VfGH vom 12.12.2001, G269/01

VfGH vom 12.12.2001, G269/01

Sammlungsnummer

16400

Leitsatz

Präjudizialität auch der eine Behörde in ihrer Organisation konstituierenden Vorschriften bei Überprüfung eines Bescheides; Verfassungswidrigkeit der Einrichtung der Bundes-Wertpapieraufsicht als selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts; Unzulässigkeit der Betrauung von außerhalb der Staatsorganisation stehenden Rechtsträgern mit Kernaufgaben des Staates, zB mit Strafkompetenzen im hier vorgesehenen Ausmaß; Leitungs- und Organisationsverantwortung des dem Parlament gegenüber verantwortlichen Bundesministers nicht ausreichend gesichert; Zurückweisung von Anträgen bzw Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der zu weit gefaßten Prüfungsanträge und des Prüfungsbeschlusses; keine Verfassungswidrigkeit weiterer Bestimmungen über die Bundes-Wertpapieraufsicht aufgrund der bereinigten Rechtslage; keine Bedenken gegen die Besorgung der der Bundes-Wertpapieraufsicht übertragenen Aufgaben durch eine unselbständige Einrichtung des Bundes

Spruch

I. 1. a) Folgende Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz - WAG), ArtI des Bundesgesetzes über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz - WAG) und über die Änderung mehrerer anderer Bundesgesetze, BGBl. Nr. 753/1996 werden als verfassungswidrig aufgehoben:


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die Worte "mit eigener Rechtspersönlichkeit" in § 1 Abs 1, die Worte "betreffend die Besorgung der Aufgaben gemäß § 2" in § 3 Abs 3 erster Satz, § 3 Abs 5, die Wortfolge "; die Kündigung des gemäß § 3 bestellten Stellvertreters bedarf jedoch der Zustimmung des Bundesministers für Finanzen" in § 5 Abs 1, § 6 samt Überschrift, § 8 und die Worte "an Stelle des im BWG genannten Bundesministers für Finanzen" in § 21 Abs 1 (alle in der Stammfassung)


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die Worte "den Bundesminister für Finanzen und" in Abs 1 und die Worte "des Bundesministers für Finanzen," in Abs 2 des § 24a idF BGBl. I Nr. 126/1998


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die Worte "BWA, die" im letzten Satz des § 7 Abs 2 idF BGBl. I Nr. 63/1999 und


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die Worte "der Bundesminister für Finanzen im Rahmen seiner Aufgaben gemäß dem BWG und dem VAG," im dritten Satz des § 29 Abs 1 idF BGBl. I Nr. 2/2001.


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b) Die Aufhebung tritt mit Beginn des in Kraft.


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c) Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.


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2. Die Worte "der Bundesminister für Finanzen im Rahmen seiner Aufgaben gemäß dem BWG und dem VAG," im zweiten Satz des § 29 Abs 1 idF BGBl. I Nr. 11/1998 war verfassungswidrig.


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3. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

II. § 28 Abs 1 WAG idF BGBl. Nr. 753/1996 wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

III. Im übrigen werden das von Amts wegen eingeleitete Verfahren eingestellt und die vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anträge zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Beim Verfassungsgerichtshof ist - zu B1695/99 - ein Verfahren anhängig, dessen Gegenstand ein Bescheid der "Bundes-Wertpapieraufsicht" (im folgenden: BWA) vom ist, mit dem der nunmehr beschwerdeführenden Gesellschaft die Erteilung einer (eingeschränkten) Konzession als Wertpapierdienstleistungsunternehmen versagt wurde.

b) Bei Behandlung der Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Ausgliederung der hoheitlich zu besorgenden Verwaltungsaufgaben der Wertpapieraufsicht an eine "Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit" entstanden. Der Gerichtshof hat daher beschlossen, folgende, die Ausgliederung anscheinend konstituierende Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz - WAG), ArtI des Bundesgesetzes BGBl. 753/1996, in der jeweils zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltenden Fassung auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen:


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§1, §§3 bis 6 samt den Überschriften, § 8, die Wortfolge ", wobei die Vollziehung der BWA an Stelle des im BWG genannten Bundesministers für Finanzen obliegt" in § 21 Abs 1, § 28 Abs 1 und die Z 1 und 2 des § 32, alle in der Stammfassung


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den zweiten Satz des § 29 Abs 1 idF BGBl. I 11/1998


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die Worte "den Bundesminister für Finanzen und" im Abs 1 und die Worte "des Bundesministers für Finanzen," im Abs 2 des § 24a idF BGBl. I 126/1998 und


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die Worte "BWA, die" im letzten Satz des § 7 Abs 2 idF BGBl. I 63/1999.


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Dieses Verfahren ist zu G269/01 protokolliert.


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2. Beim Verwaltungsgerichtshof ist ein Verfahren zur Prüfung eines Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom anhängig, mit dem über die Berufung gegen den erstinstanzlichen über den Beschwerdeführer eine Verwaltungsstrafe verhängenden Bescheid der BWA vom weitgehend abweislich entschieden wurde.

Da beim Verwaltungsgerichtshof bei Behandlung dieser Beschwerde Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Übertragung von Verwaltungsstrafbefugnissen an die BWA als einer Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit entstanden waren, stellte dieser Gerichtshof mit ausführlicher (unter Pkt. VIII. 2. a)aa) wiedergegebener) Begründung beim Verfassungsgerichtshof am den Antrag, § 28 Abs 1 des WAG in der Stammfassung als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit einem weiteren Antrag vom begehrte der Verwaltungsgerichtshof (primär) die Aufhebung auch jener Bestimmungen des WAG, die der Verfassungsgerichtshof in seinem (unter Pkt. I. 1. referierten) das Verfahren G269/01 einleitenden Beschluß in Prüfung genommen hatte, sowie (eventualiter) die Aufhebung dieser Bestimmungen sowie der Wortfolge "der BWA" in § 19 Abs 2 WAG idF BGBl. I 63/1999. Er schloß sich dabei den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes an und bezog in den Eventualantrag auch jene Bestimmung ein, die der BWA die Kompetenz zur Konzessionserteilung vermittelt.

Diese Anträge sind beim Verfassungsgerichtshof zu G287/01 protokolliert.

3. a) Weiters ist beim Verwaltungsgerichtshof - nach Ablehnung der Behandlung einer zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde und deren Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof - ein Verfahren zur Prüfung eines Bescheides der BWA vom anhängig, mit dem dem nunmehrigen Beschwerdeführer die Konzession zur Erbringung bestimmter Dienstleistungen nach dem WAG versagt worden war.

b) Bei der Behandlung dieser Beschwerde entstanden beim Verwaltungsgerichtshof jene Bedenken, die den Verfassungsgerichtshof in dem unter Pkt. I. 1. geschilderten Verfahren bewogen haben, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der die Ausgliederung der Wertpapieraufsicht konstituierenden Bestimmungen einzuleiten. Überdies bezweifelte der Verwaltungsgerichtshof die Verfassungskonformität jener Wortfolge in § 19 Abs 2 WAG, die im konkreten Fall seiner Ansicht nach die Kompetenz der BWA zur Erteilung von Konzessionen für Dienstleistungen, wie sie im konkreten Fall beantragt wurden, begründet. Der Verwaltungsgerichtshof stellte daher beim Verfassungsgerichtshof den - zu G321/01 protokollierten - Antrag,

"a) folgende Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz - WAG), ArtI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 753/1996, nämlich


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§1, §§3 bis 6 samt den Überschriften, § 8, die Wortfolge ',wobei die Vollziehung der BWA anstelle des im BWG genannten Bundesministers für Finanzen obliegt' in § 21 Abs 1, § 28 Abs 1 und die Z 1 und 2 des § 32, alle in der Stammfassung;


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den zweiten Satz des § 29 Abs 1 idF BGBl. I
Nr. 11/1998;


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die Worte 'den Bundesminister für Finanzen und' im Abs 1 und die Worte 'des Bundesministers für Finanzen,' im Abs 2 des § 24a idF BGBl. I
Nr. 126/1998 und


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die Worte 'BWA, die' im letzten Satz des § 7 Abs 2 idF BGBl. I Nr. 63/1999,


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in eventu


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b) die in lita aufgezählten Bestimmungen sowie die Wortfolge 'der BWA' in § 19 Abs 2 WAG idF BGBl. I Nr. 63/1999,


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in eventu


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c) die Wortfolge 'der BWA' in § 19 Abs 2 WAG idF BGBl. I Nr. 63/1999, als verfassungswidrig aufzuheben."


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4. a) Beim Verwaltungsgerichtshof ist auch ein Verfahren über die Beschwerde gegen einen einen Konzessionsantrag einer in Gründung befindlichen GmbH (die der Verwaltungsgerichtshof angesichts des § 20 Abs 1 WAG als beschwerdelegitimierte Vorgesellschaft qualifizierte) abweisenden Bescheid der BWA vom anhängig.


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b) Aus Anlaß dieses Verfahrens stellte der Verwaltungsgerichtshof mit der gleichen Begründung, die ihn zur Antragstellung im Verfahren G321/01 bewogen hat, einen mit dem in diesem Verfahren gestellten Antrag nahezu identen Antrag; dieser unterscheidet sich von jenem bloß dadurch, daß anstatt der Aufhebung des zweiten Satzes des § 29 Abs 1 WAG idF BGBl. I 11/1998 die Aufhebung des - wortgleichen - Satzes des § 29 Abs 1 idF BGBl. I 2/2001 begehrt wird, der durch Einfügung eines Satzes in den genannten Abs 1 zum dritten Satz dieses Absatzes wurde.


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Dieses Verfahren ist zu G331/01 protokolliert.


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5. a) Schließlich ist beim Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren über eine Beschwerde anhängig, mit der die Aufhebung eines Bescheides der BWA vom als rechtswidrig begehrt wird, mit dem eine erteilte Wertpapierdienstleistungskonzession entzogen wurde.


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b) Aus Anlaß dieses Verfahrens stellte der Verwaltungsgerichtshof aus den gleichen Gründen, die ihn zur Antragstellung im Verfahren G321/01 bewogen haben, einen mit dem im Verfahren G331/01 gestellten Antrag identen Primärantrag. In eventu beantragt der Verwaltungsgerichtshof, neben den mit dem Primärantrag angefochtenen Bestimmungen auch die Wortfolge "der BWA" in § 19 Abs 2 WAG idF BGBl. I 63/1999 sowie § 24 Abs 1 Z 1 und § 24 Abs 3 WAG in der Stammfassung aufzuheben, sowie mit einem weiteren Eventualantrag,


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"(nur) in § 21 Abs 1 WAG die Wortfolge ', wobei die Vollziehung der BWA an Stelle des im BWG genannten Bundesministers für Finanzen obliegt' und § 24 Abs 3 WAG als verfassungswidrig aufzuheben".

Diese Eventualanträge beziehen sich auf die der BWA die Zuständigkeit zur Konzessionsentziehung übertragenden Bestimmungen.

Dieses Verfahren ist zu G332/01 protokolliert.

6. Die Bundesregierung hat in allen Verfahren Äußerungen erstattet, in denen sie die Einstellung des amtswegig eingeleiteten Verfahrens bzw. die Zurückweisung der Anträge des Verwaltungsgerichtshofes insoweit begehrt, als sich die Anträge gegen die die Ausgliederung anscheinend konstituierenden Bestimmungen des WAG richten; in eventu sowie hinsichtlich der die Zuständigkeit zur Verhängung von Verwaltungsstrafen und zur Konzessionserteilung normierenden Bestimmungen wurde beantragt, daß der Gerichtshof die in Prüfung stehenden Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufheben möge. Auch die Eventualanträge des Verwaltungsgerichtshofes hält die Bundesregierung für unzulässig und beantragte insoweit deren Zurückweisung.

Für den Fall der Aufhebung wurde in der mündlichen Verhandlung begehrt, für das Außerkrafttreten eine Frist bis zu gewähren, um bis zu diesem Zeitpunkt, zu dem die Bundeswertpapieraufsicht in die Finanzmarktaufsicht nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz übergeleitet werden soll, die notwendigen legistischen Vorkehrungen vornehmen zu können.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat beschlossen, die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden (§§187, 404 ZPO iVm § 35 VerfGG).

