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VfGH vom 15.06.2015, UA2/2015 ua

VfGH vom 15.06.2015, UA2/2015 ua

Leitsatz

Feststellung der Verpflichtung des Bundesministers für Finanzen zur unabgedeckten (ungeschwärzten) Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen an den Untersuchungsausschuss des Nationalrates zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria; umfassende Vorlageverpflichtung des informationspflichtigen Organs hinsichtlich der vom Untersuchungsgegenstand erfassten Akten und Unterlagen; Verpflichtung des Untersuchungsausschusses zur Vornahme einer Interessenabwägung zwischen privaten Geheimhaltungsinteressen und öffentlichen Interessen bei Berichterstattung bzw Veröffentlichung der Kontrollergebnisse

Spruch

I. Der Bundesminister für Finanzen ist verpflichtet, dem Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria folgende Akten und Unterlagen unabgedeckt vorzulegen:

 Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei u[.], g[.] und partner: Team Hypo – Phase 1 – Ergebnisbericht zu Arbeitspaket [2] vom ;

 E-Mail von Gruppenleiter L[.] vom betreff "WG: Inventux - Zustimmung zu einer Restrukturierung";

 Protokoll der 69. Aufsichtsratssitzung der Hypo Group Alpe Adria vom ;

 Protokoll der 89. Sitzung des Aufsichtsrates der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG vom .

II. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

1. Mit seinem auf Art 138b Abs 1 Z 4 B VG gestützten, zu UA2/2015 protokollierten Antrag begehrt der Bundesminister für Finanzen,

"[d]er Verfassungsgerichtshof möge […] über die aus dem Antrag und dem Beharrungsbeschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses hervortretende Meinungsverschiedenheit erkennen.

Insbesondere möge der Verfassungsgerichtshof feststellen, dass das aufgeforderte Organ bei einer Beweisanforderung zu prüfen hat, ob

i. diese Beweisanforderung im Einsetzungsbeschluss, mit dem der Untersuchungsgegenstand festgelegt wird, Deckung findet,

ii. der Beweisbeschluss hinreichend konkret und nicht zu weit gefasst ist,

iii. die Beweisanforderung den Vollzugs- bzw. Wirkungsbereich des zur Vorlage aufgeforderten Organs betrifft und

iv. Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen wie beispielsweise nach EMRK, dem DSG 2000 und des BWG beachtet werden, womit unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich zulässigen Untersuchungsgegenstand[es] eines Untersuchungsausschusses die geheim zu haltenden Informationen durch geeignete Maßnahmen wie Nichtvorlage oder Schwärzen bzw. Abdecken nicht Preis gegeben werden dürfen,

und feststellen, der Bundesminister für Finanzen bei der Vorlage der im Beharrungsbeschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses genannten Aktenstücke rechtsrichtig gehandelt hat."

2. Mit ihrem zu UA4/2015 protokollierten Antrag begehren die Zweitantragsteller u.a.,

"[d]er Verfassungsgerichtshof möge über die aufgezeigten Meinungsverschiedenheiten gem. Art 138b Abs 1 Z 4 B VG entscheiden und

a. feststellen, dass der Bundesminister für Finanzen der Verpflichtung zur Vorlage von Beweismitteln an den Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria (Hypo Untersuchungsausschuss) aufgrund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nachzukommen und alle Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsausschusses ohne Vornahme von Abdeckungen an den Untersuchungsausschuss zu übermitteln hat;

b. in eventu feststellen, dass der Bundesminister für Finanzen verpflichtet ist, dem Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria (Hypo Untersuchungsausschuss) folgende Akten und Unterlagen nunmehr unabgedeckt vorzulegen:

 Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei U[.], G[.] und Partner: Team Hypo – Phase 1 – Ergebnisbericht zu Arbeitspaket [2] vom […];

 E-Mail von Gruppenleiter L[.] vom betreff 'WG: Inventux – Zustimmung zu einer Restrukturierung' […];

 Das Protokoll der 69. Aufsichtsratssitzung der Hypo Group Alpe Adria vom ;

 Das Protokoll der 89. Sitzung des Aufsichtsrates der Hypo Alpe-Adria Bank International AG vom ;

c. in eventu dem Bundesminister für Finanzen die Vorlage der unter b. genannten vier Aktenstücke ohne Abdeckungen auftragen."

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

3. Art 53 und Art 138b Abs 1 Z 4 B VG, BGBl 1/1930 idF BGBl I 102/2014, lauten:

"Artikel 53. (1) Der Nationalrat kann durch Beschluss Untersuchungsausschüsse einsetzen. Darüber hinaus ist auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder ein Untersuchungsausschuss einzusetzen.

(2) Gegenstand der Untersuchung ist ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes. Das schließt alle Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt, ein. Eine Überprüfung der Rechtsprechung ist ausgeschlossen.

(3) Alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen eines Untersuchungsausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art 52a Abs 2 gefährden würde.

(4) Die Verpflichtung gemäß Abs 3 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

(5) Nähere Bestimmungen trifft das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates. In diesem können eine Mitwirkung der Mitglieder der Volksanwaltschaft sowie besondere Bestimmungen über die Vertretung des Vorsitzenden und die Vorsitzführung vorgesehen werden. Es hat auch vorzusehen, in welchem Umfang der Untersuchungsausschuss Zwangsmaßnahmen beschließen und um deren Anordnung oder Durchführung ersuchen kann.

Artikel 138b. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über

[…]

4. Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, auf Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs;

[…]"

4. Art 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention), BGBl 210/1958 idF BGBl III 47/2010, (in der Folge: EMRK) lautet:

"Artikel 8 – Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

5. Art 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Europäische Grundrechtecharta), ABl 2010 C83, 389, (in der Folge: GRC) lautet:

"Artikel 8

Schutz personenbezogener Daten

(1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.

(2) Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken.

(3) Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht."

6. § 1 des Bundesgesetzes über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000DSG 2000), BGBl I 165/1999 idF BGBl I 83/2013, lautet:

"Artikel 1

(Verfassungsbestimmung)

Grundrecht auf Datenschutz

§1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art 8 Abs 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl Nr 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen

1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden;

2. das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.

(4) Beschränkungen der Rechte nach Abs 3 sind nur unter den in Abs 2 genannten Voraussetzungen zulässig."

7. § 56f Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl 85 idF BGBl I 23/2015, (in der Folge: VfGG) lautet:

"d) Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen

§56f. (1) Ein Antrag auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel der Mitglieder dieses Untersuchungsausschusses und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, ist nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß § 27 Abs 4 der Anlage 1 zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates: 'Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse' zwei Wochen vergangen sind.

(2) Bis zur Verkündung bzw. Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes dürfen nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.

(3) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde."

8. § 27 der Anlage 1 zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse – VO UA), BGBl 410/1975 idF BGBl I 99/2014, lautet:

"Vorlage von Beweismitteln

§27. (1) Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben Beweisbeschlüssen gemäß § 24 und ergänzenden Beweisanforderungen gemäß § 25 unverzüglich zu entsprechen. Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofes gemäß § 24 Abs 4 hat die Übermittlung von Akten und Unterlagen jedoch erst mit Unterrichtung gemäß § 26 Abs 2 über die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu erfolgen.

(2) Akten und Unterlagen, die sich auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden beziehen, sind vom Bundesminister für Justiz vorzulegen.

(3) Wird einem Beweisbeschluss oder einer ergänzenden Beweisanforderung nicht oder nur teilweise entsprochen, ist der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten.

(4) Kommt ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß Abs 1 oder Abs 3 nicht oder ungenügend nach, kann der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen. Die Aufforderung ist schriftlich zu begründen.

(5) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung, wenn ihn das aufgeforderte Organ oder ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Ablauf der Frist gemäß Abs 4 anruft oder der Ausschuss eine Anrufung aufgrund eines schriftlichen Antrags nach Ablauf der Frist gemäß Abs 4 beschließt.

(6) Werden klassifizierte Akten oder Unterlagen vorgelegt, ist der Untersuchungsausschuss über den Zeitpunkt und die Gründe der Klassifizierung schriftlich zu unterrichten."

9. § 38 des Bundesgesetzes über das Bankwesen (BankwesengesetzBWG), BGBl 532/1993 idF BGBl I 18/2015, lautet:

"IX. Bankgeheimnis

§38. (1) Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen dürfen Geheimnisse, die ihnen ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindungen mit Kunden oder auf Grund des § 75 Abs 3 anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten (Bankgeheimnis). Werden Organen von Behörden sowie der Oesterreichischen Nationalbank bei ihrer dienstlichen Tätigkeit Tatsachen bekannt, die dem Bankgeheimnis unterliegen, so haben sie das Bankgeheimnis als Amtsgeheimnis zu wahren, von dem sie nur in den Fällen des Abs 2 entbunden werden dürfen. Die Geheimhaltungsverpflichtung gilt zeitlich unbegrenzt.

(2) Die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses besteht nicht

1. im Zusammenhang mit einem Strafverfahren auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung (§116 StPO) gegenüber den Staatsanwaltschaften und Strafgerichten und mit eingeleiteten Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, gegenüber den Finanzstrafbehörden;

2. im Falle der Verpflichtung zur Auskunftserteilung nach § 41 Abs 1 und 2, § 61 Abs 1, § 93 und § 93a;

3. im Falle des Todes des Kunden gegenüber dem Abhandlungsgericht und Gerichtskommissär;

4. wenn der Kunde minderjährig oder sonst pflegebefohlen ist, gegenüber dem Vormundschafts- oder Pflegschaftsgericht;

5. wenn der Kunde der Offenbarung des Geheimnisses ausdrücklich und schriftlich zustimmt;

6. für allgemein gehaltene bankübliche Auskünfte über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens, wenn dieses der Auskunftserteilung nicht ausdrücklich widerspricht;

7. soweit die Offenbarung zur Klärung von Rechtsangelegenheiten aus dem Verhältnis zwischen Kreditinstitut und Kunden erforderlich ist;

8. hinsichtlich der Meldepflicht des § 25 Abs 1 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes;

9. im Fall der Verpflichtung zur Auskunftserteilung an die FMA gemäß dem WAG und dem BörseG.

(3) Ein Kreditinstitut kann sich auf das Bankgeheimnis insoweit nicht berufen, als die Offenbarung des Geheimnisses zur Feststellung seiner eigenen Abgabepflicht erforderlich ist.

(4) Die Bestimmungen der Abs 1 bis 3 gelten auch für Finanzinstitute und Unternehmen der Vertragsversicherung bezüglich § 75 Abs 3 und für Sicherungseinrichtungen, ausgenommen die gemäß den §§93 bis 93b erforderliche Zusammenarbeit mit anderen Sicherungssystemen sowie Einlagensicherungseinrichtungen und Anlegerentschädigungssystemen.

(5) (Verfassungsbestimmung) Die Abs 1 bis 4 können vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen abgeändert werden."

10. § 48a des Bundesgesetzes über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung – BAO), BGBl 194/1961 idF BGBl I 105/2014, lautet:

"E. Abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht.

§48a. (1) Im Zusammenhang mit der Durchführung von Abgabenverfahren, Monopolverfahren (§2 litb) oder Finanzstrafverfahren besteht die Verpflichtung zur abgabenrechtlichen Geheimhaltung.

(2) Ein Beamter (§74 Abs 1 Z 4 Strafgesetzbuch) oder ehemaliger Beamter verletzt diese Pflicht, wenn er

a) der Öffentlichkeit unbekannte Verhältnisse oder Umstände eines anderen, die ihm ausschließlich kraft seines Amtes in einem Abgaben- oder Monopolverfahren oder in einem Finanzstrafverfahren anvertraut oder zugänglich geworden sind,

b) den Inhalt von Akten eines Abgaben- oder Monopolverfahrens oder eines Finanzstrafverfahrens oder

c) den Verlauf der Beratung und Abstimmung der Senate im Abgabenverfahren oder Finanzstrafverfahren

unbefugt offenbart oder verwertet.

(3) Jemand anderer als die im Abs 2 genannten Personen verletzt die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht, wenn er der Öffentlichkeit unbekannte Verhältnisse oder Umstände eines anderen, die ihm ausschließlich

a) durch seine Tätigkeit als Sachverständiger oder als dessen Hilfskraft in einem Abgaben- oder Monopolverfahren oder in einem Finanzstrafverfahren,

b) aus Akten(inhalten) oder Abschriften (Ablichtungen) eines Abgaben- oder Monopolverfahrens oder eines Finanzstrafverfahrens oder

c) durch seine Mitwirkung bei der Personenstands- und Betriebsaufnahme

anvertraut oder zugänglich geworden sind, unbefugt offenbart oder verwertet.

(4) Die Offenbarung oder Verwertung von Verhältnissen oder Umständen ist befugt,

a) wenn sie der Durchführung eines Abgaben- oder Monopolverfahrens oder eines Finanzstrafverfahrens dient,

b) wenn sie auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgt oder wenn sie im zwingenden öffentlichen Interesse gelegen ist oder

c) wenn ein schutzwürdiges Interesse offensichtlich nicht vorliegt oder ihr diejenigen zustimmen, deren Interessen an der Geheimhaltung verletzt werden könnten."

III. Antragsvorbringen

11. Den Anträgen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der Nationalrat hat in seiner Sitzung vom einen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria (in der Folge: Hypo-Untersuchungsausschuss) eingesetzt, dessen Gegenstand "die Vollziehung des Bundes im Zusammenhang mit der Hypo Group Alpe-Adria bzw. deren Rechtsvorgänger und Rechtsnachfolger in den Jahren 2000 bis inklusive 2014" ist.

1.2. Mit Schreiben vom ersuchte die Präsidentin des Nationalrates als Vorsitzende des Hypo-Untersuchungsausschusses den Bundesminister für Finanzen unter Bezugnahme auf den grundsätzlichen Beweisbeschluss "um vollständige, unverzügliche Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes" spätestens binnen vier Wochen.

1.3. Der Bundesminister für Finanzen übermittelte einen Datenträger und 24 Aktenordner in sechs Kartons, wies in einem Schreiben vom jedoch u.a. darauf hin, dass "auf Grund der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen jeweils im Einzelfall zu prüfen [gewesen sei], […] ob Aktenbestandteile vom Untersuchungsgegenstand nicht erfasst [seien] und […] ob berechtigte Interessen Dritter (insb nach den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 2000 oder dem Bankwesengesetz) zu wahren" seien.

1.4. In seiner Sitzung vom fasste der Hypo-Untersuchungsausschuss den (näher begründeten) Beschluss, "[d]as Bundesministerium für Finanzen [aufzufordern], innerhalb einer Frist von zwei Wochen der Verpflichtung zur Vorlage von Beweismitteln an den [Hypo-Untersuchungsausschuss] nachzukommen und dem Untersuchungsausschuss im Umfang des Untersuchungsgegenstandes insbesondere folgende Akten und Unterlagen, die auf Grund des § 38 Abs 1 BWG abgedeckt wurden, nunmehr unabgedeckt vorzulegen:

 Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei U[.], G[.] und Partner: Team Hypo – Phase 1 – Ergebnisbericht zu Arbeitspaket [2] vom […];

 E-Mail von Gruppenleiter L[.] vom betreff 'WG: Inventux – Zustimmung zu einer Restrukturierung' […];

 Das Protokoll der 69. Aufsichtsratssitzung der Hypo Group Alpe Adria vom ;

 Das Protokoll der 89. Sitzung des Aufsichtsrates der Hypo Alpe-Adria Bank International AG vom ."

