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VfGH vom 16.12.2010, g74/10

VfGH vom 16.12.2010, g74/10

Sammlungsnummer

19282

Leitsatz

Unsachlichkeit einer Regelung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes über die in bestimmten Fällen bestehende Wahlmöglichkeit zwischen der Inanpruchnahme von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (zB Übergangsgeld nach Altersteilzeit) oder einer Korridorpension; keine Differenzierung nach dem Verschulden des Arbeitnehmers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Spruch

Die Wortfolge ", wenn das letzte Dienstverhältnis 1. durch Kündigung des Dienstgebers, 2. durch berechtigten vorzeitigen Austritt, 3. durch Lösung während der Probezeit oder 4. unter der Voraussetzung, dass vor dem befristeten Dienstverhältnis kein unbefristetes Dienstverhältnis mit demselben Dienstgeber bestand, durch Fristablauf beendet wurde" in § 22 Abs 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 609/1977 in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2005, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1449/09 eine

Beschwerde gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom anhängig, mit dem der Bezug des Übergangsgeldes nach Altersteilzeit iSd § 39 Arbeitslosenversicherungsgesetz (im Folgenden: AlVG) durch den Beschwerdeführer ab eingestellt wurde. Die Einstellung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf eine Korridorpension iSd § 4 Abs 2 Allgemeines Pensionsgesetz (im Folgenden: APG) habe und sein Dienstverhältnis in beiderseitigem Einvernehmen gelöst worden sei, weshalb ihm gemäß § 22 Abs 1 AlVG keine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung zustehe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B1449/09 protokollierte, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (nämlich § 39 Abs 1 iVm § 22 Abs 1 AlVG) behauptet wird.

II. 1. Aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge ", wenn das letzte Dienstverhältnis 1. durch Kündigung des Dienstgebers, 2. durch berechtigten vorzeitigen Austritt, 3. durch Lösung während der Probezeit oder 4. unter der Voraussetzung, dass vor dem befristeten Dienstverhältnis kein unbefristetes Dienstverhältnis mit demselben Dienstgeber bestand, durch Fristablauf beendet wurde" in § 22 Abs 1 AlVG entstanden, welche ihn veranlasst haben, diese Wortfolge mit Beschluss vom gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen in Prüfung zu ziehen.

1.1. Die Bestimmung des § 22 Abs 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz, BGBl. 609/1977 idF BGBl. I 102/2005, lautet (die in Prüfung gezogene Gesetzesstelle ist hervorgehoben):

"Ausschluss bei Anspruch auf Alterspension

§22. (1) Arbeitslose, die eine Leistung aus einem der Versicherungsfälle des Alters aus der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Pensionsgesetz (APG), BGBl. I Nr. 142/2004, dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG), BGBl. Nr. 560/1978, dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) oder dem Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger (FSVG), BGBl. Nr. 624/1978, ein Sonderruhegeld nach dem Nachtschicht-Schwerarbeitsgesetz (NSchG), BGBl. Nr. 354/1981, oder einen Ruhegenuss aus einem Dienstverhältnis zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft beziehen oder die Anspruchsvoraussetzungen für eine Pension aus einem der Versicherungsfälle des Alters erfüllen, haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension gemäß § 4 Abs 2 APG steht dem Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz für den Zeitraum von einem Jahr, längstens bis zur Erreichung der Anspruchsvoraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer, nicht entgegen, wenn das letzte Dienstverhältnis

1. durch Kündigung des Dienstgebers,

2. durch berechtigten vorzeitigen Austritt,

3. durch Lösung während der Probezeit oder

4. unter der Voraussetzung, dass vor dem befristeten Dienstverhältnis kein unbefristetes Dienstverhältnis mit demselben Dienstgeber bestand, durch Fristablauf

beendet wurde.

(2) - (3) ..."

1.2. Der Verfassungsgerichtshof ist im Prüfungsbeschluss davon ausgegangen, dass die Beschwerde zulässig ist, die belangte Behörde sich bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides auf die Bestimmung des § 22 Abs 1 letzter Satz AlVG gestützt hat und auch der Verfassungsgerichtshof sie im verfassungsgerichtlichen Bescheidprüfungsverfahren anzuwenden hätte.

2. In der Sache hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass die in Prüfung gezogene Gesetzesstelle gegen den Gleichheitssatz verstoßen könnte.

