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VfGH vom 12.12.1991, V264/91

VfGH vom 12.12.1991, V264/91

Sammlungsnummer

12943

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit der Annahme des Vorliegens von Einkünften in der LiebhabereiV auch im Falle der Inkaufnahme von Verlusten aus gesamtwirtschaftlichen oder im öffentlichen Interesse liegenden regionalen Gründen; Gesetzwidrigkeit der Anordnung der Rückwirkung; keine Bedenken gegen das System von "Vermutungen" in Abschnitt I der LiebhabereiV mangels Gestaltung des Beweisverfahrens; keine Unsachlichkeit der Abgrenzung des Geltungsbereiches der Verordnung

Spruch

In Abschnitt I der Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom über das Vorliegen von Einkünften und über die Erlassung vorläufiger Bescheide (Liebhabereiverordnung), BGBl. Nr. 322, werden Artikel I § 1 Abs 3 Z 1 und Artikel II als gesetzwidrig aufgehoben.

Die aufgehobenen Bestimmungen sind auch auf jene Sachverhalte nicht mehr anzuwenden, die den vom Verwaltungsgerichtshof zu V303/91 und V308/91 gestellten Anträgen zugrundeliegen.

Der Bundesminister für Finanzen ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Im übrigen werden die Anträge abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Das der Einkommensteuer zugrunde zu legende Einkommen umschreiben die Einkommensteuergesetze 1972 und 1988 jeweils in § 2 Abs 2 als den "Gesamtbetrag der Einkünfte aus dem in Abs 3 bezeichneten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben" (und Abzug jeweils näher bezeichneter Beträge). Nach § 2 Abs 3 unterliegen der Einkommensteuer nur Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus selbständiger Arbeit, aus Gewerbebetrieb, aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung sowie - jeweils in § 29 näher bezeichnete - sonstige Einkünfte. Einkünfte sind nach § 2 Abs 4 bei Land- und Forstwirtschaft, selbständiger Arbeit und Gewerbebetrieb der Gewinn, bei den anderen Einkunftsarten der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten.

Nach § 8 Abs 1 Körperschaftsteuergesetz 1966 bestimmt sich, was als Einkommen gilt, nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes, nach § 7 Abs 2 Körperschaftsteuergesetz 1988 ist Einkommen im Sinne des Körperschaftsteuerrechts der "Gesamtbetrag der Einkünfte aus den in § 2 Abs 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben" (und Abzug näher bezeichneter Beträge).

Unter Berufung auf all diese Gesetzesstellen (und § 200 Abs 1 BAO) hat der Bundesminister für Finanzen eine Verordnung über das Vorliegen von Einkünften und über die Erlassung vorläufiger Bescheide (Liebhabereiverordnung) erlassen, die am unter der Nr. 322 im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde.

Ihr Abschnitt I lautet:

"Einkommen- und Körperschaftsteuer

Artikel I

§1. (1) Das Vorliegen von Einkünften ist zu vermuten bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis), die


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durch die Absicht veranlaßt ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§3) zu erzielen, und
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nicht unter Abs 2 fällt.

Die Vermutung kann widerlegt werden, wenn die Absicht nicht anhand objektiver Umstände (§2 Abs 1 und 3) nachvollziehbar ist. Das Vorliegen einer derartigen Absicht ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen. Als derartige Einheit gilt weiters eine Betätigung, die für sich die Voraussetzungen des Abs 3 Z 1 erfüllt.

(2) Liebhaberei ist zu vermuten bei einer Betätigung, wenn Verluste entstehen

1. aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (zB Wirtschaftsgüter, die der Sport- und Freizeitausübung dienen, Luxuswirtschaftsgüter, Wirtschaftsgüter, die der Befriedigung des persönlichen Wohnbedürfnisses dienen) und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen oder

2. aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind.

Die Vermutung kann nach Maßgabe des § 2 Abs 4 widerlegt werden. Das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen. Als derartige Einheit gilt weiters eine Betätigung, die für sich die Voraussetzungen des Abs 3 Z 1 erfüllt.

(3) Liebhaberei liegt nicht vor,

1. wenn Verluste aus einer auf Erzielung angemessener Einnahmen gerichteten Betätigung aus gesamtwirtschaftlichen Gründen oder im Hinblick auf öffentliche Interessen aus besonderen regionalen Gründen (zB besondere wirtschaftliche Bedeutung für die Infrastruktur) in Kauf genommen werden, oder

2. wenn eine Betätigung bei einer einzelnen Einheit im Sinn des Abs 1 vorletzter Satz, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit weiteren Einheiten steht, aus Gründen der Gesamtrentabilität, der Marktpräsenz oder der wirtschaftlichen Verflechtung aufrechterhalten wird.

§2. (1) Fallen bei Betätigungen im Sinn des § 1 Abs 1 Verluste an, so ist das Vorliegen der Absicht, einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§3) zu erzielen, insbesondere anhand folgender Umstände zu beurteilen:

1. Ausmaß und Entwicklung der Verluste,

2. Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen,

3. Ursachen, auf Grund deren im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen kein Gewinn oder Überschuß erzielt wird,

4. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf angebotene Leistungen,

5. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf die Preisgestaltung,

6. Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen (zB Rationalisierungsmaßnahmen).

(2) Innerhalb der ersten drei Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab Beginn einer Betätigung (zB Eröffnung eines Betriebes) im Sinn des § 1 Abs 1, längstens jedoch innerhalb der ersten fünf Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben) für diese Betätigung liegen jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum). Dieser Zeitraum wird durch die Übertragung der Grundlagen der Betätigung auf Dritte nicht unterbrochen. Nach Ablauf dieses Zeitraumes ist unter Berücksichtigung der Verhältnisse auch innerhalb dieses Zeitraumes nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen, ob weiterhin vom Vorliegen von Einkünften auszugehen ist.

(3) Abs 2 gilt nicht für Betätigungen im Zusammenhang mit der entgeltlichen Überlassung von Gebäuden. Das Vorliegen einer Absicht im Sinn des § 1 Abs 1 ist in diesem Fall nach dem Verhältnis des Zeitraumes, innerhalb dessen ein Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß geplant ist, zum üblichen Kalkulationszeitraum zu beurteilen.

(4) Die Vermutung im Sinn des § 1 Abs 2 kann nur widerlegt werden, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§3) erwarten läßt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange zu vermuten, als die Vermutung nicht durch eine Änderung der Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit im Sinn des vorstehenden Satzes widerlegt wird.

§3. (1) Unter Gesamtgewinn ist der Gesamtbetrag der Gewinne zuzüglich steuerfreier Einnahmen abzüglich des Gesamtbetrags der Verluste zu verstehen. Steuerfreie Einnahmen sind nur insoweit anzusetzen, als sie nicht zu einer Kürzung von Aufwendungen (Ausgaben) führen. Wertänderungen von Grund und Boden, der zum Anlagevermögen gehört, sind nur bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG anzusetzen.

(2) Unter Gesamtüberschuß ist der Gesamtbetrag der Überschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten abzüglich des Gesamtbetrags der Verluste zu verstehen.

§4. (1) Die §§1 bis 3 sind auch bei Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit anzuwenden.

(2) Es ist zuerst für die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) zu prüfen, ob die gemeinschaftliche Betätigung als Liebhaberei im Sinn des § 1 zu beurteilen ist.

(3) Zusätzlich ist gesondert zu prüfen, ob jeweils beim einzelnen Gesellschafter (Mitglied) Liebhaberei vorliegt. Dabei sind auch besondere Vergütungen (Einnahmen) und Aufwendungen (Ausgaben) der einzelnen Gesellschafter (Mitglieder) zu berücksichtigen.

(4) Bei der Prüfung im Sinn des Abs 3 ist weiters darauf Bedacht zu nehmen, ob nach den Umständen des Einzelfalls damit zu rechnen ist, daß der Gesellschafter (das Mitglied) vor dem Erzielen eines anteiligen Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) aus der Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ausscheidet. In diesem Fall ist auch für den Zeitraum gemäß § 2 Abs 2 sowie bei Betätigungen im Sinn des § 1 Abs 3 das Vorliegen von Liebhaberei zu prüfen.

§ 5. Die §§1 bis 4 sind nicht anzuwenden auf

1. Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts (§2 KStG 1988,§ 2 KStG 1966),

2. juristische Personen des privaten Rechts, an denen unmittelbar oder mittelbar ausschließlich Körperschaften des öffentlichen Rechts beteiligt sind, soweit § 2 Abs 4 dritter Satz KStG 1988 anzuwenden ist,

3. Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der §§34 bis 47 BAO dienen, und

4. wirtschaftliche Geschäftsbetriebe im Sinn des § 31 BAO.

Artikel II

Artikel I ist auf alle nicht endgültig rechtskräftig veranlagten Fälle anzuwenden."

1. Der Verwaltungsgerichtshof stellt aus Anlaß einer bei ihm anhängigen Beschwerdesache betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1987 den Antrag, Artikel I und II in Abschnitt I dieser Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben (V 53/91). Er legt dar, daß die belangte Behörde sowohl für den Bereich des Ertragwie auch des Umsatzsteuerrechts die Meinung vertrete, es sei Liebhaberei zu unterstellen, wenn Verluste aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern entstanden sind, die der Sport- und Freizeitausübung dienten; eine gesamtwirtschaftliche Bedeutung (des von der beschwerdeführenden Fremdenverkehrsamt GesmbH geführten Freizeitzentrums) sei bei Umsätzen von 600.000 S auszuschließen.

Gegen die angegriffenen Bestimmungen hegt der Verwaltungsgerichtshof folgende Bedenken:

"Abschnitt I ArtII Liebhabereiverordnung erklärt, ArtI sei auf alle nicht endgültig rechtskräftig veranlagten Fälle anzuwenden. Damit wird ein zeitlicher Anwendungsbereich festgelegt, der auch vor der Erlassung der Verordnung (Kundmachung ) verwirklichte Sachverhalte umfaßt. Die Verordnung legt sich insofern rückwirkende Kraft bei. Hiezu fehlt dem Verordnungsgeber die hiefür erforderliche ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung, die keinem Gesetz im formellen Sinn entnehmbar ist.

Es besteht keine gesetzliche Vorschrift, die auch nur annähernd erkennen ließe, daß es erlaubt sei, das Vorliegen einer Einkunftsquelle der in Abschnitt I ArtI § 5 Liebhabereiverordnung angeführten Steuerpflichtigen anders zu beurteilen, als bei Steuerpflichtigen, die von der Verordnung erfaßt sein sollen.

Es besteht kein Gesetz, das auch nur annähernd erkennen ließe, Verluste, die aus gesamtwirtschaftlichen Gründen oder im Hinblick auf öffentliche Interessen aus besonderen regionalen Gründen (zB besondere wirtschaftliche Bedeutung für die Infrastruktur) in Kauf genommen werden (Abschnitt I ArtI § 1 Abs 3 Z. 1 Liebhabereiverordnung), dürften bei Beurteilung der Einkunftsquelleneigenschaft anders behandelt werden, als Verluste, die aus anderen Gründen in Kauf genommen werden.

Der Ausdruck 'gesamtwirtschaftliche Gründe' hat im übrigen seinerseits keinen bestimmten Inhalt, ist daher nicht vollziehbar und verstieße also auch gegen das Legalitätsprinzip, wenn er vom Gesetzgeber im formellen Sinn selbst im gegebenen Zusammenhang gebraucht würde.

Die Liebhabereiverordnung errichtet ein System von Vermutungen und zwar von widerlegbaren (§1 Abs 1, 2 und § 2 Abs 4) und unwiderlegbaren (§1 Abs 3). Dieses System ist gleichsam das Rückgrat der Verordnung. Daß diese Vermutungen nach der Absicht des Verordnungsgebers die Normunterworfenen binden sollen und daher normativen Charakter haben, steht für den Verwaltungsgerichtshof außer Zweifel. Es handelt sich bei den Vermutungen daher um sogenannte 'gesetzliche Vermutungen', die der Verordnungsgeber geschaffen hat.

Unwiderlegbare Vermutungen hindern den Nachweis des Gegenteils, widerlegbare Vermutungen weisen die Beweislast dem zu, der das Gegenteil der Vermutung behauptet. Die Aufstellung einer Vermutung hat außerdem gemäß § 167 Abs 1 BAO die Folge, daß Tatsachen, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises bedürfen. Nur im übrigen hat die Behörde gemäß § 167 Abs 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Durch das System von gesetzlichen Vermutungen greift der Verordnungsgeber in diese Grundsätze, die der einfache Gesetzgeber aufgestellt hat, ein. Durch gesetzliche Vermutungen wird daher die Rechtslage geändert (zur Unterscheidung zwischen praesumptio facti, praesumptio iuris und praesumptio iuris et de iure sowie zu den weiteren Auswirkungen dieser Vermutungen auf die Rechtslage vgl. Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechtes,

2. Aufl., Rz 865 bis 868). Es handelt sich bei der Aufstellung gesetzlicher Vermutungen also nicht bloß um eine Technik der Normsetzung, deren Anwendung und Gestaltung dem Verordnungsgeber schon Kraft der Ermächtigung des Art 18 Abs 2 B-VG ohne Bindung an eine Vorherbestimmung des Gesetzgebers im Sinne des Art 18 Abs 1 B-VG zur Verfügung stünde. Auch das Ob und das Wie gesetzlicher Vermutungen unterliegt daher uneingeschränkt dem Legalitätsprinzip. Dafür macht es keinen Unterschied, ob es sich um eine praesumptio facti, eine praesumptio iuris oder eine praesumptio iuris et de iure handelt, bei der nur die Vermutungsbasis entkräftet werden kann (vgl. Fasching aaO).

