VfGH vom 11.03.2014, G89/2013

VfGH vom 11.03.2014, G89/2013

19861

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung des Nö KAG betreffend die Verpflichtung der Standortgemeinden von Landeskrankenanstalten zur Leistung eines Standortbeitrags wegen unsachlicher Benachteiligung der Stadt St. Pölten; "Abschöpfung eines Standortvorteils" im Hinblick auf die finanzausgleichsrechtlichen Grundsätze des abgestuften Bevölkerungsschlüssels sachlich nicht gerechtfertigt; Benachteiligung St. Pöltens auch wegen mangelnder Validität der Bevölkerungsdaten bei Gesetzwerdung und Nichtberücksichtigung einer Verminderung des "Standortvorteils"

Spruch

I. 1. In § 66a NÖ Krankenanstaltengesetz (NÖ KAG), LGBl Nr 9440, idF LGBl Nr 9440 24, wird die Wortfolge "ST. PÖLTEN € 6.142.424" als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

3. Der Landeshauptmann von Niederösterreich ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für das Land Niederösterreich verpflichtet.

II. Im Übrigen wird das Gesetzesprüfungsverfahren eingestellt.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl A7/2012 eine auf Art 137 B VG gestützte Klage der Landeshauptstadt St. Pölten gegen das Land Niederösterreich anhängig, mit der zum einen die Feststellung begehrt wird, dass die beklagte Partei nicht berechtigt ist, von den der klagenden Partei zustehenden Ertragsanteilen an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben einen Standortbeitrag iSd § 66a NÖ Krankenanstaltengesetz – NÖ KAG (im Folgenden: NÖ KAG) einzubehalten, um diesen an den NÖ Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS) weiterzuleiten. Zum anderen begehrt die klagende Partei von der beklagten Partei die Auszahlung der ihr von der beklagten Partei seit Jänner 2006 vorenthaltenen, weil statt an sie an den NÖGUS zur Auszahlung gebrachten Standortbeiträge iSd § 66a NÖ KAG sowie den Ersatz der Kosten.

2. Bei der Behandlung dieser Klage sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 66a NÖ Krankenanstaltengesetz (NÖ KAG), LGBl 9440 idF LGBl Nr 9440 24, entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am beschlossen, diese Gesetzesbestimmung von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"4.1. Der Verfassungsgerichtshof geht unter Einbeziehung der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung davon aus, dass § 66a NÖ KAG nicht den grundsatz-gesetzlichen Bestimmungen der §§33 und 34 KAKuG widerspricht. Es kann auf sich beruhen, ob und in welcher Hinsicht § 34 Abs 2 KAKuG einer Abwälzung des Aufwandes für Krankenanstalten auf eine Standortgemeinde mit der Hälfte des Betriebsabganges der Krankenanstalt (im Verständnis von dessen Definition in § 34 Abs 1 KAKuG) Grenzen setzt, da im Verfahren weder behauptet wurde noch hervorgekommen ist, dass diese Grenzen überschritten worden wären.

4.2. Die im vorliegenden Verfahren strittige Regelung des § 66a NÖ KAG sieht im systematischen Zusammenhang mit den zuvor in Punkt II. wiedergegebenen Bestimmungen über die Finanzierungsbeiträge der niederösterreichischen Gemeinden zu Betrieb und Erhaltung von Landeskrankenanstalten zusätzlich Standortbeiträge jener Gemeinden vor, in denen sich eine NÖ Fondskrankenanstalt befindet. Diese Beiträge werden in den Folgejahren um den gemäß § 70 Abs 3 NÖ KAG festgelegten Faktor erhöht. Die Überwälzung der aus der Besorgung der Aufgaben des Landes entstandenen, durch Einnahmen nicht gedeckten Aufwandslast für Betrieb und Erhaltung einer öffentlichen Krankenanstalt auf die Standortgemeinde im Sinne des § 2 F VG unterliegt als Norm finanzausgleichsrechtlichen Inhalts den verfassungsrechtlichen Grenzen des § 4 F VG.

4.3. § 4 F VG stellt nach der mit VfSlg 9280/1981 beginnenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Konkretisierung des Gleichheitssatzes für das Gebiet des Finanzausgleichs dar. Der Gestaltungsspielraum des zuständigen Gesetzgebers ist im Sinne der zu § 4 F VG ergangenen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes – und abgesehen von sonstigen Anforderungen durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 7 Abs 1 B-VG – einerseits durch das Gebot einer sachgerechten Kooperation in Form von Beratungen zwischen den betroffenen Gebietskörperschaften im Vorfeld der Gesetzgebung (vgl. zu dieser Rechtsprechung Ruppe, in: Korinek/Holoubek (Hrsg.), § 4 F VG Rz 6 ff.) und andererseits durch das Gebot der Beachtung der Leistungsfähigkeit der gegenbeteiligten Gebietskörperschaft im Sinne des § 4 F VG begrenzt. Ein den § 4 F VG verletzender Fehler der Gesetzgebung liegt bei Einhaltung dieser Grundsätze dann vor, wenn einzelne Bestimmungen zueinander in sachlich nicht rechtfertigbarem Widerspruch stehen, wenn von verfehlten Prämissen ausgegangen wurde oder wenn die Interessen eines Partners geradezu willkürlich ignoriert oder missachtet wurden (VfSlg 15.681/1999 mwH).

5. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass der in Prüfung gezogene § 66a NÖ KAG diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen des § 4 F VG aus folgenden Gründen nicht entspricht:

5.1. Es ist zwar im Verfahren hervorgekommen, dass das Land Niederösterreich mit den einzelnen Standortgemeinden, so auch mit der klagenden Partei, Übernahmeverträge abgeschlossen hat, in denen auch Standortbeiträge, wie sie später in § 66a NÖ KAG Eingang gefunden haben, vereinbart worden sind, doch vermag der Verfassungsgerichtshof vorderhand nicht zu erkennen, dass die den Vereinbarungen nachfolgenden gesetzlichen Festlegungen, auf Grund derer die klagende Partei einen Standortbeitrag zu entrichten hat, der die Standort-beiträge aller übrigen Standortgemeinden zusammen deutlich übersteigt, sachlich und den Kriterien des § 4 F VG entsprechend ausgestaltet worden sind.

5.2. Wie sich in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, scheinen die in § 66a NÖ KAG für die einzelnen Standortgemeinden festgelegten Standortbeiträge auf Basis einer im Jahr 2004 im Auftrag des Landes Niederösterreich erstellten Studie des IHS berechnet worden zu sein. Dabei wurde – in Bezug auf die klagende Partei – mit Hilfe verschiedener Modelle ermittelt, inwieweit die Bevölkerungszahl von der tatsächlichen Bevölkerungszahl im Sinne eines langfristigen Vergleichs abweichen würde, wenn es in St. Pölten kein Klinikum gäbe. Anhand der sich daraus ergebenden Differenz wurde errechnet, welche zusätzlichen Einnahmen St. Pölten aus dem Finanzausgleich durch jene Einwohner lukriert, die – in einer fiktiven, rein rechnerischen Betrachtungsweise – nur deshalb in der Landeshauptstadt ihren Hauptwohnsitz genommen haben, weil sich dort auch das Landesklinikum befindet.

5.3. In der mündlichen Verhandlung wurde von der beklagten Partei erläutert, dass die Höhe des von der klagenden Partei zu entrichtenden Standortbeitrages im Wesentlichen auf die Anwendung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels (§9 Abs 9 FAG 2005, § 9 Abs 10 FAG 2008), und zwar im Besonderen auf die Zuschläge für Städte mit eigenem Statut mit einer Einwohnerzahl im Bereich von 45.000 bis 50.000 zurückzuführen sei.

5.4. Die Studie des IHS und – ihr folgend – der Landesgesetzgeber scheinen in diesem Zusammenhang Zweck und Bedeutung des abgestuften Bevölkerungs-schlüssels nicht hinreichend berücksichtigt zu haben. Die den Gemeinden auf Grund dieses Verteilungsschlüssels zukommenden Ertragsanteile können definitionsgemäß nicht bloß als (finanzielle) 'Vorteile' aus dem Vorhandensein einer größeren Bevölkerungszahl gewertet werden, die für Finanzierungszwecke der den Zuwachs um eine bestimmte Personenzahl verursachenden Einrichtungen 'abgeschöpft' werden dürften: Denn diese den Gemeinden nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel zukommenden Leistungen haben den Zweck, den Gemeinden die Erfüllung (Finanzierung) jener Aufgaben zu ermöglichen, die ihnen gemessen an der Bevölkerungszahl entstehen und tragen u.a. auch dem Umstand Rechnung, dass mit steigender Bevölkerungsballung für bestimmte Leistungen der Gemeinde die Kosten überproportional zunehmen (vgl. etwa VfSlg 9280/1981). Es scheint nun aber zwischen der Höhe des Finanzierungsaufwandes für eine Krankenanstalt und der Gemeindegröße kein vergleichbarer Sachzusammenhang zu bestehen, der es als sachlich erscheinen ließe, den unmittelbaren 'Vorteil' aus der Gemeindegröße nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel für Zwecke der Krankenanstaltenfinanzierung abzuschöpfen; auch scheint es nicht sachlich zu sein, am finanzausgleichsrechtlichen Mehrertrag anzuknüpfen, ohne zugleich in derselben Weise die damit verbundenen Aufwendungen in Rechnung zu stellen. Auch wird damit anscheinend ein 'Vorteil' abgeschöpft, der als Teil der Wirtschaftskraft der klagenden Partei gleichzeitig für die Höhe ihrer Beiträge gemäß § 66 NÖ KAG maßgebend sein dürfte.

5.5. Selbst wenn aber diese Bedenken nicht zutreffen sollten, ist für den Verfassungsgerichtshof vorläufig nicht erkennbar, dass sich aus dem An-knüpfungspunkt des abgestuften Bevölkerungsschlüssels eine sachliche Zu-ordnung für einen im Verhältnis zu allen anderen Standortgemeinden erhöhten Beitrag der klagenden Partei zur Finanzierung von Betrieb und Erhaltung der Krankenanstalt in St. Pölten ableiten lässt.

5.5.1. Es dürfte sich nämlich die in der Studie des IHS angenommene fiktive Verminderung der Bevölkerungszahl in jenem Bereich des abgestuften Bevölkerungsschlüssels von 45.000 bis 50.000 Einwohnern, in dem sich St. Pölten im Zeitpunkt der Datenerhebung im Jahr 2001 befunden hat, besonders gravierend auf die Höhe der Ertragsanteile St. Pöltens an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben und damit auch besonders nachteilig auf die Höhe des Standortbeitrages ausgewirkt haben. Die gesetzliche Regelung scheint aber nun zu bewirken, dass diese nachteilige Auswirkung auf die Höhe des Standortbeitrages nicht nur für die Dauer der Zugehörigkeit St. Pöltens zu dieser Stufe von 45.000 bis 50.000 Einwohnern, sondern auch durch Jahre darüber hinaus bestehen bleibt, obwohl sich der die Grundlage der Berechnung bildende 'Vorteil' nach dem Verlassen dieser Stufe deutlich verringern musste, was anscheinend bereits vor dem Inkrafttreten des § 66a NÖ KAG der Fall gewesen ist.

5.5.2. Ein weiteres Element der Unsachlichkeit scheint schließlich auch in der Beschränkung des Standortbeitrages auf die Standortgemeinden zu liegen, verteilt sich doch der in St. Pölten für die Beitragsleistung zur Gänze erfasste Standortvorteil – wie die mündliche Verhandlung bestätigt hat – bei anderen (kleineren) Standortgemeinden auch auf die im unmittelbaren Umland liegenden weiteren Gemeinden, die aber ihrerseits zu keinen vergleichbaren Finanzierungs-beiträgen herangezogen werden.

Auch die in der mündlichen Verhandlung erörterten Investitionen des Landes in das Landesklinikum St. Pölten scheinen dem Verfassungsgerichtshof vorerst kein ausreichender sachlicher Grund dafür zu sein, St. Pölten im Verhältnis zu allen anderen Standortgemeinden mit einem Standortbeitrag in dieser Höhe zu belegen.

5.5.3. Es dürfte zwar grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig sein, wenn der Landesgesetzgeber Gemeinden mit deutlichen Standortvorteilen, die auf das Vorhandensein einer Krankenanstalt zurückzuführen sind, in einem höheren Ausmaß zur Krankenanstaltenfinanzierung heranzieht, als andere Gemeinden des Beitragsbezirks bzw. des Krankenanstaltensprengels, bei denen dies nicht oder in deutlich geringerem Ausmaß der Fall ist. Das § 4 F VG zu entnehmende spezifische finanzausgleichrechtliche Sachlichkeitsgebot dürfte es aber in diesem Zusammenhang erfordern, dass das Verhältnis, in welchem die Standortgemeinden an den Finanzierungskosten von Landeskrankenhäusern beteiligt werden, nicht gänzlich ohne Bezugnahme einerseits auf das Verhältnis des Betriebs- bzw. Erhaltungsaufwandes der einzelnen Krankenanstalten zueinander und andererseits auch nicht gänzlich ohne Bezugnahme auf die Finanzkraft der jeweiligen Standortgemeinden festgelegt wird (vgl. auch VfSlg 12.505/1990)."

4. Die Niederösterreichische Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:

"Das Landesklinikum St. Pölten ist eine NÖ Fondskrankenanstalt iSd § 2 Abs 2 NÖ KAG. Die Stadt St. Pölten war bis 2004 Rechtsträger dieses Landesklinikums. Seit ist das Land Niederösterreich der Rechtsträger.

