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VfGH vom 28.11.1997, G451/97

VfGH vom 28.11.1997, G451/97

Sammlungsnummer

15023

Leitsatz

Aufhebung weiterer Fassungen von Bestimmungen des EStG 1988 betreffend die Familienbesteuerung unter Hinweis auf das Vorerkenntnis G168/96 ua

Spruch

1. § 34 Abs 7 Z 2 und § 57 Abs 2 Z 3 litb des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, idF des Familienbesteuerungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 312, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

4. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. a) Das Verfahren betrifft die Besteuerung unterhaltspflichtiger Eltern durch das Einkommensteuergesetz 1988 in der Fassung des Familienbesteuerungsgesetzes 1992, BGBl. 312, und wurde aus Anlaß der zu B577/95 protkollierten Beschwerde, die sich gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich richtet, mit dem u.a. das Begehren des Beschwerdeführers, die im Jahre 1993 geleisteten Unterhaltszahlungen für seine zwei Kinder (von denen eines nicht in seinem Haushalt lebt), seine Ehefrau und seine geschiedene Ehefrau in Höhe von S 294.000,-- als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, abgewiesen wurde, mit Beschluß vom eingeleitet.

b) Der Verfassungsgerichtshof ging in diesem Einleitungsbeschluß vorläufig davon aus, daß die Beschwerde zulässig sei, daß er bei ihrer Behandlung unter anderem die in Prüfung genommenen Bestimmungen des § 34 Abs 7 Z 2 und des § 57 Abs 2 Z 3 litb EStG 1988 idF des Familienbesteuerungsgesetzes 1992, BGBl. 312, anzuwenden hätte, die die steuerliche Berücksichtigung bzw. Nichtberücksichtigung der im Anlaßverfahren geltend gemachten Unterhaltsleistungen an ein Kind, das nicht dem Haushalt des steuerpflichtigen Beschwerdeführers zugehört, regeln, sodaß diese Bestimmungen präjudiziell sein dürften, und daß auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sein dürften.

c) Die in Prüfung genommenen (in der Wiedergabe hervorgehobenen) Bestimmungen stehen in folgendem Regelungszusammenhang und haben folgenden Wortlaut:

Die von den Steuerpflichtigen für den Unterhalt ihrer Familienangehörigen aufgewendeten Beträge dürfen gemäß § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988 bei den Einkünften nicht abgezogen werden. Gemäß § 33 Abs 4 leg.cit. stehen zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen aber Kinderabsetzbeträge (für Kinder, für die dem Steuerpflichtigen Familienbeihilfe gewährt wird) bzw. Unterhaltsabsetzbeträge (für nicht haushaltszugehörige Kinder) zu. Für die Unterhaltsabsetzbeträge im Bereich der Lohnsteuer bestimmt dazu § 57 Abs 2 EStG 1988 idF BGBl. 312/1992, folgendes:

"(2) Zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen stehen nachfolgende Absetzbeträge zu:

...

3. a) ...

b) Einem Steuerpflichtigen, der für ein Kind, das nicht seinem Haushalt zugehört (§2 Abs 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird, den gesetzlichen Unterhalt leistet, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 350 S monatlich zu. Leistet er für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht ihm für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 525 S und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 700 S monatlich zu. Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, so steht der Absetzbetrag nur einmal zu."

Unterhaltsleistungen, die die Leistungsfähigkeit in einem über die Absetzbeträge hinausgehenden Maß beeinträchtigen, werden einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigt, und zwar auch nicht als außergewöhnliche Belastung. Denn hiefür bestimmt § 34 Abs 7 EStG 1988 idF BGBl. 312/1992:

"(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:

1. Unterhaltsleistungen für ein haushaltszugehöriges Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs 4 Z 3 lita abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§106 Abs 3) Anspruch auf diese Beträge hat.

2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind, das nicht dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehört, sind durch den Unterhaltsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs 4 Z 3 litb abgegolten.

3. Unterhaltsleistungen für den (Ehe)Partner (§106 Abs 3) sind durch den Alleinverdienerabsetzbetrag abgegolten.

4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen."

d) In der Sache selbst hegte der Verfassungsgerichtshof ob der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung genommenen Bestimmungen die gleichen Bedenken, die ihn veranlaßt haben, aus Anlaß anderer Beschwerdeverfahren von Amts wegen Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen" in § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988, BGBl. 400, des § 33 Abs 4 Z 3 und des § 34 Abs 7 EStG 1988 idF des Familienbesteuerungsgesetzes 1992, BGBl. 312, einerseits und des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. 818, andererseits sowie des § 57 Abs 2 Z 3 EStG 1988 idF des Familienbesteuerungsgesetzes 1992 einzuleiten (siehe , und , B1952/96).

Mit Erkenntnis vom , G168/96 ua., hat er diese Bestimmungen - mit Ausnahme der §§34 Abs 7 Z 2 bis 4 und 57 Abs 2 Z 3 litb EStG 1988 idF BGBl. 312/1992 und des § 34 Abs 7 Z 3 und 4 EStG 1988 idF BGBl. 818/1993 - als verfassungswidrig aufgehoben.

Hinsichtlich der Bestimmungen des § 57 Abs 2 Z 3 litb und des § 34 Abs 7 Z 2 EStG 1988 idF des Familienbesteuerungsgesetzes 1992 mußten die Gesetzesprüfungsverfahren allerdings aus Präjudizialitätsgründen eingestellt werden, da in den Anlaßverfahren Unterhaltsabsetzbeträge für das Jahr 1993 nicht in Frage standen. Diese Bestimmungen verblieben somit im Rechtsbestand und stehen aus Anlaß der Beschwerde B577/95 nunmehr (neuerlich) in Prüfung.

2. Die Bundesregierung teilte mit, daß sie im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G168/96 ua., von der Erstattung einer meritorischen Äußerung Abstand nehme, und beantragte für den Fall der Aufhebung "für das Außerkrafttreten eine Frist von 18 Monaten (zu) bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen". Die beteiligte Finanzlandesdirektion für Oberösterreich verzichtete auf eine Äußerung.

II.Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist zulässig.

Es ist nichts hervorgekommen, was an der Zulässigkeit der Anlaßbeschwerde und an der Präjudizialität der in Prüfung genommenen Bestimmungen zweifeln ließe. Auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen liegen vor.

2. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes sind auch begründet. Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des § 34 Abs 7 Z 2 und des § 57 Abs 2 Z 3 litb EStG 1988 idF des Familienbesteuerungsgesetzes 1992, BGBl. 312, verstoßen aus denselben Gründen gegen den Gleichheitssatz, die zur Aufhebung der vorhin genannten Bestimmungen des EStG 1988 durch das Erkenntnis vom , G168/96 ua., geführt haben.

Der Gerichtshof kann sich daher damit begnügen, auf die Begründung dieses Erkenntnisses zu verweisen.

3. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der Regelung gründet sich auf Art 140 Abs 5 B-VG. Die Frist war mit der im Erkenntnis G168/96 ua. gesetzten Frist für das Außerkrafttreten der mit dieser Entscheidung aufgehobenen Bestimmungen zu harmonisieren.

Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.

Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aussprüche im Bundesgesetzblatt I erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VerfGG iVm § 2 Abs 1 Z 4 BGBlG, BGBl. 660/1996.

4. Diese Entscheidung konnte angesichts des mehrfach zitierten Erkenntnisses vom , G168/96 ua., gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.