VfGH vom 12.12.2012, g75/12
Sammlungsnummer
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Leitsatz
Verfassungswidrigkeit der Betrauung des Österreichischen Integrationsfonds mit der Zertifizierung und Evaluierung von Deutsch-Integrationskursen infolge Übertragung hoheitlicher Aufgaben ohne Einrichtung des erforderlichen Weisungszusammenhanges zu den obersten Organen der Vollziehung
Spruch
I. § 16 Abs 2 und 5 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005, war verfassungswidrig.
II. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1687/10 eine auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde gegen eine Erledigung des Österreichischen Integrationsfonds (im Folgenden: ÖIF) anhängig, mit der der beschwerdeführenden Partei die Zertifizierung als Kursträger für Alphabetisierungs- und Deutsch-Integrationskurse für den Standort Linz gemäß § 16 Abs 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (im Folgenden: NAG) mit entzogen wurde, weil bei einer unangekündigten Überprüfung festgestellt worden sei, dass ein Deutsch-Integrationskurs den vorgeschriebenen Qualitätskriterien nicht entspreche.
2. Die Beschwerde behauptet die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes sowie die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten.
Der Bescheidcharakter der Erledigung des ÖIF stehe außer Zweifel, weil § 16 Abs 5 NAG den ÖIF dazu ermächtige, durch einseitigen Rechtsakt ein subjektives Recht zu beschneiden, und darin nach dem Rechtsquellensystem der österreichischen Bundesverfassung grundsätzlich die Einräumung staatlicher Hoheitsgewalt zu sehen sei. Weiters sei auch der Instanzenzug erschöpft und die Beschwerde innerhalb der sechswöchigen Beschwerdefrist erhoben worden. Die Beschwerde nach Art 144 B-VG sei daher zulässig.
Inhaltlich wird in der Beschwerde zunächst
vorgebracht, § 16 Abs 5 NAG sei verfassungswidrig. Die Betrauung des ÖIF mit Aufgaben der staatlichen Hoheitsverwaltung entspreche nicht den vom Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung entwickelten Kriterien für die Beleihung (insbesondere fehle es an der Sicherstellung effektiver Leitungs- und Steuerungsfunktionen eines obersten Bundesorganes). Darüber hinaus sei die Bestimmung aus kompetenzrechtlicher Sicht zu hinterfragen. Weiters verstoße § 16 Abs 5 NAG gegen das Determinierungsgebot nach Art 18 B-VG.
Auch die Integrationsvereinbarungs-Verordnung (im Folgenden: IV-VO) entbehre in manchen Punkten der gesetzlichen Deckung.
§16 Abs 5 NAG sei aber auch dann präjudiziell, wenn man im Schreiben des ÖIF keinen Bescheid erblicke und sich daher "nur" die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde stelle.
Die angefochtene Erledigung verletze die beschwerdeführende Partei darüber hinaus in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, weil der ÖIF bei seiner Erlassung Willkür geübt habe.
3. Bei der Behandlung dieser Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 16 Abs 2 und 5 NAG entstanden. Diese Bedenken veranlassten den Verfassungsgerichtshof, die im Spruch genannte Rechtsvorschrift mit Beschluss vom gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen in Prüfung zu ziehen.
4. Der Verfassungsgerichtshof ist im Prüfungsbeschluss vorläufig davon ausgegangen, dass die Beschwerde zulässig sei, der ÖIF bei Erlassung der angefochtenen Erledigung § 16 Abs 5 NAG angewendet habe und auch der Verfassungsgerichtshof diese Bestimmung im verfassungsgerichtlichen Bescheidprüfungsverfahren anzuwenden hätte. Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof vorläufig angenommen, dass § 16 Abs 2 NAG mit Abs 5 leg.cit. in einem untrennbaren Zusammenhang stehe. Darüber hinaus habe der Verfassungsgerichtshof die genannten Bestimmungen bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde anzuwenden.
