaffen sein, dass sich die Sachverständigen - wie vom Gesetz in § 24c Abs 5 Z 2 UVP-G 2000 vorgesehen - in dem von der Behörde zwingend einzuholenden Umweltverträglichkeitsgutachten damit fachlich auseinandersetzen können ..."
bb) Die Frist zur öffentlichen Auflage für die Unterlagen zum Vorhaben S 1 Abschnitt Eibesbrunn - Korneuburg endete [nach einer Verlängerung um zwei Tage; dazu Pkt. II.B.4.b)ee)] am .
cc) Die erstantragstellende Bürgerinitiative brachte am beim Gemeindeamt Korneuburg ein Konvolut von 124 durchnummerierten Blättern mit folgendem Inhalt ein (protokolliert im Ministerialakt zu Z BMVIT 312.401/0048-2005):
"Bürgerinitiative
UVP-KO
Unabhängige Verkehrsplattform für den Bezirk Korneuburg
Die Unterzeichner formieren sich hiermit zu einer BÜRGERINITIATIVE gemäß § 19 Abs 4 UVP-Gesetz 2000 um im UVP Verfahren zur Schnellstraße S 1-West Parteistellung zu erlangen.
Die Bürgerinitiative erhebt die Einwendung, dass die S 1-West in der derzeit eingebrachten Form als 4-spurige Transitroute nicht genehmigungsfähig ist. Unsere besonderen Einwände sind u.a.:
* die zu erwartende hohe Luft- und Lärmbelästigung für die Bevölkerung durch das erhöhte Verkehrsaufkommen
*die Beeinträchtigung des Grundwassers durch die Straßenabwässer
* die unzulängliche Prüfung der Wirtschaftlichkeit und der Konsequenzen des erwartbaren hohen Verkehrsaufkommens insbesondere in Hinblick auf die Ostöffnung der EU (Polen, etc.)
*die unzureichende Untersuchung der verkehrlichen Notwendigkeit und Auswirkungen einer 4-spurigen Transitroute im Vergleich zu lokalen Ortsumfahrungen
* die unzureichenden Untersuchungen der Auswirkungen des Projekts auf das Verkehrsaufkommen auf der zukünftigen Nordautobahn (A5), der Donauuferautobahn (A22) und eventuell weiterfolgender Anbindungen an die Westautobahn (A1) und umgekehrt.
Mit meiner Unterschrift unterstütze ich die oben genannte Bürgerinitiative und deren Gründung.
Bitte vollständig ausfüllen, da sonst ungültig! Verbreitung und Vervielfältigung des Formulars unbegrenzt gestattet. Unterzeichnungsberechtigt ist jeder, der in den Gemeinden Enzersfeld, Hagenbrunn, Leobendorf, Stetten, Großebersdorf, Bisamberg, Harmannsdorf, Korneuburg, Langenzersdorf, Leitzersdorf, Spillern, Niederhollabrunn, Klosterneuburg und Wien wahlberechtigt ist.
Unterstützungserklärungen:
Datum Vor- und Anschrift Geburtsdatum Unter-
d.Unter- Zuname (Straße, (Tag.Monat. schrift
zeichnung Hausnummer Jahr)
PLZ, Ort)
[im Original mit entsprechenden Personendaten versehen]
Listen bitte bis an M M, ... .
Vertreter der Bürgerinitiative Unabhängige Verkehrsplattform Bezirk Korneuburg - UVP-KO:
M M, ...
