VfGH vom 06.10.2011, V13/11

VfGH vom 06.10.2011, V13/11

Sammlungsnummer

19530

Leitsatz

Abweisung von Gerichtsanträgen auf Aufhebung von Bestimmungen des Allgemeinen Pensionsgesetzes betreffend die Schwerarbeitspension sowie der Schwerarbeitsverordnung; hinreichende Determinierung des Begriffs der Schwerarbeit im Gesetz; kein Verstoß der Verordnung gegen das Rechtsstaatsprinzip und den Gleichheitssatz; keine Unsachlichkeit der Umschreibung der körperlichen Schwerarbeit

Spruch

Die Anträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Mit dem zu G20/11, V13/11, protokollierten Antrag begehrt der Oberste Gerichtshof, "§4 Abs 3 und Abs 4 des Allgemeinen Pensionsgesetzes (APG) in der Fassung BGBl I 2006/130" als verfassungswidrig sowie "§1 Abs 1 Z 4, § 3 und die Anlage zur Verordnung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten (Schwerarbeitsverordnung), BGBl II 2006/104" als gesetzwidrig aufzuheben.

Im gleichen Umfang begehrt das Oberlandesgericht Graz mit dem zu G37/11, V36/11, protokollierten Antrag die Aufhebung dieser Bestimmungen.

(Auch das Oberlandesgericht Wien begehrt mit dem zu G103/11, V103/11, protokollierten, aber erst am eingelangten Antrag die Aufhebung dieser Bestimmungen im gleichen Umfang.)

2. In den diesen Anträgen zugrunde liegenden Verfahren ging es jeweils um die Feststellung von bestimmten als Schwerarbeitszeiten im Sinne der auf der Grundlage des § 4 Abs 4 APG erlassenen Verordnung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten (Schwerarbeitsverordnung), BGBl. II 104/2006, im Besonderen nach dem Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 4 der Verordnung ("schwere körperliche Arbeit"), die dann vorliegt, "wenn bei einer achtstündigen Arbeitszeit von Männern mindestens 8 374 Arbeitskilojoule (2 000 Arbeitskilokalorien) und von Frauen mindestens 5 862 Arbeitskilojoule (1 400 Arbeitskilokalorien) verbraucht werden".

In ihren Anträgen behaupten die antragstellenden Gerichte auf das Wesentliche zusammengefasst, dass § 4 Abs 4 APG wegen Fehlens "näherer Kriterien zur Determinierung des Verordnungsinhalts" und der "Delegation einer wesentlichen rechtspolitischen Entscheidung an den Verordnungsgeber" gegen das Legalitätsprinzip des Art 18 B-VG verstoße. Gegen die angefochtenen Verordnungsbestimmungen bringen die Gerichte vor, dass eine "Widersprüchlichkeit der Definition von 'körperlicher Schwerarbeit' " und ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz vorliege, weil "auf den in aller Regel nicht individuell feststellbaren Kalorienverbrauch in der Vergangenheit und die faktische Ermittlung nach fiktiven Durchschnittswerten" abgestellt werde, und die "Auswahl und Abgrenzung der Tatbestände, die als Schwerarbeit angesehen werden", unsachlich wäre, weil vergleichbare Sachverhalte ungleich behandelt würden. Das Oberlandesgericht Graz bringt zudem vor, dass die Bestimmung des § 1 Abs 1 Z 4 der Schwerarbeitsverordnung insoweit unklar wäre, als "nicht klar ersichtlich" wäre, "auf welche Arbeitszeit der Kalorienverbrauch zu beziehen" sei.

3. Die Bundesregierung erstattete in den zu G20/11 und G37/11 protokollierten Verfahren jeweils gleichlautende Äußerungen, in denen sie beantragt, die Anträge zurück- bzw. abzuweisen. Für den Fall der Aufhebung beantragt die Bundesregierung die Setzung einer Frist von 18 Monaten für das Außerkrafttreten, "da die Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen gravierende Auswirkungen auf das Leistungsrecht der Pensionsversicherung hätte und dieses mit den Sozialpartnern neu verhandelt und geregelt werden müsste".

4. In den zu V13/11 und V36/11 protokollierten Verfahren erstattete der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz als verordnungserlassende Behörde eine Äußerung, in der er die Abweisung der Anträge und für den Fall der Aufhebung eine Frist von 18 Monaten für das Außerkrafttreten beantragte, "um die erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen".

5. Im zu G20/11, V13/11, protokollierten Verfahren erstatteten zudem die Parteien des Anlassverfahrens als beteiligte Parteien jeweils eine Äußerung, in der sie sich den Bedenken des Obersten Gerichtshofes angeschlossen haben.

6. Der Verfassungsgerichtshof hat am eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

II. Rechtslage

1. Mit dem Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I 71, wurde flankierend zu Maßnahmen zur schrittweisen Anhebung des faktischen Pensionsalters im Zuge der Aufhebung der Bestimmungen über die vorzeitigen Alterspensionen iSd §§253a und 253b ASVG die so genannte Schwerarbeitspension eingeführt.

1.1. In den Übergangsbestimmungen zu dieser Novelle wird einerseits die Fortgeltung der aufgehobenen Bestimmungen über den Zeitpunkt ihres Außerkrafttretens im Dauerrecht hinaus für bereits eingetretene Versicherungsfälle und für den Fall bereits erworbener, aber noch nicht effektuierter Leistungsansprüche angeordnet (§607 Abs 8 bis 9 ASVG); andererseits wurde die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer in das Übergangsrecht (§607 Abs 10 ASVG) transferiert, dies jedoch mit der Maßgabe der schrittweisen Angleichung des Mindestalters bis Juni 2014 an das Regelpensionsalter, dh. bei Frauen vom 55. auf das 60. (720. Lebensmonat), bei Männern vom 60. auf das 65. Lebensjahr (780. Lebensmonat).

1.2. Davon sah das Budgetbegleitgesetz 2003 drei Ausnahmen in eigenen Rechtsinstituten des Leistungsrechts vor, nämlich in § 607 Abs 12 ASVG für Männer, die vor dem und für Frauen, die vor dem geboren sind, das Rechtsinstitut der Alterspension für Langzeitversicherte - in der öffentlichen Diskussion als "Hacklerpension" bezeichnet - (Pensionsantritt ab dem

60. bzw. 55. Lebensjahr bei 540 bzw. 480 erworbenen Versicherungsmonaten), in § 607 Abs 13 die sogenannte "Korridorpension" für Männer, die nach dem und vor dem , und für Frauen, die nach dem und vor dem geboren sind (Pensionsantritt frühestens mit 62,5 bzw. 57,5 Lebensjahren bei 45 bzw. 40 Versicherungsjahren), und schließlich in § 607 Abs 14 ASVG für männliche Versicherte, die (zunächst) nach dem und vor dem , und für weibliche Versicherte, die nach dem und vor dem geboren sind, das hier in Rede stehende Rechtsinstitut der sog. "Schwerarbeitspension". Die Schwerarbeitspension ist als eine Weiterführung der Pension für Langzeitversicherte anzusehen, allerdings mit der zusätzlichen Voraussetzung der Zurücklegung von Schwerarbeitszeiten (vgl. Pöltner, Die Feststellung von Zeiten der Schwerarbeit, DRdA 2007, 406 [410] und in FN 27).

1.3. Gemäß § 607 Abs 14 ASVG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003 sind die Übergangsbestimmungen über die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer auf diesen Personenkreis männlicher bzw. weiblicher Versicherter "so anzuwenden, dass an die Stelle des


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738.
Lebensmonates das 60. Lebensjahr und an die Stelle des
678.
Lebensmonates das 55. Lebensjahr tritt, wenn der (die) Versicherte mehr als die Hälfte der Beitragsmonate auf Grund von Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht wurden, erworben haben. Der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz hat unter Berücksichtigung von berufskundlichen und arbeitsmedizinischen Gutachten sowie nach Anhörung der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen und unter Bedachtnahme auf die Liste der Berufskrankheiten (Anlage 1) bis längstens mit Verordnung festzustellen, welche Tätigkeiten als besonders belastend im Sinne des ersten Satzes gelten. Diese Verordnung bedarf der Zustimmung der Bundesregierung. Der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz hat jährlich bis zum 31. Oktober des Folgejahres, erstmals für das Kalenderjahr 2007 bis zum , der Bundesregierung einen Bericht über die statistischen und finanziellen Auswirkungen dieser Regelung vorzulegen."

In den Materialien (RV 59 BIgNR 22. GP, 170) wird dazu Folgendes ausgeführt:

"Personen mit langer Versicherungsdauer (45 Beitragsjahre für Männer, 40 Beitragsjahre für Frauen), die den Großteil der Beitragsmonate unter besonders belastenden Arbeitsbedingungen erworben haben, sollen bis zum Jahr 2019 weiterhin die Möglichkeit haben, eine vorzeitige Alterspension mit 60 Jahren (Männer) bzw. mit 55 Jahren (Frauen) anzutreten. Es wird davon ausgegangen, dass der von dieser Regelung erfasste Personenkreis 5 % der Pensionsneuzuerkennungen aus Alterspension nicht überschreiten wird. Von der vorgeschlagenen Regelung werden etwa folgende Dienstnehmer betroffen sein: unter das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz fallende Dienstnehmer, diplomierte Gesundheits- und Krankenschwestern, Verschieber und im Straßenbau tätige Personen. Die einschlägigen Tätigkeiten sollen durch Verordnung des Bundesministers festgelegt werden."

1.4. Die Parallelbestimmungen des § 298 Abs 13a GSVG und § 287 Abs 13a BSVG verweisen hinsichtlich der "Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht wurden", auf § 607 Abs 14 ASVG. Die darin enthaltene Verordnungsermächtigung ist aus diesem Grund auch hinsichtlich der Schwerarbeitspension nach GSVG und BSVG anwendbar.

2. Mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz, BGBl. I 142/2004, wurde u.a. auch der persönliche Anwendungsbereich der Schwerarbeitspension nach ASVG und Parallelrecht insofern verändert (§607 Abs 14 ASVG idF der 62. Novelle zum ASVG; Art 2 des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I 142/2004), als der begünstigte Personenkreis nunmehr männliche Versicherte, die nach dem und vor dem , und weibliche Versicherte, die nach dem und vor dem geboren sind, umfasste.

3. Im neu geschaffenen Allgemeinen Pensionsgesetz (APG), Art 1 des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I 142/2004, wurde eine Schwerarbeitspension im Dauerrecht vorgesehen.

3.1. Gemäß § 4 Abs 1 APG in der Stammfassung besteht ein Anspruch auf Alterspension nach Vollendung des 65. Lebensjahres (Regelpensionsalter), wenn bis zum Stichtag mindestens 180 Versicherungsmonate nach diesem Bundesgesetz vorliegen, von denen mindestens 84 auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben wurden (Mindestversicherungsdauer).

§ 4 Abs 3 und 4 APG bestimmten in dieser Stammfassung BGBl. I 142/2004:

"(3) Abweichend von Abs 1 kann bei Vorliegen von Schwerarbeitszeiten die Alterspension bereits vor Erreichung des Regelpensionsalters beansprucht werden (Schwerarbeitspension), wenn die versicherte Person

1. mindestens 540 Versicherungsmonate nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz erworben hat, von denen mindestens 180 Schwerarbeitsmonate (Abs4) sind, und

2. am Stichtag (§223 Abs 2 ASVG) weder einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit unterliegt noch ein Erwerbseinkommen bezieht, welches das nach § 5 Abs 2 ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt.

Dabei verringert sich das Anfallsalter um einen Monat je vier Schwerarbeitsmonate (Abs4), es darf jedoch der Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres nicht unterschritten werden.

(4) Der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz hat mit Verordnung festzulegen, unter welchen psychisch oder physisch besonders belastenden Arbeitsbedingungen Schwerarbeit in einem Kalendermonat im Sinne dieses Bundesgesetzes vorliegt. Er hat dabei auf einen gemeinsamen Vorschlag der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen der nach dem ASVG, GSVG, FSVG und BSVG pensionsversicherten Erwerbstätigen Bedacht zu nehmen. Die Verordnung hat auch Bestimmungen über die Meldung der Schwerarbeitszeiten zu enthalten. Sie bedarf der Zustimmung der Bundesregierung."

3.2. § 4 Abs 3 APG trat mit in Kraft, die Verordnungsermächtigung des § 4 Abs 4 APG bereits mit (vgl. § 16 Abs 1 und 2 APG). Gemäß § 1 Abs 3 APG ist § 4 Abs 3 leg.cit. über die Schwerarbeitspension auch auf Personen, die vor dem geboren sind, anzuwenden.

Die Materialien (RV 653 BIgNR 22. GP, 9) führen dazu u.a. Folgendes aus:

"Darüber hinaus ist nach § 4 Abs 3 vorgesehen, dass bei Vorliegen von Schwerarbeitszeiten die Alterspension bereits vor Erreichung des Regelpensionsalters beansprucht werden kann, wenn die versicherte Person mindestens 540 Versicherungsmonate nach dem APG oder nach einem anderen Bundesgesetz erworben hat, von denen mindestens 180 Schwerarbeitsmonate sind. Hiebei verringert sich das Anfallsalter um einen Monat für je vier Schwerarbeitsmonate, wobei jedoch der Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres nicht unterschritten werden darf.

Die Definition des Begriffes Schwerarbeit wird in einer Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz zu regeln sein, welche auf Grund eines gemeinsamen Vorschlages der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen erlassen werden wird. Diese Verordnung bedarf der Zustimmung der Bundesregierung. Im Rahmen dieser Verordnung werden auch Meldebestimmungen über das Vorliegen von Schwerarbeit enthalten sein. Darüber hinaus wird in dieser Verordnu[n]g die erforderliche Dauer der Verrichtung von Schwerarbeit in einem Kalendermonat festgesetzt werden, um diesen Monat als Schwerarbeitsmonat berücksichtigen zu können. Mit dieser Maßnahme sollen Personen, die unter psychisch oder physisch besonders belastenden Arbeitsbedingungen Versicherungszeiten erworben haben, die Alterspension früher in Anspruch nehmen können. Durch die Formulierung 'psychisch oder physisch besonders belastende Arbeitsbedingungen' im § 4 Abs 4 erster Satz APG soll die Absicht des Gesetzgebers zum Ausdruck gebracht werden, dass nur die Formen von besonders belastender Schwerarbeit und nicht jede Art der Schwerarbeit schlechthin in diesem Bereich berücksichtigt werden soll. Erwartet wird, dass in etwa 5 % der Erwerbstätigen eine solche Schwerarbeit ausüben oder ausgeübt haben. Der Prozentsatz von 5 stellt somit eine Zielgröße dar."

4. Mit dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 - SVÄG 2006, BGBI. I 130, wurden die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Schwerarbeitspension nach APG einerseits (mindestens 180 Schwerarbeitsmonate von mindestens 540 Versicherungsmonaten) und dem ASVG samt Parallelrecht (mehr als die Hälfte der erforderlichen Beitragsmonate auf Grund von Schwerarbeit) dahingehend vereinheitlicht, dass als Voraussetzung für eine Schwerarbeitspension der Erwerb von 120 Schwerarbeitsmonaten innerhalb der letzten 240 Kalendermonate vor dem Stichtag genügt (§4 Abs 3 APG idF der 2. Novelle zum APG [Art4 des SVÄG 2006], BGBl. I 130/2006; § 607 Abs 14 ASVG idF des SVÄG 2006 [Art1 Z 15 leg.cit.]).

§ 607 Abs 14 ASVG lautet in dieser Fassung BGBl. I 130/2006 wie folgt:

"(14) Abs 12 ist auch auf männliche Versicherte, die nach dem und vor dem und auf weibliche Versicherte, die nach dem und vor dem geboren sind, anzuwenden, wenn der (die) Versicherte mindestens 120 Beitragsmonate innerhalb der letzten 240 Kalendermonate vor dem Stichtag (§223 Abs 2) auf Grund von Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht wurden, erworben hat; abweichend von Abs 12 vorletzter Satz ist § 261 Abs 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003 so anzuwenden, dass an die Stelle von 4,2 % der Wert von 1,8 % und an die Stelle von 0,35 % der Wert von 0,15 % tritt. Der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz hat unter Berücksichtigung von berufskundlichen und arbeitsmedizinischen Gutachten sowie nach Anhörung der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen und unter Bedachtnahme auf die Liste der Berufskrankheiten (Anlage 1) bis längstens mit Verordnung festzustellen, welche Tätigkeiten als besonders belastend im Sinne des ersten Satzes gelten. Diese Verordnung bedarf der Zustimmung der Bundesregierung. Der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz hat jährlich bis zum 31. Oktober des Folgejahres, erstmals für das Kalenderjahr 2007 bis zum , der Bundesregierung einen Bericht über die statistischen und finanziellen Auswirkungen dieser Regelung vorzulegen."

Durch ArtI Teil 2 Z 20 des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2007 - SRÄG 2007, BGBl. I 31, wurde der erste Satz des § 607 Abs 14 ASVG dahin geändert, dass der Kreis der männlichen Versicherten auf die nach dem und der Kreis der weiblichen Versicherten auf die nach dem Geborenen beschränkt wurde.

Mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2008 - SRÄG 2008, BGBl. I 129, wurde schließlich der erste Satz des § 607 Abs 14 ASVG dahin geändert, dass der Kreis der männlichen Versicherten auf die nach dem und der Kreis der weiblichen Versicherten auf die nach dem Geborenen beschränkt wurde, sodass diese Regelung nunmehr für männliche Versicherte, die nach dem und vor dem und auf weibliche Versicherte, die nach dem und vor dem geboren sind, gilt.

5. Mit dem SVÄG 2006 wurde ferner in § 4 Abs 3 APG die Abschlagsregelung vereinfacht und das Anfallsalter einheitlich für Männer und Frauen mit dem vollendeten 60. Lebensjahr festgelegt (Art4 Z 1 und 3 SVÄG 2006). Zur Verbesserung des Zugangs zur Schwerarbeitspension hat der leistungszuständige Pensionsversicherungsträger die Schwerarbeitszeiten auf Antrag des Versicherten bereits drei Jahre vor Vollendung des frühestmöglichen Anfallsalters für die Schwerarbeitspension festzustellen (§247 Abs 2 ASVG idF des SVÄG 2006; RV 1314 BIgNR 22. GP, 3). Die Schwerarbeitspension nach § 4 Abs 3 APG unterscheidet sich von jener nach § 607 Abs 14 ASVG somit durch das einheitliche Anfallsalter und durch das Erfordernis von 540 Versicherungsmonaten (gegenüber 540 Beitragsmonaten).

6. In der nach wie vor in Kraft stehenden Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2007 - SRÄG 2007, BGBl. I 31 (4. Novelle zum APG, mit der lediglich ein neuer Abs 7 angefügt wurde, der eine Erhaltung der Anwartschaft auch ohne Pensionsantrag gewährleistet; vgl. auch § 607 Abs 14a ASVG), lautet § 4 APG wie folgt (Abs3 leg.cit. steht in der Fassung BGBl. I 130/2006 in Kraft; die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Alterspension, Anspruch

§4. (1) Anspruch auf Alterspension hat die versicherte Person nach Vollendung des 65. Lebensjahres (Regelpensionsalter), wenn bis zum Stichtag (§223 Abs 2 ASVG) mindestens 180 Versicherungsmonate nach diesem Bundesgesetz (§3) vorliegen, von denen mindestens 84 auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben wurden (Mindestversicherungszeit).

(2) Abweichend von Abs 1 kann die Alterspension bereits nach Vollendung des 62. Lebensjahres beansprucht werden (Korridorpension), wenn die versicherte Person

1. mindestens 450 für die Leistung zu berücksichtigende Versicherungsmonate nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz erworben hat und

2. am Stichtag (§223 Abs 2 ASVG) weder einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit unterliegt noch ein Erwerbseinkommen bezieht, welches das nach § 5 Abs 2 ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt.

(3) Abweichend von Abs 1 kann bei Vorliegen von Schwerarbeitszeiten die Alterspension bereits nach Vollendung des 60. Lebensjahres beansprucht werden (Schwerarbeitspension), wenn die versicherte Person

1. mindestens 540 Versicherungsmonate nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz erworben hat, von denen mindestens 120 Schwerarbeitsmonate (Abs4) sind, die innerhalb der letzten 240 Kalendermonate vor dem Stichtag (§223 Abs 2 ASVG) liegen, und

2. am Stichtag (§223 Abs 2 ASVG) weder einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit unterliegt noch ein Erwerbseinkommen bezieht, welches das nach § 5 Abs 2 ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt.

(4) Der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz hat mit Verordnung festzulegen, unter welchen psychisch oder physisch besonders belastenden Arbeitsbedingungen Schwerarbeit in einem Kalendermonat im Sinne dieses Bundesgesetzes vorliegt. Er hat dabei auf einen gemeinsamen Vorschlag der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen der nach dem ASVG, GSVG, FSVG und BSVG pensionsversicherten Erwerbstätigen Bedacht zu nehmen. Die Verordnung hat auch Bestimmungen über die Meldung der Schwerarbeitszeiten zu enthalten. Sie bedarf der Zustimmung der Bundesregierung.

(5) Für die Erfüllung der Mindestversicherungszeit nach Abs 1 gelten als Versicherungsmonate, die auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben wurden, auch folgende Zeiten:

1. Zeiten einer Selbstversicherung nach den §§18a und 18b

ASVG;

2. Zeiten einer Weiterversicherung nach § 17 ASVG für den in § 77 Abs 6 ASVG genannten Personenkreis, Zeiten einer Weiterversicherung nach § 12 GSVG für den in § 33 Abs 9 GSVG genannten Personenkreis und Zeiten einer Weiterversicherung nach § 9 BSVG für den in § 28 Abs 6 BSVG genannten Personenkreis;

3. Zeiten einer Familienhospizkarenz nach den §§14a und 14b des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 459/1993, nach § 78d des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 und nach § 32 AlVG.

(6) Bei der Anwendung von Abs 2 Z 2 und Abs 3 Z 2 bleiben außer Betracht:

1. eine Pflichtversicherung auf Grund einer Beschäftigung als HausbesorgerIn im Sinne des Hausbesorgergesetzes, wenn das aus dieser Beschäftigung erzielte Entgelt das nach § 5 Abs 2 ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen nicht übersteigt;

2. eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem BSVG, wenn der Einheitswert des bäuerlichen Betriebes 2 400 €

nicht übersteigt;

3. eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach § 471g ASVG trotz Nichtüberschreitung der Geringfügigkeitsgrenze (§5 Abs 2 ASVG);

4. eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG trotz Nichtüberschreitung des zwölffachen Betrages nach § 5 Abs 2 Z 2 ASVG bei Einkünften nach § 25 Abs 1 GSVG aus dieser Erwerbstätigkeit, und zwar unter der Voraussetzung, dass sowohl die Aufnahme der Ausübung der Erwerbstätigkeit als auch deren Unterbrechung oder Beendigung rechtzeitig (§18 GSVG) gemeldet wird;

5. eine Pflichtversicherung für die Zeit des Bezuges einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt nach § 11 Abs 2 zweiter Satz ASVG.

(7) Personen, die die Anspruchsvoraussetzungen für die Schwerarbeitspension - mit Ausnahme der in Abs 3 Z 2 in Verbindung mit Abs 6 genannten Voraussetzung - unter Annahme einer früheren Antragstellung bereits erfüllt haben, bleibt dieser Pensionsanspruch gewahrt."

7.

7.1. Gestützt auf § 607 Abs 14 ASVG,§ 298 Abs 13a GSVG,§ 287 Abs 13a BSVG und § 4 Abs 4 APG wurde die Verordnung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten (im Folgenden: Schwerarbeitsverordnung) erlassen und mit BGBI. II 104/2006 am kundgemacht. Die Schwerarbeitsverordnung trat gemäß ihrem § 6 mit in Kraft. Diese Verordnung lautet samt ihrer Anlage wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Besonders belastende Berufstätigkeiten

§1. (1) Als Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht werden, gelten alle Tätigkeiten, die geleistet werden

1. in Schicht- oder Wechseldienst auch während der Nacht (unregelmäßige Nachtarbeit), das heißt zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, jeweils im Ausmaß von mindestens sechs Stunden und zumindest an sechs Arbeitstagen im Kalendermonat, sofern nicht in diese Arbeitszeit überwiegend Arbeitsbereitschaft fällt, oder

2. regelmäßig unter Hitze oder Kälte im Sinne des ArtVII Abs 2 Z 2 und 3 des Nachtschwerarbeitsgesetzes (NSchG), BGBl. Nr. 354/1981, oder

3. unter chemischen oder physikalischen Einflüssen im Sinne des ArtVII Abs 2 Z 5, 6 und 8 NSchG oder

4. als schwere körperliche Arbeit, die dann vorliegt, wenn bei einer achtstündigen Arbeitszeit von Männern mindestens 8 374 Arbeitskilojoule (2 000 Arbeitskilokalorien) und von Frauen mindestens 5 862 Arbeitskilojoule (1 400 Arbeitskilokalorien) verbraucht werden, oder

5. zur berufsbedingten Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf, wie beispielsweise in der Hospiz- oder Palliativmedizin, oder

6. trotz Vorliegens einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (§14 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970) von mindestens 80 %, sofern für die Zeit nach dem Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes, BGBl. Nr. 110/1993, oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze bestanden hat.

(2) Als besonders belastende Berufstätigkeiten gelten jedenfalls auch alle Tätigkeiten, für die ein Nachtschwerarbeits-Beitrag nach ArtXI Abs 3 NSchG geleistet wurde, ohne dass daraus ein Anspruch auf Sonderruhegeld nach ArtX NSchG entstanden ist.

Tätigkeiten unter chemischen oder physikalischen Einflüssen

§ 2. Eine Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs 1 Z 3 gilt nur dann als besonders belastend, wenn dadurch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 203 ASVG von mindestens 10 % verursacht wurde.

Schwere körperliche Arbeit

§ 3. Ob eine bestimmte Tätigkeit als schwere körperliche Arbeit im Sinne des § 1 Abs 1 Z 4 gilt, ist nach den in der Anlage zu dieser Verordnung festgeschriebenen Grundsätzen festzustellen.

Schwerarbeitsmonat

§ 4. Ein Schwerarbeitsmonat ist jeder Kalendermonat, in dem eine oder mehrere Tätigkeiten nach § 1 Abs 1 zumindest in jenem Ausmaß ausgeübt wurden, das einen Versicherungsmonat im Sinne des § 231 Z 1 lita ASVG begründet. Arbeitsunterbrechungen bleiben dabei außer Betracht, solange die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung weiter besteht.

Meldung der Schwerarbeitszeiten

§ 5. Die DienstgeberInnen haben dem Träger der Krankenversicherung ab dem folgende Daten der bei ihnen beschäftigten männlichen Versicherten, die bereits das 40. Lebensjahr vollendet haben, und weiblichen Versicherten, die bereits das 35. Lebensjahr vollendet haben, gesondert zu melden:

1. alle Tätigkeiten, die auf das Vorliegen von Schwerarbeit schließen lassen,

2. die Namen und Versicherungsnummern jener Personen, die Tätigkeiten nach Z 1 verrichten, und

3. die Dauer der Tätigkeiten nach Z 1.

Die Meldung ist jeweils bis Ende Februar des Kalenderjahres, das der Verrichtung der Tätigkeiten nach Z 1 folgt, unter sinngemäßer Anwendung des § 41 ASVG zu erstatten. Personen, die nach dem GSVG oder FSVG oder BSVG versichert sind, haben die Meldung der Schwerarbeitszeiten ab dem in gleicher Weise selbst zu erstatten.

In-Kraft-Treten

§ 6. Diese Verordnung tritt mit in Kraft.

Anlage

Grundsätze für die Feststellung des Vorliegens einer schweren
körperlichen Arbeit im Sinne des § 1 Abs 1 Z 4

1. Begriffsbestimmung und Kriterien

Schwere körperliche Arbeit setzt eine in Bezug auf die Intensität oder Dauer der Belastung über das normale Kräftepotential hinausgehende Verausgabung von Arbeitskraft voraus, bei der die gesamte Körpermuskulatur beansprucht wird.

Kriterien für die Einstufung von beruflichen Tätigkeiten als schwere körperliche Arbeit sind neben der energetischen Belastung sowie der Herz- und Kreislaufbelastung auch die Belastung des passiven und aktiven Stütz- und Bewegungsapparates, also der Knochen und Gelenke sowie der Sehnen und Muskeln.

2. Bewertung von Tätigkeiten als Schwerarbeit nach der energetischen

Belastung

2.1. Arbeitsenergieumsatz-Grenzen von 8 374 Kilojoule

(2 000 Kilokalorien) pro Tag bei Männern und 5 862 Kilojoule (1 400 Kilokalorien) pro Tag bei Frauen

Der Arbeitsenergieumsatz ergibt sich aus dem Gesamtenergieumsatz pro Arbeitstag abzüglich des Grundenergieumsatzes (differiert vor allem in Abhängigkeit vom Körpergewicht), dem Freizeitenergieumsatz (der je nach Freizeit-Aktivität unterschiedlich ist) und einem kleinen Anteil für Energieverluste.

Für die Festlegung der Schwerarbeits-Grenze ist die Lage der 'Energetischen Dauerleistungsgrenze', die mit dem Tages-Arbeitsenergieumsatz gleichzusetzen ist, von Bedeutung. Sie liegt für Männer bei 8 374 Kilojoule (2 000 Kilokalorien) pro Tag, für Frauen bei 5 862 Kilojoule (1 400 Kilokalorien) pro Tag (gerundete Durchschnittswerte).

2.2. Einstufung von beruflichen Tätigkeiten als schwere körperliche

Arbeit

Die Einstufung von beruflichen Tätigkeiten als 'energetische Schwerarbeit' erfolgt nach folgenden Grundsätzen:

Die Arbeitsenergieumsatz-Richtwerte werden nach arbeitsmedizinischen Standards ermittelt. Auf dieser Grundlage werden Tätigkeitsbeschreibungen mit ihren Jouleverbrauchswerten erstellt und hinsichtlich ihrer Dimensionen umgerechnet.

Schließlich wird geprüft, ob durch die mit einem bestimmten Beruf verbundenen Tätigkeiten (Tätigkeitsbilder) die vorgegebene Kilojoulegrenze (8 374 bei Männern bzw. 5 862 bei Frauen) pro Tag erreicht oder überschritten wird."

7.2. Die Erläuterungen zur Schwerarbeitsverordnung lauten auszugsweise wie folgt:

"Im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 71, wurde normiert, dass das Zugangsalter für die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer ab schrittweise bis zur Höhe des Regelpensionsalters angehoben wird. Von dieser Anhebung des Pensionsanfallsalters sind bestimmte Personengruppen mit besonders langer Versicherungsdauer (mindestens 480 Beitragsmonate bei Frauen, mindestens 540 Beitragsmonate bei Männern) ausgenommen: Sie haben laut Übergangsrecht weiterhin die Möglichkeit, zum ehemals geltenden 'Frühpensionsalter' die vorzeitige Alterspension in Anspruch zu nehmen, wobei bestimmte Ersatzzeiten, wie etwa Zeiten der Kindererziehung und des Präsenzdienstes, als Beitragsmonate gewertet werden; zur Ermittlung des Ausmaßes der Pensionsverminderung ist im Bereich dieser Schutzbestimmungen für Langzeitversicherte ab dem Jahr 2008 das jeweilige 'Frühpensionsalter' (anstelle des Regelpensionsalters) heranzuziehen (Limitierung des Abschlages); bis zum Jahr 2008 ist diese Art der vorzeitigen Alterspension völlig abschlagsfrei zu gewähren.

§ 607 Abs 14 ASVG (samt Parallelrecht) schreibt diese Regelung fort, und zwar für männliche Versicherte, die nach dem und vor dem und für weibliche Versicherte, die nach dem und vor dem geboren sind: Wer zum Personenkreis dieser 'geschützten Jahrgänge' zählt und mehr als die Hälfte der Beitragsmonate unter besonders belastenden Arbeitsbedingungen erworben hat, kann bereits nach Vollendung des 55. Lebensjahres (Frauen) bzw. des 60. Lebensjahres (Männer) die vorzeitige Alterspension beanspruchen. Auf Grund der Regierungsvorlage des Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes 2006 sollen die Voraussetzungen insofern geändert werden, als nicht mehr in der Hälfte der Beitragsmonate Schwerarbeit geleistet werden muss, sondern lediglich zehn Jahre der Schwerarbeit innerhalb der letzten 20 Jahre vor dem Pensionsstichtag vorliegen müssen.

Die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz hat unter Berücksichtigung von berufskundlichen und arbeitsmedizinischen Gutachten sowie nach Anhörung der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen und unter Bedachtnahme auf die Liste der Berufskrankheiten (Anlage 1 zum ASVG) bis längstens mit Verordnung festzustellen, für welche Tätigkeiten die genannten Begünstigungen gelten. Diese Verordnung bedarf der Zustimmung der Bundesregierung. Darüber hinaus hat die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz jährlich bis zum 31. Oktober des Folgejahres, erstmals für das Kalenderjahr 2007, der Bundesregierung einen Bericht über die statistischen und finanziellen Auswirkungen dieser Regelung vorzulegen.

Die Verordnung nach § 607 Abs 14 ASVG ist nach Maßgabe der §§298 Abs 13a GSVG bzw. 287 Abs 13a BSVG auch auf die nach dem GSVG bzw. BSVG versicherten Personen anzuwenden.

Im Rahmen des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 142/2004, wurde als besondere Art der Alterspension die Schwerarbeitspension nach § 4 Abs 3 APG eingeführt. Diese Pensionsart kommt ab auch für alle Personen in Betracht, die vor dem geboren sind und somit den Vorschriften der Pensionsharmonisierung grundsätzlich nicht unterliegen.

Die Schwerarbeitspension kann bereits vor Erreichung des Regelpensionsalters in Anspruch genommen werden, wenn mindestens 540 Versicherungsmonate vorliegen.