In dem zu B1449/09 gefassten Prüfungsbeschluss legte er im Einzelnen folgende Bedenken dar:

"4.1. Die Korridorpension wurde durch das Pensionsharmonisierungsgesetz, BGBl. I 142/2004, eingeführt, um den Versicherten unter bestimmten Voraussetzungen den Pensionsantritt vor Erreichen des Regelpensionsalters (nämlich ab Vollendung des 62. Lebensjahres) zu ermöglichen. Durch Abschläge im Ausmaß von 4,2% pro Jahr der früheren Inanspruchnahme einer Pension sollten Anreizwirkungen in Richtung eines früheren Ruhestandes vermieden werden (RV 653 BlgNR 22. GP, 7).

Grundsätzlich haben Personen, die die Anspruchsvoraussetzungen für eine Pension aus einem der Versicherungsfälle des Alters, etwa für eine Korridorpension nach § 4 Abs 2 APG, erfüllen, keinen Anspruch auf weitere Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, somit auch nicht auf das Übergangsgeld nach Altersteilzeit nach § 39 Abs 1 AlVG (§22 Abs 1 iVm § 39 Abs 5 AlVG). Eine Ausnahme davon besteht für jene Bezieher einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung, die die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension erfüllen und deren letztes Dienstverhältnis auf bestimmte Art und Weise (Dienstgeberkündigung, berechtigter vorzeitiger Austritt, Lösung während der Probezeit, uU Fristablauf) beendet wurde. Jene können für den Zeitraum eines Jahres, längstens bis zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer, weiterhin die bisher bezogene Leistung beziehen.

Nur diese Gruppe von Übergangsgeldempfängern verfügt über ein Wahlrecht, ob sie für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr weiterhin Übergangsgeld in Anspruch nimmt oder die Korridorpension antritt (Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz: Praxiskommentar, 2005, § 39 Rz 740). Alle anderen Übergangsgeldbezieher dürften durch den Wegfall der Leistung aus der Arbeitslosenversicherung faktisch zur Inanspruchnahme der Korridorpension gezwungen werden (Krapf/Keul, AlVG,§ 22 Rz 484), sofern nicht die Möglichkeit nach § 82 Abs 1 AlVG genutzt wurde, eine vor dem wirksam gewordene Altersteilzeitvereinbarung im Einvernehmen mit dem Dienstgeber bis zur Erreichung des frühestmöglichen Pensionsanfallsalters zu verlängern; eine solche Verlängerung scheidet aus, wenn der Dienstgeber nicht zustimmt.

Ziel der Differenzierung nach der Art der Beendigung des Dienstverhältnisses dürfte es ausweislich der Materialien sein, nur jene Arbeitslosen zu schützen, deren Arbeitsverhältnis durch Willenserklärung ihres bisherigen Dienstgebers beendet wurde, ohne dass der Dienstnehmer dafür initiativ geworden oder verantwortlich wäre, dh. wenn der Arbeitslose nicht am Eintritt seiner Arbeitslosigkeit mitgewirkt hat (Dirschmied/Pfeil, Arbeitslosenversicherungsrecht3, 1996, 218 f.; Krapf/Keul, AlVG,§ 22 Rz 486).

4.2. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass die Regelung des § 22 Abs 1 letzter Halbsatz AlVG dem Sachlichkeitsgebot und dem Grundsatz des Vertrauensschutzes widerspricht.

Diese Bedenken richten sich gegen die Anknüpfung des Ausschlusses der Leistung aus der Arbeitslosenversicherung an die Art der Beendigung des letzten Dienstverhältnisses nach § 22 Abs 1 letzter Halbsatz AlVG und die geschaffene Differenzierung zwischen zwei Gruppen von (ehemaligen) Dienstnehmern. In vielen Fällen, die sich nicht auf einzelne Härtefälle beschränken dürften, dürfte die Beendigung des letzten Dienstverhältnisses bereits einen gewissen Zeitraum zurückliegen und daher ihre Auswirkungen auf einen späteren Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nicht absehbar gewesen sein (vgl. Krapf/Keul, AlVG,§ 22 Rz 487 f.). Insofern dürfte eine sozialversicherungsrechtliche Konsequenz an eine bereits gesetzte privatrechtliche Handlung anknüpfen, die nicht mehr im Einflussbereich des Arbeitslosen liegt.

