VfGH vom 21.09.2011, g42/11
Sammlungsnummer
19488
Leitsatz
Gleichheitswidrigkeit einer weiteren Bestimmung über Mindeststrafen im Fremdenpolizeigesetz; keine sachgerechte Differenzierung zwischen den einzelnen Verstößen gegen die Meldeverpflichtung
Spruch
I. Die Wortfolge "von 1 000 Euro" in § 121 Abs 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, war verfassungswidrig.
II. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (im Folgenden: UVS) ist ein Berufungsverfahren gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch anhängig, mit dem über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von € 1.000,- (für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe von 100 Stunden) gemäß § 121 Abs 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I 100 idF BGBl. I 122/2009, (im Folgenden: FPG) verhängt wurde, weil sie ihrer Meldeverpflichtung gemäß § 15a Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG) nicht nachgekommen sei. Konkret habe sie sich zwar bei der zuständigen Polizeiinspektion regelmäßig gemeldet, jedoch das vorgeschriebene Zeitintervall von 48 Stunden nicht eingehalten.
2. Aus Anlass dieses Berufungsverfahrens stellte der UVS den auf Art 140 Abs 1 B-VG gestützten Antrag vom , die Wortfolge "von 1.000 Euro" in § 121 Abs 2 FPG als verfassungswidrig aufzuheben. Seine Bedenken legte der UVS wie folgt dar:
"Mit der Novelle des FPG, BGBl I Nr 122/2009, wurde die hier in Rede stehende Strafbestimmung eingeführt. In der Regierungsvorlage wird im allgemeinen Teil der Erläuterungen zu dieser Novelle ausgeführt, weitere Adaptierungen der Verwaltungsstraftatbestände (§120 und § 121) würden teils deutlich angehobene Strafsätze sowie Mindeststrafen vorsehen. [...] Zudem würden weitere Straftatbestände betreffend die Verletzung der asylrechtlichen Gebietsbeschränkung und der Meldeverpflichtungen geschaffen (330 BlgNR, 24. GP, 5f).
Zur Bestimmung des § 121 Abs 2 FPG ist in dieser Regierungsvorlage ausgeführt, die Behörden könnten bei einer Verletzung der mit vorliegendem Entwurf vorgeschlagenen Meldeverpflichtung nach § 15a Asylgesetz 2005 Geldstrafen von 1.000 bis zu 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit Freiheitsstrafen bis zu drei Wochen, verhängen, was der Anpassung an die neue Systematik der Verwaltungsübertretungen im Fremdenrecht entspreche (330 BlgNR, 24. GP, 38).
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes begrenzt das Sachlichkeitsgebot den Spielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung von Sanktionen für rechtswidriges Verhalten. Der Verfassungsgerichtshof hat es insbesondere für unzulässig angesehen, wenn eine absolute Strafdrohung unabhängig vom Grad des Verschuldens und unabhängig von der Höhe des durch eine Gesetzesübertretung bewirkten Schadens vorgesehen ist (VfSlg 9901/1983 zur Strafe des Verfalls), mit der Folge, dass eine Regelung ihrem System nach ein exzessives Missverhältnis zwischen der Höhe der Strafe einerseits und dem Grad des Verschuldens und der Höhe des verursachten Schadens andererseits einschließt (vgl ua).
Der Verfassungsgerichtshof hat außerdem ausgesprochen, dass das Sachlichkeitsgebot auch den Fall verpöne, indem ein exzessives Missverhältnis zwischen dem unter Strafsanktion gestellten Verhalten und der als primäre Rechtsfolge vorgesehenen Geldstrafe gegeben ist (VfSlg 12.151/1989). Dagegen sei es nicht unsachlich, wenn sich die Strafhöhe vor allem am Strafzweck orientiere (VfSlg 7967/1976), welcher nur dann erreicht werden könne, wenn die für den Fall des vorsätzlichen rechtswidrigen Verhaltens vorgesehene Strafe derart empfindlich sei, dass ein in der Regel normgemäßes Verhalten durchgesetzt werden könne.
In seinem Erkenntnis vom , Zl G53/10, hat der Verfassungsgerichtshof zur Bestimmung des § 120 Abs 1 FPG, idF der Novelle BGBl Nr 122/2009, ausgesprochen, dass die Festsetzung einer Mindeststrafe von 1.000 Euro unsachlich sei, weil die von der Mindeststrafe des § 120 Abs 1 FPG erfassten Tatbestände der rechtswidrigen Einreise und des rechtswidrigen Aufenthaltes auf eine Vielzahl unterschiedlicher Sachverhalte anzuwenden seien und damit Verstöße ganz unterschiedlicher Gravität erfassten, ohne dabei hinreichend die Berücksichtigung dieser Unterschiede zu ermöglichen. Gänzlich unterschiedliche Verhaltensweisen seien zumindest mit derselben Mindeststrafe zu ahnden. Wenngleich eine (begünstigende) Rücksichtnahme auf die Umstände des konkreten Falles durch die §§20 und 21 VStG möglich sei, vermöge dies die Unterlassung der (notwendigen) Differenzierung im Gesetz hinsichtlich des Unrechtsgehaltes nicht zu rechtfertigen.