Nach § 4 Abs 4 APG hat die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz mit Verordnung festzulegen, unter welchen psychisch oder physisch besonders belastenden Arbeitsbedingungen Schwerarbeit in einem Kalendermonat vorliegt. Sie hat dabei auf einen gemeinsamen Vorschlag der Interessenvertretungen Bedacht zu nehmen. Die Verordnung hat auch Bestimmungen über die Meldung der Schwerarbeitszeiten zu enthalten. Sie bedarf der Zustimmung der Bundesregierung.

Mit der gegenständlichen Vorlage wird - nicht zuletzt aus Gründen der Rechtsklarheit - sowohl die Verordnungsermächtigung nach § 607 Abs 14 ASVG als auch jene nach § 4 Abs 4 APG wahrgenommen.

Das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz hat eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die im Sinne des § 607 Abs 14 ASVG ein Gutachten erarbeitet hat. Demnach existiert für den Begriff 'Schwerarbeit' in der Arbeitswissenschaft keine allgemein gültige Definition.

Es soll daher im gegebenen Zusammenhang grundsätzlich an die erprobten und bewährten Regelungen des Nachtschwerarbeitsgesetzes (NSchG), BGBl. Nr. 354/1981, angeknüpft werden.

[...]

Nach § 1 Abs 1 Z 3 in Verbindung mit § 2 des Entwurfes sind chemische und physikalische Einflüsse unter Anknüpfung an ArtVII Abs 2 Z 5, 6 und 8 NSchG als besonders belastend zu qualifizieren, wenn sie eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 10 % zur Folge haben. Dies bedeutet, dass sowohl die gesundheitsgefährdende Einwirkung von Erschütterungen (bei Verwendung von Arbeitsgeräten, Maschinen und Fahrzeugen) als auch das Tragen von Atemschutz- bzw. Tauchgeräten (regelmäßig oder in einem Mindestausmaß von vier bzw. zwei Stunden pro Arbeitstag) und das gesundheitsschädliche Einwirken von inhalativen Stoffen, die zu einer Berufskrankheit laut Anlage 1 zum ASVG führen können, Berücksichtigung finden. Ein Verfahren zur Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt kann sowohl amtswegig als auch durch einen Antrag der leistungswerbenden Person eingeleitet werden.

§ 1 Abs 1 Z 4 in Verbindung mit § 3 des Entwurfes knüpft an die Bestimmung des ArtVII Abs 2 Z 10 NSchG an. Demnach liegt schwere körperliche Arbeit dann vor, wenn bei einer achtstündigen Arbeitszeit mindestens 8 374 Arbeitskilojoule (2 000 Arbeitskilokalorien) verbraucht werden. Im vorliegenden Entwurf wird überdies speziell auf Frauen Bedacht genommen, indem für diese der Verbrauch von mindestens 5 862 Arbeitskilojoule (1 400 Arbeitskilokalorien) statuiert wird. Eine objektive Nachvollziehbarkeit durch Messungen ist gewährleistet (vgl. die Anlage zum Entwurf).

Nach Spitzer, Hettinger, Kaminsky, 'Tafeln für den Energieumsatz bei körperlicher Arbeit' (6. Auflage, Beuth-Verlag, Berlin 1982), sind Tätigkeiten, bei denen die Grenze von 8 374 Kilojoule (2 000 Kilokalorien) als Arbeitsenergieumsatz überschritten wird, beispielsweise folgende:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Errichten von Kellerwänden, Auftragen von Bitumen im Wohnhausbau,
-
Eisenflechten auf einer mittelgroßen Baustelle,
-
allgemeine Hilfsarbeiten auf einer mittelgroßen Baustelle,
-
Hochofenarbeit: Arbeiten an laufender Rinne, Schlacke mit Eisenstange lockern,
-
allgemeine Hilfstätigkeiten in Küchen,
-Tätigkeiten in der Land- und Forstwirtschaft.

Die angegebenen Werte gelten für Personen mit durchschnittlichem Körpergewicht bei achtstündiger Arbeit.

Die Bestimmung des § 1 Abs 2 des Entwurfes, wonach besonders belastende Berufstätigkeiten jedenfalls auch alle Tätigkeiten sind, für die ein Nachtschwerarbeits-Beitrag nach ArtXI Abs 3 NSchG geleistet wurde, ohne dass daraus ein Anspruch auf Sonderruhegeld nach ArtX NSchG entstanden ist, versteht sich im Zusammenhang mit einschlägigen Neuregelungen der Regierungsvorlage des Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes 2006. Demnach sollen die vorzeitige Alterspension nach § 607 Abs 14 ASVG und die Schwerarbeitspension nach § 4 Abs 3 APG in Hinkunft unter erleichterten Bedingungen in Anspruch genommen werden können.

[...]

In Anlehnung an den Erwerb von Versicherungsmonaten wird ein Schwerarbeitsmonat nach § 4 des Entwurfes dann erworben, wenn eine oder mehrere besonders belastende Tätigkeiten im Sinne des § 1 des Entwurfes mindestens in der Dauer von 15 Tagen in einem Kalendermonat ausgeübt wurden (vgl. § 231 Z 1 lita ASVG), wobei Arbeitsunterbrechungen, die die Pensionsversicherung nicht beenden, außer Acht zu lassen sind.

Nach § 4 Abs 4 APG ist in der Verordnung auch die Meldung der Schwerarbeitszeiten zu regeln. § 5 des Entwurfes bestimmt, dass die DienstgeberInnen ab die Schwerarbeitszeiten ihrer DienstnehmerInnen altersbezogen zu melden haben. Die Meldung erfolgt aus Gründen der leichteren Vollziehbarkeit nur einmal jährlich gegenüber dem zuständigen Krankenversicherungsträger. Selbständig Erwerbstätige haben die Meldung im gleichen Melderhythmus selbst zu erstatten. Die Meldung umfasst Namen und Versicherungsnummer der versicherten Person und die als Schwerarbeit zu qualifizierenden Tätigkeiten samt Dauer.

Es ist beabsichtigt, zur Vertiefung der Thematik 'Schwerarbeit' bereits im Jahr 2006 eine Kommission nach § 8 des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl. Nr. 76, einzusetzen. Diese Kommission hat sich auch mit der Weiterentwicklung der besonderen Regelungen in der Alterssicherung zu beschäftigen, die auf den Faktor Schwerarbeit Bezug nehmen.

Für den Bereich des öffentlichen Dienstes ist eine eigene Schwerarbeitsverordnung vorgesehen."

III. Zu den Prozessvoraussetzungen

Der Verfassungsgerichtshof hat in den - gemäß §§404 Abs 2, 187 Abs 2 ZPO (§35 Abs 1 VfGG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen - Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren erwogen:

1. Gemäß § 15 Abs 2 VfGG hat ein Antrag an den Verfassungsgerichtshof unter anderem ein bestimmtes Begehren zu enthalten. Gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz VfGG hat der Antrag gemäß Art 140 B-VG die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit sind präzise zu umschreiben, die Bedenken sind schlüssig und überprüfbar darzulegen

(VfSlg. 11.888/1988, 12.223/1989). Das Fehlen solcher Darlegungen führt zur sofortigen Zurückweisung des Antrages (VfSlg. 11.970/1989, 12.564/1990, 13.571/1993, 15.877/2000).

Die antragstellenden Gerichte bringen gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der in § 4 Abs 3 APG vorgesehenen Schwerarbeitspension an sich oder gegen die darin genannten Antrittsvoraussetzungen keine Bedenken vor. Sie behaupten aber einen untrennbaren Zusammenhang dieser Bestimmung mit § 4 Abs 4 APG durch den Verweis in § 4 Abs 3 Z 1 APG auf Abs 4 dieser Bestimmung. Entgegen der Auffassung der Bundesregierung besteht dieser Zusammenhang schon dadurch, dass in § 4 Abs 3 APG das Erfordernis eines Erwerbs von 120 Schwerarbeitsmonaten mit der Verweisung "(Abs4)" versehen wird, dh. dass Abs 4 durch diese Verweisung in Abs 3 inkorporiert wird und auf diese Weise mit der zuletzt genannten Bestimmung eine untrennbare Einheit bildet. Da durch eine bloße Teilaufhebung der Wendung "von denen mindestens 120 Schwerarbeitsmonate (Abs4) sind," das Rechtsinstitut der Schwerarbeitspension seiner wesentlichen Voraussetzung entkleidet und damit die Absicht des Gesetzgebers geradezu konterkariert würde, haben die antragstellenden Gerichte zu Recht § 4 Abs 3 APG zur Gänze mit angefochten.

Was die - angesichts der diesbezüglich eher verwirrenden Gesetzeslage gesondert erörterungsbedürftige - Frage der Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 4 Abs 3 und 4 APG in den Verfahren bei den vorlegenden Gerichten betrifft, so ist nach dem jeweiligen Vorbringen der Gerichte der Kläger des Anlassverfahrens zu G20/11, V13/11 am und jener des Anlassverfahrens zu G37/11, V36/11 am geboren. Da ungeachtet des Umstandes, dass das Leistungsrecht des APG in seinem Teilanwendungsbereich gemäß § 2a Abs 2 ASVG (ebenso gemäß § 1a Abs 2 GSVG) erst für Personen gilt, die nach dem geboren sind (woraus sich ergibt, dass für früher Geborene nur das Leistungsrecht des ASVG bzw. des GSVG gilt), ist die Regelung des § 607 Abs 14 ASVG (ebenso der teilweise gleichlautende, teilweise auf § 607 Abs 14 ASVG verweisende § 298 Abs 13a GSVG) nur auf männliche Versicherte anzuwenden, die nach dem , aber vor dem geboren sind. Umgekehrt sind die Bestimmungen der §§4 Abs 3 sowie 9 APG - wie sich aus einem Gegenschluss aus § 1 Abs 3 APG ergibt - auch auf Personen anzuwenden, die vor dem geboren sind (für die das APG also im Übrigen gemäß § 2a Abs 2 ASVG bzw. § 1a Abs 2 GSVG auch nicht zumindest teilweise anzuwenden ist). Daraus ergibt sich zwar anscheinend ein zeitlicher Überschneidungsbereich in der Anwendbarkeit des § 4 Abs 3 und 4 APG mit § 607 Abs 14 ASVG bzw. § 298 Abs 13a GSVG für den Geburtsjahrgang 1954, der aber für dieses Verfahren ohne Bedeutung ist, sodass diese Frage hier keiner näheren Untersuchung bedarf. Auf die beiden Kläger der Anlassverfahren sind jedenfalls nicht § 607 Abs 14 ASVG bzw. § 298 Abs 13a GSVG, sondern § 4 Abs 3 und 4 APG, im Übrigen aber die Bestimmungen des ASVG bzw. des GSVG anzuwenden.

2. Im Übrigen - im Besonderen mit Blick auf die von den antragstellenden Gerichten bei ihrer Entscheidung anzuwendenden Bestimmungen des § 1 Abs 1 Z 4 und § 3 sowie der Anlage zur Schwerarbeitsverordnung, BGBl. II 104/2006, die auf Grund der Regelungstechnik in einem untrennbaren Zusammenhang stehen - sind Zweifel am Vorliegen der Prozessvoraussetzungen weder vorgebracht worden noch sind solche beim Verfassungsgerichtshof entstanden.

Die Verfahren erweisen sich daher als zulässig.

IV. Erwägungen in der Sache

Vorauszuschicken ist, dass der Verfassungsgerichtshof im Normenkontrollverfahren auf die Erörterung der im Prüfungsantrag (bzw. im amtswegigen Prüfungsbeschluss) dargelegten Bedenken beschränkt ist (zB VfSlg. 14.802/1997 mwN).

1. Zu den Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs 3 und 4 des Allgemeinen Pensionsgesetzes (APG), BGBl. I 142/2004 idF BGBl. I 130/2006:

1.1. Seine Bedenken gegen diese Bestimmungen formulierte der Oberste Gerichtshof im zu G20/11 protokollierten Verfahren (und ihm folgend das Oberlandesgericht Graz) wie folgt:

"6. Zur Verletzung des Legalitätsprinzips:

6.1. Das aus Art 18 Abs 1 und 2 B-VG abgeleitete Legalitätsprinzip bindet zunächst den Gesetzgeber: Das Gebot der hinreichenden Bestimmtheit gesetzlicher Regelungen verlangt, dass diese das Handeln der Verwaltungsbehörden (insbesondere auch die Erlassung von Verordnungen) ausreichend determinieren (...). Fehlt diese ausreichende Determinierung, liegt eine formalgesetzliche Delegation vor, die die Verfassungswidrigkeit sowohl der Verordnung als auch ihrer gesetzlichen Grundlage nach sich zieht.

6.2. Um eine Schwerarbeitspension beanspruchen zu können, müssen nach § 4 Abs 3 APG und § 298 Abs 13a GSVG (der wiederum auf § 607 Abs 14 ASVG verweist) mindestens 120 Schwerarbeitsmonate vorliegen. Schwerarbeit wird in Form allgemein gehaltener Formeln mit 'psychisch oder physisch besonders belastenden [...] Arbeitsbedingungen' (§4 Abs 4 APG) bzw mit 'Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht wurden', umschrieben (§607 Abs 14 ASVG,§ 298 Abs 13a GSVG); die genauere Definition der Tätigkeiten, die als Schwerarbeit anzusehen sind, wird jeweils der Determinierung im Verordnungsweg überlassen.

Die auf diesen gesetzlichen Grundlagen erlassene Schwerarbeitsverordnung dient somit der Konkretisierung eines unbestimmten Gesetzesbegriffs. Unbestimmte Gesetzesbegriffe entsprechen dem Determinierungsgebot, wenn sie 'auslegungsfähig' sind, dh wenn unter Heranziehung aller Interpretationsmethoden beurteilt werden kann, wozu das Gesetz die Verwaltungsbehörde ermächtigt. Dem Verfassungsgerichtshof muss es möglich sein, die Übereinstimmung mit der gesetzlichen Grundlage zu überprüfen (VfSlg 11.859/1988; 13.785/1994 ua). Dafür wird auch die Entstehungsgeschichte, der Gegenstand und der Zweck einer Bestimmung herangezogen (VfSlg 11.499/1987, 15.447/1999).

Lehre und Rechtsprechung gehen von einem differenzierteren Legalitätsprinzip aus, demzufolge unterschiedliche Regelungsbereiche einen unterschiedlichen Grad an Vorherbestimmung verlangen (zB VfSlg 13.785/1994, wonach für Regelungen im Bereich des Wirtschaftsrechts keine so weitgehende gesetzliche Vorherbestimmung erforderlich ist wie etwa im Sozialversicherungsrecht). Doch ist dem Gesetzgeber selbst in 'eingriffsnahen' Bereichen die Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe, mit denen der Gesetzgeber zwangsläufig Unschärfen in Kauf nimmt und von einer exakten Determinierung des Behördenhandelns Abstand nimmt, nicht verboten (vgl VfSlg 10.737/1985). Im Sozialversicherungsrecht erachtete der Verfassungsgerichtshof etwa die Verwendung des Begriffs 'längere Zeit' im Arbeitslosenversicherungsgesetz für zulässig (VfSlg 14.466/1996).

Tatsächlich spricht eine Reihe von in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs entwickelten Grundsätzen für die Verfassungskonformität der gesetzlichen Grundlagen für die Schwerarbeitsverordnung.

Die Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe kann aufgrund des Regelungsgegenstands erforderlich sein (VfSlg 16.625/2002). Für die Erforderlichkeit im konkreten Fall spricht, dass der höhere Abstraktionsgrad des Gesetzes erst eine Anpassung an neuere Entwicklungen und Veränderungen von Berufsbildern ermöglicht. Überdies enthält § 607 Abs 14 ASVG, worauf § 298 Abs 13a GSVG verweist, gewisse Kriterien, die den Inhalt der Verordnung näher definieren und damit den Entscheidungsspielraum der Behörde einschränken, indem etwa eine Bedachtnahme auf die Liste der Berufskrankheiten in Anlage 1 zum ASVG (somit eine gesetzlich determinierte Grundlage) gefordert wird. Dieser Hinweis fehlt allerdings in § 4 Abs 4 APG.

Möglich ist auch eine Legitimation durch Verfahren (VfSlg 12.687/1991), dh durch ein gesetzliches Gebot zur Einhaltung bestimmter Verfahrensschritte bei der genaueren Determinierung des unbestimmten Begriffs im Verwaltungsweg. Dabei wird der Beurteilungsspielraum der Behörde dadurch eingeschränkt, dass diese etwa Fachgutachten und Stellungnahmen von Interessengruppen zu berücksichtigen hat. Auch hier finden sich differenziertere Vorgaben in § 607 Abs 14 ASVG: Diese Bestimmung schreibt sowohl die 'Berücksichtigung von berufskundlichen und arbeitsmedizinischen Gutachten' als auch eine 'Anhörung der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen' vor, während § 4 Abs 4 APG lediglich die Bedachtnahme 'auf einen gemeinsamen Vorschlag der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen der nach dem ASVG, GSVG, FSVG und BSVG pensionsversicherten Erwerbstätigen' verlangt.