1.5. Dieser Beschluss wurde dem Bundesminister für Finanzen am zugestellt. In seinem Schreiben vom selben Tag teilte der Antragsteller der Präsidentin des Nationalrates u.a. mit, dass es ihm unter Zugrundelegung seiner Rechtsmeinung nicht möglich sei, dem übermittelten Beschluss zu entsprechen, weshalb dieser in formaler Hinsicht abzulehnen sei.

2.1. Der Bundesminister für Finanzen begründet das Vorliegen der formellen Antragsvoraussetzungen damit, dass dem aufgeforderten Organ nach dem eindeutigen Wortlaut des § 27 Abs 5 VO-UA bereits vor Ablauf der Frist des § 27 Abs 4 leg.cit. das Recht zur Antragstellung nach Art 138b Abs 1 Z 4 B VG zustehe, weil sich die Wendung "nach Ablauf der Frist gemäß Abs 4" lediglich auf die Tatbestände "Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses" und "Ausschuss" beziehe. Es würde auch dem klar hervortretenden Normzweck widersprechen, das Antragsrecht des aufgeforderten Organs vom Fristablauf abhängig zu machen, obwohl sich die Meinungsverschiedenheit bereits manifestiert habe. Zudem belege die Systematik des § 27 Abs 5 VO-UA und des § 56f VfGG, dass der Gesetzgeber bei diesen Meinungsverschiedenheiten eine rasche Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ermöglichen habe wollen.

2.2. Für eine Meinungsverschiedenheit sei es nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und der Lebenserfahrung bereits ausreichend, dass eine Person deutlich eine Meinung bzw. Auffassung artikuliere und die andere Person diese deutlich artikulierte Meinung bzw. Auffassung ablehne. Das Bundesministerium für Finanzen habe in seinem Schreiben vom und durch die mündlichen Ausführungen eines namentlich genannten Sektionschefs in der Sitzung der Fraktionsführer des Untersuchungsausschusses vom deutlich seine Rechtsauffassung bzw. (Rechts-)Meinung, die sich in der bereits durchgeführten Vorlage der angeforderten Beweismittel (Akten und Unterlagen) manifestiert habe, gegenüber dem Hypo-Untersuchungsausschuss dargelegt. Dieser habe mit der Begründung seines Beschlusses vom erkennbar und nachhaltig der vom Bundesministerium für Finanzen deutlich vertretenen und begründeten Rechtsauffassung bzw. (Rechts-)Meinung widersprochen.

2.3. Das erste im Beschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses vom genannte Aktenstück sei dem Bundesminister für Finanzen von der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG (in der Folge: Hypo) am im Zusammenhang mit der von der Republik Österreich zu Gunsten der Hypo im Dezember 2010 übernommenen Ausfallbürgschaft iHv € 200 Mio. übermittelt worden. Es sei von der Hypo beauftragt worden und habe eine im Rahmen ihres Bankbetriebes erforderliche Restrukturierung bzw. Neubewertung des Kreditfalles vorbereiten sollen. Im Schreiben seien vor allem eine Beschreibung des Not leidenden Kredites, der wirtschaftlichen Entwicklung des Kreditnehmers sowie rechtliche Schlussfolgerungen vorgenommen worden. Demzufolge enthalte das Aktenstück im erheblichen Umfang Textteile, die die Geschäftsbeziehung der Hypo mit einem bestimmten Kreditkunden betreffen würden. Diese Textteile hätten daher vor Vorlage geschwärzt werden müssen. Dieses Schwärzungserfordernis habe sich nach der Rechtsauffassung bzw. (Rechts-)Meinung des Bundesministeriums für Finanzen nicht nur auf die "primären" Daten des Kunden (wie etwa Firma oder die Anschrift) erstreckt, sondern auch auf jene Textinformationen, die "sekundär" Rückschlüsse auf den Kunden zulassen würden (wie Name von Kundenbetreuer, vorige Projekte der Gesellschafter des Kunden sowie Key-Account-Kunden und Großgläubiger). Die Schwärzung dieser "sekundären" Daten erkläre sich zudem auch aus dem DSG 2000. Durch eine Offenlegung von Geschäftspartnern wären zudem auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse missachtet worden. Die personenbezogenen Daten seien auch auf Grund der Bestimmungen des DSG 2000 unkenntlich zu machen gewesen, weil die "Verwendung" solcher Daten – worunter nach § 4 Z 8 iVm Z 12 leg.cit. auch die "Weitergabe" an "andere Empfänger als den Betroffenen" zu verstehen sei – unzulässig sei. Die Bekanntgabe dieser Daten sei auch nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasst. Um die Aufklärungsarbeit des Ausschusses aber nicht unnötig zu behindern, seien alle für den Untersuchungsgegenstand relevanten Sachverhalte in einer Form vorgelegt bzw. an den Hypo-Untersuchungsausschuss übermittelt worden, die eine Untersuchung der politischen Verantwortung ermögliche, gleichzeitig allerdings schutzwürdige Interessen iSd § 1 Abs 1 DSG 2000 wahre, und somit der Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz in der gemäß § 1 Abs 2 leg.cit. vorgesehenen "gelindesten, zum Ziel führenden Art" vorgenommen worden.

2.4. Beim zweiten konkret bezeichneten Aktenstück handle es sich um ein E-mail, welches dem Bundesministerium für Finanzen von der Hypo am wiederum im Zusammenhang mit der von der Republik Österreich zu Gunsten der Hypo im Dezember 2010 übernommenen Ausfallbürgschaft für Kreditforderungen iHv € 200 Mio. übermittelt worden sei. Darin stelle die Hypo den Antrag auf Zustimmung zu einer sogenannten Restrukturierungsmaßnahme, die eine von der Ausfallbürgschaft umfasste Kreditforderung der Hypo betreffe. In diesem E-mail werde von der Hypo mehrfach der Name des Kreditnehmers erwähnt, welcher insbesondere auf Grund der Bestimmung des § 38 BWG (Bankgeheimnis) zu schwärzen bzw. von der Vorlage auszunehmen gewesen sei. Durch die Bekanntgabe des Namens des Kreditnehmers würden seine "personenbezogenen Daten" iSd § 1 Abs 1 DSG 2000 gegenüber dem Hypo-Untersuchungsausschuss unzulässigerweise offengelegt werden. Durch die Unkenntlichmachung des Namens sei das gemäß § 1 Abs 2 leg.cit. vorgesehene gelindeste Mittel der Erreichung des Zieles vorgenommen und somit eine Weitergabe an den Hypo-Untersuchungsausschuss ermöglicht worden.

2.5. Das dritte Aktenstück stelle eine Beilage eines zur Vorbereitung diverser Rechtsverfahren (vor allem Anfechtung des Notverstaatlichungsvertrages sowie der Anwendung des Eigenkapitalersatzgesetzes auf Kreditlinien der Bayerischen Landesbank) von der Hypo im sogenannten Projekt "shiwu" beauftragten Rechtsgutachtens einer bestimmten Rechtsanwaltskanzlei dar, welches dem Bundesministerium für Finanzen Mitte Dezember 2013 übermittelt worden sei. In der in diesem Aktenstück wiedergegebenen Protokollierung einer Aufsichtsratssitzung der Hypo Alpe-Adria-Leasing GmbH würden mehrfach Angaben zu Kreditfällen und Kundenbeziehungen getätigt, die auch Kunden der Hypo seien. Diese Angaben wären insbesondere auf Grund der Bestimmung des § 38 BWG (Bankgeheimnis) zu schwärzen bzw. von der Vorlage auszunehmen. Durch eine Offenlegung von Geschäftspartnern wären zudem auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse missachtet worden, weswegen die personenbezogenen Daten auch auf Grund der Bestimmungen des DSG 2000 unkenntlich zu machen wären, weil die "Verwendung" solcher Daten – worunter nach § 4 Z 8 iVm Z 12 leg.cit. auch die "Weitergabe" an "andere Empfänger als den Betroffenen" zu verstehen sei – unzulässig sei. Zudem sei die Bekanntgabe dieser Daten auch nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasst. Um die Aufklärungsarbeit des Ausschusses aber nicht unnötig zu behindern, seien alle für den Untersuchungsgegenstand relevanten Sachverhalte in einer Form vorgelegt bzw. an den Hypo-Untersuchungsausschuss übermittelt worden, die eine Untersuchung der politischen Verantwortung ermögliche, gleichzeitig allerdings schutzwürdige Interessen iSd § 1 Abs 1 DSG 2000 wahre, und somit der Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz in der gemäß § 1 Abs 2 leg.cit. vorgesehenen "gelindesten, zum Ziel führenden Art" vorgenommen worden.

2.6. Auch das vierte Aktenstück stelle – wie das dritte – eine Beilage des von der Hypo beauftragten Rechtsgutachtens im Rahmen des Projektes "shiwu" der genannten Rechtsanwaltskanzlei dar. Auf dieses würden die gleichen Gründe für die vorgenommenen Schwärzungen bzw. Ausnahmen von der Vorlage zutreffen.

2.7. Der Beschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses vom umfasse daher auch in tatsächlicher Hinsicht Akten und Unterlagen bzw. Aktenbestandteile, bei denen Informationen auf Grund mangelnder Deckung im Untersuchungsgegenstand oder/und wegen der Verpflichtung des aufgeforderten Organs, auch im Rahmen der Vorlage von Akten und Unterlagen an einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss (gesetzliche) Geheimnis- und Verschwiegenheitsverpflichtungen zu wahren, durch Schwärzung bzw. Abdeckung von der Vorlage auszunehmen gewesen seien. Damit sei Gegenstand der Meinungsverschiedenheit, die durch diesen Antrag an den Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung nach Art 138b Abs 1 Z 4 B VG vorgelegt werde, nicht nur die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das aufgeforderte Organ in Akten und Unterlagen enthaltene Daten, die nach § 38 BWG geheim zu halten seien, auch von einer Aktenvorlage durch geeignete Mittel (Schwärzungen, Abdeckungen etc.) auszunehmen habe, sondern auch die Fragen, ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen derartige Daten vom Untersuchungsgegenstand des Hypo-Untersuchungsausschusses erfasst seien sowie ob und gegebenenfalls welche andere Geheimnis- und Verschwiegenheitsverpflichtungen mit oder ohne Zusammenhang bei der Vorlage zu beachten seien.

2.8. Zu den gesetzlichen Grundlagen vertritt das Bundesministerium für Finanzen folgende Meinung: Der (Verfassungs-)Gesetzgeber habe im Zuge der Reform des Untersuchungsausschusses u.a. Art 53 B VG und § 33 des Bundesgesetzes vom über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975 – in der Folge: GOG-NR) abgeändert sowie die VO-UA und das Bundesgesetz über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates (Informationsordnungsgesetz – in der Folge: InfOG) neu erlassen. Trotz dieser erkennbar ein Gesamtpaket bildenden gesetzlichen Maßnahmen seien von ihm weder eine Abänderung des DSG 2000 oder des § 38 BWG noch einer anderen einschlägigen (gesetzlichen) Geheimnis- und Verschwiegenheitsverpflichtung vorgenommen worden. Tatsächlich hätten die gesetzlichen Maßnahmen (insbesondere die Abänderung des Art 53 B VG) nicht dazu geführt, dass die von einem Untersuchungsausschuss zur Vorlage aufgeforderten Organe enthoben seien, bei der Vorlage von Akten und Unterlagen den Untersuchungsgegenstand sowie (gesetzliche) Geheimnis- und Verschwiegenheitsverpflichtungen zu beachten.

2.9. Nach Meinung des Bundesministeriums für Finanzen stellt sich die Kompetenz eines Untersuchungsausschusses wie folgt dar (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"[D]er Nationalrat [kann] mittels Beschluss Untersuchungsausschüsse einsetzen. Er hat dies zu tun, wenn ein Viertel seiner Mitglieder die Einsetzung eines Untersuchungsausschuss[es] verlangt. Diese parlamentarische (politische) Kontrolle gibt einem Untersuchungsausschuss als 'Organ' des Nationalrates die Kompetenz, alle Akte der Vollziehung der Bundesregierung und damit auch aller Mitglieder der Bundesregierung zu überprüfen. Der durch Art 52 B VG umschriebene Bereich umfasst nicht nur Akte der Hoheitsverwaltung, sondern auch die privatwirtschaftliche Tätigkeit; keinen Unterschied macht es dabei, ob diese hoheitlichen oder privatwirtschaftlichen Akte der Geschäftsführung von den obersten Organen selbst oder von Organwaltern, die diesen im Wege des Weisungsrechtes unterstellt sind, gesetzt werden (vgl. Laurer, Der parlamentarische Untersuchungsausschuss [1984] 17).

Die Prüfungsbefugnis eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses hat freilich dort ihre Grenzen, wo die Ingerenz eines Bundesministers endet (vgl. Mayer/Platzgummer/Brandstetter, Untersuchungsausschüsse und Rechtsstaat [1989] 21; Kahl in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht [2013] Art 53 Rz 10).

Der Nationalrat hat im Rahmen seiner verfassungsrechtlich festgelegten Kompetenz den Untersuchungsgegenstand für einen von ihm eingesetzten Untersuchungsausschuss im Einsetzungsbeschluss zu bestimmen (so weiterhin: § 33 Abs 1 GOG-NR). Da damit die Zuständigkeit des Untersuchungsausschusses festgelegt wird, muss der Untersuchungsgegenstand genau und sachlich nachvollziehbar bestimmt werden. Mit der Novelle BGBl I Nr 101/2014 sollte diesbezüglich durch die Einfügung eines neuen Abs 2 in die Bestimmung des Art 53 B VG wohl Klarheit geschaffen werden. Nach Art 53 Abs 2 B VG ist 'Gegenstand der Untersuchung eines Untersuchungsausschusses ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes'. Das schließt alle Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt, ein. Eine Überprüfung der Rechtsprechung ist ausgeschlossen.