Der Übertragung der Rechtsträgerschaft gingen Verhandlungen voraus, deren wesentliche Grundlage ein am auf Seiten der Stadt St. Pölten vom Bürgermeister und auf Seiten des Landes Niederösterreich vom Landeshauptmann unterzeichneter Letter of Intent sowie ein Side Letter (Beilage 1) waren. Erste Gespräche hatte es bereits davor gegeben. Der Grund für die Übertragung der Rechtsträgerschaft lag in dem für die Stadt St. Pölten nicht mehr zu bewältigenden finanziellen Aufwand für den Betrieb des Landesklinikums.

Entscheidungsgrundlage für die Unterzeichnung des Letter of Intent war eine Studie des Instituts für höhere Studien (in der Folge kurz: 'IHS') vom April 2004 (in der Folge kurz: 'IHS-Studie', Beilage 2). Diese wurde vom Land Niederösterreich zur Beurteilung der regionalwirtschaftlichen und fiskalischen Effekte des Landesklinikums in Auftrag gegeben. Sie wurde der Stadt St. Pölten unmittelbar nach ihrer Fertigstellung übermittelt. Die Stadt St. Pölten bezog dazu auch Stellung (Beilage 3).

Die Stadt St. Pölten verfügte zu diesem Zeitpunkt bereits über eine eigene einschlägige Studie. Diese hatte den Titel 'Ökonomische Wirkungen der Krankenanstalt St. Pölten'. Sie wurde vom Institut für Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik der Technischen Universität Wien unter der Projektleitung von Univ.-Prof. Mag. Dr. Wilfried Schönbäck verfasst und datiert mit (in der Folge kurz: 'Schönbäck-Studie', Beilage 4).

Die Stadt St. Pölten erklärte sich im Rahmen der Verhandlungen, die zum Abschluss des Übergabevertrags führten, wiederholt grundsätzlich zur Leistung eines Standortbeitrags bereit. Die Stadt St. Pölten und das Land Niederösterreich erzielten schließlich im Letter of Intent bzw. im Side Letter zum Letter of Intent vom (Beilage 1) Einigkeit über die Höhe des Standortvorteils. In den nachfolgenden Verhandlungen zum Übergabevertrag wurde dieser Standortvorteil nie mehr in Zweifel gezogen bzw. z.B. in der 5. Sitzung der Arbeitsgruppe Recht und Finanzen am auch ausdrücklich bestätigt (Beilage 5). Der Gemeinderat der Stadt St. Pölten fasste am einen Beschluss über den Abschluss des Übergabevertrags und somit auch die Höhe des Standortvorteils von € 7.305.162,–.

Mit Übergabevertrag vom (Beilage 6) und Wirkung zum regelten die Stadt St. Pölten und das Land Niederösterreich abschließend den Übergang der Rechtsträgerschaft am Landesklinikum. Artikel 6 des Übergabevertrags lautet wie folgt (Hervorhebungen nicht im Original):

'Artikel 6

Finanzielle Bedingungen der Übergabe

1. Finanzierungsbeitrag der Stadt St. Pölten:

1.1. Nach Übertragung der Rechtsträgerschaft am Zentralklinikum St. Pölten verbleibt bei der Stadt St. Pölten ein Finanzierungsbeitrag, der sich zahlenmäßig auf Basis des Jahres 2004 aus folgenden Beträgen zusammensetzt:

1. EUR 7.574.030,-- (Eurosiebenmillionenfünfhundertvierundsiebzigtausendund-dreißig),

2. zuzüglich einem aus dem Bestand des Zentralklinikums St. Pölten resultierenden Standortvorteil der Stadt St. Pölten. Dieser wird ohne Präjudiz für eine künftige Regelung im Sinne dieses Abs 1.1 Z 2 mit EUR 7.305.162, (Eurosiebenmillionendreihundertfünftausendeinhundertzweiundsechzig) festgelegt,

3. abzüglich einer fiktiven Ersparnis von Umlagen, die die Stadt St. Pölten bei Nichtbestehen des Zentralklinikums St. Pölten weniger zu leisten hätte, in Höhe von EUR 1.300.000,- (Euro einemilliondreihunderttausend).

Der für das jeweilige Jahr geltende Finanzierungsbeitrag wird für das Folgejahr nominell um jenen Betrag erhöht, der sich aus der Valorisierung der unter Abs 1.1 Z 1 und Z 2 genannten Beträge mit dem für die NÖKAS-Beiträge geltenden Faktor (§72 Abs 4 NÖ KAG) ergibt.

1.2. Die Vertragspartner gehen davon aus, dass die Krankenanstaltenfinanzierung gesetzlich neu geregelt wird, bei welcher die Standortvorteile von jenen Gemeinden, in denen sich eine Krankenanstalt befindet, Berücksichtigung finden werden. Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung bezahlt die Stadt St. Pölten dem Land NÖ – insbesondere in Ansehung der vom Land NÖ gegebenen Standortgarantie (gemäß Artikel 1 dieses Vertrages) – ab dem Jahr 2005 jährlich den in Abs 1.1 genannten Betrag (unter Anwendung der Valorisierungsbestimmung gemäß Abs 1.1 letzter Satz) abzüglich der für die Stadt St. Pölten im jeweiligen Jahr errechneten NÖKAS-Umlage gemäß § 66 Abs 1 NÖ KAG. Die Zahlungen haben in zwölf gleichen Teilbeträgen bis spätestens zum 15. eines jeden Monats zu erfolgen. Ab Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung wird die Stadt St. Pölten den gesetzlichen Finanzierungsbeitrag bezahlen.

Sollte der gesetzliche Finanzierungsbeitrag höher sein als der vergleichsweise gegenübergestellte – gemäß § 71 Abs 3 NÖ KAG valorisierte – Trägeranteil 1 (dieser beträgt für das Jahr 2004 EUR 16.443.756,45), wird das Land NÖ der Stadt St. Pölten die übersteigende Differenz refundieren.

1.3. Die über den Trägeranteil 1 hinausgehenden Trägeranteile des Jahres 2004 laut Rechnungsabschluss 2004 werden zwischen der Stadt St. Pölten und dem Land NÖ geteilt. Das Land NÖ zahlt der Stadt St. Pölten die Hälfte dieses Betrags in Raten von jeweils EUR 2 Mio. (Euro 2 Millionen) am 15. Jänner, 15. Februar und 15. März sowie den Restbetrag binnen 3 Wochen ab Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheides über den Rechnungsabschluss 2004 im darin festgestellten Ausmaß. Die Stadt St. Pölten wird mit dieser Zahlung den aushaftenden Betriebsmittelkredit tilgen.

…'

Durch die Übergabe der Rechtsträgerschaft am Landesklinikum verringerten sich die Ausgaben der Stadt St. Pölten für die Krankenanstaltenfinanzierung zu Lasten des Landes Niederösterreich erheblich. Im Jahre 2004 wendete die Stadt St. Pölten für den Betrieb des Landesklinikums St. Pölten € 36,3 Mio. auf, während sie dafür im Jahre 2006 nach der Übergabe der Trägerschaft nur mehr € 15,3 Mio. an Aufwand hatte. Weitere Aufwendungen des Landes Niederösterreich für einen Umbau, dessen Kosten ausschließlich vom Land Niederösterreich getragen werden, sind dabei noch nicht berücksichtigt.

Die Zahlungen von St. Pölten für das Krankenhaus haben sich mit der Übergabe dramatisch reduziert. Dies illustriert die folgende Tabelle:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Zahlungen bei Beibehaltung der Trägerschaft
Zahlungen als Standortgemeinde ohne Trägerschaft
Differenz
2006
47.562.049,69
15.282.833,14
32.279.216,55
2007
64.979.238,64
15.995.380,38
48.983.858,26
2008
63.709.745,13
16.776.118,32
46.933.626,81
2009
66.440.917,50
17.776.415,92
48.664.501,58
2010
61.026.213,77
19.507.904,47
41.518.309,30
2011
51.745.090,65
20.707.787,10
31.037.303,55
2012
49.348.542,22
22.495.371,39
26.853.170,83

II. Kommunalgipfelgespräch vom

Das Land Niederösterreich schloss (vorwiegend) im Jahr 2004 auch mit anderen niederösterreichischen Gemeinden Verträge, durch welche die Rechtsträgerschaft an Krankenanstalten von diesen Gemeinden auf das Land Niederösterreich übertragen wurde. Auch in diesen Übergabeverträgen wurde die Leistung von Standortbeiträgen vereinbart. Deren Höhe ergab sich aus ebenfalls im Auftrag des Landes Niederösterreich durch das IHS erstellten Studien. Diese wurden für sämtliche Standortgemeinden in Niederösterreich nach derselben Methode erstellt.

Die Festlegung der Standortbeiträge, und zwar sowohl für die Stadt St. Pölten als auch für alle übrigen Standortgemeinden, wurde in den Übergabeverträgen und im Rahmen eines sogenannten Kommunalgipfelgesprächs am paktiert (vgl. dazu das Ergebnisprotokoll, Beilage 7). Diesem Kommunalgipfelgespräch gingen die Übermittlung eines Gesetzesentwurfs an die Gemeinden, ein sogenannter Kommunalgipfel am und mehrere interkommunale Arbeitsgruppenbesprechungen zwischen dem und dem voraus.

Beim Kommunalgipfelgespräch am waren neben Vertretern des Landes Niederösterreich auch Vertreter des 'Verbands NÖ Gemeindevertreter der ÖVP (in der Folge kurz: 'VP GVV'), Präsident LAbg. Mag. Alfred Riedl, 2. Vizepräsident LAbg. Bgm. Karl Moser, Mag. Christian Schneider, und des 'Verbands sozialdemokratischer Gemeindevertreter in Niederösterreich' (in der Folge kurz: 'SP GVV'), Präsident Bgm. Bernd Vögele, Mag. Ewald Buchenreiter, anwesend (vgl. dazu das Ergebnisprotokoll des Kommunalgipfelgesprächs vom auf Seite 2, Beilage 7). Bei diesen Verbänden handelt es sich sowohl um die beiden tatsächlich existierenden Gemeindevertreterverbände nach § 119 NÖ Gemeindeverordnung 1973 (NÖ GO 1973), LGBl 1000, als auch um zwei von insgesamt zehn Landesverbänden des Österreichischen Gemeindebunds (der bloß eine österreichweite Dachorganisation ist: Weber in Korinek/Holoubek Rz 19 zu Art 115 B VG; Stolzlechner, in Rill/Schäffer, Artikel 115 B VG Rn. 11 [FN 44]). In diesem Zusammenhang wird festgehalten, dass der Bürgermeister der Stadt St. Pölten, Mag. Matthias Stadler, als Vizepräsident dem Präsidium des SP GVV angehört. Herr Mag. Stadler ist schließlich auch Vorsitzender des Bezirksverbands St. Pölten des SP GVV. Am Kommunalgipfelgespräch am nahm er jedoch nicht teil.

Es entspricht der politischen Praxis und ist auch in der Lehre anerkannt, dass der österreichische Gemeindebund (als Dachverband) die Interessen der Gemeinden wahrnimmt, wenn bundesweit Gemeindebelange betroffen sind. Sind hingegen nur die Interessen von Gemeinden eines Bundeslandes betroffen, werden diese von den jeweiligen Landesverbänden wahrgenommen (Stolzlechner, in Rill/Schäffer, Artikel 115 B VG Rn. 11; vgl. etwa auch den VfSlg 15.039/1997 zugrundeliegenden Sachverhalt sowie § 119 NÖ GO 1973).

Im Rahmen des Kommunalgipfelgesprächs am wurde nur über die Finanzierung der Krankenanstalten in Niederösterreich beraten. Es waren daher nur die Interessen der Gemeinden eines Bundeslands, nämlich Niederösterreichs, betroffen, sodass die Beratungen auch nur mit Vertretern des VP GVV und des SP GVV (als Gemeindevertreterverbände iSv § 119 NÖ GO 1973 und Landesverbände des Österreichischen Gemeindebunds), nicht aber mit Vertretern des österreichischen Gemeindebunds (als Dachverband) geführt wurden. Die Ergebnisse des Kommunalgipfelgesprächs am wurden einstimmig gefasst (Ergebnisprotokoll Seite 3, Beilage 7).

In diesem Zusammenhang ist schließlich festzuhalten, dass der Österreichische Gemeindebund bzw. seine Landesverbände Partner in Finanzausgleichsverhandlungen sein können (Weber in Korinek/Holoubek Rz 20 zu Art 115 B VG; Stolzlechner, in Rill/Schäffer, Artikel 115 B-VG Rn. 11). Im Übrigen setzt der Bundesgesetzgeber den österreichischen Gemeindebund (in einem hier freilich nicht einschlägigen Rahmen) sogar ausdrücklich als einen Finanzausgleichspartner ein (§7 Abs 2 FAG 2001; § 6 Abs 2 FAG 2008).

Als weiteres Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass es auch im Rahmen des Kommunalgipfelgesprächs am zu einer Paktierung der Standortbeiträge gekommen ist und im Hinblick auf St. Pölten somit gleichsam eine 'doppelte Paktierung' (Übergabevertrag vom und Kommunalgipfelgespräch am ) vorliegt.

III. Inkrafttreten von § 66a NÖ KAG am

Etwa ein dreiviertel Jahr nach Abschluss des Übergabevertrags am sowie genau drei Monate nach dem Kommunalgipfelgespräch am erfolgte am die Kundmachung der 22. Novelle des NÖ KAG, LGBl 9440 24, mit welcher § 66a in das NÖ KAG eingefügt wurde. § 66a NÖ KAG trat am in Kraft.

