VfGH vom 08.10.2015, UA3/2015
Leitsatz
Abweisung der - zulässigen - Beschwerde einer als Auskunftsperson in den Hypo-Untersuchungsausschuss geladenen Staatskommissärin wegen behaupteter Verletzung im Recht auf Ehre und auf Wahrung des wirtschaftlichen Rufs durch Äußerungen bestimmter Mitglieder des Untersuchungsausschusses; keine Verletzung der geltend gemachten Persönlichkeitsrechte mangels Behauptung unwahrer Tatsachen bzw mangels Vorliegens eines Wertungsexzesses; auch keine Verletzung der Persönlichkeitsrechte durch das Verhalten der Vorsitzenden, des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwalts
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Mit Beschluss des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria (im Folgenden: "Untersuchungsausschuss") wurde die Beschwerdeführerin für den als Auskunftsperson in den Untersuchungsausschuss geladen.
In dieser Sitzung befragten mehrere Ausschussmitglieder, unter anderen die Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Robert Lugar, Kai Jan Krainer und Dr. Rainer Hable, die Beschwerdeführerin. Die Befragung der Beschwerdeführerin durch diese drei Abgeordneten, wie sie sich aus dem am veröffentlichten Kommuniqué des Untersuchungsausschusses ergibt, verlief (auszugsweise) wie folgt (jene Ausführungen, durch die sich die Beschwerdeführerin in bestimmten Persönlichkeitsrechten verletzt erachtet, sind hervorgehoben):
"[…]
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Meine erste Frage bezieht sich auf ein Schreiben des Mag. Alfred Lejsek, und zwar vom das ist mehrere Monate, bevor Sie zur Staatskommissärin ernannt wurden. Und Sie haben ja behauptet, dass Sie vorher mit der Hypo-Bank nicht allzu viel Kontakt hatten oder nicht involviert waren, bevor Sie zur Kommissärin ernannt wurden. Und hier schreibt Mag. Lejsek: Ferner habe ich mit Dr. Kristen am abgesprochen, mit Kulterer zu telefonieren. — Das heißt, er hat mit Ihnen abgesprochen, ein Gespräch mit Kulterer zu führen bezüglich einer Pressekonferenz. Da ist es um einen OeNB-Bericht gegangen.
Jetzt meine Frage: Wenn Sie sagen, Sie haben vorher nichts zu tun gehabt mit der Hypo, warum spricht man sich mit Ihnen ab in dieser Sache?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich war für die Bankenaufsicht damals zuständig, für diese Sektion. Es kann sein, dass es so eine Anfrage gegeben hat von Ministerialrat Lejsek betreffend eines Telefonats, das scheinbar er mit dem Herrn Kulterer geführt hat. Aber, ganz ehrlich gesagt, da kann ich mich jetzt nicht mehr an jedes einzelne Gespräch erinnern, das stattgefunden hat, wo vielleicht die Hypo auch ein Thema war. Weiß ich nicht.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Mir geht es auch nicht um das Gespräch an sich, mir geht es grundsätzlich darum, dass man bei Ihnen sozusagen nachfragen muss, wenn man ein Gespräch mit Kulterer führt, was ja überhaupt nichts mit Ihnen zu tun haben muss, denn es geht ja um eine Pressekonferenz, wo der Kulterer einen OeNB-Bericht kommentiert hat, das ihm anscheinend nicht zusteht oder er nicht tun sollte, weil es schlecht für die Bank ist. Also das heißt, Sie haben da Interessen der Bank vertreten, indem Sie das abgesprochen haben. Und das ist eben eigenartig, warum das Monate vor Ihrer Bestellung passiert.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Also, ich kann mich daran jetzt nicht erinnern, an das, was Sie ... Ich weiß nicht, welches Schriftstück Sie jetzt vor sich liegen haben. Das liegt jetzt nicht hier auf meinem Tisch. (Abg. Lugar: Muss Ihnen vorliegen!) Nein. Ich sehe es hier nicht. Ich habe zwei Protokolle und ... (Abg. Lugar: Wollen Sie es anschauen? Es sind nur zwei Seiten!) Ich habe es nicht, oder? Ich habe drei Zettel. Das ist nicht das Gleiche, das ist etwas anderes. Also ich habe es nicht. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Das war vom .
Haben Sie nicht? — Ja.
Mir geht es auch nicht darum, dass so ein Telefonat stattgefunden hat, sondern darum, warum das stattgefunden hat. Das müssen Sie ja wissen, ob Sie da so eine tragende Rolle hatten, dass man da mit Ihnen Rücksprache halten musste.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Also ich kann mir das jetzt nur so erklären: Offensichtlich ging es um eine Presseaussage des Herrn Dr. Kulterer über einen bankaufsichtlichen Prüfungsbericht. Ministerialrat Lejsek war damals in der Bankensektion und hat, so nehme ich jetzt an, aus diesem Schriftverkehr mit dem Kabinett, in dem ja ich zuständig war für die Bankensektion, offensichtlich Kontakt aufgenommen und uns da in Kenntnis gesetzt, dass er mit dem Herrn Kulterer telefonieren wird. Ich kann Ihnen dazu jetzt, ehrlich gesagt, auch nicht mehr sagen, weil das schon ein bisschen lange her ist. Also ich habe das nicht im ... Ich habe dieses Schriftstück sicher auch noch nicht gesehen, oder zumindest kann ich mich nicht daran erinnern. Das Gespräch mit dem Herrn Lejsek wird es sicher gegeben haben, denn sonst gäbe es auch diesen Vermerk nicht.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Da komme ich gleich zu meiner nächsten Frage, und zwar: Sie haben sich ja nicht mehr erinnern können, wie viel Sie für Ihre Tätigkeit bekommen haben. Sie haben 400 € genannt, es sind, glaube ich, 500 gewesen. Es war also untergeordnet, sodass man sich auch gar nicht mehr so daran erinnern kann.
Wenn Sie sagen, es war sehr viel Arbeit — und es ist ja auch wirklich viel Arbeit, die ganzen Unterlagen zu sichten —, und die Bezahlung ist, kann man sagen, mickrig, dann ist die Frage : Gibt es da einen größeren Zusammenhang? War das ein Gesamtpaket? Warum haben Sie diese Tätigkeit übernommen und haben hier sozusagen mehr geleistet, als . Sie bekommen haben? Wie ist der größere Zusammenhang zu sehen?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Wenn ich eine Funktion übernehme, dann nehme ich das ernst. Und da geht es nicht um die Funktionsabgeltung und um die Funktionsgebühr. Ich darf Ihnen vielleicht noch ein Beispiel nennen: Ich bin auch im Fachsenat für Steuerrecht der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Da gibt es keine Funktionsgebühr, außer Reisekostenersatz — und man macht das trotzdem. Und man macht es sozusagen mit Gewissenhaftigkeit. Und genauso sehe ich jede andere Funktionsausübung auch.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Das heißt, Sie haben also trotz der geringen Bezahlung sehr viel Zeit investiert. Sie haben es nicht genau beziffern können, aber ich gehe einmal davon aus, dass es sehr viel Zeit war, um sich im Detail, wirklich genau die Akten auch anzusehen, diese Wochenfrist. Sie haben das also im Detail genau studiert, ist das so?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Das ist so, ja. Man bereitet sich auf die Sitzungen vor. Man kriegt die Unterlagen vorher zugemittelt, die nicht wenig Umfang hatten, und in der Regel war es dann eine Wochenendbeschäftigung, diese Unterlagen auch durchzuarbeiten.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Ja, ich habe dieses Sitzungsprotokoll an Sie verteilt, vom Dezember 2006, und daraus geht aus meiner Sicht hervor — vielleicht können Sie das widerlegen—, dass Sie da nicht sehr im Detail engagiert waren, sondern mehr allgemeine Fragen gestellt haben, die dann auch allgemein beantwortet wurden, und Sie sich damit zufriedengegeben haben. War das nicht so? Ist das ein falscher Eindruck von mir?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen: Also, in dem Protokoll sind Wortmeldungen protokolliert — ich meine, Sie können sie jetzt beurteilen, ob sie wesentlich oder unwesentlich sind, aber es wurden Fragen gestellt, die wurden auch beantwortet. Und das waren offensichtlich die Fragen, die mir damals zusätzlich zu der übrigen Diskussion, die sich im Aufsichtsrat ergibt — man verfolgt ja einmal die Diskussion, die stattfindet, auch die Fragen der anderen Aufsichtsrätinnen und -räte, die dort vertreten sind, und ergänzt dann um weitere Fragen, falls Themen noch offen sind oder klärungsbedürftig erscheinen.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Sie haben da im konkreten Fall bei einer Veränderung der Position Wertpapiere nachgefragt das waren 600 Millionen, eine Veränderung, und Sie haben nachgefragt, woher die kommen. Und dann hat es geheißen: Das ist ein Aufwertungseffekt. Das heißt, die Leasing Holding wurde einfach aufgewertet. Aber Sie haben da nicht weitergefragt, zumindest steht es nicht im Protokoll.
Da hätte man ja weiterfragen können: Warum wurde aufgewertet, und was wurde aufgewertet? Auf welcher Basis wurde aufgewertet? – Ist unterblieben. War das immer so oder war das nur in dem speziellen Fall so?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich denke, es liegen Ihnen die Protokolle vor. Sie können sich selbst einen Eindruck verschaffen.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Das ist ja die Frage, nicht, ob das alles ist, was hier steht? War das Ihre Frage, und haben Sie sich mit der Antwort …
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Vielleicht darf ich dazu sagen, nur, um das noch zu ergänzen: Anders als hier im Ausschuss, wo meines Wissens ein Wortprotokoll erstellt wird, sind die Protokolle bei den Aufsichtsratssitzungen keine Wortprotokolle gewesen, sondern eine Wiedergabe des Sitzungsverlaufs mit den wesentlichen Wortmeldungen. Es kann durchaus vorkommen – in dem Fall wird es vielleicht nicht so gewesen sein, das weiß ich nicht, kann ich jetzt nicht sagen –, dass einzelne Wortmeldungen, wenn sie als unwesentlich erachtet wurden, gar nicht protokolliert sind. Das muss jetzt nicht mich betreffen, das kann auch andere Aufsichtsratsmitglieder betreffen. Das sind eher Gedächtnisprotokolle und keine Wortprotokolle. Das ist vielleicht auch ein Unterschied, muss man dazusagen.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Also in diesem Fall glaube ich das eher nicht, denn wenn Sie hier genau schauen, ist jede Ihrer Fragen protokolliert und dann steht: Nachdem keine weiteren Fragen mehr gestellt wurden – bla, bla, bla, geht es weiter.
Das heißt, in dem Fall haben Sie also nicht nachgefragt. Und ich habe auch kein einziges Protokoll gefunden, wo Sie sich nicht mit einer einfachen Antwort zufriedengegeben hätten und im Detail nachgefragt hätten.
Und es kommt dann aus meiner Sicht noch schlimmer: Wenn man ein bisschen weiterblättert, kommt man drauf, dass Sie vor den wichtigen Dingen, zum Beispiel da sind die Skiper-Kredite, also die großen Verluste, die dann letztlich den Steuerzahler treffen, auch verhandelt worden, den Sitzungssaal verlassen haben, und Sie sind erst nachher wieder gekommen.
Jetzt meine Frage: Warum? Und ist das öfters passiert?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich glaube, Sie sprechen da – jetzt finde ich die Seite nicht, aber Sie können mir die Seite sicher noch einmal sagen. Haben Sie vielleicht die Seite, dann tue ich mir leichter? ( Abg. Lugar : Augenblick, ja! ) — Und zwar auf der Seite 7, ich habe das schon gefunden: Es wurde nämlich diese Aufsichtsratssitzung zur Durchführung der 11. Sitzung des Prüfungsausschusses um 15.20 Uhr unterbrochen.
Das heißt, es hat eine Sitzungsunterbrechung gegeben. Es hat die Durchführung der Prüfungsausschusssitzung gegeben, an der ich auch teilgenommen habe, und es wurde die Sitzung dann wieder aufgenommen, um 17.15 Uhr sozusagen.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Genau, nur: Sie haben um 16.28 Uhr laut Protokoll die Sitzung verlassen und sind nicht um 17.15 Uhr, wo eben diese wichtigen Punkte verhandelt wurden, wiedergekommen. Nein, Sie sind um 17.45 Uhr wiedergekommen und haben natürlich das Ganze – ist auf Seite 10 protokolliert, 17.45 Uhr – versäumt.
Wie können Sie Ihre gesetzliche Pflicht, eben die Aufsicht, wahrnehmen, wenn Sie die wichtigen Punkte gar nicht mitbekommen?
Vorsitzende Doris Bures : Herr Abgeordneter Ing. Lugar, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass bei weiteren Fragestellungen das schon auf das Zeitbudget für die nächste Runde geht.
Bitte um Beantwortung.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich kann Ihnen jetzt in dem konkreten Fall nicht sagen, warum ich konkret um 17.45 Uhr wieder zurückgekommen bin. Da kann ich jetzt nach neun Jahren nicht sagen, was da genau der Grund dafür war. Ich möchte mich allerdings gegen die Unterstellung verwahren, dass ich meine Verpflichtung als Staatskommissärin nicht ernst genommen hätte.
Es wird sicher einen Grund dafür gegeben haben, dass ich erst um 17.45 Uhr zurückgekommen bin. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, was der Grund war. Und es wird wahrscheinlich – davon gehe ich aus — mit ziemlicher Sicherheit das einzige Protokoll sein, wo ich einmal den Raum verlassen habe. Im Regelfall ist das sicher nicht geschehen.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Können Sie das ausschließen, dass das in anderen Sitzungen auch so war?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Nein, ich kann das nicht ausschließen, denn da müsste ich jetzt alle Protokolle durchschauen, aber ich gehe davon aus, dass es sicherlich eine Ausnahme oder wenige Einzelfälle waren, wenn überhaupt.
Ich müsste nachdenken, überlegen, aber es wird mir nach neun Jahren nicht mehr einfallen, was der Grund war, dass ich da den Sitzungssaal verlassen habe.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Frau Dr. Kanduth-Kristen, wir haben ja schon gehört, dass Sie auch im Kreditausschuss als Staatskommissärin tätig sind. Da möchte ich einen konkreten Fall herausgreifen, nämlich den Fall Hilltop. Nur kurz zur Erklärung für die anwesenden Medienvertreter, worum es hier geht. Der Fall Hilltop ist ein Kreditgeschäft der Hypo Alpe-Adria gewesen, bei dem man 37 Millionen € zum Erwerb eines Stückes Weidelandes vergeben hat — also Weideland, kein wertvolles Bauland —, und diese Millionen sind weitgehend verloren.
Dieses Geschäft war auch Gegenstand im Kreditausschuss. Frau Dr. Kanduth-Kristen, ich habe Ihnen ein Dokument vorgelegt, nämlich das Protokoll der Kreditausschusssitzung vom , das Sie am an die FMA übermittelt haben. Und in diesem Protokoll der Kreditausschusssitzung wie gesagt, von ihnen übermittelt an die FMA — ist auch auf Seite 23 folgende die Causa Hilltop erwähnt, weil, wie andere Projekte in diesem Kreditausschuss, einstimmig beschlossen.
Können Sie uns vielleicht erklären, was ein 'bianco'-Kredit ist?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich glaube, Sie brauchen von mir jetzt keine Erklärung von Begrifflichkeiten, oder ist das ernst gemeint?
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Die Frage ist ernst gemeint.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich möchte vorweg jetzt eine Frage an den Verfahrensanwalt stellen, weil ich rechtlich die Information habe beziehungsweise der Meinung bin, dass das Bankgeheimnis dennoch zu wahren ist nach § 43 Abs 1 Z 3 der Verfahrensordnung dieses Ausschusses. Daher möchte ich zu konkreten Kreditfällen keine Stellungnahme abgeben. Ich habe keine gegenteilige Information seitens des BMF und auch nicht seitens der Finanzmarktaufsicht. Ich habe aus dem Ausschuss des Jahres 2006 sogar die gegenteilige Information — die, glaube ich, durch die neue Verfahrensordnung auch nicht ausgehebelt wurde —, dass die Aufhebung der Amtsverschwiegenheit keine Aufhebung des Bankgeheimnisses beinhaltet. Daher möchte ich zu konkreten Kreditfällen keine Aussage machen.
Vorsitzende Doris Bures bittet den Verfahrensanwalt um eine Stellungnahme.
Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder : Na ja, ich glaube, die überwiegende Auffassung hier im Saal ist, dass das Bankgeheimnis in der Amtsverschwiegenheit eines Beamten oder öffentlich Bediensteten aufgeht. Das heißt, es gibt keine zusätzliche Begründung dafür.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Wie gesagt, aus 2006 liegt mir ... Für diesen Ausschuss war das zu kurzfristig. Die Ladung ist ja auch erst am vergangenen Montag an mich ergangen. Ich hatte keine Möglichkeit, da irgendeine Expertise einzuholen.
Aber ich war ja schon einmal bei einem Untersuchungsausschuss, 2006, und damals gab es seitens des BMF sogar schriftlich die Auskunft — die möglicherweise jetzt überholt ist, das kann ich nicht sagen —, aber damals gab es die Auskunft, dass die Aufhebung der Amtsverschwiegenheit nicht gleichzeitig eine Aufhebung des Bankgeheimnisses nach § 38 Abs 1 des BWG bewirkt, denn die Aufhebung des Bankgeheimnisses ist nur in den Fällen des § 38 Abs 2 BWG möglich, die einen Untersuchungsausschuss nicht mit umfassen.
Daher möchte ich nur allgemein auf die Frage antworten, ohne jetzt konkret auf den Kreditnehmer irgendwie Bezug zu nehmen. Ich möchte auch keine Beträge in irgendeiner Art und Weise kommentieren oder bestätigen. Aber wenn Sie mich fragen was 'bianco' heißt, dann heißt das, dass es keine Sicherheit für diesen Kredit gegeben hat. Diese Antwort kann ich auch geben, ohne gegen das Bankgeheimnis zu verstoßen.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Das wäre mein Verständnis gewesen, dass diese Frage das Bankgeheimnis definitiv nicht berührt. Das Bankgeheimnis ist auch, hat der Verfahrensanwalt erklärt, grundsätzlich nicht berührt. Außerdem schützt das Bankgeheimnis den Bankkunden und nicht das Kreditgeschäft, und den Bankkunden habe ich nicht erwähnt.
Gut, aber danke für die Erklärung, dass ein 37-Millionen-€-Kredit ohne Sicherheiten vergeben worden ist, also 'bianco'.
Haben Sie daran gedacht, bei diesem Fall Einspruch zu erheben?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich habe keinen Einspruch erhoben, wie Sie ja auch aus dem Protokoll und aus der Beschlussfassung ersehen.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Warum erheben Sie keinen Einspruch gegen eine Kreditvergabe von 37 Millionen € ohne Sicherheiten?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Welche gesetzliche Bestimmung erachten Sie als verletzt durch diese Kreditvergabe?
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Frau Dr. Kanduth-Kristen, wir stellen in diesem Untersuchungsausschuss die Fragen. Aber eigentlich sollten Sie das Bankwesengesetz kennen. Ich kann Ihnen einen Tipp geben: § 39 Bankwesengesetz zum Beispiel, Sorgfalt. Wir können auch über Untreue reden: Strafgesetzbuch.
Warum stimmen Sie so etwas zu?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich habe der Vergabe des Kredits nicht zugestimmt — das muss ich einmal sagen —, denn ich bin nicht stimmberechtigt im Kreditausschuss, und ...
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Dann korrigiere ich die Frage so, wie ich sie ursprünglich gestellt habe: Warum haben Sie gegen diesen Beschluss des Kreditausschusses keinen Einspruch erhoben?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Weil ich keine gesetzliche Bestimmung als verletzt erachtet habe.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Welche Informationsgrundlagen hatten Sie für diese Entscheidung oder Nicht-Entscheidung?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Offensichtlich die Unterlagen, die damals vorgelegen sind, wobei ich ganz ehrlich sagen muss, dass ich mich an diesen konkreten Fall im Jahr 2003, was die Unterlagen und die Aufbereitung betrifft, jetzt nicht erinnern kann.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Deswegen haben wir Ihnen ja das Protokoll vorgelegt. Ist ein Gutachten zum Wert der Immobilie erstellt worden?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Da mir jetzt die Kreditausschuss-Unterlagen zu der damaligen Sitzung nicht vorliegen, kann ich Ihnen dazu aus meiner Erinnerung heraus nach zwölf Jahren nichts sagen.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Ist es aus Ihrer Erfahrung, aus Ihrer Wahrnehmung in den Kreditausschusssitzungen heraus üblich gewesen, dass Finanzierungen in dieser Höhe ohne Sicherheiten vergeben werden?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Da müsste ich die einzelnen Kreditausschussprotokolle und -unterlagen einsehen, um Ihnen da eine wahrheitsgemäße Antwort zu geben.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Das ist eine generelle Frage: Ist es üblich, dass solche Kredite, in dieser Millionenhöhe für ein Stück Weideland, ohne Sicherheiten vergeben werden?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Zur Üblichkeit oder Nicht-Üblichkeit möchte ich jetzt keine Stellungnahme abgeben. Ich kann als Auskunftsperson nur zu Tatsachen eine Stellungnahme abgeben, die in Sitzungen auch stattgefunden haben. Dazu kann ich Ihnen Auskunft geben.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Genau das hat ja in den Sitzungen stattgefunden, wie durch das Protokoll bestätigt wird. Deswegen frage ich Sie ja. Sie sind die Expertin, die sozusagen die Vertreterin der Finanzmarktaufsicht auch im Kreditausschuss gewesen ist. Deswegen meine Frage an Sie als Expertin: Ist es üblich, dass solche Kredite ohne Sicherheiten vergeben werden?
(Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)
Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung) : Frau Vorsitzende! Ich würde Sie bitten, dass Sie kurz die Fraktionsführer zusammenrufen, damit wir erstens einmal über die Befragung mit Herrn Kollegen Hable kurz sprechen und auf der anderen Seite auch das besprechen, was eigentlich immer üblich ist, wenn eine Auskunftsperson eine Frage nicht verstanden hat: dass sie nachfragt. Das habe ich vorhin ein bisschen scharf gefunden, als Herr Dr. Hable das gesagt hat.
