VfGH vom 15.12.2004, g57/04
Sammlungsnummer
17421
Leitsatz
Aufhebung von Bestimmungen des Wr KulturförderungsbeitragsG 2000 betreffend die Übertragung der Einhebung des Kulturförderungsbeitrags an die Gebühreninkasso Service GmbH (GIS); Verfassungswidrigkeit der Beleihung eines ausgegliederten Rechtsträgers mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Hoheitsverwaltung mangels effektiver Steuerungs- und Lenkungsfunktionen eines obersten (dem Landtag gegenüber verantwortlichen) Organs
Spruch
§ 6 sowie die Wortfolge "Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 6 Abs 1 obliegt in erster Instanz der Gesellschaft;" im ersten Satz des § 8 Abs 1 des Wiener Gesetzes über den Kulturförderungsbeitrag (Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000), LGBl. für Wien Nr. 23/2000, werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
Der Landeshauptmann von Wien ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Mit Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom , Zl. ABK - 349/02, wurde dem Beschwerdeführer nach dem Wiener Gesetz über den Kulturförderungsbeitrag (Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000), LGBl. für Wien 23/2000 (künftig Wr. KFBG), für den Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung in Wien im Zeitraum bis ein Kulturförderungsbeitrag in bestimmter Höhe vorgeschrieben.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt werden.
Zur Begründung werden vom Beschwerdeführer finanzverfassungsrechtliche Bedenken sowie das Bedenken, daß der "GIS Gebühren Info Service GmbH" (die die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Erledigung erlassen hatte; in der Folge: GIS GmbH) mit der Einhebung des Kulturförderungsbeitrages in verfassungswidriger Weise hoheitliche Aufgaben übertragen worden seien, geltend gemacht.
1.3. Bei der Behandlung der Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 6 sowie der Wortfolge "Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 6 Abs 1 obliegt in erster Instanz der Gesellschaft;" im ersten Satz des § 8 Abs 1 Wr. KFBG entstanden. Er hat daher mit Beschluß vom von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der eben genannten Bestimmungen eingeleitet.
2. Zur Rechtslage:
2.1. Gemäß § 1 Wr. KFBG unterliegt der Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung in Wien einer Abgabe (Kulturförderungsbeitrag).
Betreffend die Einhebung dieser Abgabe bestimmt § 6 leg.cit. folgendes (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"§6. (1) Die Einbringung der Abgabe obliegt der 'Gebühreninkasso Service GmbH' (Gesellschaft); die Einhebung der Abgabe erfolgt jeweils für jenen Zeitraum, für den die Rundfunkgebühren (§§2 und 3 Rundfunkgebührengesetz) eingehoben werden.
(2) Die Gesellschaft ist berechtigt, 2,5% des Gesamtbetrages der eingehobenen Kulturförderungsbeiträge als Vergütung für die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben einzubehalten. Diese 2,5% beinhalten bereits eine allfällige Umsatzsteuer.
(3) Die Gesellschaft hat das Erträgnis der Abgabe nach Abzug der Vergütung dem Land Wien vierteljährlich abzuführen."
Unter der Überschrift "Verfahren" ordnen § 8 Abs 1 und 2 Wr. KFBG an:
"(1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 6 Abs 1 obliegt in erster Instanz der Gesellschaft; Berufungsbehörde und sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist die Abgabenberufungskommission. Das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 ist anzuwenden.
(2) Rückständige Abgaben sind im Verwaltungsweg hereinzubringen; zur Deckung des dadurch entstehenden Aufwandes kann die Gesellschaft einen Säumniszuschlag von 10% des rückständigen Betrages vorschreiben."
Hinsichtlich der "Vollziehung" heißt es in § 11 leg.cit.:
"Mit der Vollziehung dieses Gesetzes ist die Wiener Landesregierung betraut."
2.2. Die Einrichtung der mit der Einbringung der Rundfunkgebühr betrauten Gesellschaft regelte § 5 des Bundesgesetzes betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz - RGG), in der im Beschwerdefall maßgeblichen Stammfassung BGBl. I 159/1999, unter der Überschrift "Gebühreninkasso Service GmbH" - auszugsweise - folgendermaßen:
"(1) Die Gesellschaft ist auf die Erfüllung der in diesem Bundesgesetz vorgesehenen und ähnliche, ihr durch Gesetz oder Verordnung übertragene Aufgaben beschränkt; (...)
(2) Die Gesellschaft hat ihren Sitz in Wien. An ihrem Stammkapital ist der Österreichische Rundfunk über Beschluß des Kuratoriums des Österreichischen Rundfunks im Ausmaß von 50% zu beteiligen. Der Wert des vom Österreichischen Rundfunk übernommenen Kapitalanteils ergibt sich ausschließlich substanzwertbemessen aus 50% des buchmäßigen handelsrechtlichen Eigenkapitals (§198 Abs 1 HGB) der Gesellschaft zum Übernahmezeitpunkt zuzüglich der auf diesen Stichtag zu bemessenden stillen Reserven. Die übrigen Anteile sind dem Bund bzw. der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern vorbehalten. Die Verwaltung der Anteilsrechte für den Bund obliegt dem Bundesminister für Finanzen.