III. 1. a) Mit dem WAG wurden Vorschriften erlassen, die insbesondere zum Ziel haben, die Ordnungsmäßigkeit und Fairneß des Wertpapierhandels sowie den Schutz der Anleger zu sichern und dem Mißbrauch von Insiderinformationen entgegenzusteuern. Dazu wurden einerseits (ergänzende) Regelungen über die Eigenkapitalausstattung und die Pflicht zur Zugehörigkeit zu entsprechenden Entschädigungssicherungseinrichtungen geschaffen sowie unternehmens-, kapitalmarkt- und kundenbezogene Verhaltens- und Meldepflichten statuiert und andererseits eine umfassende Kapitalmarktaufsicht zur Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften eingerichtet. Die Aufsichtsbefugnisse wurden ebenso wie die Kompetenz zur Erteilung und zum Entzug von Konzessionen an

Wertpapierdienstleistungsunternehmungen und einige Verwaltungsstrafbefugnisse einer aus der staatlichen Verwaltungsorganisation ausgegliederten Wirtschaftsaufsichtsbehörde mit eigener Rechtspersönlichkeit mit der Bezeichnung "Bundes-Wertpapieraufsicht" übertragen.

b) Im einzelnen stellt sich die für die Beurteilung der beim Verfassungsgerichtshof bzw. beim Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheide offenbar maßgebliche Rechtslage des WAG idF BGBl. I 63/1999 bzw. (in den Verfahren G331/01 und G332/01) BGBl. I 2/2001 folgendermaßen dar (die in Prüfung stehenden Bestimmungen sind bei der nachfolgenden Wiedergabe des Gesetzestextes hervorgehoben, die schließlich aufgehobenen Vorschriften überdies durch Fettdruck):

Der I. Abschnitt des Gesetzes stellt Grundsätze über die Einrichtung, Organisation und Aufgaben der Wertpapieraufsicht sowie über die Bilanzerstellung und Kostentragung auf. Er lautet:

"I. ABSCHNITT

Bundes-Wertpapieraufsicht

Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA)

§1. (1) Zur Durchführung der in § 2 bezeichneten Aufgaben wird unter der Bezeichnung 'Bundes-Wertpapieraufsicht' (BWA) eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit eingerichtet.

(2) Der Sitz der BWA ist Wien. Ihr Wirkungsbereich erstreckt sich auf das gesamte Bundesgebiet. Sie ist berechtigt, das Bundeswappen zu führen.

(3) Die Bestimmungen der Gewerbeordnung - GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, sind auf die BWA nicht anzuwenden.

§2. (1) Die BWA hat auf Grund der ihr nach diesem Bundesgesetz und des Börsegesetzes 1989 - BörseG, BGBl. Nr. 555/1989, zukommenden Meldungen nach Maßgabe der Bestimmungen dieser Bundesgesetze alle Untersuchungen durchzuführen und jene Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind,

1. um die Ordnungsmäßigkeit und Fairness des Handels mit Instrumenten, die auf einem geregelten Markt (§2 Z 37 Bankwesengesetz - BWG, BGBl. Nr. 532/1993 ArtI) eines Mitgliedstaates (§2 Z 5 BWG) zugelassen sind, beurteilen und sichern zu können;

2. um bei der Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 11 Abs 1 die Wahrung der Interessen der Anleger im Sinne der §§11 bis 18 zu gewährleisten;

3. um anderen Verwaltungsbehörden, insbesondere dem Bundesminister für Finanzen und den zuständigen Behörden (§2 Z 9 BWG) anderer Mitgliedstaaten, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem BWG und den für Kreditinstitute geltenden sonstigen Gesetzen (§69 Abs 1 BWG) oder ihrer Aufgaben gemäß den Richtlinien 88/627/EWG, 89/592/EWG, 93/6/EWG und 93/22/EWG erforderlichen Informationen zu erteilen;

4. um dem Mißbrauch von Insiderinformationen gemäß § 48a BörseG entgegenzuwirken und zur Aufklärung und Verfolgung von Mißbrauchsfällen dadurch beizutragen, daß sie alle zur Konkretisierung eines Verdachtes einer gemäß § 48a BörseG strafbaren Handlung erforderlichen Ermittlungen mit den Maßnahmen des BörseG und gemäß diesem Bundesgesetz aus eigenem durchführt; dazu kann sie Auskünfte von


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a)
meldepflichtigen Instituten (§10 Abs 1) und Wertpapierdienstleistungsunternehmen (§19),


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b)
Emittenten, die meldepflichtige Instrumente (§10 Abs 2) begeben haben,


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c)
natürlichen und juristischen Personen, die Aufträge in bezug auf meldepflichtige Instrumente erteilt haben oder An- oder Verkäufe in solchen Instrumenten getätigt haben,


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d)
natürlichen und juristischen Personen, die Kenntnis von Mißbrauchsfällen haben können, und


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e)
Angestellten und Vertretern der in lita bis d genannten Personen

einholen;

5. um die Verfolgung von Verstößen gegen die in § 48 Abs 4 BörseG genannten Verwaltungsstraftatbestände sicherzustellen.

(2) Zur Erteilung von Auskünften nach Abs 1 Z 4 haben die auskunftspflichtigen Personen (Abs1 Z 4 lita bis e):

1. Vorladungen der BWA nachzukommen,


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2.
der BWA die geforderten mündlichen Auskünfte zu erteilen und


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3.
der BWA die geforderten schriftlichen Unterlagen und Datenträger vorzulegen.

Leitung der BWA

§3. (1) Die BWA wird von einem vom Bundesminister für Finanzen zu bestellenden Direktor geleitet. Der Direktor hat aus den Dienstnehmern der BWA einen Stellvertreter zu bestellen; diese Bestellung bedarf der Zustimmung des Bundesministers für Finanzen. Zum Direktor und zu dessen Stellvertreter dürfen nur in den Bereichen des Börse- und Kapitalmarktwesens fachkundige Personen bestellt werden. Die Funktionsperiode des Direktors und des Stellvertreters beträgt fünf Jahre; eine neuerliche Bestellung ist zulässig.

(2) Vor der Bestellung einer Person zum Direktor der BWA ist die Funktion auszuschreiben. Die Ausschreibung hat der Bundesminister für Finanzen zu veranlassen. Im übrigen ist das Ausschreibungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 85/1989, anzuwenden.

(3) Der Bundesminister für Finanzen kann der BWA Weisungen betreffend die Besorgung der Aufgaben gemäß § 2 erteilen. Die Weisungen des Bundesministers für Finanzen haben schriftlich zu erfolgen.

(4) Der Bundesminister für Finanzen hat die Bestellung zum Direktor zu widerrufen, wenn dieser eine Weisung gemäß Abs 3 nicht befolgt. Die Zustimmung zur Bestellung des Stellvertreters ist zu widerrufen, sofern dieser im Falle der Verhinderung des Direktors eine Weisung gemäß Abs 3 nicht befolgt. Die Bestellung kann auch aus folgenden Gründen gemäß Z 1 bis 3 widerrufen werden:


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1.
Wenn ein wichtiger Grund wie insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung vorliegt;


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2.
wenn der Direktor seine Funktion aus wichtigen Gründen zurücklegt;


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3.
bei dauernder Dienstunfähigkeit oder wenn der Direktor infolge Krankheit, Unfall oder eines Gebrechens mehr als ein halbes Jahr vom Dienst abwesend und dienstunfähig ist.

In allen Fällen des Widerrufs ist unverzüglich ein neuer Direktor (Stellvertreter) zu bestellen.

(5) Der Direktor hat dem Bundesminister für Finanzen jährliche Berichte und vierteljährliche Zwischenberichte über die Erfüllung der Aufgaben der BWA zu erstatten. Diese Berichte müssen jeweils binnen vier Wochen nach Ablauf des Berichtszeitraumes beim Bundesminister für Finanzen eingelangt sein.

Beirat

§4. (1) Der Bundesminister für Finanzen hat bei der BWA einen Beirat zur Kontrolle der finanziellen Gebarung der BWA einzurichten.

(2) Der Beirat nach Abs 1 besteht aus sechs Mitgliedern. Zwei Mitglieder sind auf Vorschlag der Wirtschaftskammer Österreich, ein Mitglied auf Vorschlag der Bundes-Arbeitskammer, ein Mitglied auf Vorschlag der Oesterreichischen Nationalbank zu bestellen; zwei Mitglieder sind aus dem Personalstand des Bundesministeriums für Finanzen zu bestellen, diese müssen sachkundige Beamte des Aktivstandes oder sachkundige Vertragsbedienstete sein.

(3) Der Beirat hat das Auskunftsrecht gegenüber dem Direktor und dessen Stellvertreter über die Gebarung der BWA. Der Beirat hält jährlich mindestens drei Sitzungen ab, an denen über sein Ersuchen der Direktor teilzunehmen hat. Der Direktor hat den Beirat unverzüglich von sich aus zu informieren, wenn der Stellenplan oder die Gesamtkosten der BWA die für das betreffende Geschäftsjahr geplante Zahl oder den veranschlagten Betrag voraussichtlich um mindestens 10 vH überschreiten werden; in diesem Fall kann jedes Mitglied des Beirats die Einberufung einer Sitzung verlangen. Über dem Bankgeheimnis unterliegende Tatsachen darf dem Beirat keine Auskunft erteilt werden.

(4) Die Niederschriften über die Sitzungen des Beirats sind dem Bundesminister für Finanzen unverzüglich zu übermitteln.

(5) Den Vorsitz im Beirat führt das vom Bundesminister für Finanzen bezeichnete Mitglied aus dem Personalstand des Bundesministeriums für Finanzen. Der Vorsitzende hat zu den Sitzungen einzuladen.

Personal

§5. (1) Der Direktor ist berechtigt, Angestellte in der erforderlichen Anzahl durch Dienstvertrag einzustellen. Auf das Dienstverhältnis der Dienstnehmer sind das Angestelltengesetz, BGBl. Nr. 292/1921, und die für Dienstnehmer in der privaten Wirtschaft geltenden sonstigen Rechtsvorschriften anzuwenden. Der Direktor ist berechtigt, Dienstverhältnisse nach den arbeitsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere durch Kündigung, zu beenden; die Kündigung des gemäß § 3 bestellten Stellvertreters bedarf jedoch der Zustimmung des Bundesministers für Finanzen.

(2) Die Dienstnehmer der BWA sind über alle ihnen aus ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit nicht auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen über solche Tatsachen Auskunft zu erteilen ist. Die Verschwiegenheitspflicht besteht auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses. Die Organe der BWA und ihre Dienstnehmer unterliegen der Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses als Amtsgeheimnis gemäß § 38 Abs 1 BWG.

Jahresabschluß

§6. (1) Die BWA hat für das vergangene Geschäftsjahr den Jahresabschluß in Form der Jahresbilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung so rechtzeitig aufzustellen, daß die Vorlagefrist des Abs 2 eingehalten werden kann. Das Handelsgesetzbuch - HGB, DRGBl. 1897 S 219, ist anzuwenden.

(2) Der Jahresabschluß ist dem Beirat und dem Bundesminister für Finanzen innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des vorangegangenen Geschäftsjahres zu übermitteln.

(3) Das Geschäftsjahr der BWA ist das Kalenderjahr.

Kosten

§7. (1) 90 vH des Personal- und Sachaufwandes der BWA (Kosten der Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen) sind dem Bund von den meldepflichtigen Instituten, den Emittenten und den Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit einer Gebühr zu erstatten. Unter Beachtung des Verursacherprinzips und des volkswirtschaftlichen Interesses an einer funktionsfähigen Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen sind die Aufsichtskosten demnach wie folgt aufzuteilen:

1. Meldepflichtige Institute 75 vH,

2. Bund 10 vH,

3. Emittenten mit Ausnahme des Bundes 10 vH,

4. Wertpapierdienstleistungsunternehmen 5 vH.

(2) Die auf die Kostenpflichtigen gemäß Abs 1 Z 1, 3 und 4 entfallenden Beträge sind von der BWA mit Bescheid vorzuschreiben; die Festsetzung von Pauschalbeträgen ist zulässig. Der Bundesminister für Finanzen hat nähere Regelungen über diese Kostenaufteilung und ihre Vorschreibung mit Verordnung festzusetzen. Hierbei sind insbesondere zu regeln:


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1.
Die Bemessungsgrundlagen der einzelnen Arten von Kostenvorschreibungen;


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2.
die Termine für die Kostenbescheide und die Fristen für die Zahlungen der Kostenpflichtigen.

Bei der Erlassung von Verordnungen gemäß Z 1 und 2 ist auf Art und Ausmaß der meldepflichtigen Geschäfte und der erbrachten Wertpapierdienstleistungen sowie hinsichtlich der Emittenten auf Art und Ausmaß der ausgegebenen meldepflichtigen Instrumente Bedacht zu nehmen. Die BWA, die Kostenpflichtigen und die Wiener Börsekammer haben dem Bundesminister für Finanzen alle erforderlichen Auskünfte über die Grundlagen der Kostenbemessung zu erteilen.

(§7 teilweise idF der Novelle BGBl. I 63/1999)

§8. (1) Der Bundesminister für Finanzen ist berechtigt,

1. von der BWA Auskünfte über alle Vorgänge und die Vorlage von Ausweisen in bestimmter Form und Gliederung zu verlangen und

2. jederzeit in die Bücher, Schriftstücke und Datenträger der BWA Einschau zu nehmen und hierzu auch Überprüfungen an Ort und Stelle vorzunehmen.

(2) Die Gebarung der BWA unterliegt der Prüfung durch den Rechnungshof.

(3) Die BWA hat eine Innenrevision einzurichten und kann sich dabei eines Wirtschaftstreuhänders bedienen."

Der II. Abschnitt normiert in den §§10 bis 18 umfangreiche Meldepflichten, Wohlverhaltensregeln, Organisations- und Aufbewahrungspflichten und überträgt in den §§19 und 20 der BWA die Kompetenz zur Erteilung von Konzessionen an "Wertpapierdienstleistungsunternehmen" und regelt in diesem Kontext auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession. Die §§19 und 20 lauten:

"Wertpapierdienstleistungsunternehmen

§19. (1) Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist, wer


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1.
eine oder mehrere Dienstleistungen gemäß § 1 Abs 1 Z 19 BWG gewerblich erbringt,


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2. kein Kreditinstitut gemäß § 1 Abs 1 BWG ist und


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3.
seine Berechtigung zur Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 1 Abs 1 Z 19 nicht auf die §§9 ff BWG gründet.

