VfGH vom 03.10.2006, G33/06
Sammlungsnummer
17942
Leitsatz
Zuständigkeit des Bundes zur Regelung der Grundversorgung von Asylwerbern aufgrund des engen sachlichen Zusammenhanges zwischen den Versorgungsleistungen und dem Fremdenrecht; Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zur Regelung der Behördenzuständigkeit außerhalb des dem Unabhängigen Bundesasylsenat vorbehaltenen Kernbereichs an Asylsachen; keine Unsachlichkeit der Übertragung der Berufungskompetenz in Verfahren wegen des Entzugs oder der Einschränkung der Versorgung an die Unabhängigen Verwaltungssenate; Zurückweisung von (mangels Präjudizialität) enger gefassten Anträgen infolge eines untrennbaren Zusammenhanges der Bestimmungen
Spruch
I. Die Anträge zu G 41, 45, 46, 120, 150, 169 und 176/06 werden zurückgewiesen.
II. Die Anträge zu G 33, 38 und 47/06 werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich, Außenstelle Mistelbach (im Folgenden: UVS Nö), sind mehrere Berufungen gegen Bescheide des Bundesasylamtes anhängig, in denen Asylwerbern die bis dahin gewährte Versorgung aufgrund des Bundesbetreuungsgesetzes bzw. Grundversorgungsgesetzes unter Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung nach § 64 Abs 2 AVG entzogen wurde oder entsprechende Anträge der Berufungswerber auf Aufnahme in die Versorgung zurückgewiesen wurden (in einem Fall wurde die Asylwerberin darüber hinaus von der Grundversorgung ausgeschlossen).
Aus Anlass der dagegen erhobenen Berufungen, in denen die Bescheidaufhebung und z.T. auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung begehrt wird, stellte der UVS Nö (mit wortidenter Begründung) mehrere Anträge auf Gesetzesprüfung.
In den Verfahren G33/06, G38/06, G41/06, G45/06 und G46/06 wird beantragt,
"der Verfassungsgerichtshof möge erkennen, dass § 9 Abs 2, 3 und 3a des Bundesgesetzes, mit dem die Grundversorgung von Asylwerbern im Zulassungsverfahren und bestimmten anderen Fremden geregelt wird (Grundversorgungsgesetz - Bund 2005 - GVG-B; vormals Bundesbetreuungsgesetz), BGBl. 1991/405 i.d.F.d. ArtII des BGBl I 2004/32 (Abs2) bzw. BGBl. I 2005/100 (Abs3 und 3a) als verfassungswidrig aufgehoben wird."
Mit Eingabe vom änderte der UVS Nö in dem zu G41/06 protokollierten Verfahren den Antrag in folgender Weise:
"Der antragstellende Unabhängige Verwaltungssenat ändert die gegenständliche Anfechtung daher dahingehend ab, dass im Antrag auf Seite 14 der Ausdruck ', 3' zu entfallen hat."
Zwar erwähnt der UVS Nö im "Bezug" nur das Verfahren G41/06, begründet aber seine Änderung damit, dass in drei Berufungsverfahren § 9 Abs 3 des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005 (im Folgenden: GVG-B) nicht präjudiziell sei.
Die drei Anlassfälle betreffen Prüfungsanträge des UVS Nö, welche nicht nur zu G41/06, sondern auch jene, die zu G45/06 und G46/06 protokolliert sind. In allen diesen Fällen befindet sich der Antrag auf Seite 14 des Schriftsatzes. Der Verfassungsgerichtshof ersuchte daraufhin den UVS Nö um Klarstellung, worauf sich die Eingabe vom beziehe. Der UVS Nö stellte schließlich klar, dass er auch in den zu G45/06 und G46/06 protokollierten Anträgen eine Änderung des Antrags im erwähnten Sinn vornehmen wollte.
In den zu G 120, 150, 169 und 176/06 protokollierten Anträgen wird lediglich § 9 Abs 2 und 3a GVG-B angefochten.
Ferner regt der UVS Nö jeweils an, gemäß Art 140 Abs 3 B-VG "das Bundesbetreuungsgesetz, BGBl. 1991/405 i.d.F. BGBl. I 2005/100, zur Gänze" aufzuheben.
2. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (im Folgenden: UVS Oö) sind ebenfalls zwei Berufungen gegen Bescheide des Bundesasylamtes anhängig, in denen die bisher gewährte Versorgung nach dem GVG-B unter Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gemäß § 64 Abs 2 AVG entzogen bzw. der Asylwerber von der Grundversorgung ausgeschlossen wurde.
Anlässlich dieser Berufungen stellt der UVS Oö den zu G47/06 protokollierten Antrag, § 9 Abs 2, 3 und 3a GVG-B als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. Betreuungsmaßnahmen des Bundes für hilfsbedürftige Asylwerber, wie deren Unterbringung, Verpflegung und Krankenhilfe, wurden mit dem - zeitlich auf ein Jahr befristeten - Bundesgesetz vom über die Bundesbetreuung für Asylwerber, BGBl. Nr. 452/1990, erstmals gesetzlich geregelt (gemäß § 1 Abs 3 bestand auf die Aufnahme in die Bundesbetreuung kein Rechtsanspruch). Eine in diesem Gesetz enthaltene (ebenfalls auf ein Jahr befristete) Verfassungsbestimmung sah eine Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz des Bundes vor, die im AB 1458 BlgNR XVII. GP, 1 f., damit begründet wurde, dass die im Gesetz getroffenen Regelungen nicht eindeutig unter einen der Kompetenztatbestände des Art 10 Abs 1 B-VG, insbesondere auch nicht unter Fremdenpolizei (Art10 Abs 1 Z 7), subsumiert werden könnten und daher eine verfassungsgesetzliche Regelung notwendig sei.
Nach dem Außerkrafttreten des Bundesgesetzes vom sollte mit dem Bundesgesetz, mit dem die Bundesbetreuung von Asylwerbern geregelt wird (Bundesbetreuungsgesetz), BGBl. Nr. 405/1991, eine unbefristete gesetzliche Grundlage für die Bundesbetreuung hilfsbedürftiger Asylwerber geschaffen werden. Als hilfsbedürftig definierte § 2 Abs 1 Personen, die den Lebensbedarf einschließlich der Unterbringung für sich und die mit ihnen in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen können. Auch nach § 1 Abs 3 der Stammfassung bestand kein Rechtsanspruch auf Bundesbetreuung; die Gewährung der Leistungen sollte in Form der Privatwirtschaftsverwaltung erfolgen (siehe RV 158 BlgNR XVIII. GP, 5; ferner sowie dazu und zur Novelle BGBl. I Nr. 101/2003 als Reaktion auf diese Rsp auch VfSlg. 17.340/2004). Eine verfassungsgesetzliche Kompetenzregelung war daher nicht mehr getroffen worden.