(3) - (5) (...)
(6) Unbeschadet der Rechte der Generalversammlung gemäß dem Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl. Nr. 58/1906, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 125/1998, unterliegt die Tätigkeit der Gesellschaft der Aufsicht des Bundesministers für Finanzen. Die Geschäftsführer der Gesellschaft sind bei der Besorgung der ihnen nach diesem Bundesgesetz zukommenden Aufgaben an die Weisungen des Bundesministers für Finanzen gebunden. Dem Bundesminister für Finanzen sind von der Geschäftsführung alle zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu geben und die entsprechenden Unterlagen zu übermitteln. Der Bundesminister für Finanzen kann die Bestellung zum Geschäftsführer widerrufen, wenn ein Geschäftsführer eine Weisung nicht befolgt oder eine Auskunft nicht erteilt.
(7) - (8) (...)"
Mit der Novelle zum RGG, BGBl. I 71/2003, wurde die Bezeichnung der mit der Einhebung der Gebühren betrauten Gesellschaft in "GIS Gebühren Info Service GmbH" geändert und (u.a.) § 5 Abs 2 RGG wie folgt novelliert (in Kraft getreten am ):
"Die Gesellschaft hat ihren Sitz in Wien. An ihrem Stammkapital ist der Österreichische Rundfunk zu beteiligen. Der Erwerb von Anteilsrechten ist neben dem Österreichischen Rundfunk dem Bund, vertreten durch den Bundesminister für Finanzen, vorbehalten."
2.3. In Art 111 B-VG ist - im Zusammenhang mit der Bundeshauptstadt Wien - vorgesehen:
"In den Angelegenheiten des Bauwesens und des Abgabenwesens steht die Entscheidung in oberster Instanz besonderen Kollegialbehörden zu. Die Zusammensetzung und Bestellung dieser Kollegialbehörden wird landesgesetzlich geregelt."
2.4. Die Einrichtung der Abgabenberufungskommission regeln die §§204 ff. der Wiener Abgabenordnung, LGBl. 21/1962 (künftig WAO):
"§204. Die Abgabenberufungskommission besteht aus dem Vorsitzenden, sechs Beisitzern und sechs Stellvertretern der Beisitzer.
§ 205. Vorsitzender ist der Magistratsdirektor oder ein von ihm bestimmter Vertreter. Dieser muß ein rechtskundiger Beamter des Magistrates sein, der an der Verwaltung der Abgaben in erster Instanz nicht mitwirken darf.
§206. (1) Je zwei der Beisitzer und Stellvertreter sind von der Landesregierung auf Vorschlag der stärksten, je einer auf Vorschlag der zweitstärksten Partei des Gemeinderates auf die Dauer der Wahlperiode des Gemeinderates zu ernennen. Weisen mehrere Parteien des Gemeinderates die gleiche Anzahl von Sitzen auf, so ist für das Vorschlagsrecht die höhere Zahl von Wählerstimmen bei der letzten Gemeinderatswahl ausschlaggebend. Bei Gleichheit der Wählerstimmen entscheidet das Los.
(2) Diese Beisitzer und Stellvertreter müssen zum Gemeinderat wählbare Personen sein und zu Beginn des Jahres der Ernennung das 30. Lebensjahr vollendet haben. Sie dürfen niemals wegen Hinterziehung einer Abgabe der Stadt Wien bestraft oder wegen eines Finanzvergehens (mit Ausnahme einer Finanzordnungswidrigkeit) finanzstrafbehördlich oder gerichtlich schuldig befunden worden sein.
(3) Die Beisitzer und Stellvertreter haben beim Eintritt in ihre Tätigkeit vor dem Landeshauptmann folgendes Gelöbnis zu leisten:
(...)
(4) Nach einer Neuwahl des Gemeinderates sind die Beisitzer und Stellvertreter nach den Vorschriften des Abs 1 neu zu bestellen. Bis zu dieser Neubestellung bleiben die bisherigen Beisitzer und Stellvertreter im Amt. Ihre neuerliche Ernennung ist zulässig.
(5) Ein Beisitzer oder Stellvertreter ist von der Landesregierung vorzeitig abzuberufen, wenn er eine der Voraussetzungen des Abs 2 nicht erfüllt hat oder nicht mehr erfüllt oder wenn ein neuer Ernennungsvorschlag der hiezu berechtigten Partei eingereicht worden ist. Eine vorzeitige Abberufung ist ferner aus wichtigen Gründen zulässig. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Beisitzer oder Stellvertreter die Geheimhaltungspflicht oder eine sonstige Amtspflicht verletzt hat.