Nähme man § 167 Abs 1 BAO beim Wort, so bedürfte es zur Aufstellung einer Vermutung der Anordnung des Gesetzgebers. Dem Verordnungsgeber wäre daher die Aufstellung gesetzlicher Vermutungen verschlossen.

Im Hinblick auf Art 18 Abs 2 B-VG darf § 167 Abs 1 BAO aber nicht so verstanden werden, weil die Ermächtigung des Verfassungsgesetzgebers an die Verwaltungsbehörden zur Erlassung von Durchführungsverordnungen eine solche Auslegung verbietet, schließt doch der Verfassungsgesetzgeber von der Ermächtigung ausreichend durch den Gesetzgeber vorherbestimmte Regeln über gesetzliche Vermutungen nicht aus. Auch bei Aufstellung gesetzlicher Vermutungen kommt dem Verordnungsgeber gemäß Art 18 Abs 2 B-VG jedoch - wie bereits erwähnt - nur die Präzisierung des Gesetzes zu. Die Fälle gesetzlicher (widerlegbarer/unwiderlegbarer) Vermutungen müssen daher vom Gesetzgeber im formellen Sinn vorherbestimmt sein. § 167 Abs 1 BAO stellt keine derartige Vorherbestimmung dar. Die Bundesabgabenordnung selbst enthält keine Bestimmungen, die inhaltlich die Aufstellung von gesetzlichen Vermutungen durch den Verordnungsgeber determinieren. Es könnte hiezu auch § 20 BAO nicht herangezogen werden, weil sich diese Vorschrift nur auf 'Entscheidungen' - individuelle Akte - bezieht, also nicht auf Verordnungen (generelle Akte).

Die Aufstellung gesetzlicher Vermutungen gehört in den Kompetenzbereich des Materiengesetzgebers. Auch dessen Gesetze, die für den sachlichen Anwendungsbereich der Liebhabereiverordnung in Betracht kommen, enthalten keine Ansatzpunkte für eine Vorherbestimmung widerlegbarer und/oder unwiderlegbarer gesetzlicher Vermutungen im Zusammenhang mit der Frage der Einkunftsquelleneigenschaft (Liebhaberei).

Im Hinblick auf Art 18 Abs 2 B-VG bedarf es zwar zur Erlassung einer Durchführungsverordnung keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigung. Die Verordnung darf sich jedoch nicht mit einem Gesetz in Widerspruch setzen oder selbständig neues Recht schaffen, sondern nur Gesetzesrecht präzisieren. Ein Gesetz, das in der Richtung der Aufstellung gesetzlicher Vermutungen hinsichtlich des Vorliegens von Liebhaberei durch den Verordnungsgeber präzisierbar wäre, existiert nicht.

Für das von der Liebhabereiverordnung aufgestellte System gesetzlicher Vermutungen fehlt daher die Grundlage im formellen Gesetz.

Mangels Vorherbestimmung durch den einfachen Gesetzgeber scheint die Liebhabereiverordnung daher hinsichtlich der von ihr geschaffenen gesetzlichen Vermutungen verfassungs- und damit gesetzwidrig zu sein.

Da die §§1 und 2 der Verordnung auf dem System der Vermutungen aufbauen und die §§3 bis 5 der Verordnung vom Bestand der §§1 und 2 unabhängig keinen Anwendungsbereich mehr hätten, erstreckt sich der Aufhebungsantrag auf den gesamten Abschnitt I der Verordnung."

2. Der Bundesminister für Finanzen hält den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes folgendes entgegen:

"I. Allgemeines

Mit 'Liebhaberei' umschreibt man Betätigungen, die nicht Steuergegenstand sind und auf die die Einkunftstatbestände keine Anwendung finden. Zur richtigen Erfassung des Phänomens der Liebhaberei ist nicht vom Begriff 'Liebhaberei', sondern umgekehrt davon auszugehen, ob die Voraussetzungen für eine Einkunftsart vorliegen (siehe bereits bei Enno Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, 397f). Liebhaberei ist daher eine Art komplementärer Begriff zu den steuerlich beachtlichen Einkunftsarten bzw. Einkunftsquellen. Fällt schon unter die steuerlich beachtlichen Einkunftstatbestände eine ungeheure Vielzahl von Betätigungen, so ist die Zahl der Betätigungen außerhalb der Einkunftsquellen wohl eine noch viel größere.

Weder das EStG 1988 noch Vorgängergesetze enthalten konkrete Aussagen zur Abgrenzung zwischen steuerlich beachtlicher Einkunftsquelle einerseits und Liebhaberei andererseits. Im Zusammenhang mit der Vielfalt des menschlichen Lebens und der Vielzahl der daraus resultierenden Abgrenzungsfragen hat sich dazu seit dem Entstehen des modernen Einkommensteuerrechts in Judikatur, Schrifttum und Praxis eine Reihe von Theorien entwickelt.

II. Liebhabereitheorien

1. Theorie der subjektiven Ertragsfähigkeit

Nach dieser Theorie begründet das Ertragsstreben eine Einkunftsquelle. Der Liebhabereibegriff ist dabei rein subjektiv zu verstehen (siehe dazu Deutsch, Die einkommensteuerrechtliche Liebhaberei, 49 mwN; zur Entwicklung auch Stoll, Verluste und Verlustquellen im Steuerrecht, 63, insbesondere 66 FN mit Hinweis auf die jüngst feststellbare Zuwendung des BFH zur Maßgeblichkeit der subjektiven Ertragsfähigkeit; weiters Zöchling, SWK 1986, A I 348). Die Theorie der subjektiven Ertragsfähigkeit ist unmittelbar auf das Leistungsfähigkeitsprinzip gestützt. Es soll jener Bereich der menschlichen Betätigung, der seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmt, von jenem anderen Bereich, der für seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unmaßgeblich ist (eben Liebhaberei), abgegrenzt werden. Oder anders gesagt: Es soll die Sphäre der Einkommenserzielung (Schaffung von Leistungsfähigkeit) von jener der Einkommensverwendung (Konsum von Leistungsfähigkeit), also der Lebensführung, abgegrenzt werden.

Zentrales Abgrenzungskriterium ist wie erwähnt das subjektive Ertragsstreben. Dieses Abgrenzungskriterium gewährleistet, daß Passionen, Neigungen und Hobbies nicht bloß deswegen zu Lasten des Steueraufkommens und somit letztlich der Allgemeinheit betrieben werden können, weil sie im Gewande einer Einkunftsart ausgeübt werden. Technisch bedient man sich bei der Abgrenzung der Liebhaberei von einer steuerlich beachtlichen Einkunftsquelle jener Mechanismen, die auch für die Abgrenzung zwischen Betriebsausgabe und Privatausgabe herangezogen werden, nämlich der Prüfung der betrieblichen (beruflichen) Veranlassung von Aufwendungen (Wassermeyer, StuW 1982, 355f). An die Stelle der Prüfung der Motivation einzelner Aufwendungen tritt lediglich das Gesamtmotiv der Betätigung (Wassermeyer, aaO, 360). Analog zur Unbeachtlichkeit der Zweckmäßigkeit einzelner Betriebsausgaben ist es nach dieser Auffassung auch unbeachtlich, ob eine Betätigung wirtschaftlich zweckmäßig (objektiv ertragsbringend) ist. Es genügt das Erzielenwollen von Erträgen. Durch diese Betrachtung soll insbesondere auch verhindert werden, daß derjenige, der sich erfolglos aber redlich um positive Erträge plagt, steuerlich gegenüber erfolgreichen Unternehmen benachteiligt wird (Deutsch, aaO, 48).

Auch die Entwicklung in der deutschen Bundesrepublik geht in die Richtung, Liebhaberei mehr und mehr unter dem Gesichtspunkt der subjektiven Ertragsfähigkeit zu sehen (Zorn, ÖStZ 1989, 262; für viele Jakob/Hörmann, Finanzrundschau 1989, 665ff).

2. Theorie der objektiven Ertragsfähigkeit

Eine andere Auffassung meint, es kämen als Einkunftsquellen nur solche Betätigungen in Betracht, die eine objektive Ertragsfähigkeit aufweisen. Diese Auffassung wird insbesondere durch die Rechtsprechung des VwGH getragen (zB ; , 86/13/0132; , 85/14/0143; , 86/14/0091; , 89/14/0295; , 89/13/0245; , 90/14/0086; , 90/14/0131). Der Gerichtshof hat diese Ansicht zusehends stärker betont und die in jüngerer Zeit zur subjektiven Liebhabereibetrachtung tendierende Rechtsprechung des BFH ausdrücklich abgelehnt (Erk. , 87/14/0112, dazu Zorn, ÖStZ 1989, 262).

Nach dieser Auffassung ist primär maßgebend, ob eine Betätigung strukturell ertragsbringend angelegt ist. Das subjektive Ertragstreben ist lediglich subsidiär von Bedeutung, und zwar dann, wenn die Beurteilung der objektiven Ertragsfähigkeit kein eindeutiges Ergebnis bringt (zB ). Der VwGH leitet seine Ansicht ua aus dem Institut des Verlustausgleichs (§2 Abs 2 EStG) ab; dessen ausdrückliche gesetzliche Normierung lasse erkennen, daß grundsätzlich nur positive wirtschaftliche Ergebnisse unter den Begriff 'Einkünfte' fallen (; , 83/14/0046, 0048).

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang noch die Auffassung des VwGH zur Einstellung einer Betätigung sowie zur Änderung der Bewirtschaftung. So hat der Gerichtshof ua auch im Einstellen einer Betätigung ein Indiz dafür gesehen, daß die Betätigung keine objektiven Ertragsaussichten aufweist ( 1332, 1419/77). Ein Fortführen der Betätigung unter Änderung der Bewirtschaftung - dh die strukturelle Umgestaltung einer nicht ertragsbringenden in eine ertragsbringende Betätigung - führt zu einer getrennten Beurteilung der einzelnen Phasen der Betätigung:

Bis zur Änderung der Bewirtschaftung liegt keine steuerlich beachtliche Einkunftsquelle vor (damit auch steuerliche Unbeachtlichkeit von Anlaufverlusten), erst ab der Änderung der Bewirtschaftung beginnt eine steuerlich beachtliche Einkunftsquelle (zB ). Als Änderung der Bewirtschaftung werden strukturändernde Maßnahmen wie etwa das Ersetzen eines ungenügend ausgestatteten Fremdenverkehrsgebäudes durch ein modernes komfortables Gebäude (, 0195), die Umstellung der Finanzierung von Fremdmitteln auf Eigenmittel () oder der Ersatz fremder Arbeitskräfte durch die eigene Arbeitskraft () angesehen (weitere Fälle siehe bei Zorn, ÖStZ 1989, 266).

3. Theorie des objektiven Ertrags

Diese geht noch weiter in der objektiven Betrachtung. Für die Annahme der Liebhaberei ist entscheidend, daß tatsächlich Verluste auftreten, nicht aber aus welchen subjektiven oder objektiven Gründen (Wieser, FJ 1988, 123). Der tatsächliche Gesamterfolg einer Betätigung wird als Tatbestandsmerkmal des § 2 EStG gewertet. Demnach führen auch unvorhergesehene, unfreiwillige und vom Steuerpflichtigen nicht abwendbare Ereignisse, die sich negativ auf den steuerpflichtigen Ertrag auswirken (Schäden, Diebstahl, Konjunktureinbrüche uä), zum Negieren einer Einkunftsquelle (Wieser, aaO, 131). Diese Auffassung geht also sogar so weit, bei Schlagendwerden typischer Unternehmerrisken zur Annahme einer Liebhaberei zu kommen.

4. Theorie der Erwerbstypizität

Stoll vertritt in seiner Monographie 'Verluste und Verlustquellen im Steuerrecht' die Auffassung, die steuerlich beachtliche Einkunftsquelle sei dadurch gekennzeichnet, daß die zu beurteilende Betätigung als erwerbstypisches Handeln und Wirken eingestuft werden kann (aaO, zB 44ff). Stoll arbeitet eine Reihe von Einzelmerkmalen heraus, die gegen eine erwerbstypische Betätigung und somit gegen eine Einkunftsquelle sprechen (aaO, 219ff). Der objektiven Ertragsfähigkeit bzw dem subjektiven Ertragsstreben mißt Stoll demgegenüber keine besondere Bedeutung azu. Auch nach dieser Theorie wird dem Betriebsausgabenbegriff ine bedeutende Rolle beigemessen. Stoll orientiert diesen Begriff allerdings am äußeren Erscheinungsbild eines Aufwandes und gelangt somit zu einer Bestätigung seiner These von Erwerbstypizität (aaO, 73; siehe dazu auch Quantschnigg, ÖStZ 1990, 142).