Da es den Anforderungen des Art 18 B-VG genügt, wenn die Vorgaben des Gesetzgebers durch Interpretation ermittelbar sind, kann auch eine historische Auslegung zur Unterstützung herangezogen werden: So enthalten die Gesetzesmaterialien einen Hinweis auf die Erwartung, dass maximal 5 % der Erwerbstätigen unter die Schwerarbeitsregelung fallen werden. Mit der Wortfolge 'besonders belastende Bedingungen' wird danach die Absicht der Anwendung eines sehr strengen Maßstabs ausgedrückt (RV 653 BlgNR 22. GP 5, 9; siehe auch 10 ObS 128/09k und 10 ObS 103/10k). Nicht alle, sondern nur besonders belastende Formen der Schwerarbeit sollen berücksichtigt werden. Damit ist der eher restriktive Ansatz der Verordnung bereits gesetzlich vorgegeben.

Gegen die Verfassungskonformität der vom Gesetzgeber vorgenommenen formalgesetzlichen Delegation spricht allerdings die 'Wesentlichkeitstheorie', nach der der Gesetzgeber die im Hinblick auf das Regelungsziel wesentlichen Entscheidungen nicht dem Verordnungsgeber überlassen darf. Welche Elemente einer Regelung nun zu diesen grundlegenden politischen Weichenstellungen gehören, die der Gesetzgeber selbst vorgeben muss, kann nur aufgrund einer Einzelfallbetrachtung festgestellt werden. Der Verfassungsgerichtshof hat beispielsweise in den Erkenntnissen VfSlg 14.256/1995 (Aufhebung von Teilen des Regionalradiogesetzes und des Frequenznutzungsplans) und VfSlg 15.888/2000 (Berechnung der Systemnutzungstarife im Rahmen des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes) einen Verstoß gegen das Legalitätsprinzip gesehen, weil der Gesetzgeber insbesondere mehrere Varianten für die Ausübung der Normsetzungsbefugnis offen gelassen hat; eine flexible Regelung sei nur im Rahmen einer vom Gesetzgeber zu treffenden Grundentscheidung zulässig (VfSlg 15.888/2000).

Die Abgrenzung, wer in concreto unter den Schwerarbeiterbegriff fällt, ist zweifellos einer der Kernpunkte der Schwerarbeitsregelung. Auch hier wären im Rahmen der gesetzlichen Vorgabe ('besonders belastende Tätigkeiten') unter Heranziehung aller Auslegungsmethoden mehrere Ergebnisse möglich; offenbar hat der Gesetzgeber aus Flexibilitätserwägungen auf eine detailliertere gesetzliche Vorgabe verzichtet. Problematisch in Bezug auf die Determinierung ist insbesondere das geringe Maß an gesetzlichen Vorgaben in § 4 Abs 4 APG.

6.3. Da Rechtsverordnungen Gesetze im materiellen Sinn darstellen, müssen auch sie dem Grundsatz der ausreichenden Determinierung entsprechen (VfSlg 15.420/1999 ua). Bei einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung, Kriterien durch Verordnung festzulegen, müssen diese Kriterien auch geeignet sein, das Verwaltungshandeln in ausreichendem Maße zu determinieren und für den Einzelnen vorhersehbar zu machen. Somit wäre eine Verfassungswidrigkeit der Schwerarbeitsverordnung auch dann gegeben, wenn diese dem zuständigen Versicherungsträger bei der Feststellung von Schwerarbeitszeiten (hier nach § 117a Abs 2 GSVG) einen zu großen Ermessensspielraum beließe.

Bei dem im vorliegenden Fall relevanten Tatbestand der 'schweren körperlichen Arbeit' in ihrem § 1 Abs 1 Z 4 gibt die Schwerarbeitsverordnung zwar selbst die entscheidenden Belastungsgrenzen in kJ/kcal vor, umschreibt jedoch das Verfahren zur Feststellung der energetischen Belastung in ihrer Anlage nur in groben Zügen: Danach werden Arbeitsenergieumsatz-Richtwerte für bestimmte berufliche Tätigkeiten 'nach arbeitsmedizinischen Standards ermittelt. Auf dieser Grundlage werden Tätigkeitsbeschreibungen mit ihren Jouleverbrauchswerten erstellt und hinsichtlich ihrer Dimensionen umgerechnet. Schließlich wird geprüft, ob durch die mit einem bestimmten Beruf verbundenen Tätigkeiten (Tätigkeitsbilder) die vorgegebene Kilojoulegrenze (8 374 bei Männern bzw. 5 862 bei Frauen) pro Tag erreicht oder überschritten wird', umgerechnet in Kilokalorien geht es um 2.000 kcal bei Männern und um 1.400 kcal bei Frauen.

In der Praxis orientiert sich die hier umschriebene Feststellung von Schwerarbeit an den Tafeln für den Energieumsatz bei körperlichen Tätigkeiten von Spitzer/Hettinger/Kaminsky, die zuletzt 1982 herausgegeben wurden. Diese gelten im deutschsprachigen Raum als Standardwerk für Fragen des Arbeitsenergieumsatzes. Wie der Kläger betont, sind diese nicht ausdrücklich in der Anlage angeführt.

Die Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen § 4 Abs 4 APG gehen daher zusammenfassend dahin, dass diese Bestimmung im Zusammenhang mit § 4 Abs 3 APG keine iSd Art 18 Abs 1 und 2 B-VG ausreichende Determinierung des Inhalts der danach zu erlassenden Schwerarbeitsverordnung darstellt." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

1.2. Die Bundesregierung entgegnete diesem Vorbringen Folgendes:

"1.2. Der Oberste Gerichtshof behauptet im Wesentlichen, dass die Gesetzgebung die Entscheidung, wer Schwerarbeit leiste, an den Verordnungsgeber delegiert habe und die Verordnungsermächtigung des § 4 Abs 4 APG mangels näherer Kriterien zur Determinierung des Verordnungsinhaltes eine verfassungswidrige formatgesetzliche Delegation darstelle.

Der Oberste Gerichtshof räumt zunächst selbst ein, dass 'eine Reihe von in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entwickelten Grundsätzen für die Verfassungskonformität der gesetzlichen Grundlagen für die Schwerarbeitsverordnung' spreche, und nennt in diesem Zusammenhang die Zulässigkeit der Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe, die durch die Bedachtnahme auf einen Vorschlag der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen der pensionsversicherten Erwerbstätigen und der - allerdings nur in § 607 Abs 14 ASVG vorgesehenen - Berücksichtigung von berufskundlichen und arbeitsmedizinischen Gutachten begründete 'Legitimation durch Verfahren' und die im Rahmen einer historischen Auslegung aus den Materialien erkennbare Absicht des Gesetzgebers, einen sehr strengen Maßstab anzulegen (Antrag S. 19 ff). Gegen die Verfassungskonformität spreche allerdings eine vom antragstellenden Gerichtshof so bezeichnete 'Wesentlichkeitstheorie', nach der 'der Gesetzgeber die im Hinblick auf das Regelungsziel wesentlichen Entscheidungen nicht dem Verordnungsgeber überlassen darf'; dies sei aber hinsichtlich eines 'Kernpunktes der Schwerarbeitsregelung', nämlich der 'Abgrenzung, wer in concreto unter den Schwerarbeitsbegriff fällt', erfolgt, da unter Heranziehung aller Auslegungsmethoden mehrere Ergebnisse möglich seien. Die Verordnungsermächtigung des § 4 Abs 4 APG enthalte keine hinreichende Determinierung des Inhalts der Schwerarbeitsverordnung.

1.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann dann nicht von einer formalgesetzlichen Delegation gesprochen werden, wenn der Gesetzgeber zwar an jener Stelle des Gesetzes, an der er eine Verwaltungsbehörde zur Verordnungssetzung berufe, den Inhalt der Regelung in einer dem Art 18 B-VG entsprechenden Weise nicht bestimmt, jedoch an anderer Stelle des Gesetzes den Inhalt der Verordnung ausreichend determiniert (VfSlg. 13.133/1992 mwN; vgl. auch VfSlg. 3267/1957). So hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 13.133/1992 für die Bestimmung des Inhalts des § 153 Abs 1 erster Satz ASVG, wonach Zahnbehandlung nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung zu gewähren ist, die für die Krankenbehandlung geltenden Bestimmungen der §§133 ff ASVG ergänzend herangezogen.

1.4. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung geht die Bundesregierung davon aus, dass für die Bestimmung des Inhaltes der Verordnungsermächtigung des § 4 Abs 4 APG auch die Verordnungsermächtigung des § 607 Abs 14 ASVG heranzuziehen ist:

1.4.1. § 607 Abs 14 ASVG und § 4 Abs 4 APG definieren Schwerarbeit im Wesentlichen gleich ('Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht wurden'; 'psychisch oder physisch besonders belastende Arbeitsbedingungen'). Der Sozialversicherungsgesetzgeber wollte offenbar einen einheitlichen Schwerarbeitsbegriff sowohl im Übergangs- als auch im Dauerrecht schaffen (...). Nach beiden Bestimmungen soll die Festlegung, welche Tätigkeiten als Schwerarbeit gelten, durch Verordnung erfolgen. Die beiden Verordnungsermächtigungen sehen dasselbe verordnungserlassende Organ vor (den damaligen Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz mit Zustimmung der Bundesregierung); für die Erlassung der Verordnung nach § 607 Abs 14 ASVG besteht eine Frist bis , also bis zum Inkrafttreten der Schwerarbeitspension nach § 4 Abs 3 APG. Schon daran zeigt sich, dass gesetzlich von einer einheitlichen Regelung von Schwerarbeit durch Verordnung ausgegangen wurde, die mit der Schwerarbeitsverordnung auch erfolgt ist (vgl. , wonach durch die Schwerarbeitsverordnung eine einheitliche Festlegung der Kriterien für das Vorliegen von Schwerarbeit unabhängig von der Anwendbarkeit des APG oder des ASVG bzw. des Parallelrechts erfolgt ist). Eine unterschiedliche gesetzliche Regelung von Schwerarbeit im APG einerseits und im ASVG und Parallelrecht andererseits wäre auch im Hinblick auf den Gleichheitssatz bedenklich, da Frauen bis einschließlich des Geburtsjahrganges 1963 nach § 607 Abs 14 ASVG und Parallelrecht noch vor Vollendung des 60. Lebensjahres in Schwerarbeitspension gehen können, sodass die Schwerarbeitspension nach § 4 Abs 3 APG, die erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres beansprucht werden kann, bis auf weiteres nur für Männer in Betracht kommt (Teschner/Widlar/Pöltner, ASVG, 101. Erg.-Lfg., Anm. 10 zu § 4 APG).

Die beiden Verordnungsermächtigungen unterscheiden sich allerdings im Detail voneinander: § 607 Abs 14 ASVG nennt die Berücksichtigung von berufskundlichen und arbeitsmedizinischen Gutachten, die Bedachtnahme auf die Liste der Berufskrankheiten nach der Anlage 1 zum ASVG und die Anhörung der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen als weitere Verordnungsdeterminanten; § 4 Abs 4 APG die Bedachtnahme auf einen gemeinsamen Vorschlag der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen der nach dem ASVG, GSVG, FSVG und BSVG pensionsversicherten Erwerbstätigen und als zwingenden Verordnungsinhalt Bestimmungen über die Meldung der Schwerarbeitszeiten.

Aus der Entstehungsgeschichte und dem offenkundigen Willen des Sozialversicherungsgesetzgebers, eine einheitliche Regelung von Schwerarbeit im Wege der Konkretisierung durch Verordnung zu schaffen, ergibt sich, dass die beiden Verordnungsermächtigungen als Einheit zu verstehen sind. Gesetzlich geregelt wurde in § 4 Abs 4 APG vor allem bzw. nur mehr, was sich aus § 607 Abs 14 ASVG noch nicht ergeben hat, nämlich eine verstärkte Einbeziehung bzw. Zusammenarbeit der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen im Verfahren der Verordnungserlassung ('Bedachtnahme' statt, bloßer 'Anhörung';

gemeinsamer Vorschlag) sowie ein bestimmter Verordnungsinhalt (Meldung der Schwerarbeitszeiten). Die gesetzlichen Vorgaben der beiden Verordnungsermächtigungen schließen einander auch nicht aus;

vielmehr bilden sie in ihrer Gesamtheit die gesetzliche Grundlage für die Erlassung der Verordnung nach § 4 Abs 4 APG.

1.4.2. Nach § 4 Abs 4 APG und unter Berücksichtigung des § 607 Abs 14 ASVG bestehen daher für die Festlegung in einer Verordnung, wann Schwerarbeit vorliegt, folgende gesetzliche Determinanten:

psychisch oder physisch besonders belastende Arbeitsbedingungen; ein gemeinsamer Vorschlag der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen der pensionsversicherten Erwerbstätigen; die Berücksichtigung von berufskundlichen und arbeitsmedizinischen Gutachten; die Bedachtnahme auf die Liste der Berufskrankheiten nach Anlage 1 zum ASVG. Eine solche Verordnung hat überdies Bestimmungen über die Meldung der Schwerarbeitszeiten zu enthalten.

1.5. Eine solche Verordnungsermächtigung entspricht dem Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG:

1.5.1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verlangt Art 18 B-VG einen 'dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad' (VfSlg. 13.785/1994); dafür hat sich der rechtswissenschaftliche Begriff 'differenziertes Legalitätsprinzip' etabliert. Nach Ansicht der Bundesregierung hängt auch im 'Sozialversicherungsrecht' das erforderliche Ausmaß der Vorherbestimmung des Verwaltungshandelns vom Gegenstand der Regelung ab (vgl. Lienbacher, Legalität im Sozialversicherungsrecht, in:

Kneihs/Lienbacher/Runggaldier [Hrsg.], Wirtschaftssteuerung durch Sozialversicherungsrecht? [2005] 357 [361, 372]; ...).

Allgemein geht der Verfassungsgerichtshof etwa davon aus, dass der Grundsatz der Vorherbestimmung verwaltungsbehördlichen Handelns nicht in Fällen überspannt werden darf, in denen ein rascher Zugriff und die Berücksichtigung vielfältiger örtlicher und zeitlicher Verschiedenheiten für eine sinnvolle und wirksame Regelung wesensnotwendig sind (VfSlg. 17.348/2004 mwN; besondere Bedeutung erlangt diese Rechtsprechung im Wirtschaftsrecht).

Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass vor dem Hintergrund eines so weiten und dynamischen Sachgebietes wie der 'Arbeitswelt' und der zahlreichen und höchst unterschiedlichen Erwerbstätigkeiten, die unter 'psychisch und physisch besonders belastenden Arbeitsbedingungen' ausgeübt werden können, die Anforderungen an den Grad der Determinierung einer gesetzlichen Regelung von Schwerarbeit nicht so hoch sein können wie etwa von Beiträgen (vgl. VfSlg. 4072/1961) oder Kostenbeteiligungen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass unterschiedliche Tätigkeiten innerhalb ein und desselben Berufsbildes je nach den tatsächlichen Anforderungen mehr oder weniger belastend sein können. Eine gesetzliche Regelung, die geeignet sein soll, tatsächlich geleistete Schwerarbeit umfassend zu erfassen, wird sich daher geradezu zwangsläufig auf die Vorgabe eines abstrakten, von der Vollziehung auszufüllenden Rahmens beschränken (vgl. Milisits, Neueste OGH- und EuGH-Judikatur. Bereich 'Sozialversicherung' sowie Neuregelungen:

'Hacklerregelung neu' bzw Langzeitversichertenregelung und 'Schwerarbeit, ZAS 2009, 102 [103 f]: 'Daher kann es keine 'Patentlösung' für diesen Themenbereich geben, nur allgemeine abstrakte Lösungsansätze'). Im Schrifttum wurde sogar vorgeschlagen, die Konkretisierung von Schwerarbeit den Kollektivvertragsparteien zu überlassen (Tomandl, Schwerarbeitspension, ZAS 2006, 1).

Für die gesetzliche Regelung von Schwerarbeit erscheint demnach ein Grad an Determinierung gegenstandsadäquat, der lediglich die Festlegung eines materiellen Rahmens für Schwerarbeit im pensionsversicherungsrechtlichen Kontext verlangt. Diesem Maßstab wird die angefochtene Bestimmung nach Auffassung der Bundesregierung gerecht:

1.5.2.a) Bei der Wortfolge 'psychisch und physisch besonders belastende Arbeitsbedingungen' handelt es sich um einen unbestimmten Gesetzesbegriff. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist die Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe im Zusammenhang mit Verordnungsermächtigungen verfassungsrechtlich unbedenklich, solange ein solcher Begriff noch eine Prüfung der Verordnung auf ihre inhaltliche Gesetzmäßigkeit ermöglicht (VfSlg. 10.296/1984, 10.313/1984 [zum Begriff 'volkswirtschaftlich gerechtfertigter Preis'], 12.393/1990 [zum Begriff 'technische und wasserwirtschaftliche Entwicklung']; vgl. auch VfSlg. 18.142/2007 [zum 'Stand der Technik']). Dies hat der Verfassungsgerichtshof auch für das Sozialversicherungsrecht anerkannt (VfSlg. 3267/1957 [zu den

Begriffen 'wenn sich infolge Arbeitslosigkeit ... die Notwendigkeit

hiezu herausstellt'], 4072/1961 [zu den Begriffen 'Deckung der Versicherungsleistungen', 'Verwaltungsausgaben' und 'Bildung der Reserven']).