§ 207. Die drei weiteren Beisitzer und Stellvertreter müssen rechtskundige Beamte des Magistrates sein, die an der Verwaltung der Abgaben in erster Instanz nicht mitwirken dürfen. Sie sind von der Landesregierung auf unbestimmte Zeit zu ernennen und können von dieser jederzeit abberufen werden.
§ 207a. (Verfassungsbestimmung) Der Vorsitzende, sein Vertreter, alle Beisitzer und deren Stellvertreter sind bei Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden."
3.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in seinem Prüfungsbeschluß vorläufig davon ausgegangen, daß die Beschwerde zulässig ist und daß schon die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung die (anscheinend eine Einheit bildende) Vorschrift des § 6 sowie die Vorschrift des § 8 Abs 1 des Wr. KFBG angewendet hat (die in ihrem Zusammenwirken die Beleihung der "Gebühreninkasso Service GmbH" mit der hoheitlichen Aufgabe der Einhebung des Wiener Kulturförderungsbeitrages bewirken dürften), sodaß daher auch der Gerichtshof diese Bestimmungen anzuwenden hätte.
3.2. Die Erwägungen, die den Gerichtshof zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens veranlaßt hatten, legte er in seinem Prüfungsbeschluß wie folgt dar:
"4.1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist die Beleihung ausgegliederter Rechtsträger mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Hoheitsverwaltung verfassungsrechtlich nicht schlechthin unzulässig (vgl. VfSlg. 1455/1932, 3685/1960, 14.473/1996, 16.400/2001). Die Ermächtigung des einfachen Gesetzgebers zur Betrauung von juristischen Personen des privaten Rechts mit hoheitlichen Aufgaben ist allerdings nur soweit gegeben, als sich nicht aus dem durch den Wesensgehalt der Bundesverfassung allgemein bestimmten Aufbau der staatlichen Verwaltung oder aus einzelnen besonderen Bestimmungen der Bundesverfassung eine Einschränkung ergibt.
In VfSlg. 14.473/1996 (betreffend die Austro Control GmbH) hat der Verfassungsgerichtshof diese Grenzen folgendermaßen umschrieben:
'Wie jeder Akt der Gesetzgebung muß die Beleihung ausgegliederter Rechtsträger den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben, wie dem aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebot (vgl. etwa VfSlg. 8457/1978, 11.369/1987, 11.639/1988) oder dem verfassungsrechtlichen Effizienzgebot (vgl. etwa Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 173 ff.) entsprechen. Der Gerichtshof hat in seiner Judikatur aber auch weitere Grenzen markiert, die das B-VG der Betrauung von juristischen Personen mit hoheitlichen Aufgaben durch den einfachen Gesetzgeber setzt: So ergibt sich zum einen aus dieser Rechtsprechung, daß die verfassungsrechtliche Ermächtigung zu derartigen Beleihungen nur für 'vereinzelte Aufgaben' besteht (VfSlg. 3685/1960, 10.213/1984). Zum anderen hat der VfGH (ebenfalls in VfSlg. 3685/1960) erkannt, daß diese Ermächtigung nur soweit gegeben sei, 'als sich nicht aus dem durch den Wesensgehalt der Bundesverfassung allgemein bestimmten Aufbau der staatlichen Verwaltung oder aus einzelnen besonderen Bestimmungen der Bundesverfassung eine Einschränkung ergibt'. Eine solche sah der Gerichtshof in VfSlg. 3096/1956 (bestätigend VfSlg. 4117/1966) in der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit der Unterstellung unter ein oberstes Organ, das gemäß Art 76 Abs 1 B-VG (bzw. gemäß Art 105 Abs 2 B-VG) und Art 142 B-VG verantwortlich ist.'
Bei dieser Auffassung ist der Verfassungsgerichtshof in seiner weiteren Rechtsprechung geblieben: Im Anschluß an Rill, Grenzen der Ausgliederung behördlicher Aufgaben aus der unmittelbaren Staatsverwaltung - Überlegungen anläßlich der geplanten Betrauung eines eigenen Rechtsträgers mit der Wertpapieraufsicht, ÖBA 1996, 748 (754), hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 16.400/2001 die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine verfassungskonforme Ausgliederung hoheitlicher Aufgaben (im Bundesbereich) dahin zusammengefaßt, 'daß ein dem Nationalrat gegenüber verantwortliches oberstes Organ 'jene Steuerungsmöglichkeiten besitzt, die es ihm ermöglichen, für die Gesetzmäßigkeit der Vollziehung in effektiver Weise zu sorgen'. Weiters wurde in diesem Erkenntnis klargestellt, daß derartigen Einrichtungen gegenüber Weisungsbefugnisse ausdrücklich eingeräumt werden müssen: 'Art 20 Abs 1 B-VG wirkt in solchen Fällen nicht unmittelbar, sondern verpflichtet den Gesetzgeber, Rechtsvorschriften zu erlassen, die einem obersten Organ eine effektive Leitungs- und Steuerungsfunktion einräumen, und dabei insbesondere ein umfassendes Weisungsrecht einzurichten.'