4.2.1. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (s. etwa VfSlg. 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. zB VfSlg. 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s. etwa 16.176/2001, 16.504/2002).

Diese Schranken dürften im vorliegenden Fall überschritten worden sein: Der Verfassungsgerichtshof geht zwar davon aus, dass es verfassungsrechtlich im Allgemeinen nicht geboten sein dürfte, eine Wahlmöglichkeit zwischen Leistungen der Pensionsversicherung und solchen der Arbeitslosenversicherung einzuräumen. Auch bestehen keine Bedenken gegen den gesetzlichen Ausschluss des Leistungsanfalls in der Arbeitslosenversicherung im Hinblick auf die bereits gegebene Pensionsversorgung (VfSlg. 16.203/2001). Bedenken hegt der Gerichtshof allerdings wegen der Sachlichkeit der - wenngleich verfassungsrechtlich nicht gebotenen - gesetzlichen Festlegung einer solchen Wahlmöglichkeit, wenn jene innerhalb der Gruppe der potentiell betroffenen (ehemaligen) Dienstnehmer nach dem Kriterium der Art der bereits erfolgten Beendigung des Dienstverhältnisses unterscheidet, sodass einem Teil der Dienstnehmer die Wahlmöglichkeit zukommt, dem anderen Teil jedoch nicht.

Verstärkt werden dürften die Bedenken gegen die Sachlichkeit der gesetzlichen Differenzierung angesichts des Umstands, dass § 22 Abs 1 AlVG nicht nur die Bezieher von Leistungen aus der Pensionsversicherung vom Leistungsbezug aus der Arbeitslosenversicherung ausschließt, sondern auch jene Personen, die lediglich die Anspruchsvoraussetzungen für eine Pensionsleistung aus einem der Versicherungsfälle des Alters erfüllen, diese aber - etwa im Fall der Korridorpension zur Vermeidung von Abschlägen - noch nicht in Anspruch nehmen wollen (vgl. VfSlg. 16.203/2001).

4.2.2. ...

Die Altersteilzeitvereinbarung zwischen Dienstnehmer und Dienstgeber dürfte idR - wie auch im Anlassfall - hinsichtlich des Beginns und der Dauer der Altersteilzeit darauf ausgerichtet worden sein, dass der Dienstnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Pension aus einem der Versicherungsfälle des Alters im vollen damals vorgesehenen Ausmaß, also ohne Abschläge, in Anspruch nehmen kann. Der nunmehr Arbeitslose dürfte daher im Vertrauen auf die zum Abschlusszeitpunkt bestehende Rechtslage Dispositionen getroffen haben, die ihm angesichts der nicht vorhersehbar gewesenen Änderung der Rechtslage zum Nachteil gereichen, ohne dass er die Möglichkeit zu einer anderen Gestaltung der Vereinbarung hat. In besonderem Maße dürfte dies (potentielle) Übergangsgeldbezieher treffen: Gerade diese Leistung wurde aus Vertrauensschutzgründen auf Grund des Wegfalls der vorzeitigen Alterspension geschaffen und sollte der Überbrückung der arbeitslosen Zeit bis zum erst später möglichen Pensionsantritt dienen (RV 59 BlgNR 22. GP, 348). Wenn sich der Dienstgeber weigert, die Altersteilzeitvereinbarung an die neue Rechtslage anzupassen und die Beschäftigung im Rahmen der Altersteilzeit zu verlängern, hat der Dienstnehmer keine Möglichkeit, die für ihn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung nicht vorhersehbaren negativen Konsequenzen der Abschaffung der vorzeitigen Alterspension abzuwenden.

4.2.3. Im Übrigen differenziert § 22 Abs 1 letzter Halbsatz AlVG - im Gegensatz etwa zu § 11 AlVG - nicht danach, ob der Dienstnehmer ein Verschulden an der Beendigung des Dienstverhältnisses trägt. Daher dürfte unter anderem auch die unverschuldete bzw. ungerechtfertigte Entlassung zum Ausschluss von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung führen."

3. Die Bundesregierung erstattete fristgerecht eine schriftliche Äußerung, in der sie beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufgehoben werde.