Dabei sind zur Ermittlung des Gesetzesinhaltes alle Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Norm die in Art 18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (zB VfSlg. 18.142/2007 mwN).

b) Schon die in § 607 Abs 14 ASVG ausdrücklich angeordnete Bedachtnahme auf die Liste der Berufskrankheiten in Anlage 1 zum ASVG bietet einen wesentlichen Anhaltspunkt für die Festlegung von Schwerarbeit durch Verordnung. Es sollen solche Tätigkeiten erfasst werden, die aufgrund der mit ihnen verbundenen Belastung mit einem höheren Risiko von berufsbedingten Krankheiten verbunden sind (vgl. Pinggera, Schwerarbeitspension - Bilanz und Ausblick, DRdA 2010, 378 [379]). Die Gesetzesmaterialien zum Pensionsharmonisierungsgesetz, die von einem Zielwert von etwa 5 % der Erwerbstätigen ausgehen (RV 653 BlgNR 22. GP 9; ...), belegen, dass nur an besonders belastende Formen von Schwerarbeit gedacht war; so hat auch der Oberste Gerichtshof diesen unbestimmten Gesetzesbegriff verstanden (, , 10 ObS 103/10k; jeweils ohne Bedenken im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG). Die Gesetzesmaterialien zum Budgetbegleitgesetz 2003 führen beispielhaft Berufsbilder an (RV 59 BlgNR 22. GP 173; ...). Eine systematische Interpretation bestätigt, dass an besondere Belastungen während der Berufstätigkeit gedacht war, handelt es sich doch bei der Schwerarbeitspension neben der Korridorpension, auf die bereits nach Vollendung des 62. Lebensjahres ein Anspruch besteht (§4 Abs 2 APG), doch um die zweite Ausnahme vom Regelpensionsalter nach § 4 Abs 1 APG (vollendetes 65. Lebensjahr).

c) Hinsichtlich körperlicher Schwerarbeit hat der Sozialversicherungsgesetzgeber ein wissenschaftlich und gesetzlich einheitliches Begriffsbild vorgefunden, an das auch in der Schwerarbeitsverordnung angeknüpft wird:

Seit den 1980er-Jahren wird körperliche Schwerarbeit in der arbeitswissenschaftlichen Fachliteratur primär über den Arbeitsenergieumsatz sowie über den Zusammenhang von energetischer Belastung und Belastung des Herz-Kreislaufsystems und der Muskulatur definiert.

Grandjean, Physiologische Arbeitsgestaltung (1979) 79:

'Diese Arbeitskalorien kennzeichnen bei der Schwerarbeit das Ausmaß der körperlichen Beanspruchung und können als Grundlage für die Arbeitsbewertung, für die Berechnung von Erholungszuschlägen und für die Beurteilung der physiologischen Zweckmäßigkeit von Arbeitsgestaltung und Arbeitsgeräten dienen. In diesem Zusammenhang sei hier festgehalten, dass der Kalorienverbrauch nur ein Maß für die Schwere der körperlichen Arbeit ist. Er sagt jedoch nichts über die Beanspruchung des Geistes, über Anforderungen an die Wahrnehmung, an die Konzentration oder an die Geschicklichkeit und auch nichts über besondere körperliche Belastungen, wie etwa Hitze oder einseitige statische Beanspruchungen. Deshalb soll der Energieverbrauch nur zur Beurteilung von anstrengenden körperlichen Arbeiten herangezogen werden, dagegen nicht zur Untersuchung von geistigen Tätigkeiten oder Geschicklichkeitsarbeiten.'

Hettinger/Wobbe, Kompendium der Arbeitswissenschaft (1993) 113:

'Der Arbeitsumsatz spiegelt im Wesentlichen die muskuläre Belastung durch die berufliche Arbeit wider. Er entscheidet häufig den Begriff der jeweiligen Arbeitsschwere. Die Stufung der Arbeitsgrenzen ist willkürlich gesetzt und u. U. unterschiedlich zwischen einzelnen Autoren. Diese Stufeneinteilung liegt in der Praxis zwischen 3 Stufen leicht - mittel - schwer bis zu 7 oder 9 Stufen. [...] Unter der Voraussetzung, dass mittelgroße Muskelgruppen zum Einsatz kommen, dass die Arbeit weitgehend frei ist von statischer Muskelkraft, Klima und auch psychischen Belastungen, besteht auch eine positive Korrelation des Energieumsatzes zur Kreislaufbelastung.'

Landau, Lexikon Arbeitsgestaltung (2007) 743:

'Zur Schwerarbeit gehören die Tätigkeiten, die große körperliche Anstrengungen erfordern. Die schwere Körperarbeit wird als Arbeit definiert, die den gleichzeitigen Einsatz großer Muskelgruppen erfordert, also mit einem Einsatz von mehr als 60 % der Skelettmuskelmasse einher geht. Das manuelle Heben und Tragen von schweren Lasten ist ausgesprochen schwere dynamische Muskelarbeit in Verbindung mit statischer Halte- und Haltungsarbeit und gehört wegen der großen Kraftanforderung sowie belastenden Körperhaltungen zur körperlichen Schwerarbeit.'

In Übereinstimmung mit diesen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen wird 'schwere körperliche Arbeit' seit der Novelle BGBl. Nr. 473/1992 in ArtVII Abs 2 Z 10 des Nachtschwerarbeitsgesetzes - NSchG, BGBl. Nr. 354/1981, unter Abstellen auf den Arbeitsenergieumsatz definiert ('Schwere körperliche Arbeit ist gegeben, wenn bei einer achtstündigen Arbeitszeit mindestens 2000 Arbeitskalorien verbraucht werden'); nach den Gesetzesmaterialien ist Schwerarbeit neben einem hohen Energieverbrauch auch durch eine starke Beanspruchung des Atmungs- und Kreislaufsystems gekennzeichnet (RV 597 BlgNR 18. GP 9). Dass diese gesetzliche Bestimmung offenbar Vorbildfunktion für die Schwerarbeitspension hatte, zeigt sich an ihrer Übernahme in § 1 Abs 1 Z 4 Schwerarbeitsverordnung.

1.5.3. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann ein geringeres Maß an gesetzlicher Determination durch Verfahrensregelungen betreffend die Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen des Verordnungsgebers kompensiert werden (vgl. VfSlg. 12.687/1991, 14.041/1995, 14.941/1997, 17.854/2006; so genannte 'Legitimation durch Verfahren'). Es kann dahinstehen, ob die Festlegung von Schwerarbeit einem jener Sachgebiete gleichgehalten werden kann, auf die sich diese Rechtsprechung bisher bezogen hat. Jedenfalls enthält die Verordnungsermächtigung des § 4 Abs 4 APG iVm.

§607 Abs 14 ASVG verfahrensrechtliche Vorkehrungen, die die materiellen Vorgaben ergänzen.

Die verordnungserlassende Behörde hat auf einen gemeinsamen Vorschlag der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen der pensionsversicherten Erwerbstätigen Bedacht zu nehmen. Diese verfügen auf Grund ihres gesetzlichen Auftrages (Wahrnehmung der Interessen der Dienstnehmer und Dienstgeber bzw. der jeweiligen Berufsgruppe) über besonderes Fachwissen betreffend die Arbeitsbedingungen der pensionsversicherten Erwerbstätigen. Die Einholung berufskundlicher und arbeitsmedizinischer Gutachten gewährleistet eine Ermittlung der fachlichen Grundlagen von Schwerarbeit entsprechend dem Stand von Wissenschaft und Technik.

Diese verfahrensrechtlichen Vorkehrungen bieten zum einen Gewähr dafür, dass sich die verordnungserlassende Behörde innerhalb der materiellen gesetzlichen Vorgaben hält und stellen zum anderen sicher, dass ihre Entscheidungsgrundlagen in ausreichendem Maß sichtbar und für den Verfassungsgerichtshof nachprüfbar sind.

1.6. Soweit der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit einer von ihm so bezeichneten 'Wesentlichkeitstheorie' vorbringt, durch die angefochtene Gesetzesbestimmung würde die wesentliche politische Entscheidung, wer Schwerarbeit leiste, an den Verordnungsgeber delegiert, ist dem Folgendes entgegen zu halten:

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist die Verwendung von unbestimmten Gesetzesbegriffen (...), aber auch die Einräumung von Ermessen an die Verwaltung an sich zulässig (vgl. die Nw bei Rill, aaO, Rz 62 ff). Durch solche Rechtstechniken werden der Verwaltung zwangsläufig Entscheidungsspielräume eröffnet. Die Bundesregierung vermag nicht zu erkennen, dass sich aus der vom Obersten Gerichtshof in diesem Zusammenhang angeführten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes besondere bzw. andere als die allgemeinen Vorgaben für die von Art 18 B-VG geforderte gesetzliche Determinierung ergeben würden. In diesen Erkenntnissen befand der Verfassungsgerichtshof, dass die gesetzlichen Verordnungsermächtigungen - im Rahmen des für den jeweiligen Sachbereich anzulegenden Determinierungsmaßstabes - überhaupt keine Anhaltspunkte für die durch Verordnung zu treffende Planungsentscheidung (VfSlg. 14.256/1995) bzw. keine Grundsätze für die Gestaltung von Tarifen durch Verordnung enthielten (VfSlg. 15.888/2000; vgl. aber das bereits zitierte Folgeerkenntnis VfSlg. 17.348/2004). Auch aus diesen Erkenntnissen ergibt sich nur, dass sich das erforderliche Ausmaß der gesetzlichen Determinierung einer Verordnungsermächtigung, wie bereits dargelegt (...), nach dem Gegenstand der Regelung richtet. Dass § 4 Abs 4 APG iVm. § 607 Abs 14 ASVG aber die für die Regelung des Gegenstandes (Schwerarbeit) erforderlichen gesetzlichen Vorgaben enthält, wurde bereits dargetan

(...).

2. Aus Sicht der Bundesregierung erweisen sich daher § 4 Abs 3 und 4 APG in der Zusammenschau mit § 607 Abs 14 ASVG vor dem Hintergrund eines einheitlichen Schwerarbeitsbegriffs, angesichts des Regelungsgegenstandes, des wissenschaftlichen und gesetzlichen Begriffsbildes von Schwerarbeit sowie des vor Erlassung der Verordnung einzuhaltenden Verfahrens durch die Bedachtnahme auf einen gemeinsamen Vorschlag bestimmter gesetzlicher beruflicher Interessenvertretungen als hinreichend determiniert." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

1.3. Der Verfassungsgerichtshof vermag die Bedenken der antragstellenden Gerichte ob der hinreichenden Determinierung des Verordnungsgebers durch das Gesetz nicht zu teilen:

1.3.1. Nach der Bundesverfassung (Art18 Abs 2 B-VG) sind Verordnungen nur "auf Grund der Gesetze" zu erlassen. Das heißt, dass eine Verordnung bloß präzisieren darf, was in den wesentlichen Konturen bereits im Gesetz selbst vorgezeichnet wurde (s. etwa VfSlg. 11.639/1988 und die dort zitierte Vorjudikatur sowie VfSlg. 14.895/1997). Soll ein Gesetz mit Durchführungsverordnung vollziehbar sein, müssen daraus also alle wesentlichen Merkmale der beabsichtigten Regelung ersehen werden können (Prinzip der Vorausbestimmung des Verordnungsinhaltes durch das Gesetz:

VfSlg. 4644/1964, 4662/1964, 5373/1966, 7945/1976); eine bloße formalgesetzliche Delegation, die der Verwaltungsbehörde eine den Gesetzgeber supplierende Aufgabe zuweist, stünde mit Art 18 Abs 1 (und 2) B-VG in Widerspruch (s. zB VfSlg. 4072/1961, 14.512/1996 und 16.902/2003 sowie VfSlg. 17.476/2005).

Bei der Ermittlung des Inhalts des Gesetzes sind alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen: Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Norm die in Art 18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl. VfSlg. 8395/1978, 11.639/1988, 14.644/1996, 15.447/1999 und 16.137/2001).

1.3.2. Der Bundesregierung ist zunächst darin zuzustimmen, dass die Verordnungsermächtigung des § 4 Abs 4 APG gemeinsam mit jener des § 607 Abs 14 ASVG zu lesen ist, da den Materialien zu beiden Bestimmungen und ihrer Novellen kein Hinweis darauf zu entnehmen ist, dass der Begriff der Schwerarbeit im APG einen anderen Begriffsinhalt haben sollte als jener nach § 607 Abs 14 ASVG. Es kommt daher darauf an, ob die Schwerarbeitsverordnung durch beide Bestimmungen gemeinsam hinreichend determiniert ist.

1.3.3. Der Gesetzgeber determiniert die Verordnung in § 607 Abs 14 ASVG und in § 4 Abs 4 APG zunächst unter Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. In zentralen Bereichen der Rechtsordnung verwendet der Gesetzgeber angesichts der Vielfalt der zu erfassenden Sachverhalte seit jeher unbestimmte Rechtsbegriffe, die auf gesellschaftliche Verhaltensmuster und -regeln zurückgreifen. Ein Anknüpfen des Gesetzgebers an solche "außerrechtliche Verhaltensmuster und -regeln" (VfSlg. 13.785/1994) wäre nur insoweit unzulässig, als diese Begriffe für sich allein oder im Hinblick auf die Ziele des Gesetzes derart unbestimmt wären, dass etwa eine befriedigende Auslegung (vgl. VfSlg. 13.785/1994) oder die Unterscheidung der zB unter den Begriff Schwerarbeit fallenden Tätigkeiten von jenen, bei denen dies nicht der Fall ist (vgl. zB das zum Naturschutzrecht ergangene Erkenntnis VfSlg. 13.301/1992), nicht möglich wäre.

1.3.4. Dies ist aber hier nicht der Fall:

1.3.4.1. Durch die in § 607 Abs 14 ASVG und § 4 Abs 4 APG enthaltene Wendung "Tätigkeiten, die unter körperlich (§4 Abs 4 APG: 'physisch') oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht wurden" werden Tätigkeiten umschrieben, bei denen die belastenden Bedingungen "besondere", dh. von einer den Durchschnitt der physischen und psychischen Anforderungen des Arbeitslebens beträchtlich übersteigenden Natur sein müssen.

1.3.4.2. Auf welche Tätigkeiten dies zutrifft, ist durch ein vom Gesetzgeber dem Verordnungsgeber vorgeschriebenes Verfahren festzustellen: Die im Gesetz angeordnete Berücksichtigung von berufskundlichen und arbeitsmedizinischen Gutachten setzt - soweit nicht auf vorhandene Untersuchungen aus diesen Fachgebieten zurückgegriffen werden kann - deren Einholung durch die verordnungserlassende Behörde voraus. Zum Ergebnis dieser Gutachten sind sodann die gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen zu hören und letztendlich hat die verordnungserlassende Stelle auch auf die Liste der Berufskrankheiten (Anlage 1 zum ASVG) sowie gemäß § 4 Abs 4 APG auf einen gemeinsamen Vorschlag der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen der nach dem ASVG, GSVG, FSVG und BSVG pensionsversicherten Erwerbstätigen Bedacht zu nehmen.

1.3.4.3. Die Bedachtnahme auf die Liste der Berufskrankheiten ist - angesichts dessen, dass Berufskrankheiten aus psychischen Ursachen darin nicht vorkommen - so zu verstehen, dass als Tätigkeiten unter körperlich besonders belastenden Bedingungen nicht nur solche zu verstehen sind, bei denen der Muskel-, Sehnen- und Stützapparat des Körpers besonders intensiv beansprucht wird, sondern auch solche, bei denen der Körper ständig Schadstoffen (zB chemischen Stoffen, ionisierenden Strahlen oder deren Verbindungen, Staub, Asbest und dgl.) oder physikalischen Einwirkungen (Erschütterung, Druckluft) ausgesetzt ist, von denen anerkannt ist, dass sie zu Berufskrankheiten führen können, sodass die körperliche Belastung in einer Gesundheitsgefährdung besteht.

1.4. Der Begriff der Schwerarbeit wird daher zulässigerweise einerseits durch unbestimmte Rechtsbegriffe, andererseits durch die Einhaltung eines bestimmten Verfahrens determiniert. Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass es der verordnungserlassenden Behörde auf Grund dieser Vorgaben nicht möglich sein sollte, mit sachverständiger Hilfe eine Liste von Arbeitsbedingungen zu erstellen, die den gesetzlichen Vorgaben für den Begriff der Schwerarbeit entsprechen und die sich von anderen Arbeitsbedingungen unterscheiden lassen, bei denen dies nicht zutrifft. Die Vielfalt der tatsächlichen Erscheinungen wird gewiss Grenzfälle enthalten, aber darin unterscheidet sich dieser auslegungsbedürftige Rechtsbegriff nicht von anderen Begriffen der Rechtsordnung (wie zB "Lärm" - s. VfSlg. 11.926/1988 - oder "wichtige dienstliche Interessen" - s. VfSlg. 14.573/1996; vgl. zu den Begriffen der "soziale Härte" und der "besonderen Verhältnisse der Vertragspartner" im Sozialversicherungsrecht VfSlg. 10.158/1984). Ein Verstoß der angefochtenen Bestimmungen der § 4 Abs 3 und 4 APG gegen das Determinierungsgebot des Art 18 B-VG liegt daher nicht vor.