4.2. Der Gerichtshof hat im vorliegenden Fall das Bedenken, daß die Vorschriften des Wr. KFBG über die Beleihung der GIS GmbH den vorstehend dargelegten Bedingungen nicht entsprechen:
Gemäß Art 101 B-VG übt die Vollziehung jedes Landes eine vom Landtag zu wählende Landesregierung aus, deren Mitglieder dem Landtag gegenüber gemäß Art 142 B-VG verantwortlich sind (Art105 Abs 2 B-VG). Aus dieser Bestimmung und Art 19 Abs 1 B-VG ergibt sich die Stellung der Landesregierung als oberstes Vollzugsorgan des Landes und ihre Weisungsbefugnis. Die Einrichtung von Verwaltungsbehörden, von denen kein Instanzenzug an die Landesregierung führt, bedarf einer bundesverfassungsgesetzlichen Ermächtigung (näher Liehr, Art 101 B-VG, in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 6). Auf landesverfassungsrechtlicher Ebene betraut § 132 der Wiener Stadtverfassung den Stadtsenat als Landesregierung mit der sich aus den Zuständigkeitsbestimmungen des B-VG ergebenden Vollziehung des Landes (selbständiger Wirkungsbereich des Landes).
Auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene sieht Art 111 B-VG - im Zusammenhang mit der Bundeshauptstadt Wien - vor, daß die Entscheidung in oberster Instanz in den Angelegenheiten des Bauwesens und des Abgabenwesens besonderen Kollegialbehörden zusteht, deren Zusammensetzung und Bestellung landesgesetzlich - im Fall der Abgabenberufungskommission durch §§204 ff. WAO - geregelt wird. Nach der (Landes)Verfassungsbestimmung des § 207a WAO sind der Vorsitzende der Abgabenberufungskommission, sein Vertreter, alle Beisitzer und deren Stellvertreter bei Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden.
Art 111 B-VG geht auf die B-VG-Novelle 1929, BGBl. 392, zurück; nach Kelsen sollte mit dieser Bestimmung die 'selbständige Landesverwaltung', die sich dadurch auszeichnet, daß in letzter Instanz eine vom Landtag gewählte Landesregierung 'zu entscheiden und verfügen' hat, auf den beiden für Wien 'wichtigsten Verwaltungsgebieten' - dem Bauwesen und dem Abgabenwesen - dadurch eingeschränkt werden, daß oberste Instanz eine zur Hälfte aus Fachleuten gebildete Kollegialbehörde wird (Kelsen, Die Verfassungsreform, JBl. 1929, 443, 453). Nach Oberndorfer sollte in den erwähnten Angelegenheiten eine 'sachliche Dezentralisierung' erreicht werden (Oberndorfer, Gemeinderecht und Gemeindewirklichkeit, 1971, 99). Der Gerichtshof hat schon in Slg. 2913/1955 (im Zusammenhang mit der Bauoberbehörde) festgehalten, daß diese 'nur in ihrer Funktion als Rechtsmittelinstanz über dem Magistrat' in ihrem von fremdem Organwillen unbeeinträchtigten Geschäftsbereich perpetuiert werden sollte (vgl. auch Oberndorfer, a.a.O., 100; Schütz, Die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien, 1969, Art 111 B-VG, Rz 4).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Bauoberbehörde ist diese - und Gleiches muß für die Abgabenberufungskommission gelten - ein von der Wiener Landesregierung verschiedenes, mit ihr auf gleicher Stufe stehendes oberstes Vollzugsorgan des Landes Wien (vgl. VfSlg. 6770/1972 unter Verweis auf VfSlg. 2005/1950, 2739/1954, 4389/1963, 4703/1964, 5660/1960). Ein von diesen Behörden erlassener Bescheid steht daher instanzenmäßig auf gleicher Stufe wie ein von der Landesregierung erlassener Bescheid und ist von der in diesen Angelegenheiten sachlich in Betracht kommenden höchsten Behörde erlassen worden (vgl. VfSlg. 6476/1971).