(2) Die Erbringung der in § 1 Abs 1 Z 19 BWG genannten Dienstleistungen bedarf der Konzession der BWA, soweit nicht Abs 2a oder § 9 dieses Bundesgesetz, § 1 Abs 3 BWG oder § 3 Abs 3 VAG Anwendung finden.

...

§20. (1) Die Konzession ist zu erteilen, wenn:

1. Das Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder einer Genossenschaft geführt werden soll;

2. das Eigenkapital mindestens die in Abs 2 genannte Höhe beträgt und den Geschäftsleitern unbeschränkt und ohne Belastung in den Mitgliedstaaten zur freien Verfügung steht;

3. die Geschäftsleiter auf Grund ihrer Vorbildung fachlich geeignet sind und die für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen haben;

4. das Unternehmen keine Dienstleistungen erbringt, die das Halten von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Instrumenten von Kunden umfassen, sodaß das Unter nehmen diesbezüglich zu keiner Zeit Schuldner seiner Kunden werden kann;

5. die Voraussetzungen gemäß § 5 Abs 1 Z 2 bis 4, 6, 7 und 9 bis 14 BWG vorliegen.

(2) Das Anfangskapital eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens hat mindestens zu betragen:

1. 650 000 S, sofern der Geschäftsgegenstand ausschließlich

a) die Beratung über Veranlagung von Kundenvermögen oder

b) die Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten zum Erwerb oder zur Veräußerung eines der in § 1 Abs 1 Z 7 litb bis f BWG genannten Instrumente oder


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c) beide Geschäfte gemäß lita und b

umfaßt;

2. 1 750 000 S, sofern der Geschäftsgegenstand die Verwaltung von Kundenportefeuilles mit Verfügungsvollmacht im Auftrag des Kunden umfaßt.

...

(4) Für eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs 1 Z 19 lita BWG oder eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs 1 Z 19 litc BWG, sofern diese im Rahmen der in Artikel 2 Abs 2 litg der Richtlinie 93/22/EWG angeführten Schranken erfolgt, brauchen für die Erlangung der Konzession die Voraussetzung gemäß § 5 Abs 1 Z 12 und 13 BWG und die Voraussetzung nach Abs 1 Z 1 und die Verpflichtung gemäß § 22 Abs 2 solange nicht erfüllt werden, als die Summe der jährlichen Umsatzerlöse des Unternehmens 10 Millionen Schilling nicht übersteigt. Die Voraussetzung gemäß Abs 1 Z 2 gilt als erfüllt, wenn das Unternehmen durch eine Berufshaftpflichtversicherung (Abs5) versichert ist. ..."

(§§19 und 20 teilweise idF der Novelle BGBl. I 63/1999)

Sodann normiert § 21 in Form einer Verweisung auf das Bankwesengesetz Verhaltenspflichten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen; diese Bestimmung lautet:

"§21. (1) Folgende Bestimmungen des BWG für Kreditinstitute finden auch auf Wertpapierdienstleistungsunternehmen Anwendung, wobei die Vollziehung der BWA an Stelle des im BWG genannten Bundesministers für Finanzen obliegt: § 6, § 7, § 10, § 20, §§39 bis 41, § 73 Abs 1 Z 1 bis 8 und § 96.

(2) Ergibt sich für die BWA bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben der Verdacht, daß eine Transaktion der Geldwäscherei dient, so hat sie die Behörde (§6 SPG) hievon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. § 41 Abs 6 BWG ist anzuwenden."

(Abs2 idF der Novelle BGBl. I 11/1998)

In den §§22 bis 23a werden Vorschriften über die Eigenkapitalausstattung, die Rechnungslegung sowie die Prüfung des Jahresabschlusses durch Wertpapierdienstleistungsunternehmen aufgestellt und die §§23b bis 23e enthalten Vorschriften über die Verpflichtung zur Zugehörigkeit zu einer (von den zuständigen Fachverbänden der Wirtschaftskammer Österreich einzurichtenden) Entschädigungssicherungseinrichtung.

Die Aufsichtsbefugnisse der BWA werden in den §§24 und 24a folgendermaßen umschrieben:

"Aufsicht

§24. (1) Die BWA hat die Einhaltung dieses Bundesgesetzes durch

1. Wertpapierdienstleistungsunternehmen,

2. Kreditinstitute gemäß § 1 Abs 1 BWG hinsichtlich der §§10 bis 18 und

3. Kreditinstitute, Finanzinstitute und Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten gemäß den §§9 ff. BWG hinsichtlich der §§10 bis 18 und

4. anerkannte Wertpapierfirmen mit Sitz in einem Drittland, Lokale Firmen und an einer österreichischen Börse tätige Mitglieder einer Kooperationsbörse (§15 Abs 5 BörseG), hinsichtlich der §§10 bis 18 und der §§39 Abs 3, 40 und 41 BWG

zu überwachen und dabei auf das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Kapitalmarkt und auf die Interessen der Anleger Bedacht zu nehmen.

(Z 4 eingefügt durch die Novelle BGBl. I 11/1998)

(2) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Abs 1 kann die BWA unbeschadet der ihr auf Grund anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zustehenden Befugnisse jederzeit von den Unternehmen gemäß Abs 1 und ihren Organen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten fordern, in die Bücher, Schriftstücke und Datenträger dieser Unternehmen Einsicht nehmen, von den Abschlußprüfern und gesetzlichen Prüfungseinrichtungen Prüfungsberichte und Auskünfte einholen und durch die Abschlußprüfer oder durch eigene Prüfer alle erforderlichen Prüfungen vornehmen lassen. Die vorstehenden Aufsichtsbefugnisse der BWA erstrecken sich auch auf die selbständigen Vertreter von Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die Dienstleistungen auf die in § 19 Abs 2a genannte Weise erbringen.

(letzter Satz des Abs 2 idF der Novelle BGBl. I 63/1999)

(3) Liegt eine Konzessionsvoraussetzung gemäß § 20 nach Erteilung der Konzession nicht mehr vor oder verletzt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung oder eines Bescheides, so hat die BWA die in § 70 Abs 4 Z 1 bis 3 BWG genannten Maßnahmen in bezug auf das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu ergreifen.

(4) Bei einer Prüfung gemäß Abs 2 sind die Prüfungsorgane mit einem schriftlichen Prüfungsauftrag zu versehen und haben sich vor Beginn der Prüfung unaufgefordert auszuweisen sowie den Prüfungsauftrag vorzuweisen. Im übrigen ist § 71 Abs 1 bis 6 BWG anzuwenden.

(5) Zur Prüfung von Zweigstellen und Repräsentanzen in Mitgliedstaaten kann die BWA auch die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates um die Vornahme der Prüfung ersuchen, wenn dies das Verfahren vereinfacht oder beschleunigt oder wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit, Raschheit oder Kostenersparnis gelegen ist; unter diesen Voraussetzungen ist auch die Teilnahme eigener Prüfer an einer von den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates durchgeführten Prüfung möglich.

(6) Die der BWA durch Prüfungen oder Maßnahmen nach Abs 2 und 5 entstehenden Kosten sind von den betroffenen Rechtsträgern zu ersetzen.

(Abs6 idF BGBl. I 63/1999)

Aufsicht im Rahmen der

Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit

§24a. (1) Verletzt ein Institut gemäß § 24 Abs 1 Z 3, das seine Tätigkeit in Österreich durch eine Zweigstelle oder im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs erbringt, Bestimmungen der §§10 bis 18 oder auf Grund dieser Vorschriften erlassene Verordnungen und Bescheide, so ist ihm, unbeschadet der Anwendung des § 27, von der BWA aufzutragen, binnen drei Monaten den entsprechenden Zustand herzustellen. Kommt das Institut der Aufforderung nicht nach, so hat die BWA den Bundesminister für Finanzen und die zuständigen Behörden des Herkunftmitgliedstaates davon in Kenntnis zu setzen.

(2) Verletzt das Institut trotz der vom Herkunftmitgliedstaat gesetzten oder zu setzenden Maßnahmen weiter die im Abs 1 genannten Bestimmungen, so hat die BWA unter gleichzeitiger Verständigung des Bundesministers für Finanzen, der zuständigen Behörden des Herkunftmitgliedstaates und der Europäischen Kommission


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1.
den verantwortlichen Leitern der Zweigstelle des Institutes die Geschäftsführung ganz oder teilweise zu untersagen und/oder


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2.
bei weiteren Verstößen die Aufnahme neuer Geschäftstätigkeiten in Österreich zu untersagen.

(3) Verletzt ein österreichisches Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das seine Tätigkeit in einem Mitgliedstaat durch eine Zweigstelle oder im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs erbringt, trotz Aufforderung durch die zuständigen Behörden, den rechtmäßigen Zustand herzustellen, weiter die nationalen Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaates, so hat die BWA nach Verständigung durch die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates geeignete Maßnahmen nach § 24 Abs 3 zu setzen, um den gesetzeskonformen Zustand im Aufnahmemitgliedstaat herzustellen. Die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates ist von den getroffenen Maßnahmen unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

(4) Wird einem österreichischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Konzession entzogen, so hat die BWA dies den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, in denen es seine Tätigkeiten ausübt, unverzüglich schriftlich zur Kenntnis zu bringen."

(§24a idF BGBl. I 126/1998)

Nach § 25 hat die BWA ein Verzeichnis der geregelten Märkte zu führen, und die §§26 und 27 enthalten eine Reihe von Verwaltungsstrafbestimmungen.

Der mit "Verfahrensbestimmungen" überschriebene § 28 lautet sodann:

"§28. (1) Für die Verhängung von Verwaltungsstrafen gemäß § 27 Abs 1 bis 3 ist in erster Instanz die BWA zuständig.

(2) Gegen im Verwaltungsverfahren erlassene Bescheide der BWA kann ein ordentliches Rechtsmittel nicht ergriffen werden.

(3) Bei Verwaltungsübertretungen gemäß den §§26 und 27 gilt anstelle der Verjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG von sechs Monaten eine Verjährungsfrist von 18 Monaten."

(Abs3 idF BGBl. I 126/1998)

Sodann bestimmt der unter der Rubrik "Amtshilfe" stehende § 29:

"§29. (1) Alle Organe des Bundes, der Länder und der Gemeinden sind im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungsbereiches zur Hilfeleistung an die BWA verpflichtet. Insbesondere arbeiten die BWA, der Bundesminister für Finanzen im Rahmen seiner Aufgaben gemäß dem BWG und dem VAG, die Oesterreichische Nationalbank im Rahmen ihrer Aufgaben gemäß dem BWG, sowie das zuständige Börseunternehmen gemäß dem BörseG in wechselseitiger Hilfeleistung zusammen.

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben der BWA über deren Ersuchen zur Sicherung der Aufsichtsbefugnisse gemäß § 2 Abs 1 Z 4 und Abs 2 sowie gemäß § 24 im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungsbereichs Hilfe zu leisten."

(Abs1 idF BGBl. I 11/1998)

Durch ArtVII Z 3 des Kapitalmarktoffensive-Gesetzes, BGBl. I 2/2001, wurde § 29 Abs 1 mit Wirkung ab neuerlich geändert, und zwar so, daß der bisherige zweite Satz nunmehr den dritten Satz bildet.

§ 30 enthält die Ermächtigung zur Datenverarbeitung und Informationsübermittlung und § 31 Bestimmungen über die Gebühren-und Abgabenbefreiung.

Der III. Abschnitt des Gesetzes ist Übergangs- und Schlußbestimmungen gewidmet. Die in Prüfung genommenen Z 1 und 2 des § 32 lauten im Zusammenhang:

"§32. Nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes gelten folgende Übergangsbestimmungen:

1. (zu § 1)

Die Einrichtung der BWA kann vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes von dem seiner Kundmachung folgenden Tag an erfolgen.

2. (zu § 3)

Die Ausschreibung der Funktion und die Bestellung zum Direktor der BWA kann vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes von dem seiner Kundmachung folgenden Tag an erfolgen.

..."

2. Das Erfordernis der Ausgliederung der Wertpapieraufsicht wurde in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (369 BlgNR XX. GP) folgendermaßen begründet:

"Die Ausgliederung der Aufsicht über Wertpapierdienstleistungen im Sinne der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie in die neu zu errichtende Bundesanstalt für Wertpapieraufsicht ist aus einer Vielzahl von Gründen unbedingt erforderlich. So wäre es in der kurzen, bis zur Aufnahme dieser Aufsichtstätigkeiten zur Verfügung stehenden Frist nicht möglich, eine funktionsfähige staatliche Aufsicht im Bundesministerium für Finanzen selbst einzurichten, weil weder das erforderliche, entsprechend ausgebildete Personal noch die hard- und softwaremäßigen EDV-Voraussetzungen bereitgestellt werden könnten. Das Fachpersonal der Wertpapieraufsicht muß über beträchtliches Wissen im Bankwesen sowie über Derivate und ihren Markt verfügen; die EDV muß in der Lage sein, tägliche Meldungen der großen Anzahl der in diesem Markt tätigen Unternehmen aufzunehmen und zu analysieren. Die Aufsicht in diesem Bereich wird aus diesen und ähnlichen Gründen auch in der Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten ebenfalls in ausgegliederter Form betrieben.