Aber ich würde bitten, dass wir Fraktionsführer trotzdem ganz kurz zusammentreten.
Vorsitzende Doris Bures unterbricht die Sitzung für eine Besprechung der Fraktionsvorsitzenden.
*****
(Die medienöffentliche Sitzung wird um 13.46 Uhr unterbrochen und um 13.55 Uhr als solche wieder aufgenommen.)
*****
Vorsitzende Doris Bures nimmt die Sitzung wieder auf und führt aus: Wir haben in der kurzen Besprechung der Fraktionsvorsitzenden noch einmal über die Ausschusskultur, die uns ja sehr wesentlich ist — wir werden in den nächsten Wochen und Monaten viele Stunden miteinander verbringen —, ein, glaube ich, sehr fruchtbares und klärendes Gespräch führen können, auch im Austausch mit dem Verfahrensanwalt und dem Verfahrensrichter. Ich bedanke mich dafür, und wir können nun die Befragung fortsetzen.
Herr Abgeordneter Dr. Hable, Sie haben wieder das Wort.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Frau Präsidentin! Man merkt, wenn es inhaltlich spannend wird, gehen die Emotionen hoch.
Ich fasse das Ergebnis der vorherigen Fragen zusammen. Wir haben also eine Kreditfinanzierung ohne Gutachten für den Wert der Immobilie, ohne Tilgungsträger und ohne Sicherheiten gehabt.
Ich fahre jetzt fort: Frau Dr. Kanduth-Kristen, hatten Sie im Jahre 2007— das betrifft auch noch Ihre Tätigkeit als Staatskommissärin — Wahrnehmungen zu Wertberichtigungsproblemen im Zusammenhang mit dieser Causa Hilltop?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Zu dieser Causa kann ich jetzt konkret nichts sagen. Da kann ich mich jetzt nicht daran erinnern, dass das konkret ein Thema in Sitzungen war.
Aber ich möchte vielleicht doch noch etwas zu Ihrer vorigen Frage sagen, weil ich erst jetzt die Gelegenheit hatte, das Protokoll überhaupt ganz bis zum Ende zu lesen. Wie im Protokoll vermerkt ist, ist ja dieser Fall dann mit der Maßgabe beschlossen worden, im Gesamtaufsichtsrat darüber zu berichten. So gesehen kann man jetzt doch eine Antwort geben auf die Frage, die Sie vorhin gestellt haben, nämlich dass es eben nicht üblich war, solche Dinge ohne Information an den Gesamtaufsichtsrat zu beschließen, denn das ist ja auch hier im Protokoll so vermerkt.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Darf ich da gleich anschließen: Ist dann diese Causa im Aufsichtsrat behandelt worden?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich kann dazu jetzt leider nichts sagen, weil das schon so lange her ist, dass ich mich daran wirklich nicht erinnern kann. Ich müsste die Protokolle einsehen, um Ihnen jetzt eine Antwort darauf geben zu können.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Gut, dann setze ich mit meiner vorletzten Frage zu den Wertberichtigungsproblemen im Zusammenhang mit der Causa Hilltop fort. Da haben wir Ihnen ein Dokument vorgelegt, eine Confidential Notice von Hypo-Vorstand Kircher, in der es darum geht, dass steuerneutrale Zahlungen für Hilltop geleistet werden, wenn dadurch die Widmungsproblematik einer Lösung zugeführt werden kann. Mit anderen Worten: Steuerneutrale Zahlungen heißt Schwarzgeld, um eine gewünschte Widmung herbeizuführen.
Ist Ihnen angesichts dieses vorgelegten Dokuments der Sachverhalt bekannt? Haben Sie da Wahrnehmungen als Staatskommissärin?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich sehe dieses Dokument zum ersten Mal. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich es schon einmal gesehen hätte. Ich weiß nicht, woher es kommt, von welcher Seite es kommt. Ich kann dazu jetzt aus meiner Erinnerung heraus nichts sagen.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Die nächste und vorläufig letzte Frage betrifft das dritte Dokument, das wir Ihnen vorgelegt haben: einen E-Mail-Verkehr zwischen dem Wirtschaftsprüfer von Deloitte und dem Aufsichtsrat Ederer, auch aus dem Jahr 2007 bezüglich Hilltop, worin gefragt wird, ob der positive Gemeinderatsbeschluss hinsichtlich der Flächenumwidmung erledigt worden ist, um — das sagen wir auch ganz offen dazu — den Bestätigungsvermerk, nämlich die uneingeschränkte Testierung, aufrechterhalten zu können. Haben Sie dazu, in Ihrer Funktion als Staatskommissärin, Wahrnehmungen treffen können?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Wie Sie sehen, ich bin auch in diesen E-Mail-Verkehr nicht eingebunden gewesen. Ich sehe auch diesen E-Mail-Verkehr, meiner Erinnerung nach, zum ersten Mal. Ich bin jetzt sozusagen nicht Adressatin dieser E-Mails und kann dazu, so gesehen, auch keine Stellungnahme abgeben.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Nur kurze Nachfrage: Das ist ja an einen Aufsichtsrat gegangen. Sie als Staatskommissärin sind ja bei den Aufsichtsratssitzungen dabei. Kann ich Ihrer Antwort entnehmen, dass das in den Aufsichtsratssitzungen, wo Sie ja anwesend waren, nie ein Thema war?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Auch da müsste ich jetzt nachschauen, denn wenn, dann müsste es im Umfeld dieses E-Mail-Verkehrs in einer Aufsichtsratssitzung behandelt worden sein. Ich müsste jetzt schauen, wann da eine stattgefunden hat und ob es dazu im Protokoll einen Vermerk gibt. Aus meiner Erinnerung heraus, wie gesagt, kann ich dazu jetzt keine Stellungnahme abgeben.
[…]
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Ich wollte noch einmal zurückkommen zu den Landeshaftungen. Wir haben aus Aufsichtsratsprotokollen, es ist egal, wann genau — ich kann es Ihnen vorhalten, wenn Sie wollen, da müssen wir nur kurz die Sitzung unterbrechen dass in den Aufsichtsräten und auch in Ihren Berichten immer Bezug genommen wurde — vereinfacht gesagt — , wie super die Refinanzierungsmöglichkeiten durch die Landeshaftungen sind: besseres Rating, geringere Spreads. Das war immer wieder Thema, und auch Sie haben das, so berichtet. Wie dann klar war, von 2004 bis 2007 ist das vorbei, war dann nicht Thema in der Bank: Hey, wir verlieren ein richtiges Asset!?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich möchte nur sagen, wenn es ein Bericht war, wenn es ein Teil meiner Berichte war, dann war es die Wiedergabe der Aussagen, die dort in den Sitzungen getätigt wurden; keine Einschätzung meinerseits! Das möchte ich nur klarstellen, damit das nicht falsch stehenbleibt.
Aber es kann natürlich durchaus sein, dass diese Aussagen, die dort getätigt wurden, dann auch in den entsprechenden Quartalsberichten oder auch Ad-hoc-Sitzungsberichten wiedergegeben wurden. Natürlich ist es ganz klar, es ist eine ratingabhängige Sache. Mit Haftung ist das Rating besser, ohne Haftung ist das Rating schlechter, das ist ganz klar. Es hat natürlich eine Auswirkung darauf, betriebswirtschaftlich gesehen, wie teuer die Refinanzierung einer Bank ist, ganz klar.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Meine Frage war: Jetzt war klar, 2003, das läuft aus, mit 2007 ist es vorbei. Die Grundlage des Wachstumsmodells waren die Landeshaftungen. Man weiß, die fällt weg. — Da muss es ja irgendwelche strategischen Diskussionen gegeben haben.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Damals war überhaupt noch die strategische Option, die Hypo Alpe-Adria-Bank International AG an die Börse zu bringen. Das war ja eigentlich die Zielrichtung, die eine Zeit lang verfolgt worden ist, bis zum Auftreten der sogenannten Swap-Verluste. Mit diesem Zeitpunkt war der Börsengang dann hinfällig.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Den Zusammenhang zu den Landeshaftungen verstehe ich jetzt nicht.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Sie haben gefragt, welche Finanzierungsmöglichkeiten und welche Refinanzierungsmöglichkeiten man sieht. Unter anderem war auch ein Thema ein Börsengang der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Was hat das mit der Refinanzierung zu tun, wenn das Eigenkapital über die Börse läuft? Das ist ja ein Eigentümer dann und nicht eine Refinanzierung. Eine Refinanzierung geht immer über den Kapitalmarkt als Anleihe.
Ich habe eine stabile gute Refinanzierungssituation, mir ist klar, die ist 2007 aus, vor dem Problem stehe ich, das muss relativ unabhängig vom Eigentümer sein.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Wenn Sie eine börsennotierte Bank haben, mit einem guten Aktienkurs, dann ist das auch ein Thema für eine gute Ausgangsbasis für eine Refinanzierung. Das war damals ein Thema. Ich kann nur sagen, was damals Thema war, nämlich dieser Börsengang, der sich dann, 2006, als hinfällig erwiesen hat.
[…]
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Ich würde gerne das Gesetz studieren, und zwar: Die Aufgabe eines Staatskommissärs ist im weitesten Sinne, alles, was Schaden bei den anvertrauten Vermögenswerten, im weitesten Sinne Sparguthaben, oder den Gläubigern anrichten kann, zu melden. Das ist Ihre Aufgabe.
Wenn man sich jetzt anschaut, dass in den fünf Jahren Ihrer Aufsicht der Grundstein für das Milliardendebakel gelegt wurde, dann ist die Frage zu stellen, warum das schiefgegangen ist. Es gibt meiner Ansicht nach oder meinem Aktenstudium nach keinen einzigen Bericht an die FMA, der in irgendeiner Form von Ihrer Seite gekommen wäre, wo es Malversationen geben könnte, wo man näher hinschauen muss — und Sie selbst haben nicht näher hingeschaut, wie Sie auch selbst schon eingeräumt haben.
Das heißt: Was hätte aus Ihrer Sicht passieren müssen, dass Sie auf solche Dinge aufmerksam geworden wären? Hätte es etwas gegeben, das uns das vielleicht alles erspart hätte, aus Ihrer Sicht? Was hätte das sein können?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Also ich darf vielleicht nur eines sagen: Sie haben das eingeräumt; also ich habe das nicht eingeräumt. Sie haben vorher eingeräumt, dass ich nicht nachgefragt hätte oder nicht genug nachgefragt hätte. Ich habe das nicht eingeräumt.— Nur zur Klarstellung, weil Sie das jetzt anders ausgedrückt haben!
Und ich darf vielleicht auch noch einmal auf die Tätigkeiten verweisen, die die Bankprüfer dort durchgeführt haben, die im Jahr 2006 noch gesagt haben, dass die Bank wirtschaftlich gut dasteht und das auch so — trotz aller Vorkommnisse, die es da schon gegeben hat — noch zum Ausdruck gebracht haben. Also ...
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Ja, also da drängt sich mir die Frage auf, was Ihre Aufgabe dort war. Wenn man hier in diesem Protokoll nachliest — das ich Ihnen ja übermittelt habe — , sieht man, dass man bezüglich dieser katastrophalen Kredite, die da im Nachhinein genehmigt werden, eine Null-Marge-Politik einführt. Das heißt, man gibt Kredite mit null Marge. Das heißt, man verdient nichts daran, endfällige Kredite für Kreditnehmer, die ohnehin schon wackeln.
Das hat man zwar in der Zeit, in der Sie draußen waren, beschlossen als Sie der Sitzung nicht beigewohnt haben, aber ich bin davon überzeugt, dass Sie dieses Protokoll hinterher gelesen haben, und da müssen ja bei Ihnen die Alarmglocken läuten, wenn Sie das lesen. Wenn ein Betrieb seine Ware verschenkt und kein Geschäft machen will und das mit einem hohen Risiko tut, da müssen die Alarmglocken läuten. Also warum haben sie nicht bei Ihnen geläutet? Hätte da jemand mit einem großen Schild kommen müssen: Achtung, hier ist Gefahr!? Also was war Ihre Aufgabe dort? Wenn Sie sagen, man hat Sie nicht mit der Nase darauf gestoßen, und selbst haben Sie anscheinend nicht recherchiert, was ist Ihre Aufgabe dort gewesen?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : 'Selbst haben Sie (…) nicht recherchiert.' – das hätte ich auch nicht können, denn recherchieren kann man als Staatskommissär in der Bank nicht einfach so!
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Das heißt, Sie waren abhängig von dem, was die anderen Ihnen gesagt haben?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Von den Unterlagen her, natürlich von den Unterlagen, die mir zur Verfügung gestellt wurden, klarerweise.
Aber vielleicht darf ich Sie auch noch einmal darauf aufmerksam machen, dass die gesamte Aufsicht, die in Österreich im Bereich Banken stattfindet, mehrschichtig aufgebaut ist. Der Staatskommissär ist ein Teil dieser Aufsicht, der bestimmte Funktionen in den Organsitzungen auszuüben und durchzuführen hat. Wir haben dann noch andere Organe und Instrumente — die FMA, die OeNB als Bankprüfer, wir haben den Wirtschaftsprüfer. Das heißt, das ist ja ein Gesamtsystem und nicht nur eine Person, die in den Aufsichtsratssitzungen die Überwachung und Aufsicht über eine Bank ausübt. Das muss man vielleicht auch noch einmal sagen, weil … Ich möchte ja nichts sagen, aber Ihre Wortmeldung ist auch sehr unterstellend oder legt auch gewisse Schlüsse nahe, gegen die ich mich verwehren möchte.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Das heißt, Sie haben laut Gesetz Ihre Aufgabe, Schaden abzuwenden – was ja nicht funktioniert hat –, eben nicht wahrgenommen und gehofft, dass es andere tun. Kann man das so verstehen, wenn Sie sagen, es hat noch andere gegeben?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Das ist Ihre Interpretation — ich kann das nur als Ihre Interpretation hinnehmen —, offensichtlich das Bild, das Sie sich gemacht haben oder gewonnen haben.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Aber ich glaube, dem ist doch nicht zu widersprechen, dass in den fünf Jahren, in denen Sie dort Ihre Aufsicht wahrgenommen haben, eben der Grundstein für die Milliardenverluste gelegt wurde und Sie in all den fünf Jahren bei allen Sitzungen — und das waren ja sehr, sehr viele — nie irgendeine Wahrnehmung hatten. Wie kann das sein? Das verstehe ich nicht. Das müssen Sie uns bitte erklären. Warum? Wie gibt es das?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Es hat genug Berichte, also Einzelberichte zu Sitzungen an die FMA gegeben. Also jetzt zu sagen, es hätte keine Wahrnehmung gegeben, ist irgendwie wie soll ich sagen ... Ich überlasse die Interpretation Ihnen.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Also Sie behaupten jetzt, es hat Berichte gegeben, in denen Sie sozusagen auf Probleme hingewiesen haben, und die FMA ist dann untätig geblieben.
Es gibt nämlich keinen Bericht.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Nein, das habe ich nicht gesagt. Aber es hat Berichte an die FMA zu den einzelnen Sitzungen gegeben — entweder quartalsweise oder direkt nach Sitzungen, je nachdem, sozusagen, welchen Zeitraum wir jetzt betrachten — und damit auch eine entsprechende Erfüllung der Berichtspflicht gegenüber der Finanzmarktaufsicht.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Ja, aber in all diesen Berichten ist nichts davon gestanden, dass da irgendwie etwas überprüfenswert wäre, sondern da ist immer alles in Ordnung, alles klar, alles genehmigt.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Jetzt darf ich vielleicht nur eines sagen: Die Namen, die hier teilweise heute genannt wurden — nicht von mir, aber von anderen Personen in diesem Raum — betreffend Kreditengagements, die möglicherweise problematisch sind: Das war ja auch Thema bei Besprechungen zwischen FMA und Hypo-Vorstand. Da braucht dann nicht der Staatskommissär noch einmal quasi einen Hinweis darauf zu machen, sondern da hat es ja ohnehin schon Gespräche zu bestimmten Engagements gegeben, die sich als kritisch erwiesen haben.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Aber nicht auf Ihr Betreiben hin! Das heißt, da ist die FMA von sich aus aktiv geworden, und nicht auf Ihr Betreiben hin.
Vorsitzende Doris Bures : Herr Abgeordneter, ich mache Sie nur darauf aufmerksam, dass die Redezeit schon auf die nächste Runde geht.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Okay, nur diese Frage noch: Also das war nicht auf Ihr Betreiben hin, das geschah von sich aus?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Das hat sich teilweise aus den Prüfungsberichten der Bankprüfer ergeben und teilweise aus den Erhebungen, die die FMA selbst getroffen hat. Diese Gesprächsbedarfe haben sich teilweise daraus ergeben, ja.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Also das heißt, wenn man das zusammenfasst, war Ihre Tätigkeit dort nicht von Nutzen, was jetzt diese Kontrolle betrifft. Ist das richtig?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Das ist eine Schlussfolgerung, die Sie ziehen. Was soll ich dazu sagen?
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Wir legen jetzt auch ein weiteres Dokument vor, nämlich den Prüfbericht der Oesterreichischen Nationalbank aus dem Jahr 2004 zur Hypo Alpe-Adria, den Sie jetzt eben zu Gesicht bekommen. Und da möchte ich auf eine Stelle referenzieren, nämlich auf die Seiten 17 und 18, wo die Oesterreichische Nationalbank eine interessante Feststellung getroffen hat. Die Nationalbank stellt nämlich fest, dass es laut einem Gespräch aus dem Jahr 2004 des Hypo-Vorstands Striedinger mit Wirtschaftsprüfern zu einer — wie es heißt — angestrebten Optimierung des Ablaufs von Jahresabschlussprüfungen kommen soll.
Ich zitiere da jetzt Vorstand Striedinger: Es soll sichergestellt werden, dass in den Sitzungen des Aufsichtsrates, wo die Jahresabschlüsse geprüft beziehungsweise genehmigt werden, nicht Prüfungs- und Bilanzierungsthemen besprochen werden, was gänzlich ausgeschlossen werden muss. — Zitatende.
Also Vorstand Striedinger sagt nichts anderes, als dass im Aufsichtsratsgremium, das natürlich auch für die Kontrolle der Bankbilanzen zuständig ist, diese Themen nicht besprochen werden dürfen, sondern sie sollen mehr oder minder durchgewunken werden. Frau Dr. Kanduth-Kristen, ich weiß nicht, wie haben Sie auf dieses Ansinnen reagiert?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Also ich kann zu dem Ansinnen insofern nichts sagen, als mir dieses Gesprächsprotokoll ... Ich weiß nicht, was das für ein Gesprächsprotokoll ist, das hier angesprochen wird, vom , also ich kenne dieses Gesprächsprotokoll nicht. Ich weiß jetzt nicht, wer hier mit wem gesprochen hat, also das sehe ich jetzt nicht, dieses Gesprächsprotokoll, es war mir auch nicht bekannt, dieses Gesprächsprotokoll, insofern ist es jetzt ein bisschen schwierig, dazu etwas zu sagen.
Ich weiß nicht, woher der Bankprüfer das hat. Das kann ja wohl nur ein internes Gesprächsprotokoll gewesen sein — also davon gehe ich aus — und nicht eines einer Aufsichtsratssitzung, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass in einer Aufsichtsratssitzung so etwas besprochen worden wäre.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Also wie gesagt, die Quelle ist der Bericht der Oesterreichischen Nationalbank, das muss dann natürlich aus einem internen — davon gehe ich auch aus — Gesprächsprotokoll zitiert sein; aber festgestellt durch die Oesterreichische Nationalbank. Das heißt: Sie haben in Ihrer Funktion als Staatskommissärin und als Teilnehmende in den Aufsichtsratssitzungen keine Wahrnehmungen dazu gehabt?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Also dieses Gesprächsprotokoll kann nur irgendein internes sein. Das kann kein Aufsichtsratsprotokoll sein, denn ich hätte wirklich keine Erinnerung daran, dass so etwas gesagt worden wäre, denn das wäre ja wirklich kontraproduktiv.
Und im Übrigen muss ich dazusagen, dass natürlich ich selbst bei Sitzungen —weil es jetzt gerade hier angesprochen wird — des Bilanzausschusses, der ja im Prinzip die Beschlussfassung über eine Bilanz vorbereitet, in der Aufsichtsratssitzung, ja auch Fragen gestellt habe — zum Beispiel an den Bankprüfer zur Höhe von Einzelwertberichtigungsbedarfen oder auch zu den Fragen: Was ist im bankaufsichtlichen Prüfungsbericht angemerkt? Gibt es darüber hinaus auch noch Informationen, die für die Aufsichtsrätinnen und Aufsichtsräte wichtig wären?
Also diese Wortmeldungen gibt es auch nachgewiesenermaßen in einzelnen Sitzungen.
Zu dem Gesprächsprotokoll — ich kann mir nur vorstellen, dass es ein internes ist—: Das kenne ich nicht, und ich kann dazu auch nichts sagen.
Mag. Werner Kogler (Grüne) : Entschuldigung, zur Aufklärung: Das war ein Gespräch, tatsächlich des Striedinger, allerdings mit den Wirtschaftsprüfern. ( Abg. Lugar: …Aufklärungsrunde?) — Wir haben das im Bankenausschuss auch so gehandhabt, bevor hier die Gefahr eines falschen Vorhalts besteht, sage ich das; das ist auch herauszulesen.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Frau Präsidentin, ich gehe einmal davon aus, dass das jetzt nicht auf meine Redezeit geht; ich wollte mir da auch nicht die Aufgabe anmaßen, Vorsitz zu führen — aber gut, bitte.
Frau Dr. Kanduth-Kristen, also dieses Gesprächsprotokoll haben Sie nicht gesehen, aber meine Frage war dann auch inhaltlicher Natur: Wie war denn Ihre Wahrnehmung in den Aufsichtsratssitzungen: Ist dort noch wirklich inhaltlich-kritisch zu Bilanzthemen gesprochen worden oder ist dort nur mehr alles durchgewunken worden?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Also die Diskussion zum Jahresabschluss hat primär in den sogenannten Bilanzausschusssitzungen oder auch Prüfungsausschusssitzungen stattgefunden, die ja im Prinzip vorgelagert sind — oder eben teilweise sogar mit Unterbrechung einer Aufsichtsratssitzung, Abführung des Bilanzausschusses und dann Wiederaufnahme der Aufsichtsratssitzung —, und in diesen Bilanzausschüssen oder später dann Prüfungsausschüssen ist zum Jahresabschluss diskutiert worden. Man müsste sich jetzt auch die Protokolle anschauen, wie kritisch die Fragen dort waren, denn da werden Sie sich eine Meinung bilden können.