IV. Zusammenfassung

Im Hinblick auf die weiteren Ausführungen ist zusammenfassend festzuhalten, dass:

- die Stadt St. Pölten bereits im Frühjahr 2003 über eine eigene Studie zu den ökonomischen Wirkungen des Landesklinikums St. Pölten verfügte,

- die IHS-Studie der Stadt St. Pölten bereits vor Aufnahme der Vertragsverhandlungen, die in der Übergabe der Rechtsträgerschaft des Landesklinikums St. Pölten an das Land Niederösterreich mündeten, bekannt war,

- bereits im Jahr 2004 die Einführung eines gesetzlich festgesetzten Standortbeitrags beabsichtigt und in ihren Grundzügen der Stadt St. Pölten bekannt war,

- sich die Stadt St. Pölten bereits Ende 2004 zur Leistung eines der Intention hinter § 66a NÖ KAG stehenden Standortbeitrags vertraglich verpflichtet hatte,

- die Standortbeiträge aller Standortgemeinden Niederösterreichs – darunter auch jener von St. Pölten – im Rahmen eines Kommunalgipfelgesprächs am zwischen dem Land Niederösterreich und den Gemeinden paktiert wurden,

- der Ende 2004 vertraglich vereinbarte und am 'nochmals' paktierte Standortbeitrag im Jahr 2005 in Gesetzesform gegossen wurde und mit in Kraft trat, sodass der gesetzliche Standortbeitrag an die Stelle des vertraglich vereinbarten Standortbeitrags getreten ist und

- die Stadt St. Pölten durch die Übernahme der Rechtsträgerschaft am Landesklinikum St. Pölten durch das Land Niederösterreich erhebliche finanzielle Vorteile zulasten des Landes Niederösterreich erzielte.

C. Kein Verstoß von § 66a NÖ KAG gegen die Vorgaben des F VG

I. § 66a NÖ KAG und § 34 KAKuG als Teile des finanzausgleichsrechtlichen Normensystems

In der Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof vom im Anlassverfahren zu A7/2012 hat sich gezeigt, dass § 66a NÖ KAG eine Bestimmung mit finanzausgleichsrechtlichem Charakter ist. Von diesem Verständnis geht auch der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss aus (Rz 29, letzter Satz: 'Die Überwälzung der aus der Besorgung der Aufgaben des Landes entstandenen, durch Einnahmen nicht gedeckten Aufwandslast für Betrieb und Erhaltung einer öffentlichen Krankenanstalt auf die Standortgemeinde im Sinne des § 2 F VG unterliegt als Norm finanzausgleichsrechtlichen Inhalts den verfassungsrechtlichen Grenzen des § 4 F VG.')

§66a NÖ KAG steht dabei auf der hierarchisch 'untersten Stufe'. Der Verfassungsgerichtshof hat im Prüfungsbeschluss vom (Rz 28) festgehalten, 'dass § 66a NÖ KAG nicht den grundsatzgesetzlichen Bestimmungen der §§33 und 34 KAKuG widerspricht'. Nach Ansicht der NÖ Landesregierung handelt es sich bei den §§33 und 34 KAKuG um die hierarchisch 'mittlere Stufe'. Diese Bestimmungen stellen selbst eine Konkretisierung der §§2 und 4 F-VG (als hierarchisch 'oberste Stufe') dar.

In anderen Worten: Die §§2 und 4 F VG erlauben grundsätzlich die Abwälzung von Kosten einer Gebietskörperschaft (konkret: Land Niederösterreich) auf eine hierarchisch nachgeordnete Gebietskörperschaft (konkret: Stadt St. Pölten als Gemeinde). Diese allgemeinen finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen werden im Hinblick auf die Finanzierung von Krankenanstalten durch die §§33 und 34 KAKuG - und hier insbesondere durch § 34 Abs 2 KAKuG– konkretisiert. Danach darf bei Krankenanstalten, die von einem Bundesland betrieben werden, im Einvernehmen mit der Gemeinde, in deren Gebiet die Krankenanstalt liegt (Sitzgemeinde), bestimmt werden, dass anstelle des Rechtsträgers diese Gemeinde tritt. § 34 Abs 2 KAKuG erlaubt daher im Rahmen der Krankenanstaltenfinanzierung die Abwälzung von Kosten eines Bundeslandes als Rechtsträger einer Krankenanstalt auf jene Gemeinden, auf deren Gebiet Krankenanstalten liegen. Dafür ist das Einvernehmen mit den betreffenden Gemeinden herzustellen, worin sich der finanzausgleichsrechtliche Charakter von § 34 Abs 2 KAKuG manifestiert.

§34 KAKuG enthält drei wesentliche Regelungen, nämlich über

das grundsätzliche System der Abgangsdeckung,

die Verteilung der Lasten aus der Abgangsdeckung und

die Möglichkeit der Abwälzung von Kosten auf einzelne Gemeinden.

1. Die Abgangsdeckung nach § 34 KAKuG

Unter dem Betriebsabgang einer Krankenanstalt ist der aus dem Betrieb einer Krankenanstalt resultierende finanzielle Verlust zu verstehen. § 34 Abs 1 KAKuG spricht von den 'Betriebs- und Erhaltungskosten gegenüber den Einnahmen'. Das KAKuG enthält keine ausdrückliche Bestimmung des Begriffs der 'Einnahmen'. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sind darunter die für die Behandlung von Patienten erbrachten finanziellen Gegenleistungen zu verstehen.

Die Einnahmen iSv § 34 Abs 1 KAKuG bestehen in Österreich im Wesentlichen aus den Beiträgen des Bundes und den der Sozialversicherungsträger zum Betrieb der Krankenanstalten im Rahmen der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung, zu einem verhältnismäßig sehr kleinen Betrag aus eigenen Einnahmen der Krankenanstalten. Diese deckten in der Vergangenheit (in Niederösterreich und allen anderen Bundesländern) nur einen Teil der aus dem Betrieb von Krankenanstalten resultierenden Gesamtkosten. Daraus folgt einerseits, dass der nicht (im Wesentlichen) durch den Bund und die Sozialversicherungsbeiträge gedeckte Aufwand aus dem Betrieb von Krankenanstalten als Betriebsabgang zu qualifizieren ist. Andererseits können die Standortbeiträge nach § 66a NÖ KAG keine Einnahmen iSd § 34 Abs 1 KAKuG darstellen, weil sie keine Gegenleistung für in Krankenanstalten erbrachte Leistungen darstellen, sondern eben den aus dem Standort einer Krankenanstalt resultierenden finanziellen Vorteil einer Gemeinde abschöpfen sollen.

2. Verteilung der Abgangsdeckung in Niederösterreich

Nach § 34 Abs 1 KAKuG ist der Betriebsabgang,

1. vom Rechtsträger der Krankenanstalt,

2. vom Beitragsbezirk,

3. vom Krankenanstaltensprengel und

4. vom Bundesland

zu tragen.

Da das Land Niederösterreich Rechtsträger aller Krankenanstalten in Niederösterreich ist und das NÖ KAG von der Ermächtigung des § 33 Abs 3 KAKuG Gebrauch gemacht hat (es gibt in Niederösterreich keine Beitragsbezirke, sondern einen Krankenanstaltensprengel für das gesamte Bundesland [NÖKAS]), ist der (gesamte) Betriebsabgang in Niederösterreich letztlich (nur) vom Land und vom NÖKAS zu tragen.

Nach § 34 Abs 1 letzter Satz KAKuG haben dabei der NÖKAS und das Land Niederösterreich in seiner Eigenschaft als Bundesland mindestens die Hälfte des Betriebsabgangs zu decken. Aus einem Umkehrschluss folgt, dass maximal die Hälfte des Betriebsabgangs vom Land als Rechtsträger der Krankenanstalten zu decken ist. Nur dieser Teil (also maximal die Hälfte des Betriebsabgangs) kann vom Land Niederösterreich (als Rechtsträger) unter den weiteren Voraussetzungen des § 34 Abs 2 KAKuG auf die Standortgemeinden abgewälzt werden.

Als weiteres Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass das Land Niederösterreich als Rechtsträger der Krankenanstalten in Niederösterreich unter den weiteren Voraussetzungen von § 34 KAKuG bis zur Hälfte des Betriebsabgangs der jeweiligen Krankenanstalten auf die jeweiligen Standortgemeinden abwälzen kann.

3. Einzelfallbezogene Abwälzungsmöglichkeit nach § 34 Abs 2 KAKuG

§34 Abs 2 KAKuG lautet wie folgt:

'(2) Bei Krankenanstalten, die von einem Bundesland betrieben werden, kann im Einvernehmen mit der Gemeinde, in deren Gebiet die Krankenanstalt liegt (Sitzgemeinde), bestimmt werden, dass an Stelle des Rechtsträgers diese Gemeinde tritt.'

Mit Ausnahme der ersten Verwendung des Begriffs der 'Krankenanstalten' stehen sämtliche Substantive dieser Bestimmung im Singular. Daraus folgt, dass die Abwälzung (eines Teils) des Betriebsabgangs auf eine Standortgemeinde nicht nur möglich ist, wenn diese Abwälzung auf sämtliche Standortgemeinden erfolgt, sondern dass sie auch nur im Hinblick auf einzelne Standortgemeinden eines Bundeslandes oder sogar nur mit einer einzigen Standortgemeinde vorgenommen werden kann. Nach § 34 Abs 2 KAKuG wäre es daher möglich, dass das Land Niederösterreich nur mit der Stadt St. Pölten (oder irgendeiner anderen Standortgemeinde) einen Standortbeitrag hätte vereinbaren können.

Dieses Zwischenergebnis hat zur Folge, dass der nach § 34 Abs 2 KAKuG auf eine Standortgemeinde abgewälzte Betrag in keinem sachlich gerechtfertigten Verhältnis zu einer entsprechenden Belastung anderer Standortgemeinden stehen muss. Sollte nämlich in einem Bundesland eine Kostenabwälzung nach § 34 Abs 2 KAKuG nur mit einer einzelnen Standortgemeinde vereinbart werden, kann dieser abgewälzte Betrag in keinem Verhältnis zu anderen 'Standortbeiträgen' stehen (weil diese dann gar nicht existieren).

Auf die Bestimmung des § 66a NÖ KAG umgelegt bedeutet dies, dass die Beurteilung der Verfassungskonformität des Standortbeitrags von St. Pölten von der Höhe der von den anderen Standortgemeinden zu entrichtenden Standortbeiträge unabhängig ist. Es kommt nach § 34 Abs 2 KAKuG nur auf die Paktierung zwischen dem Land Niederösterreich als Rechtsträger des Landesklinikums St. Pölten und der Stadt St. Pölten als Sitzgemeinde an. Diese Paktierung erfolgte durch den Letter of Intent vom , den Übergabevertrag vom und das Kommunalgipfelgespräch vom (vgl. oben Punkt B.l. und B.II.).

4. Höhe des Standortbeitrags von St. Pölten im Hinblick auf die Vorgabe des § 34 Abs 2 KAKuG

Das Land Niederösterreich legte bereits in der mündlichen Verhandlung im Anlassverfahren zu A7/2012 vom dar, dass die Höhe des Standortbeitrags von St. Pölten weit unter der nach § 34 Abs 2 KAKuG möglichen Grenze von maximal der Hälfte des Betriebsabgangs des Landesklinikums St. Pölten liegt. Dies wurde von der Stadt St. Pölten nicht bestritten.

Der Verfassungsgerichtshof geht im Prüfungsbeschluss in Rz 28 selbst davon aus, dass § 66a NÖ KAG den grundsatzgesetzlichen Bestimmungen der §§33 und 34 KAKuG nicht widerspricht und im Verfahren weder behauptet wurde noch hervorgekommen ist, dass die Grenze der Abwälzung des Aufwandes für Krankenanstalten auf eine Standortgemeinde mit der Höhe der Hälfte des Betriebsabganges (§34 Abs 1 KAKuG) überschritten worden wäre.

Zusammengefasst kann dies exemplarisch anhand der letzten verfügbaren Zahlen (Jahr 2012) auf volle Millionenbeträge gerundet wie folgt dargestellt werden:

Der Gesamtaufwand aus dem Betrieb des Landesklinikums betrug im Jahr 2012 € 285 Mio. Von diesem Betrag sind zunächst eigene Einnahmen in der Höhe von € 39 Mio. und die Beiträge der Sozialversicherungsträger sowie des Bundes in der Höhe von € 106 Mio. in Abzug zu bringen. Es verbleibt ein nicht gedeckter Betrag in der Höhe von € 140 Mio. Bei diesem Betrag handelt es sich um den Betriebsabgang iSv § 34 Abs 1 KAKuG.

Von diesem Betrag könnte – im Einvernehmen – maximal die Hälfte nach § 34 Abs 2 KAKuG auf die Stadt St. Pölten abgewälzt werden. Dies ergäbe einen höchstzulässigen Betrag von rund € 70 Mio. Der Standortbeitrag für St. Pölten betrug im Jahr 2012 (vgl. die Valorisierungsregel in § 66a Abs 2 NÖ KAG) € 9.123.982,43. Im Ergebnis wurden daher im Jahr 2012 gerade einmal 6,5 % des Betriebsabgangs auf die Standortgemeinde abgewälzt. Ähnlich verhält es sich bei den Berechnungen für die Jahre 2006 bis 2011 (wobei der Prozentsatz der Abwälzung auf die Stadt St. Pölten überwiegend geringer war).

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass aus dem Standortbeitrag von St. Pölten nach § 66a Abs 1 NÖ KAG nur 6,5 % des Betriebsabgangs des Landesklinikums gedeckt werden. § 66a Abs 1 NÖ KAG entspricht daher den grundsatzgesetzlichen Vorgaben des § 34 KAKuG.