Tel. ... / e-Mail: ... / www.http://UVP-KO.org/"
dd) Die zweitantragstellende Bürgerinitiative brachte am beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ein Konvolut von 65 durchnummerierten Blättern mit folgendem Inhalt ein (ebenfalls protokolliert zu Z 312.401/0048-2005):
"Bürgerinitiative Tradenberg
Unterstützungserklärungen
Die Unterzeichner formieren sich hiermit zu einer BÜRGERINITIATIVE gemäß § 19 Abs 4 UVP-Gesetz 2000, um im UVP Verfahren zur Schnellstraße S 1 West Parteistellung zu erlangen. Die Bürgerinitiative erhebt die Einwendung, dass die S 1 West in der derzeit eingebrachten Form nicht genehmigungsfähig ist. Wir wenden u. a. ein:
* dass Naturgüter, insbesondere der Wasserhaushalt im Tradenberg und die örtlichen klimatischen Bedingungen, unwiederbringlich zerstört werden,
* dass die Bevölkerung von Königsbrunn durch die Bautätigkeiten zur Errichtung des Tunnels in unzumutbarer Weise belästigt wird,
* dass technisch viele Möglichkeiten, durch die die Lärm-, Abgas- und Feinstaubbelastung für die hier lebenden Menschen reduzierbar wäre, wie z.B. Tieferlegung der Trasse, weitere Einhausungen, Filterung der Abgase (Tunnel und Unterflurtrassen) und vieles mehr, außer Acht gelassen werden,
dass die Wirtschaftlichkeit unzulänglich geprüft wurde.
Mit meiner Unterschrift unterstütze ich die Bürgerinitiative Tradenberg und deren Gründung.
Datum der Vor- und Anschrift Geburtsdatum Unter-
Unter- Zuname (Straße, (Tag.Monat. schrift
zeichnung Hausnummer, Jahr)
PLZ, Ort)
[im Original mit entsprechenden Personendaten versehen]
Bitte vollständig ausfüllen, sonst ungültig.
Unterzeichnungsberechtigt ist jeder, der in der Gemeinde Korneuburg, Leobendorf, Stetten, Enzersfeld oder Hagenbrunn oder einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde wahlberechtigt ist. Listen bitte bis bei J H abgeben oder zwecks Abholung anrufen.
Sprecher der Bürgerinitiative Tradenberg: J H, ...
Tel. ... email: ..."
ee) Nach den Feststellungen des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (Votum und Unterlagen zu Z BMVIT-312.401/0068-II/ST-ALG/2005) hat die Überprüfung der Wahlberechtigung der Unterzeichner der Bürgerinitiative "UVP-KO" durch die Gemeinde Korneuburg ergeben, dass bereits in dieser (Standort-)Gemeinde mehr als 220 der eingetragenen Personen im Auflagezeitraum für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt waren. Eine weitergehende Prüfung wurde für entbehrlich gehalten.
In Ansehung der Bürgerinitiative "Tradenberg" stellte die Behörde fest, dass während des Auflagezeitraumes 27 der in der Unterschriftenliste eingetragenen Personen in der Gemeinde Korneuburg, 167 in der Gemeinde Wien, 48 in der Gemeinde Hagenbrunn und 38 in der Gemeinde Enzersfeld zum Gemeinderat wahlberechtigt waren. Auch hier wurde von einer weiteren Prüfung Abstand genommen.
Die belangte Behörde kam, da die eine Bürgerinitiative von mehr als 220 und die andere von mehr als 280 zum Auflagezeitpunkt für Gemeinderatswahlen in einer Standort- oder in einer an diese angrenzenden Gemeinde wahlberechtigten Personen unterstützt worden seien, zu dem Ergebnis, dass beide die Voraussetzungen des § 19 Abs 4 UVP-G 2000 erfüllten.
3. Da im Verfahren nichts hervorgekommen ist, was an der Richtigkeit der soeben unter Pkt. 2.b)ee) referierten Feststellungen des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie zweifeln ließe, geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass die jeweilige Stellungnahme hinreichend im Sinne des § 19 Abs 4 UVP-G 2000 unterstützt worden ist.
Die Unterschriftenlisten samt Stellungnahme wurden - wie sich ebenfalls aus den vorgelegten Akten ergibt - fristgerecht beim Bundesministerium selbst oder bei einer in der Kundmachung bezeichneten Abgabestelle eingebracht.