5. In der Sache hegte der Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmung und legte diese Bedenken im Einzelnen wie folgt dar:
"Durch § 16 Abs 2 und Abs 5 NAG werden dem ÖIF
anscheinend hoheitliche Aufgaben übertragen, worin die beschwerdeführende Partei eine unzulässige Übertragung staatlicher Aufgaben auf einen Rechtsträger des Privatrechts sieht. Im Erkenntnis VfSlg. 14.473/1996 (betreffend die Übertragung von Aufgaben an die Austro Control G.m.b.H) hat der Verfassungsgerichtshof die Grenzen in Erinnerung gerufen, die das B-VG der Betrauung von selbständigen Rechtsträgern mit hoheitlichen Aufgaben durch den einfachen Gesetzgeber setzt; wörtlich führte er dazu aus:
'Wie jeder Akt der Gesetzgebung muß die Beleihung ausgegliederter Rechtsträger den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben, wie dem aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebot (vgl. etwa VfSlg. 8457/1978, 11.369/1987, 11.639/1988) oder dem verfassungsrechtlichen Effizienzgebot (vgl. etwa Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 173 ff.) entsprechen. Der Gerichtshof hat in seiner Judikatur aber auch weitere Grenzen markiert, die das B-VG der Betrauung von juristischen Personen mit hoheitlichen Aufgaben durch den einfachen Gesetzgeber setzt: So ergibt sich zum einen aus dieser Rechtsprechung, daß die verfassungsrechtliche Ermächtigung zu derartigen Beleihungen nur für 'vereinzelte Aufgaben' besteht (VfSlg. 3685/1960, 10.213/1984). Zum anderen hat der Verfassungsgerichtshof (ebenfalls in VfSlg. 3685/1960) erkannt, daß diese Ermächtigung nur soweit gegeben sei, 'als sich nicht aus dem durch den Wesensgehalt der Bundesverfassung allgemein bestimmten Aufbau der staatlichen Verwaltung oder aus einzelnen besonderen Bestimmungen der Bundesverfassung eine Einschränkung ergibt'. Eine solche sah der Gerichtshof in VfSlg. 3096/1956 (bestätigend VfSlg. 4117/1966) in der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit der Unterstellung unter ein oberstes Organ, das gemäß Art 76 Abs 1 B-VG (bzw. gemäß Art 105 Abs 2 B-VG) und Art 142 B-VG verantwortlich ist.'
Bei dieser Auffassung ist der Verfassungsgerichtshof in seiner weiteren Rechtsprechung geblieben (vgl. VfSlg. 16.400/2001, 17.341/2004, 17.421/2004), die sich im Bezug auf die Übertragung hoheitlicher Aufgaben im Bundesbereich in der Weise zusammenfassen lässt, dass eine solche Übertragung nur dann verfassungskonform ist, wenn ein dem Nationalrat gegenüber verantwortliches oberstes Organ weiterhin Steuerungsmöglichkeiten besitzt, die es ihm ermöglichen, für die Gesetzmäßigkeit der Vollziehung in effektiver Weise zu sorgen, und ihm den zuständig gemachten Einrichtungen gegenüber Weisungsbefugnisse ausdrücklich eingeräumt sind: 'Art 20 Abs 1 B-VG wirkt in solchen Fällen nicht unmittelbar, sondern verpflichtet den Gesetzgeber, Rechtsvorschriften zu erlassen, die einem obersten Organ eine effektive Leitungs- und Steuerungsfunktion einräumen, und dabei insbesondere ein umfassendes Weisungsrecht einzurichten' (VfSlg. 16.400/2001).
Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, ob
diese verfassungsrechtlich notwendigen Ingerenzzusammenhänge im vorliegenden Fall der Übertragung hoheitlicher Aufgaben an den ÖIF durch § 16 Abs 2 und 5 NAG in ausreichendem Maße vorliegen, weil durch diese Bestimmungen keinem dem Nationalrat verantwortlichen obersten Organ die notwendigen Steuerungsmöglichkeiten eingeräumt werden. Daran dürften weder die in der ÖIF-Satzung geregelte Zusammensetzung des Kuratoriums noch die Aufsicht durch die Bundesministerin für Inneres als Fondsbehörde etwas ändern.
Der Verfassungsgerichtshof bezweifelt daher, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen dem Organisationskonzept der Bundesverfassung, wie es insbesondere in Art 20 Abs 1 und Art 77 B-VG zum Ausdruck kommt, entsprechen. Ob ein Fall des Art 20 Abs 2 B-VG vorliegt und welche Bedeutung dies für die Beurteilung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen hätte, wird im Gesetzesprüfungsverfahren zu klären sein.
Gemäß Art 102 Abs 1 B-VG üben im Bereich der Länder die Vollziehung des Bundes der Landeshauptmann und die ihm unterstellten Landesbehörden aus (mittelbare Bundesverwaltung). Ohne Zustimmung der Länder (Art102 Abs 4 B-VG) dürfen nur in den in Art 102 Abs 2 B-VG genannten Angelegenheiten eigene Bundesbehörden errichtet werden.
Bei Prüfung eines Gesetzes hat der Verfassungsgerichtshof jede Phase seiner Entstehung zu prüfen (vgl. etwa VfSlg. 19.123/2010), daher auch eine nach Art 102 Abs 4 B-VG erforderliche Zustimmung der Länder.
Es wird im Gesetzesprüfungsverfahren zu klären sein, ob die folgende Annahme zutrifft und ob Art 102 B-VG auch im Falle der Übertragung staatlicher Aufgaben auf Private zum Tragen kommt bzw. ob die Zustimmung der Länder zu den in Prüfung gezogenen Bestimmungen eingeholt wurde oder nicht.
Das NAG wurde auf den Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 3 B-VG gestützt. Durch die in Prüfung gezogenen Bestimmungen wurden dem ÖIF bestimmte Aufgaben übertragen. Sollte es sich dabei tatsächlich, wie der Verfassungsgerichtshof vorläufig annimmt, um hoheitliche Aufgaben handeln, hätte die Zustimmung der Länder eingeholt werden müssen."
6. Die Bundesregierung hat im Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung erstattet, in der sie die Auffassung vertritt, die Zertifizierung von Kursen bzw. die Entziehung der Zertifizierung stelle keine hoheitliche Aufgabe dar, weshalb die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Zulässigkeit der Übertragung staatlicher Aufgaben auf Private nicht zum Tragen komme. Sollte aber der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis kommen, dem ÖIF seien durch die in Prüfung gezogenen Bestimmungen hoheitliche Aufgaben übertragen, "stellt die Bundesregierung nicht in Zweifel, dass diesfalls die vom Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur markierten Grenzen, die das B-VG der Betrauung von selbständigen Rechtsträgern mit hoheitlichen Aufgaben durch den einfachen Gesetzgeber setzt, überschritten werden [...]".
7. Die beschwerdeführende Partei im Anlassverfahren hat ebenfalls eine Äußerung erstattet.
II. Rechtslage
§16 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz in der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Fassung, BGBl. I100/2005, lautete (die in Prüfung gezogenen Absätze sind hervorgehoben):
"Kursangebot
§16. (1) Die angebotenen Kurse haben jedenfalls zu enthalten:
1. für das Modul 1 den Erwerb der Fähigkeit des Lesens und Schreibens und
2. für das Modul 2 Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen alltäglicher Texte sowie von Themen des Alltags mit staatsbürgerschaftlichen Elementen und Themen zur Vermittlung der europäischen und demokratischen Grundwerte, die eine Teilnahme am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich ermöglichen.