Ich kann nur sagen, da hat es auch Wortmeldungen gegeben, sozusagen auch meinerseits, zum Beispiel in einer Sitzung im März 2006, eben genau zu dieser Frage: Sind Wertberichtigungen in ausreichender Höhe gebildet worden? Das ist eine Frage an den Bankprüfer, der ja eben auch die Aufgabe hat, zu schauen, ob die Risikovorsorge ausreichend ist, anhand von Stichproben, die genommen und gezogen werden.
Wenn das nicht der Fall wäre, würde sich ja sozusagen das Ergebnis der Bank verschlechtern, und dann wäre der Jahresabschluss nicht richtig und könnte auch nicht testiert werden. Insofern auch, noch einmal, die Frage an den Bankprüfer, ob eine Überprüfung der Einzelwertberichtigungspolitik stattgefunden hat und ob das ausreichend ist, und eben auch die Frage, ob es über das, was im bankaufsichtlichen Prüfbericht, der ja auch vom Wirtschaftsprüfer zu erstellen ist, ob darüber hinaus berichtenswerte Themen da sind: In dieser Sitzung habe ich damals die Antwort bekommen: Nein, das ist nicht der Fall. Es gibt keine berichtenswerte Themen. — Und vier Tage später hat der Wirtschaftsprüfer sein Testat zurückgezogen.
Ich meine, da kann man sozusagen nachfragen, man kriegt die Antwort: Es passt alles. — Und vier Tage später wird das Testat zurückgezogen. Da kann man sich dann auch ein Bild machen, ja.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Habe ich Sie dann richtig verstanden, dass also die ...
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Es war sechs Tage später: also nicht vier Tage, sondern sechs Tage später, denn die Sitzung war am 24.3. und der Widerruf am 30.3.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Habe ich Sie dann richtig verstanden, dass die wesentlichen inhaltlichen Diskussionen zu Bilanzthemen nicht in den Aufsichtsratssitzungen stattgefunden haben, sondern im Bilanzausschuss?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Primär im Bilanzausschuss, wobei der Bilanzausschuss quasi die Beschlussfassung im Aufsichtsrat vorbereitet. Der Bilanzausschuss, oder dann später der Prüfungsausschuss genannt, gibt ja eine Beschlussempfehlung für den Aufsichtsrat ab. Er beschließt selber nicht die Bilanz, sondern gibt eine Beschlussempfehlung ab.
Wobei man aber dazu sagen muss: Erst seit 2009 steht eigentlich im Gesetz drinnen, dass der Staatskommissär auch zu diesen Ausschüssen wirklich zwingend einzuladen ist. Das wurde aber bei der Hypo immer so gehandhabt, weil das natürlich ein ganz wesentlicher Ausschuss ist, in dem die Vorbereitung für die Beschlussfassung über den Jahresabschluss und eben auch die Diskussion zum Jahresabschluss stattfinden.
Im Aufsichtsrat selber konnte dann natürlich auch noch diskutiert werden, das ist ganz klar, aber natürlich nicht mehr in dieser Intensität.
Vorsitzende Doris Bures : Herr Abgeordneter, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass das von der Redezeit her Ihrerseits die letzte Frage in der zweiten Runde ist.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Kann ich noch eine Minute von der dritten Runde in Anspruch nehmen?
Vorsitzende Doris Bures : Es gibt die Vereinbarung, dass die Überschreitung in minimalem Ausmaß so möglich ist. Die eine Frage geht jedenfalls noch. Ich wollte Sie nur, bevor Sie sie stellen, darauf aufmerksam machen. Im Übrigen appelliere ich wirklich noch einmal an alle, dass diese selbst gewählte Redezeit und Redereihung, die wir vereinbart haben, bitte auch einzuhalten ist. — Danke. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Dann höre ich jetzt auf zu fragen, denn mit der einen Frage komme ich nicht aus, das verschiebe ich dann auf die nächste Runde. — Danke.
[…]
Vorsitzende Doris Bures : Wir kommen somit zur dritten Runde. Nächster Fragesteller: Herr Abgeordneter Krainer. — Bitte.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Ich wollte nur kurz dort, wo der Kollege Hable aufgehört hat, etwas anmerken: In diesem Gesprächsprotokoll geht es ja nicht darum, ob Sie oder andere kritische Fragen gestellt haben, sondern mehr oder weniger um die Anweisung an die Wirtschaftsprüfer, nicht vernünftig zu antworten. Das ist ja der Inhalt dieser Gesprächsprotokolle.
Dass Sie Ihre kritischen Fragen stellen, ist ohnehin klar. Die Frage ist: Was kriegen Sie dort für Antworten? — Darum geht es in dem Gesprächsprotokoll, nämlich: Liebe Wirtschaftsprüfer, sagt nicht zu viel im Aufsichtsrat, auch wenn ihr Fragen bekommt, und zwar über Prüfungs- und Bilanzierungsthemen. — Das ist ja der Inhalt davon. Es stellt ja keiner infrage, dass Sie Fragen gestellt haben, nur haben Sie keine gescheite Antwort gekriegt, impliziert das.
Ist Ihnen jemals bekannt gewesen, dass es ein derartiges Gesprächsprotokoll gibt?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Nein, das ist mir nicht bekannt gewesen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Das heißt, die FMA, die davon Kenntnis hatte, hat Ihnen das nie gesagt? Sie hat Ihnen nie gesagt: Ist Ihnen eh klar, dass Sie angelogen werden oder nicht vernünftige Antworten bekommen vom Wirtschaftsprüfer? — Das ist Ihnen nie mitgeteilt worden?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Nein, ist mir so nicht mitgeteilt worden.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Sie haben vorhin von Gesprächen zu Kreditengagements gesprochen, die es zwischen der FMA und dem Management gab. Woher wissen Sie das?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich weiß es beispielsweise, weil im Jahr 2005 ein Managementgespräch zwischen dem damaligen Vorstand der FMA und dem Vorstand der Hypo Alpe-Adria International AG stattgefunden hat. Das Protokoll zu diesem Gespräch wurde mir in meiner Funktion als Staatskommissärin übermittelt.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Sie haben vorhin davon gesprochen, dass es im Kreditausschuss und auch dann im Aufsichtsrat durchaus kontroverse Diskussionen zu Kreditfällen gab. Nur damit wir da ein Bild haben: An was erinnern Sie sich da bei der kontroversesten kontroversen Diskussion? Nur dass wir ein Bild haben, was kontrovers heißt, denn das kann ja viel oder wenig heißen.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Also, da kann ich jetzt in dem Sinn kein Beispiel nennen, aber zum Beispiel war das Thema der Sicherheitenbestellung schon auch ein Thema im Kreditausschuss, ob eben Sicherheiten vorhanden sind oder auch nicht.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Ja, und da hat es geheißen: Nein, da gibt es keine, und dann haben alle gesagt, das ist okay, oder ...?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Vielleicht jetzt nicht als Beispiel für kontrovers, aber als Thema, das diskutiert wurde, als Thema, das ein Diskussionsthema war.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Ja, ja, aber wir wollen hier ein Bild davon haben, wie das dort abgegangen ist. Können Sie da ein Bild zeichnen? Es muss ja kein konkreter Fall sein, oder es kann ein konkreter Fall sein, an den Sie sich erinnern, weil er besonders kontrovers war.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Also konkreten Fall? Sie müssen bedenken, dass das jetzt nicht gerade gestern war oder auch nicht voriges oder auch nicht vorvoriges Jahr: Ihnen jetzt einen konkreten Fall zu beschreiben, das ist ein bisschen schwierig, nämlich auch vor dem Hintergrund der Wahrheitspflicht, denn die Erinnerung trügt einen dann vielleicht ja doch. Also das ist ein bisschen schwierig.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Ja, ja. Also Sie haben gleich gesagt, die Erinnerung könnte Sie trügen, aber jetzt können Sie ja trotzdem aus der Erinnerung plaudern. Jetzt haben wir schon festgestellt, dass das dann nicht immer eins zu eins mit der Realität zu tun hat. Ist in Ordnung, geschenkt.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Das Letzte habe ich jetzt nicht verstanden.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Es ist geschenkt. Es ist nicht eins zu eins, die Erinnerung könnte Sie trügen, das ist geschenkt.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich darf nur vielleicht den Eindruck vermitteln, den ich vom Vorsitzenden des Kreditausschusses hatte, der selbst eigentlich den einzelnen Engagements gegenüber sehr kritisch war. Ich möchte jetzt keinen Namen nennen, weil ich nicht weiß, wie das mit der Namensnennung ist, aber Sie können selbst nachschauen, wer das war, das ist ja in den Protokollen vermerkt. Da hatte ich den Eindruck, dass insbesondere auch der Vorsitzende die einzelnen Engagements oder auch die zu vergebenden Kredite schon auch kritisch hinterfragt hat.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Und ob gewisse Formblätter verwendet wurden. — Ich habe es auch gelesen, aber das ist egal.
Ich habe noch eine andere Frage. Was war eigentlich das Geschäftsmodell der Hypo Alpe-Adria?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Was meinen Sie jetzt?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Das Geschäftsmodell der Bank. Sie waren ja vorher bei der Volksbank, die haben ein anderes Geschäftsmodell.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Eine Universalbank.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Und die Landeshaftungen spielten bei diesem Geschäftsmodell keine Rolle? Oder war das ein essenzieller Bestandteil...?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Das Thema hatten wir ja vorhin schon.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Ja, und wir haben es wieder. War das ein essenzieller Bestandteil des Geschäftsmodells?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich meine, Sie haben das vorhin selbst zum Ausdruck gebracht, dass das ein Thema war, auch mit dem Rating der Bank über die Landeshaftung. Ich weiß jetzt nicht, was Sie von mir hören wollen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Entweder ja oder nein. Das als mögliche Antworten — oder alle anderen Antworten, die Sie für richtig halten. Ich will Ihnen jetzt nicht die Antwort vorschreiben. Waren die Landeshaftungen ein essenzieller Bestandteil des Geschäftsmodells der Bank?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Wenn Sie jetzt das Geschäftsmodell der Bank hinterfragen wollen, dann bitte wenden Sie sich an die Vorstände der Bank.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Entschuldigen Sie, Sie sind in der Aufsicht dort, und Sie waren vorher bei den Volksbanken, da gibt es ein anderes Geschäftsmodell: Einlagen — Kredite. Bei der Hypo: kaum Einlagen — viele Kredite. Geschäftsmodell: Ich hole mir das Geld billig am Kapitalmarkt und nicht über Einlagen. Das ist, vereinfacht gesagt, ein Geschäftsmodell. Waren die Landeshaftungen ein essenzieller Teil des Geschäftsmodells der Bank? Sie sind Universitätsprofessorin dafür, Sie müssen sich doch hundertmal besser auskennen als ich!
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Es war sicher ein Bestandteil, natürlich, ja.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : 2003 waren Sie noch im Kabinett, da ist von Brüssel gekommen: He, das widerspricht Wettbewerbsrecht! — Waren Sie da in irgendeiner Form eingebunden in diese Verhandlungen oder in Vorbereitungen für diese Übergangslösung, die dann, glaube ich, von Bundesminister Grasser verhandelt wurde?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich war bis Februar 2003 im Kabinett, und da war das, glaube ich, noch kein Thema.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : In Ihrer Funktion als Aufsichtsratsmitglied der FMA, wurde dort thematisiert: He, es gibt jetzt massive Änderungen am Geschäftsmodell für alle Hypothekenbanken in Österreich! Das galt ja nicht nur für die Hypo Alpe-Adria, sondern für alle. — War das dort Thema?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Das kann ich Ihnen so jetzt nicht mehr sagen, das weiß ich nicht.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : War es in der Bank selber Thema? Wurde diskutiert: He, unser Geschäftsmodell funktioniert ab nicht mehr, was ist unser neues Geschäftsmodell? — Gab es darüber Diskussionen, dass man ein neues Geschäftsmodell braucht?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Nicht in der Form, wie Sie das jetzt darstellen.
[…]
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Also zu diesem Bericht der Internen Revision kann ich Ihnen konkret nichts sagen. Es ist mir jetzt nicht erinnerlich, ob das im Aufsichtsrat Thema war oder nicht. Zu den von Ihnen genannten Kreditengagements: Die waren schon ein Thema, auch im Aufsichtsrat, weil die ja damals schon problematisch waren, nur quasi noch nicht in einer Dimension, die eine Gefährdung der Gesamtbank hätte herbeiführen können.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Also laut Gesetz geht es ja nicht gleich um die Gefährdung der Gesamtbank sondern um Gläubigerinteressen und auch um Interessen der Sparer. So wie ich die Gesetzeslage einschätze, hätten Sie selbstverständlich hier Feuer schreien müssen, dementsprechend einschreiten beziehungsweise eine Meldung an die FMA machen müssen, was ja unterblieben ist.
Aber ein anderer Punkt: Ich glaube, wenn man all das hört, kann man den Eindruck gewinnen, Sie wurden als politisches Feigenblatt in die Bank geschickt und Sie haben sich auf das verlassen, was man Ihnen gesagt hat. Die Frage ist ja nicht, ob Sie das getan haben, die Frage ist, ob Sie das auch konnten und ob das auch legitim war. Dazu gibt es ein Schreiben, das eindeutig beweist, dass es eben nicht legitim war, sich auf das zu verlassen, was man Ihnen gesagt hat.
Es stammt von Dr. Harald Rohrer vom und ist an die FMA gerichtet. Da stehen ganz interessante Sachen drinnen, und zwar – ich zitiere –:
Wie läuft die Methode Dr. Kulterer? Er kauft Leute, indem er sie zu Nehmern und damit zu Mittätern macht. Wer nicht mitspielt, wird erledigt.
– Und jetzt kommt es: –
Es werden Prüfberichte der Revision und Externa so lange überarbeitet und geändert, bis sie dem Sinn des Herrn Kulterer entsprechen. – Zitatende.
Und das haben Sie bekommen, beziehungsweise die FMA. – Ich gehe einmal davon aus, dass Sie das weitergeleitet bekommen haben. Oder wollen Sie behaupten, dass Sie als Organ der FMA, als Aufsichtsrat der FMA nicht über so wichtige Dokumente informiert wurden? – Und das ist ja ein wichtiges Dokument, in dem behauptet wird, dass der Herr Kulterer ganz bewusst Prüfberichte manipuliert und Feinde innerhalb der Bank entweder kauft oder mundtot macht. Da hätten Sie Feuer schreien müssen und sich nicht mehr auf das verlassen, was man Ihnen dort sagt.
Und da ist eben die Frage: Sind Sie als Feigenblatt entsandt worden? Haben Sie das auch so empfunden? Haben Sie das auch so gelebt? Warum haben Sie dann nicht Feuer geschrien?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Die Frage zu beantworten ist eine Herausforderung. Bin ich ein Feigenblatt? — Ich gehe davon aus, dass ich das nicht bin. Ich bin auch keine Politikerin, weil Sie vorher gefragt haben, ob ich ein politisches Feigenblatt bin. Ich bin auch keine Politikerin, so gesehen glaube ich, frei von dem Verdacht zu sein, irgendeine politische Ambition oder sonst irgendetwas zu haben, hoffe ich zumindest ( Abg. Lugar : Aber der, der Sie geschickt hat! Das wäre möglich! ), entsandt vom Bundesministerium für Finanzen, Organ aber der Finanzmarktaufsicht, die ja eigentlich gerade mit dem Hintergedanken ausgegliedert wurde, sie aus dem politischen Einfluss herauszunehmen. Das war ja auch der Hintergedanke, warum man die Finanzmarktaufsicht als Anstalt öffentlichen Rechts eingerichtet hat, die eben nicht mehr im BWF sitzt und als eine Sektion quasi dem Finanzminister weisungsgebunden ist, sondern sie als Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Verantwortung ausgegliedert hat. Das war die Zielsetzung der damaligen Reform, die 2001 umgesetzt wurde und im April 2002 operativ geworden ist. So gesehen, glaube ich, war das gerade die Zielrichtung, weg von der politischen Einflussnahme — falls es eine davor gegeben hat—, hinaus, sozusagen, in die Weisungsfreiheit, damit auch die Aufsichtstätigkeit frei von politischem Einfluss erfolgen kann.
Ich kann ihnen nur sagen, es hat in meiner Funktionsperiode als Staatskommissärin keine politische Einflussnahme auf mich gegeben. Ich habe mich bemüht, meine Funktion dort dem Gesetz entsprechend auszuüben. Ich entnehme Ihren Ausführungen, dass Sie das anders sehen. Es kann sich jeder eine Meinung bilden, das ist jedem unbenommen. Ich kann Ihnen nur sagen, ich habe versucht, meine Funktion dem Gesetz entsprechend auszuüben. Sie können das jetzt im Nachhinein anders beurteilen.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Im Gesetz steht ja, Sie müssen Schaden abwenden, das heißt, wenn der Vorstand beziehungsweise der Herr Kulterer den Prüfbericht manipuliert, und das wird ja hier unterstellt ... Kennen Sie dieses Schreiben, wissen Sie davon?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich habe jetzt vorher den Namen des Verfassers nicht verstanden.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Dr. Harald Rohrer war langjähriger Mitarbeiter in der Bank. Und er schreibt am an die FMA dieses Schreiben. Also ich gehe davon aus, dass Sie das weitergeleitet bekommen haben.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Also ich glaube nicht, dass ich das weitergeleitet bekommen habe.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Glauben Sie es oder wissen Sie es?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Also ich kann mich nicht erinnern, dieses Schreiben gesehen zu haben. Ich tue mir jetzt optisch schwer, das zu identifizieren, aber ich kann mich nicht erinnern, so ein Schreiben bekommen zu haben, denn gerade in dieser Phase ab März 2006 habe ich den Schriftverkehr mit der FMA — auf der einen Seite den Bescheid, der betreffend Erstellung der Jahresabschlüsse ergangen ist, und auf der anderen Seite das Schreiben betreffend Ermittlungsverfahren gegen Geschäftsleiter ... Ich kann mich nicht erinnern, dieses Schreiben bekommen zu haben. Ich werde das noch einmal versuchen, aufzuklären, aber ich kann mich daran nicht erinnern.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Das heißt: Die FMA hat Ihnen dieses Schreiben vorenthalten und hat selbst auch keinerlei Maßnahmen gesetzt, in irgendeiner Form zu überprüfen, ob das, was darin steht, auch der Wahrheit entspricht?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Also diese letzte Frage müssen Sie an die Vertreter der FMA richten, dazu kann ich jetzt nichts sagen. Ich kann nur sagen, dass mir jetzt nicht erinnerlich ist, dieses Schreiben bekommen zu haben.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Ich möchte fortfahren, Frau Dr. Kanduth-Kristen, wo wir aufgehört haben, nämlich beim Prüfungsausschuss. Sie haben uns berichtet, dass die wesentlichen inhaltlichen Diskussionen nicht im Aufsichtsrat, sondern in diesem Prüfungsausschuss stattgefunden haben. Können Sie uns sagen, wer dort Mitglied war?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Das kann ich Ihnen jetzt auswendig nicht sagen, wer dort Mitglied war. Das ist ein Gremium, das natürlich kleiner ist als der Aufsichtsrat. Da waren Teile des Aufsichtsrats vertreten. Wer das jetzt im Konkreten war— da müsste man in die Protokolle Einsicht nehmen —, kann ich Ihnen jetzt nicht wirklich sagen. Vor allem hat es ja auch Veränderungen im Laufe der Zeit gegeben, es war nicht statisch, sondern es hat auch Wechsel in den Gremien gegeben und dementsprechend auch in den Ausschüssen.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Wie viele Mitglieder hat dieser Prüfungsausschuss gehabt? Sie sind ja drinnen gesessen— also?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ja, ich bin drinnen gesessen. Es war natürlich der Vorstand drinnen, weil der über die Bilanz Auskunft gibt. Dann waren die Aufsichtsräte vertreten. Es waren die Arbeitnehmervertreterinnen drinnen — also ich müsste jetzt nachschauen. Ich könnte Ihnen jetzt ad hoc auch gar nicht sagen, wie viele Mitglieder im Aufsichtsrat waren, das müsste ich mir jetzt auch noch einmal vergegenwärtigen. Ich bin jetzt nicht in der Osterwoche zu Hause gesessen und habe die Namen abgezählt, und es ist doch schon ein bisschen länger her. Aber ich denke, das ist jetzt auch nicht das maßgebliche Thema, wie viele Leute da jetzt drinnen waren. Es war ein Ausschuss des Gesamtaufsichtsrates.