Durch die gewählte Organisationsform - die Einrichtung soll als öffentlich-rechtliche Anstalt errichtet werden - sollen die Voraussetzungen für eine effiziente Erfüllung der Aufgaben der Wertpapiermarktaufsicht geschaffen werden. Die Schaffung einer Spezialbehörde zur Beaufsichtigung des Wertpapierhandels ermöglicht die Bereitstellung der technischen und personellen Ressourcen und soll auch zur Stärkung des Ansehens des Finanzplatzes Wien führen. Gleichzeitig ermöglicht die öffentlich-rechtliche Rechtsform die Eingliederung in das verfassungsrechtlich vorgegebene System der Behördenorganisation; die Besorgung von Spezialaufgaben des Bundes durch eigene Bundesanstalten stellt hierbei einen bereits mehrfach bewährten Weg dar."

(Kritisch zu dieser Begründung insb. Rill, Grenzen der Ausgliederung behördlicher Aufgaben aus der unmittelbaren Staatsverwaltung - Überlegungen anläßlich der geplanten Betrauung eines eigenen Rechtsträgers mit der Wertpapieraufsicht, ÖBA 1996, 748 ff., der insbesondere auch darauf hinweist, daß der letzte Halbsatz des wiedergegebenen Teils der Begründung nicht belegt und auch nicht belegbar sei; auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof konnten die Vertreter der Bundesregierung über Befragen nur ein Beispiel für eine unselbständige Bundesanstalt nennen.)

IV. 1. Der Verfassungsgerichtshof nahm in seinem das Verfahren G269/01 einleitenden Beschluß vorläufig an, daß die zu B1695/99 protokollierte Beschwerde zulässig ist und daß er bei ihrer Behandlung unter anderem die in Prüfung genommenen Bestimmungen des WAG anzuwenden hätte, die in ihrem Zusammenwirken die organisatorische Ausgliederung der Wertpapieraufsichtsbehörde aus der staatlichen Organisation bewirken und die bescheiderlassende Behörde in ihrer rechtlichen Qualität konstituieren dürften.

2. In der Sache sah der Verfassungsgerichtshof und diesem folgend der Verwaltungsgerichtshof in der Schaffung der BWA als "Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit" eine Ausgliederung aus der Staatsverwaltung. Unter teilweise Wiedergabe der Entscheidung VfSlg. 14.473/1996 (betreffend die Austro Control GmbH) rekapitulierte der Verfassungsgerichtshof, welche verfassungsrechtlichen Grenzen bei der Übertragung von hoheitlich zu besorgenden Verwaltungsaufgaben auf ausgegliederte Rechtsträger zu beachten seien und führte dazu aus:

"Wie der Verfassungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen hat, ist es verfassungsrechtlich nicht schlechthin unzulässig, öffentliche Verwaltungsaufgaben mit Hilfe ausgegliederter Rechtsträger zu besorgen. So hat der Gerichtshof - anknüpfend an VfSlg. 1455/1932 - etwa in seinem Erkenntnis VfSlg. 3685/1960 ausgesprochen, es müsse 'angenommen werden, daß der Bundes-Verfassungsgesetzgeber es stillschweigend als verfassungsrechtlich zulässig ansah, für vereinzelte Aufgaben Organe von Nicht-Gebietskörperschaften mit der Vollzugsgewalt des Bundes oder eines Landes auszustatten'. Bei dieser Auffassung ist der Gerichtshof in seiner weiteren Rechtsprechung geblieben, die er in VfSlg. 14.473/1996 (betreffend die Austro Control GmbH) zusammengefaßt hat. In dieser Entscheidung hat der Verfassungsgerichtshof aber auch die Grenzen deutlich gemacht, die dem Gesetzgeber bei der Übertragung von Hoheitsaufgaben an ausgegliederte Rechtsträger durch die Verfassung gegeben sind. Er führte dazu unter anderem aus:

'Wie jeder Akt der Gesetzgebung muß die Beleihung ausgegliederter Rechtsträger den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben, wie dem aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebot (vgl. etwa VfSlg. 8457/1978, 11.369/1987, 11.639/1988) oder dem verfassungsrechtlichen Effizienzgebot (vgl. etwa Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 173 ff.) entsprechen. Der Gerichtshof hat in seiner Judikatur aber auch weitere Grenzen markiert, die das B-VG der Betrauung von juristischen Personen mit hoheitlichen Aufgaben durch den einfachen Gesetzgeber setzt: So ergibt sich zum einen aus dieser Rechtsprechung, daß die verfassungsrechtliche Ermächtigung zu derartigen Beleihungen nur für 'vereinzelte Aufgaben' besteht (VfSlg. 3685/1960, 10.213/1984). Zum anderen hat der VfGH (ebenfalls in VfSlg. 3685/1960) erkannt, daß diese Ermächtigung nur soweit gegeben sei, 'als sich nicht aus dem durch den Wesensgehalt der Bundesverfassung allgemein bestimmten Aufbau der staatlichen Verwaltung oder aus einzelnen besonderen Bestimmungen der Bundesverfassung eine Einschränkung ergibt'. Eine solche sah der Gerichtshof in VfSlg. 3096/1956 (bestätigend VfSlg. 4117/1966) in der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit der Unterstellung unter ein oberstes Organ, das gemäß Art 76 Abs 1 B-VG (bzw. gemäß Art 105 Abs 2 B-VG) und Art 142 B-VG verantwortlich ist.'"

Der Gerichtshof meinte, daß die Regelung über die Ausgliederung der BWA diese Grenzen überschreite:

"Anders als im Fall der Übertragung von behördlichen Aufgaben an die Austro Control GmbH dürften im vorliegenden Fall der BWA 'mehr als bloß vereinzelte Aufgaben' zur behördlichen Besorgung übertragen worden sein: Dabei ist darauf zu verweisen, daß mit dem Gesetz den am Kapitalmarkt tätig werdenden Unternehmen eine große Zahl von Verhaltenspflichten auferlegt wird, deren Einhaltung insgesamt die BWA zu kontrollieren berufen sein dürfte. Ihr dürfte also auf diesem Gebiet eine weitgehende wirtschaftsaufsichtsrechtliche Tätigkeit übertragen sein; dazu kommen die ihrer Art nach typisch gewerbepolizeilichen Aufgaben der BWA im Hinblick auf 'Wertpapierdienstleistungsunternehmen' (wie die Kompetenz zur Konzessionserteilung und Aufgaben der Gewerbeaufsicht) und die Kompetenz zur Erlassung von Verwaltungsstrafbescheiden, die der Verfassungsgerichtshof in der schon zitierten Entscheidung VfSlg. 14.473/1996 als zum Kernbereich der staatlichen Verwaltung gehörig qualifizierte. Es dürften der BWA - anders als der Wiener Börse AG in dem mit Erkenntnis vom , B2010/99, entschiedenen Fall - also jedenfalls mehr als bloß vereinzelte Aufgaben übertragen worden sein, sodaß die Grenze dessen überschritten zu sein scheint, was ohne Verletzung des Organisationskonzeptes der Bundesverfassung an Kompetenzen an ausgegliederte Rechtsträger übertragen werden darf (so auch Rill, aaO, 756).

Dazu kommt, daß die von der Verfassung geforderte Unterstellung der BWA unter die Leitungs- und Organisationsverantwortung eines obersten Organs, das seinerseits insbesondere dem Parlament gegenüber verantwortlich ist, in der vorgesehenen Konstruktion nicht gesichert sein dürfte. Zwar geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, daß der Direktor der BWA gemäß § 3 Abs 3 WAG hinsichtlich aller jener Angelegenheiten weisungsgebunden ist, auf die in § 2 Bezug genommen ist, doch bezweifelt der Gerichtshof vorerst, ob damit der gesamte Tätigkeitsbereich der BWA einbezogen ist (vgl. etwa die §§19 und 20 WAG); vor allem dürfte angesichts der eingeschränkten Berichterstattungspflichten an den Bundesminister (vgl. § 3 Abs 5 leg.cit.) nicht gesichert sein, daß der Bundesminister über die zur Entscheidung anstehenden Angelegenheiten so ausreichend und rechtzeitig informiert ist, daß ihm die weisungsmäßige Führung der Geschäfte, wie sie Art 20 Abs 1 B-VG verlangt, überhaupt möglich ist. Die Leitungsbefugnis durch den Bundesminister scheint daher nicht gesichert zu sein.

Anders als im Falle der Beleihung der Austro Control GmbH, bei der aufgrund der rechtlichen Organisation des ausgegliederten Rechtsträgers als GmbH sichergestellt war, daß auch die Gesellschafterrechte durch ein dem Nationalrat verantwortliches oberstes Organ wahrgenommen werden, scheint im vorliegenden Fall infolge der organisatorischen Selbständigkeit der Einrichtung auch diese Einflußmöglichkeit eines obersten Verwaltungsorgans nicht realisierbar zu sein (so auch Rill, aaO, 756). Vielmehr scheint in der gegebenen Konstellation die Leitungs- und Organisationsbefugnis eine bloß theoretische und illusorische zu sein, die dem Bundesminister nicht jene Ingerenzmöglichkeiten einräumen dürfte, die Voraussetzung dafür sein dürfte, die Verantwortlichkeit gemäß Art 76 Abs 1 und Art 142 B-VG geltend zu machen. Besonders deutlich kommt die Konzeption einer weitgehenden Gleichordnung der ausgegliederten Einrichtung mit dem verantwortlichen obersten Organ in § 29 Abs 1 WAG zum Ausdruck, in der die BWA und der Bundesminister für Finanzen zur "Zusammenarbeit und wechselseitigen Hilfeleistung" verpflichtet werden.

Der Verfassungsgerichtshof hat daher das Bedenken, daß die gewählte Konstruktion der Ausgliederung der Wertpapieraufsicht dem Organisationskonzept der Bundesverfassung, wie es insbesondere in Art 20 Abs 1 und Art 77 B-VG zum Ausdruck kommt, widerspricht."

V. 1. Der Annahme der Präjudizialität der in Prüfung genommenen Bestimmungen trat die Bundesregierung entgegen und beantragte, das Gesetzesprüfungsverfahren einzustellen. Sie meint, im verfassungsgerichtlichen Verfahren seien bloß jene Bestimmungen präjudiziell, auf die sich der die Konzession versagende Bescheid der Sache nach gründe, nicht aber jene Bestimmungen, die die organisatorische Einrichtung der bescheiderlassenden BWA betreffen und führt dazu aus:

"Nach Auffassung der Bundesregierung ginge es - im Lichte der ... Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes - daher zu weit, in diesem - ausschließlich eine Konzessionserteilung betreffenden - Zusammenhang auch noch die in Prüfung stehenden Bestimmungen als präjudiziell zu betrachten, die das grundsätzliche Organisationskonzept der Wertpapieraufsicht regeln.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird die Präjudizialität dann bejaht, wenn die gesetzliche Bestimmung 'Voraussetzung' für die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in einer anhängigen Rechtssache ist. In der Regel wird Präjudizialität angenommen, wenn die Behörde die Norm bei der Erlassung des nach Art 144 Abs 1 B-VG angefochtenen Aktes tatsächlich angewendet hat, die Norm also als Rechtsgrundlage des angefochtenen Aktes herangezogen wurde." (Hinweis auf VfSlg. 10.925/1986).

2. Dem ist zu erwidern, daß entgegen der Auffassung der Bundesregierung auch die eine Behörde in ihrer Organisation konstituierenden Vorschriften bei Überprüfung eines Bescheides dieser Behörde vom Verfassungsgerichtshof anzuwenden wären, da sie eine Voraussetzung für seine Entscheidung bilden. Denn eine Behörde wendet bei ihrer Tätigkeit die sie konstituierenden Vorschriften an, weshalb sie auch für den Verfassungsgerichtshof präjudiziell sind.

Dies zeigt sich etwa in Fallkonstellationen, bei denen verfassungsrechtliche Bedenken gegen Rechtsvorschriften bestehen, die einen Rechtsträger in bestimmter Weise organisieren oder eine bestimmte Zusammensetzung eines Organs vorsehen und diesem Rechtsträger bzw. diesem Organ bestimmte Aufgaben zur Besorgung übertragen, also in Fallkonstellationen, in denen gerade die Betrauung bestimmter Organe oder Rechtsträger mit bestimmten Angelegenheiten die verfassungsrechtlichen Bedenken auslöst. Der Bundesverfassung ist eine Regelung nicht zu entnehmen, daß in derartigen Fällen bei der Bescheidprüfung stets bloß die Kompetenzzuweisung anzuwenden ist. Die Frage, welche der Vorschriften in solchen Fallkonstellationen präjudiziell im Sinne des Art 140 Abs 1 B-VG sind, läßt sich nicht allgemein beantworten. Vielmehr hat der Verfassungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf die Besonderheiten des jeweiligen Falles zu entscheiden, welche der präjudiziellen Vorschriften in Prüfung zu ziehen sind (vgl. etwa VfSlg. 9751/1983 oder 14.078/1995). Dies können je nach der Konstellation auch die organisationsrechtlichen Bestimmungen eines Gesetzes sein (vgl. etwa VfSlg. 11.506/1987).