III. Motive für die Erlassung der Verordnung

Vor einer inhaltlichen Befassung mit der Begründung des Anfechtungsbeschlusses sei auf die Motive zur Erlassung der Liebhaberei-Verordnung eingegangen. Wie gezeigt wurde, hat der VwGH die Maßgeblichkeit der objektiven Ertragsfähigkeit immer mehr in den Vordergrund gerückt. Dies hat tendenziell zu einer Dämpfung der Bereitschaft geführt, wirtschaftliches Risiko einzugehen. Zum wirtschaftlichen Risiko gewagter Vorhaben kam noch das steuerliche Risiko hinzu, nämlich die Gefahr, daß gewagte Vorhaben im Fall ihres Scheiterns steuerlich als Liebhaberei gewertet und damit Verluste steuerlich nicht anerkannt würden. Überdies ist eine Betätigung häufig erst Jahre nach ihrem Beginn als Liebhaberei eingestuft worden. Dispositionen, die durchaus 'steuerredlich' waren (insbesondere Kalkulation der Ertragsteuerbelastung), wurden damit rückwirkend hinfällig. Bei grundsätzlich wirtschaftlich orientierten Betätigungen erwies sich in der Praxis die Auffassung des VwGH besonders problematisch, daß bei einer Änderung der Bewirtschaftung - als insbesondere auch bei strukturverbessernden Maßnahmen - die bis zur Änderung angefallenen Verluste unbeachtlich bleiben. Dies führte aus der Sorge, gerade durch ertragsstärkende Strukturänderungen die steuerliche Wirkung von Anfangsverlusten zu verlieren, vielfach zu einer Versteinerung schlechter Betriebsstrukturen. Man mühte sich auf Grund dieser Sorge - häufig erfolgslos - eher damit ab, mit den schlechten Strukturen doch noch Gewinn zu erzielen. Selbst das - betriebswirtschaftlich uU rechtzeitige - Einstellen eines verlustträchtigen Unternehmens hat, wie oben gezeigt, die Gefahr in sich geborgen, daß dies als Indiz für mangelnde Ertragsfähigkeit gewertet wird.

Das Bundesministerium für Finanzen wurde angesichts dieser Situation immer häufiger mit dem Wunsch konfrontiert, durch erlaßmäßige Regelungen Abhilfe zu schaffen. Ua sprach die beim Bundesministerium für Finanzen eingerichtete Steuerreformkommission die Empfehlung zu einer Umorientierung des Liebhabereibegriffs aus. Dazu kam, daß die Zahl der Rechtsmittelfälle, in denen das Vorliegen von Liebhaberei zu beurteilen war, in den letzten Jahren drastisch angewachsen ist. Aus all diesen Gründen schien es angezeigt, in einem derart fundamentalen Bereich der Ertragsbesteuerung wie der Abgrenzung steuerlich beachtlicher von steuerlich unbeachtlichen Betätigungen, Maßnahmen zu setzen. Eine erlaßmäßige Regelung, die die Verwaltunspraxis gegen die Auffassung des VwGH geändert hätte, wäre auf Basis der Rechtsprechung des VfGH nur mit unverbindlicher Wirkung möglich gewesen (zB VfSlg 9416/1982, 10170/1984). Dies schien dem Bundesministerium für Finanzen im Hinblick auf die inhaltliche Bedeutung einer derartigen Maßnahme nicht angemessen. Als Alternative wurde schließlich in Zusammenarbeit mit der Steuerreformkommission die Ausarbeitung einer Verordnung in Erwägung gezogen.

Schließlich hat der Finanzausschuß in seinem Bericht zum AbgÄG 1989 (Nr. 1162 der Beilagen/StPrNR XVII GP, 19) den Bundesminister für Finanzen ersucht, eine Liebhaberei-Verordnung zu erlassen.

Dieses Ersuchen lautete: 'Zu § 2 Abs 2 EStG 1988 stellt der Finanzausschuß fest, daß die Frage der Liebhaberei durch Verordnung in der Weise geregelt werden soll, daß einerseits festgelegt wird, was keinesfalls Liebhaberei ist, andererseits was zunächst als Liebhaberei zu vermuten ist und drittens, daß in umstrittenen Fällen die Zuordnung als Liebhaberei nicht rückwirkend erfolgen soll.'

Der Bundesminister für Finanzen hat diese Anregung begrüßt. Es wurde damit das Beschreiten neuer Wege der Rechtsentwicklung eingeleitet. Die vom Finanzausschuß empfohlene Vorgangsweise trägt vor allem den vom VfGH gegenüber Richtlinien (allgemeinen Erlässen) immer wieder geäußerten Bedenken Rechnung. Diese Entwicklung wurde in der Zwischenzeit auch in der Staatsrechtslehre positiv aufgenommen (Gassner/Lang, FS-Walter, 174ff). Der Bundesminister für Finanzen beabsichtigt, diesen Weg bei Unbedenklichkeit weiterhin zu beschreiten.

IV. Systematische Einordnung der Liebhaberei-Verordnung

1. Verhältnis der Verordnung zum EStG und KStG

Bei der Liebhaberei-Verordnung handelt es sich um eine Durchführungsverordnung iS des Art 18 Abs 2 B-VG. Sie soll gemäß dem Auftrag des Verfassungsgesetzgebers dazu dienen, das Gesetz - hier § 2 Abs 2 EStG 1988 (1972), § 8 Abs 1 KStG 1966 und § 7 Abs 2 KStG 1988 - zu interpretieren und damit zu präzisieren. Nach Ansicht des Bundesministers für Finanzen darf das Institut der Verordnung nicht etwa in dem Sinn verstanden werden, daß darin nur eine einzige ('die richtigste') Gesetzesinterpretation zulässig wäre. Der Verordnungsgeber hat vielmehr ein Konkretisierungsermessen. Es steht ihm offen, sich innerhalb mehrerer Interpretationsalternativen zu bewegen (Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht, 885f).

Alle unter Pkt. II dargestellten Auffassungen sind nach Ansicht des Bundesministers für Finanzen im Interpretationsbereich des Gesetzes. Dies zeigt sich schon allein daran, daß nicht nur namhafte Fachautoren, sondern auch die Höchstgerichte selbst zu unterschiedlichen Interpretationsergebnissen kommen. Bedient sich die Liebhaberei-Verordnung einer der oben dargestellten Interpretationsalternativen, so kann sie nicht gesetzwidrig sein.

2. Inhaltlicher Ansatz der Verordnung

Die Konzeption der Verordnung ist die, bei Prüfung der steuerlichen Beachtlichkeit einer Betägigung sich zunächst grob an ihrem äußeren Erscheinungsbild zu orientieren. Sodann wird innerhalb der einzelnen Kategorien in einer verfeinerten Untersuchung anhand in der Verordnung vorgegebener Kriterien untersucht, ob die Betätigung nach ihrem äußeren Erscheinungsbild erwerbs- bzw berufstypisch ist. Diese Konzeption ist unter anderem Ausfluß der Auffassung Stolls (vgl Quantschnigg, ÖStZ 1990, 138).

Die Liebhaberei-Verordnung geht grundsätzlich von einem Liebhabereiverständnis aus, das der Theorie des subjektiven Ertragsstrebens entspricht. Sie bewegt sich damit insofern im Kernbereich ihrer Grundlagengesetze, als etwa § 23 Z 1 EStG ausdrücklich von Gewinnabsicht spricht. Dieses Liebhabereiverständnis der Verordnung kommt deutlich in § 1 Abs 1 der Verordnung zum Ausdruck, wonach allgemein Betätigungen als Einkunftsquelle vermutet werden, wenn sie durch die Gesamtgewinn- bzw. Gesamtüberschußabsicht veranlaßt sind. Auf diese Absicht ist aus Gründen der Rechtssicherheit aus bestimmten nach außen in Erscheinung tretenden Umstände rückzuschließen (§2 Abs 1 der Verordnung). Es handelt sich dabei um Umstände, die weitgehend betriebswirtschaftliche Parameter darstellen. Die Verordnung ist dabei so angelegt, daß Betätigungen grundsätzlich nicht - jedenfalls nicht rückwirkend - in einzelne zeitliche Phasen zerlegt werden. Es wird vielmehr in einer 'Jahr-zu-Jahr'-Prüfung untersucht, ob (noch) eine steuerlich beachtliche Betätigung vorliegt. Ein rückwirkender Wegfall der Einstufung als Einkunftsquelle wird damit vermieden. Es wird damit eine Art 'Waffengleichheit' zwischen der Finanzverwaltung und dem Steuerpflichtigen hergestellt, der ja ebenfalls seine Ertragchancen im voraus beurteilen und allfällige zukunftsbezogene Dispositionen treffen muß. Anders als nach der Judikatur des VwGH sind Strukturänderungen kein Risikofaktor mehr (siehe oben Pkt. II/2), sondern sichern die Annahme einer Einkunftsquelle (ausführlich Quantschnigg, ÖStZ 1990, 147). Gerade die Verbesserung schlechter Betriebsstrukturen entspricht einem erwerbstypischen Verhalten. Diese Richtungsänderung wird durch § 2 Abs 2 der Verordnung gestützt, wonach prinzipiell innerhalb der ersten drei Kalenderjahre ab Beginn einer Betätigung eine Einkunftsquelle anzunehmen und erst dann mit der erwähnten 'Jahr-zu-Jahr'-Prüfung zu beginnen ist. Mit dieser Regelung wird überdies gewährleistet, daß typische Anlaufverluste nicht steuerlich verloren gehen. Der Zeitraum von drei Jahren ist analog zu § 18 Abs 7 EStG 1988 bemessen, wonach in diesem Zeitraum auch Anlaufverluste der Einnahmen-Ausgaben-Rechner vortragsfähig sind (Quantschnigg, ÖStZ 1990, 145). Die Regelung über Anlaufverluste ist somit Ausfluß einer typisierenden Betrachtungsweise.

Betätigungen, die typischerweise eine besondere Nähe zur privaten Lebensführung aufweisen und bei denen überdies Verluste auftreten (§1 Abs 2 der Verordnung), wurden mit der Vermutung der Liebhaberei ausgestattet. Die besondere Nähe zur privaten Lebensführung rechtfertigt es, bei Auftreten von Verlusten nur unter besonderen Voraussetzungen eine Einkunftsquelle anzunehmen. Diese strengere Prüfung der Einkunftsquelle ist daher anhand qualifiziert objektiver Umstände vorzunehmen. Es genügt nicht, bloß die Absicht der Gewinn(Überschuß)-Erzielung, es müssen schon ganz besondere Verhältnisse vorliegen, eine Einkunftsquelle anzunehmen. In diesem Bereich schien es dem Bundesminister für Finanzen durchaus für sinnvoll, die Theorie der objektiven Ertragsfähigkeit iS der Judikatur des VwGH heranzuziehen. Damit ist gewährleistet, daß der Aufwand einer typischerweise der Privatsphäre zuzuordnenden Betätigung besonders kritisch geprüft und nur unter qualifizierten Voraussetzungen als steuerlich beachtlich angesehen wird (dazu ausführlich Quantschnigg, ÖStZ 1990, 151).

3. Zur Zulässigkeit widerleglicher Vermutungen

Was die Methode des Aufstellens von Vermutungen innerhalb der Tatbestände des § 1 Abs 1 und des § 1 Abs 2 der Verordnung betrifft, so ist festzustellen, daß dies einer vom VwGH selbst jahrzehntelang geübten Praxis entspricht. So hat der Gerichtshof zB für Betätigungen, die im Gewande eines Gewerbebetriebs ausgeübt werden, die Vermutung einer Einkunftsquelle ausgesprochen (; , 84/14/0055; , 84/14/0079;

, 86/13/0088; , 86/13/0095; , 83/14/0266;

jüngst und wiederum ausdrücklich ). Andererseits hat er bei Bewirtschaftung von Luxuswirtschaftsgütern die Vermutung der Liebhaberei aufgestellt (;

, 84/13/0150). Die Argumentation des Anfechtungsbeschlusses, Vermutungen seien dem Materiengesetzgeber vorbehalten, ist daher schon durch die eigene Praxis des Gerichtshofs widerlegt. Der Bundesminister für Finanzen hegt keine Zweifel daran, daß die Praxis des VwGH gesetzeskonform war. Ist es aber zulässig, im 'einfachen' Vollzug eines Gesetzes mit Vermutung zu operieren, so muß dies in Form des 'gehobenen' Vollzugs durch eine Verordnung umso eher möglich sein. Dies ist letztlich eine Konsequenz der Höherwertigkeit der Verordnung im Stufenbau der Rechtsordnung.

§ 167 Abs 1 BAO kann im konkreten Zusammenhang schon deshalb keine Rolle spielen, weil diese Bestimmung lediglich Tatsachenvermutungen anspricht. Die in der Liebhaberei-Verordnung enthaltenen Vermutungen sind hingegen Rechtsvermutungen; es wird dabei nicht auf rechtserhebliche Tatsachen geschlossen, sondern unmittelbar auf Rechtsverhältnisse, nämlich auf das jeweilige durch die Beurteilung einer Betätigung berührte Steuerschuldverhältnis.

Unabhängig von diesen Argumenten ist auch unter dem Aspekt des Stufenbaus der Rechtsordnung nicht zu erkennen, aus welchem Grund sich der Verordnungsgeber - auch ohne ausdrückliche gesetzliche Vorbestimmung - nicht des Rechtsinstituts der Vermutung bedienen darf. Steht es dem Verordnungsgeber frei, im Rahmen seines Konkretisierungsermessens (siehe oben) dezidierte Rechtsfolgen anzuordnen, so muß auch das Aufstellen von Vermutungen zulässig sein. Bedeutet das Aufstellen von Vermutungen doch bloß, daß die mögliche Intensität an Konkretisierung nicht voll ausgeschöpft wird. Dennoch wird der Inhalt des Gesetzes, zu dem die Verordnung ergeht, durch das Einfügen einer Vermutung keineswegs unbestimmter, sondern sehr wohl in einem höheren Maß bestimmt als der bloße abstrakte Gesetzeswortlaut. Die Vermutung ist daher nichts anderes als eine Zwischenstation auf dem Weg von der Abstraktheit der Gesetzesnorm zur Konkretisierung dieser Norm. Enthält eine Verordnung eine Vermutung, so ist sie lediglich dahingehend zu überprüfen, ob die 'Vermutungsrichtung' im Gesetz gedeckt ist. Dies ist - wie auch die bereits angeführten Judikatur des VwGH zeigt - der Fall. Überdies enthalten § 1 Abs 1 und Abs 2 der Liebhaberei-Verordnung nicht etwa nackte Vermutungen, sondern konkrete Kriterien, nach denen die Vermutungen widerlegt werden können. Diese Kriterien sind einer inhaltlichen Überprüfung zugänglich, ob sie im Gesetz gedeckt sind oder nicht.