2. Zu den Bedenken ob der Gesetzwidrigkeit von § 1 Abs 1 Z 4, § 3 und der Anlage zur Verordnung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten (Schwerarbeitsverordnung), BGBl. II Nr. 104/2006:

2.1. Seine Bedenken gegen diese Bestimmungen formulierte der Oberste Gerichtshof im zu V13/11 protokollierten Verfahren (und ihm folgend das Oberlandesgericht Graz) wie folgt:

"6.4. Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Unklarheit ergibt

sich ... aus der widersprüchlichen Definition der 'schweren

körperlichen Arbeit' durch § 1 Abs 1 Z 4 der Verordnung einerseits und § 3 iVm der Anlage zur Verordnung andererseits: Während § 1 Abs 1 Z 4 der Verordnung ausschließlich auf den Kalorienverbrauch abstellt, geht die Anlage von einer komplexeren Definition aus, bei der die energetische Belastung nur eines von mehreren Kriterien ist. Somit ist unklar, welche Rolle den anderen in der Anlage angeführten Kriterien (Herz- und Kreislaufbelastung, Belastung des passiven und aktiven Stütz- und Bewegungsapparats, also der Knochen und Gelenke sowie der Sehnen und Muskeln) zukommt. Wenn daher Schwerarbeit aufgrund einer dieser Belastungen auch bei niedrigerem Kalorienverbrauch festgestellt werden kann, widerspricht dies der ihrem Wortlaut nach taxativen Aufzählung der Schwerarbeitstatbestände in § 1 der Verordnung. Außerdem bleibt unklar, inwieweit die Belastungsgrenzen (2.000 kcal bzw 1.400 kcal) beim Hinzukommen anderer Elemente unterschritten werden dürfen.

Derart undeutliche Elemente einer Norm, die nicht durch Auslegung bereinigt werden können, stellen nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip dar (vgl VfSlg 12.420/1990 ['Denksporterkenntnis']).

7. Zur Verletzung des Gleichheitssatzes:

7.1. Eine Verordnung verletzt den Gleichheitsgrundsatz, wenn sie auf einem gleichheitswidrigen Gesetz beruht oder selbst eine Differenzierung vornimmt, die sachlich nicht gerechtfertigt ist (VfSlg 10.492/1985, 13.482/1993). Die Schwerarbeitsverordnung muss somit dem gleichen Sachlichkeitsstandard entsprechen wie ihre gesetzlichen Grundlagen. Der Rückgriff auf eine Durchschnittsbetrachtung ist dem Gesetz- und Verordnungsgeber grundsätzlich nicht verwehrt (VfSlg 16.744/2002). Auch Härtefälle können in Kauf genommen werden, wenn nur insgesamt eine sachliche Regelung vorliegt.

7.2. Auf der Grundlage der (auch vom Kläger und in der Literatur nicht substanziell bestrittenen) Prämisse, dass der 'Grundumsatz' bei einem Mann um ca 20 % höher liegt als bei einer Frau, beruht die in § 1 Abs 1 Z 4 der Schwerarbeitsverordnung enthaltene geschlechtsspezifische Differenzierung bei den 'Arbeitsenergieumsatz-Richtwerten' auf objektiven Kriterien im Sinne einer Durchschnittsbetrachtung, sodass dagegen im Licht des Gleichheitssatzes grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

7.3. Bedenken bestehen unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes allerdings gegen die nach § 1 Abs 1 Z 4 der Schwerarbeitsverordnung alleinige Maßgeblichkeit der Energieumsatzmethode. So wird der berufsbedingte Kalorienverbrauch nicht nur durch die berufliche Tätigkeit bestimmt, sondern er ist auch von anderen Parametern, wie zB dem jeweiligen Körpergewicht, abhängig. Nicht alle Menschen sind gleich und sie verbrauchen bei der Arbeit auch nicht gleich viele Kalorien. Eine genaue Erfassung des individuellen Kalorienverbrauchs ist jedoch in der Praxis nicht möglich, weil dafür objektive, am konkreten Arbeitsplatz messbare Indikatoren fehlen. Darüber hinaus beeinflussen neben der Art der Arbeit auch verschiedene weitere Faktoren wie beispielsweise die Arbeitsgeschwindigkeit, Geschicklichkeit, Arbeitsbedingungen, Arbeitsabläufe, Unterstützung durch Arbeitsgeräte, Pausenregelungen usw den Energieumsatz. Auch diese weiteren Faktoren lassen sich nicht erfassen. Nicht erfasst werden weiters Belastungen durch statische Haltearbeit, Monotoniebelastung, Umwelteinflüsse wie Lärm, Staub, Gase, Dämpfe und Expositionen; auch psychische Belastungen und geistige Arbeit lassen sich mit dem Energieumsatz nicht beurteilen (Panhölzl, DRdA 2009, 107 f).

Besonders problematisch erscheint die in jedem Fall notwendige Beurteilung von Schwerarbeitszeiten in Bezug auf Sachverhalte, die sich vor dem Inkrafttreten der Schwerarbeitsverordnung mit verwirklicht haben, weil diese Schwerarbeitszeiten in der Vergangenheit nicht erfasst wurden. Die täglichen Arbeitsabläufe in der Vielschichtigkeit der Einflussfaktoren und der Unterschiedlichkeit der täglichen Anforderungen können nämlich für die Vergangenheit im Sinne eines 'Arbeitstagebuches' als Beschreibung der Arbeitsanforderungen jedes einzelnen Tages nicht einmal annähernd dargestellt werden. Es lässt sich daher auch der individuelle Kalorienverbrauch eines Versicherten in den letzten 20 Jahren vor dem Stichtag praktisch nicht mehr feststellen (Panhölzl, DRdA 2009, 108; Tomandl, ZAS 2006, 1), womit aber dessen Eignung als sachliches Kriterium für das Vorliegen von Schwerarbeit fraglich ist. Es wird sich daher bei der gebotenen Einzelfallbeurteilung für die Vergangenheit nur in Ausnahmefällen verlässlich feststellen lassen, ob jemand tatsächlich Schwerarbeit geleistet hat.

Um die Feststellung von Schwerarbeitszeiten überhaupt zu ermöglichen, geht der Verordnungsgeber in der Anlage zur Verordnung (vgl deren letzten Absatz) von einer Durchschnittsbetrachtung aus, die auf typische Tätigkeiten in bestimmten Berufsfeldern abstellt. Unterschiede, die sich beim Kalorienverbrauch von Mensch zu Mensch erfahrungsgemäß ergeben, bleiben dabei unberücksichtigt. Ein einzelfallbezogener Nachweis ist nur im Rahmen des individuellen arbeitsmedizinischen Gutachtens möglich, das etwa auch im vorliegenden Fall auf eine für das Berufsbild 'Koch' überdurchschnittliche Belastung von 5.832 kJ geschlossen hat. Im Durchschnittsfall macht aber der zwingende Vergangenheitsbezug über eine längere Periode einen individuellen Nachweis sehr schwer, sodass der Versicherte in der Regel auf die Beweisführung mittels Durchschnittsbetrachtung angewiesen ist, die wiederum weder auf die Unterschiede im Kalorienverbrauch zwischen den einzelnen Menschen noch auf die Arbeitsbedingungen im weitesten Sinn (Arbeitsgeschwindigkeit, Geschicklichkeit, Arbeitsabläufe, Gerätegestaltungen etc) Rücksicht nehmen kann.

7.4. Bedenken in Richtung einer unsachlichen Ungleichbehandlung bestehen weiters aus einem Vergleich mit den übrigen in § 1 der Verordnung angeführten Tatbeständen. In § 1 werden - nach der gesetzgeberischen Intention taxativ - nebeneinander stehende Einzeltatbestände aufgezählt, die sehr unterschiedliche Fälle von Belastungen umschreiben und nicht durch eine Generalklausel ergänzt werden. Es besteht daher kein Spielraum dafür, auch einen Sachverhalt, der verglichen mit den aufgezählten Tatbeständen als im Wesentlichen gleichwertig erscheint, als Schwerarbeit einzuordnen.

Auch eine Kumulation der Tatbestände ist nur beschränkt möglich: So führt etwa Arbeit mit hohem Kalorienverbrauch, die überdies teilweise nachts verrichtet wird, nicht zur Anerkennung eines Schwerarbeitsmonats, wenn die Mindesterfordernisse für die gesonderten Tatbestandsumschreibungen (§1 Abs 1 Z 1 bzw Z 4 der Verordnung) nicht erreicht werden (Milisits, Schwerarbeitsverordnung. Ein Leitfaden für die Praxis [2008] 22). Im Fall eines Kochs könnte etwa die Unterschreitung der 2.000-kcal-Grenze nicht mit der festgestellten Einwirkung von Hitze und Kälte kompensiert werden, welche erst bei höherer Intensität für sich den Tatbestand nach § 1 Abs 1 Z 2 der Schwerarbeitsverordnung erfüllen würde (vgl Milisits, ZAS 2009, 103). Nicht mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist auch die Privilegierung der unregelmäßigen Nachtarbeit: Neben der Begünstigung durch das NSchG werden Personen, die unregelmäßige Nachtarbeit geleistet haben, ohne weitere Erfordernisse als Schwerarbeiter eingestuft (Milisits, Besonders belastende Erwerbstätigkeiten [Dissertation] 58)." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

2.2. Zusätzlich bringt das Oberlandesgericht Graz Folgendes vor:

"Im vorliegenden Fall ergibt sich eine weitere Unklarheit in der Auslegung des § 1 Abs 1 Z 2 [gemeint wohl: Z 4] der Schwerarbeitsverordnung dahingehend, dass diese vom Wortlaut der Verordnung her auf eine achtstündige Arbeitszeit Bezug nimmt. Die in der Anlage zur Schwerarbeitsverordnung festgehaltene Bewertungsmethode von Tätigkeiten als Schwerarbeit nach der energetischen Belastung bezieht in 2.1. die Arbeitsenergieumsatz-Grenzen auf einen Tag, wobei sich der Arbeitsenergieumsatz aus dem Gesamtenergieumsatz pro Arbeitstag abzüglich des Grundenergieumsatzes (differiert vor allem in Abhängigkeit von Körpergewicht), dem Freizeitenergieumsatz, der je nach Freizeit-Aktivität unterschiedlich ist und einem kleinen Anteil für Energieverluste ergibt. Für die Festlegung der Schwerarbeits-Grenze ist die Lage der 'energetischen Dauerleistungsgrenze', die mit dem Tages-Arbeitsenergieumsatz gleichzusetzen ist, von Bedeutung. Sie liegt für Männer bei

8.374 Kilojoule (2.000 Kilokalorien) pro Tag, für Frauen bei

5.862 Kilojoule (1.400 Kilokalorien) pro Tag (gerundete Durchschnittswerte).

Selbst wenn daher eine Durchschnittsbetrachtung anzustellen ist, ist nicht klar ersichtlich, auf welche Arbeitszeit der Kalorienverbrauch zu beziehen ist: Ist der gesamte Arbeitstag zu berücksichtigen, nämlich mit sämtlichen verrichteten Arbeitsstunden oder hat eine Umrechnung auf eine achtstündige Arbeitszeit zu erfolgen. Auch in diesem Punkt erscheint daher die Schwerarbeitsverordnung in sich widersprüchlich." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

2.3. Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz trat diesen Bedenken in folgender Weise entgegen:

"1. Zu den Bedenken hinsichtlich des Rechtsstaatsprinzips

Hier gilt es, folgende Frage zu beantworten:

Werden in der Begriffsbestimmung 'schwere körperliche Arbeit' nach § 1 Abs 1 Z 4 der Schwerarbeitsverordnung alle in der Anlage zur Verordnung angeführten Kriterien oder nur die energetische Belastung berücksichtigt?

Einleitend muss gesagt werden, dass der Oberste Gerichtshof offenbar von der Grundannahme ausgeht, körperliche Schwerarbeit sei klar definiert und es gelte die Frage zu beantworten, ob der Energieumsatz das geeignete Kriterium sei, um dies zu beurteilen. Im Gegensatz dazu wird allerdings körperliche Schwerarbeit in der Literatur und in gesetzlichen Vorschriften durch das Vorliegen des Kriteriums 'Energieumsatz (Arbeitskalorien) über 2 000 kcal' definiert.

Hervorzuheben ist, dass die Begriffsbestimmung für schwere körperliche Arbeit nicht für die Schwerarbeitsverordnung neu entwickelt wurde, sondern aus ArtVII Abs 2 Z 10 des Nachtschwerarbeitsgesetzes, BGBl. Nr. 354/1981, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 473/1992 übernommen und gendergerecht adaptiert worden ist. Aus den Gesetzesmaterialien zur NSchG-Novelle BGBl. Nr. 473/1992 geht hervor, dass Schwerarbeit neben einem hohen Energieverbrauch auch durch eine starke Beanspruchung des Atmungs- und Kreislaufsystems gekennzeichnet ist (vgl. RV 597 BlgNR 18. GP 9).

Zur Beurteilung der körperlichen Schwerarbeit wird also schon seit den 1990er Jahren auf gesetzlicher Basis auf den Arbeitsenergieumsatz abgestellt. Es war daher für die verordnungserlassende Behörde stringent, auf diese bereits bestehende Regelung Bezug zu nehmen, insbesondere weil sich durch § 4 Abs 3 APG sowie § 607 Abs 14 ASVG und das Parallelrecht die Beurteilung von Schwerarbeit auch auf die Vergangenheit zu beziehen hat.

§ 1 Abs 1 Z 4 der Schwerarbeitsverordnung stellt weder eine abnoch eine ausschließende Regelung dar, sondern bildet - auf ein und derselben Rechtsstufe - zusammen mit § 3 der Schwerarbeitsverordnung und der Anlage zu dieser Verordnung den gemeinsamen normativen Inhalt zur Beurteilung von körperlicher Schwerarbeit.

§ 1 Abs 1 Z 4 der Schwerarbeitsverordnung definiert 'schwere körperliche Arbeit' relativ einfach und präzise. Diese liegt dann vor, wenn bei einer achtstündigen Arbeitszeit von Männern mindestens 8 374 Arbeitskilojoule (2 000 Arbeitskilokalorien) und von Frauen mindestens 5 862 Arbeitskilojoule (1 400 Arbeitskilokalorien) verbraucht werden.

Nach § 3 der Schwerarbeitsverordnung ist nach den in der Anlage zur Verordnung festgeschriebenen Grundsätzen festzustellen, ob eine bestimmte Tätigkeit als schwere körperliche Arbeit gilt. Damit wurde eine präzise Beurteilungsmethode des für 'schwere körperliche Arbeit' nach § 1 Abs 1 Z 4 ausschlaggebenden Kalorienverbrauches festgelegt.

Um die Energieumsatzmethode in § 1 Abs 1 Z 4 der Verordnung weiter 'abzurunden', ist über § 3 der Verordnung eine Ergänzung des Grundtatbestandes durch die Anlage zur Verordnung vorgesehen. Dies entspringt in erster Linie einer normökonomischen Vorgangsweise des Verordnungsgebers: Hätte er nämlich sämtliche Parameter in die Normierung der Tatbestände nach § 1 der Verordnung aufgenommen, so wären diese in diesem Punkt gesprengt und unleserlich geworden.

In der Anlage zur Schwerarbeitsverordnung werden die folgenden Kriterien für die Einstufung von beruflichen Tätigkeiten als schwere körperliche Arbeit angeführt:

* energetische Belastung,

* Herz- und Kreislaufbelastung und

* Belastung des passiven und aktiven Stütz- und Bewegungsapparates.

'Schwerarbeit' ist an sich kein wissenschaftlicher Begriff, dennoch gibt es in älterer und neuerer Literatur weitgehend übereinstimmende Aussagen dazu.

In Grandjean, 'Physiologische Arbeitsgestaltung', 1979, ist auf Seite 79 zu lesen:

'Diese Arbeitskalorien kennzeichnen bei der Schwerarbeit das Ausmaß der körperlichen Beanspruchung und können als Grundlage für die Arbeitsbewertung, für die Berechnung von Erholungszuschlägen und für die Beurteilung der physiologischen Zweckmäßigkeit von Arbeitsgestaltung und Arbeitsgeräten dienen. In diesem Zusammenhang sei hier festgehalten, dass der Kalorienverbrauch nur ein Maß für die Schwere der körperlichen Arbeit ist. Er sagt jedoch nichts über die Beanspruchung des Geistes, über Anforderungen an die Wahrnehmung, an die Konzentration oder an die Geschicklichkeit und auch nichts über besondere körperliche Belastungen, wie etwa Hitze oder einseitige statische Beanspruchungen. Deshalb soll der Energieverbrauch nur zur Beurteilung von anstrengenden körperlichen Arbeiten herangezogen werden, dagegen nicht zur Untersuchung von geistigen Tätigkeiten oder Geschicklichkeitsarbeiten.'