Der Verfassungsgerichtshof geht in seiner vorläufigen Beurteilung davon aus, daß Art 111 B-VG aber trotzdem anscheinend nicht so gelesen werden kann, daß mit der Einrichtung der Sonderbehörden in den Angelegenheiten des Bauwesens und des Abgabenwesens die Stellung der Landesregierung als oberstes Vollzugsorgan des Landes Wien gemäß Art 101 B-VG (völlig) beseitigt wurde: Schon der Wortlaut des Art 111 B-VG spricht nur davon, daß den Behörden 'die Entscheidung in oberster Instanz' zusteht. (Allein) in dieser Funktion wurden die Mitglieder der Abgabenberufungskommission durch Landesverfassungsrecht - verfassungsrechtlich zulässig (vgl. grundlegend VfSlg. 8833/1980, 13.304/1992; Raschauer, Art 20/1 B-VG, in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 79) - weisungsfrei gestellt (§207a WAO). Auch nimmt Art 19 B-VG in seiner Aufzählung der 'obersten Organe' auf die Sonderbehörden gemäß Art 111 B-VG keinen Bezug und dürften allein die Mitglieder der Landesregierung dem Landtag gegenüber verantwortlich sein (Art105 Abs 2 iVm Art 142 Abs 2 litd B-VG; § 135 Abs 3 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien, LGBl. 28/1968), während die Normierung einer entsprechenden Verantwortlichkeit der Mitglieder der Sonderbehörden gemäß Art 111 B-VG fehlen dürfte (vgl. auch Moritz, Art 111 B-VG, in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 3, 5).
Daß der Wiener Landesregierung auch im Bereich des Wiener Kulturförderungsbeitrages Vollzugskompetenzen nicht schlechthin benommen wurden, nimmt anscheinend der Wiener Landesgesetzgeber selbst an, wenn er in § 11 Wr. KFBG die Wiener Landesregierung zur Vollziehung beruft.
Eine andere Deutung hätte nämlich anscheinend zur Konsequenz, daß einem Organ, das - wie der Bestellungsmodus und insbesondere das Fehlen rechtlicher Verantwortlichkeit zeigen - keine der Landesregierung vergleichbare demokratische Legitimation aufweisen dürfte, die Stellung der in den Abgabensachen iSd Art 111 B-VG allein zuständigen obersten Vollzugsbehörde des Landes Wien zukäme; eine solche Deutung dürfte aber mit dem der Bundesverfassung zugrundeliegenden demokratischen Prinzip der Verwaltungsführung (vgl. dazu allgemein z.B. Grabenwarter, Die demokratische Legitimation weisungsfreier Kollegialbehörden, FS Winkler, 1997, 271, 279 ff.) in Konflikt stehen und läßt sich daher, wie der Gerichtshof vorläufig annimmt, auch nicht - den Wortlaut des Art 111 B-VG gleichsam korrigierend - aus 'Entstehungsgeschichte und Zweck' dieser Bestimmung ableiten (so aber Moritz, a.a.O., Rz 5). Der Gerichtshof geht daher vorläufig davon aus, daß der Abgabenberufungskommission mit ihrer Einsetzung als 'sachlich in Betracht kommende Oberbehörde' in § 8 Abs 1 Wr. KFBG (neben der Zuständigkeit zur Entscheidung in letzter Instanz) lediglich spezifisch verfahrensrechtliche Befugnisse zukommen dürften.
Demzufolge nimmt der Verfassungsgerichtshof in einer vorläufigen Beurteilung ferner an, daß die Stellung der Wiener Landesregierung als oberstes Vollzugsorgan, die ihr nach Art 101 B-VG zukommt, durch Art 111 B-VG nur insoweit beschränkt wurde, als ihr in den erwähnten Angelegenheiten die Kompetenz zur Entscheidung in oberster Instanz benommen wurde. Damit dürften ihr aber auch in diesen Angelegenheiten auf Grund Art 101 B-VG iVm Art 19 B-VG umfassende Aufsichts- und Weisungsbefugnisse verblieben sein (denen freilich durch die Weisungsfreistellung der Mitglieder der Abgabenberufungskommission Grenzen gesetzt sind), die ihr der Wiener Landesgesetzgeber im Wr. KFBG, wenn er mit der Einhebung des Kulturförderungsbeitrages einen Rechtsträger des Privatrechts betrauen will, im Sinne einer umfassenden Einräumung von effektiven Leitungs- und Steuerungsfunktionen anscheinend (ausdrücklich) einzuräumen gehabt hätte (VfSlg. 16.400/2001). Nur damit wäre anscheinend auch dem dargelegten Erfordernis der Unterstellung dieses privaten Rechtsträgers unter ein dem allgemeinen Vertretungskörper verantwortliches Organ genüge getan.
Im vorliegenden Fall ist im Hinblick auf die Gesellschafterstruktur der GIS GmbH (vgl. den oben wiedergegebenen § 5 Abs 2 RGG) anscheinend auch nicht sichergestellt, daß die Gesellschafterrechte durch ein dem Landtag gegenüber verantwortliches Organ wahrgenommen werden und dem Land Wien damit jene Leitungsbefugnisse zukommen, von denen Art 20 B-VG ausgeht (vgl. - im Gegensatz dazu - VfSlg. 14.473/1996 zur Austro Control GmbH).