In diesem Sinn hat der Gerichtshof etwa schon in VfSlg. 3134/1956 aus Anlaß der Überprüfung zweier Bescheide von Berufungskommissionen bei Finanzlandesdirektionen die organisationsrechtlichen Vorschriften betreffend diese Berufungskommissionen überprüft (und aufgehoben) und mit VfSlg. 14.362/1995 hat er aus Anlaß eines in einem Habilitationsverfahren ergangenen Bescheides Vorschriften über die Zusammensetzung von Kollegialbehörden nach dem Universitätsorganisationsgesetz auf ihre Sachgerechtigkeit überprüft. Auch in Fällen, in denen die Zulässigkeit der Übertragung bestimmter Agenden in die Zuständigkeit von Kollegialbehörden unter dem Gesichtspunkt des Art 6 EMRK in Rede stand, hat der Verfassungsgerichtshof in mehreren Fällen die die Organisation betreffenden Bestimmungen in Prüfung genommen (vgl. etwa VfSlg. 10.639/1985, 11.506/1987 oder 13.001/1992).

Auch im vorliegenden Fall liegt eine derartige Konstellation vor: Der Verfassungsgerichtshof hatte Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Übertragung von Aufgaben wirtschaftsaufsichtsrechtlicher, gewerbepolizeilicher und verwaltungsstrafrechtlicher Art im Bereich des Wertpapierhandels an einen in bestimmter Weise organisierten Rechtsträger. Bei Überprüfung der Bescheide eines solchen Rechtsträgers unter dem Gesichtspunkt des Art 144 Abs 1 B-VG sind sowohl die die Behörde konstituierenden organisationsrechtlichen Vorschriften wie auch die einzelnen materiell-rechtlichen Vorschriften, die den Bescheiden zugrundeliegen, Voraussetzung für die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes und von diesem anzuwenden.

In seinem Prüfungsbeschluß hat nun der Verfassungsgerichtshof angenommen, daß es im vorliegenden Fall angesichts der Art der verfassungsrechtlichen Bedenken geboten ist, die die Ausgliederung an sich konstituierenden Bestimmungen in Prüfung zu nehmen: Denn die Bedenken des Gerichtshofes richten sich eben (auch) gegen die Organisation an sich, weshalb im Sinne der zitierten Rechtsprechung zu Recht die diese konstituierenden Vorschriften in Prüfung genommen wurden. Der Einwand der mangelnden Präjudizialität ist daher nicht berechtigt.

3. Allerdings erweist sich, daß das von Amts wegen eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren nicht hinsichtlich sämtlicher in Prüfung genommenen Bestimmungen zulässig ist, da sich die vom Verfassungsgerichtshof aufgeworfenen Bedenken nicht auf alle der im Spruch des Prüfungsbeschlusses genannten Gesetzesstellen beziehen:

Das betrifft einerseits die Absätze 2 und 3 des § 1, weiters § 4 und den Absatz 2 des § 5. Weder treffen die vom Gerichtshof ausgebreiteten Bedenken diese Bestimmungen unmittelbar, noch stehen diese mit dem zulässigerweise in Prüfung genommenen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang. Hinsichtlich dieser Bestimmungen war daher das Verfahren einzustellen.

4. Nach seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. etwa VfSlg. 6674/1972, 9374/1982, 11.455/1987 u.v.a.) hat der Verfassungsgerichtshof den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, daß einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlaßfall ist, daß aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Fall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt.

Im vorliegenden Fall kann die angenommene Verfassungswidrigkeit, träfe sie tatsächlich zu, auch durch die Beschränkung der Aufhebung auf einige der in Prüfung genommenen Bestimmungen beseitigt werden. Denn die im Prüfungsbeschluß angenommene Verfassungswidrigkeit kann schon dadurch beseitigt werden, daß die BWA ihrer eigenen Rechtspersönlichkeit entkleidet und zu einer der vollen Leitungsbefugnis des Bundesministers unterstehenden unselbständigen Einrichtung des Bundes würde (vgl. im einzelnen unter Pkt. VIII. 3. a)). Da sich diese eingeschränkte Aufhebung insofern als der geringere Eingriff erweist, als die BWA institutionell bestehen bleibt, und dem verbleibenden Teil der Vorschrift jener Inhalt zukommt, den die Bundesregierung der Vorschrift schon jetzt zumißt, nämlich die Einrichtung einer "nachgeordneten Sonderbehörde", deren Tätigkeit der unmittelbaren und umfassenden Leitungs- und Aufsichtsgewalt des Bundesministers unterliegt, war ihr nach den in der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entwickelten Kriterien der Vorrang zu geben. Das Verfahren war daher im darüber hinausgehenden Umfang einzustellen.

VI. 1. Mit seinem zu G287/01 protokollierten Antrag vom begehrt der Verwaltungsgerichtshof die Aufhebung der materiell-rechtlichen Vorschrift, die dem bei ihm angefochtenen Verwaltungsstrafbescheid zugrundeliegt; aus dem unter Pkt. V. 2. Gesagten ergibt sich, daß auch diese Bestimmung präjudiziell ist. Da auch alle anderen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist dieser Antrag des Verwaltungsgerichtshofes zulässig.

2. a) Die Bundesregierung hält den vom Verwaltungsgerichtshof im Verfahren G287/01 gestellten weiteren (Primär-)Antrag vom sowie die in den Verfahren G321/01, G331/01 und G332/01 gestellten (Primär-)Anträge aus eben jenen Gründen für unzulässig, mit denen sie der Zulässigkeit des amtswegig eingeleiteten Verfahrens G269/01 entgegen getreten ist (vgl. oben Pkt. V. 1.).

b) Aus dem oben zu Pkt. V. Ausgeführten ergibt sich indes, daß auch der im Verfahren G287/01 gestellte weitere Antrag des Verwaltungsgerichtshofes im gleichen Umfang zulässig ist, wie das von Amts wegen eingeleitete Verfahren. Gleiches gilt für die in den Verfahren G321/01, G331/01 und G332/01 gestellten (Primär-)Anträge.

Hinsichtlich der angefochtenen organisationsrechtlichen Bestimmungen sind die Anträge daher in jenem Umfang, in dem das amtswegige Prüfungsverfahren einzustellen ist, aus den oben angeführten Gründen (vgl. Pkt. V. 3. und 4.) zurückzuweisen.

c) Mit den in den Verfahren G321/01, G331/01 und G332/01 gestellten Eventualanträgen begehrt der Verwaltungsgerichtshof (teils zusätzlich zur Aufhebung der die bescheiderlassende Einrichtung als Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit anscheinend konstituierenden organisationsrechtlichen Vorschriften) auch die Aufhebung jener Vorschriften, die der BWA die Zuständigkeit zur Erlassung des die Konzessionserteilung versagenden bzw. die erteilte Konzession widerrufenden Bescheides übertragen.

Auch diese Eventualanträge hält die Bundesregierung größtenteils für unzulässig, zum Teil weil sie die Anträge für zu eng hält (bei Aufhebung bloß der Wortfolge "der BWA" in § 19 Abs 2 WAG verbliebe nach Ansicht der Bundesregierung bloß ein unverständlicher und im Ergebnis verfassungswidriger, weil eine Behördenzuständigkeit nicht festlegender Torso), zum Teil werden die angegriffenen Bestimmungen als nicht präjudiziell erachtet (die Entziehung der Konzession stütze sich nicht auf § 24 Abs 1 Z 1 oder § 24 Abs 3 WAG, sondern allenfalls auf § 6 Abs 2 Z 3 BWG, auf den in § 21 Abs 1 WAG verwiesen werde).

Im Hinblick auf das Ergebnis dieses Gesetzesprüfungsverfahrens braucht aber auf die Frage der Zulässigkeit der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Eventualanträge nicht eingegangen zu werden.

VII. 1. In der Sache weist die Bundesregierung in ihrer Äußerung zunächst darauf hin, daß die Erlassung des WAG unter anderem der Durchführung der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie dient und meint dazu:

"Diese Richtlinie sieht zwar keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Schaffung einer zentralen Kapitalmarktaufsichtsbehörde vor, doch legt es der 'im Spannungsfeld von Liberalisierung und Optimierung des Anlegerschutzes gewählte aufsichtsrechtliche Regelungsansatz der Richtlinie nahe, eine funktionelle Verbindung mit dem nach der Insiderrichtlinie wahrzunehmenden Agenden herbeizuführen' (vgl. Oppitz, Rz 12 zu § 1 WAG in: Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, Kommentar zum Wertpapieraufsichtsgesetz, Wien/Frankfurt 1998). Diese so genannte Insiderrichtlinie, ABl. Nr. L 334/30 vom , hat für den EG-internen Bereich die Schaffung nationaler Aufsichtsbehörden in den Mitgliedstaaten vorgesehen. Die Errichtung der Spezialbehörde war daher vor dem Hintergrund der internationalen Entwicklungen im Banken- und Wertpapierbereich notwendig. Diesen Weg hat der österreichische Gesetzgeber mit der Konzentration der Kapitalmarktaufsicht in der 'Bundes-Wertpapieraufsicht' (BWA) gewählt. Es wird auch darauf hingewiesen, dass in den Standards der maßgeblichen internationalen Aufsichtsgremien (zB Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, IOSCO für Börse- und Wertpapieraufsicht sowie IAIS für Versicherungsaufsicht) sogar die operationelle Unabhängigkeit der Banken-, Wertpapieraufsichts- und Versicherungsbehörden als wesentliche Anforderung gesehen wird."

2. Der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes, es handle sich bei der Schaffung der BWA um eine Ausgliederung in Form einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung hält die Bundesregierung insbesondere folgendes entgegen (Hervorhebungen im Original):

"Gestützt auf den Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG ('Geld-, Kredit-, Börse- und Bankwesen') wurde die neue BWA geschaffen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass es der eindeutige Wille des Gesetzgebers war, eine weisungsgebundene Spezialbehörde mit besonderen Fachkenntnissen verfassungskonform einzurichten, die dem Bundesminister für Finanzen als obersten Organ der Bundesvollziehung gemäß Art 19 Abs 1 B-VG und Art 20 Abs 1 B-VG (volle Leitungs- und Aufsichtsbefugnis) sowie nach Art 77 Abs 1 iVm Abs 3 B-VG in allen Angelegenheiten unterstellt ist (vgl. Oppitz, Rz 10 zu § 1 WAG in:

Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, Kommentar zum Wertpapieraufsichtsgesetz, Wien/Frankfurt 1998, vgl. das Erkenntnis des Zl. 2000/17/2135, S. 16)."

Es handle sich um die

"Auslagerung näher bezeichneter - unter dem Blickwinkel des Kompetenztatbestandes des Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG geringfügiger - Spezialaufgaben des Wertpapieraufsichtsgesetzes auf die dem Bundesminister für Finanzen unterstellte Sonderbehörde 'Bundes-Wertpapieraufsicht', deren Rechtsträger eine Anstalt des öffentlichen Rechts (§1 Abs 1 WAG) und keine - wie bei Beleihungen - juristische Person des privaten Rechts ist".

Dazu wird auf jene Passagen in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage verwiesen, die der Verfassungsgerichtshof schon im Prüfungsbeschluß zitiert hatte und die in der Begründung dieser Entscheidung oben unter Pkt. III. 2. wiedergegeben sind.

Die Absicht des Gesetzgebers sei es gewesen,

"die BWA als unmittelbare, nachgeordnete Sonderbehörde gemäß Art 102 Abs 2 B-VG einzurichten, die auch auf Grund der unmittelbaren und umfassenden Leitungs- und Aufsichtsgewalt des Bundesministers für Finanzen gemäß Art 20 Abs 1 B-VG in die staatliche Verwaltungsorganisation gemäß Art 77 Abs 1 iVm Abs 3 B-VG eingegliedert und - nicht wie der Verfassungsgerichtshof vorläufig annimmt - 'ausgegliedert' ist.

Gemäß Art 102 Abs 2 B-VG darf der Bund im Bereich des 'Geld-, Kredit-, Börse-, Bank- und Vertragsversicherungswesen' eine Vollziehung durch Bundesbehörden vorsehen. Eine solche besondere Behördenkonstruktion wird nach Ansicht der Bundesregierung nicht unzulässig, wenn diese Behörde im Bereich eines eigenen Rechtsträgers eingerichtet wird. Nach Ansicht Raschauers deckt der Tatbestand in Art 102 Abs 2 B-VG nicht nur die Errichtung eigener Finanzmarkt-Aufsichtsbehörden des Bundes ab, sondern erledigte auch Kontroversen um die Rechtsstellung der Österreichischen Nationalbank (vgl. Raschauer, Rz 78 zu Art 102 Abs 2 B-VG in: Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Wien/New York 2001). Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist lediglich entscheidend, dass die Leitungsbefugnis und die Verantwortlichkeit des Bundesministers für Finanzen in effektiver Weise bestehen bleibt. Dass dies im vorliegenden Fall gewährleistet ist, wird in der Folge noch aufgezeigt.