Ob eine Tätigkeit als abgeschlossen zu betrachten ist, wird wohl jeweils im Einzelfall zu eruieren sein. Nach den Gesetzesmaterialien darf durch die Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses kein Einfluss auf einen noch offenen Entscheidungs- oder Willensbildungsprozess in einem Organ der Vollziehung des Bundes genommen werden, und darf dieser Prozess auch nicht auf andere Weise beeinträchtigt werden. 'Ein begleitender und fortlaufender Einblick des Nationalrates in die Tätigkeit von Organen der Vollziehung würde die Systematik der Gewaltentrennung und nur einzelner gewaltenverbindender Elemente unterlaufen und die selbständigen Verantwortungsbereiche der Vollziehung bzw. der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Unabhängigkeit bestimmter Organe gegenüber der Gesetzgebung in Frage stellen (siehe dazu bereits VfSlg 1.454/1932). Als 'abgeschlossen' kann ein Vorgang jedenfalls dann angesehen werden, wenn sich die Untersuchung auf einen zeitlich klar abgegrenzten Bereich in der Vergangenheit bezieht. Die politische Kontrolle durch den Untersuchungsausschuss erfolgt ex post' (Begründung des Antrags gemäß § 26 GOG-NR vom , 718/A BlgNR XXV. GP).

Der Verfassungsgesetzgeber hat mit seiner Novelle BGBl I Nr 101/2014 zum einen unzweifelhaft bestätigt, dass dem Untersuchungsausschuss nur im Umfang des Einsetzungsbeschlusses des Nationalrates eine Kompetenz zukommt und dieser Einsetzungsbeschluss nicht die in Art 53 B VG festgelegten äußeren Grenzen überschreiten darf. Zum anderen wird aus den Materialien zur Novelle auch deutlich, dass der Verfassungsgesetzgeber durch die Bestimmungen über parlamentarische Untersuchungsausschüsse nicht in die 'verfassungsgesetzlich gewährleistete Unabhängigkeit bestimmter Organe gegenüber der Gesetzgebung' eingreifen wollte. Folgerichtig muss es daher dem aufgeforderten Organ obliegen, zu prüfen, ob eine angeforderte Information (Akt und Unterlage) einem Untersuchungsausschuss übermittelt werden darf.

Aus Art 53 B VG folgt auch, dass eine Überschreitung des Auftrages eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur absoluten Nichtigkeit der in diesem Umfang gesetzten Maßnahme(n) führt. Fragen und Erhebungen einschließlich allfälliger Vorlageverpflichtungen außerhalb der Ausschusskompetenz sind rechtswidrig und für die beteiligten Personen somit unbeachtlich (vgl. Mayer/Platzgummer/Brandstetter, aaO 21 f; Kahl in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht Art 53 Rz 12)."

2.10. Zu Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflichten hat das Bundesministerium für Finanzen folgende Meinung (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Art53 Abs 3 B VG verpflichtet alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper, einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen eines Untersuchungsausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art 52a Abs 2 B VG gefährden würde.

Art53 Abs 3 B VG beschäftigt sich mit der Frage der Zulässigkeit der Vorlage bzw. der Übermittlung von Informationen, die dem aufgeforderten Organ vorliegen. Um diese verfassungsgesetzliche Norm rechtskonform zu vollziehen, muss daher das aufgeforderte Organ – oftmals im Einzelfall – prüfen, ob die in seinen Akten und Unterlagen enthaltenen (personenbezogenen) Daten bzw. Informationen an den Untersuchungsausschuss übermittelt werden dürfen und/oder bestimmte Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen bei der Vorlage zu wahren sind.

Von der vom aufgeforderten Organ zu prüfenden Frage der Zulässigkeit der Vorlage bzw. der Übermittlung von Informationen an den Untersuchungsausschuss ist die Frage der Zulässigkeit der Verwendung von Daten bzw. Informationen, die ihm vom aufgeforderten Organ übermittelt wurden, durch den Untersuchungsausschuss zu unterscheiden. Damit steht die Frage im Zusammenhang, welche Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen vom Untersuchungsausschuss selbst zu wahren sind.

Nur diese beiden letztgenannten Fragen der Zulässigkeit der Verwendung von Daten bzw. Informationen durch den Untersuchungsausschuss selbst bzw. der Wahrung von (besonderen) Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen durch den Untersuchungsausschuss regelt das InfOG. Nach den Materialien sollte mit dem InfOG 'ein möglichst einheitliches und klares Regelwerk über den Umgang mit (verschiedenen Arten von) dem Parlament zugeleiteten und im Parlament entstandenen klassifizierten und nicht-öffentlichen Informationen geschaffen werden. Ziel dieses Gesetzes ist es, ein auch im Verhältnis zu anderen öffentlichen Organen einheitliches Schutzniveau sowie eine entsprechende Rechtssicherheit sicher zu stellen. Es soll sowohl für die dem Parlament zugeleiteten als auch im Parlament entstandenen Informationen gelten […]' (Antrag nach § 26 GOG-NR vom , 720/A BlgNR XXV. GP).

Entgegen der Rechtsauffassung des Hypo-Untersuchungsausschusses führen die Bestimmungen des InfOG gerade nicht dazu, dass ein aufgefordertes Organ keine (gesetzlichen) Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen mehr einhalten muss. Eine solche Auslegung vermag auch die Neufassung des Art 53 B VG nicht zu begründen. Vielmehr ist der Regelungsinhalt des InfOG auf das Parlament beschränkt und sind auch die der Verfassung immanenten Schranken zwischen Legislative und Exekutive nicht aufgehoben. Das Erlassen des InfOG hat daher nicht dazu geführt, dass aufgeforderte Organe (gesetzliche) Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen generell nicht mehr zu beachten bzw. zu erfüllen hätten.

Es ist daher eine unzulässige Schlussfolgerung, wenn – auch immer wieder öffentlich – behauptet wird, die Bestimmungen des InfOG würden die von einem aufgeforderten Organ (der Exekutive) bis zur Novelle BGBl I Nr 101/2014 unzweifelhaft verlangten Prüfungshandlungen obsolet machen, ob die angeforderten Informationen übermittelt werden dürfen.

Die gegenteilige und unrichtige Rechtsauffassung bzw. (Rechts-) Meinung übersieht dabei auch, dass damit auch nichts für die öffentliche Untersuchung politischer Verantwortlichkeiten gewonnen wäre, müsste die doch als vertraulich oder geheim klassifizierten Informationen gerade unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt, in den Sitzungen erörtert und im Ausschussbericht verschwiegen werden.

Die Vorlageverpflichtung des Art 53 Abs 3 B VG wird durch § 27 VO-UA einfachgesetzlich ausgeformt.

Dass ein aufgefordertes Organ selbstständig und vor Entsprechung des ihm nach § 26 Abs 1 VO-UA von der Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses übermittelten Beweisbeschlusses die Zulässigkeit einer Beweismittelanforderung zu prüfen hat, ergibt sich auch aus § 27 Abs 3 VO-UA. Danach hat das aufgeforderte Organ den Untersuchungsausschuss über die Gründe zu verständigen, wenn es einem Beweisbeschluss nicht oder nur teilweise entspricht. Zudem zeigen auch die Bestimmungen des § 27 Abs 4 VO-UA und Art 138b Abs 1 Z 4 B VG anschaulich, dass die Vorlageverpflichtungen eines in Art 53 B VG genannten Organs weder schrankenlos sind noch vom aufgeforderten Organ bei der Vorlage (gesetzliche) Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen nicht zu beachten wären.

Daran ändert auch nichts, dass sich nach § 35 VO-UA öffentlich Bedienstete bei ihrer Befragung nicht auf die Verpflichtung zur Geheimhaltung berufen dürfen. Zum einen steht diese Bestimmung nicht im Verfassungsrang und geht daher den Grund- und Freiheitsrechten sowie Normen höherer Erzeugungsqualität (Verfassungsrecht, § 38 BWG) nach. Zum anderen heißt es nicht '… auf Verpflichtungen zur Geheimhaltung' sondern '… auf die Verpflichtung zur Geheimhaltung'. Der Gesetzgeber meint daher ganz offensichtlich nicht alle Geheimhaltungsverpflichtungen, die einen öffentlich Bediensteten treffen können, sondern nur eine bestimmte Verpflichtung.

Im Zusammenhalt mit den in § 43 VO-UA angeführten Aussageverweigerungsgründe[n] und im Besonderen der Ziffer 3 leg. cit. ist zu schließen, dass § 35 VO-UA alleine die Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit nach Art 20 B VG meint.

Aus Art 53 B VG im Zusammenhalt mit den Bestimmungen der VO-UA kann daher entgegen der Ansicht des Hypo-Untersuchungsausschusses gerade nicht abgeleitet werden, dass eine Beweismittelanforderung keinen verfassungs- und grundrechtlichen Schranken unterliegen würde. Vielmehr hat das aufgeforderte Organ bei einer Beweisanforderung zu prüfen, ob

i. diese Beweisanforderung im Einsetzungsbeschluss, mit dem der Untersuchungsgegenstand festgelegt wird, Deckung findet,

ii. der Beweisbeschluss hinreichend konkret und nicht zu weit gefasst ist,

iii. die Beweisanforderung den Vollzugs- bzw. Wirkungsbereich des zur Vorlage aufgeforderten Organs betrifft und

iv. Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen wie beispielsweise nach der EMRK, dem DSG 2000, der BAO und des BWG beachtet werden, womit unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich zulässigen Untersuchungsgegenstandes eines Untersuchungsausschusses die geheim zu haltenden Informationen durch geeignete Maßnahmen wie Nichtvorlage oder Schwärzen bzw. Abdecken nicht Preis gegeben werden dürfen."

2.11. Zu "verfassungs- und grundrechtlichen" Schranken wird im Antrag ausgeführt wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Nach der Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Finanzen sind im Rahmen der Vorlage von Akten und Unterlagen an einen Untersuchungsausschuss nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen die verfassungs- und grundrechtlichen Schranken zu beachten.

Dabei ist zu beachten, dass alle Verfassungsbestimmungen systematisch auf derselben Stufe stehen und kumulativ (nebeneinander) anzuwenden sind. Diese von der herrschenden Ansicht vertretende Rechtsauffassung wird vor allem mit dem fehlenden Normwiderspruch zwischen den angesprochenen Verfassungsbestimmungen begründet (vgl. Feik in Kneihs/Lienbacher [Hrsg], Bundesverfassungsrecht [2001] Art 20 Abs 3 Rz 5; Walter/May[e]r/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10 [2007] Rz 1439; Lienbacher, Datenschutzrecht und Staatsorganisation, 18. ÖJT Band I/II, 17 [30]).

a. Amtsverschwiegenheit

Nach Art 20 Abs 3 B VG sind alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit). Die Amtsverschwiegenheit steht somit unter Gesetzesvorbehalt.

Nach hA stellt der nach der Novelle BGBl I Nr 101/2014 in Art 53 Abs 3 B VG unveränderte Satz 1 eine lex specalis zu Art 20 Abs 3 B VG dar (vgl. Kahl in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht Art 53 Rz 16; Atzwanger, Zum Verfahren parlamentarischer Untersuchungsausschüsse, ÖJZ1977, 339 [341]; Laurer, Untersuchungsausschuss 67).

Dass die Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit des Art 20 Abs 3 BVG durch Art 53 Abs 3 B VG eingeschränkt wird, hat aber gerade nicht zur Folge, dass die Vorlage unbeschränkt zu erfolgen hat. Vielmehr ist es dem aufgeforderten Organ nicht gestattet, eine Vorlage von Akten und Unterlagen generell unter Hinweis auf die Amtsverschwiegenheit zu verweigern. Ohne die Bestimmung des Art 53 B VG wäre es dem aufgeforderten Organ nicht gestattet, dem Parlament bzw. einem Untersuchungsausschuss Akten und Unterlagen zu übermitteln.

Gleichzeitig führt die Einschränkung der Amtsverschwiegenheit durch Art 53 B VG nicht dazu, dass nicht andere (gesetzliche) Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen dieser Vorlage entgegenstehen (können).

Vielmehr sind (gesetzliche) Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen aus den – verfassungsrechtlichen – Schranken von Grund- und Freiheitsrechten abzuleiten. In diesem Zusammenhang kommt insbesondere den Grundrechten auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art8 EMRK) und des Datenschutzes (§1 DSG 2000) Bedeutung zu.

Diese Grund- und Freiheitsrechte stehen im Verfassungsrang und daher grundsätzlich auf derselben Stufe wie die Bestimmung des Art 53 B VG.

b. Datenschutzgesetz und Art 8 Abs 1 EMRK

Neben der Amtsverschwiegenheit sind im Rahmen der Vorlage von Akten und Unterlagen an den Hypo-Untersuchungsausschuss auch die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des DSG 2000 zu berücksichtigen.

Das DSG 2000 und die in Art 20 Abs 3 B VG normierte Amtsverschwiegenheit kommen jedenfalls kumulativ zur Anwendung. Dies wird vor allem daraus abgeleitet, dass § 1 DSG 2000 dem Art 20 Abs 3 B VG mangels echtem Normwiderspruch nicht derogiert habe. Daraus folgt, dass eine Daten- bzw. Informationsweitergabe durch ein (auch) zur Amtsverschwiegenheit verpflichtetes Organ nur dann zulässig ist, wenn sie durch beide Bestimmungen erlaubt wird. Eine Entbindung von der Amtsverschwiegenheit bedeutet somit nicht gleichzeitig eine 'automatische' Entbindung vom Datengeheimnis, mag der Schutzbereich auch sehr ähnlich sein (vgl. Knyrim/Haidinger, Die Zulässigkeit der Bekanntgabe personenbezogener Daten an Untersuchungskommissionen, ZfV 2005/1155).

In Verfahren vor parlamentarischen Untersuchungsausschüssen ist daher ungeachtet des Bestehens bzw. Nichtbestehens der Amtsverschwiegenheit das Grundrecht auf Datenschutz (§[1] Abs 1 DSG 2000) nicht per se aufgehoben und ist dieses Recht daher sowohl bei der Vorlage von Akten und Unterlagen als auch im Rahmen der Einvernahme von öffentlich Bediensteten zu beachten.

Deswegen wurde vom Bundesministerium für Finanzen vor der Vorlage von Akten und Unterlagen an den Hypo-Untersuchungsausschuss insbesondere geprüft, ob die Aktenanforderung Datenmaterial betrifft, dessen Prüfung in die gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis des Untersuchungsausschusses fällt und ob durch Zweck und Inhalt der Übermittlung schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzt werden (§7 Abs 2 Z 2 und 3 DSG 2000). In Bezug auf nicht sensible Daten werden schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen u.a. dann nicht verletzt, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung der Daten besteht, der Betroffene der Verwendung seiner Daten zugestimmt hat oder überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten die Verwendung erfordern (§8 Abs 1 Z 1, 2 und 4 DSG 2000), wobei letzteres u.a. anzunehmen ist, wenn die Verwendung der Daten für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereiches eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder durch Auftraggeber des öffentlichen Bereiches in Erfüllung der Verpflichtung zur Amtshilfe geschieht oder ausschließlich die Ausübung einer öffentlichen Funktion durch den Betroffenen zum Gegenstand hat (§8 Abs 3 Z 1, 2 und 6 DSG 2000).