2. Nach der Richtlinie 2003/9/EG zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylwerbern in den Mitgliedstaaten (ABl. L 31/18 vom ) haben die Mitgliedstaaten der EU für die Gewährung "materieller Aufnahmebedingungen", wie Unterkunft und Verpflegung (Art13 Abs 1), gegenüber Asylwerbern Sorge zu tragen und sicherzustellen, dass insbesondere gegen abschlägige Entscheidungen Rechtsmittel eingelegt werden können, wobei zumindest in letzter Instanz die Anrufung eines Gerichtes möglich sein müsse (Art21 Abs 1).
Schließlich sollte mit der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (Asylwerber, Asylberechtigte, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbare Menschen) in Österreich (Grundversorgungsvereinbarung), BGBl. I Nr. 80/2004, "die bundesweite Vereinheitlichung der Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde, die im Bundesgebiet sind, im Rahmen der bestehenden verfassungsrechtlichen Kompetenzbereiche" erzielt werden (Art1 Abs 1). In den Art 3 und 4 der Grundversorgungsvereinbarung wird eine Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern geregelt, wobei gemäß Art 3 Abs 1 letzter Satz der Bund für "die Erstaufnahme der Asylwerber" sorgt.
3. Dem durch die Grundversorgungsvereinbarung und die Richtlinie 2003/9/EG entstandenen Regelungsbedarf trug ArtII der Novelle BGBl. I Nr. 32/2004 Rechnung, mit dem auch eine hoheitliche Vollziehung des Bundesbetreuungsgesetzes eingeführt wurde: Gemäß § 2 Abs 1 leistet der Bund Versorgung in einer Betreuungseinrichtung einerseits gegenüber Asylwerbern im Zulassungsverfahren und andererseits gegenüber Fremden, deren Asylantrag als unzulässig zurückgewiesen oder als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde, bis diese das Bundesgebiet verlassen. Die Versorgung kann von der Behörde eingeschränkt oder nur unter Auflagen gewährt oder gar entzogen werden, wenn z.B. ein (nach § 2 Abs 1 anspruchsberechtigter) Asylwerber oder Fremder die Aufrechterhaltung der Ordnung durch grobe Verstöße gegen die Hausordnung der Betreuungseinrichtung fortgesetzt oder nachhaltig gefährdet (§2 Abs 4 Z 1). Auch kann insbesondere ein Asylwerber, der nicht an der Feststellung des für die Asylverfahrensführung notwendigen Sachverhalts mitwirkt, von der Versorgung ausgeschlossen werden (§3 Abs 1 Z 4). Von der Behörde ist der Ersatz der notwendigen Betreuungskosten vorzuschreiben, wenn ein die Versorgung in Anspruch nehmender Asylwerber oder Fremder im Zeitpunkt der Versorgung seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten kann.
In den Erläuterungen zum Abänderungsantrag (StProt. XXII. GP 55. S. 112) wird zur Neuregelung der Bundesbetreuung Folgendes ausgeführt:
"Mit der vorliegenden Novelle zum BundesbetreuungsG soll einerseits die Grundversorgungsvereinbarung - Art 15a B-VG und andererseits die Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylwerbern in den Mitgliedstaaten (in Folge: Richtlinie Mindestnormen Aufnahme) umgesetzt werden. Dazu ist jedenfalls eine hoheitliche Vollziehung notwendig.
Die betroffenen Fremden - Asylwerber und Fremde, deren Asylantrag zurückgewiesen oder als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde und die sich noch in der Betreuungseinrichtung befinden sind in einer besonderen Situation.
Die Asylwerber müssen sich in der Erstaufnahmestelle dem Zulassungsverfahren stellen, das den Großteil ihrer Zeit - sei es für Verfahrenshandlungen, sei es für Vorbereitungen - in Anspruch nimmt und ihnen ist der Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt. Die anderen vom Gesetz betroffenen Fremden befinden sich noch in der Erstaufnahmestelle oder einer anderen Betreuungseinrichtung des Bundes, obwohl über sie entweder die Schubhaft verhängt hätte werden können oder alsbald verhängt werden kann. Bei ersteren wird ein gelinderes Mittel verhängt worden sein, letztere haben faktisch keine Möglichkeit, in der Kürze der Zeit eine Unterkunft zu finden. Daher begründet sich die Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung und Vollziehung dieser Betreuung im unmittelbaren Konnex an das Asylverfahren an die gleichen kompetenzrechtlichen Tatbestände wie das AsylG selbst (Art10 Abs 1 Z 3 und 7 B-VG). Aus diesem Grund leistet der Bund auch für nicht hilfsbedürftige Asylwerber Versorgung, diesen sind allerdings die Kosten der Versorgung vorzuschreiben.
Um die Richtlinie Mindestnormen Aufnahme zu erfüllen, muss in zweiter Instanz ein Gericht im europarechtlichen Sinne entscheiden; unter diesen Begriff fallen auch die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern; eine Befassung des Unabhängigen Bundesasylsenates war aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht möglich. Da das vorgeschlagene Gesetz jedoch in unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen wird, bedarf es bezüglich der Befassung des UVS nicht der Zustimmung der Länder im Sinne des Art 129a Abs 2 B-VG.
Systematisch wird sich die Betreuung von Asylwerbern durch die Grundversorgungsvereinbarung entscheidend ändern; der Bund versorgt die Asylwerber nach Einbringung des Asylantrages solange ein Zulassungsverfahren geführt wird. Nach der Zulassung werden die Asylwerber - unter Beachtung des Art 1 Abs 4 Grundversorgungsvereinbarung - einem Bundesland zur Versorgung zugeteilt, das Asylverfahren wird dann in einer Außenstelle des Bundesasylamtes geführt.
[...]
Sollte der Antrag des Asylwerber bereits in der Erstaufnahmestelle zurück- oder abgewiesen werden, die Schubhaft jedoch nicht möglich oder unverhältnismäßig sein, allerdings die Außer-Landes-Bringung in einem solchen zeitlichen Zusammenhang wahrscheinlich sein, die eine Zuteilung in die Länder aus Gründen der Sparsamkeit der Verwaltung nicht sinnvoll erscheinen lässt, so können diese Menschen weiterhin in der Betreuungseinrichtung versorgt werden - auch wenn sie, weil kein Rechtsmittel ergriffen wurde - keine Asylwerber mehr sind."
Im Hinblick auf die Behördenzuständigkeit enthalten die Erläuterungen folgende Ausführungen (StProt. XXII. GP, 55. S. 113):
"Da es sich bei [dem] vorgeschlagenen Gesetz um eine hoheitliche Erledigung von Bundesaufgaben handelt, haben Asylwerber und Fremde nach § 2 Abs 1 einen Rechtsanspruch auf Versorgung durch den Bund - im Nichtgewährungsfall hat die Behörde einen Bescheid zu erlassen.