Die Auslagerung bestimmter - unter anderem hoheitlicher (zB die Kompetenz zur Konzessionserteilung und zur Erlassung von Verwaltungsstrafbescheiden) - Aufgaben auf eine dem Bundesminister für Finanzen unterstellte spezielle, gemäß Art 102 Abs 2 B-VG eingerichtete Behörde muss nach Ansicht der Bundesregierung um so mehr möglich sein, als selbst der Verfassungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen hat, dass es verfassungsrechtlich nicht schlechthin unzulässig ist, öffentliche Verwaltungsaufgaben sogar mit Hilfe ausgegliederter - also außerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation stehender - Rechtsträger zu besorgen."(Es folgt eine Darstellung der auch im Prüfungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes bereits referierten Judikatur.)

Anders als im Fall der Übertragung von Hoheitsaufgaben auf die Austro Control GmbH handle es sich

"um keine 'Ausgliederung der Wertpapieraufsichtsbehörde aus der staatlichen Organisation', sondern vielmehr um eine Übertragung bestimmter Spezialaufgaben auf eine gemäß Art 102 Abs 2 B-VG eingerichtete, in die staatliche Verwaltungsorganisation eingebundene - dem Bundesminister für Finanzen als obersten Organ der Bundesvollziehung in Angelegenheiten des Kompetenztatbestandes des Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG unterstellte - Sonderbehörde. Auch liegt keine 'Beleihung' eines privatrechtsförmigen Rechtsträgers vor, weil Rechtsträger der Spezialbehörde eine Anstalt des öffentlichen Rechts (§1 Abs 1 WAG) ist, die Aufgaben der hoheitlichen Vollziehung gemäß Art 23 Abs 1 B-VG wahrnehmen darf ...

Die Bundesregierung erblickt in diesem Umstand den wesentlichen Unterschied zu dem oben zitierten Erkenntnis VfSlg. 14.473/1996, das zwar eine Beleihung eines privatrechtsförmigen Rechtsträgers (Austro Control GmbH) mit öffentlichen Aufgaben, die unter Einsatz von Imperium zu besorgen sind, betraf, nicht jedoch die Übertragung behördlicher Aufgaben auf einen öffentlich-rechtlichen Rechtsträger."

3. Aber auch wenn man die Aufgabenübertragungen an eine öffentlich-rechtliche Einrichtung wie die BWA als die Übertragung von hoheitlich zu besorgenden Verwaltungsaufgaben an einen außerhalb der Verwaltungsorganisation des Bundes stehenden, also "ausgegliederten" Rechtsträger ansehen wollte, seien die vom Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung entwickelten Grenzen nicht überschritten. Insbesondere seien der BWA nicht mehr als bloß vereinzelte Aufgaben übertragen worden:

"Die wiederholte Aussage des Verfassungsgerichtshofes, dass nur 'vereinzelte Aufgaben' (vgl. zB VfSlg. 3685/1960 und 14.473/1996) an Organe von Nicht-Gebietskörperschaften übertragen werden dürfen, ist nach Ansicht der Bundesregierung unscharf. Man wird wohl den Begriff der 'einzelnen Aufgaben' in eine Relation zur Art der Ausgliederung zu setzen haben (so auch Korinek, Staatsrechtliche Bedingungen und Grenzen der Ausgliederung und Beleihung, ÖZW 2000, 46 (51 f), der in diesem Zusammenhang von einem 'beweglichen System' spricht).

Bleiben die wesentlichen Ingerenzbefugnisse der staatlichen Organe - wie auch im vorliegenden Fall - unberührt und bewirkt die Übertragung von speziellen Hoheitsaufgaben auf eine öffentlich-rechtliche Bundesbehörde bloß die Schaffung einer dem Bundesminister für Finanzen nachgeordneten Sonderbehörde gemäß Art 77 Abs 1 B-VG und Art 102 Abs 2 B-VG, dann ist kein Grund erkennbar, der für eine eng begrenzte Zulässigkeit der Übertragung von behördlichen Aufgaben sprechen könnte. Im Fall einer derart 'schwachen' Form der 'Ausgliederung' (so Kucsko-Stadlmayer, Verfassungsrechtliche Schranken der Reduzierung und Ausgliederung von Staatsaufgaben, in:

Österreichische Juristenkommission, Kritik und Fortschritt im Rechtsstaat. Rechtsstaat - Liberalisierung und Strukturreform (1998) 171 (176)) ist jedenfalls eine weitreichende rechtspolitische Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers anzunehmen (vgl. im Ergebnis auch Korinek, aaO, 53).

Die Bundesregierung verkennt jedoch nicht, dass der Verfassungsgerichtshof auch für derartige Regelungen ein Sachlichkeits- und Effektivitätsgebot als relevant ansieht. Unter dem Blickwinkel des Effizienzgebots kann es sogar geradezu geboten sein, 'abgerundete' Kompetenzen zu übertragen, wenn ansonsten eine effektive Verwaltung beeinträchtigt würde. Dies ist im vorliegenden Fall durch die Übertragung von näher bezeichneten Hoheitsaufgaben (zB die Auslagerung der Kompetenz zur Konzessionserteilung und zur Erlassung von Verwaltungsstrafbescheiden) geschehen. ...

Die Mitübertragung der Verwaltungsstrafkompetenz - vor dem Hintergrund des Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG ('Geld-, Kredit-, Börse- und Bankwesen') - in einem geringfügigen speziellen Teilbereich war notwendig, um die Effektivität und Durchsetzungskraft der Aufsicht zu stärken und die Schnelligkeit des aufsichtsbehördlichen Handelns zu erhöhen.

...

Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Übertragung bestimmter Hoheitsaufgaben auf eine öffentlich-rechtliche, dem Bundesminister für Finanzen untergeordnete Einrichtung, die als Rechtsträger der Sonderbehörde auftritt, ist zunächst davon auszugehen, dass die gesamte Finanzmarktaufsicht - und nicht nur der Teilbereich der Wertpapieraufsicht keine 'genuine Staatsaufgabe' ist (vgl. Hengstschläger, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 54 (1995) 174 f) bzw. - um mit den Worten des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 14.473/1996) zu sprechen - dass sie nicht zum Kernbereich der staatlichen Verwaltung zählt."

Zur Frage der mangelnden Leitungs- und Organisationsverantwortung eines obersten Organs für die von der BWA gesetzten Verwaltungsakte führt die Bundesregierung folgendes aus:

"Die Bundesregierung kann das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, 'dass die von der Verfassung geforderte Unterstellung der Bundes-Wertpapieraufsicht unter die Leitungs- und Organisationsverantwortung eines obersten Organs, das seinerseits insbesondere dem Parlament gegenüber verantwortlich ist, in der vorgesehenen Konstruktion nicht gesichert sein dürfte' nicht teilen. Auch der Annahme, dass im vorliegenden Fall 'infolge der organisatorischen Selbständigkeit der Einrichtung die Einflussmöglichkeit eines obersten Verwaltungsorgans nicht realisierbar zu sein scheint, vielmehr in der gegebenen Konstellation die Leitungs- und Organisationsbefugnis bloß eine theoretische und illusorische sei, die dem Bundesminister nicht jene Ingerenzmöglichkeiten einräumen dürfte, die Voraussetzung dafür sei, die Verantwortlichkeit gemäß Ar. 76 Abs 1 B-VG und Art 142 B-VG geltend zu machen.', ist entgegenzutreten.

Nach herrschender Lehre ist die Ausübung von Hoheitsgewalt stets Verwaltung im Sinne des Art 18 und 20 B-VG (vgl. Korinek, aaO, 46 ff.). Dementsprechend hat - soweit nicht verfassungsrechtlich anderes bestimmt ist - alles hoheitliche Verwaltungshandeln unter der Leitung der obersten Organe zu erfolgen, stets hat daher eine Weisungsbindung im Sinne des Art 20 Abs 1 B-VG zu existieren. Auch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes lässt grundsätzlich eine durchgehende Linie des Erfordernisses einer weisungsgebundenen Führung der Verwaltung (hierarchisches Verwaltungsmodell) erkennen. Bereits in VfSlg. 2072/1950 und 2332/1952 hob der Gerichtshof im Hinblick auf die Betrauung von Sonderbehörden hervor: 'Eine solche Verwaltungstätigkeit ist aber gemäß Art 20 B-VG nur unter der obersten Leitung und Aufsicht der Landesverwaltung gestattet.' In dem für die Zulässigkeit der Betrauung selbständiger Fonds grundlegenden Erkenntnis VfSlg. 3685/1960 (Tierseuchenfonds) heißt es: 'Die Stellung der Landesregierung als in der Materie sachlich in Betracht kommende oberste Behörde wird in keiner Weise berührt. Vor allem wird ihr umfassendes Weisungsrecht gemäß Art 20 B-VG nicht geschmälert.'

...

In diesem Zusammenhang ist auch die Frage nach dem Verhältnis des Art 20 Abs 1 B-VG zum (einfachen) Gesetz von Bedeutung. Die Bestimmung des Art 20 Abs 1 Satz 2 B-VG enthält keinen Gesetzesvorbehalt und keinen Gesetzgebungsauftrag. Dementsprechend benötigt eine nach Art 20 Abs 1 B-VG zulässige Weisung keine besondere gesetzliche Grundlage (vgl. Raschauer, aaO, Rz 73 zu Art 20 Abs 1 B-VG). Auch meint Raschauer, dass Weisungen in jeder denkbaren Form erteilt werden können, weil keine besonderen Formvorschriften bestehen (vgl. aaO, Rz 71 zu Art 20 Abs 1 B-VG).

...

Die Leitungsbefugnis erschöpft

sich jedoch nicht nur im Weisungsrecht. Vielmehr impliziert Leitung auch Aufsicht, also die Befugnis, sich über die Verwaltungsführung durch die der Leitungsgewalt Unterworfenen zu unterrichten (vgl. Raschauer, aaO, Rz 17 zu Art 20 Abs 1 B-VG). Nach VfSlg. 4117/1961 ist diese in Art 20 Abs 1 Satz 1 B-VG wurzelnde Aufsichtskompetenz 'verfassungsgesetzlich nicht beschränkt und umfaßt daher grundsätzlich alle denkbaren Möglichkeiten der Aufsicht. Einer gesetzlichen Determinierung bedarf es nicht'."

Wende man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ergebe sich eine uneingeschränkte Weisungsbefugnis und damit Letztverantwortung des Bundesministers für Finanzen:

"Dem Bundesminister für Finanzen steht - entgegen der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes im Prüfungsbeschluss - gegenüber der gemäß Art 102 Abs 2 B-VG eingerichteten und gemäß Art 77 Abs 1 B-VG untergeordneten Sonderbehörde BWA sehr wohl die unmittelbare, umfassende Leitungs- und Weisungsbefugnis gemäß Art 20 Abs 1 B-VG sowie im Sinne von VfSlg. 3134/1956 und 4117/1961 zu.

Wenn man schon von der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art 20 Abs 1 B-VG selbst bei bloß beliehenen Rechtsträgern (vgl. Raschauer, aaO, Rz 93 und 99 zu Art 20 Abs 1 B-VG sowie VfSlg. 13.190/1992 und 14.085/1995, S. 448) ausgeht, muss dies um so mehr für die unmittelbare Weisungsbindung gemäß Art 20 Abs 1 B-VG der nachgeordneten Spezialbehörde 'Bundes-Wertpapieraufsicht' gegenüber dem Bundesminister für Finanzen Gültigkeit haben.

Die direkte und umfassende

Leitungs- und Aufsichtsgewalt des Bundesministers für Finanzen gemäß Art 20 Abs 1 B-VG und die korrespondierende Weisungsbindung der gemäß Art 77 Abs 1 B-VG untergeordneten Sonderbehörde bietet dem Bundesminister für Finanzen die Möglichkeit der effektiven Steuerung aller hoheitlicher Verwaltungstätigkeit mittels Weisungen (zB mit mündlichen, schriftlichen, individuellen oder generellen Weisungen; vgl. nochmals VfSlg. 4117/1961: 'Dieses Aufsichtsrecht ist verfassungsgesetzlich nicht beschränkt und umfaßt daher grundsätzlich alle denkbaren Möglichkeiten der Aufsicht.').

Der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit der Unterstellung unter ein oberstes Organ, das gemäß Art 76 Abs 1 B-VG und Art 142 B-VG dem Nationalrat verantwortlich ist, wurde durch die gemäß Art 102 Abs 2 B-VG eingerichtete weisungsgebundene Sonderbehörde, die dem Bundesminister für Finanzen gemäß Art 20 Abs 1 B-VG und Art 77 Abs 1 B-VG unterstellt ist, entsprochen.

Obgleich die gemäß Art 20 Abs 1 B-VG unmittelbar zulässigen mündlichen, schriftlichen, individuellen oder generellen Weisungen des Bundesministers für Finanzen - wie bereits oben ausgeführt - keiner besonderen einfachgesetzlichen Grundlage bedürfen (vgl. Raschauer, aaO, Rz 73 sowie VfSlg. 3134/1956), wurde in § 3 Abs 3 Satz 1 WAG normiert, dass der Bundesminister für Finanzen der Bundes-Wertpapieraufsicht Weisungen betreffend die Besorgung der Aufgaben gemäß § 2 WAG erteilen kann. Gemäß § 3 Abs 3 Satz 2 WAG haben die Weisungen des Bundesministers für Finanzen schriftlich zu erfolgen.