Die in der Bundesverfassung bzw. im Primärrecht verankerten Grundrechte normieren Geheimhaltungsansprüche und [-]verpflicht[ung]en die gesamte staatliche Verwaltung grundsätzlich zur Verschwiegenheit. Es sind keine ausreichenden Gründe dafür erkennbar, dass durch Art 53 Abs 3 B VG in diese grundrechtlichen Geheimhaltungsverpflichtungen nachhaltig eingegriffen wurde[…]. Im Einzelfall ist daher weiterhin das Verhältnis zwischen den ein aufgefordertes Organ treffenden Auskunfts- und Geheimhaltungs- bzw. Verschwiegenheitsverpflichtungen in jedem Einzelfall durch entsprechende Interessensabwägung zu lösen.

Daher hat jedes vorlagepflichtige Organ im Vorfeld der Offenlegung von geschützten personenbezogenen Daten gegenüber dem Untersuchungsausschuss im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes selbstständig zu prüfen, ob Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsansprüche betroffener Dritter berührt sind bzw. bestehen. Ist dies der Fall, so ist eine Interessensabwägung zwischen den Interessen eines Betroffenen an Privatsphärenschutz und de[m] öffentlichen Interesse an umfassender Überprüfung eines nach Art 53 Abs 2 B VG zulässigerweise definierten Untersuchungsgegenstandes vorzunehmen.

Das Ergebnis der Interessensabwägung unterliegt der Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof. Zur Veranlassung der höchstgerichtlichen Prüfung der Interessensabwägung ist die Person legitimiert, die von der Offenbarung der Daten bzw. Informationen betroffen ist.

Art53 Abs 1 der RL 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (ABl 2013 L 176,338 in der Berichtigungsfassung ABl 2013 L 208,73) verpflichtet in Einklang mit Art 8 Abs 1 GRC nationale Aufsichtsbehörden von Kreditinstituten, jederzeit das Berufsgeheimnis zu wahren. Art 59 Abs 2 der RL 2013/36/EU ermächtigt die nationalen Bankaufsichtsbehörden zwar, personenbezogene Daten an Untersuchungsausschüsse zu übermitteln; dies allerdings nur, wenn dies zur Erfüllung eines präzisen Mandats des Untersuchungsausschusses erforderlich im Sinne von unerlässlich ist (vgl. auch Art 8 Abs 2 GRC). Ob eine Übermittlung von personenbezogenen Daten an einen Untersuchungsausschuss im Einzelfall zulässig und erforderlich ist, hat auch nach europäischer Konzeption zunächst die Aufsichtsbehörde, nicht aber der UA zu entscheiden. Man kann daher auch nach Maßgabe des geltenden europäischen Primär- und Sekundärrechts nicht schlichtweg behaupten, die Wahrung von Geheimhaltungspflichten gegenüber einem Untersuchungsausschuss wäre hinfällig (N. Raschauer, Rechtsgutachtliche Stellungnahme zu Rechtsfragen des Untersuchungsausschusses des Nationalrates [2015] Rz 48).

Die Bestimmungen der §§1 ff DSG 2000, Art 8 Abs 1 GRC und Art 8 Abs 1 EMRK sind daher jedenfalls weiterhin kumulativ neben Art 53 B VG anzuwenden, weswegen die daraus resultierenden Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen gegenüber dem Hypo-Untersuchungsausschuss im Rahmen der Vorlage von Akten und Unterlagen zu wahren bzw. zu beachten sind.

Das Grundrecht auf Datenschutz (§1 Abs 1 DSG 2000) steht nicht nur natürlichen, sondern auch juristischen Personen zu. Der Anspruch auf Datenschutz bezieht sich auf alle personenbezogenen Daten und beschränkt sich auch nicht auf Daten, die ausschließlich automationsunterstützt verarbeitet werden. Das Grundrecht auf Geheimhaltung der personenbezogenen Datenerfassung erfasst daher auch u[n]strukturiert aufgezeichnete Angaben, ebenso aber auch bloßes Wissen von Verwaltungsorganen (vgl. Rosenmayr-Klemenz, Zum Schutz manuell verarbeiteter Daten durch das DSG 2000, ecolex 2001, 641; Duschanek, § 1 DSG Rz 25; Dohr/Pollirer/Knyrim/Weiss, DSG 2 § 1 Rz 6; Kotschy, Datenschutzrechtliche Fragen zum geltenden österreichischen Gentechnikrecht, in Kopetzki/Mayer [Hrsg], Biotechnologie und Recht [2002] 76; Wieser in Korinek/Holoubek Bundesverfassungsrecht Art 20 Abs 3 Rz 21; DSK , 120.532/22-DSK/00; , K 121.041/0012-DSK/2005; zu Art 8 GRC vgl. N. Raschauer/Riesz, in Holoubek/Lienbacher [Hrsg], GRC Kommentar [2014] Art 8 Rz 13; aA ).

Nach der Rechtsprechung zählen zu den vom Schutzbereich des Datenschutzgesetzes umfassten Daten und Informationen auch Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse (VfSlg 12.228/1989, 12.880/1991; 16.369/2001; ).

Schließlich schützt der Geheimhaltungsanspruch nach § 1 Abs 1 DSG 2000 nicht nur vor der Weitergabe von Informationen und Daten an andere Rechtsträger, sondern auch an andere Organe innerhalb derselben Gebietskörperschaft. Dies führt dazu, dass die Ersuchen bzw. Aufforderungen um Vorlage von Akten und Unterlagen durch einen Untersuchungsausschuss nicht vom Grundrecht auf Datenschutz ausgenommen sind.

Freilich ist der grundrechtliche Schutz eines Betroffenen aus dem DSG 2000 nicht schrankenlos. Vielmehr muss ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen vorliegen. Zwar sind grundsätzlich alle personenbezogenen Daten als schutzwürdig anzusehen, jedoch sind Eingriffe zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen anderer zulässig. Soweit es sich um Eingriffe einer 'staatlichen Behörde' handelt, müssen sie aus den in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Gründen notwendig sein. Im Einzelfall ist daher eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen, wobei die Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz auf das gelindest mögliche Maß zu beschränken sind (vgl. verb Rs C-293/12 u C 594/14, Digital Rights Ireland Ltd/ Minister for Communications, Marine and Natural Resources ua, ECLI:EU:C:2014:238).

Das aufgeforderte Organ hat daher im Rahmen der Vorlage von Akten und Unterlagen an den Hypo-Untersuchungsausschuss eine einzelfallbezogene Interessensabwägung zwischen dem Interesse an der effektiven politischen Kontrolle der staatlichen Verwaltung einerseits und den schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen andererseits vorzunehmen, wobei sich diese Interessensabwägung auch an den einfachgesetzlich[…] normierten Kriterien der §§7 ff DSG 2000 zu orientieren hat (vgl. Kahl in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, Art 52, Rz 40; Diehsbacher, Parlamentarische Kontrolle durch Akteneinsicht von Landtagsabgeordneten, JRP 2002, 26; Moritz, Datenschutz und parlamentarische Interpellation, ÖJZ 1994, 763; Knyrim/Haidinger, Die Zulässigkeit der Bekanntgabe personenbezogener Daten an Untersuchungskommissionen am Beispiel Stadt Wien, ZfV 2005, 700 f).

Eine Verletzung des Bankgeheimnisses wird auch vom Strafrecht sanktioniert (§101 Abs 1 BWG und § 310 StGB).

c. Bankgeheimnis nach § 38 BWG

Wie bereits ausgeführt, werden durch die Bestimmungen des DSG 2000 und Art 8 EMRK auch Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse grundrechtlich geschützt.

Das Bankgeheimnis soll die Vertrauensbasis zwischen Kreditinstitut und Kunden, welche den wesentlichen Faktor für die Tätigkeit jedes Kreditinstitutes bildet, erhalten und damit zur Funktionsfähigkeit des Kreditapparates beitragen (vgl. Zulässigkeit der Übermittlung von Daten im Bankenbereich – Verletzung des Bankgeheimnisses durch bankinterne Weitergabe von Daten des Giroverkehrs, JBl 1992, 599). Der Schutz des Bankgeheimnisses nach § 38 Abs 1 BWG erfasst dabei nur jene Geschäftsbeziehungen, denen ein Bankgeschäft nach § 1 Abs 1 BWG zwischen (regulierten) Kreditinstituten und Kunden zugrunde liegt bzw. lag.

Das Bankgeheimnis wird nur in den in § 38 Abs 2 BWG genannten Fällen durchbrochen. Keine der in § 38 Abs 2 BWG genannten Tatbestände bzw. Fallkonstellationen ist jedoch erkennbar auf die Vorlage von Akten und Unterlagen an den Untersuchungsausschuss oder die Einvernahme von Auskunftspersonen vor dem Untersuchungsausschuss anwendbar.

Art53 B VG hat auch § 38 BWG nicht derogiert.

In die Beurteilung, ob Art 53 B VG den Bestimmungen des § 38 BWG derogiert hat, ist mit einzubeziehen, dass die Verfassungsbestimmung des § 38 Abs 5 BWG die in § 38 Abs 2 BWG normierten Durchbrechungstatbestände für das Bankgeheimnis nur unter erschwerten Bedingungen abändern lässt. Für eine Abänderung bzw. Erweiterung oder Einschränkung der in § 38 Abs 2 normierten Durchbrechungstatbestände ist eine Verfassungsmehrheit notwendig.

Mit der bereits mehrfach angesprochenen Reform des Untersuchungsausschusses wurden keinerlei gesetzgeberische Maßnahmen betreffend die Bestimmungen des § 38 BWG verbunden. Weder im BWG noch im B VG, der GOG-NR und in der VO-UA finden sich Hinweise auf einen gesetzgeberischen Willen, das Bankgeheimnis im Rahmen des Verfahrens vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufzuheben oder zumindest einzuschränken.

Dazu kommt, dass das Bankgeheimnis in grundrechtlicher Hinsicht durch Art 8 Abs 1 EMRK in Verbindung mit § 1 Abs 1 DSG 2000 geschützt ist. Im Regelfall wird es sich bei dem vom Bankgeheimnis betroffenen Informationen und Daten um besonders schutzwürdige Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse handeln. Eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses setzt daher abgesehen vom Fall einer Zustimmung im Bereich privatrechtlich indizierter Durchbrechungsanlässe ebenso wie bei den gegenüber staatlichen Organen gegebenen eine klare gesetzliche Regel voraus, die überdies den materiellen Anforderungen des Art 8 Abs 2 EMRK genügen muss (vgl Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M.Schütz/O.Schütz [Hrsg], BWG 3 [2009], § 38 Rz 2).

Bei verfassungskonformer Interpretation sind daher Eingriffe in das Bankgeheimnis bzw. das Grundrecht auf Datenschutz in Bezug auf die vom Bankgeheimnis erfassten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nur bei kumulative[m] Vorliegen jener Voraussetzung nur dann und soweit zulässig, als diese im Zusammenhang mit eine[m] Eingriff in Daten, die gemäß § 1 Abs 1 DSG 2000 grundrechtlich geschützt sind, gestattet sind.

Das Bundesministerium für Finanzen ist daher der Rechtsauffassung- bzw. (Rechts-) Meinung, dass im Rahmen der Vorlage von Akten und Unterlagen an den Hypo-Untersuchungsausschuss weiterhin die Bestimmungen des § 38 BWG (Bankgeheimnis) zu beachten sind.

Wenn man davon ausginge, dass durch Art 53 B VG (in der neuen Fassung) dem § 38 BWG materiell derogiert wurde, wäre hinsichtlich der bankgeheimnisrelevanten Daten und Informationen jedenfalls (kumulativ) auch noch Art 8 EMRK zu beachten. Zu einer Offenlegung dieser Informationen und Daten, somit eine ungeschwärzte bzw. unabgedeckte Vorlage von Akten und Unterlagen, in denen derartige Informationen enthalten sind, wäre das Bundesministerium für Finanzen daher erst nach Interessensabwägung allenfalls verpflichtet. Bei dieser Interessensabwägung wären insbesondere die Begründung der Einsetzung des Untersuchungsausschusses und der grundsätzliche Beweisbeschluss zu berücksichtigen.

d. Abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht nach § 48a BAO

Die Entbindung von der Amtsverschwiegenheit nach Art 20 Abs 3 B VG führt nicht dazu, dass § 48a BAO (abgabenrechtliche Geheimhaltungsverpflichtung) nicht mehr beachtlich wäre (vgl Stoll [Hrsg], Bundesabgabenordnung [1994], 541).

Von § 48a BAO sind nicht nur steuerliche Verhältnisse (z.B. Gewinn- und Umsatzhöhe), sondern auch persönliche (z.B. Anzahl der unehelichen Kinder, Gesundheitszustand, Wohnverhältnisse, Vorstrafen) und betriebliche Verhältnisse, wie etwa Kalkulationen, Geschäftsverbindungen, Zahl der Arbeitnehmer, Bezugsquellen [erfasst] (vgl. Reger/Hacker/Kneidinger [Hrsg], FinStrG 3 [2003], § 251 TZ17).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte fällt die Aufbewahrung von das Privatleben einer Person betreffenden Daten in den Anwendungsbereich des Art 8 Abs 1 EMRK (vgl. EGMR , Fall Amann, Appl. 27.798/95, newsletter 2000, 50; , Fall Rotaru, Appl. 28341/95, newsletter 2000, 96; , Fall Kheleli, Appl. 16.188/07, newsletter 2011, 305); eine Einschränkung auf solche Daten, die in besonders strukturierter Weise aufgeschlossen sind, kann der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht entnommen werden (vgl. VfGH 10.12.201[4], B1[1]87/2[013]).

Ungeachtet der Frage, ob § 48a BAO gegenüber einem Untersuchungsausschuss auf Grund des Gesetzesvorbehaltes in Art 20 Abs 3 B-V[G] allenfalls einer (schrankenlosen) Informationsweitergabe nicht entgegenstehen könnte, handelt es sich bei den von der Abgabenverwaltung verwendeten Daten und Informationen um solche, die dem Grundrecht auf Datenschutz und Art 8 EMRK unterliegen. Soweit betriebliche Informationen gegenüber der Abgabenverwaltung geoffenbart werden, werden diese als Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu qualifizieren sein.

Im Rahmen der Vorlage von Akten und Unterlagen an den Hypo-Untersuchungsausschuss sind daher die daraus resultierenden Geheimhaltungsund Verschwiegenheitsverpflichtungen zu beachten.

e. BGBl I Nr 101/2014 hat Geheimhaltungspflichten nicht beseitigt

Mit den in Rede stehenden gesetzlichen Maßnahmen zur Reform des Untersuchungsausschusses hat der Gesetzgeber keine Änderungen bei den (gesetzlichen) Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen, die von einem aufgeforderten Organ vor den gesetzgeberischen Maßnahmen zu beachten waren, verbunden.

Gleichwohl es dem Gesetzgeber auf Grund der allseitigen Zustimmung zu den Reformmaßnahmen ein Leichtes gewesen wäre, in die (gesetzlichen) Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen, die von einem aufgeforderten Organ zu beachten sind, einzugreifen, hat er dies weder explizit getan noch den evidenten Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen materiell derogiert.