Da auch der auf den Unterschriftenblättern selbst abgedruckte Text die Voraussetzungen für eine Stellungnahme iSd § 9 Abs 4 UVP-G 2000 erfüllt, zumal mit der Bezugnahme auf die "S1 West" hinreichend genau auf das der Verordnung zugrunde liegende Vorhaben Bezug genommen wird (auch die Behörde verwendet bei der Aktenführung fallweise diese Bezeichnung) und Einwände - mögen sie auch sehr kursorisch sein - unter anderem in Bezug auf die zu erwartende Luft- und Lärmbelastung und die Beeinträchtigung des Grundwassers durch die Straßenabwässer (Ersteinschreiterin) sowie etwa die Zerstörung des Wasserhaushalts in Tradenberg und Belästigung von Anrainern (Zweiteinschreiterin) enthält, sind die beiden einschreitenden Bürgerinitiativen zur Stellung des vorliegenden Antrags legitimiert.
Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist über den Antrag in der Sache zu entscheiden.
B) In der Sache:
1. Die Bürgerinitiativen bezweifeln zunächst, dass die Behörde bei Erlassung der angefochtenen Verordnung zu Recht davon ausgehen durfte, dass auf das Vorhaben auf Grund des § 46 Abs 18 Z 5 litc UVP-G 2000 die Rechtslage, wie sie vor der Novelle BGBl. I 153/2004 bestanden hat, anzuwenden war.
2. Die angefochtene Verordnung wurde am erlassen.
a) Zu diesem Zeitpunkt stand das UVP-G 2000 in der Fassung der Novellen BGBl. I 153/2004 und BGBl. I 14/2005 in Kraft.
Mit der Novelle BGBl. I 153/2004 wurde - im Verein mit einer entsprechenden Änderung des Bundesstraßengesetzes 1971 (durch BG BGBl. I 154/2004) - der die Umweltverträglichkeitsprüfung für Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken regelnde 3. Abschnitt des UVP-G 2000 dahingehend geändert, dass bei (Bundes-)Straßenbauprojekten das bis dahin geltende System der Festlegung des Trassenverlaufs mittels Verordnung durch eine bescheidmäßige Genehmigung des Vorhabens im Rahmen eines teilkonzentrierten Verwaltungsverfahrens ersetzt wurde. Diese Änderung ist grundsätzlich mit in Kraft getreten (die Novelle BGBl. I 14/2005 ist für den vorliegenden Antrag ohne Relevanz).
b) Allerdings ist kraft der Übergangsbestimmungen des § 46 Abs 18 Z 5 UVP-G 2000 idF BGBl. I 153/2004 und BGBl. I 14/2005 die durch BGBl. I 153/2004 bewirkte Neufassung des 3. Abschnitts auf folgende Vorhaben nicht anzuwenden:
"a) Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken, für die bis zum die Kundmachung gemäß § 9 Abs 3 durchgeführt wird;
b) Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken, die erstmals unter den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallen und für die bis zum das nach dem Bundesstraßengesetz 1971 oder dem Hochleistungsstreckengesetz vorgesehene Anhörungsverfahren oder ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren eingeleitet wird, sofern nicht der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. einer Einzelfallprüfung beantragt;
c) Bundesstraßen, für die bis zum das Vorverfahren gemäß § 4 eingeleitet und bis zum die Kundmachung gemäß § 9 Abs 3 durchgeführt wird, sofern nicht der Projektwerber/die Projektwerberin die Anwendung des dritten Abschnittes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 153/2004 beantragt."