Für den Fall der Aufhebung der in Prüfung gezogenen Gesetzesstelle beantragt die Bundesregierung, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außer-Kraft-Treten eine Frist von einem Jahr bestimmen. Diese Frist erscheine erforderlich, um eine Neuregelung zu ermöglichen. Bei einer Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmung, die nicht bloß für die vergleichsweise geringe Zahl der Fälle von Übergangsgeld nach Altersteilzeit, sondern für alle Leistungen der Arbeitslosenversicherung gelte, würde die Intention der Regelung, einen befristeten Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung selbst bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Korridorpension nur ausnahmsweise zu ermöglichen, geradezu in ihr Gegenteil verkehrt.

In ihrer Äußerung hält die Bundesregierung dem Bedenken hinsichtlich eines Verstoßes der in Prüfung gezogenen Bestimmung gegen das Sachlichkeitsgebot im Einzelnen Folgendes entgegen (Hervorhebungen im Original):

"1.1.2 Der Verfassungsgerichtshof geht im Prüfungsbeschluss selbst davon aus, dass es verfassungsrechtlich im Allgemeinen nicht geboten ist, eine Wahlmöglichkeit zwischen Leistungen der Pensionsversicherung und solchen der Arbeitslosenversicherung vorzusehen. Die Bundesregierung weist ergänzend darauf hin, dass Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung grundsätzlich nur bis zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Pension aus einem der Versicherungsfälle des Alters gebühren (vgl. insb. § 22 AlVG hinsichtlich des Arbeitslosengeldes, der gemäß § 38 AlVG auch hinsichtlich der Notstandshilfe zur Anwendung gelangt). Dadurch soll eine Doppelversorgung aus öffentlich-rechtlichen Versicherungssystemen vermieden werden. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er Geldleistungen aus der Pensionsversicherung den Vorzug vor den temporären Leistungen der Arbeitslosenversicherung gibt (vgl. Dirschmied/Pfeil, Arbeitslosenversicherungsrecht 214). Diesem Grundsatz folgt auch das Übergangsgeld nach Altersteilzeit, das lediglich bis zur Erfüllung der Voraussetzungen für eine Alterspension zusteht (§39 Abs 1 AlVG).

1.1.3 Gemäß § 22 Abs 1 letzter Satz (iVm § 39 Abs 5) AlVG kann in Abweichung von diesem Grundsatz unter bestimmten Voraussetzungen das Übergangsgeld nach Altersteilzeit trotz Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Korridorpension für höchstens ein Jahr, längstens bis zur Erreichung der Anspruchsvoraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer, weiter bezogen werden. Es handelt sich dabei um eine für einen beschränkten Personenkreis (Personen, deren Altersteilzeitvereinbarung zwischen April und Dezember 2003 wirksam geworden ist - vgl. § 39 Abs 1 AlVG) zur Anwendung gelangende, außerordentliche sozialpolitische Maßnahme, mit der der Sache nach Änderungen des Pensionsrechts abgefedert werden sollen. Nach Auffassung der Bundesregierung kommt dem Bundesgesetzgeber bei der Ausgestaltung und der Festlegung der Anspruchsvoraussetzungen einer solchen, personell und zeitlich beschränkten, gleichsam übergangsrechtlichen Begünstigung ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu (vgl. VfSlg. 18.607/2008 zur 'fixen Neuzugangsgrundlage' nach GSVG), zumal diese Begünstigung verfassungsrechtlich nicht geboten ist.

1.1.4 Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht unsachlich, wenn für den Anspruch auf diese Begünstigung nach der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses differenziert wird. Der Verfassungsgerichtshof dürfte selbst nicht davon ausgehen, dass die Art der Beendigung eines Dienstverhältnisses per se ein unsachliches Kriterium ist, nach dem für eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung differenziert werden darf, wie der Hinweis auf die sog. Sperrfrist des § 11 AlVG im Prüfungsbeschluss zeigt. Nach dieser Bestimmung erhalten Arbeitslose, deren Dienstverhältnis in Folge eigenen Verschuldens beendet worden ist oder die ihr Dienstverhältnis freiwillig gelöst haben, für die Dauer von vier Wochen kein Arbeitslosengeld. § 11 AlVG stellt also darauf ab, dass das Ende des letzten Dienstverhältnisses und der Eintritt der Arbeitslosigkeit dem Arbeitslosen zurechenbar ist (Pfeil/Dirschmied, aaO 122/2; der Verfassungsgerichtshof spricht im Prüfungsbeschluss von einem 'Verschulden an der Beendigung des Dienstverhältnisses'). Gleichwohl handelt es sich dabei nicht um die einzige Art der Differenzierung für den Bezug von Arbeitslosengeld, die verfassungsrechtlich zulässig ist. So hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 14.466/1996 die freiwillige Beendigung der Beschäftigung durch einen Werksstudenten zwecks Fortsetzung des Studiums als Ausschlussgrund von der Arbeitslosigkeit für verfassungsrechtlich unbedenklich gehalten; gegenüber der für alle Arbeitslosen geltenden Regelung des § 11 AlVG handle es sich nämlich um eine besondere Fallgruppe, die der Gesetzgeber auch unterschiedlich regeln dürfe.