Die Rechtsauffassung, dass Art 53 B VG in der Fassung BGBl I Nr 101/2014 den (gesetzlichen) Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen, wie sie bis zur Novelle von einem aufgeforderten Organ zu beachten waren, generell materiell derogiert hat, findet schon im Wortlaut des Art 53 B VG und auch nicht in der Entstehungsgeschichte der (novellierten) Norm eine Deckung. Auch den Materialien fehlt dazu jeder Hinweis.

Anders als Art 20 Abs 3 B VG mangelt es sowohl dem DSG 2000 als auch der EMRK an einer Bestimmung, die darin verbrieften Rechte zu durchbrechen. Hätte der Verfassungsgesetzgeber den Anwendungsbereich des Art 53 B VG zu Lasten bestehender (grundrechtlich geschützter) Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen ausweiten wollen, so hätte er Art 53 B VG (neu) diesbezüglich auch anders formulieren können. Art 53 B VG nimmt jedoch 'nur' nachrichtendienstliche und sicherheitspolizeiliche[…] Quellen von der Auskunfts- bzw. Aktenvorlagepflicht aus, schweigt aber gänzlich unter anderem zum DSG 2000, dem BWG und der EMRK.

Daraus muss zwingend abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber gerade nicht in die zu diesem Zeitpunkt – auch gegenüber einem Untersuchungsausschuss – bestehenden (gesetzlichen) Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen eingreifen wollte und dies auch nicht getan hat."

2.12. Schließlich wird die Meinung vertreten, es bestehe kein Widerspruch zwischen Untersuchung und Geheimhaltung (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Nach den Materialien zur Neufassung des Art 53 B VG soll das Untersuchungsausschussverfahren der Information des Parlaments im Sinne einer Selbstinformation dienen. Art 53 B VG gibt dem Nationalrat besondere Möglichkeiten, Informationen zu erlangen, die zur Wahrnehmung seiner Kontroll- und Gesetzgebungsfunktion notwendig sind. Im Unterschied zu Fragerechten, die in erster Linie auf die Erlangung konkreter Einzelinformationen gerichtet sind, soll die Einsetzung eines eigenen Ausschusses die Möglichkeit bieten, auch einen komplexen Vorgang aufzuarbeiten. Anders als ein Straf- oder Verwaltungsverfahren hat ein Untersuchungsausschuss nicht die Erfüllung eines bestimmten Tatbestandes zu prüfen bzw. über konkrete Anbringen abzusprechen. Ziel des Untersuchungsausschusses ist die Aufklärung von Vorgängen zu politischen Zwecken (vgl. Bericht des Geschäftsordnungsausschusses, zu Art 53 Abs 1 B VG, 439. BlgNR XXV. GP).

Diesem besonderen Informationsrecht der Legislative bzw. eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses steht die Beachtung besonderer – auch verfassungs- und/oder grundrechtlicher – Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen durch die zur Vorlage aufgeforderte Stelle bzw. das aufgeforderte Organ nicht entgegen.

Tatsächlich wird durch die gesetzlich weiterhin gebotene Ausnahme von Informationen und Daten aus der Vorlage von Akten und Urkunden an den Untersuchungsausschuss der mit der Einrichtung eines Untersuchungsausschuss[es] nach Art 53 B VG verbundenen Untersuchungszweck (-ziel) nicht behindert und auch nicht verhindert.

Das verfassungsrechtlich vorgegebene Ziel des Untersuchungsausschusses einer politischen Kontrolle steht daher mit den von dem aufgeforderten Organ zu beachtenden Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen in keinem Widerspruch, zumal in die vor der Offenbarung der Informationen bzw. der Daten von der vorlegenden Stelle vorzunehmenden Interessensabwägung auch dieser Normzweck des Art 53 B VG einzufließen hat."

3.1. Nach dem Vorbringen der Zweitantragsteller liege eine Meinungsverschiedenheit iSd Art 138b Abs 1 Z 4 B VG vor, welche die grundsätzliche Frage betreffe, ob Akteninhalte bei der Vorlage von Akten an einen Untersuchungsausschuss durch vorlagepflichtige Stellen unter Berufung auf das Bankgeheimnis oder den Datenschutz abgedeckt werden dürfen. Jedenfalls stelle sich die konkrete Frage, ob die im Beschluss vom gemäß § 27 Abs 4 VO-UA angeführten Aktenstücke durch den Bundesminister für Finanzen vollständig, also in unabgedeckter Form, dem Untersuchungsausschuss zu übermitteln seien. Zur Klärung dieser Meinungsverschiedenheit werde der Verfassungsgerichtshof angerufen.

3.2. In den Antragsgründen führen die Einschreiter zunächst zum neuen Untersuchungsausschussrecht aus, dass mit einer umfassenden Reform im Jahr 2014 die Gesetzeslage für Untersuchungsausschüsse des Nationalrates in Österreich geändert worden sei. Erstmalig würden das Recht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sowie wesentliche Beweisrechte im Verfahren selbst einer Minderheit von einem Viertel der Abgeordneten zugestanden. Im Zuge der genannten Reform sei auch eine Reihe begleitender Gesetzesänderungen vorgenommen worden. Von Relevanz für das vorliegende Verfahren seien dabei vor allem die neuen Bestimmungen über die Übermittlung von Beweismitteln an den Untersuchungsausschuss sowie die ebenfalls neuen Bestimmungen über die Behandlung schutzwürdiger Informationen in einem Untersuchungsausschuss. Die Aufzählung von Ausnahmen von der Vorlagepflicht in Art 53 Abs 3 letzter Satz ("nachrichtendienstlicher Quellenschutz") und Abs 4 (Willensbildung der Bundesregierung) B VG sei abschließend zu verstehen. Weitere Ausnahmen, wie sie der Erstantragsteller für sich in Anspruch nehme, seien in Art 53 B VG nicht vorgesehen und würden daher auch nicht bestehen. Dies ergebe sich auch aus der einfachgesetzlichen Umsetzung in § 24 VO-UA über den grundsätzlichen Beweisbeschluss, mit dem die vorlagepflichtigen Organe "zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes" verpflichtet würden. Die Materialien (IA 719/A, 25. GP) würden dazu Folgendes ausführen: "Der grundsätzliche Beweisbeschluss wird vom Geschäftsordnungsausschuss im Zusammenhang mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gefasst. Damit soll Vorsorge getroffen werden, dass alle vom Untersuchungsgegenstand betroffenen informationspflichtigen Organe alle auf den Untersuchungsgegenstand Bezug habenden Akten und Unterlagen vorlegen. Damit soll der Untersuchungsausschuss von Beginn seiner Tätigkeit an eine möglichst umfassende Informationsgrundlage zur Verfügung haben." Zur Klärung der Frage, ob die gesetzlich vorgesehenen Ausnahmetatbestände vorliegen würden, sehe § 27 VO-UA ein mehrstufiges Verfahren vor: Nach dessen Abs 3 sei jede Nichtvorlage schriftlich zu begründen; nach Abs 4 könne der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder eine Nachfrist setzen; schließlich sei nach Ablauf der Frist die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes möglich. Eine Berufung auf Verschwiegenheitspflichten sei bei der Aktenvorlage im Gesetz nicht vorgesehen. Das korreliere auch mit der Bestimmung des § 35 VO-UA, nach der sich öffentlich Bedienstete bei der Befragung nicht auf die Verpflichtung zur Geheimhaltung berufen dürften. Der Aussageverweigerungsgrund gesetzlich anerkannter Pflichten zur Verschwiegenheit nach § 43 Abs 1 Z 3 leg.cit. stehe öffentlich Bediensteten ebenfalls nicht zu. Die Berücksichtigung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen erfolge daher nach dem Konzept des neuen Untersuchungsausschussrechtes nicht durch eine Vorenthaltung von Akteninhalten seitens der vorlagepflichtigen Organe, sondern autonom durch den Untersuchungsausschuss auf Grund einer Reihe von neuen gesetzlichen Bestimmungen. Zu erwähnen sei zunächst das neue InfOG, welches auf Grund des ebenfalls neuen Art 30a B VG erlassen worden sei. Dieses sehe vor, dass Informationen, die an den Nationalrat übermittelt werden würden, und bestimmten in § 4 InfOG näher definierten Schutzinteressen unterliegen würden, durch die übermittelnde Stelle in einer von vier Stufen klassifiziert werden könnten. § 2 leg.cit. lege allen Personen, die auf Grund des InfOG Zugang zu solchen Informationen erhalten würden, eine Verschwiegenheitsverpflichtung auf, welche gemäß § 18 leg.cit. hinsichtlich der beiden höchsten Stufen auch gerichtlich strafbewährt sei. Zur Absicherung dieser Verschwiegenheitsverpflichtung sei sogar in die berufliche Immunität der Abgeordneten gemäß Art 57 B VG eingegriffen worden, sodass nun etwa auch Verstöße während einer Plenarrede verfolgt werden könnten. § 21 VO-UA sehe spezielle Regelungen zum Schutz klassifizierter Informationen vor, die an einen Untersuchungsausschuss übermittelt würden. Demnach dürften klassifizierte Informationen grundsätzlich nur in vertraulicher Sitzung verwendet werden (mit engen Ausnahmen für Informationen der Stufe 1, wobei auch dabei die schutzbedürftigen Geheimhaltungsinteressen jedenfalls zu wahren seien). Nach § 17 Abs 2 leg.cit. sei die Öffentlichkeit von Befragungen auszuschließen, wenn dies überwiegende schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit, der Auskunftsperson oder Dritter gebieten würden oder wenn es zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen notwendig sei. Die Entscheidung über den Ausschluss der Öffentlichkeit obliege nicht mehr einem Mehrheitsbeschluss, sondern nunmehr dem Vorsitz nach Beratung mit dem Verfahrensrichter (§5 leg.cit.), einem ehemaligen Richter. Sowohl dem Verfahrensrichter als auch dem Verfahrensanwalt und der Auskunftsperson komme das Recht zu, den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen. Der Verfahrensanwalt habe nach § 11 Abs 2 und 3 leg.cit. jederzeit unverzüglich auf Eingriffe in die Grund- oder Persönlichkeitsrechte einer Auskunftsperson und auf Gründe für den Ausschluss der Öffentlichkeit oder das Vorliegen von Aussageverweigerungsgründen hinzuweisen. Jegliche Veröffentlichung, etwa von Protokollen oder Beschlüssen, erfolge nach § 20 Abs 4 leg.cit. wiederum nur unter Berücksichtigung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen. Dasselbe gelte nach § 51 Abs 2 leg.cit. für die Berichterstellung, Berichterstattung (im Plenum) und Veröffentlichung von Ausschussberichten sowie von Fraktionsberichten. Betroffenen Personen komme sowohl bei der Veröffentlichung des Protokolls (vgl. § 19 Abs 3 leg.cit.) als auch bei der Berichterstellung und -veröffentlichung (vgl. § 51 Abs 3 Z 3 leg.cit.) ein Stellungnahmerecht zu. Sollte es trotz all dieser Kautelen dennoch zu einer Verletzung von Rechten einer Person kommen, biete nunmehr nach Art 138b Abs 1 Z 7 B VG der Verfassungsgerichtshof Rechtsschutz. Es sei somit eindeutig erkennbar, dass der Gesetzgeber im Zuge der Untersuchungsausschussreform ganz besonderes Augenmerk auf die Wahrung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen durch den Untersuchungsausschuss selbst gelegt habe. All das wäre nicht notwendig gewesen, wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen wäre, behördliche Geheimhaltungsverpflichtungen würden verhindern, dass schutzwürdige Akteninhalte dem Ausschuss überhaupt erst bekannt würden. Für die vom Bundesminister für Finanzen vertretene Rechtsmeinung, dass Bankgeheimnis und Datenschutz von den vorlagepflichtigen Stellen eigenmächtig bei der Aktenübermittlung zu prüfen wären und als Grund für eine Nichterfüllung der Vorlagepflicht dienen könnten, bestehe daher keine gesetzliche Grundlage.

3.3. In ihrer Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtslage und dem Schriftum bringen die Antragsteller vor wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"[…] Amtsgeheimnis

Bereits nach alter Rechtslage ging die herrschende Meinung davon aus, dass die Amtsverschwiegenheit gegenüber einem Untersuchungsausschuss nicht gelte (siehe zB Kahl, in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 53 B VG, Rz 16 mwN), wie auch der Antragsgegner in seinem Antrag zugesteht (Rz 89 im Antrag des BMF). Art 53 B VG aF sei eine lex specialis im Verhältnis zu Art 20 Abs 3 B VG bzw. auch eine Inanspruchnahme der dort vorgesehenen Möglichkeit zur gesetzlichen Einschränkung des Amtsgeheimnisses. Auch die Begründung zum lnitiativantrag 507/A XX.GP, mit dem die alte Verfahrensordnung eingeführt wurde, führte bereits aus:

'Um die in den Artikeln 52 und 53 B VG normierten Kontrollrechte effizient ausüben zu können, soll durch die neue Verfahrensordnung festgelegt werden, daß die Verpflichtung zur Wahrung des Amtsgeheimnisses dem Untersuchungsausschuß gegenüber nicht gilt. Im Interesse der staatlichen Sicherheit sollen jedoch Vorkehrungen getroffen werden, daß besonders sensible Fragen in vertraulicher Sitzung behandelt werden können;'

In § 6 VO-UA aF wurde diese 'Nichtgeltung des Amtsgeheimnisses' noch in der Form ausgestaltet, dass eine Berufung öffentlich Bediensteter auf die Amtsverschwiegenheitspflicht nicht vorgesehen war. Die Dienstbehörde konnte jedoch schriftlich die Wahrung der Vertraulichkeit fordern. In diesem Fall erfolgte die Einvernahme nur, wenn der Ausschuss mit Zweidrittelmehrheit beschloss, dass der öffentlich Bedienstete wegen der Wichtigkeit seiner Aussage ohne Rücksicht auf die Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit auszusagen habe, dann aber in vertraulicher Sitzung.

Diese komplizierte Rechtslage wurde nun insofern vereinfacht, dass der gesonderte Beschluss des Ausschusses entfällt und der öffentlich Bedienstete jedenfalls unbeschränkt auszusagen hat. Statt 'Amtsverschwiegenheit' wird nun in § 35 VO-UA ganz allgemein von 'Geheimhaltungspflicht' gesprochen. Die Dienstbehörde kann lediglich die Befragung in vertraulicher Sitzung verlangen.

[…] Bankgeheimnis

Die eben genannte Änderung des § 35 VO-UA gegenüber der Vorgängerbestimmung ist insofern von Relevanz, als im Schrifttum einige Stimmen versuchen, entgegen dem klaren Wortlaut des § 38 BWG eine Sonderstellung des einfachgesetzlichen Bankgeheimnisses 'neben' dem Amtsgeheimnis zu etablieren. Auf diese Stimmen beruft sich erkennbar auch der Antragsgegner.