[...]
Zuständige Behörde erster Instanz soll - in einer sachgerechten Verbindung von Asylverfahren und dazugehöriger Betreuung - das Bundesasylamt sein; eine Befassung des Unabhängigen Bundesasylsenates als Behörde zweiter Instanz war verfassungsrechtlich nicht möglich, da es sich bei der Betreuung - aus dem Gesichtspunkt der Versteinerungstheorie - nicht um eine Asylsache handelt. Um der Richtlinie Mindestnormen Aufnahme genüge zu tun, werden daher die jeweils zuständigen UVS in den Ländern als Berufungsbehörde vorgeschlagen."
Mit Art 6 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, wurde der Titel des Bundesbetreuungsgesetzes geändert, welches nunmehr "Bundesgesetz, mit dem die Grundversorgung von Asylwerbern im Zulassungsverfahren und bestimmten Fremden geregelt wird (Grundversorgungsgesetz - Bund 2005 - GVG-B 2005)" heißen soll. Die Änderungen betreffen größtenteils sprachliche Neuformulierungen sowie Anpassungen an die neue Asylrechtslage. So wird u.a. der Personenkreis in § 2 Abs 1 erweitert, indem neben der Versorgung von Asylwerbern im Zulassungsverfahren auch Fremde versorgt werden sollen, deren Asylantrag im Zulassungsverfahren zurück- oder abgewiesen wurde, wenn der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, solange ihr diese nicht wieder zuerkannt wird. § 2 Abs 1 und 4 idF BGBl. I Nr. 100/2005 sowie § 3 Abs 1 Z 4 und Abs 2 idF BGBl. I Nr. 32/2004 lauten:
"Gewährung der Versorgung
§2. (1) Der Bund leistet Asylwerbern im Zulassungsverfahren Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes (§1 Z 5). Darüber hinaus sorgt der Bund im gleichen Ausmaß für Fremde, deren Asylantrag im Zulassungsverfahren
1. zurückgewiesen oder
2. abgewiesen wurde, wenn der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, solange ihr diese nicht wieder zuerkannt wird,
bis diese das Bundesgebiet verlassen, solange sie in einer Betreuungseinrichtung des Bundes untergebracht sind.
[...]
(4) Die Versorgung von Asylwerbern und sonstigen Fremden gemäß Abs 1, die
1. die Aufrechterhaltung der Ordnung durch grobe Verstöße gegen die Hausordnung der Betreuungseinrichtungen (§5) fortgesetzt oder nachhaltig gefährden oder
2. gemäß § 38a Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991 aus der Betreuungseinrichtung weggewiesen werden kann von der Behörde eingeschränkt, unter Auflagen gewährt oder entzogen werden. Diese Entscheidung darf jedoch nicht den Zugang zur medizinischen Notversorgung beschränken.
[...]
Ausschluss von der Versorgung und Kostenersatz
§3. (1) Von der Versorgung gemäß § 2 können ausgeschlossen werden:
[...]
4. Asylwerber, die nicht an der Feststellung des für die Asylverfahrensführung notwendigen Sachverhalts mitwirken.
§ 2 Abs 4 letzter Satz gilt.
(2) Asylwerber oder sonstige Fremde gemäß § 2 Abs 1, die zum Zeitpunkt der Versorgung ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mittel bestreiten können, ist von der Behörde der Ersatz der notwendigen Betreuungskosten vorzuschreiben."
In § 6, der - in Fällen der Zulassung des Asylverfahrens - die einvernehmliche Vorgangsweise der Bundes- und Landesstellen bei der Zuweisung des Asylwerbers an die Betreuungsstelle des Landes regelt, wurde ein Abs 2 geschaffen, demzufolge der Asylwerber auch nach Verfahrenszulassung bis zur Herstellung des Einvernehmens in der Betreuungsstelle des Bundes, nicht länger jedoch als 14 Tage, versorgt werden kann. § 6 Abs 2 idF BGBl. I Nr. 100/2005 lautet:
"Bis zur Herstellung des Einvernehmens mit der zuständigen Stelle des betroffenen Bundeslandes kann der Asylwerber im unbedingt erforderlichen Ausmaß in der Betreuungsstelle des Bundes (§1 Z 4) weiter versorgt werden, jedoch nicht für einen 14 Tage übersteigenden Zeitraum."
In den Erläuterungen (RV 952 BlgNR XXII. GP, 150f.) wird dazu ausgeführt:
"Es gilt klarzustellen, dass die Versorgung bis zur Herstellung des Einvernehmens mit einem Land aufrecht erhalten werden kann; diese Möglichkeit kann allerdings nicht so weit gegeben sein, dass der Bund wieder die gesamte Bundesbetreuung übernimmt - dazu fehlt es jedenfalls an der nötigen Kompetenz nach dem B-VG. Daher wird vorgeschlagen, die Betreuung auf sieben Tage nach Zulassung zu beschränken."
§ 9 GVG-B, der das Bundesasylamt als erstinstanzliche sowie die UVS in den Ländern als Berufungsbehörde vorsieht, wurde mit Art 6 des Fremdenrechtspaketes 2005 u.a. durch die Abs 3a und 3b ergänzt, in denen die örtliche Zuständigkeit der UVS und die Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres geregelt werden. § 9 GVG-B, BGBl. Nr. 405/1991 idF BGBl. I Nr. 100/2005, lautet folgendermaßen (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"Behörden
§9. (1) Das Bundesasylamt ist Behörde erster Instanz.
(2) Über Berufungen gegen die Entscheidungen der Behörde erster Instanz entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern.
(3) Hat die Behörde erster Instanz eine Entscheidung gemäß § 64 Abs 2 AVG getroffen, können die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern der Berufung über Antrag die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
(3a) Die örtliche Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate richtet sich nach der Örtlichkeit, an der dem Betreuten zuletzt Grundversorgung im Sinne dieses Bundesgesetzes gewährt wurde. Wurde die Aufnahme in die Grundversorgung von Beginn an verweigert, ist für Berufungen der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel das Zulassungsverfahren nach den asylrechtlichen Vorschriften geführt wird oder wurde. Ansonsten richtet sich die Zuständigkeit nach dem Sitz der Behörde erster Instanz (Abs1). Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden durch Einzelmitglied.
(3b) Der Bundesminister für Inneres kann Amtsbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit sowohl zugunsten als auch zum Nachteil des Fremden binnen sechs Wochen nach Zustellung an die Behörde erster Instanz erheben.
(4) Zur Führung von Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 10 ist die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde berufen."
§ 10 GVG-B idF BGBl. I Nr. 100/2005 enthält Verwaltungsstrafbestimmungen und lautet samt Überschrift folgendermaßen:
"Verwaltungsübertretungen
§10. (1) Wer entgegen einer Verordnung gemäß § 5 Abs 1 eine Betreuungseinrichtung des Bundes unbefugt betritt oder sich in dieser aufhält, ist mit Geldstrafe bis zu € 700, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen.