5. Zusammenfassung bezüglich § 34 Abs 2 KAKuG

Nach den §§2 und 4 F VG können Länder grundsätzlich Kosten auf Gemeinden abwälzen. Diese Abwälzung ist von einer Gegenleistung unabhängig. Der Bundesgrundsatzgesetzgeber hat in § 34 Abs 2 KAKuG eine Konkretisierung dieser Kostenabwälzungsmöglichkeit bei der Krankenanstaltenfinanzierung vorgenommen. Demnach kann im Einvernehmen mit jeder Sitzgemeinde, und zwar nicht nur mit allen Sitzgemeinden gemeinsam, sondern letztlich auch nur mit einer einzelnen Sitzgemeinde, maximal die Hälfte des Betriebsabgangs einer Krankenanstalt auf jene Gemeinde abgewälzt werden, auf deren Gebiet sich die betreffende Krankenanstalt befindet. § 34 Abs 2 KAKuG schafft mit der Möglichkeit der Abwälzung der Hälfte des Betriebsabgangs eine Beurteilungsgrundlage für das Vorliegen der Sachlichkeit iSd § 4 F VG. Die Standortbeiträge nach § 66a NÖ KAG stellen eine Kostenabwälzung nach § 34 Abs 2 KAKuG dar. Das Einvernehmen iSd § 34 Abs 2 KAKuG wurde zwischen dem Land Niederösterreich und der Stadt St. Pölten mit Letter of Intent vom , dem Übergabevertrag vom sowie im Rahmen eines Kommunalgipfelgesprächs am hergestellt.

§66a NÖ KAG entspricht daher den grundsatzgesetzlichen [Vorgaben] des § 34 KAKuG.

II. Einhaltung des Gestaltungsspielraumes des § 4 F VG

Der Verfassungsgerichtshof hielt in seinem Prüfungsbeschluss in Rz 30 fest, dass die Möglichkeit der Abwälzung von Kosten durch eine Gebietskörperschaft auf eine hierarchisch nachgeordnete Gebietskörperschaft einerseits durch das Gebot einer sachgerechten Kooperation in Form von Beratungen zwischen den betroffenen Gebietskörperschaften im Vorfeld der Gesetzgebung zu erfolgen hat und andererseits durch das Gebot der Beachtung der Leistungsfähigkeit der gegenbeteiligten Gebietskörperschaft und des Gleichheitssatzes im Sinne von § 4 F VG begrenzt wird.

1. Abwälzung der Kosten unter Beachtung des Gebotes einer sachgerechten Kooperation in Form von Beratungen

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der Beschlussfassung über den Standortbeitrag für St. Pölten Beratungen zwischen dem Land Niederösterreich und der Stadt St. Pölten vorangingen (siehe dazu die Ausführungen zur Genese des § 66a NÖ KAG unter B.). Die Stadt St. Pölten verfügte bereits vor Erstellung der IHS-Studie (Beilage 2) über den Standortvorteil von St. Pölten über ein eigenes Gutachten (Schönbäck-Studie vom März 2003, Beilage 4). Diese Studie kam ebenfalls zum Ergebnis, dass der Standort des Landesklinikums St. Pölten für die Stadt St. Pölten einen finanziellen Vorteil bringt. Dieser wurde im Vergleich zur IHS-Studie jedoch geringer angesetzt.

Schließlich wurden 'die Interessen' der Stadt St. Pölten auch nicht 'geradezu willkürlich ignoriert oder missachtet'. Im Gegenteil, die Stadt St. Pölten stimmte der Übernahme eines Standortbeitrags schriftlich zu (Übergabevertrag vom , Beilage 6). Die Übernahme des Standortbeitrags durch die Stadt St. Pölten wurde schließlich erst durch einen eigenen Gemeinderatsbeschluss ermöglicht, der bei Kenntnis der (eigenen) Schönbäck-Studie erfolgte. Die Stadt St. Pölten stimmte der Übernahme des Standortvorteils daher aufgrund einer informierten Entscheidung zu.

Wie schon oben unter B.II. ausgeführt, liegt im Hinblick auf St. Pölten gleichsam eine 'doppelte Paktierung' (Übergabevertrag vom und Kommunalgipfelgespräch am ) vor.

2. Abwälzung der Kosten unter Beachtung der Leistungsfähigkeit der Gebietskörperschaft

a. Erhöhung der Leistungsfähigkeit durch Übertragung der Trägerschaft auf das Land

Im Hinblick auf das Gebot der Leistungsfähigkeit verweist die NÖ Landesregierung darauf, dass gerade durch den Übergabevertrag vom die Leistungsfähigkeit der Stadt St. Pölten wesentlich erhöht wurde. Die Leistungsfähigkeit der Stadt St. Pölten wurde durch die Übergabe der Trägerschaft an der Landeskrankenanstalt sowie die damit in einem engen sachlichen Konnex stehende Beschlussfassung über den Standortbeitrag wesentlich erhöht. Die Finanzen der Stadt St. Pölten wurden durch die Übertragung der Trägerschaft am Landesklinikum St. Pölten und die damit einhergehende Einführung der Standortbeiträge jährlich zwischen € 26,8 Mio. (2012) und € 49,0 Mio. (2007) entlastet (vgl. dazu oben Punkt B.I.).

Die Leistungsfähigkeit der Gemeinde wird auch dadurch berücksichtigt, dass nur die fiskalischen Vorteile, die eine Gemeinde aus dem Krankenhaus zieht, die ein Teil der Finanzkraft sind, für den Standortbeitrag berücksichtigt wurden und nicht unabhängig davon, ob sie Ertragsanteile auf Grund des Standortes des Krankenhauses erhält oder nicht. Nach der Bestimmung des § 34 Abs 2 KAKuG hätte das Land die Umlage unabhängig von den finanziellen Vorteilen treffen können.

b. Zum Vorwurf, dass der gesamte fiskalische Vorteil abgeschöpft würde:

Gemäß § 2 F VG bzw. gemäß § 2 F VG iVm § 34 Abs 2 KAKuG kann durch Landesgesetz eine Kostenabwälzung auf die Gemeinden erfolgen.

Die Regelung des Finanzausgleichs (die Kostentragung sowie die Verteilung der Besteuerungs- und Abgabenrechte) muss gemäß § 4 F VG in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung erfolgen und muss darauf Bedacht nehmen, dass die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden.

Im § 2 F VG und im § 4 F VG ist nicht gefordert, dass eine Kostenabwälzung auf Gemeinden nur erfolgen darf, wenn die Gemeinden gleichzeitig einen Vorteil haben. Die Landesumlagen sind in der Regel völlig unabhängig von eventuellen fiskalischen oder sonstigen Vorteilen für Gemeinden und dienen nur dazu, Lasten der Landesebene auf die Gemeindeebene umzulegen.

Der § 34 Abs 2 KAKuG geht als Ausführungsbestimmung des § 2 F VG sogar soweit, dass bis zur Hälfte des Betriebsabganges umgelegt werden könnte. Von dieser Möglichkeit wurde nur in einem Umfang von ca. 6,5 % Gebrauch gemacht.

Die Berechnung in der IHS Studie wurde dazu verwendet, um den nach einer einheitlichen Methode errechneten fiskalischen Vorteil aus dem Standort einer Krankenanstalt ermitteln, vereinbaren und gesetzlich festlegen zu können. Die Höhe bestimmte sich nach den fiskalischen Mehreinnahmen der jeweiligen Standortgemeinde auf Grund der Lage des Krankenhauses im Gemeindegebiet. Somit wurden einerseits alle Standortgemeinden gleich behandelt und andererseits die Betragshöhe auf Grund detaillierter Studien berechnet.

Auch wenn mit dieser Regelung die fiskalischen Vorteile eines Krankenhausstandortes in der Gemeinde abzuführen sind, widerspricht dies weder dem § 2 F-VG noch dem § 34 Abs 2 KAKuG.

3. Gleichbehandlung der Standortgemeinden

a. Gestaltungsspielraum

Es ist zutreffend, dass die Stadt St. Pölten auf den ersten Blick einen im Vergleich zu den übrigen Standortgemeinden hohen Standortbeitrag entrichtet. Ob die Höhe des Standortbeitrags der Stadt St. Pölten im Hinblick auf die Höhe der anderen Standortbeiträge sachlich gerechtfertigt ist, muss auf Grund der Ausführungen zum Punkt C.I. (§34 KAKuG) nicht näher geprüft werden.

Es wird nachstehend dargelegt, dass die Standortbeiträge nicht das Resultat einer nach einem bestimmten Schlüssel vorgenommenen Aufteilung eines von den Standortgemeinden insgesamt zu entrichtenden Betrags sind, sondern den jeweils konkret errechneten Vorteil aus dem Standort einer Krankenanstalt repräsentieren. Dies legt auch das Verständnis von § 34 Abs 2 KAKuG nahe. In dieser Bestimmung ist von den Sitzgemeinden stets im Singular die Rede. Nach dem System von § 34 KAKuG wäre es daher möglich, nur eine einzige Sitzgemeinde in einem Bundesland – natürlich mit deren Zustimmung – finanziell zu belasten (vgl. dazu oben Punkt C.I.).

Seitens des Landes NÖ wurde jedoch trotzdem darauf geachtet, dass bei allen Standortgemeinden die gleiche Fragestellung an das IHS gerichtet und vom IHS die gleiche Methodik und das gleiche Rechenmodell angewendet wurde.

b. Gleichbehandlung durch einheitliche Vorgangsweise (IHS-Studien)

Das Land Niederösterreich wollte alle Standortgemeinden nach einem einheitlichen System zur Leistung eines Standortbeitrags heranziehen, um eine sachlich gerechtfertigte und für alle Gemeinden, insbesondere aber für die Standortgemeinden, akzeptable Lösung zu finden. Dementsprechend sollte für jede Standortgemeinde separat der ökonomische Vorteil des Standorts der Krankenanstalt berechnet werden und liegt allen IHS-Studien dasselbe Berechnungsmodell zugrunde. Die Ergebnisse dieser für jede Standortgemeinde eigens durchgeführten Berechnungen fanden in weiterer Folge Eingang in § 66a Abs 1 NÖ KAG. Die Akzeptanz aller Standortgemeinden (einschließlich der Stadt St. Pölten) ist durch die Unterfertigung der jeweiligen Übernahmeverträge, in denen – wie im Fall von St. Pölten – die Standortvorteile ausdrücklich angeführt sind, dokumentiert.

c. Gleichbehandlung durch gleiche Fragestellung an das IHS und gleiche Methodik

Die Fragestellung an das IHS zur Ermittlung des Standortvorteiles war bei jeder Standortgemeinde ident. Es sollte durch das IHS ermittelt werden, welche fiskalischen Effekte sich für die Standortgemeinde ergeben würden, wenn das Krankenhaus nie in der Standortgemeinde gestanden wäre.

Seitens des IHS wurde bei jeder Standortgemeinde die gleiche Methodik angewendet und die gleichen Modellrechnungen durchgeführt. In einem Anhang zu dieser Äußerung wird zur Verdeutlichung dieser Tatsache die Methode der IHS-Studie nochmals dargelegt und anhand der Standortvorteile von St. Pölten und Wr. Neustadt genau erläutert, welche Faktoren die Höhe der Standortvorteile in welchem Ausmaß beeinflussen. Ergänzend dazu wird nochmals auf die Ausführungen in der Klagebeantwortung und in der Duplik im Ausgangsverfahren verwiesen.

d. Dem Sachlichkeitsgebot entsprechende Differenzierungen

i. Gebotene Abwandlung der Grundannahme in der IHS-Studie

Es gab lediglich einen Unterschied bei der Berechnung des Standortvorteiles für das [Zentralklinikum] St. Pölten insofern, dass zwar wie bei allen Standortgemeinden angenommen worden ist, dass das Krankenhaus nie in St. Pölten gestanden wäre, jedoch wurde sachlich begründet zusätzlich angenommen, dass das Zentralklinikum an einem anderen Standort und zwar in Tulln gestanden wäre. Der Unterschied ist einzig der Notwendigkeit geschuldet, dass es – im Gegensatz zu den anderen Krankenhäusern – ein Zentralklinikum in jedem Fall geben muss. Diese Annahme führte jedoch dazu, dass dadurch der Standortvorteil und damit die Abgabe für St. Pölten geringer ausgefallen ist, als wenn diese Annahme nicht getroffen worden wäre und war damit nur zum Vorteil von St. Pölten.

ii. Gebotene Beachtung von Regelungen aus dem Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden

Die fiskalischen Effekte sind vor allem dadurch bedingt, dass die Standortgemeinde ohne Krankenhaus im Gemeindegebiet

a) weniger Einwohner hätte als mit einem Krankenhaus,

b) auf Grund einer geringeren Bevölkerung weniger Ertragsanteile erhalten würde,

c) auf Grund weniger sonstiger Arbeitskräfte weniger Kommunalsteuer erhalten würde und

d) auf Grund einer geringeren Finanzkraft weniger an Umlagen bezahlen müsste.

Die größten fiskalischen Effekte entstehen bei allen Gemeinden auf Grund der geringeren Ertragsanteile gemäß Punkt b) und erklären sich daraus auch die großen Unterschiede zwischen den Gemeinden.

Die Höhe des Verlustes bei den Ertragsanteilen im Falle des Fehlens des Krankenhauses hängt ab

- vom Ausmaß der Verringerung der Anzahl an Einwohnern in der Gemeinde und

- von den Regelungen des FAG, nämlich um wie viel eine Gemeinde auf Grund der geringeren Einwohner weniger Ertragsanteile erhält.

Die Berechnung, wie sehr die verminderte Einwohnerzahl die Ertragsanteile vermindert, wurde vom IHS exakt nach den Regeln des Finanzausgleichs vorgenommen. Für das Ausmaß der Reduktion der Ertragsanteile sind die Regelungen des abgestuften Bevölkerungsschlüssels in Bezug auf St. Pölten von entscheidender Bedeutung.

Die Regeln des § 9 Abs 9 und 10 FAG 2005 besagten, dass eine Gemeinde je nach der Einwohneranzahl für einen Einwohner die Ertragsanteile mit einem Vervielfacher von 1 1/2 bis zu 5 1/3 erhält.