Zunächst erstattete Arnold anlässlich des Banken-Untersuchungsausschusses 2006 ein Rechtsgutachten (abrufbar unter 2/KOM, XXIII. GP auf der Internetseite des Parlaments). In diesem vertrat er die Auffassung, dass die Konstruktion des alten § 6 VO-UA nicht automatisch eine Aufhebung des Bankgeheimnisses gegenüber einem Untersuchungsausschuss bedeute. Deshalb wären Akten mit Informationen zum Bankgeheimnis nicht vorzulegen, um ein von ihm allgemein postuliertes 'Umgehungsverbot' hinsichtlich einer möglichen Entschlagung in der Befragung nicht zu verletzen. Allerdings kam Arnold letztlich zu dem Schluss, dass ein Zweidrittelbeschluss nach § 6 VO-UA die Amtsverschwiegenheit und aufgrund des Wortlauts des § 38 Abs 1 2. Satz BWG ('Werden Organen von Behörden sowie der Oesterreichischen Nationalbank bei ihrer dienstlichen Tätigkeit Tatsachen bekannt, die dem Bankgeheimnis unterliegen, so haben sie das Bankgeheimnis als Amtsgeheimnis zu wahren, von dem sie nur in den Fällen des Abs 2 entbunden werden dürfen.') damit auch das Bankgeheimnis aufhebe.

Festzuhalten ist aber, dass der Argumentation Arnolds über die Nichtvorlage von Akten mit dem Bankgeheimnis unterliegenden Informationen über den Umweg des Zeugnisentschlagungsrechts jedenfalls durch die neue Rechtslage die Grundlage entzogen ist: denn der neue § 35 VO-UA sieht anders als bisher nun ausdrücklich eine pauschales Verbot für öffentlich Bedienstete vor, sich auf Geheimhaltungspflichten zu berufen. Die unbeschränkte Aktenvorlage kann daher keine 'Umgehung' einer Entschlagung mehr darstellen, da es keine Entschlagungsmöglichkeit mehr gibt.

Hirsch/Sommer in Dellinger, BWG vertreten abweichend von Arnold in RZ319 zu § 38 BWG, dass ein Beschluss nach § 6 VO-UA aF das Bankgeheimnis nicht durchbrechen könne, da keiner der Ausnahmetatbestände des § 38 Abs 2 BWG vorliege. § 38 BWG sei insofern lex specialis zur VO-UA gewesen. Damit verkennen sie aber den Umstand, dass nach § 38 BWG das Bankgeheimnis von öffentlichen Organen als Teil des Amtsgeheimnisses zu wahren ist, und letzteres eben aufgrund von Art 53 B VG (wie dargestellt nach hA auch schon nach alter Fassung) gegenüber einem Untersuchungsausschuss gar nicht erst gilt, so dass eine Entbindung nicht erforderlich ist.

Gänzlich unschlüssig erscheint die Argumentation von Hirsch/Sommer jedoch, wenn man auch ihre eigenen Ausführungen zu Volksanwaltschaft und Rechnungshof ansieht: Nach Rz 313 (aa0) zu § 38 BWG durchbreche die Verfassungsbestimmung des Art 148b Abs 1 B VG — wonach gegenüber der Volksanwaltschaft keine Amtsverschwiegenheit besteht —'nach hA' (mwN) auch das Bankgeheimnis. Das gleiche gelte nach Rz 314 (aa0, mwN) für den Rechnungshof. Dabei ist dort eine Durchbrechung der Amtsverschwiegenheit verfassungsgesetzlich gar nicht festgeschrieben sondern wird von der herrschenden Meinung ganz allgemein aus dem verfassungsrechtlichen Aufgabenprofil abgeleitet.

Es ist somit kein Grund ersichtlich, weshalb das Bankgeheimnis bei der Vorlage an den Untersuchungsausschuss anders behandelt werden sollte als sonstige Fälle der Amtsverschwiegenheit. Eine 'Entbindung' ist jedenfalls nach neuer Rechtslage gem. § 35 VO-UA für öffentlich Bedienstete nicht notwendig und kann daher auch nicht an den Beschränkungen des § 38 Abs 2 BWG scheitern.

Nicht zu übersehen ist, dass § 38 BWG zwar nach seinem Abs 5 nur mit erhöhten Quoren geändert werden darf (welche nebenbei bemerkt auch bei der Erlassung der Verfahrensordnung und des Informationsordnungsgesetzes einzuhalten waren), selbst aber keine Verfassungsbestimmung darstellt. Es darf ihm daher schon insofern kein dem Art 53 Abs 3 B VG, der eine umfassende Vorlagepflicht im Umfang des Untersuchungsgegenstandes vorsieht, widersprechender Inhalt unterstellt werden. Eine Interpretation im Sinne des Antragsgegners, wonach die Vorlage gem. Art 53 Abs 3 B VG durch § 38 BWG verhindert würde, würde jedoch genau zu einem solchen verfassungswidrigen Ergebnis führen und ist daher unzulässig.

[…] Datenschutz

Gegenüber dem Untersuchungsausschuss und insbesondere auch in seinem Antrag hat sich der Antragsgegner neben dem Bankgeheimnis auch auf Datenschutzgründe berufen, und sich dabei sowohl auf § 1 DSG als auch auf Art 8 EMRK gestützt.

Dem kann zunächst grundsätzlich entgegnet werden, dass § 38 BWG eine einfachgesetzliche Umsetzung des Grundrechts nach § 1 DSG bzw. nach Art 8 EMRK ist, und zwar in Form einer besonders gut abgesicherten Eingriffsnorm. Wenn aber, wie oben dargestellt wurde, nicht einmal § 38 BWG mit seinen besonderen Beschränkungen einen ausreichenden Grund darstellt, um dem Untersuchungsausschuss Akteninhalte vorzuenthalten, dann kann auch ein Rückgriff auf das dahinter liegende, allgemeinere Prinzip daran nichts ändern.

Weiters ist in diesem Zusammenhang eine überzeugende neue Linie in der Literatur zu erwähnen. Lienbacher hat in einem Beitrag (ÖJT 2012, I/2, S. 17 (29ff)) dargelegt, dass das parlamentarische Interpellations- und Untersuchungsrecht leges speciales zum Datenschutzgesetz darstellen, und dass daher im Anwendungsbereich von Art 52 und Art 53 B VG der § 1 DSG nicht greifen könne. Es stünden sich zwei bundesverfassungsrechtliche Regelungen gegenüber, so dass sich die Derogationsfrage stelle. Da sich der Datenschutz quasi als Querschnitt über die gesamte Rechtsordnung lege, sei die parlamentarische Kontrolle der Verwaltung ein Teilbereich, so dass dem Datenschutz dort speziell derogiert werde, wo verfassungsrechtliche Bestimmungen die Interpellation und Untersuchungsausschüsse als vorbehaltslose Kontrollrechte etablieren. Daher könne es keine Prüfung der Kontrollrechte anhand der Kautelen des § 1 Abs 2 DSG geben. Als Beleg verweist Lienbacher (aa0 , S. 31) auf die Materialien zum Datenschutzgesetz (RV 72 BIgNR XIV. GP, zit nach Lienbacher) wo es zum Beispiel heiße, dass 'den Abgeordneten des Nationalrats und den Mitgliedern des Bundesrats [...] personenbezogene Daten im Rahmen der Bestimmungen des Art 52 und des Art 53 B VG weitergegeben werden' dürfen. Lienbacher erwähnt auch das Problem, dass ein verfassungsrechtlich verankertes Kontrollrecht ansonsten durch den Kontrollierten, etwa in Form von Verhältnismäßigkeitsprüfungen, Interessenabwägungen etc. unterlaufen werden könne. Andererseits sieht aber Lienbacher seinerseits den Nationalrat in der Pflicht, den Geheimhaltungsanspruch nach § 1 Abs 1 DSG zu wahren.

Ausdrücklich unterstützt wird die Meinung Lienbachers etwa von Jahnel (in Jahnel [Hrsg], Jahrbuch Datenschutzrecht 2014, 289 (291)), der auch nachweist, dass die Gegenmeinungen sich letztlich alle auf einen einzigen Artikel von Moritz (ÖJZ, 1994, 763, Datenschutz und parlamentarische Interpellation) zurückführen lassen, der jedoch Art 52 B VG und nicht Art 53 B VG betraf. Die Regelungsstrukturen des Art 52 und des Art 53 B VG sind aber ganz unterschiedlich: Während Art 52 B VG die Befugnis zur Stellung von Anfragen durch Abgeordnete erteilt, jedoch die Reichweite der Antwortpflicht der Regierungsmitglieder nicht erläutert, statuiert Art 53 Abs 3 B VG eindeutig eine Vorlagepflicht der genannten Organe.

Bereits vor Lienbacher findet sich ein ganz ähnlicher Gedankengang auch in zwei Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes über Rechnungshofprüfungen.

In VfSlg 15.130/1998 hatte der Verfassungsgerichtshof zu prüfen, ob die Übermittlung von Daten über Privathonorare eines Arztes im Zuge einer Gebarungsprüfung über eine Krank[en]anstalt in Oberösterreich durch die Krankenanstalt an den Rechnungshof rechtens war. Das bejahte der Verfassungsgerichtshof und führte dazu zunächst unter Berufung auf VfSlg 7944/1976 aus:

'Für die Einsichtnahme in Personalakten einer Gebietskörperschaft durch den Rechnungshof stellen die Bestimmungen des Art 8 MRK keine Schranke dar. Durch eine solche Einsichtnahme seitens des dazu verfassungsrechtlich legitimierten Kontrollorganes wird in den Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens (die anderen Tatbestände des Art 8 Abs 1 MRK scheiden von vornherein aus) nicht eingegriffen.'

Und weiter zum Anlassfall:

'Ebensowenig kann zweifelhaft sein (vgl. dazu das oben […] auszugsweise wiedergegebene Erkenntnis VfSlg 7944/1976), daß eine Überprüfung dieser Gebarung durch den Rechnungshof im Hinblick auf die ihm von Verfassungs wegen vorgeschriebenen Prüfungsmaßstäbe ohne Kenntnis der die einzelnen anspruchsberechtigten Ärzte betreffenden Honorardaten nicht durchführbar (gewesen) wäre.

In diesem, durch die Aufgaben des Rechnungshofes - als des von Verfassungs wegen zur Gebarungsüberprüfung u.a. der Gemeinden berufenen Staatsorganes - begrenzten Umfang stehen der Übermittlung der hier in Rede stehenden Daten durch ein Organ einer dieser Gebarungsüberprüfung unterliegenden Gebietskörperschaft weder die Bestimmung des § 1 DSG noch die des Art 8 EMRK (weil und soweit die Gebarungsüberprüfung durch den Rechnungshof insbesondere für 'das wirtschaftliche Wohl des Landes ... notwendig ist') entgegen. Auch die Bedachtnahme auf § 1 Abs 2 letzter Satz DSG führt dabei zu keinem anderen Ergebnis. Sie kann jedoch für die - hier nicht zu erörternde - Frage von Bedeutung sein, ob, inwieweit und wie konkret (in dieser Hinsicht kann u.U. auch die Anonymisierung oder Aggregierung personenbezogener Daten geboten sein; s. dazu VfSlg 12228/1989) der Rechnungshof die ihm übermittelten personenbezogenen Daten in die Mitteilung des Prüfungsergebnisses gemäß Art 127a Abs 5 B VG bzw. in seinen Bericht gemäß Art 127a Abs 6 leg. cit. aufnehmen darf.

Angesichts dessen vertritt der Verfassungsgerichtshof die Auffassung, daß sich für die in Rede stehende Datenübermittlung schon in Art 127a B VG eine hinreichende (verfassungs)gesetzliche Grundlage findet. Wenn nämlich - wovon auszugehen ist - der Rechnungshof die ihm von Verfassungs wegen zukommende Gebarungsüberprüfung ohne Kenntnis der davon betroffenen Daten nicht besorgen könnte, dann muß die entsprechende Datenübermittlung durch die der Kontrollbefugnis des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträger schon in jenen Bestimmungen des B VG ihre Deckung finden, die die diesbezügliche Aufgabe des Rechnungshofes festlegen (vgl. VfSlg 4106/1961).'

Im Hinblick auf die Argumentation des Antragsgegners interessant ist übrigens auch ein weiterer Absatz dieser Entscheidung in diesem Zusammenhang, der den damaligen § 56c oö KAG über die zulässige Datenverwendung betraf. Der Beschwerdeführer hatte argumentiert, dass eine Übermittlung an den Rechnungshof dort nicht vorgesehen und daher unzulässig sei. Dazu führte der Verfassungsgerichtshof aus:

'Verfehlt wäre es auch, anzunehmen, die landesgesetzliche Regelung des § 56c 0.ö. KAG würde einer solchen Übermittlung entgegenstehen. Hätte sie diesen Inhalt, so würde sie - im hier vorliegenden Zusammenhang - dem Art 127a B VG widersprechen. Schon das Gebot der im Zweifel verfassungskonformen Auslegung - die der Wortlaut der Regelung hier durchaus zuläßt - zwingt also dazu, sie nicht in dem vom Beschwerdeführer unterstellten Sinn zu deuten.'

Dieser Gedanke lässt sich, wie oben bereits ausgeführt wurde, zwanglos auch auf § 38 BWG anwenden.

Eine ähnliche Argumentationslinie wendete der Verfassungsgerichtshof auch in der Entscheidung KR1/00 vom an. Der ORF hatte nach dieser Entscheidung dem Rechnungshof volle Einsicht in die Bezüge bestimmter Funktionäre nach dem Bezügebegrenzungsgesetz zu gewähren. Andererseits hatte der Rechnungshof nach dieser Entscheidung selbst in seiner Berichterstattung auf schutzwürdige Interessen nach Art 8 EMRK und § 1 DSG zu achten. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Ausführungen von Kroneder-Partisch (in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, Rz 15 zu Art 126d B VG) hingewiesen, wonach Geheimnisse und personenbezogene Daten vom Rechnungshof selbst nur in jenem Umfang und in der Weise weitergegeben werden dürfen, die erforderlich sind, um den verantwortlichen Stellen ein adäquates Gegensteuern bei Missständen zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang komme auch der Tatsache Bedeutung zu, dass der Unterausschuss zum Rechnungshofausschuss ex lege vertraulich sei und der Rechnungshofausschuss für bestimmte Teile seiner Verhandlungen Vertraulichkeit beschließen könne.

Aufgrund der vergleichbaren Aufgabenstellung und Rechtslage sind diese Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes zu den Kompetenzen des Rechnungshofes auch auf den Bereich der Untersuchungsausschüsse übertragbar. Während anders als Art 53 B VG die Bundesverfassung keine ausdrücklichen Übermittlungspflichten an den Rechnungshof normiert, sind solche einfachgesetzlich etwa in § 4 Abs 1 Rechnungshofgesetz enthalten und dabei durchaus den Bestimmungen der VO-UA ähnlich. Wie auch der Untersuchungsausschuss nach der Verfahrensordnung soll der Rechnungshof selbst auf die Wahrung schutzwürdiger Geheimnisse achten (vgl. zB § 12 Abs 5 RHG).