c) Die belangte Behörde bestätigt in ihrer Äußerung, dass die angefochtene Verordnung auf der Grundlage des BStG 1971 idF BGBl. I 95/2004 (also vor BGBl. I 154/2004) und des UVP-G 2000 idF BGBl. I 84/2004 (und damit vor BGBl. I 153/2004) erlassen worden ist, und führt dazu aus:
"Die Bestimmungen der Novellen zum BStG 1971, BGBl. I Nr. 154/2004 bzw. zum UVP-G 2000, BGBl. I Nr. 153/2004, sind nach den Übergangsbestimmungen des § 34 Abs 4 litc BStG 1971 und § 46 Abs 18 Z 5 litc UVP-G 2000 auf Bundesstraßenbauvorhaben dann nicht anzuwenden, wenn das Vorverfahren gemäß § 4 UVP-G 2000 vor dem eingeleitet wurde und die Kundmachung gemäß § 9 Abs 3 UVP-G 2000 bis zum durchgeführt wurde. Das Vorverfahren wurde von der Behörde mit der Aussendung an die mitwirkenden Behörden am , GZ BMVIT 312.401/0012-II/ST-ALG/2004, eingeleitet. Da die Kundmachung gemäß § 9 Abs 3 UVP-G 2000 ebenfalls vor dem Stichtag, dem , nämlich am , erfolgte, war auf das gegenständliche UVP-Verfahren die Rechtslage idF BGBl. I Nr. 84/2004 zu Recht anzuwenden."
3. Der Bundesgesetzgeber ging bei Beschlussfassung der Novelle BGBl. I 153/2004 davon aus, dass das grundsätzlich neue, im Wege von Bescheiden zu verwirklichende Bundesstraßenplanungsregime ab die Bundesstraßenplanung durch Verordnung ersetzen sollte (vgl. zur Problematik der alten Rechtslage die Erläut. zur RV 648 BlgNR 22. GP, 2, 3, 13 f., und zum neuen Regelungssystem den AB 757 BlgNR 22. GP, 2 ff.). Die Übergangsbestimmungen des § 46 Abs 18 Z 5 UVP-G 2000 gestatteten die Fortsetzung des früher praktizierten Systems der Festlegung des Trassenverlaufs durch Verordnung unter bestimmten Voraussetzungen. Gleichwohl verlieh der Gesetzgeber dem neuen, auf eine bescheidmäßige Genehmigung der Bundesstraßenplanung abstellenden Planungsregime den Vorrang. Dies beweist schon der Umstand, dass auch in den Übergangsfällen des § 46 Abs 18 Z 5 litb und litc UVP-G 2000 idF BGBl. I 153/2004 "der Projektwerber/die Projektwerberin die Anwendung des dritten Abschnitts in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 153/2004 beantragen" kann.
Zu beachten ist, dass es bei den Übergangsbestimmungen des § 46 Abs 18 Z 5 UVP-G 2000 idF BGBl. I 153/2004 nicht um den aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Schutz des Vertrauens auf die früher bestandene Rechtslage geht, der kraft Gleichheitsgebot die im Hinblick auf die frühere Rechtslage disponierenden Normadressaten schützen sollte (vgl. etwa VfSlg. 15.739/2000, 15.936/2000 und 16.754/2002). Vielmehr hat die Übergangsbestimmung des § 46 Abs 18 Z 5 litc UVP-G 2000 den Zweck, ein Verfahren, das noch eindeutig nach altem Recht begonnen hat und das zu einem gewissen Verfahrensfortschritt gediehen ist, jedenfalls nicht zwingend neu beginnen und nach den Kriterien des neuen Rechts durchführen zu lassen. Es sind also verfahrensökonomische Gründe, denen der Gesetzgeber mit seiner Ermächtigung Rechnung trug, Bundesstraßenplanungen, für die das Vorverfahren vor dem eingeleitet wurde und zusätzlich die Kundmachung gemäß § 9 Abs 3 UVP-G 2000 bis zum erfolgte, in eine Verordnung münden zu lassen (sofern der Projektwerber/die Projektwerberin nicht auch in diesem Fall der neuen Rechtslage durch eine entsprechende Antragstellung den Vorzug gab).