(2) Wer als Asylwerber eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt, obwohl ihm das gemäß § 7 Abs 2 verboten ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu € 300, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen.
(3) Ist eine Person einer Verwaltungsübertretung gemäß Abs 1 schuldig, wegen der sie bereits einmal bestraft worden ist, so kann an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe im Ausmaß der für die betreffende Tat angedrohten Ersatzfreiheitsstrafe verhängt werden; ist eine solche Person bereits zweimal bestraft worden, so können Geld- und Freiheitsstrafe auch nebeneinander verhängt werden. Eine Freiheitsstrafe ist aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um die betreffende Person von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.
(4) Fällt eine Tat nach Abs 1 oder 2 in die Zuständigkeit der Gerichte, liegt keine Verwaltungsübertretung vor."
III. Die antragstellenden Behörden begründen ihre Anträge mit den (im Wesentlichen gleichlautend vorgebrachten) Bedenken, die angefochtenen Bestimmungen verstießen gegen Art 129c Abs 1 B-VG sowie gegen die Kompetenzverteilung der Art 10 ff. B-VG.
1. Aus den Erläuterungen zum Bundesbetreuungsgesetz (Abänderungsantrag StProt. XXII. GP, 55. S. 113) folgern die antragstellenden UVS, dass der Gesetzgeber die Zuständigkeit des Bundes in Gesetzgebung und Vollziehung - wegen des unmittelbaren Zusammenhangs des GVG-B mit dem Asylverfahren - aus den gleichen kompetenzrechtlichen Tatbeständen wie jenen für das Asylgesetz ableite. Ferner erachten die Erläuterungen die Befassung des unabhängigen Bundesasylsenates (im Folgenden: UBAS) aus kompetenzrechtlichen Gründen als ausgeschlossen.
Unter Hinweis auf Art 129c B-VG, wonach durch Bundesgesetz ein weiterer unabhängiger Verwaltungssenat für "Asylsachen" eingerichtet werden könne, wird Folgendes ausgeführt:
"Fraglich ist nun, was unter 'Asylsachen' zu verstehen ist. Als wenig hilfreich erweist sich zunächst ein Blick in die Materialien zu Art 129c B-VG (vgl den Initiativantrag IA 494/A20. GP). Auch ist dem B-VG ein eigener Kompetenztatbestand 'Asylangelegenheiten' oder 'Asylwesen' (oder ein ähnlicher, auf Entscheidungen über den Flüchtlingsstatus, die Gewährung von Asyl oder die Angelegenheiten der Flüchtlinge Bezug nehmender Begriff) fremd, sodass die Vorschriften über die Gewährung von Asyl nach Auffassung des einfachen Gesetzgebers des AsylG 1997 auf die Kompetenztatbestände 'Fremdenpolizei', 'Passwesen' sowie möglicherweise auch auf die 'Überwachung des Eintritts, aus dem Bundesgebiet und des Austritts aus ihm' gestützt werden mussten (i.d.S. Köhler, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Bundesverfassungsrecht, Rz 5 zu Art 129c B-VG). Gleichwohl lässt diese Tatsache einmal den Schluss zu, das 'Asylsachen' gleichsam als eine Teilmenge aus dem Konglomerat 'Fremdenpolizei', 'Passwesen' bzw. 'Überwachung des Eintritts aus dem Bundesgebiet und des Austritts aus ihm' betrachtet werden müssen.
Anknüpfungspunkt für den Wesensgehalt des Terminus 'Asylsachen' können aus der Entstehungsgeschichte des Art 129c B-VG bzw. des solcherart ermöglichten UBAS gewonnen werden, wobei dazu jedenfalls jene Angelegenheiten zählten, die der Art nach in den jeweiligen Asylgesetzen (1968, 1991 und zuletzt 1997) geregelt wurden."
Die Erk. VfSlg. 16.122/2001 und 17.516/2005 würden verdeutlichen, dass nicht nur Entscheidungen über die Zu- oder Aberkennung von Asyl, mithin über den Status einer bestimmten Person, sondern auch über gleichsam flankierende Maßnahmen vom Begriff "Asylwesen" erfasst seien, soweit sie ihrer Art nach im Zeitpunkt der Erlassung der B-VG-Novelle 1997 in asylrechtlichen Vorschriften enthalten waren. Dies liege auf der Linie der im Zusammenhang mit der Interpretation der Kompetenztatbestände zentralen Versteinerungstheorie einschließlich des Grundsatzes der intrasystematischen Fortentwicklung. Dieses über den "Kernbereich" des Asylrechts hinausgehende Verständnis scheine auch einer Zurechnung von Regelungen der in Art 63 Z 1 und Z 2 EGV genannten Angelegenheiten zu den "Asylsachen" iSd Art 129c B-VG nicht entgegenzustehen.
"Einer solchen Zurechung scheint auch eine Betrachtung der historischen Entwicklung des hier interessierenden Themenkreises das Wort zu reden. Vor der Einrichtung des UBAS war zur Vollziehung des Asylwesens ausschließlich das Bundesministerium für Inneres zuständig, bei dem u.a. Abteilungen für 'Asyl', 'Bundesbetreuung' und 'Integration' eingerichtet waren. Die Abteilungen 'Asyl' und 'Bundesbetreuung' wiesen eine besondere Nahebeziehung auf. So verfügte das Bundesasylamt in schlichter Hoheitsverwaltung die Aufnahme von hilfsbedürftigen Asylwerbern in sogenannte 'Notquartiere' (= faktische Leistungsgewährung). Erst in der Folge nahm die zuständige Betreuungsstelle des Bundesministerium für Inneres eine endgültige Beurteilung über den Weiterverbleib in der Betreuungseinrichtung vor. Da zum Zeitpunkt der Einrichtung des UBAS keine bescheidmäßige Erledigung von Bundesbetreuungsentscheidungen vorgesehen war, jedoch eine faktische Leistungsgewährung durch das Bundesasylamt in schlichter Hoheitsverwaltung vorgenommen wurde, kann davon ausgegangen werden, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber bei der Verwendung des Begriffs 'Asylsachen' in Art 129c Abs 1 B-VG sehr wohl auch die 'Erstversorgung' von hilfsbedürftigen Asylwerbern umfasst gesehen hat. Mangels einer bescheidmäßigen Erledigung des Bundesasylamtes konnte der gemäß § 38 AsylG für alle Entscheidungen des Bundesasylamtes vorgesehene UBAS nicht tätig werden. Hätte das Bundesasylamt bereits damals in der nunmehr vorgesehen Form zu entscheiden gehabt, wäre eine Betrauung des Unabhängigen Verwaltungssenates aufgrund der vorliegenden 'Asylsache' überhaupt nicht zur Diskussion gestanden.