Damit zeigt sich aber, dass die durch die Untersuchungsausschussreform geschaffene Rechtslage genau jenem vom Verfassungsgerichtshof in den beiden zitierten Entscheidungen zum Rechnungshof vorgezeigten Weg folgt, der im Ergebnis den Ausführungen von Lienbacher ähnelt, und dabei an Deutlichkeit noch über die Rechtslage beim Rechnungshof weit hinausgeht:

Um eine effektive Kontrolle gemäß dem verfassungsgesetzlich vorgesehenen Auftrag eines Untersuchungsausschusses, der jeweils durch den Untersuchungsgegenstand der Einsetzung konkretisiert wird, zu gewährleisten, sieht die Verfassungsbestimmung des Art 53 Abs 3 B VG eine umfassende Übermittlung aller Akten im Umfang des Untersuchungsgegenstandes vor. Ausgenommen sind lediglich die in Art 53 Abs 3 und 4 B VG ausdrücklich erwähnten Fälle. Den Schutzinteressen des Art 8 EMRK und des § 1 DSG wird dadurch Rechnung getragen, dass der Untersuchungsausschuss selbst die erforderliche Geheimhaltung beachtet und die entsprechenden Interessensabwägungen vornimmt. Zu diesem Zweck wurde eine Reihe von entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen für alle Stadien des Verfahrens neu in die Verfahrensordnung aufgenommen. Besonders schutzwürdige Informationen sind bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zu klassifizieren.

Um allfälligen grundrechtlichen Bedenken an dieser Lösung zu begegnen sei darauf hingewiesen, dass dem Untersuchungsausschuss selbst keine Eingriffsrechte in geheime Informationen aus dem Privatleben zustehen. Erst dort wo staatliche Organe Daten erhoben, zu ihren Unterlagen genommen und zum Gegenstand ihres Verwaltungshandelns gemacht haben kann es im Zuge der Kontrolle eben dieser staatlichen Organe durch einen Untersuchungsausschuss auch zu einer Übermittlung dieser Daten an den Ausschuss kommen, und auch das nur wenn der betreffende Bereich der Vollziehung Untersuchungsgegenstand ist."

3.4. Zu den konkreten Aktenstücken führen die Zweitantragsteller aus, der Erstantragsteller habe eine größere Zahl von Akten mit teils punktuellen, teils großflächigen Abdeckungen ("Schwärzungen") an den Untersuchungsausschuss übermittelt. Der Beschluss vom gemäß § 27 Abs 5 VO-UA habe vier konkrete Aktenstücke genannt, bei denen Schwärzungen vorgenommen worden seien. Auf Grund der davor übermittelten Schreiben des Bundesministers für Finanzen und des Zusammenhanges der Aktenstücke sei davon auszugehen gewesen, dass diese Schwärzungen mit der Wahrung des Bankgeheimnisses begründet würden. Eine detaillierte schriftliche Begründung für die Abdeckungen, wie sie nach § 27 Abs 3 leg.cit. vorgesehen wäre, habe der Erstantragsteller bis dato nicht vorgelegt. Erst in seinem eigenen Antrag habe er sich auf Rechtsgrundlagen berufen, sei jedoch auch dabei bei formelhaften Behauptungen geblieben. Es bestehe nun erstmalig Gelegenheit, dazu konkret Stellung zu nehmen:

3.4.1. Zum ersten Aktenstück verweisen die Antragsteller auf den Untersuchungsgegenstand ("Untersuchungsgegenstand ist die Vollziehung des Bundes im Zusammenhang mit der Hypo Group Alpe-Adria bzw. deren Rechtsvorgänger und Rechtsnachfolger in den Jahren 2000 bis inklusive 2014"). Dieser umfasse u.a. in Unterpunkt 29. der Gliederung die "Klärung der Verantwortung der Organe des Bundes, insbesondere der Finanzmarktaufsicht, der OeNB, der Finanzprokuratur, des Bundesministeriums für Finanzen, der Geldwäschemeldestelle im Bundeskriminalamt im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung und der zunehmenden Schwierigkeiten der Hypo Group Alpe-Adria und verbundener Unternehmen ab der Verstaatlichung." Es sei evident, dass die Bedingungen und näheren Umstände der Übernahme einer Bürgschaft iHv € 200 Mio. durch die Republik Österreich unter den Untersuchungsgegenstand fallen würden. Im genannten Aktenstück seien u.a. auf Seite 9 Angaben über die aushaftenden Beträge und Sicherheiten sowie alle Namen und Angaben abgedeckt worden, die Rückschlüsse auf das vorliegende Projekt zulassen würden. Die Kenntnis der abgedeckten Informationen wäre für eine ordnungsgemäße Wahrnehmung der verfassungsmäßigen Aufgaben des Untersuchungsausschusses jedenfalls notwendig. Nach Ansicht der Einschreiter sei die Abdeckung von Akteninhalten, die mit dem Untersuchungsausschuss in Zusammenhang stehen würden, auch unter Berufung auf das DSG 2000 oder das Bankgeheimnis unzulässig. Da dieses Aktenstück als "eingeschränkt" klassifiziert übermittelt worden sei, wäre ein weitergehender Schutz nicht erforderlich gewesen.

3.4.2. Auch im Fall des zweiten Aktenstückes sei eine Abdeckung von Informationen nach der dargestellten Rechtslage nicht zulässig. In der Zusammenschau der ersten beiden Dokumente zeige sich bereits die besondere Problematik der Vorgehensweise des Bundesministers für Finanzen: Ohne Kenntnis der Projektnamen, Inhalte, Beträge etc. sei nicht erkennbar, ob diese beiden Aktenstücke denselben Vorgang oder unterschiedliche Kreditfälle betreffen würden. Es sei für den Untersuchungsausschuss nicht möglich zu entscheiden, ob ähnliche Fälle vorliegen würden, oder eine Entwicklung anhand einer Zeitlinie stattfinde. Damit sei aber auch eine Bewertung und Untersuchung des Verhaltens der mit der Angelegenheit (oder den Angelegenheiten) befassten Vollziehungsorgane und die Wahrnehmung der verfassungsmäßigen Aufgaben des Untersuchungsausschusses unmöglich. Derartige Probleme würden sich grundsätzlich in allen Fällen von Abdeckungen stellen und würden damit die Vergleichbarkeit und systematische Aufarbeitung der aus verschiedenen Quellen stammenden Beweismittel des Untersuchungsausschusses behindern. Dabei seien nicht nur Fehler und Missstände von Relevanz für die Untersuchung. Ergebnis eines Untersuchungsausschusses könne – zumindest aus der Sicht einzelner Fraktionen – auch sein, dass die Wahrnehmung der Vollziehungsaufgaben in einer wünschenswerten Art und Weise erfolgt sei.

3.4.3. Hinsichtlich des dritten Aktenstückes sei auf Punkt 36. der Gliederung des Untersuchungsausschusses zu verweisen ("Klärung der Kontakte, Verhandlungen und Entscheidungsprozesse der Organe der Hypo Group Alpe-Adria sowie des Bundesministeriums für Finanzen bzw. der Finanzprokuratur mit Vertretern der BayernLB und des Freistaats Bayern im Zusammenhang mit der Frage der Bewertung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens und sonstiger gerichtlicher Verfahren"). Auch dieses Aktenstück falle daher jedenfalls unter den Untersuchungsgegenstand; die unabgedeckte Übermittlung sei für die Wahrnehmung der Aufgaben des Untersuchungsausschusses erforderlich. Die nicht näher begründete Berufung des Bundesministers für Finanzen auf § 38 BWG und § 1 DSG 2000 zur Vornahme der Abdeckung von Informationen sei auch in diesem Fall rechtlich nicht zulässig. Da das Aktenstück als "vertraulich" klassifiziert übermittelt worden sei, wäre ein weitergehender Schutz nicht erforderlich gewesen.

3.4.4. Das Vorbringen zum dritten Aktenstück treffe auch auf das vierte Aktenstück zu. Eine Besonderheit bestehe insofern, als eben dieses Protokoll einer Aufsichtsratssitzung vom (in geringfügig anders bearbeiteter Form) auch seitens des Bundesministeriums für Justiz dem Untersuchungsausschuss vorgelegt worden sei, und zwar eingestuft als "nicht öffentlich" (während das Bundesministerium für Finanzen eine Einstufung als "vertraulich" vorgenommen habe) und mit deutlich weniger bzw. anderen "Schwärzungen". Soweit erkennbar sei, seien dabei die Schwärzungen nicht vom Bundesministerium für Justiz anlässlich der Übermittlung an den Untersuchungsausschuss vorgenommen worden, sondern seien diese offenbar bereits vor der Übermittlung an die Strafverfolgungsbehörden erfolgt. Da somit eine Vergleichsversion vorliege, sei erkennbar, dass der Erstantragsteller u.a. auch die Projektnamen "S[.]" (beim Tagesordnungspunkt 5 am Ende) und "S[.] V[.]" (beim Tagesordnungspunkt 9 am Anfang) vor der Übermittlung an den Untersuchungsausschuss abgedeckt habe. Beide Projekte seien Gegenstand strafgerichtlicher Ermittlungen (gewesen), und es gebe seit 2010 bereits ausgiebige Medienberichterstattung dazu. Selbstverständlich seien diese Kreditfälle Gegenstand der Untersuchung des Untersuchungsausschusses. Es sei bezeichnend und jedenfalls unzulässig, dass der Bundesminister für Finanzen sogar solche längst öffentlich bekannte Informationen unter Berufung auf das DSG 2000 und das BWG abgedeckt und dadurch die Untersuchung behindert habe.

4. Schließlich treten die Zweitantragsteller in ihrem Antrag auch abseits der vier mit Beschluss vom bezeichneten Aktenstücke der rechtlichen Begründung des zu UA2/2015 protokollierten Antrages des Bundesministers für Finanzen entgegen und beantragen dessen Zurückweisung (samt Eventualanträgen) und Abweisung.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit der in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 Abs 1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge

1.1. Gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, auf Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs.

1.2. Nach Art 53 Abs 3 erster Satz B VG haben u.a. alle Organe des Bundes einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung u.a. ihre Akten und Unterlagen vorzulegen. Gemäß § 27 Abs 1 erster Satz und Abs 3 VO-UA haben u.a. Organe des Bundes Beweisbeschlüssen iSd § 24 leg.cit. und ergänzenden Beweisanforderungen iSd § 25 leg.cit. unverzüglich zu entsprechen, bei einem Nicht- oder teilweisem Entsprechen ist der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten. Kommt ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß § 27 Abs 1 oder 3 VO-UA nicht oder ungenügend nach, kann der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ gemäß § 27 Abs 4 leg.cit. (schriftlich begründet) auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen. Nach § 27 Abs 5 leg.cit. entscheidet der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung, wenn ihn das aufgeforderte Organ oder ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Ablauf der Frist des § 27 Abs 4 VO-UA anruft oder der Ausschuss eine Anrufung auf Grund eines schriftlichen Antrages nach Ablauf der Frist des § 27 Abs 4 leg.cit. beschließt. Ein solcher Antrag ist nach § 56f Abs 1 VfGG nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß § 27 Abs 4 VO-UA zwei Wochen vergangen sind. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nach § 56f Abs 3 VfGG auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.

1.3. Im vorliegenden Fall fasste der Hypo-Untersuchungsausschuss am den (schriftlich begründeten) Beschluss, "das Bundesministerium" für Finanzen gemäß § 27 Abs 4 VO-UA aufzufordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen vier näher bezeichnete Akten und Unterlagen unabgedeckt vorzulegen. Dieser Beschluss wurde am als "Kommuniqué des Hypo-Untersuchungsausschusses" gemäß § 20 Abs 2 VO-UA in sinngemäßer Anwendung des § 39 GOG-NR veröffentlicht und am dem Bundesminister für Finanzen zugestellt. Noch am Tag der Zustellung hat dieser der Präsidentin des Nationalrates mitgeteilt, dass er der Aufforderung nicht entsprechen werde. Der zu UA2/2015 protokollierte Antrag des Bundesministers für Finanzen ist beim Verfassungsgerichtshof am (vollständig) eingebracht worden, der zu UA4/2015 protokollierte Antrag eines Viertels der Mitglieder des Hypo-Untersuchungsausschusses am .

1.4. Nach Ablauf der zweiwöchigen (Nach-)Frist des § 27 Abs 4 VO-UA können binnen zwei Wochen von allen dazu Berechtigten Anträge an den Verfassungsgerichtshof gestellt werden (vgl. § 27 Abs 5 leg.cit. und § 56f Abs 1 VfGG). Unbeschadet dessen macht der Umstand, dass der Antrag des Bundesministers für Finanzen vor Ablauf der zweiwöchigen (Nach-)Frist gestellt wurde, diesen nicht unzulässig; mit der Einbringung dieses Antrages entsteht die Meinungsverschiedenheit. Damit ist aber auch für den Hypo-Untersuchungsausschuss bzw. für ein Viertel seiner Mitglieder die Möglichkeit eröffnet worden, (allein) im Umfang der damit konkretisierten Meinungsverschiedenheit bereits einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (ohne dass dieser als zu früh gestellt unzulässig wäre).

1.5. Der nach dem Antrag "im Wege der Präsidentin des Nationalrats gem. § 106 GOG-NR [eingebrachte]", jedoch nicht von dieser, sondern mit einem Schreiben des Parlamentsdirektors an den Verfassungsgerichtshof übermittelte Antrag eines Viertels der Mitglieder des Hypo-Untersuchungsausschusses ist innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der (Nach-)Frist des § 27 Abs 4 VO-UA eingelangt. Die Einhaltung der Bestimmung des § 106 GOG-NR bildet keine Prozessvoraussetzung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (vgl. VfSlg 16.752/2002 zu einem Verfahren nach [nunmehr] Art 140 Abs 1 Z 2 B VG).