Es war mit Sicherheit der Aufsichtsratsvorsitzende drinnen, weil es ein wichtiges Thema war. Das war eine Zeit lang Dr. Moser, da hat es ja dann auch Änderungen gegeben. Wer von den ordentlichen Aufsichtsratsmitgliedern noch im Prüfungsausschuss war, müsste ich nachschauen. Aber das, glaube ich, habe ich in meinen Berichten auch nicht wirklich vermerkt.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : War der Herr Striedinger, dem ja dieses Zitat zugesprochen wird, also die Absicht, alle wesentlichen Bilanzdiskussionen dem Aufsichtsrat vorzuenthalten, Mitglied des Prüfungsausschusses?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Der Herr Dr. Striedinger kann nicht Mitglied des Prüfungsausschusses der HB Int v gewesen sein, weil er ja Vorstandsmitglied war. Und der Prüfungsausschuss ist ein Ausschuss des Aufsichtsrates, der aus den Aufsichtsratsmitgliedern bestückt wird. Herr Dr. Striedinger könnte dort Auskunftsperson gewesen sein, so ist das ja üblich: Der Vorstand gibt Auskunft über die Bilanzen. Bei der Hypo Österreich waren das als Vorstand zu meiner Zeit Frau Maller-Weiß, Herr Xander und Herr Kircher, und bei der Hypo International waren es Herr Kulterer, Herr Striedinger, Herr Kircher und Herr Morgl, wobei ich mir jetzt nicht sicher bin, ob alle beim Prüfungsausschuss wirklich auch dabei waren. Es kann sein, dass das auch nur ein Teil des Vorstands war, und vom Aufsichtsrat eben auch ein entsprechender Teil.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Dieser Bericht der Oesterreichischen Nationalbank, den Sie vorliegen haben, ist ja nicht nur ein Bericht der Nationalbank, sondern ein Bericht, der von der Nationalbank im Auftrag der FMA erstellt worden ist. Sie haben jetzt schon mehrfach gesagt, Sie kennen diese Berichte nicht. Habe ich Sie da richtig verstanden?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Genau.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Also das interessiert mich jetzt schon. Das sind Prüfungen, die vor Ort durch Teams der Nationalbank vorgenommen werden, im Auftrag der Finanzmarktaufsicht. Und Sie selbst als Staatskommissärin sind Organ der Finanzmarktaufsicht, und Sie bekommen diese Berichte der Sie entsendenden Organisation nicht, oder Sie holen sich diese Berichte nicht. — Wieso?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ja, ich kann mich nicht erinnern, diesen Bericht gesehen zu haben, also wird das so gewesen sein.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Aber Sie haben gewusst, dass es solche Prüfungen von der Nationalbank im Auftrag der FMA gibt.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Genau. Und die Schlüsse aus diesen Berichten zieht die Finanzmarktaufsichtsbehörde, und wenn Sie es für notwendig hält, die Information an den Staatskommissär weiterzugeben, der vor Ort in der Sitzung sitzt, dann wird sie das machen, und wenn nicht, dann wird das nicht geschehen.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Sie trennen da immer zwischen Ihnen und der Finanzmarktaufsicht. Ich meine, Sie sind ja Organ der Finanzmarktaufsicht. Gehe ich recht in der Annahme, dass die Finanzmarktaufsicht Prüfungen durch die OeNB beauftragt, dann liegen Ergebnisse am Tisch, und sie werden mit der zuständigen Staatskommissärin in dieser Bank nicht diskutiert?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Eine Diskussion zu diesen Prüfberichten mit der Staatskommissärin oder dem Staatskommissär gibt es nicht. Es gibt vonseiten der FMA eine Diskussion zu den Prüfberichten mit der Bank selbst, das ist ganz klar, aber nicht mit der Staatskommissärin in dem Sinn.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Und warum sind Sie dann nicht dabei? Sie sind sozusagen Auge und Ohr der Finanzmarktaufsicht in der Bank. Warum würden Sie bei solchen wesentlichen Diskussionen nicht dabei sein beziehungsweise warum würden Sie sich als Staatskommissärin dort nicht reinreklamieren? Also wann, wenn nicht dort?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich glaube das stünde mir gar nicht zu — davon gehe ich aus —, dass ich mich da reinreklamieren könnte. Vielmehr ist es so, dass die Ergebnisse von solchen Gesprächen, wie zum Beispiel dieses zitierte Managementgespräch, das es 2005 gegeben hat, dann auch der Staatskommissärin mitgeteilt werden. Bei der Diskussion selbst ... Ich war auch nicht bei diesem Managementgespräch dabei, das ist so nicht vorgesehen gewesen. Die Informationen, die Ergebnisse sind mir dann kommuniziert worden.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Sind Sie bei den zwischen Finanzmarktaufsicht und Nationalbank etablierten Koordinationsgremien eingebunden?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : In dem zwischen OeNB und FMA etablierten Koordinationsgremium?
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Es gibt zwischen Finanzmarktaufsicht und Nationalbank Koordinationsgremien, Abstimmungsforen, Abteilungsleiterforen, also das müssten Sie wahrscheinlich besser wissen als ich. Meine Frage ist, ob Sie als Staatskommissärin bei diesen Gremien, bestehend aus Vertretern der FMA und der OeNB, eingebunden waren.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Nein.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Es gibt seit Juni 2004 einen Risikoworkshop, auch als informelle Plattform zwischen Finanzmarktaufsicht und Nationalbank, mit Schwerpunkt, wie das Wort schon sagt, Risiko heimischer Banken — vor allein mit dem Fokus Südosteuropa. Die Hypo ist gerade im Fokus von so etwas. Waren Sie bei diesem Risikoworkshop zwischen FMA und OeNB in irgendeiner Form eingebunden?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Nein.
Vorsitzende Doris Bures : Ich habe einen Vorschlag, was die vierte Runde betrifft, in der Sie sich laut Redeordnung noch einmal zu Wort melden können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte Sie darüber informieren, dass gemäß § 37 Z 4 die Befragung der Auskunftsperson 3 Stunden nicht überschreiten soll und jedenfalls längstens nach 4 Stunden von mir als beendet zu erklären ist. Wir sind jetzt bei knapp 3 Stunden, und deshalb werde ich jetzt noch eine Rederunde aller Fraktionen vornehmen und dann die Fraktionsvorsitzenden zu einer kurzen Besprechung über die weitere Vorgangsweise, nachdem mir ja auch die Behandlung von Unterlagen der Klassifizierungsstufe 2 ordnungsgemäß vorliegt, zu mir bitten.
Das heißt, wir gehen jetzt weiter in die 4. Runde, und Fragesteller ist Herr Abg eordneter Krainer. — Bitte.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Ich wollte nur noch einmal zum Geschäftsmodell zurückkommen. Die Landeshaftungen des Geschäftsmodells waren ja ein essenzieller Bestandteil, das haben wir ja schon gemeinsam erarbeitet. Jetzt war klar, 2003, 2007 funktioniert das Geschäftsmodell nicht, und in dieser Zeit sind die Landeshaftungen von — je nach Quelle — 8 bis 11 Milliarden bis zum Übergangszeitraum, wo sie in etwa aufgehört haben, auf 25 Milliarden explodiert — in drei Jahren; von 8 bis 11, je nach Quelle, auf 25!
Ich weiß, mein Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr, und die letzte verbleibende Zeit drücke ich das Gaspedal durch—das ist das Bild, das ich davon habe. Was hatten Sie da für eine Wahrnehmung oder für ein Bild in diesen Jahren, als Sie gemerkt haben, dass bei diesem Geschäftsmodell, das nicht mehr funktionieren wird, ab 2007, jetzt noch einmal Vollgas gegeben wird? War Ihnen klar, wo es da hingeht?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich denke, Sie haben jetzt die Frage schon irgendwie mit einer Antwort verpackt. Die Zunahme ist ja sozusagen belegt, ich hätte dagegen aber keinen Einspruch erheben können.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Das habe ich Sie jetzt auch nicht unbedingt gefragt, ob Sie einen Einspruch hätten erheben sollen, sondern: Was war Ihr Bild für die Zukunft dieser Bank? Sie haben ja selber gesagt, § 76 Abs 8, glaube ich: Die Bank muss zahlungsfähig bleiben gegenüber ihren Gläubigern, und Sie merken, die Bank hat jetzt ein Geschäftsmodell, das abrennt, das ein Ablaufdatum hat, sie hat noch kein neues Geschäftsmodell und gibt jetzt Vollgas. Was haben Sie sich da gedacht?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Das war ja auch das Thema für die Bank selbst, das zu überlegen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Ja, und Ihre Aufgabe war es, dort zu sein und zu schauen: Stellen sie sich der Frage? Beantworten sie diese Frage? Haben sie ein neues Geschäftsmodell erarbeitet? Sind die Strukturen so gebaut, dass ich jetzt diese Übergangsfrist ...? Sie müssen ja darauf achten, dass eine Bank nicht nur ein halbes Jahr oder zwei Jahre existiert, sondern auch über den Tag X hinaus. Das ist ja Ihre Aufgabe — § 76 Abs 8.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Damals hat es ja auch noch entsprechende Planungen des Vorstandes über die weitere Entwicklung der Bank gegeben. Das ist ja natürlich in den Aufsichtsratssitzungen auch Thema gewesen, die strategische Entwicklung.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Was war das Bild, und war das real? Das interessiert mich jetzt einfach. Das muss doch ein Thema gewesen sein, fast in jeder Sitzung.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Das ist jetzt schwer zu sagen — war das real oder nicht? Die Schwierigkeit, die damals eingetreten ist, hat sich ja im Jahr 2006 ergeben mit dem Widerruf des Testats, und da hat sich natürlich die Situation für die Bank massiv verändert, zusätzlich zu dem Auslaufen der Landeshaftungen. Das Auslaufen der Landeshaftungen war ja bekannt, das war ja eine mehr oder weniger planbare Größe, weil bekannt. Die nicht planbare Größe, zumindest einmal für diejenigen, die davon keine Kenntnis hatten, war der Umgang mit den Verlusten, die 2004 begründet und dann 2006 aufgedeckt wurden.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Also weder für die planbaren noch für die unplanbaren Probleme gab es aus Ihrer Sicht die richtigen Antworten?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Der Vorstand hat natürlich schon seine strategischen Planungen vorgelegt, das ist ja dann auch im Aufsichtsrat diskutiert worden.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Was waren die? Und: Was haben Sie sich gedacht? Was haben Sie dazu gesagt?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich kann Ihnen jetzt nicht die Strategie der Expansion, oder wie auch immer Sie das nennen mögen, jetzt im Detail hier darlegen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Und grob?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Was wollen Sie gerne hören? Wir sind jetzt eigentlich Wieder bei der Frage, die Sie eh schon einmal gestellt haben. Irgendwie drehen wir uns jetzt ein bisschen - im Kreis.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Solange ich keine Antwort bekomme, werde ich halt nachfragen, ja.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Sie werden auch nicht mehr an Antwort bekommen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Dann kann ich nur subsumieren: Es gab nicht wirklich ein greifbares Modell, denn wenn es eh ein klares Modell oder eine Strategie gab, dann müssten Sie uns jetzt in zwei, drei Sätzen erklären können, was die war.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Nein, das kann ich nicht in zwei, drei Sätzen erklären.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Vielleicht in zehn? Sie dürfen antworten, solange Sie wollen, ich habe eine Begrenzung bei der Frage, Sie können so weit ausholen, wie Sie wollen.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich kann nur sagen, ich habe das schon gesagt, es hat natürlich Überlegungen gegeben seitens des Vorstandes über die Entwicklung der Bank, wohin die Bank gehen möchte, in welche Geschäftsfelder und wie auch immer, aber ich weiß jetzt nicht, was Sie von mir zusätzlich noch hören wollen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Welche Geschäftsfelder? Welche Strategie et cetera? Wie haben Sie das überprüft? War das realistisch? Haben Sie geschaut, ob es dafür Beispiele gibt, et cetera?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Die Diskussion hat ja primär im Aufsichtsrat stattgefunden. Das ist ein Gremium und wird sozusagen vom Vorstand über die Vorstellungen des Vorstandes über die weitere Entwicklung der Bank in Kenntnis gesetzt. Das war in der Phase eine ziemlich heikle Angelegenheit, weil sich eben die Rahmenbedingungen ganz gravierend verändert haben, weil die Eigenmittelsituation durch diese aufgetretenen Verluste schlechter war als ursprünglich angenommen.
Natürlich hat es da verschiedene Überlegungen gegeben, die von der Eigenmittelaufbringung über die Strategie der Bank an sich gegangen sind. Das war primär dann auch Thema der Aufsichtsräte, die ja die Eigenkapitalvertreter sind, diese Strategie sozusagen gutzuheißen oder auch nicht gutzuheißen. Ich habe natürlich die Diskussionen dazu verfolgt, aber wenn Sie mich jetzt fragen, ob ich überprüft habe, ob das realistisch ist, dann muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, das habe ich nicht getan, geprüft, ob das realistisch ist, was da an Plandaten vorgelegt wurde. Es hat ja Planrechnungen gegeben und alles Mögliche. — Wenn Sie das jetzt als Antwort haben wollen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) : Ich suche mir die Antwort nicht aus, die suchen Sie sich aus. Ich suche mir nur die Frage aus.
Dann noch eine abschließende Frage: Sie haben selber gesagt, das Problem ist irgendwo 2004, 2005 in der Bank entstanden. Sie waren dort Staatskommissärin, waren bei nicht allen, aber bei allen wichtigen Aufsichtsratssitzungen.
Was müssen wir als Gesetzgeber machen, damit Sie oder andere in dieser Funktion Ihre Tätigkeit besser ausüben können, dass Sie vielleicht schon dann, während die Probleme passieren, sagen: Hey, da passiert ein Problem!? Was muss ich als Gesetzgeber machen, damit Sie Ihre Arbeit das nächste Mal — unter Anführungszeichen — 'besser' machen können, ohne dass ich Ihnen jetzt einen persönlichen Vorwurf machen will? — Das meine ich nicht, sondern strukturell: Welche Werkzeuge haben Sie? Welche Informationen liegen Ihnen strukturell vor? Was muss ich machen, damit Sie Ihre Arbeit besser machen können?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich weiß jetzt nicht, ob diese Antwort zulässig ist, aber ich habe eine ähnliche Frage 2006, das war noch zeitnäher zu meiner Funktion damals als Staatskommissärin, auch schon gestellt bekommen, im damaligen Banken-Untersuchungsausschuss, und meine Antwort, die ich jetzt gerne wiederholen würde, ist die: Wenn Sie meine Meinung hören wollen zu einer Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen im Aufsichtswesen, dann hätten Sie mich hier nicht als Auskunftsperson laden dürfen, sondern als Expertin.
Denn als Auskunftsperson kann ich Ihnen nur über die Wahrnehmungen berichten, die ich als Staatskommissärin in der Bank gemacht habe, und ich möchte es mir nicht anmaßen, dem Parlament, das ja die gesetzgebende Einrichtung in unserem Lande ist, hier und jetzt eine Empfehlung als Auskunftsperson in einem Untersuchungsausschuss dazu abzugeben, welche Änderungen im gesetzlichen Rahmen vorzunehmen wären.
[…]
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Nur noch einmal zum Verständnis: Also wir haben jetzt nachgewiesen, dass Sie im Jahr 2002 gefragt wurden, ob in einer Sache, die an und für sich gar nichts mit Ihnen zu tun hat, mit Kulterer telefoniert werden darf. Vier Jahre später gibt es dann einen Anwurf von Herrn Rohrer an Herrn Kulterer, dass eben die FMA kommt. Sie waren dann auch schon im Aufsichtsrat der FMA.
Sie wollen uns hier glaubhaft machen, dass man Sie einfach nicht davon informiert hat. Frau Mag. Siegl, die dieses Schreiben bei der FMA erhalten hat, hat Sie ganz vorsätzlich anscheinend nicht darüber informiert, dass es dieses Schreiben und dass es diese Vorwürfe gibt. Normalerweise müsste man entweder den Vorwürfen nachgehen oder eine Verleumdungsklage einbringen – entweder oder. Die Anschuldigungen sind ja sehr weitreichend.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich kann meine Antwort, die ich Ihnen vorher gegeben habe, nur noch einmal wiederholen. Also erstens haben Sie vorher, glaube ich, noch nicht von einem Telefonat mit Herrn Rohrer gesprochen – von einem Telefonat weiß ich nichts. Das Schreiben ist, soweit ich mich erinnern kann, nicht zu mir gekommen. Ich habe vorher auch gesagt: Ich werde dem noch einmal nachgehen. Aber vielleicht fragen Sie ja auch die MitarbeiterInnen der FMA, welche Schlüsse die aus diesem Schreiben gezogen haben. Dann klärt sich die Sache vielleicht auch auf.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Ich habe ein Schreiben von 2002 zitiert – was ich heute schon einmal gemacht habe –, wo eben … Dass haben Sie auch zugestanden, dass Sie von Herrn Lejsek gefragt wurden, ob …
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Sie haben jetzt von einem Telefonat von oder mit Herrn Rohrer gesprochen. Das andere haben wir ja schon vorher behandelt.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Was ich eben versuche, hier aufzuklären, ist, dass Sie anscheinend eine sehr wichtige Person sind, weil Sie in verschiedenen Positionen sind und viele Sie um Rat fragen. Und Sie wollen uns hier glaubhaft machen, dass ein so wichtiges Dokument, das Herrn Kulterer und die Bank ganz unmittelbar betrifft und weitreichende Folgen haben könnte, wenn man das verfolgt, nicht an Sie herangetragen wird. Das ist aus meiner Sicht unglaubwürdig.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich habe gesagt: Meiner Erinnerung nach habe ich das nicht bekommen. Ich kann das nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, weil, wenn das von 2002 stammt, ist das jetzt 13 Jahre her. Vielleicht habe ich es ja bekommen. Ich kann das nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen. Meiner Erinnerung nach – zum heutigen Zeitpunkt – habe ich es noch nicht gesehen. Ich habe es jetzt physisch aus der Distanz von Ihnen gezeigt bekommen. Der Absender sagt mir ad hoc nichts.
Aber ich bitte um Verständnis dafür, dass das 13 Jahre her ist. Ich werde dem nachgehen. Sollte ich eine gegenteilige Information ausfindig machen, werde ich das nachliefern. Ich werde das dann einfach zur Verfügung stellen. Also ich möchte das jetzt nicht mit hundertprozentiger Sicherheit ausschließen, weil es wirklich schon ziemlich lang her ist.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Das Dokument ist von 2006 und wir werden Frau Mag. Siegl selbstverständlich fragen, ob sie es Ihnen weitergeleitet hat. Wir werden das sicher im Ausschuss klären.
Wer ist Frau Mag. Siegl überhaupt?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Frau Mag. Siegl ist, wahrscheinlich immer noch, weiß ich nicht – aber damals war sie Mitarbeiterin der Finanzmarktaufsicht, allerdings war sie nicht meine Kontaktperson in der FMA.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Und warum wurde das Dokument an Frau Mag. Siegl geschickt? Haben Sie dazu eine Idee?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Dazu kann ich nichts sagen. Nein, das weiß ich nicht.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : War das nicht der Aufgabenbereich von Frau Mag. Siegl, dass man sich um solche Anwürfe seitens der Hypo kümmert?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Die Aufgabenverteilung innerhalb der FMA – Sie dürfen mich bitte nicht fragen, wie die damals ausgeschaut hat.
Ich weiß, dass Frau Mag. Siegl in der FMA war, weil sie unter anderem den Bescheid an die Hypo mitunterfertigt hat, gemeinsam, glaube ich, mit einem Vorstand – weiß ich nicht. Es waren zwei Unterschriften auf diesem Bescheid und eine war meiner Erinnerung nach von Frau Mag. Siegl. Also ich kenne den Namen.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Wenn man sich den Gesetzestext noch einmal zu Gemüte führt, dann steht darin, Schaden abzuwenden, was die Gläubiger betrifft, und die zu schützen, die Spareinlagen haben. – Jetzt ist das ja nicht gelungen.
Können Sie sagen – auf Basis der fünf Jahre, die Sie dort waren – , was da jetzt weniger schlimm ausgegangen ist? Was war Ihre Bilanz? Sie haben im Nachhinein sicher Bilanz gezogen. Was haben Sie beigetragen, damit der Schaden kleiner wird, oder war Ihr Beitrag nicht sichtbar?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich glaube, das wird offensichtlich Thema dieses Ausschusses sein, das zu eruieren. Das ist ja genau das Thema, die Aufsichtsfunktion zu hinterfragen und auch die Beiträge der Einzelnen in der Aufsicht beschäftigten oder damit befassten Personen aufzuzeigen. Also ich werde es Ihnen überlassen, die Schlüsse zu ziehen.
Ich gehe davon aus, dass ich meine Funktion damals im Wissen, das ich damals hatte, und in Kenntnis der Rahmenbedingungen dem Gesetz entsprechend erfüllt habe — nach bestem Wissen und Gewissen. Wenn der Ausschuss zu einer anderen Meinung kommt, werde ich mir gerne den Ausschussbericht anschauen und für mich selbst Schlüsse daraus ziehen.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Wir wollen Ihre Rolle ja positiv sehen. Deshalb bitte ich Sie, mir zu sagen, ob in den fünf Jahren etwas vorgefallen ist, von dem Sie sagen können, dass Sie da gewarnt haben, dass Sie einen Bericht geschrieben haben, der diesen Inhalt hatte, dass Sie verhindert haben, dass eben gewisse Dinge noch schlimmer werden, als sie tatsächlich geworden sind. Da müssen Sie ja zumindest ein paar Beispiele im Kopf haben. Als Politiker zieht man auch immer Resümee: Was hat man geleistet? — Was haben Sie in Ihrer Funktion — unter Anführungszeichen — 'geleistet'?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich habe den Informationsfluss von der Bank, von den Sitzungen, die in der Bank stattgefunden haben, zur Finanzmarktaufsicht entsprechend hergestellt und diese Informationen auch zeitnah an die Finanzmarktaufsicht weitergegeben, genauso wie es das Gesetz vorsieht.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Aber es gibt keinen einzigen Bericht, den Sie geschickt haben, der vom offiziellen Vorstandsbericht abgewichen ist. Sie haben also in Wirklichkeit nur das, was Sie ohnehin als Protokoll bekommen haben, weitergeschickt. Aber da ist nicht zusätzlich gestanden: Da muss man genauer schauen! Das ist fraglich! — Das fehlt.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Insbesondere für die Einzelberichte zu einzelnen Sitzungen dürfte das nicht der Fall sein. Es gibt ja auch Sitzungsberichte der Staatskommissärinnen — sowohl von meiner Stellvertreterin als auch von mir — zu einzelnen Sitzungen, die eine Wiedergabe des dortigen Sitzungsverlaufes und die wesentlichen Aussagen, die dort getroffen wurden, beinhalten, die zeitnah nach den Sitzungen entweder am selben Tag oder am Tag danach erstellt wurden. Da gab es noch nicht einmal offiziell ein Protokoll der Sitzung.
Insofern kann man das, glaube ich, schon ein bisschen relativieren, was Sie vorher gesagt haben. Ich habe mich nicht darauf beschränkt, Sitzungsprotokolle weiterzuleiten, insbesondere eben nicht in der Phase, in der Einzelberichte zu einzelnen Sitzungen abgegeben wurden. Das ist immer dann der Fall, wenn eben berichtenswerte Ereignisse in einer Sitzung vorgefallen sind.
Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) : Aber Sie haben meine ...