(2) Die Zertifizierung der Kurse und die Evaluierung der vermittelten Lehrinhalte werden vom Österreichischen Integrationsfonds vorgenommen. Die Kurse werden mit einer Gültigkeitsdauer von bis zu drei Jahren zertifiziert; die Zertifizierung kann auf Antrag um jeweils drei Jahre verlängert werden.
(3) Auf die Bereitschaft der Länder und Gemeinden, die schon vor In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes Kurse im Sinne des Abs 1 durchgeführt und finanziert haben und sich bereit erklären, diese weiterhin durchzuführen, ist bei der Zertifizierung Bedacht zu nehmen. Kostenbeteiligungen der Länder und Gemeinden vermindern Beiträge gemäß § 15 nicht.
(4) Die Inhalte der Kurse in Bezug auf Lernziele, Lehrmethode und Qualifikation des Lehrpersonals, die Anzahl der Unterrichtseinheiten sowie Form und Inhalt der Kursbestätigung werden durch Verordnung des Bundesministers für Inneres festgelegt.
(5) Der Österreichische Integrationsfonds kann die Zertifizierung während der Gültigkeit entziehen, wenn die Lernziele, die Lehrmethode oder die Qualifikationen des Lehrpersonals nicht Abs 1 entsprechen."
III. Erwägungen
1. Prozessvoraussetzungen
1.1. Der ÖIF hatte bei Erlassung der im Anlassverfahren bekämpften Erledigung § 16 Abs 5 NAG anzuwenden. Diese Bestimmung ist auch vom Verfassungsgerichtshof (bereits) bei Prüfung der Prozessvoraussetzungen im Anlassverfahren anzuwenden. § 16 Abs 5 NAG ist somit präjudiziell. Zwischen § 16 Abs 5 NAG und Abs 2 leg.cit. besteht ein untrennbarer Zusammenhang, weshalb auch diese Bestimmung präjudiziell ist.
1.2. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen (zur Qualifikation der angefochtenen Erledigung als Bescheid vgl. Punkt 2.1. ff.), ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Prüfungsbeschluss davon aus, dass durch § 16 Abs 2 und Abs 5 NAG dem ÖIF hoheitliche Aufgaben übertragen wurden, ohne gleichzeitig den erforderlichen Weisungszusammenhang zu einem obersten Organ der Vollziehung herzustellen. Dem hält die Bundesregierung entgegen, dass es sich bei der Zertifizierung von Deutsch-Integrationskursen bzw. bei der Entziehung dieser Zertifizierung um keinen Akt der Hoheitsverwaltung handle und daher auch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf ausgegliederte Rechtsträger im vorliegenden Zusammenhang nicht zum Tragen komme.
2.1.1. Die Zertifizierung und Evaluierung von Deutsch-Integrationskursen weist das NAG ausschließlich dem ÖIF zu. Die Zertifizierung kann auf Antrag verlängert werden, nähere Vorgaben zu Lehrzielen, Lernmethoden und Qualifikation des Lehrpersonals werden durch Verordnung festgelegt. § 1 IV-VO, BGBl. II 449/2005, legt fest, welche Institutionen auf Antrag zertifiziert werden können (Abs1 leg.cit.). Ebenso ist in dieser Bestimmung normiert, welche Unterlagen bei einem Antrag auf Zertifizierung vorzulegen sind, welche Dokumentationspflichten einen Kursträger mit der Zertifizierung treffen und dass dem ÖIF jederzeit Einsicht in bestimmte Unterlagen zu gewähren ist. Sobald ein Kurs den durch das Gesetz und die IV-VO aufgestellten Kriterien nicht mehr entspricht, kann der ÖIF die Zertifizierung wieder entziehen. Folge der Zertifizierung von Kursen durch den ÖIF ist, dass der Besuch eines solchen Kurses ex lege als Erfüllung der Integrationsvereinbarung, also als Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung, gilt.