Da diese Regelung zum Kern der zwischen Bund, Ländern und Gemeinden getroffenen finanzausgleichsrechtlichen Regelungen gehört, ist davon auszugehen, dass sie auch für den gegenständlichen Fall sachlich gerechtfertigt ist und dem Gleichheitsgrundsatz entspricht. Die Studie des IHS musste bei der Ermittlung der fiskalischen Verhältnisse in den Gemeinden von den bestehenden gesetzlichen Regelungen ausgehen. Ein Abgehen von der bestehenden Rechtslage wäre nicht zu begründen gewesen, insbesondere auch deswegen, weil die Stadt St. Pölten im klagsgegenständlichen Zeitraum für jeden Einwohner im Bereich zwischen 45.000 und 50.000 auch tatsächlich Ertragsanteile mit dem Vervielfacher von 5 1/3 erhalten hat.

iii. Auswirkung der Anwendung der Regelungen aus dem Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden

Aus folgenden Gründen ist der Standortvorteil bei St. Pölten wesentlich größer als bei anderen Gemeinden:

In der nachstehenden Graphik ist ersichtlich

- welche Höhe der Vervielfacher bei welcher Größe der Wohnbevölkerung hat

- in welchen Bereichen sich die Wohnbevölkerung der Gemeinden St. Pölten, Wr. Neustadt und Amstetten befindet und

- wie hoch in diesen Bereichen der Vervielfacher ist bzw. wie viel Ertragsanteile eine Gemeinde für einen Einwohner erhält.

[…]

Auf Grund der 'Einschleifregelungen' beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel werden die Ertragsanteile in einer Artund Weise verteilt, die dazu führt, dass eine Gemeinde, die 50.000 Einwohner hat, gegenüber einer Gemeinde, die 45.000 Einwohner hat, nicht um 11,1 % mehr an Ertragsanteilen erhält, was genau der Zunahme der Bevölkerung entspräche, sondern tatsächlich um 31,5 % mehr Ertragsanteile erhält und somit beinahe das 3 fache.

Die 'Einschleifregelung' in dieser Form im FAG bedeutet, dass eine Gemeinde, die lediglich 5.000 Einwohner mehr hat als eine 45.000 Einwohner-Gemeinde, so viel Geld mehr erhält, als wenn sie 13.333 Einwohner mehr hätte.

In Bezug auf die Berechnung der Auswirkungen der verminderten Bevölkerung bei Fehlen des Krankenhauses bedeutet dies auf Grund des FAG 2005 konkret folgendes:

Wr. Neustadt und Amstetten erhalten für jene Bewohner, die fehlen würden, falls das Krankenhaus nicht im Gemeindegebiet liegen würde, einen Vervielfacher von 2 bezogen auf die Ertragsanteile bzw. € 638,90 pro Einwohner.

St. Pölten erhält für jene Bewohner, die fehlen würden, falls das Krankenhaus nicht im Gemeindegebiet liegen würde, einen Vervielfacher von 5 1/3 bezogen auf die Ertragsanteile bzw. € 1.703,73 pro Einwohner.

Hätte St. Pölten ebenfalls nur einen Vervielfacher von 2, würde sich alleine dadurch der Standortvorteil um 62,5 % verringern (3 1/3 : 5 1/3 * 100 = 62,5). Somit wäre der ursprüngliche Standortvorteil nicht bei € 6,14 Mio. gelegen, sondern bei ungefähr € 2,3 Mio., wobei dies nur die Größenordnung zeigt und im Detail die Berechnungen des IHS natürlich komplexer sind.

Neben den Regeln des Finanzausgleichs ist der zweite wesentliche Faktor für den großen Unterschied, dass St. Pölten beim Fehlen eines Krankenhauses wesentlich mehr Einwohner verlieren würde, als dies bei Wr. Neustadt und Amstetten der Fall wäre. Laut den Studien des IHS verliert

St. Pölten: 3.669 Einwohner

Wr. Neustadt: 1.378 Einwohner

Amstetten: 1.614 Einwohner

Somit verliert St. Pölten das 2,27 fache an Bevölkerung gegenüber Amstetten und das 2,66 fache gegenüber Wr. Neustadt.

Legt man dieses Verhältnis wiederum auf den Standortvorteil um, bedeutet dies, dass sich der, bereits im Falle einer zum bestehenden Finanzausgleichsgesetz geänderten FAG-Regel auf € 2,3 Mio. verringerte Betrag nochmals um das 2,27 fache bzw. 56,1 % (Amstetten) bzw. das 2,66 fache bzw. 62,4 % (Wr. Neustadt) verringert.

Dies ergäbe im Verhältnis zu Wr. Neustadt einen Wert von ca. € 0,865 Mio. (€ 2,3 Mio. dividiert durch 2,66) und im Verhältnis zu Amstetten einen Wert von ca. € 1,01 Mio. (€ 2,3 Mio. dividiert durch 2,27).

Diese Werte liegen im Vergleich zu den tatsächlichen Standortvorteilen von Wr. Neustadt (€ 0,703 Mio.) um lediglich € 162.000,- bzw. von Amstetten (€ 0,904 Mio.) um lediglich € 109.000,- höher.

Die tatsächlichen Berechnungen in der Studie des IHS sind zwar wesentlich komplexer, jedoch zeigt diese vereinfachte Darstellung die wesentlichen Gründe für den Unterschied des Standortvorteils.

Der Unterschied in der Verringerung der Bevölkerung beim Fehlen eines Krankenhauses zwischen St. Pölten (3.669 Einwohner) zu Wr. Neustadt (1.378 Einwohner) und somit der Unterschied um den Faktor 2,66 ergibt sich aus der Summe folgender Umstände:

Im Krankenhaus St. Pölten sind um das 1,23 fache mehr Mitarbeiter beschäftigt als in Wr. Neustadt.

Von den im jeweiligen Krankenhaus beschäftigten Mitarbeitern wohnen um das 1,43 fache mehr im Gemeindegebiet von St. Pölten als im Gemeindegebiet von Wr. Neustadt.

die Mobilität der Mitarbeiter im Krankenhaus in Wr. Neustadt ist gegenüber der Mobilität der Mitarbeiter im Krankenhaus St. Pölten um das 1,33 fache höher. Je geringer die Mobilität der Mitarbeiter, desto höher ist die Auswirkung auf die Veränderung der Bevölkerungszahl bei Fehlen des Krankenhauses.

Der Faktor der Mobilität multipliziert sich mit dem Faktor der höheren Anzahl der im Gemeindegebiet lebenden Mitarbeiter und ergibt somit in Summe bereits einen Faktor von 1,9.

Dieser Faktor von 1,9 ergibt sich auch für die Partner und die Kinder der Mitarbeiter im jeweiligen Krankenhaus.

Die direkten und indirekten Beschäftigungseffekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind in St. Pölten deutlich größer als in Wr. Neustadt.

Ebenso sind die durch das Krankenhaus St. Pölten induzierten Effekte deutlich größer als in Wr. Neustadt.

Sowohl die indirekten, als auch bei den induzierten Effekte sind vielschichtig und zudem multiplikativ, sodass sich jeder der einzelnen Faktoren sehr rasch durch die Multiplikation in Summe vervielfacht. Diese Ermittlungen werden vom IHS in einer komplexen Input-Output-Analyse durchgeführt.

Die näheren Ausführungen zu der Frage des Unterschiedes bei der Verringerung der Bevölkerung bei Fehlen eines Krankenhauses sind im Anhang im Detail dargestellt.

Zusammenfassend ergibt sich, dass der Unterschied des Ausmaßes der Bevölkerungsverringerung bei Fehlen eines Krankenhauses im Zusammenwirken mit den geltenden Regeln des FAG (abgestufter Bevölkerungsschlüssel) alleine rund 97 % des gesamten Unterschiedes zu Wr. Neustadt und Amstetten erklärt.

Wenn auch der gemäß § 34 Abs 2 KAKuG auf eine Standortgemeinde abgewälzte Betrag in keinem sachlich gerechtfertigten Verhältnis zu einer entsprechenden Belastung anderer Standortgemeinden stehen muss (siehe Ausführungen oben Punkt C.I. zu § 34 Abs 2 KAKuG), wurde seitens des Landes NÖ darauf geachtet, dass bei allen Standortgemeinden die gleiche Fragestellung an das IHS gerichtet und vom IHS die gleiche Methodik und das gleiche Rechenmodell angewendet worden ist. Es wurde somit bei jeder Gemeinde in gleicher Weise ermittelt, welchen fiskalischen Vorteil die Gemeinden aus dem Krankenhaus haben, und wurde dieser Betrag in den § 66a NÖ KAG übernommen.

iv. Berücksichtigung fiskalischer Minderausgaben:

Bei der Berechnung der fiskalischen Auswirkungen für den Fall des Fehlens des Krankenhauses an einem Krankenhausstandort gibt es nicht nur fiskalische Mindereinnahmen, sondern auch fiskalische Minderausgaben. Durch die Mindereinnahmen auf Grund des Fehlens des Krankenhauses sinkt die Finanzkraft der Gemeinde und verringert sich die Höhe ihrer Verpflichtung zur Leistung von Umlagen, die nach der Finanzkraft berechnet werden. Dieser Umstand wurde für alle Gemeinden gleich berechnet und ist in den Beträgen gemäß § 66a NÖ KAG berücksichtigt.

v. Investitionstätigkeit – Standortvorteil

In der Studie des IHS wurde auch auf die positiven Auswirkungen der Investitionstätigkeit des Landes zum damaligen Zeitpunkt eingegangen und wurden diese berechnet. Der jährliche positive fiskalische Effekt für die Stadt St. Pölten aus dem damaligen Baugeschehen wurde mit € 133.000,– beziffert.

Der positive fiskalische Effekt aus dem Bau wurde jedoch für die Regelung des § 66a NÖ KAG nicht berücksichtigt. Die Studie des IHS zeigt damit jedoch auf, dass auch der Aus- oder Neubau eines Krankenhauses zusätzliche positive fiskalische Effekte auf die Gemeinde hat. Zum Beispiel ist geplant, das Krankenhaus St. Pölten in den kommenden Jahren um mehr als € 500 Mio. auszubauen, wodurch sich weit stärkere fiskalische positive Effekte für St. Pölten ergeben werden als von jenen Bauprojekten zur Zeit der Studienerstellung (2,5 fache Volumen).

vi. Unsachgemäßheit der Bezugnahme auf das Verhältnis des Betriebs- und Erhaltungsaufwandes

Das Verhältnis des Betriebs- und Erhaltungsaufwandes der einzelnen Krankenanstalten zueinander hat zwar für den Rechtsträger des Krankenhauses eine große finanzielle Bedeutung, jedoch hat der Betriebs- und Erhaltungsaufwand praktisch keine Bedeutung dafür, ob eine Gemeinde einen fiskalischen Vorteil aus dem Krankenhaus zieht oder nicht. Andererseits wäre ein Anknüpfen des § 66a NÖ KAG an die Gesamtausgaben der Krankenanstalt im jeweiligen Jahr sachlich jedenfalls weniger gerechtfertigt, weil die Zahlungsverpflichtungen der jeweiligen Standortgemeinde direkt proportional davon abhängig wären, ob das Land als Träger der Krankenanstalt gut oder schlecht gewirtschaftet hat. Zudem hätte jede Strukturänderung, die das Land als Träger aller Krankenanstalten vornehmen würde, insbesondere auch eine Verlagerung von Abteilungen zwischen den einzelnen Standorten, direkte Auswirkungen auf die Höhe der zu leistenden Beiträge der Standortgemeinde, ohne dass dies von ihr beeinflussbar wäre.

vii. Zeitliche Anpassung des ermittelten Standortvorteils an geänderte Verhältnisse:

Die Regelung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels bewirkt, dass sich die negativen Auswirkungen auf die Höhe des Abgabenbetrags gemäß § 66a NÖ KAG verringern, wenn die Gesamtbevölkerung von St. Pölten über 50.000 steigt, da der Vervielfacher für diejenigen Einwohner, die über der 50.000 Marke liegen, nicht 5 1/3, sondern nur 2 1/3 beträgt.

Diese Veränderung erfolgt jedoch nicht plötzlich, sondern muss die Bevölkerung von St. Pölten zuerst überhaupt über die 50.000 Grenze steigen (zum Zeitpunkt der Studie hatte St. Pölten 49.121 Einwohner) und verringert sich der negative Effekt mit jedem Einwohner über dieser Grenze lediglich um 1/3669 (= 0,027 %).

Die Regelung des § 9 FAG 2005 besteht bereits seit Jahrzehnten und wurde in dieser Zeit nur alle 10 Jahre eine Volkszählung durchgeführt. Es wurde somit von den Finanzausgleichspartnern Bund, Länder und Gemeinden bei jedem der letzten Finanzausgleiche akzeptiert, dass Veränderungen der Bevölkerung nur im 10 jährigen Rhythmus berücksichtigt werden, was auch vom Verfassungsgerichtshof als verfassungskonform angesehen worden ist (vgl. Erkenntnis VfSlg 12505/1990).

Es wurde damit aber auch akzeptiert, dass die großen Unterschiede zwischen einer Gemeinde, die im Bereich zwischen 45.000 und 50.000 Einwohnern liegt, und einer Gemeinde, die knapp unter 45.000 Einwohner liegt, auf diesen Zeitraum und zwar hinsichtlich aller Ertragsanteile auf 10 Jahre festgeschrieben worden ist.