4. Zur unwiderleglichen Annahme einer Einkunftsquelle

Zur unwiderleglichen Annahme einer Einkunftsquelle in § 1 Abs 3 der Liebhaberei-Verordnung ist folgendes zu sagen: Es ist dies nichts anderes als der Ausdruck des von der Verordnung gewählten, in den einleitenden Interpretationsalternativen gedeckten Liebhabereiverständnisses. Bei Betätigungen iS des § 1 Abs 1 der Verordnung ist ein Bezug zur Lebensführung des Steuerpflichtigen nicht auszuschließen, bei Betätigungen iS des § 1 Abs 2 der Verordnung ist dieser Bezug geradezu typisch. Aus diesem Grund stellt die Verordnung hiefür nur widerlegliche Vermutungen auf. Dies läßt Raum für eine konkrete Feststellung des möglichen Zusammenhangs der Betätigung mit der Lebensführung. Betätigungen iS des § 1 Abs 3 der Verordnung sind hingegen so umschrieben, daß sie von vornherein keinesfalls einen Bezug zur Lebensführung eines einzelnen Steuerpflichtigen aufweisen können. Dies ist dadurch gewährleistet, daß diese Betätigungen nicht auf den einzelnen Steuerpflichtigen, sondern auf eine 'qualifizierte' Allgemeinheit (arg 'gesamtwirtschaftliche Gründe', 'im Hinblick auf öffentliche Interessen besondere regionale Gründe') ausgerichtet sein müssen. Derartige Betätigungen können im steuerlichen Sinn niemals 'privat' veranlaßt sein. Andererseits fallen aber bei derartigen Betätigungen häufig Dauerverluste an, die das subjektive Ertragsstreben zumindest in Frage stellen. Nun wird das subjektive Ertragsstreben üblicherweise als Abgrenzungskriterium zur Lebensführung herangezogen. Dieses Abgrenzungskriterium paßt aber aus den erwähnten Gründen hier nicht. Aus diesem Grund gibt die Verordnung für jene Fälle, in denen grundsätzlich wirtschaftlich orientiert gehandelt wird (was durch die in der Verordnung verlangte Ausrichtung auf Erzielung angemessener Einnahmen gewährleistet ist), die unwiderlegliche Annahme einer steuerlich beachtlichen Einkunftsquelle vor. § 1 Abs 3 Z 1 der Verordnung ist somit als unmittelbarer Ausfluß der grundsätzlichen Ausrichtung des Liebhabereibegriffs zu verstehen und nicht - wie offensichtlich vom VwGH angenommen - als gesetzwidrige Differenzierung zwischen der Inkaufnahme von Verlusten aus den in § 1 Abs 3 Z 1 der Verordnung genannten Gründen einerseits und anderen vom VwGH nicht näher umschriebenen Gründen andererseits. Zum Vorwurf der Verwendung des nach Ansicht des VwGH unbestimmten und daher nicht vollziehbaren Begriffs 'gesamtwirtschaftliche Gründe' wird angemerkt, daß sich der Gesetzgeber selbst in so tragenden abgabenrechtlichen Bestimmungen wie jener des § 21 Abs 1 BAO Begriffsverbindungen wie 'wirtschaftliche Betrachtungsweise' bedient. Der Begriff 'gesamtwirtschaftliche Gründe' ist wohl nicht substantiell weniger inhaltlich bestimmt, als der Begriff 'wirtschaftliche Betrachtungsweise'. Verwiesen sei im übrigen darauf, daß sich der Gesetzgeber öfters auch Begriffsverbindungen wie etwa 'volkswirtschaftliche Gründe' (§173 Abs 1 Zollgesetz), 'volkswirtschaftliches Interesse' (§1 Abs 3 KWG), 'Wirtschaftszweig' (§9 Abs 5 Zollgesetz), 'volkswirtschaftliche Rechtfertigung' (§23 Kartellgesetz) bedient; ähnliche Termini finden sich auch in den Bewirtschaftungsgesetzen.

Die weiteren Aussagen in § 1 Abs 3 Z 2 der Verordnung sollen lediglich sicherstellen, daß die an sich bis in die Teilbetriebsebene gehende Untersuchung der Liebhaberei nicht zu einer isolierten und damit wirtschaftsfremden Betrachtung führt (Quantschnigg, ÖStZ 1990, 141, 154). Das der Verordnung zugrunde liegende Liebhabereiverständnis gebietet es selbstverständlich, auf Umwegrentabilitäten uä bestimmter Sparten der Betätigung gegenüber anderen Sparten Bedacht zu nehmen.

5. Zu den Ausnahmen von der Liebhaberei-Verordnung

Als nicht zutreffend erachtet der Bundesminister für Finanzen die Aussage des VwGH, es gäbe kein Gesetz, das es rechtfertigt, Liebhaberei bei den in § 5 der Verordnung angeführten Steuerpflichtigen anders zu beurteilen als bei den übrigen Steuerpflichtigen. Es gibt dazu eine Vielzahl konkreter abgabenrechtlicher Bestimmungen. Diese sind:


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Bei Betrieben gewerblicher Art§2 Abs 1 KStG 1988 (§2 1966); in dieser Bestimmung wird ausdrücklich ausgesagt, daß Gewinnabsicht für die Annahme eines Betriebes gewerblicher Art nicht erforderlich ist.


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Bei Betrieben gewerblicher Art weiters § 2 Abs 4 KStG 1988; auch dort wird ausdrücklich ausgesprochen, daß das Fehlen der Gewinnabsicht bei den dort umschriebenen Tätigkeiten die Annahme einer Einkunftsquelle nicht ausschließt.


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Bei gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Rechtsträgern § 39 Z 2; § 45 Abs 1 und § 45 Abs 3 BAO; demnach dürfen derartige Rechtsträger keinen Gewinn anstreben, wohl aber sind die Einkünfte wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe auf Grund der Fiktion des § 45 Abs 1 letzter Satz 'wie Einkünfte aus einem gleichartigen in Gewinnabsicht geführten Betrieb zu behandeln' bzw auf Grund des Verweises des § 45 Abs 3 auf den § 44 BAO wie Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb oder einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb anzusehen.


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Bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben § 31 BAO; darin wird eine ohne Gewinnabsicht unternommene Betätigung unter bestimmten weiteren Voraussetzungen zu einem steuerrelevanten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erklärt.

Diese Sonderbestimmungen rechtfertigen die in § 5 der Verordnung getroffene Einengung des sachlichen Anwendungsbereichs der Liebhaberei-Verordnung. Es ist damit aber keineswegs ausgesagt, daß in diesem Bereich immer steuerlich beachtliche Einkunftsquellen vorliegen müssen. Der Verordnungsgeber hat lediglich die in der Verordnung vorgenommene Konkretisierung im Hinblick auf ausdrückliche gesetzliche Aussagen für den in § 5 umschriebenen Bereich für ungeeignet gehalten. Die in § 5 der Verordnung vorgenommene Differenzierung im sachlichen Anwendungsbereich ist daher sachlich begründet.

6. Konkrete Auswirkungen gegenüber der bisherigen Judikatur

Auf Grund der obigen Ausführungen ist davon auszugehen, daß die Verordnung gegenüber der bisherigen Judikatur des VwGH in keinem Fall eine Schlechterstellung herbeiführt, sondern in vielen Fällen Besserstellungen. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß es auch in den Fällen sogenannter Beteiligungsliebhaberei (§4 der Verordnung) zu keinen Schlechterstellungen kommt. Die Verordnung entspricht in diesem Bereich inhaltlich der Judikatur des VwGH (Erk. , 90/13/0089, 90/13/0090; insbesondere auch betreffend zeitlich begrenzte Beteiligungen). Im übrigen deckt sich der Verordnungsinhalt auch weitgehend mit der Judikatur des BFH (BStBl 1984, 751ff, Großer Senat).

V. Rückwirken der Verordnung

Der Bundesminister für Finanzen hält im konkreten Fall - in Kenntnis der Lehre und Rechtsprechung (Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht, 1125f; Hackl in Allgemeines Verwaltungsrecht, 187, jeweils mit Hinweisen auf die Judikatur) - das rückwirkende Inkrafttreten der Liebhaberei-Verordnung aus den folgenden besonderen Gründen für zulässig:

Erstens führt die Liebhaberei-Verordnung, wie oben ausgeführt, in jedem Fall zu einer milderen Besteuerung. Im Bereiche eines Eingriffsrechts wie jenem des Steuerrechts muß dies ein rückwirkendes Inkrafttreten rechtfertigen, führt doch die Liebhaberei-Verordnung nur zu Besserstellungen der Steuerpflichtigen und damit zu einer rückwirkenden Lockerung des Eingriffs in die Rechtssphäre der Normadressaten.

Zweitens gerät die Verordnung in keinerlei Konflikte mit Gestaltungen, die im Vertrauen auf die rechtliche Situation vor der Verordnung hätten getroffen werden können. Allfällige Gestaltungen der Vergangenheit, mit denen bewußt die Ertragsstrukturen einer Betätigung beeinflußt werden, unterliegen nunmehr einer für den Steuerpflichtigen jedenfalls günstigeren Beurteilung. Damit treffen aber auch die vom VfGH geäußerten Bedenken gegenüber rückwirkend in Kraft gesetzten Normen (Erk. , G228/89) nicht zu.

Drittens erstreckt sich die steuerliche Beurteilung einer Betätigung typischerweise über mehrere Perioden. Da die Judikatur des VwGH in vielen Fällen zur Vornahme vorläufiger Veranlagung gezwungen hat und demgemäß bei Erlassen der Verordnung viele Fälle in diesem Sinne 'offen' waren, hätte ein Inkrafttreten der Verordnung etwa erst ab der Veranlagung 1990 eigenartige Konsequenzen gezeigt. So wäre dann ein und dieselbe Betätigung bis 1989 uU grundlegend anders beurteilt worden als ab 1990. Dies hätte zB dazu führen können, daß beispielsweise bis 1989 aus einer Betätigung anfallende Verluste wegen der bis dahin anzuwendenden strengeren Judikatur des VwGH steuerlich nicht anzuerkennen gewesen wären, währenddessen gegebenenfalls ab 1990 anfallende Gewinne (Überschüsse) aus der Betätigung sehr wohl steuerlich zu erfassen gewesen wären. Diese Aussage gilt selbstverständlich auch für solche Fälle, die bisher überhaupt noch nicht veranlagt worden sind. Auch diese Besonderheit periodenübergreifender Auswirkungen rechtfertigt das rückwirkende Inkraftsetzen.

Viertens sieht der Bundesminister für Finanzen in § 307 Abs 2 BAO auch einen positivrechtlichen Ansatz für die Zulässigkeit des rückwirkenden Inkrafttretens von Verordnungen. Diese Bestimmung besagt, daß eine Änderung der Rechtsauslegung durch höchstgerichtliche Entscheidungen oder allgemeine Weisungen des Bundesministeriums für Finanzen im Falle der Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zum Nachteil der Partei berücksichtigt werden darf. Der VwGH sieht diese Bestimmung nur dann für anwendbar, wenn von einer bestimmten Auslegung der genannten Entscheidungsträger auf eine andere Auslegung durch diese Entscheidungsträger übergegangen wird (Erk. , 3030,3059/79, verstärkter Senat). Dies bedeutet zunächst, daß Änderungen in der Auslegung allgemein grundsätzlich zurückwirken und nur im Sonderfall des § 307 Abs 2 BAO ein Rückwirkensverbot besteht. Anders gesagt ergibt sich aus § 307 Abs 2 BAO ein allgemeines Rückwirken der die Partei besserstellenden Änderungen der Rechtsauslegung. Es ist nicht einzusehen, warum dieses allgemeine Rückwirken besserstellender Änderungen der Rechtsauslegung nicht auch durch Verordnung herbeigeführt werden kann, stehen doch Verordnungen im Stufenbau der Rechtsordnung höher als Entscheidungen in konkreten Einzelfällen, anhand derer im Sinn des § 307 Abs 2 BAO die Änderungen der Auslegung eingeleitet wird. Dazu kommt ein Weiteres:

Nach der bereits oben angeführten ständigen Rechtsprechung des VfGH kann eine allgemeine Weisung des Bundesministeriums für Finanzen nur als ordnungsmäßig kundgemachte Verordnung ergehen. Beurteilt man § 307 Abs 2 BAO auf Basis dieser Auffassung des VfGH, so gelangt man zum Ergebnis, daß er eine allgemeine - nur in den Fällen nachteiliger Auswirkungen auf die Partei ausgeschlossene - Ermächtigung zur Erlassung rückwirkender Verordnungen enthält, und zwar im Bereich jener Abgabengesetze, auf die die BAO anzuwenden ist (§1 BAO). Dies trifft auf die Grundlagengesetze der Verordnung eindeutig zu."

Diese Äußerung veranlaßte den antragstellenden Verwaltungsgerichtshof zu folgender Replik:

"Es ist richtig, daß es bei der Erscheinung sogenannter steuerlicher Liebhaberei darum geht, unter dem Gesichtspunkt des Gesetzesbegriffes der 'Einkunftsart' eine Abgrenzung zwischen dem Bereich zu finden, der der sachlichen Steuerpflicht zuzuordnen ist, und jenem Bereich, der außerhalb des sachlichen Anwendungsbereiches des Einkommensteuergesetzes angesiedelt ist, also einkommensteuerrechtlichem Regime gar nicht unterliegt. Diese Abgrenzung ist hinsichtlich aller Einkunftsarten, deren Aufzählung im Gesetz taxativ ist, vorzunehmen. Es geht daher im Grunde um den sachlichen Anwendungsbereich des Einkommensteuergesetzes.