4. Damit gemäß § 46 Abs 18 Z 5 litc UVP-G 2000 die Rechtslage vor der Novelle BGBl. I 153/2004 zur Anwendung kommen durfte, musste für die konkrete Bundesstraßenplanung ein Verfahrensstand erreicht sein, der nicht nur durch die Einleitung des so genannten "Vorverfahrens gemäß § 4 UVP-G 2000" bis zum festgelegt wurde, sondern der zusätzlich die Durchführung der "Kundmachung gemäß § 9 Abs 3 UVP-G 2000 bis zum " erforderte. Weiters darf der Projektwerber die Anwendung der neuen Rechtslage nicht beantragt haben.
Es kann hier dahingestellt bleiben, ob zum ein mit allen notwendigen Unterlagen versehener Antrag auf Durchführung des Vorverfahrens bereits vorlag, obwohl die erforderlichen Unterlagen vom Projektwerber ausweislich der Übernahmebestätigungen erst zwischen dem 17. und dem übermittelt wurden (Z BMVIT-312.401/0006-II/ST-ALG/2005). Denn das Vorliegen der zweiten Voraussetzung für die Anwendung alten Rechts ist jedenfalls zu verneinen:
a) Zweite Voraussetzung für die Anwendung der alten Rechtslage auf Grund des § 46 Abs 18 Z 5 litc UVP-G 2000 ist, dass bis zum "die Kundmachung" gemäß § 9 Abs 3 "durchgeführt" sein muss.
§ 9 Abs 3 UVP-G 2000 (in der hier maßgeblichen Fassung) bestimmt, dass die Behörde
"das Vorhaben gemäß § 44a Abs 3 AVG kundzumachen [hat]. Diese Kundmachung hat jedenfalls zu enthalten:
1. Den Gegenstand des Antrages und eine Beschreibung des Vorhabens,
2. Ort und Zeit der möglichen Einsichtnahme und
3. einen Hinweis auf die gemäß Abs 4 jedermann offen stehende Möglichkeit zur Stellungnahme und darauf, dass Bürgerinitiativen gemäß § 19 Partei- oder Beteiligtenstellung haben.
..."
§ 44a Abs 3 AVG 1991 lautet:
"(3) Das Edikt ist im redaktionellen Teil zweier im Bundesland weitverbreiteter Tageszeitungen und im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' zu verlautbaren. Ist in den Verwaltungsvorschriften für die Kundmachung der mündlichen Verhandlung eine besondere Form vorgesehen, so ist der Inhalt des Edikts darüber hinaus in dieser Form kundzumachen; im übrigen kann die Behörde jede geeignete Form der Kundmachung wählen. In der Zeit vom 15. Juli bis 25. August und vom 24. Dezember bis 6. Jänner ist die Kundmachung durch Edikt nicht zulässig."
b) Hiezu hat der Verfassungsgerichtshof aus dem Verordnungsakt folgende Feststellungen getroffen:
aa) Aus dem fortgesetzten Votum zu
Z BMVIT-312.401/0040-II/ST-ALG/2005 ergibt sich, dass
"[d]ie Einschaltungen (Kundmachungen) betreffend die
öffentliche Auflage im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und im
redaktionellen Teil zweier im Bundesland weit verbreiteter
Tageszeitungen gemäß § 4 Abs 5 BStG und § 9 UVP-G in Verbindung mit § 44a
Abs3 AVG ... durch das Amt der NÖ Landesregierung (DI ...) für die
BMG veranlasst [werden]. Der Kundmachungstext wurde daher bereits am
an die NÖ Landesregierung per e-mail an Herrn ... gefaxt
(lb)".
bb) Der - im Akt (unter derselben GZ) erliegende - Kundmachungstext lautet auszugsweise wie folgt (Hervorhebung anders als im Original):
"Kundmachung
betreffend die Auflage von Unterlagen zur Bestimmung des Straßenverlaufes der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße, Abschnitt A 5/B 7 bis Knoten Korneuburg A 22/S 1, im Bereich der Gemeinden Hagenbrunn, Enzersfeld, Stetten, Korneuburg, Leobendorf
Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie beabsichtigt den Straßenverlauf der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße, Abschnitt A 5/B 7 bis Knoten Korneuburg A 22/S 1, nach § 4 Abs 1 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 95/2004, zu verordnen.