1.1.5 Nach Auffassung der Bundesregierung hat der Bundesgesetzgeber mit der in § 22 Abs 1 letzter Satz AlVG vorgenommenen Differenzierung nach der Art der Beendigung des Dienstverhältnisses für die Wahlmöglichkeit zwischen Leistungen der Arbeitslosen- und der Pensionsversicherung seinen (weiten) rechtspolitischen Gestaltungsspielraum bei der Regelung der Anspruchsvoraussetzungen für diese Begünstigung nicht überschritten:

Anspruch auf Übergangsgeld nach Altersteilzeit trotz Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension haben gemäß § 22 Abs 1 letzter Satz AlVG zunächst jene Personen, die nicht selbst an der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mitgewirkt haben (Z1: Kündigung des Dienstgebers) oder denen die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar war (Z2: berechtigter vorzeitiger Austritt). Diesen beiden Gründen ist, wie sich aus ihrer zugrunde liegenden Wertung ergibt (vgl. RV 946 BlgNR 22. GP 9, wonach 'der berechtigte vorzeitige Austritt einer Kündigung gleich gestellt werden soll'), die im Prüfungsbeschluss angesprochene unverschuldete bzw. ungerechtfertigte Entlassung gleichzuhalten, was auch in der Praxis so gehandhabt wird. Anspruchsberechtigt sind weiters Personen, die sich angesichts des weitgehenden Fehlens eines Beendigungsschutzes im Probedienstverhältnis in einer sozialpolitisch besonders schützenswerten Situation befunden haben (Z3: Lösung während der Probezeit). Schließlich sind Personen anspruchsberechtigt, deren letztes Dienstverhältnis durch Fristablauf beendet wurde, allerdings nur dann, wenn vor dem befristeten Dienstverhältnis kein unbefristetes Dienstverhältnis mit demselben Dienstnehmer bestanden hat (Z4). Kein Anspruch auf Übergangsgeld nach Altersteilzeit besteht demnach insbesondere dann, wenn das letzte Dienstverhältnis einvernehmlich, durch Kündigung des Dienstnehmers oder durch berechtigte Entlassung beendet wurde, die Beendigung des Dienstverhältnisses und somit der Eintritt der Arbeitslosigkeit also dem Arbeitslosen zurechenbar ist.

Die Einschränkung des § 22 Abs 1 Z 4 AlVG auf Befristungen, denen kein unbefristetes Dienstverhältnis mit demselben Dienstnehmer vorangegangen ist, lässt sich damit begründen, dass die nachträglich vereinbarte Befristung eines unbefristeten Dienstverhältnisses hinsichtlich der Freiwilligkeit bzw. 'Zurechenbarkeit' der Beendigung einer Arbeitnehmerkündigung oder einer einvernehmlichen Beendigung gleichzuhalten ist; ohne diese Einschränkung könnte die in den Z 1 und 2 enthaltene Beschränkung des Anspruchs auf dem Dienstnehmer nicht 'zurechenbare' Beendigungen des Dienstverhältnisses umgangen werden, indem statt einer Arbeitnehmerkündigung oder einvernehmlichen Lösung eine Befristung vereinbart wird (vgl. die Begründung des Abänderungsantrages AA-141 BlgNR 22. GP).