Für die Ermittlung des Inhaltes des gesetzgeberischen Willens zu diesem Abgrenzungsproblem stehen an Aussagen des Gesetzgebers der Ausdruck Einkünfte, der Ausdruck Einkunftsarten, ihre Umschreibung, die Definition der Einkünfte (§2 Abs 4 EStG 1972 und 1988), das Merkmal der Gewinnabsicht in der dritten Einkunftsart (§23 EStG 1972 und 1988) und der aus der Umschreibung abzugsfähiger und nicht abzugsfähiger Aufwendungen bzw. Ausgaben ersichtliche Umstand der Unterscheidung zwischen einer einkommensteuerrechtlich relevanten und einer einkommensteuerrechtlich irrelevanten Sphäre zu Gebote. Schließlich bietet auch die Zugehörigkeit der Einkommensteuer zum finanzverfassungsrechtlichen Kompetenztatbestand öffentlicher Abgaben (§§5, 7 F-VG 1948) einen Hinweis dafür, daß nach der Absicht des Gesetzgebers Lebenssachverhalte, die zwar den äußeren Anschein der Zugehörigkeit zu einer Einkunftsart erwecken, bei denen aber dessenungeachtet Gewinne bzw. Einnahmenüberschüsse, die einen Steuerertrag liefern könnten, nie zu erwarten sind, außerhalb des sachlichen Anwendungsbereiches des Gesetzes liegen dürften, könnten sie doch der Aufgabenstellung, einer Gebietskörperschaft Geldeinnahmen zu verschaffen, nicht gerecht werden. Dabei scheint dem Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes eine Differenzierung zwischen jenen Fällen, in denen einem Subjekt nur eine Tätigkeit (ein Verhalten) zurechenbar ist, die (das) den Eindruck der Zugehörigkeit zu einer Einkunftsart erweckt, in Wahrheit aber aus den genannten Gründen nicht dem sachlichen Anwendungsbereich des Einkommensteuerrechtes unterliegt, und jenen Fällen nicht unterstellbar, in denen dem Subjekt daneben auch noch andere Tätigkeiten oder Verhaltensweisen zuzurechnen sind, die dem sachlichen Anwendungsbereich des Einkommensteuerrechtes ohne Zweifel unterliegen, weshalb bei ihnen § 2 Abs 2 EStG 1972 bzw. 1988 hinsichtlich der Saldierung der Ergebnisse aus verschiedenen Einkünften schlagend wird.

Im Hinblick auf die Zurückhaltung des Gesetzgebers bei der Erläuterung der geschilderten Abgrenzungsfrage bietet sich für die Auslegung des Tatbestandsmerkmales 'Einkünfte' ('Einkunftsarten') ein entsprechend großes Feld von Varianten an, das durch die in der Gegenäußerung beschriebenen Theorien zumindest teilweise besetzt wurde.

Dem Durchführungsverordnungsgeber steht es zu, im Rahmen dieser denkmöglichen Interpretationen unter Beachtung einfach- und verfassungsgesetzlicher Schranken sein Konkretisierungsermessen zu nutzen und solcherart durch die von ihm geschaffene generelle Norm einer der denkmöglichen Interpretationsvarianten zum Durchbruch zu verhelfen. Er darf sich daher bei seiner Durchführungsverordnung etwa dem Gesichtspunkt der subjektiven Ertragsfähigkeit verschreiben oder dieser den Vorrang einräumen und sich dabei auch von der durchaus sachgerechten Erwägung leiten lassen, einer Dämpfung der Bereitschaft entgegenzuwirken, wirtschaftliches Risiko einzugehen. Insofern ist daher weder gegen das Ersuchen des Finanzausschusses, eine Liebhabereiverordnung zu erlassen, noch gegen die Bereitschaft des Verordnungsgebers, diesem Ersuchen zu entsprechen, etwas einzuwenden. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in seinem Antrag in dieser Richtung keine Bedenken gegen die Verordnung geäußert und tut dies auch in der vorliegenden Stellungnahme nicht.

Der Verordnungsgeber hat sich jedoch in der Liebhabereiverordnung nicht darauf beschränkt, den vom Gesetzgeber umschriebenen Tatbestand im Sinne einer der erwähnten denkmöglichen Auslegungstheorien zu präzisieren. Er hat vielmehr unter gleichzeitiger Falltypenbildung ein System von normativen Vermutungen aufgestellt. Dieses Falltypenschema verbunden mit der Aufstellung normierter, als rechtlich verbindlich gemachter Vermutungen, verschiebt nun das Beweisthema in den den Falltypen entsprechenden Teilbereichen des Gesamtbereiches der Abgrenzungsproblematik von der unmittelbaren, nach dem präzisierenden Willen des Verordnungsgebers (Prinzip der subjektiven Ertragsfähigkeit) rechtserheblichen Tatsache auf die durch Verordnung geschaffene und nicht nur präzisierte Vermutungsbasis. Rechtserheblich ist daher nicht mehr das aus dem Gesetz im formellen Sinn im Wege denkmöglicher gesetzes- und verfassungskonformer Interpretation präzisierbare Tatbestandsmerkmal, dessen Verwirklichung im individuellen Akt der Vollziehung nach den Regeln des Verfahrensrechtes zu ermitteln und in freier Beweiswürdigung festzustellen wäre, sondern die vom Verordnungsgeber geschaffene, aus dem Gesetz nicht mehr ableitbare und daher von ihm neu gestaltete Vermutungsbasis. Insofern ist die Liebhabereiverordnung daher nicht Präzisierung des Gesetzes, sondern eine durch das Gesetz nicht vorherbestimmte Neugestaltung der Rechtslage.

Der eingangs geschilderte Enthaltsamkeit des Gesetzgebers bei der Umschreibung der Gesichtspunkte, die nach seinem Willen für die Abgrenzung zwischen steuerpflichtigem und nicht steuerpflichtigem Bereich maßgeblich sind, scheint dem Verwaltungsgerichtshof ein Indiz dafür, daß der Gesetzgeber gerade eine Falltypenbildung, noch dazu unter Schaffung eines Systems normativer Vermutungen, nicht gewünscht hat, um solcherart der Vollziehung durch Individualakte eine dem Einzelfall gerecht werdende Auslegung des Gesetzes zu ermöglichen und sie nicht zu verhindern. Wäre es in der Absicht des Gesetzgebers gelegen gewesen, falltypenbildend vorzugehen und mit gesetzlichen Vermutungen zu operieren, und hätte er eine solche Vorgangsweise auch für möglich gehalten, ohne hiedurch die einzelfallgerechte Entscheidung zu behindern oder gar unmöglich zu machen, hätte wohl der Gesetzgeber selbst den Versuch einer derarigen Normgestaltung unternommen. Aus diesen Gründen scheint es dem Verwaltungsgerichtshof nun so zu sein, daß die Liebhabereiverordnung in ihrer vorliegenden Ausprägung nicht nur der erforderlichen inhaltlichen gesetzlichen Vorherbestimmung entbehrt, sondern sogar der im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Intention des Gesetzgebers zuwiderläuft.

Nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt die Gegenäußerung zur Frage der Zulässigkeit widerleglicher Vermutungen (Punkt VI.3.) folgendem Irrtum:

Wenn der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur in Fällen von Betätigungen im Gewand eines Gewerbebetriebes von einer Vermutung einer Einkunftsquelleneigenschaft und in Fällen der Bewirtschaftung von Luxusgütern von der Vermutung von Liebhaberei gesprochen hat, so ist er dabei nicht in Anwendung einer gesetzlichen Vermutung vorgegangen. Zu Recht hegt der Bundesminister für Finanzen gegen die Gesetzeskonformität dieser Praxis des Gerichtshofes keine Zweifel. Allerdings aus nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes unrichtigen Gründen. Ob ein im äußeren Gewand einer im Gesetz genannten Einkunftsart in Erscheinung tretendes menschliches Verhalten dem gesetzlichen Tatbestand (steuerbarer) Einkünfte (wegen Gewinnerzielungs- bzw. Einnahmenüberschußerzielungsabsicht) zu unterstellen ist, bedarf vorerst der Feststellung der solche Absicht indizierenden Tatsachen, um danach den Sachverhalt festzustellen und diesen der Rechtslage zu subsumieren, die bei Auslegung des Gesetzes zum eingangs geschilderten Abgrenzungsproblem für richtig erkannt wurde. In Bescheidbeschwerdesachen obliegt dem Verwaltungsgerichtshof auch die Prüfung der Frage, ob der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt in einem gesetzmäßigen Verfahren ermittelt wurde. Zu den dabei zu beachtenden Verfahrensvorschriften gehören auch die über die Beweiswürdigung durch die Behörde. In ständiger Rechtsprechung erachtet sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings zur Überprüfung der Beweiswürdigung nur in eingeschränktem Umfang für befugt, nämlich hinsichtlich der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung, zu der er unter anderem die Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und mit menschlichem Erfahrungsgut zählt. Hat der Verwaltungsgerichtshof im gegebenen Zusammenhang daher von Vermutungen gesprochen, so leiteten sich diese nicht aus einer Vermutung des Gesetzes, sondern aus menschlichem Erfahrungsgut ab, nach dem für im Gewande eines Gewerbebetriebes entfaltete Tätigkeit die Erfahrung und damit die Vermutung von Gewinnerzielungsabsicht spricht, während bei Bewirtschaftung von Luxusgütern und bei der Betätigung im Rahmen von Hobbies die Erfahrung und damit die Vermutung dagegen spricht. Es handelt sich dabei um nichts anderes, als eine auf der Tatsachenebene (Beweiswürdigung) angesiedelte Berücksichtigung von Erfahrungsgut, das - in beweisrechtlicher Terminologie gesprochen - einen Beweis des ersten Anscheins ergibt. In derartigen Fällen hielt der Verwaltungsgerichtshof daher die Würdigung der Behörde auf der Sachverhaltsebene, der Steuerpflichtige habe in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt oder nicht, für unbedenklich oder für bedenklich. Von einer Vermutung, die bereits das Gesetz aufstellt, ist daher der Verwaltungsgerichtshof nicht ausgegangen.

Da sich der Durchführungsverordnungsgeber nur im Bereich der Präzisierung des Gesetzes bewegen darf, sich jedoch schon nach seiner Aufgabenstellung nicht im Bereich der Beweiswürdiung (Überprüfung der Beweiswürdigung) im Einzelfall bewegen kann, muß der Versuch in der Gegenäußerung, aus der erwähnten Praxis des Verwaltungsgerichtshofes abzuleiten, daß 'dies' in der Form des 'gehobenen' Vollzuges durch eine Verordnung umso eher möglich sein müsse, scheitern.

Der Gegenäußerung kann auch darin nicht gefolgt werden, daß das Problem der Verschiebung des Beweisthemas bei normativer Vermutung in der Form der 'Rechtsvermutung' keine Rolle spiele. Bei dieser wird zwar nicht von einer tatbestandsfremden Tatsache auf eine rechtserhebliche Tatsache geschlossen, sondern aus einer Tatsache unmittelbar auf den Bestand eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses. Auch hier verschiebt sich jedoch die Vermutung des Beweisthemas von der unmittelbar rechtsbegründenden Tatsache auf die Vermutungsbasis (vgl. Fasching an dem im Antrag bereits genannten Ort). Das Aufstellen normativer Vermutungen bedeutet daher nicht bloß, wie die Gegenäußerung meint, daß die mögliche Intensität an Konkretisierung nicht voll ausgeschöpft wird, sondern vielmehr, daß durch Schaffung von anderen Tatbeständen als den unmittelbar rechtserheblichen, dem Organ der Vollziehung im Einzelfall der Zugang zum unmittelbaren (hier vom Gesetzgeber stammenden) Tatbestand verbaut wird. Der Gegenäußerung kann daher nicht zugestimmt werden, wenn sie behauptet, die Vermutung sei nichts anderes als eine Zwischenstation auf dem Weg von der Abstraktheit der Gesetzesnorm zur Konkretisierung der Norm. Hiezu bedarf es nämlich nicht der Aufstellung normativer Vermutungen. Statuiert der Gesetzgeber einen Tatbestand, so wünscht er, daß auch dieser im Einzelfall die Richtschnur für die Entscheidung der Behörde ist und der für diesen Tatbestand maßgebliche Sachverhalt nach den Regeln der Verfahrensordnung (amtswegige Erforschung der Wahrheit, freie Beweiswürdigung) ermittelt und festgestellt wird und nicht ein Hilfstatbestand (Vermutungsbasis), aus dessen Vorliegen zwingend auf den gesetzlichen Tatbestand zu schließen ist, es sei denn die Vermutungsbasis werde widerlegt.

Ordnet der Verordnungsgeber eine derartige Vermutung an, ohne daß dergleichen vom Gesetzgeber bereits wenigstens in Umrissen vorgezeichnet ist, handelt er ohne gesetzliche Grundlage und damit außerhalb der ihm durch Art 18 Abs 2 B-VG gezogenen Schranken.