Mit der hier interessierenden Novelle zum BundesbetreuungsG (BGBl I Nr. 32/2004, ArtII) sollten nun einerseits die Grundversorgungsvereinbarung - Art 15a B-VG (BGBl I Nr. 80/2004) und andererseits die Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylwerbern in den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. Die Richtlinie 2003/9/EG stützt sich auf Art 63 Abs 1 Z 1 litb (ex-Art 73k) des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften i.d.F. des Vertrages von Amsterdam (BVG über den Abschluss des Vertrages von Amsterdam, BGBl I Nr. 76/1998). Im Lichte des bisher Gesagten scheint daher einer Zurechnung der Betreuung von Asylwerbern im Zulassungsverfahren durch den Bund zu 'Asylsachen' nichts entgegen zu stehen.
Fraglich ist in einem weiteren Schritt, ob sich die Zuständigkeit des UBAS, wenn ein solcher eingerichtet ist, auf sämtliche 'Asylsachen' zu erstrecken hat, oder ob Art 129c B-VG - vergleichbar der Bestandsgarantie des Obersten Gerichtshofs (Art92 B-VG) - lediglich als institutionelle Garantie zugunsten des UBAS aufzufassen ist. Gerade im Hinblick auf die unklare Reichweite des Begriffs der 'Asylsachen' kommt dieser Beurteilung entscheidende Bedeutung zu. Während Köhler (a.a.O., Rz 8 zu Art 129c B-VG) zufolge ein genereller Vorbehalt zugunsten des UBAS aus Art 129c B-VG nicht abgeleitet werden könne (was freilich durch die Notwendigkeit einer ausschließlich an sachlichen Kriterien zu orientierenden Differenzierung relativiert wird), könnte die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshof (z.B. ; , G78/04-13 u.a.) in eine andere Richtung verstanden werden: Es sei evident, dass der Zuständigkeitsbereich des Bundesasylsenates als Berufungsbehörde im Verhältnis zum Bundesasylamt von Verfassungs wegen (zumindest) alle jene Angelegenheiten umfasst, mit denen das Bundesasylamt durch das AsylG 1997 betraut wurde.
Für die gegenständliche Frage scheint die genannte Differenzierung im Ergebnis unerheblich. Verneint man nämlich eine ausschließliche Kompetenz des UBAS als oberste Berufungsbehörde in Asylsachen (was freilich angesichts des Wortlautes des Art 129c B-VG auf der einen sowie der Notwendigkeit der Anrufbarkeit der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts auf der anderen Seite nur schwer argumentierbar scheint), bedürfte die Wahl einer anderen 'obersten' - mithin den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts unmittelbar vorgeschaltenen - Berufungsbehörde als des UBAS durch den einfachen Gesetzgeber wohl - will man dem Verfassungsgesetzgeber nicht unterstellen, er habe es dem Gutdünken des einfachen Gesetzgebers anheim stellen wollen, in Asylsachen den UBAS oder irgendeine andere Behörde als Berufungsbehörde heranzuziehen - sachlicher Gründe, die gegenständlichenfalls nicht erkannt zu werden vermögen.
Besteht aber im Zulassungsverfahren ein Rechtsanspruch auf Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes (§2 Abs 1 GVG-B 2005), wobei über die Nichtgewährung bzw. den Ausschluss von der Versorgung das bundesweit zuständige Bundesasylamt in erster Instanz zu entscheiden hat, scheint eine Heranziehung des UBAS als Berufungsbehörde in diesen Fällen - entgegen der Ansicht in den Materialien - nicht nur zulässig, sondern geboten. Mit diesem Ergebnis stehen aber die Abs 2, 3 und 3a des § 9 GVG-B 2005 in Widerspruch (zumal schon aufgrund der Stellung der Unabhängigen Verwaltungssenate zueinander nicht davon ausgegangen werden kann, dass gegen die entsprechende Entscheidung der Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern die Möglichkeit eines weiteren Rechtsmittels an den UBAS offen sein soll)."
2. Unter Berufung auf literarische Stimmen haben die antragstellenden UVS ferner das Bedenken, dass Regelungen betreffend die Grundversorgung des in Rede stehenden Personenkreises dem Kompetenztatbestand "Armenwesen" iSd Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG oder Art 15 Abs 1 B-VG zuzuordnen seien.
Aus dem Erk. VfSlg. 4609/1963 leiten die antragstellenden UVS ab, dass die Erbringung von Geldleistungen durch die öffentliche Hand grundsätzlich kompetenzrechtlich neutral, bei Geldleistungen aus dem Gesichtspunkt der sozialen Hilfsbedürftigkeit jedoch zu untersuchen sei, ob sie im Rahmen einer bestimmten Verwaltungsmaterie erbracht werden oder die soziale Hilfsbedürftigkeit das einzige Motiv der Gewährung ist, womit sie dem Armenwesen nach Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG zuzurechnen seien.
Vor diesem Hintergrund könne bei der Grundversorgung Fremder nach dem Bundesbetreuungsgesetz bzw. GVG-B ein zur sozialen Hilfsbedürftigkeit hinzutretender Beweggrund allenfalls noch in der Notwendigkeit der mehr oder minder jederzeitigen Verfügbarkeit des Fremden und der vollen Konzentration des Fremden auf das Verfahren im Interesse einer raschen Durchführung gesehen werden. Hinsichtlich der übrigen Fremden versage jedoch auch dieser Ansatz; im Übrigen sei nicht erkennbar, worin die sachliche Rechtfertigung liege, aus faktischen oder rechtlichen Gründen nicht abschiebbaren Fremden Grundversorgung nur dann zu gewähren, wenn sie zuvor zumindest ein asylrechtliches Zulassungsverfahren durchlaufen haben. Damit würde aber im Ergebnis die soziale Hilfsbedürftigkeit zum einzigen Beweggrund für die Schaffung der entsprechenden Regelungen, sodass sich der Gesetzgeber des Bundesbetreuungsgesetzes bzw. GVG-B - selbst unter Zugrundelegung der in den Materialien genannten Überlegungen - nur zum Teil auf Art 10 B-VG stützen könnte und darüber hinaus auf die Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG zurückgreifen müsste. Keine andere Ursache habe es wohl gehabt, dass der Gesetzgeber des (früheren) BundesbetreuungsG, BGBl. Nr. 452/1990, diesem Gesetz in ArtI eine eigene Kompetenzbestimmung voranstellte.