Dass die Beendigung des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer zurechenbar ist, gilt auch im Fall von Altersteilzeitvereinbarungen, bei denen mit der Altersteilzeit jedenfalls auch das Dienstverhältnis endet. Begleitend zur Einführung der Korridorpension wurde aber (nur) jenen Personen, denen die Beendigung ihres Dienstverhältnisses nicht zurechenbar ist, befristet die Möglichkeit eröffnet, trotz eines bereits bestehenden Anspruchs auf eine Pensionsleistung noch einen durch eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung abgesicherten Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu versuchen. Diese Begünstigung soll hingegen unter anderem jenen Personen nicht zukommen, bei denen die Vertragsgestaltung ein Indiz dafür ist, dass nach dem Willen des Arbeitnehmers nach dem Ende der Altersteilzeit keine weitere Beschäftigung, sondern eben der Pensionsantritt beabsichtigt war. Die rechtspolitische Ratio des Übergangsgeldes nach Altersteilzeit ist die soziale Absicherung bis zum frühestmöglichen Pensionsbezug, nicht jedoch bis zum frühestmöglichen abschlagsfreien Pensionsbezug.

1.1.6 Der Verfassungsgerichtshof sieht sein Bedenken gegen die Differenzierung nach der Art der Beendigung des Dienstverhältnisses durch den Umstand verstärkt, dass gemäß § 22 Abs 1 AlVG nicht nur die Bezieher von Leistungen aus der Pensionsversicherung von Leistungen der Arbeitslosenversicherung ausgeschlossen sind, sondern auch jene Personen, die die Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung der Pensionsversicherung erfüllen. Dabei handelt es sich aber, wie bereits dargelegt (vgl. Pkt. 1.1.2), um ein Strukturmerkmal des AlVG, das weder im Allgemeinen noch im besonderen Kontext des Übergangsgeldes nach Altersteilzeit unsachlich erscheint und das auch nicht durch Änderungen des Pensionsversicherungsrechts (schrittweise Anhebung des Antrittsalters für die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer) unsachlich wird.

Auch aus dem im Prüfungsbeschluss bezogenen Erkenntnis VfSlg. 16.203/2001 ergibt sich nicht anderes: Darin hat es der Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erachtet, Pensionsbezieher und Anspruchsberechtigte auf eine Alterspension in die Arbeitslosenversicherung einzubeziehen und dadurch zur Beitragsleistung zu verpflichten, sie aber von einer Leistung aus dieser Versicherung schlechthin auszuschließen. Seit dem Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I Nr. 71, sind jedoch Personen, die das für eine Alterspension maßgebliche Mindestalter oder das 60. Lebensjahr vollendet haben, ab dem Beginn des folgenden Kalendermonats von der Arbeitslosenversicherungspflicht (und somit auch von der Beitragspflicht) ausgenommen (§1 Abs 2 lite AlVG). Für Personen, die die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension gemäß § 4 Abs 2 APG - die Vollendung des 62. Lebensjahres - erfüllen, besteht daher keine Arbeitslosenversicherungspflicht. Die im Erkenntnis VfSlg. 16.203/2001 geäußerten Bedenken - Versicherung gegen ein Risiko, für das kein Leistungsanspruch besteht - sind somit auf den hier relevanten Personenkreis von vornherein nicht übertragbar. Die Bundesregierung kann daher nicht erkennen, wie das im Prüfungsbeschluss geäußerte Bedenken gegen die Differenzierung des Anspruches auf Übergangsgeld nach Altersteilzeit nach der Art der Beendigung des Dienstverhältnisses durch den Umstand verstärkt werden könnte, dass auch bloß Anspruchsberechtigte auf eine Alterspension von dieser Leistung der Arbeitslosenversicherung ausgeschlossen sind."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

Der Verfassungsgerichtshof ging im Prüfungsbeschluss vom , B1449/09, davon aus, dass sich die angefochtenen Bescheide auf § 22 Abs 1 letzter Halbsatz AlVG stützen und auch er diese Bestimmung im Beschwerdeverfahren anzuwenden hat. Die Bundesregierung ist dieser Annahme nicht entgegengetreten. Auch ist im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen. Die in Prüfung gezogene Bestimmung des § 22 Abs 1 letzter Halbsatz AlVG ist daher präjudiziell. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

2. In der Sache:

Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes ob der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmung des § 22 Abs 1 letzter Halbsatz AlVG erweisen sich im Ergebnis als begründet.