Vorsitzende Doris Bures unterbricht Abg. Lugar, weil seine Redezeit ausgeschöpft ist.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Ich möchte dort fortfahren, wo wir aufgehört haben. Ich kann zusammenfassend sagen: Der Staatskommissär ist eine Art Auge und Ohr der Finanzmarktaufsicht in der konkreten Bank, damit die Finanzmarktaufsicht nicht nur aus der Distanz eine Aufsicht ausüben kann, sondern jemanden vor Ort hat, der bei wichtigen Sitzungen, in denen Entscheidungen getroffen werden, dabei ist als Aufsicht und Auge und Ohr der Aufsicht ist.
Ich bin jetzt aber trotzdem von dieser Konstellation verwirrt, denn wir haben jetzt zusammengefasst, dass die Prüfung durch die Finanzmarktaufsicht umgesetzt durch die Oesterreichische Nationalbank de facto ohne Sie stattfindet. Sie sind weder in der Vorbereitung, noch in der Abwicklung der Prüfung, noch in der Besprechung der Ergebnisse eingebunden.
Ich habe gefragt, ob Sie in die Koordinationsgremien zwischen FMA und OeNB eingebunden sind, also in das Koordinationsforum KOFO und das Abteilungsleiterforum ALF, wie sie charmant genannt werden auch dort keinerlei Einbindung. Auch im Risikoworkshop, der 2004 etabliert worden ist, um auf die Risiken der heimischen Banken in Südosteuropa zu schauen, also um – mit anderen Worten – natürlich auch auf die Hypo zu schauen, sind Sie nicht eingebunden, wie Sie uns erzählen.
Ich frage mich: Was ist das jetzt für ein Auge und Ohr der Finanzmarktaufsicht, mit dem man offenbar nicht einmal redet? Haben Sie sich nicht sehr einsam gefühlt? Sie sind Organ der Finanzmarktaufsicht, aber Sie sind nirgends eingebunden und niemand redet mit Ihnen.
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich denke, Sie stellen das jetzt ein bisschen einseitig dar, denn den Austausch, den es zwischen Finanzmarktaufsicht und Staatskommissär gibt, habe ich ziemlich am Beginn dieser Befragung zu beschreiben versucht. Es gibt sowohl eine Berichtsschiene vom Staatskommissär an die Finanzmarktaufsicht, es gibt aber auch eine Schiene von der Finanzmarktaufsicht an den Staatskommissär, der eben insbesondere darüber zu informieren ist, welche Bescheide an das Kreditinstitut ergehen, der in meinem konkreten Fall auch über das Ergebnis von Managementgesprächen in der Bank zwischen FMA und dem Vorstand informiert wurde.
Also so gesehen ist diese Darstellung der Einseitigkeit, die Sie jetzt gegeben haben, aus meiner Sicht nicht richtig, denn es hat ja durchaus einen zweiseitigen Austausch gegeben, also sowohl von der Staatskommissärin zur FMA als auch umgekehrt von der FMA zur Staatskommissärin.
Dass jetzt die Staatskomrnissärin nicht in allen eingerichteten Kontaktgremien — und wie auch immer diese Gremien benannt werden — vertreten ist: Das ist nicht vorgesehen. Das ist so nicht vorgesehen! Und man muss sich dann auch anschauen — ich kann jetzt nicht genau sagen, auf welche Gremien Sie Bezug nehmen —, ob die spezifisch zu einer Bank überhaupt stattfinden oder ob das allgemeine Gremien sind. Dann müssten ja dort alle Staatskommissäre von allen Banken vertreten sein. Da weiß ich jetzt nicht, worauf Sie konkret Bezug nehmen.
Aber ich möchte nur festhalten, dass der Kontakt eben nicht einseitig war, sondern durchaus auf beiden Seiten gegeben war und ich auch die Möglichkeit hatte, wie gesagt, mit meiner Ansprechpartnerin in der FMA Kontakt aufzunehmen. Und ich habe das auch genutzt im Vorfeld von Sitzungen, um bestimmte Dinge abzuklären.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Wer war denn Ihre Ansprechpartnerin in der FMA?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Das war ursprünglich die Frau Mag. Holzinger und dann die Frau Mag. Orisich.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Und die hatten welche Funktion in der FMA?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Die waren in der sogenannten Off-site-Analyse, also quasi nicht vor Ort in den Banken, nicht bei den Vor-Ort-Prüfungen, sondern in der FMA selbst zuständig für einzelne Kreditinstitute.
Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) : Sie haben jetzt doch eine Art von Austausch zwischen Ihnen und der Finanzmarktaufsicht beschrieben. Ich habe jetzt allerdings nichts Wesentliches mehr herausgehört als den Austausch von Berichten. Das heißt, Sie als Staatskommissärin haben Berichte an die Finanzmarktaufsicht geschickt und die Finanzmarktaufsicht hat Ihnen auch irgendwelche schriftlichen Berichte oder Bescheide geschickt, die für Sie relevant sind.
Ja, das kann man auch Austausch nennen, aber idealistisch gesehen wäre ich bei einer funktionierenden Aufsicht davon ausgegangen, dass Sie sich tatsächlich austauschen, nämlich persönlich und inhaltlich, und sich nicht nur — ich weiß nicht — alle drei Monate einen Bericht zuschicken. — Oder habe ich das jetzt falsch interpretiert? Hat es Kommunikationsebenen, -linien gegeben, wo es diesen persönlichen inhaltlichen Austausch zu aufsichtsrechtlichen Fragen der Bank gegeben hat?
Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen : Ich habe versucht, das vorher schon zu beschreiben. Insbesondere in der Phase 2006 – da war natürlich auch ein erhöhtes Augenmerk auf die Bank zu legen – hat es mehrfach Kontakt gegeben eben mit — ich glaube, das war dann schon die Frau Mag. Orisich damals, da müsste ich jetzt auch nachschauen — Frau Mag. Orisich, sowohl per E-Mail auf kurzem Wege als auch telefonisch, beispielsweise zur Klärung im Vorfeld einer Sitzung, ob es aus der Sicht der FMA zu den Punkten, die dort behandelt werden, die ich dann auch entsprechend schon am Telefon oder per E-Mail geschildert habe, Problemfälle gibt, ob es sozusagen aus der Sicht der FMA einen Abstimmungsbedarf zwischen mir und der FMA gibt, auch im Hinblick auf die Teilnahme an der Sitzung und das Verhalten dann in der Sitzung.
Vorsitzende Doris Bures : Wie vor Eingang in diese vierte Befragungsrunde unterbreche ich jetzt die Sitzung und bitte die Fraktionsvorsitzenden kurz zu einer Abklärung zu mir.
[…]"
2. In ihrer auf Art 138b Abs 1 Z 7 B VG gestützten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin die Verletzung näher bestimmter Persönlichkeitsrechte durch das Verhalten von Mitgliedern und Funktionären des Untersuchungsausschusses geltend.
2.1. Die Beschwerdeführerin beantragt, "der Verfassungsgerichtshof möge
das Verhalten des Ing. Robert Lugar durch Vornahme der gegen die Verfahrensordnung verletzenden Befragung und zwar durch die Ausführungen,
- 'Und es kommt dann aus meiner Sicht noch schlimmer: Wenn man ein bisschen
weiterblättert, kommt man drauf, dass Sie vor den wichtigen Dingen, zum Beispiel da sind die Skiper-Kredite, also die großen Verluste, die dann letztlich den Steuerzahler auch treffen, auch verhandelt worden, den Sitzungssaal verlassen haben und Sie sind erst nachher wieder gekommen.',
- 'Wie können Sie Ihre gesetzliche Pflicht, eben die Aufsicht, wahrnehmen, wenn Sie die wichtigen Punkte gar nicht mitbekommen?',
- 'Das heißt, Sie haben laut Gesetz Ihre Aufgabe, Schaden abzuwenden – was ja nicht funktioniert hat –, eben nicht wahrgenommen und gehofft, dass es andere tun.',
- 'Also das heißt, wenn man das zusammenfasst, war Ihre Tätigkeit dort nicht von Nutzen, was jetzt diese Kontrolle betrifft.',
- 'Ich glaube, wenn man all das hört, kann man den Eindruck gewinnen, Sie wurden als politisches Feigenblatt in die Bank geschickt und Sie haben sich auf das verlassen, was man Ihnen gesagt hat.',
- 'Das ist aus meiner Sicht unglaubwürdig.';
die Befragung durch den Abgeordneten Kai Jan Krainer ,
- 'Ja, ja. Also Sie haben gleich gesagt, die Erinnerung könnte Sie trügen, aber jetzt können Sie ja trotzdem aus der Erinnerung plaudern. Jetzt haben wir schon festgestellt, dass das dann nicht immer eins zu eins mit der Realität zu tun hat. Ist in Ordnung, geschenkt.';
die Befragung durch den Abgeordneten Dr. Rainer Hable ,
- 'Ich frage mich: Was ist das jetzt für ein Auge und Ohr der Finanzmarktaufsicht, mit dem man offenbar nicht einmal redet? Haben Sie sich nicht sehr einsam gefühlt? Sie sind Organ der Finanzmarktaufsicht, aber Sie sind nirgends eingebunden und niemand reden mit Ihnen.';
sowie das Nichteinschreiten der Verfahrensorgane trotz mehrfacher Verletzung der Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse des Nationalrates, nämlich der Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses Doris Bures, des Verfahrensrichters Dr. Walter Pilgermair sowie des Verfahrensanwalts Dr. Bruno Binder, insbesondere in Ansehung der oben dargestellten Aussagen der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kai Jan Krainer und Dr. Rainer Hable, in der Sitzung vom des HYPO-Untersuchungsausschusses bei der Befragung der Beschwerdeführerin als Auskunftsperson für rechtswidrig erklären." (Hervorhebungen nicht im Original)
2.2. Die Beschwerdeführerin, die vom bzw. bis jeweils Staatskommissärin bei der HYPO Alpe -Adria-Bank International AG bzw. bei der HYPO Alpe-Adria-Bank AG war, begründet ihre Beschwerde (im Wesentlichen) wie folgt:
"[…]
Tatsächlich wurde ich am im HYPO-Untersuchungsausschuss in der Zeit von 11.52 Uhr bis 16.56 Uhr befragt. Diese Sitzung war medienöffentlich. Seitens der diversen Medien erfolgte eine 'Live-Ticker-Berichterstattung' direkt aus der Befragung.
Im Zuge dieser Befragung wurde ich durch das unten näher darzustellende Verhalten der Ausschussmitglieder 1. Abgeordneter Ing. Robert Lugar, 2. Abgeordneter Kai Jan Krainer und 3. Abgeordneter Dr. Rainer Hable unmittelbar in meinen Persönlichkeitsrechten, nämlich Ehre und wirtschaftlicher Ruf (Kredit), verletzt. Weiters sehe ich mich durch das Nichteinschreiten der Verfahrensorgane 1. Ausschussvorsitzende Doris Bures, 2. Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair und 3. Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder gegen das noch näher darzustellende Verhalten der bezeichneten Ausschussmitglieder ebenfalls in diesen Persönlichkeitsrechten verletzt.
Da es bei der Beurteilung des Verhaltens als Persönlichkeitsrechte verletzend auf den Gesamtzusammenhang ankommt, ist vorerst die Darstellung meiner Berufsausbildung und meiner beruflichen Stellung erforderlich:
a)
Berufsausbildung:
Ich habe das Studium der Angewandten Betriebswirtschaft an der Universität Klagenfurt mit Sponsion im November 1994 abgeschlossen, im November 1999 folgte die Promotion mit Auszeichnung an dieser Universität. 1995 wurde ich mit dem Würdigungspreis des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst 1995 für hervorragende Studienleistungen ausgezeichnet. Das postgraduale Studium International Tax Law habe ich an der Wirtschaftsuniversität Wien im Oktober 2003 erfolgreich abgeschlossen. Im Januar 2006 wurde mir die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für das Fach Betriebswirtschaftslehre verliehen.
b)
Berufliche Tätigkeiten und berufliche Stellung:
Ich bin geprüfte Wirtschaftstreuhänderin/Steuerberaterin (Angelobung im Jahr 1998) und allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige für die Fachgruppe Steuer- und Rechnungswesen (erstmalige Zertifizierung im Juli 2005, Rezertifizierung 2010). Seit habe ich als Universitätsprofessorin den Lehrstuhl für Betriebliches Finanz- und Steuerwesen an der Universität Klagenfurt inne, davor war ich a.o. Universitätsprofessorin an der Universität Klagenfurt und von November 2010 bis Juli 2012 teilbeschäftigte Universitätsprofessorin an der Karl-Franzens-Universität Graz. Die Details sind dem beigelegten Curriculum Vitae zu entnehmen (Beilage ./B).
Als Universitätsprofessorin, Wirtschaftstreuhänderin und Sachverständige bin ich auf einen makellosen Ruf angewiesen. Das unten näher bezeichnete Verhalten von Ausschussmitgliedern und Verfahrensorganen in der Befragung am hatte rufschädigenden und ehrverletzenden Charakter und ist geeignet, meinen bislang tadellosen Ruf zu beschädigen.
[…]
4.
Zu den verletzten Persönlichkeitsrechten:
4.1.
Vorauszuschicken ist, dass die Änderung der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (BGBl I Nr 99/2014) auch die Zielsetzung hatte, negative Erfahrungen bei der Befragung von Auskunftspersonen durch Ausschussmitglieder hintan zu stellen.
In früheren Untersuchungsausschüssen wurden Auskunftspersonen geradezu 'vorgeführt' und eher 'wie Angeklagte verhört', als wie Auskunftspersonen fair befragt.
Der Gesetzgeber hat in der Verfahrensordnung, um eine faire Befragung der Auskunftspersonen sicher zu stellen, den Ausschussmitgliedern genaue Regeln für die Befragung vorgegeben und Verfahrensorgane für deren Einhaltung und Kontrolle eingesetzt.
Den mit der Befragung betrauten Mitgliedern obliegt daher eine objektive, sachbezogene und wertungsfreie und von der Achtung der Person getragene faire Befragung der Auskunftspersonen. Die Verfahrensordnung sieht vor, dass der/die Präsident/in des Nationalrates Vorsitzende(r) des Untersuchungsausschusses ist. Mit dieser Regelung soll eine unabhängige, sachliche und objektive Verfahrensleitung gewährleistet werden (vgl. IA 719/A XXV. GP, Erläuterungen zu §§5 und 6 der Verfahrensordnung, Anlage 1 zum GOG).
Der Vorsitzende wird im Untersuchungsausschuss durch einen Verfahrensrichter und einen Verfahrensanwalt unterstützt. Auch dies erfolgt, um ein faires Verfahren und eine angemessene Behandlung der Auskunftspersonen sicher zu stellen.
4.2.
Gemäß § 41 der Verfahrensordnung müssen die Fragen durch das in der Ladung festgelegte Beweisthema gedeckt sein.
Gemäß § 41 Abs 2 der Verfahrensordnung dürfen sie nicht unbestimmt, mehrdeutig, verfänglich, beleidigend oder unterstellend sein und nicht Grund- und Persönlichkeitsrechte verletzen. Es sind daher insbesondere solche Fragen unzulässig, in denen eine von den Auskunftspersonen nicht zugestandene Tatsache als bereits zugestanden angenommen wird. Nach Abs 3 der Bestimmung dürfen Fragen, durch die einer Auskunftsperson Umstände vorgehalten werden, die erst durch ihre Antwort festgestellt werden sollen, nur gestellt werden, wenn die Auskunft nicht in anderer Weise erlangt werden kann. Gemäß § 9 Abs 3 der Verfahrensordnung hat der Verfahrensrichter den Vorsitzenden auf unzulässige Fragen gemäß § 41 der Verfahrensordnung hinzuweisen. Gemäß § 11 Abs 2 der Verfahrensordnung hat der Verfahrensanwalt den Vorsitzenden oder den Verfahrensrichter jederzeit unverzüglich auf Verletzungen der Verfahrensordnung sowie auf Eingriffe in die Grund- und Persönlichkeitsrechte einer Auskunftsperson hinzuweisen. Über die Unzulässigkeit einer Frage entscheidet gemäß § 41 Abs 4 der Verfahrensordnung der Vorsitzende nach Beratung mit dem Verfahrensrichter.
Diesen Kriterien wurde meine Vernehmung als Auskunftsperson mehrfach nicht gerecht.
Obgleich mehrfach Fragen unbestimmt, mehrdeutig, verfänglich und unterstellend waren, sowie eine Unzahl von Suggestivfragen gestellt wurde, kann und darf ich lediglich im Sinne des § 138b Abs 1 Z 7 B VG Verletzungen meiner Persönlichkeitsrechte relevieren.
4.3.
Der Schutz der Persönlichkeitsrechte wird in der österreichischen Rechtsordnung vor allem durch eine Reihe zivil- und strafrechtlicher Regelungen konkretisiert, die dem Schutz des guten Rufes und der Ehre, aber auch dem Schutz wirtschaftlicher Interessen derjenigen dienen, die von in diese Rechte eingreifenden Äußerungen betroffen werden.
Die einschlägigen Regelungen befinden sich insbesondere in den §§111 ff StGB und in § 1330 Abs 1 und 2 ABGB (vgl. M. Holoubek, Kommunikationsfreiheit in: Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer (Hrsg.), HGR VII/1, 2. Auflage, § 15 Rz 27).
Da ich durch die rechtswidrige Befragungsart und Befragungsform der in Punkt 2. angeführten Abgeordneten sowohl in meinem Recht auf Ehre als auch in meinem Recht auf Wahrung meines wirtschaftlichen Rufs beeinträchtigt wurde, sind die Wertungen der entsprechenden zivilrechtlichen Normen auch bei der Beurteilung der Frage, inwieweit das angefochtene Verhalten für rechtswidrig zu erklären ist, beachtlich.
4.4.
Die primäre zivilrechtliche Anspruchsgrundlage bildet § 1330 Abs 1 ABGB, der das als Persönlichkeitsrecht nach § 16 ABGB verstandene Recht auf Ehre schützt (vgl. M. Holoubek, aaO, § 15 Rz 28).
§1330 Abs 2 ABGB schützt den wirtschaftlichen Ruf von jedermann, indem er die Behauptung unwahrer Tatsachen, die den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährdet, verbietet (vgl. M. Holoubek, aaO, § 15 Rz 30).
Dies vorausgesetzt, inkriminiere ich insbesondere die in der Folge wiedergegebenen Verhaltensweisen der Abgeordneten.
4.5.
Verletzung meiner Persönlichkeitsrechte durch den Abgeordneten Ing. Robert Lugar:
Ich schicke voraus, dass ich die vom Abgeordneten Ing. Lugar gegen mich erhobenen Vorwürfe als tatsachenwidrig bestreite. Exemplarisch mache ich die Rechtswidrigkeit nachstehender Äußerungen geltend. Die nachstehenden Zitate entstammen dem Kommuniqué des HYPO-Untersuchungsausschusses vom (94/KOMM XXV. GP), mit dem das wörtliche Protokoll über meine öffentliche Befragung in der 3. Sitzung vom veröffentlicht wurde (Beilage ./C). Ich erhebe den Inhalt dieses Protokolls ausdrücklich zum Vorbringen in meiner Beschwerde, insbesondere zu Punkt 4.
4.5.1.
Auf Protokoll Seite 28, führt der Abgeordnete aus:
'Und es kommt dann aus meiner Sicht noch schlimmer: Wenn man ein bisschen weiterblättert, kommt man drauf, dass Sie vor den wichtigen Dingen, zum Beispiel da sind die Skiper-Kredite, also die großen Verluste, die dann letztlich den Steuerzahler auch treffen, auch verhandelt worden, den Sitzungssaal verlassen haben und Sie sind erst nachher wieder gekommen.
Jetzt meine Frage: Warum? Und ist das öfters passiert?'
In weiterer Folge führt der Abgeordnete auf Seite 28 unten und 29 oben aus:
'Wie können Sie Ihre gesetzliche Pflicht, eben die Aufsicht, wahrnehmen, wenn Sie die wichtigen Punkte gar nicht mitbekommen?'
Richtig ist, dass die gegenständliche 72. Sitzung des Aufsichtsrates der HYPO Alpe-Adria-Bank International AG zur Durchführung der 11. Sitzung des Prüfungsausschusses unterbrochen wurde. Unrichtig ist, dass ich vor Beschlussfassung über einen 'wichtigen' Punkt die 72. Sitzung des Aufsichtsrates verlassen habe. Abgesehen davon, dass die Fragestellung suggestiv ist und damit gegen § 41 Abs 3 der Verfahrensordnung verstößt, ist sie auch zumindest kreditschädigend im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB. Mit dieser Fragestellung wird mir im Gesamtzusammenhang mit der weiteren Fragestellung des Abgeordneten unterstellt, dass ich bei entscheidenden Beschlussthemen den Sitzungssaal verlassen habe, um nicht allenfalls ein Veto einlegen zu müssen.
Mit diesen Unterstellungen wird mir vorgeworfen, dass ich meine Aufgabe nicht
gesetzeskonform erfüllt habe.
Dieser Vorwurf ist geeignet, meinen wirtschaftlichen Ruf zu beeinträchtigen, sodass in meine Persönlichkeitsrechte eingegriffen wird.
4.5.2.
Auf Protokollseite 47 führt der Abgeordnete aus:
'Das heißt, Sie haben laut Gesetz Ihre Aufgabe, Schaden abzuwenden – was ja nicht funktioniert hat –, eben nicht wahrgenommen und gehofft, dass es andere tun. Kann man das so verstehen, wenn Sie sagen, es hat noch andere gegeben?'
Des Weiteren auf Protokollseite 48:
'Also das heißt, wenn man das zusammenfasst, war Ihre Tätigkeit dort nicht von
Nutzen, was jetzt diese Kontrolle betrifft. Ist das richtig?'
Der Abgeordnete verkennt einerseits die Aufgaben der Staatskommissärin.
Diese ist Organ der Finanzmarktaufsicht.
Sie hat ein Teilnahmerecht an den in § 76 Abs 4 angeführten Sitzungen, eine Einspruchspflicht nach § 76 Abs 5, ein Einsichtsrecht im Sinne des § 76 Abs 7 und eine Berichterstattungspflicht gemäß § 76 Abs 8 BWG.