Zusammenfassend ist der Gerichtshof somit - vorläufig - der Auffassung, daß der Gesetzgeber anscheinend verpflichtet gewesen wäre, einem obersten Organ eine effektive Leitungs- und Steuerungsfunktion gegenüber der GIS GmbH einzuräumen und dabei insbesondere ein umfassendes Weisungsrecht vorzusehen. Mit der Einsetzung der Abgabenberufungskommission als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde dürfte diesen Anforderungen nicht genüge getan worden sein, weil ihr damit anscheinend nicht umfassende Leitungs- und Steuerungsbefugnisse, sondern lediglich verfahrensrechtliche Befugnisse zukommen dürften. Die in einem solchen Fall von der Verfassung geforderte Unterstellung der mit der Abgabeneinbringung betrauten Gesellschaft unter die Leitungs- und Organisationsverantwortung der Landesregierung als oberstem Organ der Landesverwaltung, die dem Landtag gegenüber verantwortlich ist, dürfte aber durch die maßgebenden Rechtsvorschriften nicht gewährleistet sein."
3.3. Die Wiener Landesregierung erstattete auf Grund ihres Beschlusses vom eine Äußerung, in der sie den - vorläufigen - Bedenken des Verfassungsgerichtshofes entgegentritt und beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufheben.
Die Wiener Landesregierung teilt zunächst die Ansicht des Gerichtshofes, daß im Fall von Beleihungen ausreichende Steuerungsmöglichkeiten eines obersten Organs vorhanden sein müssen, um für die Gesetzmäßigkeit der Vollziehung in effektiver Weise zu sorgen. Aus ihrer Sicht seien aber die schon vorhandenen Instrumente ausreichend. Wörtlich wird dazu folgendes ausgeführt (Hervorhebung im Original):
"Gemäß Art 111 B-VG steht in Angelegenheiten des Abgabenwesens die Entscheidung in oberster Instanz besonderen Kollegialbehörden zu. In Wien wurde dafür nach §§203 ff. der Wiener Abgabenordnung - WAO die Abgabenberufungskommission eingerichtet. § 8 Abs 1 Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000 statuiert die Abgabenberufungskommission als Berufungsbehörde und sachlich in Betracht kommende Oberbehörde und legt die Geltung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) fest. Für sachlich in Betracht kommende Oberbehörden sieht das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 Kompetenzen bei Zuständigkeitskonflikt, Zuständigkeitskonkurrenz, Devolutionsanträgen und bei Anwendung der Bestimmung des § 68 AVG vor. Daher hat die Abgabenberufungskommission zumindest gewisse Aufsichtsrechte in fachlicher Hinsicht.
Im Übrigen bestehen Aufsichtsrechte der Wiener Landesregierung, die sich aus folgenden Überlegungen herleiten:
Zur Frage der näheren Ausgestaltung von Aufsichts-, aber auch Weisungsrechten heißt es in VfSlg. 4.117/1961:
'Es hat sich daher in der österreichischen Gesetzgebung die Praxis entwickelt, die Befugnisse der Aufsichtsbehörden nur in jenen Fällen ausdrücklich gesetzlich festzulegen, in denen die Aufsichtsbefugnisse der vorgesetzten Verwaltungsorgane nach dem Willen des Gesetzgebers auf bestimmte Mittel beschränkt werden sollten. Insbesondere wird diese Methode angewendet, wenn das Weisungsrecht der Organe der unmittelbaren Staatsverwaltung gegenüber Organen der mittelbaren Staatsverwaltung ausgeschlossen werden soll.'
Ausgeschlossen wurde das Weisungsrecht der Wiener Landesregierung lediglich hinsichtlich der Rechtsmittelentscheidungen der Abgabenberufungskommission (vgl. die Verfassungsbestimmung des § 207a WAO). Außerhalb dieses Bereiches liegen die Aufsichts- und Weisungsbefugnisse nach wie vor bei der Wiener Landesregierung.
Dies ergibt sich zum einen implizit daraus, dass drei der sechs Beisitzer der Abgabenberufungskommission - davon zwei auf Vorschlag der stärksten Partei des Gemeinderates, eines auf Vorschlag der zweitstärksten Partei des Gemeinderates - von der Landesregierung auf die Dauer der Wahlperiode des Gemeinderates ernannt werden. Aus wichtigen Gründen ist eine vorzeitige Abberufung zulässig. Die drei weiteren Beisitzer - rechtskundige Beamte des Magistrats - werden von der Landesregierung auf unbestimmte Zeit ernannt, können von dieser aber jederzeit abberufen werden (vgl. §§204 ff. WAO). So unterliegen die Mitglieder der Abgabenberufungskommission zwar nicht den Weisungen der Wiener Landesregierung im Einzelfall (vgl. § 207a WAO), die Wiener Landesregierung kann aber durch die Besetzung der Kommission steuernd und lenkend eingreifen. Dies stellt eine sehr weitreichende Einflussmöglichkeit dar."