Zur unwiderlegbaren Vermutung in § 1 Abs 3 Liebhabereiverordnung meint die Gegenäußerung, diese sei nichts anderes als der Ausdruck des von der Verordnung gewählten Liebhabereiverständnisses. Als dieses wird einleitend (IV.2.) die Theorie des subjektiven Erwerbsstrebens genannt. Maßgebend ist danach die Abgrenzung jenes Bereiches, der die Leistungsfähigkeit bestimmt, von jenem anderen Bereich, der für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Subjektes unmaßgeblich ist (Abgrenzung der Sphäre der Einkommenserzielung von der der Einkommensverwendung). Zentrales Kriterium sei das subjektive Ertragsstreben. Die Gegenäußerung meint nun, Betätigungen im Sinne des § 1 Abs 3 der Verordnung seien so zu umschreiben, daß sie von vornherein keinesfalls einen Bezug zur Lebensführung des 'Steuerpflichtigen' aufweisen könnten. Das Gegenteil ist aber der Fall. Schon die Wortwahl in der Gegenäußerung ('Steuerpflichtigen') macht mißtrauisch, soll doch erst durch die erwähnte Methode der 'Steuerpflichtige' gefunden werden, während die Steuerpflichtigkeit in der Gegenäußerung gleichsam vorausgesetzt wird. In § 1 Abs 3 Z. 1 der Verordnung werden Verluste bei einer 'auf Erzielung angemessener Einnahmen' gerichteten Betätigung als für das Vorliegen eines Einkünftetatbestandes unschädlich erklärt, wenn hiefür näher genannte Günde (gsamtwirtschaftliche, regionale im Hinblick auf öffentliche Interessen) gegeben sind. Der Verordnungsgeber scheidet damit geradezu das nach der von ihm reklamierten Theorie des subjektiven Erwerbsstrebens maßgebliche Merkmal des Anstrebens eines Ertrages (Ertragsstreben) aus dem Steuertatbestand aus, erklärt es damit für irrelevant und zwar im Falle der ihm offenbar förderungswürdig erscheinenden Gründe und läßt ein angemessenes Einnahmenstreben (auf Erzielung angemessener Einnahmen gerichtete Betätigung) genügen. Ein bloßes Einnahmenstreben ist aber nach keiner der in der Gegenäußerung geschilderten Interpretationsvarianten dem gesetzlichen Begriff der Einkünfteerzielung oder der Gewinnabsicht unterstellbar. Auch die Absicht des Gesetzgebers von einem Kompetenztatbestand zur Regelung des Abgabenwesens Gebrauch zu machen, spricht gegen ein derartiges Verständnis, ist doch im betreffenden Falltyp auf die Dauer nie mit einem steuerbaren Ertrag zu rechnen. Es ist aber auch unrichtig, wenn die Gegenäußerung behauptet, daß derartige Betätigungen steuerlich niemals 'privat' veranlaßt sein könnten. Auch hier ist das Gegenteil der Fall. Ein dem betreffenden Falltyp unterstellbares Verhalten kann nie Ertragsstreben entspringen, sondern nur privater Spendenfreudigkeit vergleichbar sein. Die Gegenäußerung sieht sich daher selbst genötigt einzuräumen, daß derartige Dauerverluste das subjektive Ertragsstreben 'zumindest in Frage stellen' könnten, das üblicherweise als Abgrenzungskriterium herangezogen werde. Diese Beschönigung im Interesse der Stützung der Verordnung kann jedoch die Tatsache nicht verdecken, daß derartige Dauerverluste in Wahheit nach der Lage des Gesetzes die Zugehörigkeit zu jeder Einkunftsart ausschließen und zwar auch nach der der Verordnung zugrunde gelegten Theorie subjektiven Ertragsstrebens. Das Vorbringen in der Gegenäußerung bestärkt daher die im Antrag geäußerten Bedenken, daß es sich bei § 1 Abs 3 Z. 1 Liebhabereiverordnung um eine im Gesetz nicht vorgezeichnete und solcherart duch die Verordnung erst neu geschaffene Fiktion der Zugehörigkeit einer Tätigkeit (eines Verhaltens) zum Regime des Einkommensteuerrechtes handelt.

Was die Bestimmbarkeit des Begriffes 'gesamtwirtschaftliche Gründe' anlangt, gehen die Vergleiche mit 'wirtschaftlicher Betrachtungsweise' (§21 Abs 1 BAO), 'volkswirtschaftliche Gründe' (§173 Abs 1 ZollG), 'volkswirtschaftliches Interesse' (§1 Abs 3 KWG), 'Wirtschaftszweig' (§9 Abs 5 ZollG), 'volkswirtschaftliche Rechtfertigung' (§23 Kartellgesetz) an der Tatsache vorbei, daß sich in den Beispielsfällen der Inhalt des unbestimmten Gesetzesbegriffes durch anerkannte Interpretationsmethoden, insbesondere auch durch die systematische Interpretation, betimmen läßt. Für den Begriff der 'gesamtwirtschaftlichen Gründe' unternimmt auch die Gegenäußerung nicht einmal den Versuch, durch Interpretation einen bestimmbaren Inhalt aufzuzeigen. Was darunter zu verstehen sein soll, bleibt daher nach wie vor im Dunkeln. Schon deshalb besteht der Verdacht, daß es sich um eine Leerformel handelt. Es ist nicht erkennbar, ob unter Gesamtwirtschaft die Volkswirtschaft verstanden wird, ob damit die Gesamtheit aller Betriebswirtschaften oder nur eines Ausschnittes aus Betriebswirtschaften, die Gesamtheit aller Haushalte, die Gesamtheit aller Wirtschaftstätigkeiten des Betroffenen, dessen Verhalten beurteilt werden soll, oder die Gesamtheit der Wirtschaftstätigkeit aller Dritter verstanden werden soll. Selbst wenn aber der Begriffsinhalt der Gesamtwirtschaft unter Heranziehung aller gängigen Interpretationsmethoden ermittelbar sein sollte, bliebe noch offen, welche Gründe relevant sein könnten, um unter gesamtwirtschaftlicher Betrachtung die Verluste in Kauf zu nehmen. Die Interessen in einer Gesamtheit zusammengefaßter Wirtschaften sind in der Regel völlig unterschiedlich und meist auch einander widersprechend. Welche Interessen nun für die genannten Gründe ausschlaggebend sein sollten, ist nicht ermittelbar. Der Grundsatz der Einheit der Rechtssprache (VfSlg. 3992/1961 und VfSlg. 8478/1979) spricht gegen die Annahme, der vom Verordnungsgeber gebrauchte Ausdruck 'gesamtwirtschaftliche Gründe' habe den gleichen normativen Gehalt wie der Ausdruck 'volkswirtschaftliche Gründe'. Derartige Synonymität wird im übrigen auch von der Gegenäußerung nicht behauptet.

Mit seinem Bedenken gegen Abschnitt I ArtI § 5 Liebhabereiverordnung hat der Verwaltungsgerichtshof darauf aufmerksam gemacht, daß hiedurch die unterschiedliche Beurteilung des Vorliegens einer Einkunftsquelle herbeigeführt wird, je nachdem, ob der Steuerpflichtige dem Kreis der in § 5 aufgezählten Personen oder Gebilde angehört oder nicht. Daß dem einfachen Gesetz eine nach diesen Kriterien unterschiedliche Beurteilung des Begriffes 'Einkunftsquelle' vorschwebt, ist auch den in der Gegenäußerung aufgezählten Gesetzesstellen nicht entnehmbar. Da für die differenzierende Behandlung sachliche Gründe nicht erkennbar sind, bestehen beim Verwaltungsgerichtshof daher nun auch Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des § 5 Liebhabereiverordnung unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes.

Zur Rechtfertigung der Rückwirkungsanordnung führt die Gegenäußerung an, es handle sich bei dem Inhalt der Verordnung nur um Besserstellungen von Steuerpflichtigen und in jedem Fall um eine mildere Besteuerung:

Für die Zulässigkeit einer Rückwirkungsanordnung durch den Verordnungsgeber kommt es aber nicht darauf an, ob nur eine Besserstellung von Steuerpflichtigen herbeigeführt wird, sondern darauf, ob sich die Rückwirkungsanordnung aus dem Gesetz ableiten läßt. Selbst bei Besserstellung aller Steuerpflichtigen korrespondiert nämlich dieser eine Schelchterstellung des Abgabengläubigers, der im übrigen auch die Gesamtheit der nicht Bessergestellten repräsentiert.

Es kann aber auch keine Rede davon sein, daß die Liebhabereiverordnung 'nur zu Besserstellungen der Steuerpflichtigen führe'. Sie führt nämlich nur zu einer Besserstellung - sollte dieser Begriff überhaupt objektivierbar sein - jener Steuerpflichtigen, die auf Grund einer der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgenden Praxis der Abgabenbehörden eine Saldierung von Verlusten (Werbungskostenüberschüssen) aus umstrittenen (im Abgrenzungsbereich liegenden) 'Einkünften' mit positiven, als solche unbestrittenen anderen Einkünften nicht hätten erreichen können. Dabei handelt es sich aber nur um einen Teil - und zwar einen relativ kleinen - der Gesamtheit der Steuerpflichtigen. All jene aber, die nach der genannten Praxis damit rechnen konnten, daß ihr Verhalten (ihre Betätigung) dem Regime des Einkommensteuerrechtes gar nicht unterliegt, erfahren durch die Verordnung rückwirkend keine Besserstellung. Einem Teil von ihnen droht sogar eine Verschlechterung. Ihre Rechtssphäre wird, wenn sich für die betreffenden Abgabenjahre schon kein positives, der Besteuerung unterwerfbares Einkommen herausstellen sollte, jedenfalls dadurch nachteilig berührt, daß sie rückwirkend Pflichten unterworfen werden, die sich aus der Anwendbarkeit des Einkünftetatbestandes zwangsläufig ergeben, wie der Anzeigepflicht (§120 BAO), der Erklärungspflicht (§§42, 43 EStG 1972), der Aufzeichnungspflicht, der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht. Ihnen droht Schätzung gemäß § 184 BAO, falls sie keine Aufzeichnungen führten, weil sie davon ausgehen konnten, daß sie keine führen mußten.

Im übrigen hängt die Frage der Besserstellung von der Sicht des jeweils Betroffenen ab und läßt sich daher nicht so verallgemeindernd beurteilen, wie dies in der Gegenäußerung geschieht. Hingewiesen sei nur etwa auf die Bestimmungen über die Beitragsgrundlage gemäß §§25 ff GSVG.

Eine Gestaltungsfreiheit wie sie der Gesetzgeber im Rahmen der Verfassung für sich in Anspruch nehmen kann, steht dem Verordnungsgeber bei Rückwirkungsanordnungen nicht zu. Es dürfen daher auch in Grenzbereichen angesiedelte Härtefälle nicht außer Betracht bleiben."

Hilfsweise schränkt der Verwaltungsgerichtshof seinen Antrag auf Aufhebung des ArtI § 1 Abs 2 Z 1 und § 1 Abs 3 Z 1 sowie des § 2 Abs 2 und des ArtII ein.

3. Gleichartige Anträge stellt der Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß von Beschwerdesachen betreffend die Anerkennung von Darlehenszinsen für die Finanzierung der Übernahme von Aktien mit niedriger Dividendenerwartung bei der Einkommensteuer für 1986 (V 107/91) und von Aufwendungen für das durch einen Steuerberater vermietete Einfamilienhaus bei der Einkommensteuer für 1983 bis 1985 (V 175/91), ferner betreffend die Behandlung von Erlösen aus Lohndruscharbeiten bei der Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für 1980 bis 1985 (V 261/91) und neuerlich die Behandlung eines Einfamilienhauses (V 264/91).

II. Die Anträge sind zulässig.

Der Annahme des antragstellenden Verwaltungsgerichtshofes, er hätte die in Prüfung gezogene Verordnung in den bei ihm anhängigen Beschwerdesachen anzuwenden, kann nicht entgegengetreten werden. Ob die Möglichkeit der analogen Anwendung einer Norm auf einen Sachverhalt ausreicht, ihre Präjudizialität zu begründen, kann dahingestellt bleiben, da die Annahme des Verwaltungsgerichtshofes vertretbar ist, die ertragssteuerrechtliche Lage sei als solche auch für das Umsatzsteuerrecht von Bedeutung. Die einzelnen Vorschriften des ArtI sind miteinander auch derart eng verflochten, daß der Verfassungsgerichtshof im Falle des Zutreffens aller Bedenken nicht etwa unanwendbare oder unbedenkliche Teile herausgreifen könnte. Es sind aus ArtI nicht nur § 1 Abs 2 Z 1 und § 1 Abs 3 Z 1 sowie § 2 Abs 2, sondern auch § 1 Abs 1 und daher auch § 2 und § 3 anwendbar, der verbleibende Rest des § 1 würde seine Bedeutung völlig verändern und mit den §§1 bis 3 hängen wieder die §§4 und 5 untrennbar zusammen, sodaß die Präjudizialität in vollem Umfang zu bejahen ist.

Auch sonst sind die Prozeßvoraussetzungen gegeben.

III. Die Anträge sind aber nur in bezug auf ArtI § 1 Abs 3 Z 1 und ArtII begründet. Im übrigen greifen die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes nicht.

1. Die Bedenken betreffen die in ArtII verfügte Rückwirkung und in ArtI die von § 5 getroffene Abgrenzung des Geltungsbereiches, das in den §§1 und 2 insgesamt enthaltene System von Vermutungen und die durch § 1 Abs 3 Z 1 gebotene Außerachtlassung von Verlusten "aus gesamtwirtschaftlichen Gründen oder im Hinblick auf öffentliche Interessen aus bestimmten regionalen Gründen". Es ist zweckmäßig, zunächst die am weitesten reichenden Bedenken gegen das verordnete System von Vermutungen ins Auge zu fassen.