Ing. Lugar wirft mir jedoch wörtlich vor, meine Aufgabe, Schaden abzuwenden, nicht wahrgenommen zu haben und gehofft zu haben, dass es andere tun. Wiederum verstößt dieser Vorhalt gegen § 41 Abs 2 und 3 der Geschäftsordnung.
Der Vorwurf, seine gesetzliche Verpflichtung nicht erfüllt zu haben, weil man hoffte, dass dies von anderen übernommen wird, ist kreditschädigend.
Bei der Kreditschädigung kommt es ausschließlich darauf an, dass Äußerungen den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährden, also geeignet sind, wirtschaftlich bedeutsame Beziehungen oder Verhältnisse eines anderen zu schädigen (vgl. Zeiler, Persönlichkeitsschutz, 17).
Abstrakte Gefährdung genügt (vgl. ÖBl 1992, 210 - Zahntechniker).
Dies selbst dann, wenn die wirtschaftlichen Nachteile nur mittelbar drohen.
Die Vorwürfe des Abgeordneten Ing. Lugar, dass ich meine Aufgabe, Schaden abzuwenden, nicht wahrgenommen habe, dass meine Tätigkeit für die Bank nicht von Nutzen war, dass ich gehofft habe, dass den Schaden andere abwenden würden, sind jedenfalls geeignet, meinen wirtschaftlichen Ruf zu gefährden.
Ich bin als Universitätsprofessorin für Betriebliches Finanz- und Steuerwesen auf meinen wirtschaftlichen Ruf ebenso angewiesen, wie in meiner Tätigkeit als Steuerberaterin.
Die Behauptung, ich hätte meine Aufgaben (vorsätzlich) nicht erfüllt und gehofft, dass andere meine Aufgaben wahrnehmen würden, sind krass unwahr und gefährden meinen wirtschaftlichen Ruf.
Sie sind auch ehrenbeleidigend, weil sie mich eines Verhaltens beschuldigen, das geeignet ist, mich in der Öffentlichkeit verächtlich zu machen oder herabzusetzen.
So ist der Vorwurf der Verletzung österreichischer Rechtsvorschriften jedenfalls ehrenbeleidigend (vgl. MR 1997, 256).
Durch die Vorwürfe, dass ich meinen gesetzlichen Aufgaben nicht nachgekommen sein soll, wirft mir der Abgeordnete Ing. Lugar Gesetzesbruch vor.
Ich bin daher auch in meinem Recht auf Ehre verletzt.
4.5.3.
Weiters führt der Abgeordnete Ing. Lugar auf Protokollseite 58 aus:
'Ich glaube, wenn man all das hört, kann man den Eindruck gewinnen, Sie wurden als politisches Feigenblatt in die Bank geschickt und Sie haben sich auf das verlassen, was man Ihnen gesagt hat.'
Auf Protokollseite 58 schließt sich dem die Frage an:
'Und da ist eben die Frage: Sind Sie als Feigenblatt entsandt worden? Haben Sie das auch so empfunden? Haben Sie das auch so gelebt? Warum haben Sie dann nicht Feuer geschrien?'
Die Bezeichnung 'politisches Feigenblatt' ist ehrenbeleidigend. Sie ist jedenfalls geeignet, mich verächtlich zu machen und herabzuwürdigen.
Die Eignung zur Herabwürdigung ist dann gegeben, wenn der Betroffene dadurch in Gegensatz zu den Anforderungen gestellt wird, die seine besonderen Lebensaufgaben an ihn stellen (vgl. MR 1991, 146 - Anti-Opernball-Demonstration). Die Bezeichnung 'politisches Feigenblatt' ist mehr als geeignet, mich herabzusetzen und mir eine Alibitätigkeit vorzuwerfen.
Sie beinhaltet, dass ich mich in meinen Tätigkeiten nicht nach sachlichen Kriterien richtete, sondern diese nach politischen Opportunitäten ausgeübt habe.
Gleichzeitig ist sie jedoch auch geeignet, meinen wirtschaftlichen Ruf zu gefährden.
Auf die Form, in die sich die Behauptung kleidet, kommt es nicht an. Eine Behauptung kann auch durch eine bloße Andeutung oder Umschreibung, in bedingter Form oder in Form einer Frage oder Vermutung oder Verdächtigung aufgestellt oder verbreitet werden (vgl. Kissich in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.02 § 1330 Rz 16 (Stand Februar 2014, rdb.at), mit Nachweisen aus der Rechtsprechung in Fußnote 59).
Eine Universitätsprofessorin und Steuerberaterin, die sich als politisches Feigenblatt missbrauchen lässt oder ihre Aktivitäten nur nach politischen Opportunitäten ausrichtet, ist offensichtlich für die Erfüllung einer Vielzahl von Aufgaben ungeeignet.
In diesem Zusammenhang erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Ausschusssitzung medienöffentlich und durch einen Live-Ticker übertragen war. Die ehrenbeleidigenden und kreditschädigenden, auch im Sinne der §§41 Abs 2 und 3 unzulässigen Fragestellungen des Abgeordneten Ing. Lugar wurden einer Vielzahl von Personen medienöffentlich gemacht.
Gerade dieses 'an-den-Pranger-Stellen' von Auskunftspersonen sollte durch die Novelle der Verfahrensordnung BGBl I Nr 99/2014 verhindert und vermieden werden.
4.5.4.
Mehrfach unterstellt mir auch Ing. Lugar eine Falschaussage.
So führt er auf Seite 70 des Protokolls aus:
'Und Sie wollen uns hier glaubhaft machen, dass ein so wichtiges Dokument, das Herrn Kulterer und die Bank unmittelbar betrifft und weitreichende Folgen haben könnte, wenn man das verfolgt, nicht an Sie herangetragen wird. Das ist aus meiner Sicht unglaubwürdig.'
Der Abgeordnete Ing. Lugar unterstellt mir eine unrichtige Aussage als Auskunftsperson vor dem Untersuchungsausschuss. Dies ist im Sinne des § 288 Abs 3 StPO strafbar.
Der Vorwurf einer strafbaren Handlung ist unter § 111 StGB subsumierbar (vgl. Rami in Wiener Kommentar, § 111 Rz 11).
Darüber hinaus wird mir eine unwahre Aussage unterstellt, sodass auch der Vorwurf der Lüge im Raum steht.
Der Vorwurf der Lüge ist ehrenbeleidigend und kreditschädigend.
Lediglich in der politischen Auseinandersetzung kann der Lügenvorwurf gerechtfertigt sein (vgl. MR 2001, 367). Wird er jedoch substratlos, wie hier, vorgetragen, ist er jedenfalls nach § 1330 ABGB sanktioniert (vgl. MR 2002, 381).
4.6.
Aussagen des Abgeordneten Kai Jan Krainer:
Ich schicke voraus, dass ich die vom Abgeordneten Kai Jan Krainer gegen mich erhobenen Vorwürfe als tatsachenwidrig bestreite. Exemplarisch mache ich die Rechtswidrigkeit nachstehender Äußerung geltend. Die nachstehenden Zitate entstammen dem Kommuniqué des HYPO-Untersuchungsausschusses vom (94/KOMM XXV. GP), mit dem das wörtliche Protokoll über meine öffentliche Befragung in der 3. Sitzung vom veröffentlicht wurde (Beilage ./C). Ich erhebe den Inhalt dieses Protokolls ausdrücklich zum Vorbringen in meiner Beschwerde, insbesondere zu Punkt 4.
Auf Seite 53 des Protokolls wirft mir der Abgeordnete Kai Jan Krainer wörtlich vor:
'Ja, ja. Also Sie haben gleich gesagt, die Erinnerung könnte Sie trügen, aber jetzt können Sie ja trotzdem aus der Erinnerung plaudern. Jetzt haben wir schon festgestellt, dass das dann nicht immer eins zu eins mit der Realität zu tun hat. Ist in Ordnung, geschenkt.'
Die diesbezüglichen Konstatierungen (nicht Fragestellungen) gründeten sich auf meine Antwort, dass einen konkreten Fall zu beschreiben, ein bisschen schwierig sei, nämlich auch vor dem Hintergrund der Wahrheitspflicht, denn die Erinnerung trügt einen dann vielleicht doch.
Ich wurde in der Untersuchungsausschusssitzung mit Vorkommnissen aus den Jahren 2002 bis 2007 befragt.
Mir vor diesem Hintergrund vorzuwerfen, dass meine aus der Erinnerung vorgenommenen Aussagen nichts mit der Realität zu tun haben, ist einerseits beleidigend.
Es ist aber auch der Vorwurf, dass ich falsch ausgesagt hätte.
Zur Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung einer Falschaussage verweise ich auf meine Ausführungen zu Punkt 4.5.4., die ich auch zum Vorbringen unter diesem Punkt erhebe. Der Abgeordnete Krainer hat in dem Wissen, dass die Sitzung medienöffentlich ist, den Vorwurf der Falschaussage getätigt und mich sohin in meinem Recht auf Ehre, aber auch auf wirtschaftlichen Ruf verletzt.
4.7.
Befragung des Abgeordneten Dr. Rainer Hable:
Ich schicke voraus, dass ich die vom Abgeordneten Dr. Hable gegen mich erhobenen Vorwürfe als tatsachenwidrig bestreite. Exemplarisch mache ich die Rechtswidrigkeit nachstehender Äußerungen geltend. Die nachstehenden Zitate entstammen dem Kommuniqué des HYPO-Untersuchungsausschusses vom (94/KOMM XXV. GP), mit dem das wörtliche Protokoll über meine öffentliche Befragung in der 3. Sitzung vom veröffentlicht wurde (Beilage ./C). Ich erhebe den Inhalt dieses Protokolls ausdrücklich zum Vorbringen in meiner Beschwerde, insbesondere zu Punkt 4.
Auf Seite 72 führt der Abgeordnete Dr. Hable aus:
'Ich frage mich: Was ist das jetzt für ein Auge und Ohr der Finanzmarktaufsicht, mit dem man offenbar nicht einmal redet? Haben Sie sich nicht sehr einsam gefühlt? Sie sind Organ der Finanzmarktaufsicht, aber Sie sind nirgends eingebunden und niemand reden mit Ihnen.'
Damit benützt Dr. Hable seine unrichtige Darstellung über den Informationsaustausch zwischen der Finanzmarktaufsicht und der Staatskommissärin für eine spöttische, eine Auskunftsperson herabsetzende und verächtlich machende Bemerkung, wohl um sich einen 'lachenden Applaus' der anwesenden Medienvertreterinnen und -vertreter zu sichern.
Diese herabsetzende Äußerung ist ehrverletzend.
Dies ist einerseits Verächtlichmachung und verspottend, andererseits unterstellt er mir mangelnde Achtung durch die Finanzmarktaufsicht, weil mir keine Informationen zugekommen sind.
Auch diesfalls wurde ich in meinem Recht auf Ehre verletzt.
An dieser Stelle darf darauf hingewiesen werden, dass Dr. Hable die Formulierung 'Auge und Ohr' der Finanzmarktaufsicht auch gegenüber Medienvertreterinnen und –vertretern gebraucht und mit dem unterstellenden Zusatz versehen hat, ich hätte 'Augen und Ohren zugemacht' (so z.B. in der ZIB 1 vom ). Das beinhaltet den Vorwurf eines Amtsmissbrauches.
4.8.
Zur Beeinträchtigung durch die Vorsitzende, den Verfahrensrichter und den Verfahrensanwalt:
Gemäß § 6 Abs 3 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA) handhabt der Vorsitzende die Geschäftsordnung und achtet auf die Wahrung des Grund- und Persönlichkeitsschutzes.
Der Verfahrensrichter hat gemäß § 9 Abs 3 leg.cit. den Vorsitzenden auf unzulässige Fragen gemäß § 41 leg.cit. aufmerksam zu machen.
Der Verfahrensanwalt hat gemäß § 11 Abs 2 den Vorsitzenden oder den Verfahrensrichter jederzeit unverzüglich auf Verletzungen der Verfahrensordnung sowie auf Eingriffe in die Grund- und Persönlichkeitsrechte einer Auskunftsperson hinzuweisen.
Die in den Vorpunkten dargestellten Fragen widersprachen einerseits § 41 Abs 2 und Abs 3 der Verfahrensordnung massiv.
Die Fragen waren verfänglich, beleidigend und unterstellend und haben Grund- und Persönlichkeitsrechte verletzt.
Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die Ausführungen unter Punkt 4.5. bis 4.7. verwiesen, die auch zu den Ausführungen unter diesem Punkt erhoben werden.
Die genannten Organe des Untersuchungsausschusses sind ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen.
Wären die Organe ihrer Verpflichtung nachgekommen, hätten die entsprechenden Fragestellungen als unzulässig zurückgewiesen werden müssen und hätten so weder von mir beantwortet werden müssen, noch in den Medien Verbreitung gefunden.
Durch ihr Unterlassen haben die Organe des Untersuchungsausschusses einen kausalen Tatbeitrag zur Verletzung meiner Persönlichkeitsrechte gesetzt.
Dass dieser kausale Beitrag durch Unterlassung gesetzt worden ist, ändert nichts daran, dass die Organe des Untersuchungsausschusses, und zwar die Vorsitzende, der Verfahrensrichter und der Verfahrensanwalt, die Gesetzwidrigkeit der Verletzung meiner Persönlichkeitsrechte mit zu vertreten haben.
Aus dem Kommuniqué zur 4. Sitzung am (96/KOMM XXV. GP, Beilage ./I) ist abzulesen, dass es bei dieser Befragung in vergleichbaren Situationen mehrfach zu Rügen für die Abgeordneten wegen Verletzung der Verfahrensordnung kam. Nicht zuletzt auch daraus kann abgeleitet werden, dass die Verfahrensorgane ihren Pflichten auf Wahrung der Persönlichkeitsrechte bei meiner Befragung in der 3. Sitzung vom nicht in ausreichendem Maße nachgekommen sind.
[…]
Aus all diesen Gründen beantrage ich,
der Verfassungsgerichtshof möge das Verhalten des Ing. Robert Lugar durch Vornahme der gegen die Verfahrensordnung verletzenden Befragung und zwar durch die Ausführungen,
- 'Und es kommt dann aus meiner Sicht noch schlimmer: Wenn man ein bisschen weiterblättert, kommt man drauf, dass Sie vor den wichtigen Dingen, zum Beispiel da sind die Skiper-Kredite, also die großen Verluste, die dann letztlich den Steuerzahler auch treffen, auch verhandelt worden, den Sitzungssaal verlassen haben und Sie sind erst nachher wieder gekommen.',
- 'Wie können Sie Ihre gesetzliche Pflicht, eben die Aufsicht, wahrnehmen, wenn Sie die wichtigen Punkte gar nicht mitbekommen?',
- 'Das heißt, Sie haben laut Gesetz Ihre Aufgabe, Schaden abzuwenden – was ja nicht funktioniert hat –, eben nicht wahrgenommen und gehofft, dass es andere tun.',
- 'Also das heißt, wenn man das zusammenfasst, war Ihre Tätigkeit dort nicht von Nutzen, was jetzt diese Kontrolle betrifft.',
- 'Ich glaube, wenn man all das hört, kann man den Eindruck gewinnen, Sie wurden als politisches Feigenblatt in die Bank geschickt und Sie haben sich auf das verlassen, was man Ihnen gesagt hat.',
- 'Das ist aus meiner Sicht unglaubwürdig.';
die Befragung durch den Abgeordneten Kai Jan Krainer,
- 'Ja, ja. Also Sie haben gleich gesagt, die Erinnerung könnte Sie trügen, aber jetzt können Sie ja trotzdem aus der Erinnerung plaudern. Jetzt haben wir schon festgestellt, dass das dann nicht immer eins zu eins mit der Realität zu tun hat. Ist in Ordnung, geschenkt.';
die Befragung durch den Abgeordneten Dr. Rainer Hable,
- 'Ich frage mich: Was ist das jetzt für ein Auge und Ohr der Finanzmarktaufsicht, mit dem man offenbar nicht einmal redet? Haben Sie sich nicht sehr einsam gefühlt? Sie sind Organ der Finanzmarktaufsicht, aber Sie sind nirgends eingebunden und niemand reden mit Ihnen.';
sowie das Nichteinschreiten der Verfahrensorgane trotz mehrfacher Verletzung der Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse des Nationalrates, nämlich der Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses Doris Bures, des Verfahrensrichters Dr. Walter Pilgermair sowie des Verfahrensanwalts Dr. Bruno Binder, insbesondere in Ansehung der oben dargestellten Aussagen der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kai Jan Krainer und Dr. Rainer Hable, in der Sitzung vom des HYPO-Untersuchungsausschusses bei der Befragung der Beschwerdeführerin als Auskunftsperson für rechtswidrig erklären.
[…]"
3. Die Präsidentin des Nationalrates erstattete als Vorsitzende des Untersuchungsausschusses eine Äußerung (§56i Abs 6 VfGG), welcher sie gemäß § 56i Abs 6 Z 3 VfGG die nach § 56 Abs 5 VfGG eingeholten Äußerungen der Mitglieder des Untersuchungsausschusses sowie des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwalts beilegte.
3.1. In ihrer Äußerung führt die Präsidentin des Nationalrates als Vorsitzende des Untersuchungsausschusses im Wesentlichen aus, in der Beschwerde werde kein konkretes Fehlverhalten der Ausschussvorsitzenden bzw. keine Verletzung eines Persönlichkeitsrechts in einem konkreten Fall durch die Ausschussvorsitzende beschrieben. Die Beschwerde sei daher schon auf Grund ihrer mangelnden Bestimmtheit gemäß § 56i Abs 3 VfGG zurückzuweisen.
Sollte der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde jedoch als zulässig erachten, sei sie unbegründet. Die in der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse festgelegten Bestimmungen stellten sicher, dass sich der Verfahrensrichter und der Verfahrensanwalt im Interesse eines fairen Verfahrens und einer angemessenen Behandlung der Auskunftspersonen jederzeit an die Vorsitzende werden könnten. Zudem stehe es jeder Auskunftsperson frei, eine Entscheidung über die Zulässigkeit einer Frage durch die Vorsitzende zu verlangen oder sich an den Verfahrensanwalt zu wenden. Wie sich dem Protokoll der Befragung der Beschwerdeführerin entnehmen lasse, sei von den "zuständigen Funktionsträgern" der Schutz der Grund- und Persönlichkeitsrechte im Bedarfsfall auch wahrgenommen worden. Für Eingriffe in die Freiheit der Meinungsäußerung innerhalb der politischen Debatte im Parlament müssten sehr gewichtige Gründe vorliegen. Die sich daraus ergebenden Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit seien in der Befragung der Beschwerdeführerin nicht überschritten worden; auch für die Vorsitzende sei daher kein Grund für ein Einschreiten vorgelegen.
3.2. In den der Stellungnahme der Präsidentin des Nationalrates beigelegten Äußerungen der Mitglieder des Untersuchungsausschusses bzw. des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwalts wird die Zulässigkeit der Beschwerde bestritten. Die Beschwerde enthalte keine hinreichend bestimmten Ausführungen zum Sachverhalt und zum angefochtenen Verhalten. Die Beschwerde lasse nicht erkennen, welches konkrete Verhalten Persönlichkeitsrechte verletzt haben soll. Die Beschwerdeführerin berufe sich in ihrer Beschwerde auf die Verletzung der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse, diese vermittle jedoch keine subjektiven Rechte und könne nicht Gegenstand einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof sein. In der Beschwerde sei zudem die Bevollmächtigung der einschreitenden Rechtsvertreter der Beschwerdeführer nicht ausgewiesen; dort finde sich nur eine Berufung auf eine gemäß § 30 Abs 2 ZPO für ein "Verwaltungsverfahren" erteilte Vollmacht.
In der Sache wird in den Äußerungen – zusammengefasst – geltend gemacht, dass die von der Beschwerdeführerin behaupteten Verletzungen in Persönlichkeitsrechten nicht vorlägen und die Beschwerde daher, sollte der Verfassungsgerichtshof die Zulässigkeit bejahen, abzuweisen sei.
II. Rechtslage
1. Gemäß Art 138b Abs 1 Z 7 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden einer Person, die durch ein Verhalten eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates (lita), eines Mitgliedes eines solchen Ausschusses in Ausübung seines Berufes als Mitglied des Nationalrates (litb.) oder gesetzlich zu bestimmender Personen in Ausübung ihrer Funktion im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss (litc) in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt zu sein behauptet.
2. In Ausführung des Art 138b Abs 1 Z 7 litc B VG bestimmt der im Abschnitt "Bei Beschwerden wegen Verletzung in Persönlichkeitsrechten im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses" stehende § 56i Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 – VfGG, BGBl 55/1953, idF BGBl I 101/2014:
§56i. (1) Personen, wegen deren Verhaltens in Ausübung ihrer Funktionen im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss Beschwerde erhoben werden kann (im Folgenden Funktionäre genannt), sind:
1. der Verfahrensrichter und sein Stellvertreter;
2. der Verfahrensanwalt und sein Stellvertreter;
3. der Ermittlungsbeauftragte;
4. der Vorsitzende und seine Stellvertreter.
(2) Die Frist zur Erhebung der Beschwerde wegen eines Verhaltens
1. eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates,
2. eines Mitgliedes eines solchen Ausschusses in Ausübung seines Berufes als Mitglied des Nationalrates oder
3. eines Funktionärs eines Untersuchungsausschusses beträgt sechs Wochen. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von dem Verhalten erlangt hat, wenn er aber durch dieses Verhalten behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung.
(3) Die Beschwerde hat zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Verhaltens und, soweit dies zumutbar ist, die Angabe, wer es gesetzt hat;
2. den Sachverhalt;
3. die Bezeichnung der Persönlichkeitsrechte, in denen der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet;
4. die erforderlichen Beweise;
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob das Verhalten rechtzeitig angefochten wurde.
(4) Parteien des Verfahrens sind der Beschwerdeführer und der Präsident des Nationalrates.
(5) Eine Ausfertigung der Beschwerde ist dem Präsidenten des Nationalrates mit der Aufforderung zuzustellen, dass es ihm freisteht, eine Äußerung zu erstatten. Er hat gegebenenfalls jene Mitglieder oder Funktionäre, wegen deren Verhaltens Beschwerde erhoben worden ist, unter Setzung einer angemessenen Frist aufzufordern, ihm gegenüber zu dieser schriftlich Stellung zu nehmen. Die zur Erstattung der Äußerung gesetzte Frist hat mindestens vier Wochen, wenn sich die Beschwerde jedoch auch gegen ein Verhalten von Mitgliedern des Untersuchungsausschusses oder Funktionären richtet, mindestens sechs Wochen zu betragen.