Aus dem Zusammenhalt der maßgeblichen Bestimmungen wird somit deutlich, dass es sich bei den dem ÖIF zugewiesenen Aufgaben, insbesondere bei der Entziehung der Kurszertifizierung, um hoheitliche Aufgaben handelt. Dafür spricht einerseits schon der Wortlaut des § 16 NAG, wonach die Zertifizierung "auf Antrag" erteilt wird und der ÖIF die Zertifizierung "entziehen" kann. Anderseits legt aber auch das durch die oben dargestellten Bestimmungen geschaffene System eine Qualifizierung als hoheitliche Aufgabe nahe: Entzieht der ÖIF einem Kurs die Zertifizierung, so gilt trotz Absolvierung dieses Kurses die Integrationsvereinbarung nicht mehr automatisch als erfüllt.
2.1.2. Mit dem Anknüpfen an das Vorliegen bestimmter gesetzlich bzw. durch Verordnung festgelegter Kriterien für die Zertifizierung hat der Gesetzgeber beim jeweiligen Kursträger eine Rechtssphäre geschaffen (vgl. VfSlg. 18.941/2009). Der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass das Rechtsstaatsprinzip das Gebot mit sich bringt, die behördliche Festlegung von Rechtsfolgen an eine Form zu knüpfen, die einen verfassungsgesetzlich vorgesehenen Rechtsschutz sowie eine inhaltliche Überprüfung des entsprechenden Aktes ermöglicht (vgl. VfSlg. 18.941/2009 mwN). Da die angefochtene Erledigung in die Rechtssphäre der Kursanbieter eingreift, handelt es sich vor dem Hintergrund des in Art 144 B-VG zugrunde gelegten Rechtsschutzsystems - bei verfassungskonformer Interpretation des § 16 Abs 5 NAG - um einen Bescheid.
2.2. Da dem ÖIF mit den in Prüfung gezogenen Bestimmungen hoheitliche Aufgaben übertragen wurden, treffen auch die vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken im Hinblick auf Art 20 B-VG zu.
2.2.1. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes
gingen dahin, dass dem ÖIF zwar hoheitliche Aufgaben übertragen werden, der Gesetzgeber es aber unterlassen habe, die (nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes) notwendigen Weisungszusammenhänge (vgl. etwa VfSlg. 16.400/2001) einzurichten. Die Bundesregierung hat in ihrer Äußerung darauf hingewiesen, dass - für den Fall, dass die Zertifizierung von Sprachkursen eine hoheitliche Tätigkeit darstellt - außer Zweifel stehe, dass die Grenzen des Art 20 Abs 1 B-VG überschritten seien. Auch sonst ist im Gesetzesprüfungsverfahren nichts hervorgekommen, was die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen § 16 Abs 2 und Abs 5 NAG zerstreut hat.
2.2.2. Mit den in Prüfung gezogenen Bestimmungen
wurden daher dem ÖIF hoheitliche Aufgaben übertragen, ohne einen entsprechenden Weisungszusammenhang zu obersten Organen der Vollziehung vorzusehen. Die vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken treffen daher zu, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen widersprechen dem Organisationskonzept der Bundesverfassung, wie es insbesondere in Art 20 Abs 1 und Art 77 B-VG zum Ausdruck kommt.
Aus Art 20 Abs 2 Z 1 B-VG idF BGBl. I 2/2008 ist für den vorliegenden Zusammenhang nichts zu gewinnen, weil es sich bei der durch § 16 NAG und die IV-VO geregelten Zertifizierung bzw. deren Entziehung um eine behördliche Tätigkeit handelt, die über eine rein sachverständige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes hinaus geht.
IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. § 16 NAG wurde mit der Novelle BGBl. I 38/2011 geändert. Es war daher gemäß Art 140 Abs 4 B-VG auszusprechen, dass § 16 Abs 2 und Abs 5 NAG, BGBl. I 100/2005, verfassungswidrig war. Auf die übrigen im Prüfungsbeschluss aufgeworfenen Bedenken war bei diesem Ergebnis nicht mehr einzugehen.
2. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.