Die Bestimmung des § 66a NÖ KAG wurde im Jahre 2005 im NÖ Landtag beschlossen. Mit der Regelung des § 66a Abs 4 NÖ KAG wurde ebenfalls ein 10 jähriger Zeitraum bis zur neuerlichen Evaluierung bestimmt. Die Registerzählung wurde erst 5 Jahre später entsprechend dem Bundesgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2008 bis 2013 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2008 – FAG 2008), eingeführt. Bei der Evaluierung gemäß § 66a Abs 3 NÖ KAG kann eine Adaptierung mit Verordnung vorgenommen werden.

viii. Sachlichkeit der Beschränkung auf die Standortgemeinden

Gemäß § 66a NÖ KAG wurden nur die Standortgemeinden zu einer Umlage verpflichtet, jedoch ist dies aus folgenden Gründen nicht verfassungswidrig:

Im § 34 Abs 2 KAKuG hat der Bundesgrundsatzgesetzgeber geregelt, dass bestimmt werden kann, dass an Stelle des Landes als Rechtsträger die Sitzgemeinde tritt, falls das Einvernehmen mit der Standortgemeinde hergestellt worden ist. Der Bundesgrundsatzgesetzgeber hat damit eine Unterscheidung zwischen Standortgemeinden und anderen Gemeinden getroffen.

§34 Abs 2 KAKuG ist eine finanzausgleichsrechtliche Bestimmung und gibt dem Landesgesetzgeber in Präzisierung der Vorgaben der §§2 und 4 F VG vor, unter welchen Voraussetzungen Kosten des Betriebsabganges auf die Gemeinden umgelegt werden können. Das Land kann in der Ausführungsgesetzgebung daher nur die Standortgemeinden und nicht auch sonstige Gemeinden verpflichten.

Der Bundesgrundsatzgesetzgeber ging offenbar auch davon aus, dass für die Standortgemeinde eine besondere Situation auf Grund der Lage des Krankenhauses im Gemeindegebiet besteht, ansonsten hätte er nicht die Regelung des § 34 Abs 2 KAKuG erlassen, wonach eine derartige Abwälzung des Betriebsabganges nur bei den Standortgemeinden möglich ist.

Alle niederösterreichischen Gemeinden tragen € 325 Mio. (2012) im Wege der NÖKAS-Umlage zur Krankenanstaltenfinanzierung bei. Der zusätzliche Beitrag der Standortgemeinden beträgt rund € 16 Mio. und somit 4,9 % der NÖKAS-Umlage.

Die neuen Finanzierungsregelungen waren durch die Übergabe der Trägerschaft durch die ehemaligen Standortgemeinden an das Land bedingt. Für die Nicht-Standortgemeinden trat keine Änderung ein und sollte auch laut der Vereinbarung der Finanzausgleichspartner keine Änderung eintreten (Ergebnis Kommunalgipfel).

4. Zusammenfassung

Zusammenfassend ist daher festzuhalten:

Unabhängig davon, dass bereits die Bestimmungen des § 34 Abs 2 KAKuG eingehalten wurden, erfolgte die Abwälzung der Kosten innerhalb des bestehenden Gestaltungsspielraumes des § 4 F VG, insbesondere unter Beachtung des Gebotes einer sachgerechten Kooperation in Form von Beratungen, unter Beachtung der Leistungsfähigkeit der Gebietskörperschaft und unter Beachtung des Gleichheitssatzes.

D. Höhe der einzelnen Standortbeiträge in Abhängigkeit vom jeweiligen Standortvorteil; Umfang einer allfälligen Gesetzesaufhebung

Die NÖ Landesregierung teilt die vorläufige Ansicht des Verfassungsgerichtshofes nicht, dass 'eine allfällige Verfassungswidrigkeit und Aufhebung der genannten Zeichenfolge ('St. Pölten € 6.142.424' in § 66a Abs 1 NÖ KAG, Anmerkung), unmittelbar dazu führen [dürfte], dass die Verteilung der Lasten auch hinsichtlich aller anderen Standortbeiträge mit betroffen' wäre (Prüfungsbeschluss, Rz 26).

Es ist zutreffend, dass das Land Niederösterreich alle Standortgemeinden nach einem einheitlichen System zur Leistung eines Standortbeitrags heranziehen wollte. Dementsprechend sollte für jede Standortgemeinde separat der ökonomische Vorteil des Standorts der Krankenanstalt berechnet werden und liegt allen IHS-Studien dasselbe Berechnungsmodell zugrunde. Die Ergebnisse dieser für jede Standortgemeinde eigens durchgeführten Berechnungen fanden in weiterer Folge Eingang in § 66a Abs 1 NÖ KAG. Die Summe der Standortbeiträge nach § 66a Abs 1 NÖ KAG ist daher kein vorgegebener Betrag, der nach einem bestimmten Verhältnis auf die einzelnen Standortgemeinden verteilt werden sollte. Der Standortbeitrag spiegelt den tatsächlichen ökonomischen Vorteil jeder Standortgemeinde aus der Standorteigenschaft wider.

Sollte der Verfassungsgerichtshof zum Ergebnis gelangen, dass die Höhe des Standortbeitrags von St. Pölten verfassungswidrig sei, hätte dies aus Sicht der NÖ Landesregierung für die anderen niederösterreichischen Standortgemeinden keine Auswirkungen. Eine Aufhebung des Standortbeitrags für St. Pölten hätte insbesondere nicht zur Folge, dass dieser Betrag anteilsmäßig von den anderen Standortgemeinden zu tragen wäre.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass eine Verfassungswidrigkeit von § 66a Abs 1 NÖ KAG im Hinblick auf den Standortbeitrag von St. Pölten keine Auswirkungen auf die anderen Standortgemeinden in Niederösterreich hätte. Aus diesem Grund wäre gegebenenfalls nur die Zeichenfolgen 'St. Pölten € 6.142.424' in § 66a Abs 1 NÖ KAG aufzuheben, nicht jedoch die anderen Standortbeiträge."

5. Die im Anlassfall klagende Partei erstattete eine Äußerung und eine Replik auf die Äußerung der Niederösterreichischen Landesregierung, in der sie sich den vom Gerichtshof geäußerten Bedenken anschloss.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung ist hervorgehoben):

Die §§2 und 4 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 (F VG), BGBl 45/1948 idF BGBl I 100/2003, lauten:

"I. Finanzausgleich

§2. Der Bund und die übrigen Gebietskörperschaften tragen, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt, den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt."

"§4. Die in den §§2 und 3 vorgesehene Regelung hat in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen und darauf Bedacht zu nehmen, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden."

§9 Abs 9 bis 11 sowie § 12 des Finanzausgleichsgesetzes 2008 (FAG 2008), BGBl I 103/2007 idF BGBl I 208/2013, lauten:

"§9. (1)-(8) […]

(9) Die Volkszahl bestimmt sich im Jahr 2008 nach dem von der Bundesanstalt Statistik Österreich auf Grund der letzten Volkszählung festgestellten Ergebnis. Ab dem Jahr 2009 bestimmt sich die Volkszahl (Wohnbevölkerung) nach dem von der Bundesanstalt Statistik Österreich in der Statistik des Bevölkerungsstandes festgestellten Ergebnis zum Stichtag 31. Oktober, das auf der Internet-Homepage der Bundesanstalt Statistik Österreich bis zum November des dem Stichtag nächstfolgenden Kalenderjahres kundzumachen ist, und wirkt mit dem Beginn des dem Stichtag folgenden übernächsten Kalenderjahres, hinsichtlich der ersten Statistik des Bevölkerungsstandes zum Stichtag jedoch für die Jahre 2009 und 2010. Die Statistik des Bevölkerungsstandes hat von den Ergebnissen der letzten Volkszählung gemäß den §§1 bis 9 des Registerzählungsgesetzes, BGBl I Nr 33/2006, auszugehen und bei der Erstellung die in § 3 Abs 1, § 4 Abs 1 Z 1 bis 5 und Abs 2 des Registerzählungsgesetzes genannten Daten sowie nach Maßgabe der statistischen Qualitätserfordernisse auch die zugehörigen in § 5 Abs 1 des Registerzählungsgesetzes genannten Daten zu verwenden, wobei die Bestimmungen des § 6 Abs 1 bis 3 sowie 6 bis 8 sowie § 7 Abs 2 und 3 des Registerzählungsgesetzes sinngemäß anzuwenden sind, mit der Maßgabe, dass, falls die Basisdaten im Verhältnis zu den Vergleichsdaten widersprüchlich sind, die Bundesanstalt Statistik Österreich die Basisdaten mittels geeigneter statistischer Verfahren auf Grundlage der bei der letzten Volkszählung bzw. Zählung gemäß § 9 des Registerzählungsgesetzes durchgeführten Ergänzungen und Berichtigungen zu berichtigen hat. Die Bundesanstalt Statistik Österreich hat die Daten des Zentralen Personenstandsregisters (ZPR) gemäß § 44 des Personenstandsgesetzes 2013, BGBl I Nr 16/2013, und die Daten des Zentralen Staatsbürgerschaftsregisters (ZSR) gemäß § 56a des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl Nr 311/1985, als Vergleichsdaten gemäß § 5 Abs 1 und Abs 4 des Registerzählungsgesetzes heranzuziehen. Wenn zum Stichtag 31. Oktober eines Jahres eine Volkszählung gemäß § 1 Abs 1 oder 2 des Registerzählungsgesetzes durchgeführt wird, dann ist von der Bundesanstalt Statistik Österreich für diesen Stichtag keine Statistik des Bevölkerungsstandes zu erstellen, sondern gilt das Ergebnis der Volkszählung für das dem Stichtag folgende übernächste Kalenderjahr.

(10) Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel wird für die Jahre 2008 bis 2010 folgendermaßen gebildet:

Die ermittelte Volkszahl der Gemeinden wird

bei Gemeinden mit höchstens 10 000 Einwohnern mit 1 1/2,

bei Gemeinden mit 10 001 bis 20 000 Einwohnern mit 1 2/3,

bei Gemeinden mit 20 001 bis 50 000 Einwohnern und bei Städten mit eigenem Statut mit höchstens 50 000 Einwohnern mit 2

und bei Gemeinden mit über 50 000 Einwohnern und der Stadt Wien mit 2 1/3

vervielfacht. Zu diesen Beträgen wird bei Gemeinden, deren Einwohnerzahl im Bereich von 9 000 bis 10 000, von 18 000 bis 20 000 oder von 45 000 bis 50 000 liegt, bei Städten mit eigenem Statut jedoch nur bei solchen, deren Einwohnerzahl im Bereich von 45 000 bis 50 000 liegt, ein weiterer Betrag dazugezählt. Dieser beträgt bei Gemeinden bis 10 000 Einwohnern 1 2/3, bei den anderen Gemeinden 3 1/3 vervielfacht mit der Zahl, mit der die Einwohnerzahl die untere Bereichsgrenze übersteigt. Die länderweise Zusammenzählung der so ermittelten Gemeindezahlen ergibt die abgestuften Bevölkerungszahlen der Länder.

(11) Für die Jahre 2011 bis 2014 wird der abgestufte Bevölkerungsschlüssel nach der in Abs 10 geregelten Methode mit der Maßgabe berechnet, dass der Vervielfacher für Gemeinden bis 10 000 Einwohner und der Vervielfacher für die Ermittlung des weiteren Betrages für Gemeinden mit einer Einwohnerzahl im Bereich von 9 000 bis 10 000 neu festgelegt werden. Die neuen Vervielfacher sind auf Basis der Ertragsanteile für das Jahr 2010 so festzulegen, dass die Verluste der Gemeinden, die durch diese Änderung Verluste erleiden, in Summe dem Betrag von 100 Millionen Euro möglichst nahe kommen, ihn aber nicht übersteigen. Die Verluste werden aus den gemeindeweisen Änderungen bei den um die Gemeinde-Bedarfszuweisungsmittel gekürzten Ertragsanteilen, bei Wien hingegen bei den ungekürzten Ertragsanteilen ermittelt. Der neue Vervielfacher für Gemeinden bis 10 000 Einwohner ist als Bruch zu ermitteln, dessen Zähler und Nenner jeweils ganze Zahlen sind und dessen Nenner höchstens 100 ist. Der neue Vervielfacher für die Ermittlung des weiteren Betrages für Gemeinden mit einer Einwohnerzahl im Bereich von 9 000 bis 10 000 ist so festzulegen, dass Gemeinden mit 10 000 Einwohnern eine Gemeindezahl von 16 666 2/3 aufweisen."

"§12. (1) Den Ländern und Gemeinden gebühren monatliche Vorschüsse auf die ihnen nach den vorstehenden Bestimmungen zustehenden Ertragsanteile. Diese Vorschüsse sind nach dem Ertrag der gemeinschaftlichen Bundesabgaben, hinsichtlich der Abzüge gemäß § 8 Abs 2 Z 1 nach den Ausgaben des Bundes im zweitvorangegangenen Monat zu bemessen. Die Abzüge gemäß § 9 Abs 3 sind in monatlich gleichen Teilbeträgen vorzunehmen, wobei die für das laufende Jahr geschätzten Zahlungserfordernisse zugrunde zu legen sind. Abweichungen sind nur bei den Vorschüssen für die Monate Jänner und Februar zur Verhinderung von Übergenüssen oder Guthaben zulässig. Die endgültige Abrechnung hat auf Grund des Rechnungsabschlusses des Bundes zu erfolgen; doch muss, sobald die vorläufigen Ergebnisse des abgelaufenen Haushaltsjahres der Bundesfinanzverwaltung vorliegen, spätestens aber bis Ende März, eine Zwischenabrechnung durchgeführt werden und müssen hiebei – vorbehaltlich der endgültigen Abrechnung – den Ländern und Gemeinden allfällige Restguthaben flüssig gemacht sowie allfällige Übergenüsse im Wege der Einbehaltung von den Ertragsanteilevorschüssen hereingebracht werden.

(2) Die den Ländern und der Gesamtheit der Gemeinden jedes Landes gebührenden Vorschüsse auf die Ertragsanteile müssen den Ländern spätestens zum 20. des Monates, für den sie gebühren, überwiesen werden. Die Länder ihrerseits haben die den Gemeinden gebührenden Anteile gemäß § 11 Abs 2 nach Abzug der Landesumlage an diese Gebietskörperschaften bis spätestens zum 10. jenes Monates zu überweisen, der dem Monat nachfolgt, in dem sie selbst die Anteile seitens des Bundes empfangen haben.