Diese Bedenken des Fehlens einer gebotenen Differenzierung im Gesetz würden bei einer systematischen Betrachtung des § 120 FPG bestätigt: Während Abs 2 (Erschleichung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels) und Abs 3 (Beihilfe zu rechtswidriger Einreise oder unbefugtem Aufenthalt) des § 120 FPG - im Gegensatz zu dessen Abs 1 - jeweils die verstärkte Vorsatzform der Wissentlichkeit voraussetzten, differenziere der Gesetzgeber demgegenüber bei der (Mindest-)Strafdrohung nicht, sondern sehe in allen genannten Regelungen jeweils eine Strafdrohung von 1.000 bis 5.000 Euro vor. Die Regelung der Mindeststrafe ermögliche somit keine sachgerechte Bewertung der von § 120 Abs 1 FPG erfassten Verhaltensweisen. Die Festlegung der Mindeststrafe in § 120 Abs 1 FPG verstoße daher gegen das Gleichheitsgebot.
Gleiches gilt für die Bestimmung des § 121 Abs 2 FPG. Wie sich aus den oben wiedergegebenen Erläuterungen zu § 121 Abs 2 leg cit ergibt, wurde die Mindeststrafe von 1.000 Euro zur 'Anpassung an die neue Systematik der Verwaltungsübertretungen im Fremdenrecht' eingeführt. Somit wollte der Gesetzgeber offensichtlich für Verwaltungsübertretungen nach dem Fremdenrecht weitgehend einheitlich eine Mindeststrafe von 1.000 Euro vorsehen. Wie sich aus dem oben schon zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom ergibt, kommt es durch dieses Vorgehen zu einer mangelnden Differenzierung bei den (Mindest-)Strafdrohungen, welche eine sachgerechte Bewertung verschiedener Verhaltensweisen mit verschiedenem Unrechtsgehalt verunmöglicht. Auch in diesem Fall ist eine sachliche Rechtfertigung für den vorlegenden UVS nicht erkennbar.
Weiters ist die vorgesehene Mindeststrafe aus Sicht des vorlegenden UVS auch deshalb unsachlich, da Übertretungen des § 121 Abs 2 FPG typischerweise von Personen mit (sehr) ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen begangen werden. Die vorgesehene Mindeststrafe wird daher in einer nicht unbeachtlichen Zahl der Fälle - da mangels Vermögen die Ersatzfreiheitsstrafe angetreten werden muss - wie eine primäre Freiheitsstrafe wirken.
Diese Erwägungen begründen nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der obgenannten Bestimmung. Auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G53/10, sowie auf die dort zitierte Vorjudikatur des Verfassungsgerichtshofes wird verwiesen."
3. Die Bundesregierung sah "im Hinblick auf die im - vom Nationalrat am beschlossenen - Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 (FrÄG 2011) vorgesehene Änderung des § 121 Abs 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100, die mit in Kraft treten soll" von der Erstattung einer meritorischen Äußerung ab.
4. Die Berufungswerberin im Verfahren vor dem UVS hat eine Äußerung erstattet, in der sie - auf das Wesentliche zusammengefasst - die Auffassung des UVS teilt und anregt, dem Gesetzesprüfungsantrag des UVS Folge zu geben und die angefochtene Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Rechtslage
1. Der hier maßgebliche § 121 Abs 2 FPG (Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I 100 in der bis zum geltenden Fassung BGBl. I 122/2009) sowie der dort zitierte § 15a AsylG lauten wie folgt (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):
"Sonstige Übertretungen
§121. (1) [...]
(2) Wer sich als Fremder außerhalb des Gebietes, in dem er gemäß § 12 Abs 2 AsylG 2005 geduldet ist, aufhält, oder eine Meldeverpflichtung gemäß §§15 Abs 1 Z 4 vorletzter Satz oder 15a AsylG 2005 verletzt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen.
(3) - (6) [...]
Meldeverpflichtung im Zulassungsverfahren
§15a. (1) Fremde im Zulassungsverfahren unterliegen einer periodischen Meldeverpflichtung, wenn
1. eine Mitteilung nach § 29 Abs 3 Z 4 bis 6 erfolgt oder
2. dem Fremden gemäß § 12a Abs 1 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt und
über den Fremden weder Schubhaft verhängt wurde, noch gegen ihn ein gelinderes Mittel angewandt wird.
(2) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs 1 haben sich Fremde, die nicht in einer Betreuungseinrichtung des Bundes versorgt werden, in periodischen, 48 Stunden nicht unterschreitenden, Abständen bei einer zu bestimmenden Polizeiinspektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Polizeiinspektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesasylamt mit Verfahrensanordnung (§63 Abs 2 AVG) mitzuteilen. Für Fremde, die in einer Betreuungseinrichtung des Bundes versorgt werden, gilt die Abwesenheit von mindestens 48 Stunden von der Betreuungseinrichtung als Verletzung der Meldeverpflichtung. Die Abwesenheit von der Betreuungsstelle ist auf geeignete nachvollziehbare Weise zu dokumentieren. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war."