Aus Art 101 Abs 1 B-VG und § 11 Wr. KFBG, wonach mit der Vollziehung des Gesetzes die Wiener Landesregierung betraut sei, leitet die Wiener Landesregierung weiters ab, daß die Leitungs- und Steuerungsrechte zwischen der "stärker demokratisch legitimierten Wiener Landesregierung" und der Abgabenberufungskommission ähnlich wie bei einem Unternehmen aufgeteilt seien: Die strategische Seite liege bei der Wiener Landesregierung, die im Wege von Durchführungsverordnungen und Entscheidungen über die Personalbesetzung den Rahmen für die GIS GmbH bzw. die Abgabenberufungskommission vorgebe, sich aber mit Einzelfallentscheidungen nicht befasse. Die Abgabenberufungskommission sei hingegen für den "operativen Teil" zuständig: Ihr obliege - weisungsfrei - die Entscheidung und Abänderung in jenen Fällen, die von der GIS GmbH in erster Instanz entschieden worden seien. Sollten etwa die Mitglieder die strategischen Vorgaben nicht entsprechend umsetzen, "können entsprechende Änderungen vorgenommen werden".
Schließlich gibt die Wiener Landesregierung zu bedenken, daß der Steuerungs- und Lenkungsbedarf beim Vollzug des Wr. KFBG "geringer" als in anderen Bereichen sei. Der GIS GmbH obliege nämlich die Einhebung mehrerer Gebühren, die an den Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung anknüpften, so etwa des Programmentgelts für den ORF oder des Kunstförderungsbeitrages für Bund und Länder. Aus diesem Grund sei auch die Anwendung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 vorgesehen worden und hätten "mehrere Organisationen" ein Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfassung der Rundfunkteilnehmer und an einer korrekten Verrechnung durch die GIS GmbH. Soweit die Gesellschaft Aufgaben nach dem RGG besorge, unterliege sie gemäß § 5 leg.cit. bereits der Aufsicht des BMF.
Abschließend bemerkt die Wiener Landesregierung, daß Regelungen über die Einhebung eines Kulturförderungsbeitrages (Kulturschillings) in den meisten Bundesländern seit Jahrzehnten bestünden; die Einhebung sei zunächst von den Fernmeldebehörden, dann durch die Post- und Telegraphenverwaltung, in weiterer Folge durch die Post und Telekom Austria AG (für den Bund) und schließlich durch die GIS GmbH besorgt worden, jeweils auf "vergleichbarer gesetzlicher Grundlage". In mehreren Bundesländern gebe es ähnliche Regelungen wie in Wien; dort sei jeweils die Landesregierung als Berufungsbehörde und sachlich in Betracht kommende Oberbehörde statuiert worden. Nähere Regelungen über Leitungs- und Steuerungsrechte bestünden auch dort nicht.
II. 1. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist zulässig. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die gegen die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes über die Zulässigkeit der Beschwerde und die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen sprechen würden.
2. Es treffen auch die im Prüfungsbeschluß geäußerten Bedenken zu:
2.1. Der Gerichtshof hat in diesem Prüfungsbeschluß vor dem Hintergrund seiner Rechtsprechung betreffend die Zulässigkeit der Beleihung ausgegliederter Rechtsträger mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Hoheitsverwaltung bzw. der Ausgliederung behördlicher Aufgaben aus der unmittelbaren Staatsverwaltung (VfSlg. 14.473/1996, 16.400/2001) zunächst die verfassungsrechtliche Notwendigkeit der Unterstellung der Gesellschaft unter die Leitungsbefugnis eines obersten Organs, dessen Mitglieder gemäß Art 105 Abs 2 B-VG iVm Art 142 B-VG (dem Landtag gegenüber) verantwortlich sind, hervorgehoben.
2.2. Die Wiener Landesregierung vertritt in ihrer Stellungnahme die Auffassung, daß die Leitungs- und Steuerungsrechte im konkreten Fall zwischen der "stärker demokratisch legitimierten Wiener Landesregierung" und der Abgabenberufungskommission geteilt seien und daß - abgesehen von den Rechtsmittelentscheidungen - Aufsichts- und Weisungsbefugnisse der Wiener Landesregierung in fachlicher Hinsicht auch im Bereich des Abgabenwesens bestünden.
Die Wiener Landesregierung versucht nun darzutun, daß bereits die vorhandenen Instrumente auslangten, um für eine ausreichende Steuerungsmöglichkeit eines obersten Organs zur Einhaltung der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung zu sorgen. Sie verweist dabei zum einen auf die Kompetenz der Abgabenberufungskommission zur Entscheidung in oberster Instanz (Art111 B-VG) sowie auf die Befugnisse einer sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde nach dem AVG, womit "zumindest gewisse Aufsichtsrechte in fachlicher Hinsicht" verbunden seien. Zum anderen bestünden Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse der Wiener Landesregierung schon deswegen, weil diese Rechte - außer hinsichtlich der Rechtsmittelentscheidungen in oberster Instanz (vgl. die Verfassungsbestimmung des § 207a WAO) - gesetzlich nicht ausgeschlossen worden seien.