(3) […]"

§33 des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG), BGBl 1/1957, und § 34 KAKuG, BGBl 1/1957 idF BGBl I 179/2004, lauten:

"Beitragsbezirk und Krankenanstaltensprengel.

§33. (1) Für Zwecke der Beitragsleistung zum Betriebsabgang öffentlicher Krankenanstalten ist durch die Landesgesetzgebung anzuordnen, daß für solche Krankenanstalten jenes Gebiet, für dessen Bevölkerung sie zunächst bestimmt sind, als Beitragsbezirk und das darüber hinausreichende Einzugsgebiet als Krankenanstaltensprengel gebildet wird.

(2) Den Beitragsbezirk und den Krankenanstaltensprengel bilden die zu ihrem Gebiet gehörenden Gemeinden.

(3) Die Landesgesetzgebung kann auch bestimmen, daß das Landesgebiet Beitragsbezirk und Krankenanstaltensprengel für alle öffentlichen Krankenanstalten ist.

Deckung des Betriebsganges.

§34. (1) Durch die Landesgesetzgebung ist anzuordnen, dass bei der Bildung von Beitragsbezirken und Krankenanstaltensprengeln gemäß § 33 der gesamte sich durch die Betriebs- und Erhaltungskosten gegenüber den Einnahmen ergebende Betriebsabgang in einem bestimmten Verhältnis vom Rechtsträger der Krankenanstalt, vom Beitragsbezirk, vom Krankenanstaltensprengel und vom Bundesland zu decken ist. Hierbei sind die Anteile des Beitragsbezirkes, des Krankenanstaltensprengels und des Bundeslandes so festzusetzen, dass sie zusammen mindestens die Hälfte des Betriebsabganges decken.

(2) Bei Krankenanstalten, die von einem Bundesland betrieben werden, kann im Einvernehmen mit der Gemeinde, in deren Gebiet die Krankenanstalt liegt (Sitzgemeinde), bestimmt werden, dass an Stelle des Rechtsträgers diese Gemeinde tritt.

(3) Die Landesgesetzgebung kann vorsehen, dass die Mittel zur Deckung des Betriebsabganges durch den Landesgesundheitsfonds verteilt werden."

Die §§66 (idF LGBl 9440-30), 66a (idF LGBl 9440-24), 67 (idF LGBl 9440-28), sowie 70 bis 72 (idF LGBl 9440-28) des NÖ Krankenanstaltengesetzes (NÖ KAG) lauten:

"§66

(1) Die Gemeinden Niederösterreichs haben monatlich je ein Zwölftel jenes Betrages dem NÖ Krankenanstaltensprengel zu bezahlen, der vom Ausschuß nach dem für die Beitragsleistung zum Betrieb und zur Errichtung, Umgestaltung oder Erweiterung der Anstalten (§72 Abs 1 und 2) veranschlagten Erfordernis zur Hälfte auf Grund des Verhältnisses der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde nach dem von der Bundesanstalt Statistik Österreich in der Statistik des Bevölkerungsstandes zum Stichtag 31. Oktober des Jahres, für das die Abrechung erfolgt, festgestellten Ergebnis zur gesamten Einwohnerzahl der Gemeinden Niederösterreichs und zur Hälfte nach der Finanzkraft der betreffenden Gemeinde des vergangenen Jahres zur gesamten Finanzkraft der Gemeinden Niederösterreichs zu errechnen ist. Überschüsse aus den Vorjahren sind zu berücksichtigen.

(2) Die Finanzkraft einer Gemeinde wird aus den für die Gemeinde im laufenden Jahr zu erwartenden

* Erträgen der ausschließlichen Gemeindeabgaben ohne die Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen und ohne die Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern und

* Ertragsanteilen an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben ohne Spielbankenabgabe

ermittelt. Als Berechnungsgrundlage für die Ermittlung der Finanzkraft sind vorläufig geschätzte Beträge zugrunde zu legen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (z.B. Erträge an ausschließlichen Gemeindeabgaben in den Vorjahren, Prognosen über künftige Entwicklung der Gemeindeertragsanteile).

(3) Die monatlichen Teilbeträge gemäß Abs 1 sind von den Gemeinden zustehenden Ertragsanteilen an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben einzubehalten und dem NÖ Gesundheits- und Sozialfonds umgehend zu überweisen.

(4) Über bis spätestens Ende des Vorjahres einzubringende Ansuchen kann Gemeinden Niederösterreichs, die sich in einer schwierigen finanziellen Lage befinden, ausnahmsweise die Bezahlung der Sprengelumlage des laufenden Jahres bis zur vollen Höhe gestundet werden.

§66a

(1) Gemeinden, in deren Gemeindegebiet sich eine NÖ Fondskrankenanstalt befindet, haben zusätzlich zu dem in § 66 Abs 1 genannten Betrag einen Standortbeitrag zu leisten. Der Standortbeitrag hat in den nachstehenden Standorten im Jahr 2006 folgende Höhe:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
KRANKENHAUS
STANDORTBEITRAG
ALLENSTEIG
€ 16.145
AMSTETTEN
€ 904.361
BADEN
€ 119.948
EGGENBURG
€ 23.356
GMÜND
€ 99.602
GRIMMENSTEIN
€ 21.639
HAINBURG AN DER DONAU
€ 125.969
HOLLABRUNN
€ 184.421
HORN
€ 240.217
KLOSTERNEUBURG
€ 20.126
KLOSTERNEUBURG- GUGGING
€ 214.071
KORNEUBURG
€ 69.710
KREMS AN DER DONAU
€ 399.411
LILIENFELD
€ 50.237
MELK
€ 75.172
MISTELBACH AN DER ZAYA
€ 551.476
MOEDLING
€ 98.076
NEUNKIRCHEN
€ 229.058
SCHEIBBS
€ 128.521
ST. PÖLTEN
€ 6.142.424
STOCKERAU
€ 105.568
TULLN
€ 227.389
WAIDHOFEN AN DER THAYA
€ 175.683
WAIDHOFEN AN DER YBBS
€ 207.125
WIENER NEUSTADT
€ 702.929
ZWETTL
€ 218.244

(2) Der Standortbeitrag erhöht sich für die Folgejahre jeweils um den Faktor, der gemäß § 70 Abs 3 festgelegt wurde.

(3) Die Gemeinden, in deren Gemeindegebiet sich eine NÖ Fondskrankenanstalt befindet, haben monatlich ein Zwölftel dieses Betrages an den NÖ Gesundheits- und Sozialfonds zu bezahlen. Diese monatlichen Teilbeträge sind von diesen Gemeinden zustehenden Ertragsanteilen an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben einzubehalten und dem NÖ Gesundheits- und Sozialfonds zu überweisen.

(4) Die Landesregierung hat in Intervallen von 10 Jahren, somit erstmals im Jahr 2016, eine Neuevaluierung der Standortbeiträge vorzunehmen und nach Maßgabe von eventuellen Änderungen im Verhältnis zwischen den Standortgemeinden untereinander mit Verordnung neue Standortbeiträge festzulegen. Bei der Evaluierung sind die direkten, indirekten und induzierten finanziellen Vorteile, wie erhöhte Ertragsanteile und erhöhtes Aufkommen an Kommunalsteuer, sowie sonstige strukturelle Vorteile, die sich für die Standortgemeinde aus der Tatsache, dass sich im Gemeindegebiet ein Krankenhaus befindet, ergeben, aber auch andererseits die Auswirkungen der positiven finanziellen Vorteile auf die Höhe der zu leistenden Umlagen, zu berücksichtigen.

§67

Die Gemeinden Niederösterreichs haben bis zum 1. März des Haushaltsjahres einen Betrag dem NÖ Krankenanstaltensprengel zu bezahlen, der vom Ausschuß nach dem sonstigen Erfordernis des Voranschlages des NÖ Krankenanstaltensprengels, welcher über das im § 66 Abs 1 Genannte hinausgeht, auf Grund des Verhältnisses der Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde nach der letzten amtlichen Volkszählung zur gesamten Einwohnerzahl Niederösterreichs zu errechnen ist. Die Überschüsse aus den Vorjahren sind zu berücksichtigen."

"§70

(1) Das Land NÖ hat an den NÖ Gesundheits- und Sozialfonds für das Jahr 1997 mindestens jenen Beitrag zu leisten, den das Land NÖ zum Betriebsabgang der öffentlichen Krankenanstalten für das Jahr 1995 als Landesanteil geleistet hat (§70 Abs 1, LGBl 9440–11).

(2) Diese Beiträge des Landes Niederösterreich sind im jeweiligen Rechnungsjahr monatlich mit 80 % zu bevorschussen. Im jeweils darauffolgenden Rechnungsjahr sind die geleisteten Zahlungen gegenüber den nach den genehmigten Rechnungsabschlüssen zu leistenden Beträgen durch monatliche Nachzahlungen auszugleichen.

(3) Der Faktor, um den der Beitrag des Landes gemäß § 70 Abs 1 erhöht wird, beträgt für die Jahre 2006 bis 2008 jeweils 5 %. Die Landesregierung hat für die Jahre ab 2009 durch Verordnung den Faktor entsprechend der Maßgabe des Landesvoranschlages festzulegen, um den der Beitrag gemäß § 70 Abs 1 erhöht wird.

(4) Das Land Niederösterreich hat die Rechtsträger öffentlicher Krankenanstalten bei der Errichtung, Umgestaltung oder Erweiterung ihrer Krankenanstalten durch die Gewährung eines Beitrages bis zu 80 % des Aufwandes nach Maßgabe des Landeskrankenanstaltenplanes zu unterstützen. Zuwendungen einschließlich angebotener Darlehen von Seiten des NÖ Gesundheits- und Sozialfonds für die Errichtung, Umgestaltung oder Erweiterung von Krankenanstalten sowie ebensolche Zuwendungen sonstiger Dritter sind vom Aufwand in Abzug zu bringen. Die Gewährung des Beitrages kann an Bedingungen geknüpft und insbesondere für den Fall der Auflassung der Krankenanstalt und den Wegfall des Öffentlichkeitsrechtes mit geeigneten Sicherstellungs- oder Rückzahlungsverpflichtungen verbunden werden.

(5) Soweit der NÖ Krankenanstaltensprengel den Trägern öffentlicher Krankenanstalten gemäß § 72 Abs 3 NÖ KAG vor dem aufgrund eines für diesen Zweck abgeschlossenen Vertrages einen Beitrag zum Aufwand für die Errichtung, Umgestaltung oder Erweiterung dieser Krankenanstalten von bis zu 20 % des jeweiligen Aufwandes zu leisten hat, leistet das Land für den NÖ Krankenanstaltensprengel ab dem aufgrund dieser Verträge tatsächlich zu leistende Beträge, sofern die Zahlungsverpflichtungen rechtzeitig bekannt gegeben werden, ansonsten refundiert das Land die geleisteten Beträge.

§71

(1) Das Land NÖ hat jenen Beitrag, den die Rechtsträger von Fondskrankenanstalten, soweit es sich nicht um Gemeindeverbände gemäß § 87 Abs 2 handelt, im Jahre 2005 als Beitrag an den NÖ Gesundheits- und Sozialfonds zu leisten haben, an den NÖ Gesundheits- und Sozialfonds zu leisten, wobei dieser Betrag für das Jahr 2006 und auch die Folgejahre jeweils um den Faktor, der gemäß § 70 Abs 3 festgelegt wurde, zu erhöhen ist.

(2) Ebenso hat das Land Niederösterreich jenen Beitrag, den die Rechtsträger von Fondskrankenanstalten, die vor dem Jahr 2005 Gemeindeverbände nach dem NÖ Gemeindeverbandsgesetz, LGBl 1600, waren, auf Grund des § 87 Abs 2 NÖ KAG, LGBl 9440–23, geleistet haben, zu bezahlen, wobei sich die jährliche Höhe dieses Betrages aus der Finanzkraft dieser Gemeinden, und zwar bei den Standortgemeinden der NÖ Fondskrankenanstalt von 2,5 % der Finanzkraft und bei den sonstigen Gemeinden von 2 % der Finanzkraft, errechnet. Eine sonstige Valorisierung erfolgt nicht.

(3) Auf die Beiträge des Landes gemäß Abs 1 sind die Beiträge gemäß § 66 Abs 1 an den NÖ Krankenanstaltensprengel von jenen Gemeinden, die vor dem als Rechtsträger einer Fondsanstalt Beiträge an den NÖ Gesundheits- und Sozialfonds geleistet haben, und die Zahlungen der Standortgemeinden gemäß § 66a anzurechnen.

§72

(1) Der NÖ Krankenanstaltensprengel hat für das Jahr 2006 an den NÖ Gesundheits- und Sozialfonds eine Pauschalabgeltung in Höhe von € 222.913.908,– zu leisten.

(2) Von der Pauschalabgeltung gemäß Absatz 1 hat der NÖ Gesundheits- und Sozialfonds einen Betrag von € 9.522.136,– an das Land Niederösterreich in monatlichen Teilbeträgen zu überweisen.

(3) Vom NÖ Gesundheits- und Sozialfonds ist durch den gemäß Absatz 1 zu bezahlenden Betrag, abzüglich jenes Betrages nach Absatz 2, jährlich vorweg jener Fehlbetrag abzudecken, der sich daraus ergibt, dass der NÖ Krankenanstaltensprengel bis einschließlich des Jahres 2005 seine Beiträge im jeweiligen Rechnungsjahr nur zu 80 % bevorschusst hat.

(4) Der Beitrag gemäß Abs 1 und der Betrag gemäß Abs 2 erhöhen sich für die Folgejahre jeweils um den Faktor, der gemäß § 70 Abs 3 festgelegt wurde."