(6) Die Äußerung hat zu enthalten:
1. den Sachverhalt;
2. die erforderlichen Beweise;
3. die Stellungnahmen gemäß Abs 5.
(7) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet ohne unnötigen Aufschub.
(8) Das angefochtene Verhalten ist für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist."
Zur Novelle BGBl I 101/2014, mit welcher § 56i in das Verfassungsgerichtshofgesetz eingefügt wurde, führen die Erläuterungen (IA 718-A, 25. GP, 21) Folgendes aus:
"Die Beschwerde, in der die Verletzung von Persönlichkeitsrechten — wozu auch einfachgesetzlich gewährleistete Rechte zählen — behauptet wird, richtet sich gegen das Verhalten eines Untersuchungsausschusses, eines seiner Mitglieder oder gesetzlich bestimmter Funktionäre (das sind der Verfahrensrichter und sein Stellvertreter, der Verfahrensanwalt und sein Stellvertreter, der Ermittlungsbeauftragte sowie der Vorsitzende und seine Stellvertreter). Die Beschwerde ist nur dann zulässig, wenn sich das Mitglied bzw. der Funktionär 'in Ausübung seines Berufes' verhalten hat (vgl. Art 57 Abs 1 B VG). Handlungen außerhalb des Untersuchungsausschusses, etwa in Pressekonferenzen, sind vom Anwendungsbereich folglich nicht umfasst.
Auch der Bericht des Untersuchungsausschusses (und in ihm enthaltene Fraktionsberichte) stellt ein Verhalten des Untersuchungsausschusses dar und zwar ungeachtet dessen, dass die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses mit der Berichterstattung endet.
Im Verfahren über Beschwerden, in denen die Verletzung in Persönlichkeitsrechten behauptet wird, soll der Verfassungsgerichtshof den Präsidenten des Nationalrates zur Erstattung einer Äußerung auffordern. Der Präsident des Nationalrates wiederum soll gegebenenfalls jene Mitglieder oder Funktionäre, wegen deren Verhaltens Beschwerde erhoben worden ist, unter Setzung einer angemessenen Frist auffordern, bei ihm eine schriftliche Stellungnahme zum gegenständlichen Sachverhalt abzugeben.
Ist die Beschwerde nicht unzulässig oder unbegründet, soll der Verfassungsgerichtshof das angefochtene Verhalten für rechtswidrig erklären. Eine derartige Erklärung stellt die Rechtswidrigkeit des Verhaltens fest, entfaltet jedoch – sofern gesetzlich nicht anderes angeordnet ist, keine darüber hinausgehenden Rechtswirkungen."
2. Die in Anlage 1 zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) enthaltene Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse, BGBl 410/1975, idF BGBl I 99/2014, (VO-UA) lautet (auszugsweise):
"Aufgaben des Vorsitzenden
§6. (1) und (2) […]
(3) Im Rahmen der Vorsitzführung eröffnet und schließt der Vorsitzende die Sitzungen des Untersuchungsausschusses. Er handhabt die Geschäftsordnung und achtet auf die Wahrung des Grundrechts- und Persönlichkeitsschutzes. Er leitet die Verhandlungen und sorgt für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung während der Sitzung. Er ist jederzeit berechtigt, in den Fällen des § 11 Abs 4 und des § 42 Abs 2 aber verpflichtet, die Sitzung zu unterbrechen. Der Vorsitzende leitet die Befragung von Auskunftspersonen und Sachverständigen gemäß § 37.
[…]
Aufgaben des Verfahrensrichters
§9. (1) und (2) […]
(3) Der Verfahrensrichter belehrt die Auskunftspersonen und die Sachverständigen über ihre Rechte und Pflichten und führt im Auftrag des Vorsitzenden die Erstbefragung gemäß § 39 durch und kann gemäß § 40 Abs 3 ergänzende Fragen an die Auskunftsperson richten. Er hat den Vorsitzenden auf unzulässige Fragen gemäß § 41 und Verstöße gegen das InfOG hinzuweisen sowie ihn in allen Verfahrensfragen zu beraten und kann den Ausschluss der Öffentlichkeit gemäß § 17 Abs 3 beantragen. Bei Veröffentlichungen des Untersuchungsausschusses gemäß § 20 kann er Einspruch erheben.
[…]
Aufgaben des Verfahrensanwaltes
§11. (1) Der Verfahrensanwalt nimmt mit beratender Stimme an den Sitzungen des Untersuchungsausschusses teil. Er hat sich zur Wahrung seiner Aufgaben unverzüglich an den Vorsitzenden zu wenden. Erforderlichenfalls hat der Vorsitzende die Befragung zu unterbrechen.
(2) Der Verfahrensanwalt hat den Vorsitzenden oder den Verfahrensrichter jederzeit unverzüglich auf Verletzungen der Verfahrensordnung sowie auf Eingriffe in die Grund- oder Persönlichkeitsrechte einer Auskunftsperson hinzuweisen.
(3) Der Verfahrensanwalt hat unverzüglich auf Gründe für den Ausschluss der Öffentlichkeit gemäß § 17 Abs 2 und auf das Vorliegen von Aussageverweigerungsgründen gemäß §§43 und 44 hinzuweisen. Bei Veröffentlichungen des Untersuchungsausschusses gemäß § 20 kann er Einspruch erheben.
(4) Der Verfahrensanwalt hat Auskunftspersonen vor und während einer Befragung im Untersuchungsausschuss die Möglichkeit zur vertraulichen Beratung zu geben. Zu diesem Zweck kann er auch eine Unterbrechung der Sitzung verlangen.
(5) Der Verfahrensanwalt ist zur Verschwiegenheit über die ihm anvertrauten Angelegenheiten und die ihm sonst in dieser Eigenschaft bekanntgewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse einer Auskunftsperson gelegen ist, verpflichtet. Er hat in gerichtlichen und sonstigen behördlichen Verfahren nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Vorschriften das Recht auf diese Verschwiegenheit.
[…]
Zulässigkeit von Fragen an Auskunftspersonen
§41. (1) Fragen an die Auskunftsperson müssen durch das in der Ladung festgelegte Beweisthema gedeckt sein.
(2) Die an die Auskunftsperson zu richtenden Fragen dürfen nicht unbestimmt, mehrdeutig, verfänglich, beleidigend oder unterstellend sein und nicht Grund- oder Persönlichkeitsrechte verletzen. Es sind daher insbesondere solche Fragen unzulässig, in denen eine von der Auskunftsperson nicht zugestandene Tatsache als bereits zugestanden angenommen wird.
(3) Fragen, durch die einer Auskunftsperson Umstände vorgehalten werden, die erst durch ihre Antwort festgestellt werden sollen, dürfen nur gestellt werden, wenn die Auskunft nicht in anderer Weise erlangt werden kann.
(4) Der Vorsitzende entscheidet nach Beratung mit dem Verfahrensrichter über die Unzulässigkeit einer Frage. Er hat auf Verlangen eines Mitglieds des Untersuchungsausschusses, des Verfahrensanwalts oder einer Auskunftsperson über die Unzulässigkeit einer Frage zu entscheiden.
[…]"
3. Die §§16 und 1330 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch – ABGB, JGS 946/1811, idF RGBl. 69/1916, lauten:
"Aus dem Charakter der Persönlichkeit.
Angeborne Rechte.
§16. Jeder Mensch hat angeborne, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte, und ist daher als eine Person zu betrachten. Sclaverey oder Leibeigenschaft, und die Ausübung einer darauf sich beziehenden Macht, wird in diesen Ländern nicht gestattet.
[…]
§1330. (1) Wenn jemandem durch Ehrenbeleidigung ein wirklicher Schade oder Entgang des Gewinnes verursacht worden ist, so ist er berechtigt, den Ersatz zu fordern.
(2) Dies gilt auch, wenn jemand Tatsachen verbreitet, die den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährden und deren Unwahrheit er kannte oder kennen mußte. In diesem Falle kann auch der Widerruf und die Veröffentlichung desselben verlangt werden. Für eine nicht öffentlich vorgebrachte Mitteilung, deren Unwahrheit der Mitteilende nicht kennt, haftet er nicht, wenn er oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse hatte."
4. §§111f Strafgesetzbuch – StGB, in der (Stamm-)Fassung BGBl 60/1974, lautet:
"Vierter Abschnitt
Strafbare Handlungen gegen die Ehre
Üble Nachrede
§111. (1) Wer einen anderen in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.
(2) Wer die Tat in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise begeht, wodurch die üble Nachrede einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.
(3) Der Täter ist nicht zu bestrafen, wenn die Behauptung als wahr erwiesen wird. Im Fall des Abs 1 ist der Täter auch dann nicht zu bestrafen, wenn Umstände erwiesen werden, aus denen sich für den Täter hinreichende Gründe ergeben haben, die Behauptung für wahr zu halten.
Wahrheitsbeweis und Beweis des guten Glaubens
§112. Der Wahrheitsbeweis und der Beweis des guten Glaubens sind nur aufzunehmen, wenn sich der Täter auf die Richtigkeit der Behauptung oder auf seinen guten Glauben beruft. Über Tatsachen des Privat- oder Familienlebens und über strafbare Handlungen, die nur auf Verlangen eines Dritten verfolgt werden, sind der Wahrheitsbeweis und der Beweis des guten Glaubens nicht zuzulassen."
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit
1.1. Gemäß Art 138b Abs 1 Z 7 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden einer Person, die durch ein Verhalten eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates (lita), eines Mitgliedes eines solchen Ausschusses in Ausübung seines Berufes als Mitglied des Nationalrates (litb) oder gesetzlich zu bestimmender Personen in Ausübung ihrer Funktion im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss (litc) in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt zu sein behauptet.
Zufolge § 56i VfGG hat die Beschwerde die Bezeichnung des angefochtenen Verhaltens und, soweit dies zumutbar ist, die Angabe, wer es gesetzt hat, den Sachverhalt, die Bezeichnung der Persönlichkeitsrechte, in denen der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet, die erforderlichen Beweise sowie die Angaben zu enthalten, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob das Verhalten rechtzeitig angefochten wurde (§56i Abs 3 VfGG).
1.2. Die Beschwerdeführerin sieht sich in ihrer Beschwerde durch die unter Pkt. I.1. wiedergegebenen Aussagen der Mitglieder des Untersuchungsausschusses in ihrem "Recht auf Ehre" und in ihrem "Recht auf Wahrung [ihres] wirtschaftlichen Rufs" gemäß § 1330 ABGB,§ 16 ABGB und § 111 StGB verletzt.
Des Weiteren sieht sich die Beschwerdeführerin durch das Verhalten der Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwalts in diesen Rechten verletzt, weil diese entgegen ihren aus der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse herrührenden Verpflichtungen nicht eingeschritten seien.
1.3. Was unter "Persönlichkeitsrechten" iSd Art 138b Abs 1 Z 7 B VG (und des § 56i VfGG) zu verstehen ist, wird in diesen Bestimmungen nicht definiert; auch die Erläuterungen zu diesen Bestimmungen (IA 718-A, 25. GP, 21) führen dazu nichts aus.
Für den Verfassungsgerichtshof besteht allerdings kein Zweifel, dass es sich bei den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechten gemäß § 16 und § 1330 ABGB sowie § 111 StGB (Recht auf Ehre und Recht auf Wahrung des wirtschaftlichen Rufs) um Persönlichkeitsrechte iSd Art 138b Abs 1 Z 7 B VG handelt, deren Verletzung durch ein Verhalten eines Mitgliedes eines Untersuchungsausschusses bzw. eines in § 56i Abs 1 VfGG genannten Funktionärs eines Untersuchungsausschusses vor dem Verfassungsgerichtshof geltend gemacht werden kann.
1.4. Die Beschwerdeführerin legt in ihrer Beschwerde im Einzelnen dar, durch welches Verhalten der Mitglieder bzw. der Vorsitzenden, des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwalts des Untersuchungsausschusses sie sich in Persönlichkeitsrechten verletzt erachtet. Sie stellt den Sachverhalt betreffend ihre Befragung als Auskunftsperson im Untersuchungsausschuss schlüssig und nachvollziehbar dar und bezeichnet jene Persönlichkeitsrechte, in welchen sie sich als verletzt erachtet; die Beschwerdeführerin begehrt die Feststellung durch den Verfassungsgerichtshof, dass das von ihr dargestellte Verhalten in Form von im Antrag genau bezeichneten Äußerungen der Mitglieder des Untersuchungsausschusses (vgl. dazu auch Punkt 2.2.) sowie das Verhalten der Vorsitzenden, des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwalts des Untersuchungsausschusses rechtswidrig waren. Das Beschwerdevorbringen ist damit hinreichend konkretisiert und erfüllt – entgegen den Ausführungen der Präsidentin des Nationalrates – die Anforderungen des § 56i Abs 3 VfGG und des § 15 Abs 2 VfGG (zu den Anforderungen an eine Beschwerde nach der letztgenannten Bestimmung vgl. VfSlg 11.354/1987, 11.611/1988, 12.630/1991, 12.925/1991, 13.100/1992, 15.415/1999, 16.605/2002 uva.).
1.5. Der Verfahrensanwalt des Untersuchungsausschusses bestreitet in seiner Äußerung die Zulässigkeit der Beschwerde, weil die Bevollmächtigung der einschreitenden Rechtsvertreter der Beschwerdeführer in dieser nicht ausgewiesen seien; dort finde sich nur eine Berufung auf eine gemäß § 30 Abs 2 ZPO für ein "Verwaltungsverfahren" erteilte Vollmacht.
Die vorliegende Beschwerde wurde beim Verfassungsgerichtshof durch einen Rechtsanwalt eingebracht, welcher sich gemäß § 30 Abs 2 ZPO auf die ihm erteilte Vollmacht berief. Für den Verfassungsgerichtshof besteht angesichts des Berufens auf die erteilte Vollmacht, was gemäß § 30 Abs 2 ZPO deren urkundlichen Nachweis ersetzt, kein Zweifel an der Bevollmächtigung der einschreitenden Rechtsvertreter für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof.
1.6. Da die Beschwerde auch innerhalb der sechswöchigen Frist des § 56i Abs 2 VfGG erhoben wurde, ist sie zulässig.
2. In der Sache
2.1. Vorbemerkungen
2.1.1. Die Beschwerdeführerin führt in ihrer Beschwerde Äußerungen von Mitgliedern des Untersuchungsausschusses – nach ihren Angaben – "exemplarisch" an.
Dem Verfassungsgerichtshof ist es im Verfahren nach Art 138b Abs 1 Z 7 B VG verwehrt, über das in der Beschwerde ausdrücklich angeführte, konkrete Verhalten hinaus über sonstiges (von der Beschwerdeführerin nicht näher bezeichnetes) Verhalten der Mitglieder oder Funktionäre des Untersuchungsausschusses zu erkennen. Der Verfassungsgerichtshof hat sich im Verfahren nach Art 138b Abs 1 Z 7 B VG weiters auf die Feststellung zu beschränken, ob das ausdrücklich in Beschwerde gezogene Verhalten die konkret geltend gemachten Persönlichkeitsrechte verletzt. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht von Amts wegen zu prüfen, ob in andere als die geltend gemachten Persönlichkeitsrechte eingegriffen (und diese verletzt) wurde.
2.1.2. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch näher bezeichnete Äußerungen dreier Mitglieder des Untersuchungsausschusses in ihrem durch § 1330 und § 16 ABGB sowie § 111 StGB geschützten Recht auf Ehre und auf wirtschaftlichen Ruf verletzt.
Die von der Beschwerdeführerin angeführten Bestimmungen (§16 und § 1330 ABGB sowie § 111 StGB) stehen im Spannungsverhältnis insbesondere zwischen dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Meinungsfreiheit (Art10 EMRK) und dem in Art 8 EMRK verankerten Schutz der Persönlichkeitsrechte (vgl. Holoubek , Kommunikationsfreiheit, in: Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hrsg.], HGR VII/1², § 15 Rz 27 und 31) und sind daher im Lichte dieser beiden verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte anzuwenden. Dabei hat die erforderliche Abwägung zwischen den Schutzgütern des Art 10 und Art 8 EMRK stets vor dem Hintergrund der Kontrollfunktion und dem im Einzelfall festgesetzten Gegenstand des Untersuchungsausschusses gemäß Art 53 B VG zu erfolgen.
2.1.3. Es ist zunächst festzuhalten, dass die von der Beschwerdeführerin in Beschwerde gezogenen Äußerungen bestimmter Mitglieder des Untersuchungsausschusses im Zuge einer Befragung der Beschwerdeführerin vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss iSd Art 53 B VG gefallen sind.
Die Beschwerdeführerin war wegen ihrer Tätigkeit als Staatskommissärin (§76 BWG) bei der HYPO Alpe-Adria-Bank International AG und der HYPO Alpe-Adria-Bank AG vor den Untersuchungsausschuss geladen. Sie hatte in dieser Funktion kein politisches Mandat inne, sondern war als Organ der Finanzmarktaufsicht (§76 BWG) tätig.
Bei der Beurteilung der Äußerungen von Mitgliedern des Untersuchungsausschusses gegenüber Auskunftspersonen ist allgemein zu berücksichtigen, dass die jeweilige Auskunftsperson die "öffentliche Bühne" nicht freiwillig betritt; die Auskunftsperson ist vielmehr verpflichtet, einer Ladung des Untersuchungsausschusses zu folgen, und hat dort wahrheitsgemäß auszusagen (vgl. § 33 Abs 1 VO-UA und § 288 Abs 3 StGB). Der Verfassungsgerichtshof hat bei der Beurteilung, ob die Äußerungen der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die geltend gemachten Persönlichkeitsrechte der Beschwerdeführerin verletzen, die jeweiligen Äußerungen nicht isoliert, sondern in ihrem Kontext zu beurteilen (vgl. ). Dabei ist, sofern es sich nicht um für den Äußernden evident unwahre Tatsachenbehauptungen oder Werturteile mit exzessivem Charakter handelt, insbesondere auch zu berücksichtigen, ob die Auskunftsperson, an welche eine Frage gerichtet oder die mit negativer Kritik oder Vorwürfen konfrontiert wird, die Möglichkeit der unmittelbaren Entgegnung oder Richtigstellung hat. Die Befragung einer Auskunftsperson vor dem Untersuchungsausschuss erlaubt die unmittelbare Reaktion und Aufklärung durch die Auskunftsperson.
2.1.4. Zu § 16 ABGB
Nach herrschender Ansicht gehört die Ehre zu den anerkannten Persönlichkeitsrechten iSd § 16 ABGB. Das Schutzgut besteht in der Bewahrung der sozialen Integrität des Menschen, die sich im guten Ruf und persönlichen Ansehen äußert ( Meissel, in: Fenyves/Kerschner/Vonkilch [Hrsg.], Klang³, § 16 Rz 99). Da § 16 ABGB durch § 1330 Abs 1 und 2 ABGB konkretisiert wird, erübrigt sich im gegebenen Zusammenhang eine nähere Auseinandersetzung mit § 16 ABGB.
2.1.5. Zu § 1330 ABGB
§1330 Abs 1 ABGB schützt vor einer "Ehrenbeleidigung". Unter Ehre ist der aus der Personenwürde entspringende, jedermann zukommende Anspruch auf achtungsvolle Behandlung durch andere zu verstehen (zB ).
§1330 Abs 2 ABGB schützt hingegen den "wirtschaftlichen Ruf", der durch die Verbreitung von Tatsachen, deren Unwahrheit der Verbreitende "kannte oder kennen musste", geschädigt wird (Rufschädigung); bloße Werturteile (ohne Tatsachensubstrat) werden von Abs 2 nicht erfasst ( Kissich, in: Kletečka/Schauer [Hrsg.], ABGB-ON 1.02 , § 1330 Rz 1). Eine "Kreditgefährdung" iSd § 1330 Abs 2 ABGB liegt vor, wenn die Zahlungsfähigkeit in Frage gestellt wird. Der "Erwerb" betrifft die gegenwärtige wirtschaftliche Lage, das "Fortkommen" die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des Betroffenen. Darunter ist die Möglichkeit zu verstehen, eine bestimmte Position zu erreichen bzw. eine Aufstiegschance wahrzunehmen oder zu verbessern. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes reicht für die Eignung einer Äußerung als Kreditschädigung auch eine Gefährdung, die nur mittelbar wirtschaftliche Nachteile zur Folge haben kann (vgl. ). Eine solche Schädigungseignung setzt jedenfalls voraus, dass die verbreiteten Tatsachenbehauptungen einen Bezug zur wirtschaftlichen Wertschätzung des Betroffenen aufweisen (vgl. die bei Kissich, aaO § 1330 Rz 38, angeführte Judikatur, zB ).
Für die Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit (Art10 EMRK) und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte (Art8 EMRK) und damit auch für die Auslegung des § 1330 ABGB ist die Unterscheidung von Tatsachenbehauptungen einerseits und Werturteilen andererseits von grundlegender Bedeutung. Tatsachenbehauptungen, deren Unwahrheit der diese Äußernde kannte oder kennen musste, können nicht mit der Meinungsfreiheit gemäß Art 10 EMRK gerechtfertigt werden. Werturteile sind hingegen grundsätzlich nach Art 10 EMRK zulässig, sofern dabei kein "Wertungsexzess" vorliegt (vgl. Holoubek , Kommunikationsfreiheit, in: Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hrsg.], HGR VII/1², § 15 Rz 33ff. mwN; EGMR , Fall Falter Zeitschriften GmbH (II) , Appl. Nr 3084/07; , Fall Karpetas , Appl. Nr 6086/10).
Ob durch eine Äußerung Tatsachen verbreitet werden oder eine wertende Meinungsäußerung vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck für den unbefangenen Durchschnittsadressaten. Die Ermittlung des Sinngehalts einer Äußerung ist eine Rechtsfrage, die von den näheren Umständen des Einzelfalls, insbesondere aber von der konkreten Formulierung in ihrem Zusammenhang abhängt (vgl. ; ).