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hegte im Prüfungsbeschluss zunächst das Bedenken, dass die in Prüfung gezogene Gesetzesstelle deswegen dem Gleichheitssatz des Art 7 B-VG widerspreche, weil nur jene Gruppe von Übergangsgeldempfängern, deren Arbeitsverhältnis in einer der in § 22 Abs 1 letzter Satz AlVG angeführten Formen beendet wurde, über ein Wahlrecht verfügt, ob sie für den Zeitraum von einem Jahr weiterhin Übergangsgeld in Anspruch nehmen oder eine Korridorpension antreten, wohingegen alle anderen Übergangsgeldbezieher (in Ermangelung einer Verlängerung der Altersteilzeitvereinbarung, die aber an die Zustimmung des Dienstgebers gebunden wäre) faktisch zur Inanspruchnahme der Korridorpension gezwungen werden.

Dieses Bedenken vermag der Verfassungsgerichtshof nach Durchführung des Gesetzesprüfungsverfahrens in dieser Allgemeinheit nicht aufrecht zu erhalten. Die Bundesregierung weist zutreffend darauf hin, dass die Anknüpfung an die Art der Beendigung eines Dienstverhältnisses für sich genommen noch nicht unsachlich ist. Auch nach verschiedenen anderen sozialrechtlichen Vorschriften können Leistungsansprüche im Falle "schädlicher" ("zurechenbarer") Beendigungsarten entfallen (zB § 122 Abs 3 Satz 1 und 2 ASVG; siehe dazu ) oder sich reduzieren (zB § 11 Abs 1 AlVG). Im Arbeitsrecht können Fälle einer solchen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ebenfalls negative finanzielle Konsequenzen für den Arbeitnehmer haben (zB § 23 Abs 7 AngG - Abfertigung alt). Typischerweise bezweckt der Gesetzgeber mit derartigen Vorschriften die Verhinderung von Manipulationen zu Lasten der Versichertengemeinschaft bzw. die Verhinderung von (unbilligen) Belastungen des Arbeitgebers mit arbeitsrechtlichen Ansprüchen, wenn die Initiative zur Lösung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer ausgeht. Vor diesem Hintergrund können rechtliche Unterscheidungen durch Unterschiede im Tatsächlichen - nämlich der dem Versicherten bzw. Arbeitnehmer zurechenbaren Beendigung des Arbeitsverhältnisses - vor dem Gleichheitssatz zu rechtfertigen sein.

Es ist dem Gesetzgeber sohin von Verfassung wegen nicht schlechthin verwehrt, bei der Festlegung der Voraussetzung für den Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nach der Art der Beendigung eines Dienstverhältnisses zu differenzieren. Das bloße Abstellen des Gesetzgebers in § 22 Abs 1 letzter Halbsatz AlVG auf bestimmte Arten der Beendigung des Dienstverhältnisses begegnet keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken.

2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch das Bedenken, dass § 22 Abs 1 letzter Halbsatz AlVG für den Anspruch auf befristete Leistungen nach diesem Gesetz nicht danach differenziert, ob den Dienstnehmer ein Verschulden an der Beendigung des Dienstverhältnisses trifft. Dass es an einer solchen Differenzierung fehlt, wird durch den Umstand bestätigt, dass der Gesetzgeber insbesondere den Fall einer unverschuldeten Entlassung nicht in den Ausnahmekatalog dieser Vorschrift aufgenommen hat.

Die Bundesregierung vertritt die Ansicht, dass der Tatbestand der unverschuldeten Entlassung den Ziffern 1 und 2 der in Prüfung gezogenen Vorschrift "gleichzuhalten" sei; dies werde auch in der Praxis so "gehandhabt". Dem ist zu erwidern, dass eine bestimmte Behördenpraxis an der Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmung nichts ändern könnte. Wenn die Bundesregierung mit ihren Ausführungen der Sache nach eine analoge Anwendung der vorzitierten Vorschriften vorschlägt, so ist ihr entgegenzuhalten, dass eine Analogie deshalb nicht in Betracht kommt, weil eine (planwidrige) Gesetzeslücke nicht vorliegt (zu den verfassungsrechtlichen Rechtsfolgen von Rechtslücken aus der Perspektive des Gleichheitsgrundsatzes Oberndorfer/Wagner, Gesetzgeberisches Unterlassen als Problem verfassungsgerichtlicher Kontrolle, EuGRZ 2009, 433 [434, 438 f.]): Dass der Gesetzgeber lediglich die in § 22 Abs 1 letzter Halbsatz AlVG aufgezählten Beendigungsarten erfassen wollte, zeigt sich daran, dass das Gesetz differenzierend und in Übereinstimmung mit der sozial- und arbeitsrechtlichen Terminologie lediglich diese Beendigungsarten benennt.