Auszugehen ist dabei von Art 18 Abs 2 B-VG, wonach jede Verwaltungsbehörde aufgrund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen darf. Der Verwaltungsgerichtshof zieht die Berechtigung des Bundesministers für Finanzen, die einschlägigen Gesetze in der Frage der Abgrenzung des sachlichen Anwendungsbereiches durch Verordnung zu konkretisieren, nicht in Zweifel. Selbst an der Absicht des Bundesministers für Finanzen, der "als besonders problematisch" bezeichneten Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes durch "Umorientierung des Liebhabereibegriffs" begegnen zu wollen, damit "die Verwaltungspraxis gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes geändert" würde, nimmt der Verwaltungsgerichtshof keinen Anstoß. Es ist daher nicht zur Frage Stellung zu nehmen, ob durch Verordnung einer der nach dem Gesetz denkmöglichen Interpretationsvarianten zum Durchbruch verholfen werden kann und der Verordnungsgeber sich dabei - offenbar im Gegensatz zum Verwaltungsgerichtshof - "dem Gesichtspunkt der subjektiven Ertragsfähigkeit verschreiben" oder doch diesem den Vorrang einräumen darf, oder anders ausgedrückt, ob das Konkretisierungsermessen des Verordnungsgebers ein anderes ist als jenes der im Einzelfall unter der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes entscheidenden Verwaltungsbehörde. Zu prüfen ist vielmehr nur der Vorwurf, daß der Verordnungsgeber, anstatt die Tatbestände zu präzisieren, deren Verwirklichung im individuellen Akt der Vollziehung festzustellen wäre, eine (neue, selbständige) Vermutungsbasis geschaffen und so das Beweisthema in den den Falltypen entsprechenden Teilbereichen des Gesamtbereichs der Abgrenzungsproblematik verschoben habe.

Mit diesem Vorwurf nimmt der Verwaltungsgerichtshof auf den Umstand bezug, daß die angegriffene Verordnung in ihrem Wortlaut nicht etwa den Begriff der Einkünfte näher beschreibt, sondern gebietet, bei Vorliegen einer näher bezeichneten Betätigung das Vorliegen von Einkünften "zu vermuten" (§1 Abs 1 Satz 1), für den Fall des Entstehens von Verlusten jedoch anordnet, unter bestimmten Umständen Liebhaberei - also das Nichtvorliegen von Einkünften - "zu vermuten" (§1 Abs 2 Satz 1), wobei die erste Vermutung durch die Unmöglichkeit des Nachvollzuges einer Absicht anhand objektiver Umstände (§1 Abs 1 Satz 2 iVm § 2 Abs 1 und 3) und die zweite dadurch "widerlegt werden" kann, daß ein bestimmter Erfolg zu erwarten ist (§2 Abs 4). Nicht zu erkennen vermag der Verfassungsgerichtshof allerdings, warum die Verfahrensparteien auch § 1 Abs 3 als (unwiderlegliche) Vermutung bezeichnen (so schon Pkt. 17 der Erläuterungen im Durchführungserlaß, ÖStZ 1990, 153); wird doch hier weder von einer "Vermutung" noch von einer Fiktion gesprochen, sondern lediglich bestimmt, daß Verluste aus einer auf Erzielung angemessener Einnahmen gerichteten Betätigung, die (nur) aus gesamtwirtschaftlichen Gründen oder im Hinblick auf öffentliche Interessen aus besonderen regionalen Gründen in Kauf genommen werden, am Vorliegen von (negativen) Einkünften aus dieser Tätigkeit nichts ändern.

a) Zunächst sucht der Bundesminister für Finanzen die Zulässigkeit der in § 1 Abs 1 und 2 angeordneten "Vermutungen" damit zu stützen, daß der Verwaltungsgerichtshof bei der Entscheidung von Einzelfällen (im "einfachen" Vollzug) die Vermutung von Einkunftsquellen oder Liebhaberei selbst praktiziere und diese Vermutung umso eher dem Verordnungsgeber (im "gehobenen" Vollzug) möglich sein müsse. Der Verwaltungsgerichtshof hält dem entgegen, die von ihm ausgesprochenen Vermutungen seien eine auf der Tatsachenebene (Beweiswürdigung) angesiedelte Berücksichtigung von Erfahrungsgut, die einen Beweis des ersten Anscheins ergebe und die einschlägige Feststellung der Behörde unbedenklich erscheinen lasse, nicht jedoch Rechtsvermutungen, die das Beweisthema verschöben.

Auch eine gesetzliche Vermutung kann nun zwar - und wird in aller Regel - Erfahrungsgut berücksichtigen, das von einer Tatsache auf eine andere schließen läßt. Aber sie unterscheidet sich von einem Beweis des ersten Anscheins dadurch, daß - wie Fasching (Zivilprozeßrecht2 Rz 868) formuliert - der Beweis des Gegenteils mit voller Überzeugung des Richters vom Gegenteil erforderlich ist, während der Anscheinsbeweis bereits entkräftet ist, wenn der Richter einen anderen Kausalablauf für durchaus möglich hält. Daß eine so weitgehende Vermutung niemals durch die Rechtsprechung selbst, sondern nur durch das Gesetz (oder die auf das Gesetz gestützte Verordnung) aufgestellt werden kann, ist offenkundig. Es ist daher nicht möglich, die Praxis der Vollziehung für die Zulässigkeit einer "gesetzlichen" (hier: durch Verordnung aufgestellten) Vermutung ins Treffen zu führen.

b) Der Bundesminister für Finanzen verteidigt die angegriffene Regelung aber auch mit der Erwägung, daß sich der Verordnungsgeber des Rechtsinstitutes der Vermutung deshalb - frei - bedienen dürfen müsse, weil er damit nur von seinem Konkretisierungsermessen Gebrauch mache. Bedeute das Aufstellen von Vermutungen doch bloß, daß die mögliche Intensität an Konkretisierung nicht voll ausgeschöpft werde, weshalb die Vermutung nichts anderes als eine Zwischenstation auf dem Wege von der Abstraktheit der Gesetzesnorm zu deren Konkretisierung (im Vollzug) sei. Zu prüfen sei lediglich, ob die "Vermutungsrichtung" im Gesetz gedeckt sei, und eben dies zeige die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Welcher Konkretisierung das Gesetz im einzelnen zugänglich ist, läßt sich indessen nicht allgemein sagen. Es hängt vielmehr vom Inhalt der gesetzlichen Regelung ab, deren Sinn und Zweck überaus verschieden sein kann. So hat der Verfassungsgerichtshof etwa in Wahlsachen die Notwendigkeit der näheren Präzisierung des Gesetzes zur Sicherung einer gleichmäßigen Vollziehung angenommen und daraus die Verpflichtung zur Erlassung einer Verordnung abgeleitet (VfSlg. 7650/1975 Verhältniswahlrecht), während er die Einschränkung des gesetzlichen Strafrahmens durch Verordnung für unzulässig hält, weil der Behörde bei der individuellen Strafzumessung kraft Gesetzes der ganze Strafrahmen zur Verfügung stehen müsse (VfSlg. 6107/1969 zum Straßenverkehrsrecht, VfSlg. 6291/1970 zum Kraftfahrrecht). Die Antwort auf die vom antragstellenden Verwaltungsgerichtshof aufgeworfene Frage kann also nur im konkreten Gesetz, nicht in allgemeinen Erwägungen zu Art 18 Abs 2 B-VG gefunden werden.

In dieser Hinsicht hat der Verwaltungsgerichtshof seine Bedenken, daß das Gesetz keine Anhaltspunkte für Vermutungen im Zusammenhang mit der Frage der Einkunftsquelleneigenschaft (Liebhaberei) enthalte, durch den Hinweis auf die Zurückhaltung des Gesetzgebers und der daran geknüpften Annahme verstärkt, der Gesetzgeber habe die Schaffung eines Systems normativer Vermutungen nicht gewünscht, um solcherart der Vollziehung durch Individualakt eine dem Einzelfall gerecht werdende Auslegung des Gesetzes zu ermöglichen.

Bei Beurteilung dieses Vorbringens ist von dem schon in der Äußerung des Bundesministers für Finanzen hervorgehobenen Umstand auszugehen, daß die in Rede stehenden Gebote der Abs 1 und 2 des § 1 der Verordnung garnicht rechtserhebliche Tatsachen, sondern die Rechtsfolgen selbst "vermuten". Denn das "Vorliegen" von (positiven oder negativen) Einkünften, das nach § 1 Abs 1 Satz 1 unter den dort beschriebenen Voraussetzungen "vermutet" wird, ist bereits die rechtliche Würdigung des vorausgesetzten Sachverhaltes: ob nämlich die in Frage kommenden Einkünfte oder Verluste als solche aus einer in den Steuergesetzen genannten Einkunftsart zu qualifizieren sind. Die "Vermutung", daß die aus einer solchen Beschäftigung erzielten Einkünfte steuerlich beachtlich sind, kann daher nicht durch irgendwelche Beweismittel - deren Zulässigkeit etwa eingeschränkt wäre - "widerlegt" werden. Von einer "Widerlegung" der "Vermutung" kann vielmehr nur untechnisch die Rede sein, nämlich so, daß durch die Tatbestandselemente "Betätigung, die durch die Absicht veranlaßt ist, einen Gesamtgewinn ... zu erzielen" der gesetzliche Tatbestand "Einkünfte" eben gerade noch nicht abschließend umschrieben ist, sondern im Falle des Eintrittes von Verlusten die anhand der in § 2 Abs 1 genannten Kriterien nachvollziehbare Verfolgung der Gewinnerzielungsabsicht, unter gewissen Umständen sogar die Wahrscheinlichkeit der Gewinnerzielung hinzutreten muß.

Der vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Replik eingeräumte Umstand, daß "nicht von einer tatbestandsfremden Tatsache auf eine rechtserhebliche Tatsache geschlossen" wird, sondern "aus einer Tatsache unmittelbar auf den Bestand eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses", ist demgemäß entscheidend: Er bedeutet nämlich, daß mit den Worten "vermutet" und "widerlegt" nicht etwa eine Beweisregel geschaffen als vielmehr der Tatbestand der Einkünfte derart umschrieben werden soll, daß eine Mehrzahl von Tatbestandselementen nicht nur aufgezählt, sondern in ein gedanklich-logisches Beziehungsgeflecht gebracht wird. Die angegriffenen "Vermutungen" gestalten also nicht das Beweisverfahren, sie strukturieren bloß den Gedankengang, der nach Meinung des Verordnungsgebers von der Behörde bei der Auslegung des Begriffes "Einkünfte" einzuhalten ist, indem sie diesen Begriff in einen zusammenhängenden Komplex von Regel-Ausnahmen-Gegenausnahmen usw. entfalten. Der Inhalt des gesetzlichen Begriffs "Einkünfte" wird so - grob gesehen - wie folgt konkretisiert:

Steht fest, daß eine Betätigung (eine Tätigkeit oder ein Rechtsverhältnis) durch die Absicht veranlaßt ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (§1 Abs 1 Satz 1) und entstehen dabei keine Verluste (§1 Abs 2 und § 2), so liegen Einkünfte im Sinne der Abgabengesetze vor. Kommt es hingegen zu Verlusten, so ist zu untersuchen, ob Wirtschaftsgüter bewirtschaftet werden, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen oder typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind (§1 Abs 2). Ist dies der Fall, so liegen Einkünfte nur vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten wenigstens erwarten läßt (§2 Abs 4). Ist hingegen keiner der für eine Liebhaberei sprechenden Umstände im Sinne des § 1 Abs 2 gegeben, so ist das Vorliegen der in § 1 Abs 1 beschriebenen Absicht nach einem Zeitraum von drei Jahren ab Beginn der Betätigung (längstens jedoch von fünf Jahren ab dem erstmaligen Anfall von Aufwendungen) unter Berücksichtigung der Verhältnisse innerhalb dieses Zeitraumes nach dem Gesamtbild der Verhältnisse (§2 Abs 2) anhand der in § 2 Abs 1 beispielhaft genannten Umstände zu beurteilen und so die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Verfolgung dieser Absicht ohne Rücksicht auf ihren tatsächlichen Erfolg zu prüfen. Nur dann liegen trotz Verlusten ohne weiteres (negative) Einkünfte im Sinne der Abgabengesetze vor, wenn diese Verluste aus einer auf Erzielung angemessener Einnahmen gerichteten Betätigung aus den in § 1 Abs 3 näher genannten Gründen (bloß) in Kauf genommen werden.