1.6. Der Begriff der Meinungsverschiedenheit wird für Verfahren nach Art 138b Abs 1 Z 4 B VG – anders als für jene nach Art 126a B VG (vgl. § 36a Abs 1 VfGG) – nicht definiert. Das Konzept des (Verfassungs-)Gesetzgebers, das Art 53 Abs 3 und Art 138b Abs 1 Z 4 B VG zugrunde liegt und das in § 27 VO-UA sowie in § 56f VfGG näher ausgestaltet wird, lässt jedoch deutlich erkennen, dass der Verfassungsgerichtshof angerufen werden kann, um die Klärung einer konkreten Meinungsverschiedenheit, im vorliegenden Fall der unterschiedlichen Auffassung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der unabgedeckten Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen an einen Untersuchungsausschuss, herbeizuführen. Einem solchen Antrag hat zwingend die an das Organ gerichtete (schriftlich begründete) Aufforderung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder voranzugehen, innerhalb einer (Nach-)Frist von zwei Wochen der Verpflichtung zur unverzüglichen Entsprechung von Beweisbeschlüssen nachzukommen, wenn das Organ dieser (im Beschluss näher zu umschreibenden) Verpflichtung nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder bis dahin nicht oder ungenügend nachgekommen ist. Dieser Beschluss gemäß § 27 Abs 4 VO-UA stellt den äußersten Rahmen eines möglichen Gegenstandes des Verfahrens nach Art 138b Abs 1 Z 4 B VG dar. Ein Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs an den Verfassungsgerichtshof konkretisiert schließlich das Vorliegen und den Umfang der Meinungsverschiedenheit und damit den Prozessgegenstand des Verfassungsgerichtshofes. Das Thema seiner Entscheidung ist jedenfalls durch den Umfang der Meinungsverschiedenheit begrenzt (ständige Rechtsprechung zu Verfahren nach Art 126a B VG; vgl. zuletzt mwN).

1.7. Dem am vom Hypo-Untersuchungsausschuss gefassten Beschluss gemäß § 27 Abs 4 VO-UA ist zu entnehmen, dass "das Bundesministerium" für Finanzen zur unabgedeckten Vorlage von vier näher bezeichneten Akten und Unterlagen binnen einer Frist von zwei Wochen aufgefordert wurde.

1.8. Mit dem zu UA2/2015 protokollierten Antrag begehrt der Bundesminister für Finanzen in sehr allgemeiner Form, "[d]er Verfassungsgerichtshof möge gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG über die aus dem Antrag und dem Beharrungsbeschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses hervortretende Meinungsverschiedenheit erkennen."

1.9. Durch die Bezugnahme auf den "Beharrungsbeschluss" (damit ist die am beschlossene, an "das Bundesministerium" für Finanzen gerichtete Aufforderung des Hypo-Untersuchungsausschusses gemäß § 27 Abs 4 VO-UA gemeint), der vier Akten und Unterlagen genau bezeichnet sowie die Verpflichtung konkret benennt, der der Bundesminister für Finanzen nach Auffassung des Untersuchungsausschusses ungenügend nachgekommen ist, in Verbindung mit der Begründung des Antrages zu UA2/2015 – ungeachtet der darin verwendeten Formulierung "insbesondere" – wird in hinreichend konkreter Weise dargetan, dass sich dieser Antrag gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG lediglich auf die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung durch den Bundesminister für Finanzen bezieht, die in der Aufforderung des Untersuchungsausschusses vom genannten vier Akten und Unterlagen unabgedeckt vorzulegen.

1.10. Insoweit ist der zu UA2/2015 protokollierte Antrag des Bundesministers für Finanzen zulässig.

1.11. Die darüber hinaus gestellten Feststellungsanträge des Bundesministers für Finanzen, welche (näher umschriebenen) Prüfungen ein aufgefordertes Organ bei einer Beweisanforderung vorzunehmen habe, und dass er mit der (teilweise abgedeckten) Vorlage der im Beharrungsbeschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses genannten Aktenstücke rechtsrichtig gehandelt habe, finden in den einschlägigen Bestimmungen des B VG und des VfGG keine Rechtsgrundlage.

1.12. Insoweit ist der zu UA2/2015 protokollierte Antrag des Bundesministers für Finanzen unzulässig.

1.13. Mit dem zu UA4/2015 protokollierten Antrag begehrt ein Viertel der Mitglieder des Hypo-Untersuchungsausschusses, "[d]er Verfassungsgerichtshof möge über die aufgezeigten Meinungsverschiedenheiten gem. Art 138b Abs 1 Z 4 B VG entscheiden und […] feststellen, dass der Bundesminister für Finanzen der Verpflichtung zur Vorlage von Beweismitteln an den [Hypo-Untersuchungsausschuss] aufgrund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nachzukommen und alle Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsausschusses ohne Vornahme von Abdeckungen an den Untersuchungsausschuss zu übermitteln hat[…] in eventu feststellen, dass der Bundesminister für Finanzen verpflichtet ist, dem [Hypo-Untersuchungsausschuss die vier in dessen Beschluss vom näher bezeichneten] Akten und Unterlagen nunmehr unabgedeckt vorzulegen[…]".

1.14. In ihrem Hauptantrag nehmen die Zweitantragsteller auf den grundsätzlichen Beweisbeschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses gemäß § 24 VO-UA und auf "alle Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsausschusses" Bezug. Damit überschreiten die Antragsteller den Beschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses vom gemäß § 27 Abs 4 VO-UA und somit den äußersten Rahmen eines Antrages nach Art 138b Abs 1 Z 4 B VG.

1.15. Der Hauptantrag des zu UA4/2015 protokollierten Antrages eines Viertels der Mitglieder des Hypo-Untersuchungsausschusses ist daher unzulässig.

1.16. Mit dem ersten Eventualantrag begehren die Zweitantragsteller die Feststellung der Verpflichtung des Bundesministers für Finanzen zur unabgedeckten Vorlage von vier in dem gemäß § 27 Abs 4 VO-UA gefassten Beschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses vom konkret bezeichneten Akten und Unterlagen. Damit wird – in Verbindung mit der Begründung des Antrages – in hinreichend konkreter Weise die Meinungsverschiedenheit umschrieben, zu deren Entscheidung der Verfassungsgerichtshof angerufen wird.

1.17. Der erste Eventualantrag des zu UA4/2015 protokollierten Antrages der Zweitantragsteller ist daher zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem Verfahren zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken. Er hat sohin im vorliegenden Fall ausschließlich zu beurteilen, ob die teilweise oder gänzliche Ablehnung der Vorlage von (konkret zu bezeichnenden) Akten und Unterlagen aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen zu Recht erfolgt ist oder nicht.

2.2. Der Bundesminister für Finanzen vertritt zusammengefasst die Meinung, dass im Rahmen der Vorlage von Akten und Unterlagen an einen Untersuchungsausschuss die "verfassungs- und grundrechtlichen" Schranken zu beachten seien. Alle Verfassungsbestimmungen (Art53 B VG, § 1 DSG 2000 und Art 8 EMRK [sowie Art 8 GRC]) würden systematisch auf derselben Stufe stehen und seien kumulativ (nebeneinander) anzuwenden. Mit den (verfassungs-)gesetzlichen Maßnahmen zur Reform des Untersuchungsausschusses habe der (Verfassungs-)Gesetzgeber keine Änderungen bei den davor von aufgeforderten Organen zu beachtenden (gesetzlichen) Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen (§38 BWG,§ 48a BAO) verbunden. Art 53 B VG idF BGBl I 101/2014 habe den anderen genannten Bestimmungen nicht (materiell) derogiert.

2.3. Das antragstellende Viertel der Mitglieder des Hypo-Untersuchungsausschusses vertritt demgegenüber zusammengefasst die Meinung, dass Art 53 Abs 3 erster Satz B VG eine umfassende Übermittlungsverpflichtung für alle Akten im Umfang des Untersuchungsgegenstandes vorsehe, um eine effektive Kontrolle gemäß dem verfassungsgesetzlich vorgesehenen Auftrag eines Untersuchungsausschusses, der jeweils durch den Untersuchungsgegenstand der Einsetzung konkretisiert werde, zu gewährleisten (Ausnahmen seien lediglich die in Art 53 Abs 3 letzter Satz und Abs 4 B VG abschließend geregelten Fälle). Den Schutzinteressen des Art 8 EMRK und des § 1 DSG 2000 werde dadurch Rechnung getragen, dass der Untersuchungsausschuss selbst die erforderliche Geheimhaltung beachte und die entsprechenden Interessenabwägungen vornehme. Zu diesem Zweck seien eine Reihe von gesetzlichen Bestimmungen für alle Stadien des Verfahrens neu beschlossen worden (so seien besonders schutzwürdige Informationen – bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – zu klassifizieren).

2.4. Nach Art 53 Abs 1 B VG kann der Nationalrat durch Beschluss Untersuchungsausschüsse einsetzen; ein solcher ist auch auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder einzusetzen. Gegenstand der Untersuchung ist gemäß Art 53 Abs 2 B VG ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes (eine Überprüfung der Rechtsprechung ist ausgeschlossen), inklusive aller Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt. Die bereits oben erwähnte Verpflichtung u.a. aller Organe des Bundes, einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen, gilt gemäß Art 53 Abs 3 B VG nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen iSd Art 52a Abs 2 B VG gefährden würde. Sie besteht nach Art 53 Abs 4 B VG auch nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

2.5. Der Umfang der Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen lässt sich aus Art 53 B VG ableiten:

Dem Nationalrat werden in Art 53 B VG (Abschnitt "E. Mitwirkung des Nationalrates und des Bundesrates an der Vollziehung des Bundes" des zweiten Hauptstückes des B VG ["Gesetzgebung des Bundes"]) besondere Möglichkeiten eingeräumt, durch die Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses Informationen zu erlangen, die zur Wahrnehmung der der gesetzgebenden Körperschaft von der Verfassung übertragenen Kontroll- und Gesetzgebungsfunktion notwendig sind. Ziel des Untersuchungsausschusses ist die Aufklärung von Vorgängen zu politischen Zwecken (AB 439 BlgNR 25. GP, 2). Die Aufgabe, die die Bundesverfassung dem Nationalrat damit überträgt, begrenzt die Rechte und Pflichten des Untersuchungsausschusses. Mit seiner Einsetzung wird auch der Untersuchungsgegenstand festgelegt.

2.6. Ohne Kenntnis aller Akten und Unterlagen "im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung" (Art53 Abs 3 B VG) ist die Erfüllung des dem Untersuchungsausschuss verfassungsgesetzlich übertragenen Kontrollauftrages nicht möglich (vgl. im Zusammenhang mit dem Prüfauftrag des Rechnungshofes schon VfSlg 4106/1961). Die einzigen Ausnahmen von der Vorlageverpflichtung normieren Art 53 Abs 3 letzter Satz und Abs 4 B VG selbst: Die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art 52a Abs 2 B VG gefährden würde, ist nicht von der Verpflichtung nach Abs 3 erfasst; Abs 4 sieht überdies vor, dass die Verpflichtung gemäß Abs 3 nicht besteht, "soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird".

2.7. In diesem durch die Aufgaben des Untersuchungsausschusses begrenzten Umfang des Untersuchungsgegenstandes stehen der Übermittlung der vom Untersuchungsausschuss angeforderten Akten und Unterlagen somit weder die Bestimmung des § 1 DSG 2000 noch jene des Art 8 EMRK (sowie des Art 8 GRC) entgegen. Das gleiche muss umso mehr für die – verfassungskonform zu interpretierenden – einfachgesetzlichen Bestimmungen des § 38 Abs 1 bis 4 BWG und des § 48a BAO gelten (hätten sie einen anderen Inhalt, wären sie wegen Verstoßes gegen Art 53 B VG verfassungswidrig; vgl. VfSlg 15.130/1998 zu einem Verfahren nach Art 144 B VG).

2.8. Das informationspflichtige Organ hat daher ohne Rücksicht auf sonst bestehende Verschwiegenheitspflichten die angeforderten Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes ungeschwärzt (unabgedeckt) vorzulegen (vgl. VfSlg 17.065/2003 und 19.834/2013 zu Verfahren nach Art 126a B VG). Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen sind besonders schutzwürdige Informationen jedoch nach den Bestimmungen des InfOG zu klassifizieren, das auf der Grundlage von Art 30a B VG erlassen und gleichzeitig mit der Reform der Grundlagen und des Verfahrens von Untersuchungsausschüssen geschaffen wurde.

2.9. Aus der umfassenden Vorlageverpflichtung des informationspflichtigen Organs folgt aber nicht die Befugnis des Untersuchungsausschusses oder seiner Mitglieder, die aus den vorgelegten Akten oder Unterlagen gewonnenen Informationen in jedem Fall an die Öffentlichkeit zu bringen, auch nicht im schriftlichen Bericht gemäß § 51 VO-UA (bzw. in der mündlichen Berichterstattung gemäß § 52 leg.cit.); der Untersuchungsausschuss hat vielmehr bei seiner Berichterstattung regelmäßig eine Interessenabwägung zwischen privaten Geheimhaltungsinteressen (vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere § 1 DSG 2000, aber auch Art 8 EMRK [sowie Art 8 GRC]) und öffentlichen Interessen, zu denen unter anderem auch die Bekanntgabe der Kontrollergebnisse zählt, vorzunehmen (vgl. zuletzt mwN zu einem Verfahren nach Art 126a B VG). Diese Interessenabwägung hat der Untersuchungsausschuss bei seiner gesamten Tätigkeit zu beachten (vgl. insbesondere die Regelungen der VO-UA zu medienöffentlichen und vertraulichen Sitzungen [§17], zu den Beratungen des Untersuchungsausschusses [§18], zu Veröffentlichungen [§20] und zur Informationssicherheit [§21 iVm dem InfOG; vgl. auch Art 57 B VG iVm der gerichtlichen Strafbestimmung des § 18 InfOG]) und erstreckt sich auch auf die Behandlung von Informationen im Bereich des Nationalrates (vgl. insbesondere die Bestimmungen des InfOG).

2.10. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Vorlageverpflichtung nach Art 53 Abs 3 B VG – abgesehen von den in Abs 3 letzter Satz und Abs 4 normierten Ausnahmen – nur insoweit nicht besteht, als Akten und Unterlagen nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst sind. Die Beurteilung dieser Frage obliegt zunächst dem informationspflichtigen Organ. Besteht darüber eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Untersuchungsausschuss, einem Viertel seiner Mitglieder und dem informationspflichtigen Organ, so kann – bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen – der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG angerufen werden, der diese Frage letztgültig zu entscheiden hat.

2.11. Das Vorbringen, Akten und/oder Unterlagen seien (nicht) vom Untersuchungsgegenstand erfasst, ist in einem Antrag gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG hinreichend detailliert zu begründen; die bloße Behauptung reicht dafür nicht aus. Fehlt eine derartige Begründung, ist dem Antrag schon aus diesem Grund der Erfolg insoweit zu versagen, es sei denn, es wäre für den Verfassungsgerichtshof evident, dass konkret bezeichnete Akten und/oder Unterlagen (nicht) vom Untersuchungsgegenstand erfasst sind. Da der Bundesminister für Finanzen im vorliegenden Fall nicht näher und substantiiert dargelegt hat, warum drei Unterlagen, die den Gegenstand der Meinungsverschiedenheit bilden, nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst sein sollen, ist seinem Antrag auch aus diesem Grund der Erfolg zu versagen.

V. Ergebnis

12. Der Bundesminister für Finanzen ist verpflichtet, dem Hypo-Untersuchungsausschuss die vier in dessen Beschluss vom näher bezeichneten Akten und Unterlagen unabgedeckt vorzulegen.

13. Im Übrigen sind die Anträge als unzulässig zurückzuweisen.

14. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:UA2.2015