...
Vor Erlassung der Verordnung zur Bestimmung des Straßenverlaufes ist gemäß § 24 Abs 1 in Verbindung mit § 23a Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, BGBl. Nr. 697/1993, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2002 (UVP-G 2000) eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. - Vorerst ist das Anhörungsverfahren gemäß § 4 Abs 3 und 5 BStG 1971 und gemäß § 24 Abs 6 in Verbindung mit § 9 UVP-G 2000 durchzuführen.
Es werden daher folgende Unterlagen ... aufgrund des § 4 Abs 5
BStG 1971 und des § 24 Abs 6 UVP-G 2000 durch sechs Wochen, das ist vom
bis einschließlich in den Gemeindeämtern ... sowie
bei der UVP-Behörde ... zur öffentlichen Einsicht aufgelegt.
...
Wien, am
Für den Bundesminister:
Dr. Rose"
cc) Dieser Kundmachungstext wurde dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung per Fax am zur Veranlassung der Einschaltung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und im redaktionellen Teil zweier im Bundesland Niederösterreich weit verbreiteter Tageszeitungen vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie übermittelt.
Es kann hier dahingestellt bleiben, welche Bedeutung dem Umstand beizumessen ist, dass die - elektronische - Genehmigung des Kundmachungstextes durch die zuständige Abteilungsleiterin des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie erst am mit Datum "" erfolgte und welche Bedeutung der grün markierten "Genehmigung" durch die Abteilungsleiterin mit Datum als Aktenvorgang beizumessen ist.
dd) Während im Amtsblatt zur Wiener Zeitung die Verlautbarung der Kundmachung am korrekt erfolgte, wurde in den Tageszeitungen Krone und Kurier (beide für das Bundesland Niederösterreich) vom die Kundmachung fehlerhaft verlautbart. Entgegen der Anordnung der Behörde wurde die Auflagefrist wie folgt angegeben (Hervorhebung anders als in den Originalen):
"Es werden daher folgende Unterlagen ... aufgrund des § 4
Abs5 BStG 1971 und des § 24 Abs 6 UVP-G 2000 durch sechs Wochen, das
ist vom bis einschließlich in den Gemeindeämtern
... sowie bei der UVP-Behörde ... zur öffentlichen Einsicht
aufgelegt."
ee) Daraufhin verfügte das Bundesministerium eine Verlängerung der Auflagefrist um zwei Tage, weil andernfalls den gesetzlichen Erfordernissen nicht entsprochen worden wäre.
Diese unter Z BMVIT-312.401/0042-II/ST-ALG/2005 protokollierte Kundmachung lautet wie folgt:
"Kundmachung
betreffend die Auflage von Unterlagen zur Bestimmung des Straßenverlaufes der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße, Abschnitt A 5/B 7 bis Knoten Korneuburg A 22/S 1, im Bereich der Gemeinden Hagenbrunn, Enzersfeld, Stetten, Korneuburg und Leobendorf.
Der in der Kundmachung vom , BMVIT-312.401/0040-II/ST-ALG/2005, gemäß § 4 Abs 5 BStG 1971 und § 24 Abs 6 UVP-G 2000 festgelegte Zeitraum vom bis einschließlich , in dem die Auflage der Unterlagen ... erfolgt, wird um zwei Tage verlängert, sodass die genannten Unterlagen bis einschließlich zur öffentlichen Einsicht aufgelegt werden.
Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Kundmachung vom , BMVIT-312.401/0040-II/ST-ALG/2005, verwiesen (Auflageorte, Stellungnahmerecht, etc.)."