Der Verfassungsgerichtshof geht zwar im Prüfungsbeschluss auf Seite 16 davon aus, dass der Direktor der Bundes-Wertpapieraufsicht hinsichtlich aller jener Angelegenheiten weisungsgebunden ist, auf die in § 2 WAG Bezug genommen ist, bezweifelt jedoch vorerst unter Hinweis auf die §§19 und 20 WAG, ob damit der gesamte Tätigkeitsbereich der Bundes-Wertpapieraufsicht einbezogen ist. Ferner führt der Gerichtshof im Einleitungsbeschluss in diesem Zusammenhang unter Zitierung des § 3 Abs 5 WAG aus, dass es vor allem angesichts der 'eingeschränkten' Berichterstattungspflichten an den Bundesminister für Finanzen nicht gesichert sein dürfte, dass der Bundesminister für Finanzen über die zur Entscheidung anstehenden Angelegenheiten so ausreichend und rechtzeitig informiert ist, dass ihm die weisungsmäßige Führung der Geschäfte, wie sie Art 20 Abs 1 B-VG verlangt, überhaupt möglich sei.

Die (einfachgesetzliche) Vorschrift des § 3 Abs 3 WAG ist - vor dem Hintergrund der Verfassungsbestimmung des Art 20 Abs 1 B-VG - nicht anders zu verstehen, als dass im Regelfall die Weisungen des Bundesministers für Finanzen schriftlich zu erfolgen haben. Selbstverständlich steht es dem Bundesminister für Finanzen auf Grund der unmittelbaren und umfassenden Anwendbarkeit des Art 20 Abs 1 B-VG und im Sinne von VfSlg. 3134/1956 und 4117/1961 frei, etwa bei Gefahr in Verzug auch mündliche Weisungen zu erteilen, damit die Bundes-Wertpapieraufsicht beispielsweise notwendige Mandatsbescheide gemäß 57 AVG erlässt.

Das Gleiche gilt für die bereits vom Bundesminister für Finanzen gemäß Art 20 Abs 1 B-VG erteilten mündlichen und schriftlichen Weisungen an die Bundes-Wertpapieraufsicht, dem Bundesminister für Finanzen - über die (einfachgesetzlichen) Vorschriften des § 5 Abs 3 WAG (vierteljährliche und jährliche Berichtspflichten) und des § 8 WAG (Aufsichtsrechte des Bundesministers für Finanzen) hinaus - laufend im Vorhinein über alle zur Entscheidung anstehenden Angelegenheiten so ausreichend und rechtzeitig zu informieren, damit der Bundesminister für Finanzen seine Aufgaben effektiv erfüllen kann.

Der Bundesminister für Finanzen hat daher als oberstes Organ die effektive Möglichkeit, die Besorgung der Verwaltungsaufgaben mittels Weisungen effektiv zu steuern.

In diesem Zusammenhang erscheint es auch erwähnenswert, dass etwa eine allfällige Verletzung der laufenden Informationspflichten oder anderer auferlegter Pflichten, wie beispielsweise entsprechende Unterlagen zu übermitteln oder Auskünfte zu erteilen, jedenfalls zu Sanktionen des Bundesministers für Finanzen führen könnte, die bis zur Abberufung des Direktors der Bundes-Wertpapieraufsicht (vgl. § 3 Abs 4 WAG) sowie zu Kündigungen des Stellvertreters oder anderer Organwalter der Bundes-Wertpapieraufsicht reichen würden.

Dem Bundesminister für Finanzen werden - unter dem Blickwinkel der unmittelbaren, umfassenden Weisungs- und Aufsichtsbefugnis - beispielsweise alle Verordnungsentwürfe der Bundes-Wertpapieraufsicht sowie die anstehenden Vollziehungsfragen (zB hinsichtlich des Konzessionserteilungs-, Verwaltungsstraf- und Aufsichtsbereiches) zur Prüfung vorgelegt.

Das unmittelbare und umfassende Leitungs- und Aufsichtsrecht des Bundesministers für Finanzen gemäß Art 20 Abs 1 B-VG in Verbindung mit § 3 Abs 3 WAG bezieht sich somit auf alle Vollziehungsangelegenheiten des Wertpapieraufsichtsgesetzes, wie insbesondere auch auf die Konzessionserteilungskompetenz, Verwaltungsstraf- und Aufsichtsgewalt oder auf den untergeordneten Verordnungsermächtigungsbereich, und nicht nur - wie der Verfassungsgerichtshof vorerst vermeint - bloß auf die Agenden des § 2

WAG.

Die Bestimmung des § 3 Abs 3 WAG mag zwar in legistischer Hinsicht nicht geglückt sein, jedoch war es keinesfalls die Absicht des einfachen Gesetzgebers, die unmittelbare und umfassende Weisungsgewalt des Bundesministers für Finanzen gemäß Art 20 Abs 1 B-VG sowie dessen Leitungs- und Organisationsverantwortung in irgendeiner Weise zu mindern (vgl. zB Raschauer, aaO, Rz 74 zu Art 20 Abs 1 B-VG sowie VfSlg. 3134/1956). So heißt es dazu in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 369 BlgNR 20. GP, S. 56 (Hervorhebungen nicht im Original):

'Die Leitung der BWA durch einen Direktor entspricht in Form und Bezeichnung der bei Bundesanstalten üblichen monokratischen Organisation, bei Abwesenheit oder Verhinderung des Direktors muß jedoch für dessen Vertretung vorgesorgt werden. Die Bestellung und Abberufung durch den Bundesminister für Finanzen sowie das Weisungsrecht gemäß Abs 3 entsprechen dessen Ressortverantwortlichkeit. Die regelmäßige Berichtspflicht gemäß Abs 5 dient der raschen und umfassenden Information des BMF, sie wurde in Anlehnung an jene bei der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur gestaltet.'

Eine allenfalls zweifelhafte einfachgesetzliche Regelung ist jedenfalls - unter dem Blickwinkel des Art 20 Abs 1 B-VG - einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich (vgl. zB Raschauer, aaO, Rz 99 zu Art 20 Abs 1 B-VG). Dem Bundesminister für Finanzen stehen daher auf Grund des unmittelbar und umfassend anwendbaren Art 20 Abs 1 B-VG sowie im Sinne von VfSlg. 3134/1956 und 4117/1961 jene effektiven Ingerenzmöglichkeiten gegenüber der gemäß Art 77 Abs 1 B-VG untergeordneten und nach Art 102 Abs 2 B-VG eingerichteten Sonderbehörde 'Bundes-Wertpapieraufsicht' zur Verfügung, die seine Verantwortlichkeit gemäß Art 76 Abs 1 B-VG und Art 142 B-VG gewährleisten.

Die im Prüfungsbeschluss auf Seite 17 vom Verfassungsgerichtshof vorerst geäußerte Behauptung, wonach bloß eine 'theoretische und illusorische Leitungs- und Organisationsbefugnis' vorzuliegen scheine, wird daher aus den dargelegten Erwägungen von der Bundesregierung nicht geteilt."

Schließlich führt die Bundesregierung zur Frage, ob die BWA dem Bundesminister für Finanzen gleich- oder untergeordnet ist, folgendes aus:

"Der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes auf Seite 17 im Prüfungsbeschluss, wonach die Konzeption einer weitgehenden 'Gleichordnung' der 'ausgegliederten' Einrichtung mit dem verantwortlichen obersten Organ besonders deutlich in der Bestimmung des § 29 Abs 1 WAG (Amtshilfe) zum Ausdruck komme, in der die Bundes-Wertpapieraufsicht und der Bundesminister für Finanzen zur 'Zusammenarbeit und wechselseitiger Hilfeleistung' verpflichtet werden, ist schließlich Folgendes entgegenzuhalten:

Aus den bisherigen Ausführungen zur unmittelbaren, umfassenden Leitungs- und Aufsichtsbefugnis gemäß Art 20 Abs 1 B-VG des Bundesministers für Finanzen ergibt sich eindeutig, dass die gemäß Art 102 Abs 2 B-VG geschaffene Sonderbehörde 'BWA' in die staatliche Verwaltungsorganisation gemäß Art 77 Abs 1 B-VG eingegliedert und dem Bundesminister für Finanzen nachgeordnet und nicht gleichgeordnet ist.

...

Aus der einfachgesetzlichen Vorschrift des § 29 Abs 1 WAG über die Amtshilfe kann für sich allein keinesfalls - wie dies der Verfassungsgerichtshof offenbar macht - eine 'weitgehende Gleichordnung der ausgegliederten Einrichtung' mit dem verantwortlichen obersten Bundesorgan (hier: Bundesminister für Finanzen) abgeleitet werden.

Auch wenn in der Literatur (vgl. zB Wiederin, Rz 17 zu Art 22 B-VG in: Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Wien/New York 2001) die Ansicht vertreten wird, dass Amtshilfe die Unterstützung zwischen Gleichgeordneten sei und Tätigkeiten, die ein Organ auf Weisung eines anderen Organs ausführen muss, daher nicht unter diesen Begriff fielen, ändert dies nichts daran, dass - wie schon aufgezeigt - die gemäß Art 102 Abs 2 B-VG eingerichtete Sonderbehörde 'Bundes-Wertpapieraufsicht' dem Bundesminister für Finanzen gemäß Art 20 Abs 1 B-VG und Art 77 Abs 1 B-VG untergeordnet und nicht nebengeordnet ist.

Im Übrigen wird auf die in der Literatur auch vertretene Meinung hingewiesen, dass es dem einfachen Gesetzgeber unbenommen bleibt, auch Organe, die durch Art 22 B-VG nicht erfasst werden, in die Pflicht zu wechselseitiger Hilfeleistung einzubeziehen (vgl. zB Wiederin, aaO, Rz 23 und 50 zu Art 22 B-VG; Holoubek, aaO, S. 33 (41))."

VIII. 1. a) Die Bundesregierung wendet sich zunächst gegen die Prämissen des Prüfungsbeschlusses und meint, daß bei einer Übertragung von Hoheitsaufgaben an eine juristische Person des öffentlichen Rechts wie die BWA nicht von Ausgliederung die Rede sein könne; vielmehr handle es sich dabei um die Schaffung einer in die staatliche Verwaltung eingegliederten Sonderbehörde. Diese Behörde sei eine Bundesbehörde iSd Art 102 Abs 2 B-VG und "auf Grund der unmittelbaren und umfassenden Leitungs- und Aufsichtsgewalt des Bundesministers für Finanzen gemäß Art 20 Abs 1 B-VG in die staatliche Verwaltungsorganisation gemäß Art 77 Abs 1 iVm Abs 3 B-VG eingegliedert".

b) Diese Argumentation mißt dem Art 77 Abs 1 B-VG einen Inhalt bei, der ihm nicht zukommt; Art 77 Abs 1 B-VG lautet:

"Zur Besorgung der Geschäfte der Bundesverwaltung sind die Bundesministerien und die ihnen unterstellten Ämter berufen."

Von "unterstellten Ämtern" kann aber nicht mehr die Rede sein, wenn die Besorgung der Verwaltungsaufgaben einer eigenen juristischen Person übertragen wird und zwar auch dann nicht, wenn es sich - wie im Fall der BWA - um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt, weil eine unmittelbare Zurechnung der von einem solchen Rechtsträger gesetzten Akte an den Bundesminister nicht möglich ist.

Die BWA ist als selbständiger Rechtsträger konstruiert, der - indem er unter die Leitung eines "Direktors" mit umfassender Leitungsgewalt gestellt ist - für sich monokratisch organisiert ist, während die Aufgaben des Bundesministers auf die Bestellung des Direktors und eine - wie noch darzulegen sein wird beschränkte - Weisungs- und Aufsichtsbefugnis reduziert sind. Dem liegt - entgegen der Ansicht der Bundesregierung - ersichtlich das Konzept einer Ausgliederung zugrunde; ja dieses Konzept war - wie sich aus den oben auszugsweise wiedergegebenen Erläuterungen zur Regierungsvorlage ergibt (vgl. Pkt. III. 2.), in denen u.a. davon die Rede ist, daß "die Ausgliederung der Aufsicht über Wertpapierdienstleistungen ... in die neu zu errichtende Bundesanstalt für Wertpapieraufsicht ... unbedingt erforderlich" sei, - geradezu das Ziel des Gesetzgebers.

Dieses Konzept der Ausgliederung kommt in verschiedenen Bestimmungen des Gesetzes zum Ausdruck, etwa darin, daß der Direktor dem Bundesminister jährlich Berichte und vierteljährlich Zwischenberichte zu erstatten hat, die zu vom Gesetz bestimmten Zeiten beim Bundesminister eingelangt sein müssen (§3 Abs 5), darin, daß dem Direktor eine weitgehende "Personalhoheit" zukommt (§5 Abs 1), im Rahmen derer die Akte des Direktors keineswegs unmittelbar dem Bundesminister zugerechnet werden können, weiters darin, daß die BWA einen Jahresabschluß zu erstellen hat, der dem Bundesminister innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres zu übermitteln ist (§6), daß dem Bundesminister - was bei einer "Eingliederung im Sinne des Art 77 B-VG" überflüssig wäre - bestimmte Auskunfts- und Aufsichtsrechte eingeräumt sind (§8 Abs 1) und darin, daß ausdrücklich eine Prüfungskompetenz des Rechnungshofes festgelegt wird (§8 Abs 2). Augenscheinlich wird das Konzept der Ausgliederung aber vor allem in der in Prüfung genommenen Wortfolge in § 21 Abs 1, in dem angeordnet wird, daß bestimmte Akte der Vollziehung "der BWA an Stelle des ... Bundesministers für Finanzen" obliegen und in § 29 Abs 1, in dem ausdrücklich vorgesehen ist, daß die BWA, der Bundesminister für Finanzen, die Oesterreichische Nationalbank und das zuständige Börseunternehmen in wechselseitiger Hilfeleistung zusammenzuarbeiten haben.