Bei der gebotenen Interessenabwägung zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und dem Gut der Ehre ist die Bedeutung des Themas für die Allgemeinheit, in dessen Rahmen die ehrverletzende, im Tatsachenkern richtige Äußerung fiel, eines von mehreren Beurteilungskriterien, das den Ausschlag für die Bejahung eines Rechtfertigungsgrundes geben kann (zB ). Bei Werturteilen liegt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dann ein Wertungsexzess vor, der zur Rechtswidrigkeit einer Äußerung führt, wenn die Grenzen zulässiger Kritik überschritten werden. Exzess ist jedenfalls zu bejahen, wenn die Ausübung des Rechts auf Meinungsäußerung rechtsmissbräuchlich ist oder an einen Rechtsmissbrauch heranreicht; wenn also unlautere Motive der Rechtsausübung offensichtlich im Vordergrund stehen und andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten, sodass zwischen den Interessen des Äußernden und den beeinträchtigten Interessen des anderen Teils ein krasses Missverhältnis besteht (vgl. zB ).
2.1.6. Zu § 111 StGB
§111 StGB schützt - wie § 1330 (Abs1) ABGB - die Ehre. Gemäß § 111 Abs 1 StGB ist zu bestrafen, wer einen anderen in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen.
Nach § 111 StGB ist ebenfalls – wie bei § 1330 ABGB – zwischen Tatsachenbehauptungen und Werturteilen mit einem Tatsachenkern einerseits und (bloßen) Werturteilen, die keinen Tatsachenkern haben, andererseits zu unterscheiden.
Da sich das Schutzgut des § 1330 ABGB mit jenem des § 111 StGB unter dem Gesichtspunkt der von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen deckt, muss hier auf § 111 StGB nicht weiter eingegangen werden.
2.2. Vor dem Hintergrund dieser Grundsätze ergibt sich zu den von der Beschwerdeführerin behaupteten Verletzungen in Persönlichkeitsrechten durch Mitglieder des Untersuchungsausschusses im Einzelnen Folgendes:
2.2.1. Zur Äußerung des Mitglieds des Untersuchungsausschusses Ing. Robert Lugar "Und es kommt dann aus meiner Sicht noch schlimmer: Wenn man ein bisschen weiterblättert, kommt man drauf, dass Sie vor den wichtigen Dingen, zum Beispiel da sind die Skiper-Kredite, also die großen Verluste, die dann letztlich den Steuerzahler treffen, auch verhandelt worden, den Sitzungssaal verlassen haben und Sie sind erst nachher wieder gekommen."
2.2.1.1. Zu dieser Äußerung führt die Beschwerdeführerin aus, das Mitglied des Untersuchungsausschusses habe ihr vorgehalten, "vor den wichtigen Dingen" im Aufsichtsrat der HYPO Alpe-Adria-Bank International AG die Sitzung verlassen zu haben. Ein solcher Vorwurf sei kreditschädigend iSd § 1330 Abs 2 ABGB. Es werde der Beschwerdeführerin damit im Gesamtzusammenhang unterstellt, bei entscheidenden Beschlussthemen den Sitzungssaal verlassen zu haben, um nicht allenfalls ein Veto einlegen zu müssen. Damit werde der Beschwerdeführerin vorgeworfen, ihre Aufgaben als Staatskommissärin nicht gesetzeskonform erfüllt zu haben.
2.2.1.2. Das Mitglied des Untersuchungsausschusses Ing. Robert Lugar bestreitet in seiner Stellungnahme pauschal die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Verletzungen in Persönlichkeitsrechten, ohne auf das Beschwerdevorbringen im Einzelnen einzugehen.
2.2.1.3. Die zitierte Äußerung kann zunächst als Tatsachenbehauptung angesehen werden. Der Beschwerdeführerin wird vorgeworfen, sie sei teilweise bei Aufsichtsratssitzungen und bei bestimmten Beschlussfassungen, bei denen beispielsweise ein bestimmter Kreditfall behandelt wurde, nicht im Aufsichtsrat anwesend gewesen. Für den Verfassungsgerichtshof ist nicht hervorgekommen, dass das Mitglied des Untersuchungsausschusses eine unwahre Tatsache behauptet hätte. Auch aus der Beschwerde geht Derartiges nicht hervor.
Die in der Äußerung zum Ausdruck kommende Wertung seitens des Mitglieds des Untersuchungsausschusses, dass bei Versäumen der Sitzungstermine etwaige Kontrollverpflichtungen nicht umfassend wahrgenommen werden könnten, überschreitet nicht die Grenzen zulässiger, durch Art 10 EMRK geschützter Kritik. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht erkennen, dass diese Äußerung einen Wertungsexzess darstellt.
Die in Beschwerde gezogene Äußerung des Mitglieds des Untersuchungsausschusses verletzt somit die Beschwerdeführerin nicht in den geltend gemachten Persönlichkeitsrechten.
2.2.2. Zu den Äußerungen des Mitglieds des Untersuchungsausschusses Ing. Robert Lugar "Wie können Sie Ihre gesetzliche Pflicht, eben die Aufsicht, wahrnehmen, wenn Sie die wichtigen Punkte gar nicht mitbekommen?" und "Das heißt, Sie haben laut Gesetz Ihre Aufgabe, Schaden abzuwenden – was ja nicht funktioniert hat –, eben nicht wahrgenommen und gehofft, dass es andere tun."
2.2.2.1. Die Beschwerdeführerin meint, das Mitglied des Untersuchungsausschusses werfe ihr vor, ihre gesetzliche Aufgabe als Staatskommissärin, Schaden abzuwenden, nicht wahrgenommen und gehofft zu haben, "dass es andere tun". Der Vorwurf, ihre gesetzliche Verpflichtung nicht erfüllt zu haben, sei kreditschädigend. Die Beschwerdeführerin sei als Universitätsprofessorin für betriebliches Finanz- und Steuerwesen auf ihren wirtschaftlichen Ruf ebenso angewiesen wie in ihrer Tätigkeit als Steuerberaterin. Es sei zudem ehrenbeleidigend, sie eines Verhaltens zu beschuldigen, das geeignet sei, sie in der Öffentlichkeit verächtlich zu machen oder herabzusetzen. Der Vorwurf der Verletzung österreichischer Rechtsvorschriften sei jedenfalls ehrenbeleidigend und es werde der Beschwerdeführerin damit Gesetzesbruch vorgeworfen. Die Beschwerdeführerin werde daher in ihrem Recht auf Ehre verletzt.
2.2.2.2. Bei den vom Mitglied des Untersuchungsausschuss getätigten – teilweise als Frage formulierten – Äußerungen handelt es sich sowohl um Tatsachenbehauptungen als auch um Werturteile.
Soweit in den Äußerungen des Mitgliedes des Untersuchungsausschusses Tatsachenbehauptungen zu erblicken sind, ist für den Verfassungsgerichtshof nicht hervorgekommen, dass das Mitglied des Untersuchungsausschusses eine unwahre Tatsache behauptet hätte. Auch aus der Beschwerde geht nichts Derartiges hervor.
Soweit in den Äußerungen ein Werturteil zu sehen ist, liegt darin kein Exzess: Die Äußerungen nehmen eine Bewertung der Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Staatskommissärin vor; dabei wird der Beschwerdeführerin zumindest implizit attestiert, ihre gesetzlich definierten Aufgaben nicht vollständig erfüllt zu haben, ohne dies zu präzisieren. Vor dem Hintergrund der Aufklärungstätigkeit eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, dessen Gegenstand gemäß Art 53 Abs 2 B VG abgeschlossene Vorgänge im Bereich der Vollziehung des Bundes sind, bewegt sich das Werturteil im Rahmen zulässiger Kritik.
Die genannten Äußerungen des Mitglieds des Untersuchungsausschusses verletzen somit die Beschwerdeführerin nicht in den von ihr geltend gemachten Persönlichkeitsrechten.
2.2.3. Zur Äußerung des Mitgliedes des Untersuchungsausschusses Ing. Robert Lugar "Ich glaube, wenn man all das hört, kann man den Eindruck gewinnen, Sie wurden als politisches Feigenblatt in die Bank geschickt und Sie haben sich auf das verlassen, was man Ihnen gesagt hat."
2.2.3.1. Die Beschwerdeführerin meint dazu unter Verweis auf § 1330 ABGB, die vom Mitglied des Untersuchungsausschusses verwendete Formulierung "politisches Feigenblatt" sei ehrenbeleidigend; der Beschwerdeführerin werde damit eine "Alibitätigkeit" vorgeworfen und ihr wirtschaftlicher Ruf werde dadurch gefährdet. Eine Universitätsprofessorin und Steuerberaterin, die sich als politisches Feigenblatt missbrauchen lasse, sei für die Erfüllung einer Vielzahl von Aufgaben ungeeignet.
2.2.3.2. Der Verfassungsgerichtshof erblickt in dieser Äußerung des Mitglieds des Untersuchungsausschusses ein Werturteil; der Verfassungsgerichtshof teilt aber die Auffassung der Beschwerdeführerin nicht, dass ihr durch die Bezeichnung "politisches Feigenblatt" die Eignung als Universitätsprofessorin und Steuerberaterin "für die Erfüllung einer Vielzahl von Aufgaben" abgesprochen werde.
Die Äußerungen, insbesondere auch die Äußerung, die Beschwerdeführerin habe sich auf das verlassen, was man ihr gesagt habe, sind als Werturteil nicht exzessiv und verletzen daher nicht die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Persönlichkeitsrechte.
2.2.4. Zur Äußerung des Mitglieds des Untersuchungsausschusses Ing. Robert Lugar "Das ist aus meiner Sicht unglaubwürdig."
2.2.4.1. Dazu führt die Beschwerdeführerin aus, das Mitglied des Untersuchungsausschusses unterstelle ihr durch seine Bemerkung, die Antwort der Beschwerdeführerin sei unglaubwürdig, eine unrichtige Aussage als Auskunftsperson vor dem Untersuchungsausschuss, womit § 111 StGB verletzt werde. Der Vorwurf einer Lüge sei zudem ehrenbeleidigend und kreditschädigend. Werde ein Lügenvorwurf – wie hier – substratlos vorgetragen, verletze dies § 1330 ABGB.
2.2.4.2. Das Mitglied des Untersuchungsausschusses wendet sich in seiner Äußerung gegen den Vorwurf, der Beschwerdeführerin Falschaussagen unterstellt zu haben. Als Mitglied des Nationalrates sei es seine Aufgabe, an "der Aufklärung des größten Wirtschaftsskandals der Zweiten Republik" mitzuwirken. Die Äußerung von persönlichen Eindrücken sei im Rahmen der parlamentarischen Befragung zulässig.
2.2.4.3. Die vom Mitglied des Untersuchungsausschusses geäußerte Einschätzung, eine Antwort der Beschwerdeführerin sei unglaubwürdig, ist in ihrem Kontext zu sehen. Die Befragung der Beschwerdeführerin drehte sich in diesem Zusammenhang um ein Schreiben aus dem Jahr 2006, das an die Finanzmarktaufsicht geschickt und in welchem angebliche Missstände rund um Vorgänge in der HYPO-Bank geschildert worden seien. Die Beschwerdeführerin verneinte den Erhalt eines solchen Schreibens und verwies darauf, dass dieses an die Finanzmarktaufsicht und nicht an sie adressiert gewesen sei. Das Mitglied des Untersuchungsausschusses hielt es daraufhin für unglaubwürdig, dass ein solches Schreiben nicht an die für die HYPO-Bank zuständige Staatskommissärin weitergeleitet worden sei.
Die in Beschwerde gezogene Äußerung des Mitglieds des Untersuchungsausschusses kann nicht so verstanden werden, dass der Beschwerdeführerin selbst eine unwahre Aussage unterstellt wird. Das Mitglied des Untersuchungsausschusses lässt es vielmehr offen, ob dieses Schreiben tatsächlich an die Beschwerdeführerin weitergeleitet und von dieser zur Kenntnis genommen wurde, und verweist in der Befragung selbst darauf, noch mit den Auskunftspersonen der Finanzmarktaufsicht abzuklären, ob dieses Schreiben weitergeleitet wurde. Ein in weiterer Folge durch die Bezeichnung "unglaubwürdig" zum Ausdruck gebrachter Zweifel ist nicht so zu deuten, dass damit der Beschwerdeführerin der Vorwurf einer bewussten Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss gemacht wurde; es ist damit nicht der Vorwurf einer Lüge verbunden.
Der Verfassungsgerichtshof kann somit in der angefochtenen Äußerung des Mitglieds des Untersuchungsausschusses keine Verletzung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Persönlichkeitsrechte erblicken.
2.2.5. Zur Äußerung des Mitgliedes des Untersuchungsausschusses Kai Jan Krainer "Ja, ja. Also Sie haben gleich gesagt, die Erinnerung könnte Sie trügen, aber jetzt können Sie ja trotzdem aus der Erinnerung plaudern. Jetzt haben wir schon festgestellt, dass das dann nicht immer eins zu eins mit der Realität zu tun hat. Ist in Ordnung, geschenkt."
2.2.5.1. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin ist der Vorwurf, ihre aus der Erinnerung entnommenen Aussagen hätten nichts mit der Realität zu tun, beleidigend. Zudem werde ihr damit eine Falschaussage vorgeworfen. Dies verletze § 111 StGB und § 1330 ABGB.
2.2.5.2. Das Mitglied des Untersuchungsausschusses führt in seiner Äußerung aus, den von der Beschwerdeführerin zitierten Aussagen fehle die Eignung, eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten zu begründen. Von einer Person, die ein mehrere Jahre zurückliegendes Ereignis schildern solle, werde erwartet, die Geschehnisse nur in groben Zügen und ohne vollständige Erinnerung wiederzugeben. Werde sie daher aufgefordert, lediglich allgemeine Aussagen aus der Erinnerung zu treffen, könne dies weder ehrenrührig noch rufschädigend sein. Der Beschwerdeführerin werde damit auch keine Falschaussage unterstellt. Die Äußerung des Mitglieds des Untersuchungsausschusses beruhe zudem auf faktischen Grundlagen, weil die Beschwerdeführerin mehrfach Ungenauigkeiten eingeräumt und sich selbst korrigiert habe.
2.2.5.3. Die Äußerung des Mitgliedes des Untersuchungsausschusses ist im Kontext der Befragung der Beschwerdeführerin vor dem Untersuchungsausschuss zu sehen. Ein immer wiederkehrendes Thema dieser Befragung waren nach dem Protokoll der Sitzung des Untersuchungsausschusses allfällige Erinnerungslücken der Beschwerdeführerin über ihre Wahrnehmungen in Bezug auf teilweise mehrere Jahre zurückliegende Vorgänge. So erhielten die Mitglieder des Untersuchungsausschusses öfters – so unter anderem unmittelbar vor der zitierten Äußerung – von der Beschwerdeführerin auf ihre Fragen die Antwort, dass sich die Beschwerdeführerin überhaupt nicht mehr oder nicht im Detail erinnern oder ihre Erinnerung sie auch trügen könnte.
Soweit die Bemerkung, dass die Erinnerung "nicht immer eins zu eins mit der Realität zu tun" habe, der Beschwerdeführerin eine selektive Vergesslichkeit attestiert, stellt dies keinen Wertungsexzess dar. Der Verfassungsgerichtshof kann in diesem Zusammenhang auch nicht erkennen, dass der Beschwerdeführerin eine falsche Beweisaussage vor dem Untersuchungsausschuss vorgeworfen wurde. Dies ergibt sich schon aus dem Verweis auf die "trügende" Erinnerung, woraus grundsätzlich eine Feststellung des Mitglieds des Untersuchungsausschusses abzuleiten ist, dass eine vollständige und wahrheitsgemäße Wiedergabe von lange zurückliegenden Eindrücken nicht immer möglich ist.
Die Äußerung des Mitglieds des Untersuchungsausschusses stellt somit keine Verletzung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Persönlichkeitsrechte dar.
2.2.6. Zur Äußerung des Mitgliedes des Untersuchungsausschusses Dr. Rainer Hable "Ich frage mich: Was ist das jetzt für ein Auge und Ohr der Finanzmarktaufsicht, mit dem man offenbar nicht einmal redet? Haben Sie sich nicht sehr einsam gefühlt? Sie sind Organ der Finanzmarktaufsicht, aber Sie sind nirgends eingebunden und niemand redet mit Ihnen."
2.2.6.1. Dazu führt die Beschwerdeführerin aus, dieser Äußerung liege eine unrichtige Auffassung über den Informationsaustausch zwischen der Finanzmarktaufsicht und der Staatskommissärin zugrunde. Die Beschwerdeführerin sei durch die spöttische Äußerung herabgesetzt und verächtlich gemacht worden, um sich einen "lachenden Applaus" der anwesenden Medienvertreter zu sichern. Dadurch sei die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Ehre verletzt worden.
2.2.6.2. Das Mitglied des Untersuchungsausschusses führt in seiner Äußerung dazu aus, die Befragung der Beschwerdeführerin im Untersuchungsausschuss sei nicht geeignet gewesen, die Beschwerdeführerin zu verspotten oder verächtlich zu machen. Die Bezeichnung "Auge und Ohr der Finanzmarktaufsicht" beziehe sich auf ihre Aufgabe, bei Aufsichtsratssitzungen "alles sehen und hören" zu müssen. Ein Durchschnittsadressat empfinde das nicht als Herabwürdigung oder Lächerlichmachen. Am Gegenstand des Untersuchungsausschusses bestehe ein großes öffentliches Informationsbedürfnis, ein solches rechtfertige eine "dezente Kritik und leicht überspitzte Formulierung".
2.2.6.3. Der Verfassungsgerichtshof kann – entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin – nicht erkennen, dass die Beschwerdeführerin durch die zitierte Äußerung herabgesetzt oder verächtlich gemacht wurde. Die Äußerung bezieht sich ausschließlich auf das Kommunikationsverhalten der Finanzmarktaufsicht gegenüber dem ihr zurechenbaren Organ Staatskommissärin (§76 BWG) und nicht auf das Verhalten der Beschwerdeführerin selbst.
Auch die Frage, ob sich die Beschwerdeführerin in ihrer Funktion als Staatskommissärin einsam gefühlt habe, ist nicht geeignet, eine Ehrverletzung der Beschwerdeführerin zu begründen. Da die Äußerung des Mitglieds des Untersuchungsausschusses weder eine (unwahre) Tatsachenbehauptung noch ein (exzessives) Werturteil über das Verhalten der Beschwerdeführerin beinhaltet, scheidet eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Beschwerdeführerin aus.
2.2.6.4. Soweit die Beschwerdeführerin des Weiteren in ihrer Beschwerde die Verletzung in Persönlichkeitsrechten mit der Begründung geltend macht, das Mitglied des Untersuchungsausschusses habe außerhalb der Befragung im Untersuchungsausschuss gegenüber Medienvertretern behauptet, die Beschwerdeführerin habe "Augen und Ohren zugemacht", kann dies nicht zum Gegenstand einer Beschwerde gemäß Art 138b Abs 1 Z 7 B VG gemacht werden. Das Verfahren gemäß Art 138b Abs 1 Z 7 litb B VG bezieht sich nur auf das Verhalten eines Mitglieds des Untersuchungsausschusses "in Ausübung seines Berufes als Mitglied des Nationalrates": Dies ist so zu verstehen, dass nur das Verhalten eines Mitglieds des Untersuchungsausschusses während und nicht außerhalb der Sitzungen des Untersuchungsausschusses Gegenstand im Verfahren nach Art 138b Abs 1 Z 7 B VG sein kann.
2.3. Zu den behaupteten Verletzungen in Persönlichkeitsrechten durch die Vorsitzende, den Verfahrensrichter und den Verfahrensanwalt des Untersuchungsausschusses
2.3.1. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in den von ihr geltend gemachten Persönlichkeitsrechten auch durch das Verhalten der Vorsitzenden, des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwalts des Untersuchungsausschusses verletzt. Diese hätten entgegen der ihnen nach der Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse zukommenden Verpflichtung – die Beschwerdeführerin führt hier insbesondere § 6 Abs 3, § 9 Abs 3, § 11 Abs 2 und § 41 Abs 2 und 3 VO-UA an –, auf die Wahrung des Grund- und Persönlichkeitsschutzes zu achten, bei den entsprechenden Äußerungen der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nicht eingegriffen. Durch dieses Unterlassen hätten die Funktionäre des Untersuchungsausschusses einen kausalen Beitrag zur Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Beschwerdeführerin geleistet.
2.3.2. Die Vorsitzende, der Verfahrensrichter und der Verfahrensanwalt des Untersuchungsausschusses halten diesem Vorbringen in ihren Stellungnahmen im Wesentlichen entgegen, sie würden zum Schutz von Grund- und Persönlichkeitsrechten bei Befragungen im Untersuchungsausschuss im Bedarfsfall einschreiten. Für einen solchen Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung müssten jedoch gerade innerhalb der politischen Debatte im Parlament sehr gewichtige Gründe vorliegen; diese seien bei der Befragung der Beschwerdeführerin nicht vorgelegen, weshalb ein Eingreifen der Vorsitzenden, des Verfahrensrichters oder des Verfahrensanwalts aus Gründen des Schutzes von Persönlichkeitsrechten nicht geboten gewesen sei.
2.3.3. Eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Beschwerdeführerin durch die genannten Funktionäre des Untersuchungsausschusses kann schon deswegen nicht vorliegen, weil – wie unter Pkt. III.2.2. dargelegt – das in Beschwerde gezogene Verhalten der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Beschwerdeführerin nicht in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt hat. Aus diesem Grund kann auch ein – nach Auffassung der Beschwerdeführerin – damit zusammen hängendes Verhalten der von ihr bezeichneten Funktionäre des Untersuchungsausschusses keine Verletzung von Persönlichkeitsrechten der Beschwerdeführerin begründen.
2.3.4. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch das Verhalten der Vorsitzenden, des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwalts des Untersuchungsausschusses liegt daher nicht vor.
IV. Ergebnis
1. Da die geltend gemachten Verletzungen der Persönlichkeitsrechte der Beschwerdeführerin durch die in Beschwerde gezogenen Äußerungen der Mitglieder des Untersuchungsausschusses sowie durch das Verhalten der Vorsitzenden, des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwalts des Untersuchungsausschusses nicht vorliegen, ist die Beschwerde abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2015:UA3.2015