Ist aber dem Verordnungstext ein derartiger - oder ähnlicher - Inhalt zu entnehmen, so kann von einer nach Art des § 167 Abs 1 BAO mit der gesetzlichen Vermutung von Tatsachen verknüpften Wirkung auf die Beweislage nicht die Rede sein. Eine Regelung, der der Charakter einer gesetzlichen Vermutung objektiv nicht zukommt, kann auch die Verwendung der Worte "Vermutung" und "Widerlegung" in der - wie immer zu deutenden - Absicht, "Vermutungen" aufzustellen, nicht zu einer solchen machen. Die Wortwahl der Verordnung kann unter diesen Umständen vielmehr nur als untechnisch - und insofern nicht besonders glücklich - gewertet werden.

c) Der Umstand, daß es sich nicht um gesetzliche Vermutungen im technischen Sinn handelt, schließt freilich nicht aus, daß mit der Wahl des Ausdrucks dennoch eine Beweislastregelung getroffen werden sollte, dergestalt etwa, wie ein Gesetzgeber durch die Formulierung "..., es sei denn, daß ..." die Beweislast für ein weiteres Tatbestandselement dem anderen Teil auferlegen kann. Aber abgesehen davon, daß sich dafür - außer der unzutreffenden Wortwahl - weder im Text noch in der Entstehungsgeschichte ein weiterer Anhaltspunkt findet, steht in dieser Frage einer gesetzeskonformen Anwendung der Verordnung nichts im Wege. Die in der Verordnung umschriebenen Sachverhalte unterliegen der amtswegigen Ermittlungspflicht, gleichgültig, ob sie als Voraussetzung einer "Vermutung" oder einer "Widerlegung" formuliert sind. Der in der Replik des Verwaltungsgerichtshofes gerügte Umstand, daß sich "die Vermutung des Beweisthemas von der unmittelbar rechtsbegründenden Tatsache auf die Vermutungsbasis" verschiebt, setzt voraus, was zu beweisen wäre: daß das Vorliegen von Einkünften nach dem Gesetz aufgrund anderer Kriterien zu beurteilen wäre als nach der Verordnung. Nur wenn nämlich die Verordnung inhaltlich vom Gesetz abwiche, wäre das Beweisthema verschoben, aber dann wäre nicht die Verschiebung des Beweisthemas, sondern die Abweichung vom Gesetz selbst der Grund ihrer Gesetzwidrigkeit. Daß der Tatbestand mit anderen Worten umschrieben wird, gilt für jede Durchführungsverordnung, die sich nicht in der Wiedergabe des Gesetzeswortlautes erschöpft. Sollte der Verwaltungsgerichtshof daher mit diesem Vorwurf die Auffassung vertreten, der Begriff "Einkünfte" in den in Rede stehenden Abgabengesetzen sei einer Konkretisierung durch Verordnung überhaupt nicht zugänglich - womit er allerdings mit seinen eigenen Ausführungen in Widerspruch geriete -, kann ihm der Verfassungsgerichtshof nicht beipflichten: Daß der Gesetzgeber die Frage, wann eine Einkunfts(Verlust)quelle im einzelnen vorliegt, keiner näheren Regelung unterzogen hat, reicht für diese Annahme nicht aus.

Es ist gewiß möglich, daß das gewählte Regel-Ausnahme- Schema zu gesetzwidrigen Ergebnissen führt. Aber das liegt dann nicht an der - unzutreffend - behaupteten Vermutungswirkung. Ob die Tatbestände der Verordnung das richtige Beweisthema umschreiben, hängt nur davon ab, ob sie sich im Rahmen des Gesetzes halten und diesen gegebenenfalls auch erschöpfen oder ob sie diesen Rahmen überschreiten oder unzulässigerweise einengen.

Die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes sind also nicht begründet, soweit sie die Aufstellung gesetzlicher Vermutungen und eine damit zusammenhängende Verschiebung der Beweislast oder des Beweisthemas rügen. Zur Vermeidung von Mißverständnissen sei jedoch betont, daß damit nicht ausgesprochen ist, die einschlägigen Teile der Verordnung entsprächen dem Gesetz. Zu dieser Aussage wäre der an die vorgetragenen Bedenken gebundene Verfassungsgerichtshof nicht berechtigt.

2. Das gegen die behaupteten normativen Vermutungen gerichtete - und insoweit nicht stichhältige - Vorbringen des Verwaltungsgerichtshofes kann insbesondere im Zusammenhalt mit den Ausführungen des Vertreters des Verwaltungsgerichtshofes in der mündlichen Verhandlung auch als Vorwurf des Abweichens vom Gesetzesinhalt verstanden werden. Der Vorwurf, die Verordnung verbaue durch Schaffung von anderen Tatbeständen (als den unmittelbar rechtserheblichen) dem Organ der Vollziehung im Einzelfall den Zugang zum unmittelbaren Tatbestand, schließt die Behauptung mit ein, die Tatbestände der Verordnung schieden wesentliche Bestimmungselemente - etwa: eines beweglichen Systems - für oder gegen die Annahme von Einkünften zu unrecht aus dem Beurteilungsmaßstab aus. Auf derartige Bedenken könnte der Verfassungsgerichtshof aber nur eingehen, wenn die Anträge wenigstens in Umrissen oder Beispielen zum Ausdruck brächten, wo genau sie - abgesehen von der behaupteten "Vermutungswirkung" - der Verordnung ein Abweichen vom Gesetz vorwerfen.

Ein konkreter Vorwurf in dieser Richtung ist nicht gegen die von Vermutungen sprechenden Teile der Verordnung, sondern nur gegen § 1 Abs 3 Z 1 erhoben: Es bestünde kein Gesetz, das auch nur annähernd erkennen lasse, daß Verluste, die aus gesamtwirtschaftlichen Gründen oder im öffentlichen Interesse liegenden regionalen Gründen in Kauf genommen werden, bei Beurteilung der Einkunftsquelleneigenschaft anders behandelt werden dürften als Verluste, die aus anderen Gründen in Kauf genommen werden. Der Verordnungsgeber scheide hier das selbst gewählte Merkmal des Ertragsstrebens aus dem Steuertatbestand aus, erkläre es bei Vorliegen der ihm offenbar förderungswürdig erscheinenden Gründe für irrelevant und lasse ein Einnahmenstreben genügen. Dagegen spreche (neben dem Fehlen eines Anhaltspunktes für die Unterscheidung im Gesetz) auch die Absicht des Gesetzgebers, von einem Kompetenztatbestand zur Regelung des Abgabewesen Gebrauch zu machen, denn in solchen Fällen sei nie mit einem steuerbaren Ertrag zu rechnen; sie seien vielmehr privater Spendenfreudigkeit vergleichbar.

Demgegenüber behauptet der Bundesminister für Finanzen (unter der Überschrift: Zur unwiderleglichen Annahme einer Erwerbsquelle), die in § 1 Abs 3 umschriebenen Betätigungen könnten gar keinen Bezug zur Lebensführung des einzelnen Steuerpflichtigen aufweisen, weshalb das Abgrenzungskriterium des subjektiven Ertragsstrebens hier nicht passe.

Dazu ist zunächst festzuhalten, daß die Abgrenzung zwischen Einkünften und Liebhaberei, wie sie die Verordnung in ihren übrigen Teilen trifft, von diesen Bedenken unangetastet bleibt, weil sie nur die Frage aufwerfen, ob für die in § 1 Abs 3 umschriebenen Betätigungen anderes gelten könne als für sonstige Tätigkeiten. Die übrigen Bestimmungen der Verordnung bilden nur die Vergleichsgröße, von der ohne weiteres auszugehen ist. Es ist also die gesetzliche Deckung der Verordnung nicht insgesamt, sondern nur in bezug auf die Bedeutung jener Verluste aus einer auf Erzielung angemessener Einnahmen gerichteten Betätigung zu prüfen, die aus den in der angefochtenen Bestimmung genannten Gründen in Kauf genommen werden. Für diese Fallgruppe ist offenbar charakteristisch, daß Gewinne (Überschüsse) zwar erwünscht wären (und ernstlich und nachhaltig angestrebt würden), unter den obwaltenden Umständen aber nicht erzielt werden können und dennoch die Betätigung aus gewissen übergeordneten Gründen (unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsprinzips) aufgenommen und/oder fortgesetzt wird.

Solche übergeordneten Gründe - wie immer sie nach der Vorstellung des Verordnungsgebers geartet sein mögen - ermöglichen nach dem Gesetz in der Tat keine besondere Behandlung:

Die Einkünfte (positiver oder negativer Art), aus denen sich das steuerbare Einkommen einer Person oder Körperschaft gemäß § 2 Abs 2 EStG 1972 und 1988 ergibt, sind solche aus den in § 2 Abs 3 genannten Einkunftsarten, also aus erwerbswirtschaftlicher Betätigung. Eine solche erwerbswirtschaftliche Betätigung ist ohne die Möglichkeit der Erwirtschaftung eines Ertrages nicht denkbar. Die Ertragsfähigkeit der Betätigung ist daher im Begriff der Einkünfte als eines abgabenrechtlichen Tatbestandes auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit negativer Ergebnisse mitgedacht. Woraus der erwerbswirtschaftliche Charakter einer Betätigung abzuleiten ist und wie die Abgrenzung erwerbswirtschaftlicher Betätigungen von anderen Betätigungen, insbesondere sogenannten "Liebhabereien" - etwa im Hinblick auf den Beobachtungszeitraum - nach dem Gesetz vorzunehmen ist, hat hier dahingestellt zu bleiben. Die These des Bundesministers für Finanzen, gesamtwirtschaftliche oder im öffentlichen Interesse liegende regionale Gründe schlössen es aus, daß solche Betätigungen "privat" veranlaßt seien, trifft jedenfalls nicht den entscheidenden Punkt. Denn es kommt nicht auf die Qualifikation als "Liebhaberei" im Sinne einer bloßen Befriedigung privater Neigungen, sondern auf die mangelnde Eignung als Einkunftsquelle an, deren Fehlen das Gesetz nirgends durch irgendwelche gesamtwirtschaftliche Gründe oder öffentliche Interessen ersetzt. Liegt die Aussicht auf einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten so fern, daß die Absicht, einen solchen Gewinn (Überschuß) zu erzielen, nicht mehr ernst genommen werden kann, sondern nur mehr das Streben nach Erzielung angemessener Einnahmen unter Inkaufnahme von Verlusten in Betracht kommt (§1 Abs 3 Z 1), so ist das Vorliegen von Einkünften ebenso zu verneinen wie in Fällen, in denen nicht gesamtwirtschaftliche oder im öffentlichen Interesse liegende regionale Gründe, sondern andere Motive für die Aufnahme oder Fortsetzung der Tätigkeit maßgeblich sind. Wenn die Verordnung hier gleichwohl eine Erwerbsquelle annimmt, widerspricht sie dem Gesetz.

§ 1 Abs 3 Z 1 ist daher aufzuheben, ohne daß noch auf den Vorwurf der mangelnden Bestimmtheit der Begriffe "gesamtwirtschaftlich" und "öffentliche Interessen" einzugehen wäre.

3. Für den übrigen Teil des Artikel I bleibt die Frage der Abgrenzung des Geltungsbereichs von Bedeutung. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Grund, das Vorliegen einer Einkunftsquelle bei den in § 5 vom Geltungsbereich der Verordnung ausgenommenen Steuerpflichtigen anders zu beurteilen. Der Bundesminister für Finanzen hält wegen der näher genannten besonderen gesetzlichen Bestimmungen die in der Verordnung vorgenommene Konkretisierung für diese Fälle nicht geeignet.

Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, daß Durchführungsverordnungen sich auf die Konkretisierung des Gesetzes für bestimmte Fallgruppen beschränken können, daß sie die Abgrenzung der Fallgruppen aber auch nicht willkürlich vornehmen dürfen, sondern ihren Geltungsbereich nach sachlichen Merkmalen abgrenzen müssen. Die in § 5 der Verordnung getroffene Abgrenzung ist aber schon im Hinblick auf die dort genannten besonderen gesetzlichen Grundlagen nicht unsachlich. Ein Gegenschluß aus der Verordnung ist für die ausgeschiedenen Fallgruppen nicht zulässig. Die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes sind daher unbegründet.

4. Begründet ist hingegen der Vorwurf der gesetzwidrigen Rückwirkung.

Der Bundesminister für Finanzen räumt ein, daß ArtII eine Rückwirkung anordnet, sucht sie aber damit zu rechtfertigen, daß die Verordnung keine Verschlechterung, sondern eine Verbesserung der Rechtslage der Abgabepflichtigen bewirke und daher den Eingriff in deren Rechtssphäre nicht verstärke, sondern lockere und die Rückwirkung daher kein Vertrauen enttäusche; ohne sie würde außerdem ein- und dieselbe Tätigkeit bis 1989 unter Umständen grundlegend anders zu beurteilen sein als 1990. Einen positivrechtlichen Ansatz für eine Rückwirkung sieht der Bundesminister für Finanzen in § 307 Abs 2 BAO.

Aber das Verbot rückwirkender Verordnungen ohne besondere gesetzliche Grundlage ergibt sich nicht aus einem Verbot rückwirkender Verschlechterung der Rechtslage oder jenen Schranken, die dem Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt der Enttäuschung des Vertrauens auf die maßgebliche Rechtslage gesetzt sind, sondern aus dem in § 5 ABGB ausdrücklich ausgesprochenen und durch Art 49 Abs 1 B-VG im Ergebnis bestätigten, nur dem Gesetzgeber zur Disposition stehenden allgemeinen Grundsatz, daß Gesetze - verstanden im materiellen, auch Verordnungen einschließenden Sinn - nicht zurückwirken. Der Verfassungsgerichtshof erkennt daher in ständiger Rechtsprechung seit VfSlg. 167/1922, daß rückwirkende Kraft nur Gesetzen (im formellen Sinn) zukommt, die diese aussprechen, eine Rückwirkung von Verordnungen hingegen nur zulässig ist, wenn das Gesetz sie der Verordnung ausdrücklich einräumt (vgl. z.B. VfSlg. 8946/1980 und die dort angeführte weitere Rechtsprechung, zuletzt G345/90 u.a. vom , Tiroler Aufenthaltsabgabe). Die Vorschrift über die in wiederaufgenommenen Verfahren maßgebliche Rechtsauslegung - bei gleicher Rechtslage - (§307 Abs 2 BAO) stellt eine solche Ermächtigung nicht dar.

ArtII des I. Abschnitts der Verordnung ist daher gleichfalls aufzuheben.

Da zwei weitere, vom Verwaltungsgerichtshof zu V303/91 und V308/91 gestellte Anträge in das Verordnungsprüfungsverfahren nicht mehr einbezogen werden konnten, sieht sich der Gerichtshof veranlaßt, die Anlaßfallwirkung auf die Sachverhalte zu erstrecken, die diesen Anträgen zugrundeliegen (Art139 Abs 6 B-VG).

Im übrigen sind die Anträge jedoch als unbegründet abzuweisen.

Die Kundmachungsverpflichtung stützt sich auf Art 139 Abs 5 B-VG.