Diese Einschätzung wird durch die Entstehungsgeschichte der Änderung der Bestimmung mit Bundesgesetz BGBl. I 102/2005 und durch die auf sie bezogenen Gesetzesmaterialien bestätigt. Nach § 22 Abs 1 letzter Satz AlVG idF der Regierungsvorlage stand die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension dem Leistungsanspruch nach dem AlVG nicht entgegen, "wenn das letzte Dienstverhältnis durch Kündigung des Dienstgebers oder durch berechtigten vorzeitigen Austritt beendet wurde". Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage halten dazu fest, dass der berechtigte vorzeitige Austritt einer Kündigung gleichgestellt werden soll (RV 946 BlgNR 22. GP, 9). Die schließlich Gesetz gewordene Fassung mit der Aufzählung von vier Fällen wurde im Wege eines Abänderungsantrages aufgenommen, dies mit dem erklärten Ziel, dass befristete Dienstverhältnisse nicht zur Inanspruchnahme der Korridorpension gegen den Willen der Betroffenen führen sollen (AA-142 22. GP StProt. 115. Sitzung, 252). Es ergibt sich somit weder aus der Entstehungsgeschichte noch aus den Gesetzesmaterialien ein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber in § 22 Abs 1 letzter Halbsatz AlVG nicht genannte Beendigungsarten planwidrig ungeregelt ließ.

Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber an anderer Stelle des AlVG, nämlich in § 11 Abs 1 leg. cit., ausdrücklich sämtliche Fälle der (hier dienstnehmerseitig) verschuldeten Beendigung und freiwilligen Lösung des Dienstverhältnisses erfasst, bestätigt, dass der Gesetzgeber weitere Tatbestände durch § 22 Abs 1 letzter Halbsatz AlVG eben nicht erfassen wollte.

Schließlich darf auch nicht übersehen werden, dass durch § 22 Abs 1 letzter Halbsatz AlVG der Umfang von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung begrenzt werden soll. Auch aus diesem Grund ist es nicht gerechtfertigt, durch Analogie den Kreis der auf Kosten der Arbeitslosenversicherung zu erbringenden Leistungen nach dem AlVG zu erweitern (siehe auch mit Bezug auf § 135 ASVG ; , 10 ObS 2303/96s).

Der Verfassungsgerichtshof bleibt daher bei seiner Annahme, dass die Regelung nicht nach dem Verschulden des Arbeitnehmers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses differenziert, insbesondere den Fall einer unverschuldeten Entlassung, aber etwa auch den Fall einer auf Initiative des Dienstgebers erfolgenden einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses unberücksichtigt lässt und daher unsachlich ist. Sie verstößt daher gegen den Gleichheitsgrundsatz.

2.3. Die Gleichheitswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmung liegt darin, dass im Katalog der Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung in § 22 Abs 1 letzter Satz AlVG nicht nach dem Verschulden des Arbeitnehmers differenziert wird. Dieses Fehlen kann durch die Beseitigung aller Voraussetzungen behoben werden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher die gesamte in Prüfung gezogene Wortfolge aufzuheben (zu vergleichbaren Fällen VfSlg. 14.075/1995, 16.316/2001).

Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf das weitere Bedenken eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes einzugehen.

3. Die Bestimmung einer Frist für das Außer-Kraft-Treten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG. Die Bundesregierung weist zu Recht darauf hin, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung für alle Leistungen der Arbeitslosenversicherung gilt. Zieht man zudem in Betracht, dass ein Abstellen auf die Art der Beendigung des Dienstverhältnisses in § 22 Abs 1 letzter Halbsatz AlVG nicht unter allen Umständen verfassungsrechtlich ausgeschlossen ist und dass vorliegend nicht der soziale Schutz als solcher entfällt, sondern lediglich die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Formen sozialen Schutzes zu wählen (vgl. oben 2.1.), so erachtet der Verfassungsgerichtshof eine Aufhebung unter Setzung einer Frist von sechs Monaten für angemessen.

Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.

IV. 1. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen

Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.