Aus der Kompetenzbestimmung des BundesbetreuungsG BGBl. Nr. 452/1990 lasse sich freilich für die Frage der Zuordnung des gegenständlichen Regelungsinhaltes zu den Kompetenztatbeständen der Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG auf der einen und Art 15 Abs 1 B-VG auf der anderen Seite nichts gewinnen. Vielmehr sei strittig, ob die in den heutigen Sozialhilfegesetzen der Länder enthaltenen Bestimmungen über "Hilfe in besonderen Lebenslagen" oder "Soziale Dienste" unter Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG oder unter Art 15 Abs 1 B-VG fallen. Für die kompetenzrechtliche Zuordnung zum "Armenwesen" spreche der ausdrückliche Hinweis zu § 1 in den Erläuterungen zum Bundesbetreuungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 405/1991. In dieselbe Richtung deute auch der vom Nationalrat erklärte Vorbehalt zu Art 23 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, demzufolge unter "öffentliche Unterstützungen und Hilfeleistungen" nur "Zuwendungen aus der öffentlichen Fürsorge (Armenversorgung)" zu verstehen seien.
"Begibt man sich noch weiter in die Vergangenheit, ergibt sich, dass die in Art 6 der Grundversorgungsvereinbarung umschriebenen Inhalte weitgehend jenen gleichen, wie sie den Armengesetzen der Länder sowie § 22 HeimatG, RGBl 1863/105, umschrieben waren und wie sie dem Gesetzgeber des B-VG vorlagen (vgl. ausführlich Sieberer, ZfV 2005, 5). Nun machen aber die Begründung zum oben genannten Abänderungsantrag, insbesondere der Verweis auf die 'Grundversorgungsvereinbarung -Art 15a B-VG (BGBl I Nr. 80/2004) - Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (Asylwerber, Asylberechtigte, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbare Menschen) in Österreich' deutlich, dass mit der vorgenommenen Novellierung des BundesbetreuungsG eine - wenn auch nur vorübergehende - Grundversorgung von Fremden durch den Bund geregelt werden soll - Aufgaben, die dem Armenwesen zuzurechnen wären.
Vom Gesagten ausgehend, verstößt das BundesbetreuungsG, soweit es eine hoheitliche Aufgabenbesorgung im Bereich der Grundversorgung des angesprochenen Personenkreises vorsieht, gegen die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Die einschlägigen Bestimmungen wären - wollte sie der Bundesgesetzgeber erlassen - als Grundsatzbestimmungen zu bezeichnen gewesen (Art12 Abs 4 B-VG). Im Hinblick darauf, dass es sich beim 'Armenwesen' um eine Angelegenheit des Art 12 B-VG handelt, hätte das BundesbetreuungsG, das eine unmittelbare Anfechtbarkeit erstinstanzlicher Bescheide beim UVS vorsieht, gemäß Art 129a Abs 2 B-VG nur mit Zustimmung der beteiligten Länder kundgemacht werden dürfen. Eine solche Zustimmung wurde nie eingeholt.
Ebenso kompetenzwidrig wäre es, wenn man die Grundversorgung des gegenständlichen Personenkreises der 'Sozialhilfe' zuzurechnen würde, sodass sie gemäß Art 15 Abs 1 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung in den Zuständigkeitsbereich der Länder fiele. Dafür könnte ins Treffen geführt werden, dass Begründung des oben angeführten Abänderungsantrages (AA-72) selbst darauf verweist, dass die Länder - für ihren Bereich - Versorgungsgesetze erlassen oder die Sozialhilfegesetze entsprechend ändern werden müssen, wobei es sich evidentermaßen um Gesetze handelt, die ihre kompetenzrechtliche Grundlage in Art 15 B-VG finden."
3. Die Bundesregierung hat zum Antrag des UVS Oö sowie zu den Anträgen des UVS Nö im Verfahren G33/06 und G38/06 sowie G 120, 150 und 169/05 von einer inhaltlichen Äußerung Abstand genommen und für den Fall der Aufhebung (auf Grund des damit verbundenen legistischen Handlungsbedarfs) eine Frist von 18 Monaten für das Außer-Kraft-Treten der aufgehobenen Gesetzesstellen beantragt.
Im Verfahren G 41, 45 und 46/06 hat die Bundesregierung das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen mit dem Hinweis verneint, dass auf der ersten Seite des Anfechtungsschriftsatzes die Aufhebung des § 9 Abs 2 und 3a GVG-B beantragt wird, wogegen die Ausführungen der Bedenken mit dem Antrag auf der vorletzten Seite des Schriftsatzes abgeschlossen werden, dass die § 9 Abs 2, 3 und 3a GVG-B aufgehoben werden. Da nicht zweifelsfrei erkennbar sei, die Aufhebung welcher Stellen der UVS Nö begehrt, seien die (beiden) Anträge als unzulässig zurückzuweisen (siehe dazu oben I.1.). Für den Fall der Aufhebung beantragt die Bundesregierung auch in diesen Fällen eine achtzehnmonatige Frist.
IV. Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:
1. Zur Zulässigkeit:
Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenat an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 140 B-VG bzw. des Art 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenates im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003).
Mit seinem Beschluss vom , G41/05 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof Anträge der auch im vorliegenden Verfahren antragstellenden UVS, in denen die Aufhebung von § 9 Abs 2 und 3 des Bundesbetreuungsgesetzes idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 100/2005 begehrt wurde, zurückgewiesen. Die zum Teil erst nach Antragseinbringung in Kraft getretene Novelle ließ § 9 Abs 2, nicht aber Abs 3 unberührt, sodass die Anträge hinsichtlich § 9 Abs 3 unzulässig waren, da die UVS in ihren Anlassverfahren nunmehr Abs 3 in der geltenden und nicht mehr in der alten Fassung anzuwenden hatten. Im Hinblick auf den ferner angefochtenen und von der Novelle unverändert gebliebenen § 9 Abs 2 vertrat der Gerichtshof die Ansicht, dass § 9 Abs 2 und 3 insofern eine untrennbare Einheit bilden,
"als im Falle der Aufhebung des § 9 Abs 2 die Zuständigkeit des UVS für Entscheidungen über Berufungen gegen Bescheide des Bundesasylamtes wegfiele, nicht aber die Zuständigkeit des UVS zur Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 9 Abs 3. Die Aufhebung bloß des Abs 2 würde bewirken, dass über den Antrag, der Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine Behörde zu entscheiden hätte, die weder in erster Instanz noch als Berufungsbehörde mit der Sache befasst wäre. Damit entstünde eine Regelung, die dem Gesetzgeber nicht zusinnbar ist (vgl. VfSlg. 17.238/2004 ua.)."
Der Gerichtshof sieht keinen Anlass, seine Auffassung im vorliegenden Fall zu ändern, sodass die Anträge zu G 41, 45, 46, 120, 150, 169 und 176/06, in denen Abs 3 des § 9 GVG-B nicht (mehr) angefochten wurde, als unzulässig zurückzuweisen waren. Auch wenn diese Bestimmung in den Anlassfällen für sich nicht präjudiziell ist, wäre sie wegen des Zusammenhanges mit Abs 2 - wie im vorhin erwähnten Beschluss im Einzelnen dargestellt - mitanzufechten gewesen.