2. § 121 Abs 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 lautet seit der mit in Kraft getretenen Novellierung durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011, BGBl. I 38, wie folgt:
"§121. (1) [...]
(2) Wer sich als Fremder außerhalb des Gebietes, in dem er gemäß § 12 Abs 2 AsylG 2005 geduldet ist, aufhält, oder eine Meldeverpflichtung gemäß §§15 Abs 1 Z 4 vorletzter Satz oder 15a AsylG 2005 verletzt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 100 Euro bis zu 1 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen.
(3) - (7) [...]"
III. Erwägungen
1. Prozessvoraussetzungen
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenat an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 140 B-VG bzw. des Art 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenates im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003).
Der Verfassungsgerichtshof hat darüber hinaus in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass der Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen ist, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg. 7376/1974, 9374/1982, 11.506/1987, 15.599/1999, 16.195/2001).
Die Grenzen der Aufhebung müssen auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg. 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003).
Gemäß § 1 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG) richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. Rechtsänderungen nach abgeschlossener Tat berühren die bereits eingetretene Strafbarkeit nicht.
1.2. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass der antragstellende UVS die angefochtene Wortfolge in § 121 Abs 2 FPG (Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I 100 idF BGBl. I 122/2009) denkmöglich anzuwenden hat, da einer Anwendung der nach seiner Antragstellung eingetretenen geänderten Rechtslage - wäre sie auch für den Täter hinsichtlich der Strafhöhe günstiger - § 1 Abs 2 VStG entgegensteht. Gemäß § 1 Abs 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht wäre für den Täter günstiger. Eine Änderung der Rechtslage nach Fällung des Bescheides erster Instanz muss daher auf Grund des § 1 Abs 2 VStG ohne Bedeutung bleiben (vgl. VfSlg. 17.828/2006 mwN).
1.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes schließt der Umstand, dass eine Gesetzbestimmung bereits außer Kraft getreten ist, die Zulässigkeit eines Antrages eines Gerichts oder eines unabhängigen Verwaltungssenates nicht aus, wenn in ihm begehrt wird, die betreffende Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben (vgl. VfSlg. 16.124/2001 und 16.407/2001). Auch insofern ist die Zulässigkeit des Antrages daher gegeben.
1.4. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist der Antrag zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg. 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg. 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2. Auf das Wesentliche zusammengefasst vertritt der UVS - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Festlegung von Sanktionen - die Auffassung, dass das Sachlichkeitsgebot den Spielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung von Sanktionen begrenze. Es verpöne den Fall, in dem ein exzessives Missverhältnis zwischen dem unter Strafsanktion gestellten Verhalten und der als primären Rechtsfolge vorgesehenen Geldstrafe gegeben sei. Durch die zur Anpassung an die neue Systematik der Verwaltungsübertretungen im Fremdenrecht durch BGBl. I 122/2009 eingeführte Mindeststrafe von € 1.000,- komme es, wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , G53/10 ua., zu § 120 FPG ausgesprochen habe, zu einer mangelnden Differenzierung bei den (Mindest-)Strafdrohungen, welche eine sachgerechte Bewertung verschiedener Verhaltensweisen mit verschiedenem Unrechtsgehalt verunmögliche. Zudem würde die in § 121 Abs 2 FPG vorgesehene Mindeststrafe durch die typischerweise (sehr) ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Normunterworfenen wie eine primäre Freiheitsstrafe wirken.
2.3. Diese Bedenken treffen im Ergebnis zu:
Die in § 121 Abs 2 FPG festgelegte Mindeststrafe von € 1.000,-
lässt - wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , G53/10 ua., zu § 120 Abs 1 und 4 FPG ausgesprochen hat - eine sachgerechte Differenzierung zwischen den einzelnen Verstößen gegen die Meldeverpflichtung des § 15a AsylG nicht zu. Gemäß § 121 Abs 2 FPG macht es nämlich keinen Unterschied, ob sich - wie in dem dem Antrag zugrundeliegenden Anlassfall - der Fremde während des Zulassungsverfahrens zwar regelmäßig bei der zuständigen Polizeiinspektion gemeldet hat, jedoch nicht innerhalb des vorgegebenen Zeitintervalles von 48 Stunden, oder ob er seiner Meldeverpflichtung schlechthin nicht nachgekommen ist. Die Mindeststrafe von € 1.000,- ist daher sachlich nicht gerechtfertigt.
IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Dadurch, dass die durch das BGBl. I 122/2009 eingeführte Mindeststrafe von € 1.000,- in § 121 Abs 2 FPG keine sachgerechte Bewertung der von ihr erfassten Verhaltensweisen ermöglicht, verstößt sie gegen das Gleichheitsgebot. Da die Mindeststrafe in § 121 Abs 2 FPG durch die am in Kraft getretene Novelle BGBl. I 38/2011 auf € 100,- herabgesetzt wurde, hatte sich der Verfassungsgerichtshof auf den Ausspruch zu beschränken, dass die angefochtene Wortfolge "von 1 000 Euro" verfassungswidrig war.
2. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.