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens

1.1. Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung hinsichtlich der Landeshauptstadt St. Pölten zweifeln ließe. Bezüglich der von der Niederösterreichischen Landesregierung geäußerten Bedenken, dass dem Land Niederösterreich im Anlassfall keine passive Klagslegitimation zukomme, da es die der Landeshauptstadt St. Pölten zustehenden Anteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben nur auf Grund einer gesetzlichen Anweisung nicht geleistet habe, verweist der Verfassungsgerichtshof auf seine bereits im Prüfungsbeschluss zitierte Rechtsprechung, wonach das Bestehen einer solchen gesetzlichen Anweisung die Abweisung einer Klage, nicht aber ihre Unzulässigkeit zur Folge hat (VfSlg 18.894/2009 – Wr. Krankenanstaltengesetz; VfSlg 9280/1981).

1.2. Der Verfassungsgerichtshof ist im Prüfungsbeschluss vorläufig davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber alle Standortgemeinden nach einem einheitlichen System zur Leistung eines Standortbeitrages heranziehen wollte und dass § 66a NÖ KAG daher eine untrennbare Einheit bilde. Wie sich im Gesetzesprüfungsverfahren jedoch ergeben hat, hätte eine Aufhebung des Standortbeitrages für St. Pölten nicht die Folge, dass der bislang von St. Pölten zu tragende Beitrag anteilsmäßig von den anderen Standortgemeinden zu übernehmen wäre. Die Ansicht, dass § 66a NÖ KAG eine untrennbare Einheit bilde, wird daher nicht aufrechterhalten. Präjudiziell ist aber nur die vom Verfassungsgerichtshof im Anlassfall tatsächlich anzuwendende Wortfolge "ST. PÖLTEN € 6.142.424". Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Prüfungsumfanges ist das Gesetzesprüfungsverfahren daher einzustellen.

1.3. Da sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der Wortfolge "ST. PÖLTEN € 6.142.424" hingegen als zulässig.

2. In der Sache

Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes konnten im Gesetzesprüfungsverfahren nicht zerstreut werden.

2.1. Im Prüfungsbeschluss vom hegte der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken dagegen, dass der Landesgesetzgeber die Standortgemeinden von Landeskrankenanstalten zu Beiträgen zum Aufwand der Krankenanstalt verpflichtet, weshalb Ausführungen der Niederösterreichischen Landesregierung, die die Berechtigung des Landesgesetzgebers ins Treffen führen, die Einhebung derartiger Beiträge vorzusehen, am Problem vorbeigehen. Der Verfassungsgerichtshof hatte vielmehr das Bedenken, dass § 66a NÖ KAG nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des § 4 F VG und des Art 7 B VG entspreche, weil für die Festsetzung des "Standortvorteils" keine sachlichen Kriterien herangezogen worden seien. Der Gerichtshof war der Ansicht, dass die Ermittlung der Differenz zwischen der tatsächlichen Bevölkerungszahl und einer unter der Annahme, dass es kein Klinikum in St. Pölten gäbe, mit Hilfe statistischer Modelle berechneten Bevölkerungszahl, in Verbindung mit der Anknüpfung an die theoretischen finanzausgleichsrechtlichen Folgen dieser Berechnung zu einem unsachlichen Ergebnis führe.

2.1.1. Die Niederösterreichische Landesregierung sucht dieses Bedenken in ihrer Äußerung zu entkräften, indem sie darauf hinweist, dass § 66a NÖ KAG auf einem finanzausgleichsrechtlichen Paktum zwischen dem Land und den Gemeinden beruhe und dass das Bundesgrundsatzgesetz in § 34 Abs 2 KAKuG die Belastung einzelner Gemeinden mit Teilen des Betriebsabganges zulasse.

2.1.1.1. Der Verfassungsgerichtshof teilt nicht die von der Niederösterreichischen Landesregierung im Gesetzesprüfungsverfahren vertretene Ansicht, dass § 66a NÖ KAG als Ausführungsbestimmung zu § 34 Abs 2 KAKuG betrachtet werden kann (und die im Übrigen auch im Widerspruch zu dem vom Land Niederösterreich im Anlassverfahren eingenommenen Standpunkt steht, § 66a NÖ KAG liege im "grundsatzgesetzfreien Raum").

2.1.1.2. Die Zahlung von Pauschalbeiträgen der Sitzgemeinden ist nämlich nach dem System des NÖ KAG vom jeweiligen Betriebsabgang der konkreten Krankenanstalt völlig losgelöst. Es macht für die Höhe des Standortbeitrages keinen Unterschied, ob die Krankenanstalt in der Sitzgemeinde einen besonders hohen oder besonders niedrigen Betriebsabgang erwirtschaftet. Diese Beiträge werden vielmehr zur Deckung der Betriebsabgänge aller Krankenanstalten in Niederösterreich verwendet.

2.1.2. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Prüfungsbeschluss ausführte, liegt der Anwendung eines abgestuften Bevölkerungsschlüssels im Finanzausgleichsgesetz die Theorie zugrunde, dass mit steigender Bevölkerungsballung für bestimmte Leistungen der Gemeinde die Kosten pro Einwohner zunehmen (vgl. VfSlg 9280/1981). Demnach hätte also eine Gemeinde mit größerer Einwohnerzahl (ohne finanzausgleichsrechtliche Gegenmaßnahmen) einen Nachteil gegenüber Gemeinden mit geringerer Einwohnerzahl, da in der Gemeinde mit höherer Einwohnerzahl Aufwendungen pro Einwohner erfahrungsgemäß höher sind. Über den Finanzausgleich wird also mithilfe des abgestuften Bevölkerungsschlüssels versucht, diesen Nachteil zu kompensieren. Im Ergebnis sollte dies zu einem Ausgleich zwischen einwohnerschwächeren Gemeinden (die auf Grund niedrigerer Pro-Kopf-Kosten auch einen kleineren Pro-Kopf-Anteil aus dem Finanzausgleich erhalten) und einwohnerstärkeren Gemeinden (die auf Grund höherer Pro-Kopf-Kosten auch einen größeren Pro-Kopf-Anteil aus dem Finanzausgleich erhalten) führen (vgl. dazu etwa VfSlg 12.505/1990).

2.1.3. Von diesen Grundsätzen weicht eine "Abschöpfung des Standortvorteils" im Sinne des § 66a NÖ KAG in einer sachlich nicht gerechtfertigten Weise ab:

2.1.3.1. Das in § 66a NÖ KAG geregelte System geht – mit Blick auf den Finanzausgleich – nämlich offenbar davon aus, dass bei Vorhandensein einer Krankenanstalt Gemeinden mit höherer Einwohnerzahl einen Vorteil gegenüber Gemeinden mit geringerer Einwohnerzahl in jenem Ausmaß haben, in dem sie auf Grund des abgestuften Bevölkerungsschlüssels pro Einwohner vom Finanzausgleich überproportional profitieren. Dabei wird völlig außer Acht gelassen, dass diese Leistungen bloß den Nachteil auszugleichen haben, der aus höheren Pro-Kopf-Kosten gegenüber Gemeinden mit geringerer Einwohnerzahl entsteht. Die Abschöpfung dieses Anteils der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben als einen "Vorteil" lässt diesen Nachteil schlichtweg außer Betracht.

2.1.3.2. Wenn also die Niederösterreichische Landesregierung als Rechtfertigung dafür, dass St. Pölten einen deutlich höheren Standortbeitrag zu leisten hat als alle anderen Standortgemeinden gemeinsam, vorbringt, dass damit (nur) der der Landeshauptstadt St. Pölten auf Grund des Bestehens des Krankenhauses aus dem Finanzausgleich zufließende Vorteil abgeschöpft werde, übersieht sie, dass St. Pölten – ebenso wie die anderen Standortgemeinden – einen derartigen, durch die Trägerschaft des Landes an der Landeskrankenanstalt verursachten "Vorteil" pro Einwohner im Ausmaß des jeweiligen Anteils an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben gar nicht genießt.

2.1.3.3. Dies schließt es zwar keineswegs aus, St. Pölten und die übrigen Standortgemeinden an den Aufwendungen für das jeweils an ihrem Standort befindliche Landeskrankenhaus angemessen zu beteiligen, setzt aber voraus, dass dies nach einem Maßstab geschieht, der in einem Sachzusammenhang mit diesen Aufwendungen und der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Gemeinden steht und die willkürliche Bevorzugung oder Benachteiligung einer Gemeinde vermeidet (vgl. VfSlg 14.262/1995).

2.1.4. Hinzu kommt im Falle St. Pöltens noch Folgendes:

2.1.4.1. Dem Prinzip, dass der Pro-Kopf-Aufwand mit zunehmender Einwohnerzahl steigt, wurde im FAG 2005 (wie auch in den FAG zuvor) dadurch Rechnung getragen, dass die Einwohnerzahl ("Volkszahl") mit einem mit der Größe der Gemeinde zunehmenden Faktor multipliziert wird. Besondere Zuschläge führen dazu, dass sich das Anwachsen einer Gemeinde von 45.000 auf 50.000 Einwohner besonders gravierend auf die Leistungen aus dem Finanzausgleich auswirkt (vgl. zur Rechtslage nach dem FAG 1989 VfSlg 12.505/1990 und die Erläuterungen zum FAG 1993, RV 867 BlgNR 18. GP).

2.1.4.2. Der von der Niederösterreichischen Landesregierung ins Treffen geführten Studie des IHS liegen Daten aus einem Zeitraum zugrunde, in welchem die Einwohnerzahl St. Pöltens in dem genannten Bereich zwischen 45.000 und 50.000 Einwohnern gelegen ist. Wie die Niederösterreichische Landesregierung in ihrer Stellungnahme ausdrücklich einräumt, führt allein dieser Umstand dazu, dass der Standortbeitrag von St. Pölten um den Faktor 3 1/3 größer ist, als bei allen anderen Gemeinden, deren errechneter Einwohnerrückgang sich nicht an der Schwelle zu einer höheren Stufe nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel bewegt.

Die Daten aus der Volkszählung 2001, die das IHS für die Studie zur Ermittlung des Standortvorteils St. Pöltens im Jahr 2004 herangezogen hatte, entsprachen aber bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 66a NÖ KAG nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten. Nach den von der Statistik Austria zur Verfügung gestellten Daten hatte St. Pölten bereits 2005 mehr als 50.000 Einwohner, im Jahr 2013 sogar bereits knapp 52.000 Einwohner. Der Berechnung des Standortbeitrags lagen also bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 66a NÖ KAG falsche Prämissen und damit ein unrichtiger, die Stadt St. Pölten den Umständen nach gröblich benachteiligender Maßstab zugrunde.

2.1.4.3. Da das FAG 2008 überdies seit dem Jahr 2009 zur Bestimmung der Volkszahl nicht mehr an die letzte Volkszählung (2001), sondern an die jeweils aktuellen von der Statistik Austria gelieferten Daten anknüpft (§9 Abs 9 FAG 2008), wurde der als wesentlicher Teil des "Standortvorteils" bezeichnete Anteil der Landeshauptstadt St. Pölten an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben pro Kopf spätestens ab diesem Zeitpunkt deutlich geringer, ohne dass dieser Umstand in der Höhe des Standortbeitrages einen Niederschlag gefunden hätte.

2.1.4.4. Das von der Niederösterreichischen Landesregierung vorgebrachte Argument, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 66a NÖ KAG habe das FAG 2005 eine Aktualisierung der Daten nur alle zehn Jahre nach Durchführung einer Volkszählung vorgesehen, sodass eine entsprechende Frist daher auch für die Neufestsetzung der Standortbeiträge zulässig sein müsse, übergeht die mangelnde Validität der Bevölkerungsdaten schon bei der Gesetzwerdung und bestätigt insoweit die aufgezeigte Unsachlichkeit, als der Sache nach eingeräumt wird, dass ungeachtet der selbst nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel mittlerweile eingetretenen Verminderung des "Standortvorteils" diese auch in der Folge (und für die Dauer von zehn Jahren) keinen Niederschlag in einer entsprechenden Verminderung des Standortbeitrages im Sinne des § 66a NÖ KAG gefunden hat.

2.1.5. Selbst wenn man daher mit der Niederösterreichischen Landesregierung davon ausginge, dass hinsichtlich der Standortbeiträge des § 66a NÖ KAG ein finanzausgleichrechtliches "pactum" bestanden hätte, so würde dies mit Blick auf die verfehlten Prämissen und die aufgezeigte gröbliche Benachteiligung der Stadt St. Pölten nichts daran ändern, dass die Norm nach den Maßstäben des Art 7 Abs 1 B-VG und § 4 F-VG verfassungswidrig ist (vgl. VfSlg 12.505/1990, 12.784/1991, 12.832/1991, 14.262/1995, 15.681/1999).

2.1.6. An diesem Ergebnis kann aus denselben Gründen der Umstand nichts ändern, dass sich die Stadt St. Pölten im Übernahmevertrag zur Leistung eines Standortbeitrages in entsprechender Höhe verpflichtet hat, da von § 2 F-VG abweichende Kostentragungsregeln zwar durch die "zuständige Gesetzgebung", keinesfalls aber durch privatrechtlichen Vertrag geschaffen werden können.

IV. Ergebnis

1. Die Wortfolge "ST. PÖLTEN € 6.142.424" in § 66a NÖ Krankenanstaltengesetz (NÖ KAG), LGBl 9440, idF LGBl 9440 24 ist daher wegen Verstoßes gegen Art 7 Abs 1 B VG und § 4 F VG aufzuheben. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken.

2. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 B VG.

3. Die Verpflichtung des Landeshauptmanns von Niederösterreich zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B VG und § 64 Abs 2 VfGG.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2014:G89.2013