2.3. Damit vermag die Wiener Landesregierung aber die eingangs aufgezeigten Erfordernisse einer verfassungskonformen Beleihung nicht zu begründen:
Sollte es so sein, daß die maßgeblichen Leitungs- und Steuerungsfunktionen in der hier in Rede stehenden Angelegenheit von der Abgabenberufungskommission wahrgenommen werden, dann wäre beachtlich, daß nur die Mitglieder der Wiener Landesregierung, nicht aber jene der Abgabenberufungskommission dem Landtag gegenüber verantwortlich sind (Art105 Abs 2 B-VG iVm Art 142 B-VG). Es braucht daher für den konkreten Fall nicht abschließend beurteilt zu werden, ob allein der Umstand, daß die Abgabenberufungskommission als Berufungsbehörde und sachlich in Betracht kommende Oberbehörde berufen ist, ausreicht, ihr eine effektive Leitungs- und Steuerungsfunktion einzuräumen, weil nämlich jedenfalls die - zur Begründung des parlamentarisch-demokratischen Legitimationszusammenhanges der Verwaltung verfassungsrechtlich notwendige (vgl. VfSlg. 14.473/1996, 16.400/2001; Korinek, Staatsrechtliche Bedingungen und Grenzen der Ausgliederung und Beleihung, ÖZW 2000, 46 f., 52 f.) - Verantwortlichkeit ihrer Mitglieder gegenüber dem allgemeinen Vertretungskörper des Landes fehlt. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Mitglieder der Abgabenberufungskommission von der Landesregierung abberufen werden können.
Sind hingegen, wovon auch die Wiener Landesregierung in ihrer Stellungnahme offenbar ausgeht, die Leitungs- und Steuerungsfunktionen zwischen der Abgabenberufungskommission und der Wiener Landesregierung geteilt und kommen dieser auch in den Angelegenheiten des Art 111 B-VG Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse zu, dann ist der Umstand von Bedeutung, daß der Wiener Landesregierung diese Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse gegenüber der Gesellschaft nicht in expliziter Weise eingeräumt sind: Wie der Gerichtshof in VfSlg. 16.400/2001 (betreffend die BWA als ausgegliederte juristische Person des öffentlichen Rechts) mit ausführlicher Begründung erkannt hat, wirkt Art 20 B-VG gegenüber ausgegliederten Rechtsträgern nicht unmittelbar, sondern "verpflichtet den Gesetzgeber, Rechtsvorschriften zu erlassen, die einem obersten Organ eine effektive Leitungs- und Steuerungsfunktion einräumen, und dabei insbesondere ein umfassendes Weisungsrecht einzurichten". Weisungsbefugnisse gegenüber ausgegliederten Rechtsträgern jeder Art sind daher ausdrücklich einzuräumen. Daß dies im vorliegenden Fall - entweder unmittelbar oder allenfalls auf dem Wege sondergesellschaftsrechtlicher Bestimmungen - geschehen sei, behauptet auch die Wiener Landesregierung nicht.
Wenn die Wiener Landesregierung in diesem Zusammenhang auf die gemäß § 5 Abs 6 RGG dem Bundesminister für Finanzen eingeräumte Aufsicht über die Gesellschaft verweist, ist ihr zu entgegnen, daß diese Aufsicht sich auf Fragen der Vollziehung des RGG bezieht und daher nicht die für die Landesvollziehung des Wr. KFBG erforderlichen effektiven Leitungs- und Steuerungsrechte der Wiener Landesregierung ersetzen kann.
Soweit die Wiener Landesregierung Leitungs- und Steuerungsmöglichkeiten gegenüber der Gesellschaft aus dem Umstand ableiten will, daß sie über die Bestellung bzw. Abberufung von Mitgliedern der Abgabenberufungskommission Einfluß auf diese (und damit auch auf die Gesellschaft) nehmen kann, ist ihr zu entgegnen, daß die Möglichkeit, auf die Zusammensetzung eines Organs Einfluß zu nehmen, eine effektive Steuerungs- und Lenkungsfunktion, die dieses Organ gegenüber einem beliehenen Rechtsträger wahrzunehmen hat, nicht begründen kann.
Der Gerichtshof bleibt daher bei seiner Ansicht, daß im konkreten Fall der Beleihung der Gebühreninkasso Service GmbH mit den behördlichen Aufgaben des § 6 (iVm § 8) Wr. KFBG die verfassungsrechtlichen Grenzen einer zulässigen Übertragung der Zuständigkeit zur Erlassung von Hoheitsakten nicht eingehalten wurden.
3. Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.
Die Verpflichtung des Landeshauptmannes von Wien zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt erfließt aus Art 140 Abs 5 B-VG iVm §§64 f. VfGG.
Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung vom Verfassungsgerichtshof beschlossen werden.