Bei Hettinger/Wobbe, 'Kompendium der Arbeitswissenschaft', 1993, ist auf Seite 113 zu finden:

'Der Arbeitsumsatz spiegelt im Wesentlichen die muskuläre Belastung durch die berufliche Arbeit wider. Er entscheidet häufig den Begriff der jeweiligen Arbeitsschwere. Die Stufung der Arbeitsgrenzen ist willkürlich gesetzt und u. U. unterschiedlich zwischen einzelnen Autoren. Diese Stufeneinteilung liegt in der Praxis zwischen 3 Stufen leicht - mittel - schwer bis zu 7 oder 9 Stufen. [...] Unter der Voraussetzung, dass mittelgroße Muskelgruppen zum Einsatz kommen, dass die Arbeit weitgehend frei ist von statischer Muskelkraft, Klima und auch psychischen Belastungen, besteht auch eine positive Korrelation des Energieumsatzes zur Kreislaufbelastung.'

Landau definiert im 'Lexikon Arbeitsgestaltung', 2007, körperliche Schwerarbeit auf Seite 743 wie folgt:

'Zur Schwerarbeit gehören die Tätigkeiten, die große körperliche Anstrengungen erfordern. Die schwere Körperarbeit wird als Arbeit definiert, die den gleichzeitigen Einsatz großer Muskelgruppen erfordert, also mit einem Einsatz von mehr als 60 % der Skelettmuskelmasse einher geht. Das manuelle Heben und Tragen von schweren Lasten ist ausgesprochen schwere dynamische Muskelarbeit in Verbindung mit statischer Halte- und Haltungsarbeit und gehört wegen der großen Kraftanforderung sowie belastenden Körperhaltungen zur körperlichen Schwerarbeit.'

Aus den oben angeführten Begriffsbestimmungen geht hervor, dass körperliche Schwerarbeit in der einschlägigen Fachliteratur über den Energieumsatz und den Zusammenhang von energetischer Belastung, Belastung des Herz-, Kreislaufsystems und der muskulären Belastung definiert wird.

Bei körperlicher Schwerarbeit werden also große Muskelgruppen eingesetzt, die über das Blut mit Nährstoffen versorgt werden. Je größer die Beanspruchung der Muskeln, desto mehr Blut wird für die Versorgung benötigt. Daraus ergibt sich, dass das Blut schneller im Körper zirkulieren muss und somit die Pumpleistung des Herzens über eine Erhöhung der Schlagzahl vergrößert wird. Demnach kann in Teilbereichen die Herzfrequenz ('Arbeitspulse') auch als Maß für die körperliche Beanspruchung herangezogen werden.

Sonderformen von körperlichen Belastungen wie zum Beispiel die statische Muskelarbeit werden durch den Energieverbrauch und die Herzfrequenz nicht oder unzureichend abgebildet.

Für die Beurteilung von Schwerarbeit (durch berufskundliche Gutachten) werden daher neben der Art der Arbeit auch die Körperstellungen bzw. -haltungen und -bewegungen für die Berechnung des Energieumsatzes herangezogen. Die Körperstellungen und -bewegungen stehen im Zusammenhang mit der Belastung des Muskel- und Skelettsystems. Auch die Art der Arbeit steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Belastung des Muskel- und Skelettsystems.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der äußerst komplexe Begriff 'schwere körperliche Arbeit' zwar alle in der Anlage zur Schwerarbeitsverordnung angeführten Kriterien enthält, diese aber allein im Wege der Energieumsatzmethode messbar dargestellt werden können. Eine 'Regelungsunklarheit' kann darin nicht erkannt werden.

Alle in der Anlage genannten Parameter fließen in die Beurteilung des Energieverbrauches ein. Die Richtschnur bleibt immer der Energieverbrauch, die zusätzlichen Faktoren (Herz- und Kreislaufbelastung, Belastung des Stütz- und Bewegungsapparates) werden von der rechtsanwendenden/begutachtenden Stelle zur Erhöhung des Energieverbrauches 'umgerechnet', das heißt es ist in derartigen Fällen nicht vom Erfordernis eines niedrigeren Energieverbrauches nach dem Grundtatbestand auszugehen, sondern es wird bei bestimmten Belastungen zum Durchschnittsverbrauch ein bestimmter Kalorienbetrag hinzugerechnet.

Diese Methode trägt den Vorgaben des § 1 Abs 1 Z 4 der Verordnung Rechnung; der vom Obersten Gerichtshof angenommene Widerspruch liegt somit nicht vor. Der Energieumsatz wird durch die weiteren in der Anlage vorgesehenen Kriterien flankiert, die zur besseren Messbarkeit in Kalorien umgewandelt werden, das heißt den Energieumsatz erhöhen.

Im Verhältnis des § 1 Abs 1 Z 4 der Verordnung (Grundtatbestand) zu § 3 der Verordnung und der Anlage (Ergänzung und nähere Ausführung - bis hin zum Verfahren, das heißt der Vorgangsweise bei der Feststellung der schweren körperlichen Arbeit) kann somit keine Widersprüchlichkeit bzw. kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip gesehen werden.

2. Zu den Bedenken hinsichtlich des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes

Hier sind die unter 2.1 und 2.2 formulierten Fragen zu beantworten.

2.1. Wie wird das Abstellen auf den - in aller Regel nicht individuell feststellbaren - Kalorienverbrauch in der Vergangenheit und auf die faktische Ermittlung nach fiktiven Durchschnittswerten sachlich gerechtfertigt?

Unter Punkt 1. wurde bereits gesagt, welche Bedeutung der Energieumsatzmethode nach § 1 Abs 1 Z 4 der Schwerarbeitsverordnung zukommt: Diese Methode ermöglicht es, alle für die Einstufung einer beruflichen Tätigkeit als schwere körperliche Arbeit heranzuziehenden Kriterien (siehe den zweiten Absatz zu Punkt 1. der Anlage zur Verordnung) messbar darzustellen.

§ 1 der Schwerarbeitsverordnung definiert die Tätigkeiten, die als besonders belastend gelten, in der Weise, dass die abstrakten Begriffe des Gesetzes - 'Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht werden' (§§607 Abs 14 ASVG, 298 Abs 13a GSVG und 287 Abs 13a BSVG) bzw. 'psychisch oder physisch besonders belastende Arbeitsbedingungen' (§4 Abs 4 APG) - in konkretere, aber immer noch allgemein gefasste Begriffe 'übersetzt' werden. Eine solche Konkretisierung des Gesetzes ist eine unerlässliche Voraussetzung für den gleichmäßigen Vollzug der einschlägigen Gesetzesbestimmungen.

Zu den Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen (§1 der Verordnung) erbracht werden, zählen u. a. jene, die als schwere körperliche Arbeit geleistet werden; diese liegt dann vor, wenn bei einer achtstündigen Arbeitszeit von Männern mindestens 8 374 Arbeitskilojoule (2 000 Arbeitskilokalorien) und von Frauen mindestens 5 862 Arbeitskilojoule (1 400 Arbeitskilokalorien) verbraucht werden. Auszugehen ist dabei von einem täglichen Arbeitskilokalorien- bzw. Arbeitskilojouleverbrauch: Durchschnittsbetrachtung eines 8-Stunden-Tages. Der versicherten Person steht es allerdings offen nachzuweisen, dass auf Grund längerer Arbeitszeit oder auf Grund der besonderen Schwere der Arbeit auch bei kürzerer Arbeitszeit von einem Verbrauch von mindestens 1 400 bzw. 2 000 Arbeitskilokalorien auszugehen ist.

Gerade bei der Beurteilung des Arbeitskilokalorienverbrauches ist es allerdings - wie der Oberste Gerichtshof zutreffend ausführt - schlichtweg unmöglich, bei jeder einzelnen Person die subjektive Beschaffenheit (zum Beispiel Körpergröße und Gewicht) mit der Arbeitsleistung in Relation zu setzen. Dem wird allerdings durch das Abstellen auf typisierte Berufstätigkeiten (im Sinne einer Durchschnittsbetrachtung) Rechnung getragen, welche auf der anderen Seite jedoch Platz für ein individuelles Vorbringen im Einzelfall lassen.

Die österreichische Rechtsordnung geht im Allgemeinen in vielen Rechtsgebieten von einer Durchschnittsbetrachtung aus. Auch laut Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es zulässig, dass der Gesetz- oder Verordnungsgeber bei einer Regelung von einer Durchschnittsbetrachtung Gebrauch macht bzw. auf den Regelfall abstellt. Dass dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz im materiellen Sinn noch nicht gleichheitswidrig.

Wenn vom Obersten Gerichtshof bezüglich der Feststellung des individuellen Kalorienverbrauches moniert wird, dass in dieser Feststellung nicht alle denkbaren Einflussfaktoren berücksichtigt werden, so ist dem entgegenzuhalten, dass diese weiteren Umstände in den besonderen Tatbeständen eingefangen sind, etwa Hitze/Kälteexposition (§1 Abs 1 Z 2 der Schwerarbeitsverordnung) oder chemische/physikalische Einwirkungen (§1 Abs 1 Z 3 der Verordnung). Der Konzeption der Berücksichtigung nur besonders belastender Tätigkeiten entspricht es, dass diese weiteren Bedingungen nur dann greifen, wenn eine bestimmte Mindestbelastung erreicht wird: Es erfolgt keine Zusammenschau vieler einzelner Belastungselemente, sondern es wird die Erfüllung von Mindesterfordernissen bei jedem einzelnen Tatbestand verlangt. Eine solche Konzeption liegt nach Ansicht des Sozialressorts jedenfalls im Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers.

Schwere körperliche Arbeit setzt eine über das normale Kräftepotential hinausgehende Verausgabung der Arbeitskraft voraus. In diesem Konnex wurden zur Verwaltungsvereinfachung auf der Basis berufskundlicher Gutachten Listen erstellt und im Internet auf den Homepages der Sozialversicherungsträger veröffentlicht (...), die Berufsbilder und deren durchschnittlichen Arbeitskilokalorienverbrauch enthalten und so festlegen, bei welchen Berufen ein entsprechender Arbeitskilokalorienverbrauch und daher das Vorliegen von körperlicher Schwerarbeit anzunehmen ist.

Die Berufslisten enthalten großflächig Berufsbilder, bei denen im Allgemeinen angenommen werden kann, dass 'körperliche Schwerarbeit' im Sinne der Verordnung vorliegt. Diese Unterlagen sind als Arbeitsbehelf für die Pensionsversicherungsträger zu verstehen, der in einem Massenverfahren die Entscheidung über das Vorliegen von körperlicher Schwerarbeit erleichtern soll. Daher sind in dieser Auflistung nicht alle denkmöglichen Berufsbilder enthalten, vor allem auch keine Tätigkeitsbeschreibungen. Die Feststellung, ob 'körperliche Schwerarbeit' nach der Definition der Schwerarbeitsverordnung im Einzelfall vorliegt, ist durch die genannten Listen nicht präjudiziert. Die Listen haben keine normative Wirkung und sind nicht taxativ.

Wenngleich die Berufslisten - wie gesagt - nur ein unverbindlicher Arbeitsbehelf sind, sind sie unverzichtbare Basis der täglichen Arbeit der Sozialversicherungsträger. Erweiterungen dieser Listen erfolgen durch die Einholung berufskundlicher Gutachten, die Einbindung der Sozialpartner und schließlich die Beschlussfassung durch den Ausschuss 'Alterssicherung' beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Die in den Berufslisten angeführten Berufsbilder gehen von einem Durchschnitts-Kalorienverbrauch bei einer Normalarbeitszeit von 8 Stunden pro Arbeitstag aus. Bei Personen, die in der Berufsliste angeführt sind, während der Normalarbeitszeit arbeiten sowie die Tätigkeit nicht überwiegend mit Großgeräten ausführen und weiters nicht überwiegend Planungs-, Organisations-, Kontroll- und Aufsichtstätigkeiten durchführen, ist grundsätzlich vom Vorliegen schwerer körperlicher Arbeit im Sinne des § 1 Abs 1 Z 4 der Schwerarbeitsverordnung auszugehen.

Zur Systematik der Auffächerung in den Berufslisten ist Folgendes zu sagen:

Die Berufsbilder sind alphabetisch geordnet. In der Liste werden Berufsbilder angeführt, die auf Männer und Frauen gleichermaßen anzuwenden sind, das heißt bei Ausübung eines in dieser Liste befindlichen Berufes wird ein Verbrauch von mindestens 2 000 Arbeitskilokalorien (das sind 8 374 Arbeitskilojoule) angenommen (Liste 1).

Weiters werden Berufsbilder für Frauen erfasst, bei denen ein Verbrauch von mindestens 1 400 Arbeitskilokalorien

(5 862 Arbeitskilojoule), jedoch weniger als

2 000 Arbeitskilokalorien (8 374 Arbeitskilojoule), angenommen wird

(Liste 2).

Durch die Berufslisten ist ein praktischer Arbeitsbehelf gegeben, durch den sich das Vorliegen von körperlicher Schwerarbeit in einem bestimmten Zeitraum ohne weiteres belegen lässt. Auch die Qualifikationsmerkmale, bei denen von einer den Kalorienverbrauch erhöhenden Belastung auszugehen ist, lassen sich im Allgemeinen gut belegen, wie sie eben mit bestimmten Berufstätigkeiten typischerweise verbunden sind. Bei ungewöhnlichen Fallkonstellationen ist hingegen ein spezielles berufskundliches oder arbeitsmedizinisches Gutachten einzuholen.

Wie erwähnt, ist die Zulässigkeit von Durchschnittsbetrachtungen in der österreichischen Rechtsordnung evident.

Gerade der Anlassfall zeigt aber auch, dass ein einzelfallbezogener Nachweis, der sogar zu einer gegenüber dem typisierten Energieverbrauch erhöhten Energieverbrauch geführt hat, ohne weiteres möglich ist (...). Mit anderen Worten: Durch den Anlassfall wird widerlegt, dass lediglich eine Durchschnittsbetrachtung bei der Feststellung schwerer körperlicher Arbeit Platz greift; vielmehr bietet die angefochtene Regelung Raum für einen individuellen Nachweis. Auf dieser Grundlage kann der Durchschnittsverbrauch entsprechend den Berufslisten durchaus überschritten werden. Daher ist es folgerichtig, die Berufslisten nur als Maßstab (Arbeitsbehelf) für die Verwaltung - ohne zwingenden Charakter - vorzusehen, um so der Vielzahl der im Arbeitsleben auftretenden Tätigkeiten Rechnung zu tragen.

Die Nichterforderlichkeit weiterer individueller Nachweise bei Vorliegen einer bestimmten Berufstätigkeit, die in der Liste vorgesehen ist, bringt eine erhebliche Verwaltungserleichterung - auch für die versicherten Personen und ihre Dienstgeberlnnen - mit sich.

Von einem unsachlichen Ausschluss eines individuellen Nachweises kann hingegen keine Rede sein.

Bezüglich der vom Obersten Gerichtshof angesprochenen Probleme der Vollziehbarkeit der Schwerarbeitsverordnung bei länger zurückliegenden Versicherungszeiten ist Folgendes auszuführen:

Zu den in diesem Zusammenhang ins Treffen geführten Beweisschwierigkeiten ist zunächst festzuhalten, dass es sowohl seitens der Versicherten und ihrer DienstgeberInnen als auch seitens der Sozialversicherungsträger einen gewissen Verwaltungsaufwand erfordert, weit in der Vergangenheit liegende Schwerarbeitszeiten zu recherchieren und festzustellen.

Den diesbezüglichen Bedenken des Obersten Gerichtshofes ist allerdings entgegenzuhalten, dass eine schwierige Vollziehbarkeit eine Rechtsnorm (noch) nicht verfassungswidrig macht.

Es sind von den Gerichten und Verwaltungsbehörden auch in anderen Zusammenhängen Feststellungen zu treffen, die den Schwierigkeiten der Feststellung, ob vor Jahren Schwerarbeit im Sinne der einschlägigen, durch die Schwerarbeitsverordnung präzisierten gesetzlichen Regelungen geleistet wurde, sicherlich nicht nachstehen. Dass derartige Feststellungen überhaupt unmöglich sind, wird sich daher nicht behaupten lassen. Sie erfordern allerdings einen entsprechenden personellen und finanziellen Aufwand.

Gerade im Bereich der Pensionsversicherung ist es geradezu typisch, im Rahmen der Prüfung und Ermittlung von einzelnen Versicherungsverläufen Sachverhalte aus längst vergangenen Tagen feststellen zu müssen. Dies gilt etwa für die Prüfung des Vorliegens und der Zurechnung von Ersatzzeiten ebenso wie für die Prüfung der Voraussetzungen für eine Nachentrichtung verjährter Beiträge zur Pensionsversicherung nach § 68a ASVG. Im Leistungsrecht der Pensionsversicherung ist im gegebenen Zusammenhang auf die Prüfung des Vorliegens eines 'Berufsschutzes' nach § 255 Abs 2 ASVG hinzuweisen. Derartige retrospektive Feststellungen gehen also quasi zwangsläufig mit der Materie des Pensionsversicherungsrechtes einher.