Die Zulässigkeit der übrigen Anträge ist weder von der Bundesregierung bestritten worden, noch sind im Verfahren die Zulässigkeit in Zweifel ziehende Umstände hervorgekommen.
2. In der Sache:
2.1 Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg. 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg. 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
Die antragstellenden UVS haben zum Einen das Bedenken, dass der Bund nach der Kompetenzverteilung des B-VG zur Regelung des im GVG-B normierten Inhaltes nicht zuständig sei, da der Regelungsinhalt entweder in den Kompetenzbereich der Länder nach Art 15 Abs 1 B-VG oder in die bloße Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundes gemäß Art 12 B-VG falle. Zum Anderen bringen die UVS vor, dass die angefochtenen Bestimmungen im Widerspruch zu Art 129c Abs 1 B-VG stehen.
2.2 Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Kompetenzfeststellungserkenntnis VfSlg. 4609/1963 ausführte, ist die
"Erbringung von Geldleistungen durch die öffentliche Hand [...] grundsätzlich kompetenzrechtlich neutral, d.h. sie kann grundsätzlich jedem Kompetenztatbestand zugeordnet werden. Wenn Geldleistungen aus dem Gesichtspunkt der sozialen Hilfsbedürftigkeit gewährt werden, ist daher zu untersuchen, ob sie im Rahmen einer bestimmten Verwaltungsmaterie gewährt werden, oder ob die soziale Hilfsbedürftigkeit das einzige Motiv der Gewährung ist; in letzterem Falle wäre eine derartige Regelung dem Armenwesen zuzuordnen, auch wenn es sich um Geldleistungen zum Zwecke der Hilfe gegen Krankheit handelt. Auch im Rahmen des Gesundheitswesens können daher Regelungen getroffen werden, mit denen einer sozialen Hilfsbedürftigkeit begegnet wird."
Die antragstellenden UVS wenden sich nicht gegen diese Rechtsprechung, vertreten jedoch die Ansicht, dass einziges Motiv für die Gewährung der Grundversorgung die soziale Hilfsbedürftigkeit sei.
2.3 Wie unter Punkt II. dargestellt, regelte das Bundesbetreuungsgesetz 1991 bis zur Novellierung durch ArtII in BGBl. I Nr. 32/2004 die Bundesbetreuung hilfsbedürftiger Asylwerber im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung. Vor dem Hintergrund des durch die Richtlinie 2003/9/EG erforderlichen Anpassungsbedarfes wurde die Betreuung von Asylwerbern als solche jedoch neu geregelt. Unter anderem wurde mit dem BGBl. I Nr. 32/2004 erstmals für einen bestimmten Personenkreis ein Rechtsanspruch auf Bundesbetreuung eingeräumt, über den Verwaltungsbehörden entscheiden sollten. Der Anspruch auf Bundesbetreuung ist ein öffentlich-rechtlicher Anspruch, sodass die Kompetenz zur Gesetzgebung sich nun nach den Art 10 bis 12 und 15 B-VG richtet.
2.4 Das Zulassungsverfahren nach dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (im Folgenden: AsylG), ist ein in einer Erstaufnahmestelle des Bundesasylamtes zu führendes, zeitlich befristetes Verfahren, mit dem das Asylverfahren nach Einbringung eines Antrages auf internationalen Schutz unmittelbar beginnt (vgl. § 17 Abs 4). Gemäß § 29 Abs 2 AsylG hat binnen 48 - längstens 72 - Stunden nach Antragseinbringung eine Befragung des Asylwerbers stattzufinden. In der Folge ist dem Asylwerber eine Verfahrensprognose mitzuteilen und ihm bei beabsichtigter Antragszurück- oder -abweisung eine Aktenabschrift auszuhändigen sowie eine mindestens 24-stündige Vorbereitungszeit, in der auch eine Beratung durch einen Rechtsberater zu erfolgen hat, einzuräumen (§29 Abs 3 und 4). Ist der Antrag voraussichtlich nicht zurückzuweisen, hat die Behörde das Verfahren zuzulassen. Entscheidet das Bundesasylamt nicht binnen 20 Tagen nach Antragseinbringung, dass der Antrag zurückzuweisen ist, ist der Antrag nach § 28 Abs 2 AsylG - soweit nicht Konsultationen nach der sog. Dublin-Verordnung 2003/343/EG geführt werden - zuzulassen.
Wie sich aus den Erläuterungen zum Bundesbetreuungsgesetz idF BGBl. I Nr. 32/2004 ergibt, hat der Gesetzgeber es als unzumutbar erachtet, dass Asylwerber, die gerade erst das Bundesgebiet betreten haben, während der kurzen Dauer des Zulassungsverfahrens, das sie für den Großteil ihrer Zeit durch Verfahrenshandlungen oder durch die Vorbereitung intensiv persönlich in Anspruch nimmt und von entscheidender Bedeutung für den weiteren Verlauf des Asylverfahrens ist, eine Unterkunft und dgl. organisieren müssen. Deshalb sollte Asylwerbern für den (durch gesetzliche Fristen begrenzten) Zeitraum, in dem das Zulassungsverfahren durchgeführt wird, ein Rechtsanspruch auf Versorgung eingeräumt werden.
Aber auch die Grundversorgung von Asylwerbern nach deren Zulassung (§6 GVG-B) erfolgt im Zusammenhang mit einem laufenden Asylverfahren.
Jene Asylwerber bzw. Fremde, deren Asylantrag im Zulassungsverfahren zurückgewiesen oder unter Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung abgewiesen wurde, bleiben bis zum Verlassen des Bundesgebietes in Betreuung. Mögen sie auch dann keine Asylwerber mehr sein, so ist die Betreuung doch die Folge ihres früheren Status als Asylwerber.
Wie sich aus dem oben genannten Erkenntnis ergibt, kommt es auf den Zusammenhang der Geldleistung mit jener Verwaltungsmaterie an, in deren Rahmen sie gewährt wird. Nur wenn die Geldleistung ohne Zusammenhang mit einer bestimmten Verwaltungsmaterie allein aus dem Motiv der Hilfsbedürftigkeit gewährt wird, kommt der Kompetenztatbestand des Armenwesens in Betracht. Leistungen nach dem GVG-B werden aber ausschließlich Fremden gewährt, die Asylwerber sind oder waren. Dass dabei auch auf die Hilfsbedürftigkeit abgestellt wird, ist nicht erheblich.
Der Verfassungsgerichtshof ist daher mit dem Bundesgesetzgeber der Auffassung, dass er sich zu Recht aufgrund des engen sachlichen Zusammenhanges zwischen den Versorgungsleistungen und dem Fremdenrecht auf Art 10 Abs 1 Z 3 und 7 B-VG gestützt hat.