Diese Kundmachung wurde am im Amtsblatt zur Wiener Zeitung sowie im Kurier und in der Krone (beide Ausgabe Niederösterreich) verlautbart.
c) Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, dass es zur Wahrung des Stichtags auf eine ordnungsgemäße Kundmachung der öffentlichen Auflage des Straßenbauvorhabens ankommt. Deren fehlerhafte Kundmachung genügt für die Anwendung der alten Rechtslage nicht. Bei der deshalb gehörig kundzumachenden Auflagefrist handelt es sich um ein wesentliches Element der auch gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen Öffentlichkeitsbeteiligung [vgl. Art 6 (insb. Abs 2 litc) der UmweltverträglichkeitsprüfungsRL idF der ÖffentlichkeitsbeteiligungsRL]; eine allfällige Unterschreitung der gesetzlichen Mindestfrist bedeutet eine Verkürzung von Anhörungsrechten.
Vorliegendenfalls wäre nach allgemeinen Grundsätzen behördlicher Fristberechnung (vgl. § 32 AVG, § 125 ZPO) die gesetzliche Mindestfrist von sechs Wochen wegen des falsch veröffentlichten Beginns der Auflagefrist unterschritten (hinzu kommt, dass der ein Feiertag war). Die falsche Publikation des Textes der Kundmachung (in den beiden "im Bundesland weitverbreiteten Tageszeitungen" - § 44a Abs 3 AVG - "Krone" und "Kurier", Ausgabe Niederösterreich), die dem die Kundmachung veranlassenden Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zuzurechnen ist, macht die Kundmachung selbst fehlerhaft. Eine gehörige Kundmachung erfolgte sohin nicht vor dem im Gesetz mit für die Anwendung der alten Rechtslage festgesetzten Stichtag. Die "Verlängerung" der öffentlichen Auflage um zwei Tage vermochte daran nichts zu ändern, weil deren Kundmachung ihrerseits erst nach dem Stichtag erfolgte.
Es fehlte sohin an der Erfüllung der zweiten Voraussetzung für die Anwendung der alten Rechtslage auf die Planung der Wiener Außenring Schnellstraße S 1 Abschnitt A 5/B 7, d.i. die gehörige Kundmachung der öffentlichen Auflage des Vorhabens bis zum .
§ 46 Abs 19 Z 2 UVP-G 2000 ordnet zwar an, dass der mit außer Kraft getretene, die Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Trassenverordnungen auf Antrag u.a. von Bürgerinitiativen regelnde
§24 Abs 11 nur in Bezug auf die dort genannten Vorhaben weiter anzuwenden ist. Gleichwohl muss diese Bestimmung so verstanden werden, dass diese Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes auch dann besteht, wenn die Behörde letztlich zu Unrecht von der Anwendung der alten Rechtslage ausgegangen ist.
III. Da die angefochtene Verordnung rechtswidrig erlassen wurde, war dem Antrag der beiden Bürgerinitiativen stattzugeben und die Verordnung als gesetzwidrig gemäß Art 139 Abs 1 B-VG aufzuheben.
Die Fristsetzung im Zuge der Aufhebung soll sicherstellen, dass unter anderem die Rechtswirkung der aufgehobenen Verordnung gemäß § 15 BStG 1971, d.i. die Bausperre im durch die Verordnung festgelegten Bundesstraßenbaugebiet, vorläufig aufrecht bleibt.
Die Verpflichtung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und des damit im Zusammenhang stehenden weiteren Ausspruchs erfließt aus Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG und § 60 Abs 2 VfGG.
IV. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof können Kosten nur in den im VfGG ausdrücklich bezeichneten Fällen zugesprochen werden (§27 erster Satz VfGG). In Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen ist ein Kostenersatz jedoch nur im Fall des Art 139 Abs 1 letzter Satz B-VG vorgesehen (s. § 61a VfGG), nicht dagegen auch im Fall eines Antrags gemäß § 24 Abs 11 UVP-G 2000 idF BGBl. 773/1996 (so schon VfSlg. 16.242/2001, 16.567/2002; vgl. zur insofern gleich gelagerten Rechtslage bei Anträgen gemäß Art 139 Abs 1 zweiter Satz B-VG VfSlg. 12.308/1990, 14.067/1995). Den antragstellenden Bürgerinitiativen war aus diesem Grund kein Kostenersatz zuzusprechen.