Für die Zeit ab dem Jahr 1992 kann diesbezüglich auf die Erfahrungen aus dem Vollziehungsbereich des NSchG zurückgegriffen werden, für die Zeit ab dem ist auf die Meldebestimmung des § 5 der Schwerarbeitsverordnung zu verweisen:

Demnach sind dem Krankenversicherungsträger alle Tätigkeiten, die auf das Vorliegen von Schwerarbeit schließen lassen, sowie deren Dauer, einmal jährlich gesondert zu melden.

Dem Vorbringen des Obersten Gerichtshofes, die täglichen Arbeitsabläufe könnten für die Vergangenheit im Sinne eines 'Arbeitstagebuches' (als Beschreibung der Arbeitsanforderungen jedes einzelnen Tages) nicht einmal annähernd dargestellt werden, ist zu entgegnen, dass dies gerade für die Heranziehung einer Durchschnittsbetrachtung bzw. für die Erstellung von Berufslisten spricht. Zur Feststellung von Schwerarbeitszeiten wird keineswegs die Vorlage eines Arbeitstagebuches verlangt, sehr wohl ist aber die Darlegung einer bestimmten Tätigkeit bzw. bestimmter Tätigkeiten in einem bestimmten Zeitraum erforderlich. Dies lässt sich, wie der Anlassfall zeigt, ohne Probleme erfüllen: Jede versicherte Person weiß und kann belegen, wann sie welches Spektrum von Tätigkeiten ausgeübt hat: etwa die Tätigkeit als Koch, ob in der Nacht oder am Tag gearbeitet wurde, etc.

[...]

Insgesamt erweisen sich somit auch die hinsichtlich des Gleichheitssatzes geäußerten Bedenken als unzutreffend." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

Dem zusätzlichen, auf § 1 Abs 1 Z 4 der Schwerarbeitsverordnung bezogenen Bedenken des Oberlandesgerichtes Graz entgegnete der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Folgendes:

"Nach der Aussage im Fragen-Antworten-Katalog, der von den Krankenversicherungsträgern akkordiert mit dem Sozialressort und der Pensionsversicherungsanstalt erarbeitet wurde, ergibt sich eindeutig die Möglichkeit, im Einzelfall nachzuweisen, dass der Mindestenergieumsatz bei einer kürzeren (im Umkehrschluss: auch einer längeren) 'tatsächlich erbrachten' Arbeitszeit erreicht wurde. Es genügt also der Nachweis, dass innerhalb der tatsächlichen Arbeitszeit solche Tätigkeiten ausgeübt wurden, durch die die Energieumsatzgrenze erreicht oder überschritten wurde.

Dieses Ergebnis lässt sich durch eine Zusammenschau der maßgeblichen Verordnungsbestimmungen erzielen, die somit nicht im Widerspruch zueinander stehen, sondern sich vielmehr ergänzen und durch Beschreibung der anzuwendenden Methodik erst eine stringente Feststellung des maßgeblichen Energieumsatzes ermöglichen.

Die verhältnismäßige 'Einkürzung' auf einen achtstündigen Arbeitstag - und damit die Streichung von Zeiten mit beruflicher, körperlicher Belastung - ist somit aus der Sicht des Sozialressorts weder intendiert noch zulässig. Wäre dies möglich, so würde sich sofort auch die Frage nach den 'streichbaren' Zeiten stellen: Das Resultat wäre sodann eventuell von einer zufälligen Tätigkeitsreihenfolge (z.B. körperliche Schwerarbeit zuerst oder Büroarbeit zuerst) abhängig, was nicht zu begründen wäre.

Vielmehr wurde bei der Festlegung der Energieumsatzgrenze zwar der Bezug auf acht Stunden pro Arbeitstag als gesetzliche Normalarbeitszeit gewählt, da es insbesondere für unselbständige Beschäftigte unrealistisch (und vielfach auch gesetzeswidrig) erschien, ständig von längeren Arbeitszeiten auszugehen. Wenn jedoch tatsächlich längere Arbeitszeiten vorliegen, so sind diese Zeiten entsprechend zu berücksichtigen. Es stellt sich allerdings auch aus arbeitswissenschaftlicher Sicht die Frage, ob ständige Arbeitszeiten mit körperlicher Schwerarbeit über zehn oder zwölf Stunden pro Tag realistisch und glaubhaft sind. Dabei darf nicht übersehen werden, dass für den Erwerb eines Schwerarbeitsmonats mindestens 15 Tage der Schwerarbeit vorliegen müssen.

Hinter der Methodik des im Antrag des Oberlandesgerichtes Graz angeführten 'Schwerarbeitsrechners' steht die Gruppenbewertungstabelle von Spitzer/Hettinger als ein praktikables Instrumentarium zur Berechnung des Arbeitsenergieumsatzes nach der Schwere der Arbeit und den Körperhaltungen. Da diese Methodik weder per Gesetz noch per Verordnung festgelegt ist, ist sie auch nicht zwingend einzuhalten. Der Arbeitsenergieumsatz kann auch mit anderen Verfahren berechnet oder z.B. mittels Spiroergometrie gemessen werden. Diese Messung kann natürlich nicht für die Vergangenheit vorgenommen werden; in solchen Fällen ist man auf Rechenverfahren und berufskundliche Aussagen angewiesen.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass § 1 Abs 1 Z 4 der Schwerarbeitsverordnung auf den Regelfall der täglichen Normalarbeitszeit von acht Stunden abstellt. Wie sich auch aus der Anlage zu dieser Verordnung ergibt, ist aber die Berücksichtigung des ganzen Arbeitstages durchaus zulässig. Es wird durch § 1 Abs 1 Z 4 der Verordnung lediglich der Grenzziehung des maßgeblichen Kalorienverbrauches eine zeitliche Komponente (ausgehend vom Regelfall) hinzugefügt. Es ist aber daraus nicht ableitbar, dass längere Arbeitszeiten zu ignorieren sind." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

2.4. Die antragstellenden Gerichte sind mit ihrem Vorbringen, dass die angefochtenen Verordnungsbestimmungen dem Rechtsstaatsprinzip und dem Gleichheitssatz widersprechen, im Ergebnis nicht im Recht:

2.4.1. Die antragstellenden Gerichte berufen sich im Zusammenhang mit ihren Bedenken aus dem Legalitätsprinzip u.a. auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 12.420/1990 ("Denksporterkenntnis"): In diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof an eine Verordnung die Anforderung gestellt, dass sie ein Mindestmaß an Verständlichkeit aufzuweisen habe. Die antragstellenden Gerichte erblicken einen Verstoß gegen das Legalitätsprinzip zunächst darin, dass der Verordnungsgeber einerseits in § 1 Abs 1 Z 4 der Schwerarbeitsverordnung die "schwere körperliche Arbeit" mit dem Verbrauch einer bestimmten Anzahl von "Arbeitskilojoule" bzw. "Arbeitskilokalorien" gleichsetzt, dann aber in der (ebenfalls einen Teil der Verordnung bildenden) Anlage "neben der energetischen Belastung" weitere Kriterien für den Begriff "schwere körperliche Arbeit" einführe, wie die "Herz-Kreislaufbelastung" und die "Belastung des passiven und aktiven Stütz- und Bewegungsapparates, also der Knochen sowie der Sehnen und Muskeln", wobei nicht klargestellt sei, welche Rolle diese Elemente bei der Qualifikation einer Beschäftigung als "Schwerarbeit" neben der energetischen Belastung spielen sollen.

2.4.2. Gegen die vom Verordnungsgeber gewählte "Energieumsatzmethode" bringen die Gerichte unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes vor, dass im Durchschnittsfall der zwingende Vergangenheitsbezug über eine längere Periode einen individuellen Nachweis sehr schwer mache, so dass der Versicherte in der Regel auf die Beweisführung "mittels Durchschnittsbetrachtung" angewiesen sei, die wiederum weder auf die Unterschiede im Kalorienverbrauch zwischen den einzelnen Menschen noch auf die Arbeitsbedingungen im weitesten Sinne (Arbeitsgeschwindigkeit, Geschicklichkeit, Arbeitsabläufe, Gerätegestaltungen etc.) Rücksicht nehmen könne (Hinweis auf Panhölzl, Vollziehungsprobleme bei der Schwerarbeitspension, DRdA 2009, 98 [106 ff.]).

2.5. Soweit die antragstellenden Gerichte § 1 Abs 1 Z 4 der Verordnung anfechten, leiten sie ihre Bedenken im Wesentlichen aus dem Zusammenhang dieser Bestimmung mit der Anlage zur Verordnung ab.

Diese Bedenken bestehen aber insgesamt nicht zu Recht:

2.5.1. Der Anhang zur Verordnung stellt nämlich - wie die mündliche Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof ergeben hat - bloß klar, auf welchen wissenschaftlichen Methoden und deren maßgebenden Parametern der Begriff der körperlichen Schwerarbeit der Verordnung beruht. Diese Parameter sind dafür maßgebend, wie die einzelnen Belastungselemente beruflicher Tätigkeiten hinsichtlich des dabei auftretenden Kalorienverbrauchs bei einer zunächst abstrakt anzustellenden Durchschnittsbetrachtung zu bewerten und in dieser vergröbernden Bewertung sodann den Einzelfällen - unabhängig vom konkreten Körpergewicht und Freizeitverhalten der versicherten Person im seinerzeitigen Beschäftigungszeitraum - zugrunde zu legen sind.

2.5.2. Erst aus der Zusammenschau der einzelnen (Durchschnitts-)Belastungen auf Herz und Kreislauf, auf den Stützapparat (zB Arbeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen) und auf die Muskulatur (Hebearbeiten, Arbeiten auf Leitern, Arbeiten mit einem Arm oder mit beiden Armen, Arbeiten über Kopf usw.) im konkreten Einzelfall ist der Kalorienverbrauch der betreffenden Tätigkeit sachverständig zu ermitteln, ohne dass eine Berechnung des tatsächlichen Kalorienverbrauches anhand des Gesamtkalorienumsatzes bzw. der im Anhang genannten Teilumsätze im Einzelfall anzustellen wäre. Das im Anhang genannte Bewertungsschema soll vielmehr nur die wissenschaftliche Methode deutlich machen, auf Grund derer die verschiedenen Elemente der körperlichen Belastung bei einer Arbeitsleistung auf Grund aktueller Studien hinsichtlich des Kalorienverbrauchs gemessen werden können, um aus der so ermittelten Bandbreite Durchschnittswerte zu ermitteln, die dann - verfassungsrechtlich unbedenklich - geeignet sind, in der Vollzugspraxis auch für vergangene Zeiträume Verwendung zu finden.

2.5.3. Der Anhang der Verordnung richtet sich also an in Betracht kommende sachverständige Verkehrskreise, also an einen Personenkreis, von dem angenommen werden muss, dass seine Mitglieder auch in der Lage sind, die darin genannten Parameter auf Grund ihres Sachverstandes zweifelsfrei zu deuten und anzuwenden. Wenn und insoweit aber bei entsprechendem Sachwissen die Regelung ohne besondere Zweifel deutbar ist, ist davon auszugehen, dass eine solche Verordnungsbestimmung die Vollziehung hinreichend vorherbestimmt. Damit ist auch der Einwand der Unsachlichkeit der Anlage der Verordnung wegen des behaupteten Fehlens seiner Vollziehbarkeit widerlegt.

2.6. Aber auch die weiteren Bedenken der antragstellenden Gerichte ob § 1 Abs 1 Z 4 der Verordnung treffen nicht zu.

2.6.1. Diese Bedenken leiten die Gerichte aus einem Vergleich zwischen § 1 Abs 1 Z 4 der Verordnung mit den Tatbeständen des § 1 Abs 1 Z 1 bis 3 ab und kritisieren, dass eine Kumulation der Tatbestände (offensichtlich gemeint: von einzelnen Elementen eines Tatbestandes, der nicht vollständig erfüllt ist, mit Elementen eines anderen Tatbestandes, der für sich genommen ebenfalls nicht zur Gänze erfüllt ist) nicht zulässig sei. Die Gerichte hegen keine Bedenken dagegen, dass die Verordnung im Zusammenhang mit dem in § 607 Abs 14 ASVG und § 4 Abs 4 APG gesetzlich vorgegebenen Begriff der Schwerarbeit u.a. auch an jenen gesetzlichen Regelungen anknüpft, die schon bisher Schwerarbeit definiert haben.

2.6.2. Soweit auf Regelungen des Nachtschwerarbeitsgesetzes (NSchG), BGBl. 354/1981, Bezug genommen wird, hat der Verordnungsgeber den Begriff der Schwerarbeit im Rahmen seines rechtspolitischen Spielraumes so festgelegt, dass er die dafür als typisch erachteten Erschwernisse unterschiedlicher Wirkung je für sich für maßgeblich erklärt hat, wie zB unregelmäßige Nachtarbeit, Hitze und Kälte oder die Schwere der körperlichen Einwirkungen. Die Grenzen wurden dabei jeweils so gezogen, dass bestimmte erschwerende Elemente des einen Tatbestandes nicht zur Qualifikation als Schwerarbeit führen, wenn sie nicht in ausreichender Intensität vorliegen, ohne dass dies durch andere Elemente (die für sich ebenso wenig Schwerarbeit sind) ausgeglichen werden kann.

2.6.3. Dagegen bestehen grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken: Es ist nämlich nicht unsachlich, eine Nachtarbeit, welche die Kriterien des § 1 Abs 1 Z 1 der Schwerarbeitsverordnung nicht erreicht, auch dann nicht als Schwerarbeit gelten zu lassen, wenn sie nur fallweise unter Hitze und Kälte iSd Z 2 stattfindet (und daher auch nicht Schwerarbeit iSd Z 2 ist). Der von den antragstellenden Gerichten gezogene Vergleich der Z 4 mit den anderen drei Tatbeständen beruht auf einer gesamthaften Betrachtung der Elemente der Tatbestände der Z 1 bis 4 des § 1 Abs 1 der Schwerarbeitsverordnung, die ihrerseits aber eine ebensolche Wirkung auf den Organismus voraussetzt. Abgesehen davon, dass die Gerichte nicht dargetan haben, dass eine derartige gesamthafte Wirkung je für sich für die Qualifikation als Schwerarbeit nicht hinreichender Elemente einer Arbeitserbringung eintreten kann, liegt eine solche Wirkung auch nicht ohne weiteres auf der Hand: Selbst wenn man davon ausgeht, dass alle oder die meisten der in Z 1 bis 4 aufgezählten Elemente hinsichtlich ihrer Intensität skalierbar sind, so scheitert (im Gegensatz zu den Einzel-Elementen der körperlichen Schwerarbeit nach Z 4 allein) der von den Gerichten gezogene Vergleich daran, dass diese Elemente (Nachtarbeit, Hitze und Kälte, chemische oder physikalische Einflüsse) auf eine voneinander ganz verschiedene Weise auf den Körper und den Geist einwirken (und daher auch die Gesundheit auf ganz verschiedene Weise beeinträchtigen können).

2.6.4. Es kann daher nicht von vornherein gesagt werden, dass dieselbe oder eine der Erfüllung der Kriterien für körperliche Schwerarbeit im Sinne des § 1 Abs 1 Z 4 der Verordnung nahekommende Wirkung auch dann eintreten kann, wenn die jeweiligen Grenzen zur Schwerarbeit bei keinem dieser Elemente erreicht werden. Soweit bestimmte Elemente der Arbeitserbringung, wie sie in Z 1 bis 3 genannt sind, auch von Einfluss auf den Kalorienverbrauch sein sollten, etwa durch eine Wirkung von Hitze oder Kälte auf den Herz-Kreislaufapparat, sind sie in die "Schwerarbeitsmatrix" nach Z 4 iVm dem Anhang der Verordnung im Übrigen ohnehin einzustellen.

2.6.5. Der in § 1 Abs 1 Z 4 der Verordnung umschriebene Begriff der körperlichen Schwerarbeit ist daher nicht deshalb unsachlich, weil es die Norm nicht zulässt, eine nicht die erforderliche Schwelle der körperlichen Belastung erreichende Tätigkeit dadurch als Schwerarbeit zu qualifizieren, dass andere (vorausgesetzt: "kalorienneutrale") Elemente, wie Nachtarbeit, Hitze oder Kälte und chemische bzw. physikalische Einflüsse, die jeweils für sich auch nicht die Anforderungen der Z 1 bis 3 erfüllen, zusätzlich berücksichtigt werden.

2.7. Die angefochtenen Bestimmungen des § 1 Abs 1 Z 4, des § 3 und der Anlage zur Verordnung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten (Schwerarbeitsverordnung) erweisen sich daher als nicht gesetzwidrig.

V. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

Die Anträge auf Aufhebung von § 4 Abs 3 und 4 des Allgemeinen Pensionsgesetzes (APG), BGBl. I 142/2004 in der Fassung BGBl. I 130/2006, sowie der Bestimmungen der § 1 Abs 1 Z 4 und § 3 der Anlage zur Verordnung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten (Schwerarbeitsverordnung), BGBl. II 104/2006, waren daher als unbegründet abzuweisen.