2.5 Dem Bedenken der antragstellenden UVS, der Gesetzgeber hätte die Berufungskompetenz über Entscheidungen betreffend die Grundversorgung nach dem GVG-B nicht den UVS, sondern dem UBAS übertragen müssen, ist Folgendes zu entgegnen:
Gemäß Art 129a Abs 1 Z 3 B-VG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern auch in sonstigen Angelegenheiten, die ihnen durch die die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetze zugewiesen werden.
Art 129c Abs 1 B-VG ordnet an, dass durch Bundesgesetz ein weiterer unabhängiger Verwaltungssenat als unabhängiger Bundesasylsenat zur Entscheidung insbesondere über Beschwerden in Asylsachen eingerichtet werden kann.
Wie die antragstellenden UVS zutreffend ausgeführt haben, hat der Verfassungsgerichtshof mehrfach zur Auslegung des Begriffs der Asylsache Stellung genommen:
Im Erk. VfSlg. 16.122/2001 teilte der Verfassungsgerichtshof die Bedenken des dort antragstellenden UBAS, die in § 5 AsylG 1997 geregelte Ausweisung in einen anderen EU-Mitgliedstaat im Rahmen des sog. Dublin-Verfahren sei keine "Asylsache" iSd Art 129c Abs 1 B-VG, nicht, sondern führte begründend aus, dass
"der Zuständigkeitsbereich des Bundesasylsenates als Berufungsbehörde im Verhältnis zum Bundesasylamt von Verfassungs wegen (zumindest) alle jene Angelegenheiten umfaßt, mit denen das Bundesasylamt durch das AsylG 1997 betraut wurde."
Art 129c Abs 1 B-VG wurde novelliert und lautet idF BGBl. I Nr. 100/2005 folgendermaßen:
"Artikel 129c (1) Durch Bundesgesetz kann ein weiterer unabhängiger Verwaltungssenat (unabhängiger Bundesasylsenat) eingerichtet werden. Dieser erkennt nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt,
1. über Beschwerden i n A s y l s a c h e n und
2. über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheiten der Z 1." (Hervorhebung nicht im Original)
Die im Erk. VfSlg. 16.122/2001 dargelegte Ansicht präzisierte der Gerichtshof mit Erk. vom , G78/04 u.a., vor dem Hintergrund der mit der AsylG-Novelle 2003 eingeführten Zuständigkeit der Asylbehörden zur Ausweisung im Falle der negativen Erledigung eines Asylantrages (§8 Abs 2 AsylG): Aus der Tatsache, dass eine Ausweisungskompetenz nur im Zuge des "Dublin-Verfahrens", ansonsten aber in dieser Form noch nicht in der Stammfassung des AsylG 1997 enthalten war, dürfe nicht gefolgert werden, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen, die über die Ausweisung, wie sie in der Stammfassung des AsylG 1997 vorgesehen war, hinausreichen, keinesfalls mehr dem Verfassungsbegriff "Asylsachen" unterstellt werden können. Vielmehr sei das Verständnis des Verfassungsgesetzgebers anlässlich der Einfügung des Art 129c vom Begriff "Asylsachen" nicht auf den konkreten Inhalt des (unter einem beschlossenen) AsylG 1997 beschränkt, sondern habe auch Regelungen einbezogen, die
"ihrer Art nach schon bei der Erlassung der B-VG-Novelle 1997 in asylrechtlichen Vorschriften enthalten waren. Kam aber zu diesem Zeitpunkt auf Grund des (oben erwähnten § 9 Abs 1) AsylG 1991 den Asylbehörden (auch) die Vollziehung gesetzlicher Regelungen zu, die die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Ausweisung von Asylwerbern, somit einen Teilbereich der Aufenthaltsbeendigung, betrafen, so muss angenommen werden, dass auch die Verfügung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme noch zu den 'Asylsachen' iSd Art 129c B-VG zählt."
Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass die verfassungsgesetzliche Ermächtigung des Art 129c B-VG zur Einrichtung eines (mit besonderen Garantien für seine Unabhängigkeit ausgestatteten) Bundesasylsenates, insoweit der einfache Gesetzgeber davon mit dem AsylG 1997, BGBl. I Nr. 75, iVm dem Gesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat, BGBl. I Nr. 77/1997, Gebrauch gemacht hat, die Kompetenzen des UBAS vorherbestimmt, dass er mit keinen anderen als Asylsachen betraut werden darf. Art 129c Abs 1 B-VG bindet den Gesetzgeber aber angesichts seines Ermächtigungscharakters ("kann") nicht insoweit, dass er die Zuständigkeit des UBAS für sämtliche Asylsachen vorzusehen hat (vgl. Köhler, Art 129c, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht, Rz 8 [2001]). Soweit es sich nicht um einen bestimmten engeren und jedenfalls der Kompetenz des UBAS vorbehaltenen Kernbereich an Asylsachen handelt, ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers in der Regelung der Behördenzuständigkeit von Angelegenheiten, die als Asylsachen iSd Art 129c Abs 1 B-VG zu qualifizieren sind, lediglich durch das Sachlichkeitsgebot beschränkt.
An diesem Verfassungsverständnis hat auch die Novellierung des Art 129c Abs 1 B-VG durch BGBl. I Nr. 100/2005, die eine Klarstellung hinsichtlich der Zuständigkeit des UBAS zur Entscheidung über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht zum Ziel hatte, nichts geändert. Nach den Gesetzesmaterialien war der alleinige Zweck der Novelle, dem UBAS auch die Entscheidungen über Devolutionsanträge in jenen Fällen zu übertragen, über die er in Beschwerdeverfahren, wären Bescheide bereits ergangen, zu entscheiden hätte (vgl. RV 952 BlgNR XXII. GP, 28).
Nach dem GVG-B haben die UVS - wie auch in den vorliegenden Anlassverfahren - über Rechtsmittel gegen die bescheidmäßige Einschränkung oder Entziehung (bzw. dem Ausschluss von) der Grundversorgung zu entscheiden. Verfahrensgegenstand ist dabei insbesondere, ob der Berufungswerber die Aufrechterhaltung der Ordnung durch grobe Verstöße gegen die Hausordnung gefährdet hat oder gemäß § 38 Sicherheitspolizeigesetz (also wenn ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevorsteht) aus der Betreuung weggewiesen worden ist. Darüber hinaus entscheiden UVS aber auch über Verwaltungsübertretungen gemäß § 10 GVG-B, wie zB das unbefugte Betreten einer Betreuungseinrichtung des Bundes (Abs1).
Ausgehend von dieser Rechtslage vermag der Verfassungsgerichtshof keine Unsachlichkeit zu erkennen, wenn der einfache Gesetzgeber neben ihrer nach Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG gebotenen Zuständigkeit in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen den UVS auch die Kompetenz als Berufungsbehörde in Verfahren wegen des Entzuges oder der Einschränkung der Versorgung zugewiesen hat.
Die Anträge waren daher abzuweisen.
V. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.