Wie man angesichts dieser Rechtslage davon sprechen kann, daß die BWA eine in die staatliche Verwaltungsorganisation gemäß Art 77 B-VG eingegliederte, dem Bundesminister nachgeordnete Dienststelle sein soll, bleibt also unerfindlich. Nun ermöglicht aber das B-VG unter bestimmten Voraussetzungen die Übertragung von Hoheitsgewalt nicht nur an Privatrechtssubjekte (also eine "Beleihung" im engeren Sinn des Wortes), sondern zweifellos auch an juristische Personen des öffentlichen Rechts. Dies zeigt sich schon darin, daß Art 23 Abs 1 B-VG derartige Einrichtungen ausdrücklich in die Amtshaftungsregelung einbezieht. Freilich darf auch eine Ausgliederung in eine öffentlich-rechtliche Institution, deren Handeln den obersten Organen nicht direkt zurechenbar ist, nur soweit erfolgen, als das Organisationskonzept der Bundesverfassung nicht umgangen wird, das im Prinzip eine Unterstellung der hoheitlich zu besorgenden Verwaltungstätigkeiten unter die obersten Organe im Sinne des Art 19 Abs 1 B-VG verlangt, die ihrerseits der parlamentarischen Kontrolle unterliegen und insbesondere dem Parlament gegenüber verantwortlich sind.

Auch die Übertragung von Hoheitsgewalt an öffentlich-rechtlich eingerichtete, aus der Verwaltungsorganisation aber ausgegliederte Rechtsträger darf daher nur in beschränktem Maß und nur innerhalb der von der Verfassung gezogenen Grenzen erfolgen. Von dieser Ansicht ging der Verfassungsgerichtshof schon in VfSlg. 3685/1960 aus; sie liegt auch der Entscheidung vom , G55/00, zugrunde.

Der Verfassungsgerichtshof ruft in diesem Zusammenhang nochmals seine Entscheidung VfSlg. 14.473/1996 in Erinnerung, in der er - zwar aus Anlaß der Überprüfung der Zulässigkeit der Beleihung eines privatrechtsförmig organisierten Rechtsträgers mit Verwaltungsaufgaben - allgemein die Grenzen, die solchen Übertragungen von Hoheitsgewalt von Verfassungs wegen gezogen sind, zusammenfassend darstellte und - ohne zwischen verschiedenen Typen von Rechtsträgern zu differenzieren, denen die Besorgung von Verwaltungsaufgaben unter Einsatz von imperium übertragen wird - ausführte:

"Wie jeder Akt der Gesetzgebung muß die Beleihung ausgegliederter Rechtsträger den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben, wie dem aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebot (vgl. etwa VfSlg. 8457/1978, 11.369/1987, 11.639/1988) oder dem verfassungsrechtlichen Effizienzgebot (vgl. etwa Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 173 ff.) entsprechen. Der Gerichtshof hat in seiner Judikatur aber auch weitere Grenzen markiert, die das B-VG der Betrauung von juristischen Personen mit hoheitlichen Aufgaben durch den einfachen Gesetzgeber setzt: ..."

c) Auch der Verwaltungsgerichtshof meint in seinem zu G287/01 protokollierten Antrag (vom ) dazu:

"Es wird nicht verkannt, dass der Verfassungsgerichtshof die oben wiedergegebenen Aussagen im Zusammenhang mit der Beleihung eines privatrechtsförmigen Rechtsträgers mit öffentlichen Aufgaben getroffen hat, während vorliegendenfalls eine von den Gebietskörperschaften unterschiedene juristische Person des öffentlichen Rechts mit derartigen Aufgaben betraut wurde. Freilich dürfte dieser Unterschied im Zusammenhang mit den hier vom Verwaltungsgerichtshof geltend gemachten Verfassungsbedenken keine entscheidende Rolle spielen, hat sich der Verfassungsgerichtshof doch in den oben wiedergegebenen Entscheidungsgründen seines Erkenntnisses hinsichtlich der Festlegung der von ihm aufgezeigten bundesverfassungsrechtlichen Grenzen der Betrauung juristischer Personen mit hoheitlichen Aufgaben durch den einfachen Gesetzgeber auf sein Vorerkenntnis vom , Slg. Nr. 3685, berufen, welches seinerseits die Zulässigkeit der Betrauung einer juristischen Person des öffentlichen Rechtes, nämlich des Tierseuchenfonds für das Bundesland Kärnten gemäß § 1 des Tierseuchenfondsgesetzes vom , LGBl. für Kärnten Nr. 18, mit Aufgaben der Hoheitsverwaltung zum Gegenstand hatte."

In diesem Sinn hat auch Rill (Grenzen der Ausgliederung behördlicher Aufgaben aus der unmittelbaren Staatsverwaltung, ÖBA 1996, 748 ff., insb. 756) mit Blick auf die Wertpapieraufsicht ausgeführt, daß angesichts der an eine zulässige Ausgliederung behördlicher Aufgaben aus der unmittelbaren Staatsverwaltung zu stellenden Anforderungen zwischen einer GmbH-Lösung und einer Übertragung auf eine öffentlich-rechtliche Anstalt kein relevanter Unterschied besteht.

Es erweisen sich also die Prämissen des Prüfungsbeschlusses und der Anträge des Verwaltungsgerichtshofes, daß es sich bei der BWA um einen sogenannten ausgegliederten Rechtsträger handelt und daß der Betrauung eines solchen mit der Besorgung von Hoheitsaufgaben von der Verfassung auch dann Grenzen gesetzt sind, wenn die ausgegliederte Einrichtung öffentlich-rechtlicher Natur ist, als zutreffend.

2. Was nun die Zulässigkeit der Übertragung von hoheitlich zu besorgenden Verwaltungsaufgaben an die BWA als einem aus der staatlichen Verwaltungsorganisation ausgegliederten Rechtsträger betrifft, knüpfte der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluß ebenfalls an seine Entscheidung VfSlg. 14.473/1996 an, in der er ausgeführt hatte,

"daß die verfassungsrechtliche Ermächtigung zu derartigen Beleihungen nur für 'vereinzelte Aufgaben' besteht (VfSlg. 3685/1960, 10.213/1984). Zum anderen hat der VfGH (ebenfalls in VfSlg. 3685/1960) erkannt, daß diese Ermächtigung nur soweit gegeben sei, 'als sich nicht aus dem durch den Wesensgehalt der Bundesverfassung allgemein bestimmten Aufbau der staatlichen Verwaltung oder aus einzelnen besonderen Bestimmungen der Bundesverfassung eine Einschränkung ergibt'. Eine solche sah der Gerichtshof in VfSlg. 3096/1956 (bestätigend VfSlg. 4117/1966) in der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit der Unterstellung unter ein oberstes Organ, das gemäß Art 76 Abs 1 B-VG (bzw. gemäß Art 105 Abs 2 B-VG) und Art 142 B-VG verantwortlich ist".

Der Gerichtshof formulierte zum einen das Bedenken, daß der BWA mehr als bloß vereinzelte Aufgaben übertragen worden seien und daß insbesondere die Übertragung der Kompetenz zur Erlassung von Verwaltungsstrafbescheiden als zum Kernbereich der staatlichen Verwaltung gehörig verfassungswidrig sein dürfte (dazu im folgenden a)), und zum anderen, daß die von der Verfassung geforderte Unterstellung einer Einrichtung wie der BWA unter die Leitungs- und Organisationsverantwortung eines obersten Organs nicht gesichert sein dürfte (dazu im folgenden b)).

a) aa) In seinem - zu G287/01 protokollierten - Antrag vertieft der Verwaltungsgerichtshof die vom Verfassungsgerichtshof aufgeworfenen Bedenken und trägt zur Zulässigkeit der Übertragung von Aufgaben an die BWA u.a. folgendes vor:

"Die gegen diese Bestimmung entstandenen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes gehen dahin, dass die Betrauung der Bundes-Wertpapieraufsicht, welche zufolge der Definition des § 1 Abs 1 WAG eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit ist, mit der Ausübung der Verwaltungsstrafgewalt in Ansehung der in § 27 Abs 1 bis 3 WAG formulierten Tatbestände die bundesverfassungsrechtlich vorgegebenen Grenzen der Betrauung anderer juristischer Personen als der Gebietskörperschaften mit Aufgaben der Hoheitsverwaltung überschreitet, weil eine verfassungsrechtliche Ermächtigung zu derartigen Betrauungen lediglich für vereinzelte Aufgaben und darüber hinaus auch nur für solche, die nicht - wie die Ausübung der Verwaltungsstrafgewalt - zum Kernbereich der staatlichen Verwaltung zählen, zu bestehen scheint."

Der Verwaltungsgerichtshof rekurriert sodann auf die schon mehrfach zitierte Entscheidung VfSlg. 14.473/1996, legt mit den schon oben unter (Pkt. VIII. 1. c)) zitierten Formulierungen dar, daß dies auch für die Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf juristische Personen des öffentlichen Rechts gelten dürfte, und verweist in diesem Zusammenhang auf VfSlg. 3685/1960.

Nach teilweiser Zitierung dieser Entscheidung fährt der Verwaltungsgerichtshof fort:

"Die zitierten Aussagen in diesem Erkenntnis betreffen ausdrücklich die Einrichtung von Organen 'anderer juristischer Personen als der Gebietskörperschaften als Behörden', die der Verfassungsgerichtshof kurz als 'Nicht-Gebietskörperschaften' bezeichnet. Dass sie sich auch auf die Betrauung von Anstalten des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit beziehen dürften, zeigt sich auch aus dem Hinweis des Verfassungsgerichtshofes in diesem Erkenntnis auf das Gesetz betreffend die Pensionsversicherung, RGBl. Nr. 1/1907, zumal die dort eingerichtete Pensionsanstalt nach § 40 dieses Gesetzes Rechtspersönlichkeit genoss.

Im Schrifttum wurde nun die Auffassung vertreten, bei der Bezeichnung der Bundes-Wertpapieraufsicht als Anstalt des öffentlichen Rechts in § 1 Abs 1 WAG handle es sich bloß um ein Etikett (vgl. Rill, Grenzen der Ausgliederung behördlicher Aufgaben aus der unmittelbaren Staatsverwaltung, ÖBA 1996, 748 ff). Diese Auffassung ließe sich damit begründen, dass der Typus der Anstalt öffentlichen Rechts nach der Verwaltungsrechtslehre durch dauernd bestimmten Zwecken der öffentlichen Verwaltung gewidmete sachliche und persönliche Mittel gekennzeichnet ist, die einer zur juristischen Person erhobenen Einrichtung zugeordnet sind. Eine Anstalt hat keine Mitglieder, sondern Benützer (Destinatare), deren Beziehung zur Anstalt durch öffentliches oder privates Recht geregelt sein kann. Angesichts dieser begrifflichen Umschreibung einer Anstalt (insbesondere dem Erfordernis von 'Benutzern' einer solchen) scheinen sich Schwierigkeiten zu ergeben, in der Einrichtung der Bundes-Wertpapieraufsicht anstaltstypische Elemente wieder zu finden (vgl. Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, Kommentar zum Wertpapieraufsichtsgesetz, Rz 7 zu § 1, mwH).

Auch wenn man, diesen Überlegungen folgend, die Auffassung vertreten wollte, bei der Bundes-Wertpapieraufsicht handle es sich nicht um eine solche Anstalt öffentlichen Rechts, welche denen vergleichbar wäre, die der Verfassungsgesetzgeber im Jahre 1920 vorgefunden hatte, weil es sich in Wahrheit um ein Rechtssubjekt des öffentlichen Rechts sui generis handle, nämlich eine von den Gebietskörperschaften unterschiedene eigenständige juristische Person des öffentlichen Rechts, der ausschließlich behördliche Funktion zukommt (und deren Aufwendungen wirtschaftlich betrachtet vorwiegend von finanziellen Beiträgen derjenigen gedeckt werden, die Adressaten der mit den Verwaltungsstrafdrohungen bewährten Verhaltensnormen sind), wären damit die vom Verwaltungsgerichtshof gehegten Bedenken nicht zerstreut. Juristische Personen des öffentlichen Rechts der eben genannten Art dürfte der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1920 nämlich überhaupt nicht vorgefunden haben. Die verfassungsrechtlichen Grenzen für die Betrauung juristischer Personen des öffentlichen Rechts, welche der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1920 der Art nach überhaupt nicht vorgefunden hat, mit Aufgaben der Hoheitsverwaltung dürften wohl die gleichen sein, wie jene, die der Verfassungsgerichtshof in dem vorhin zitierten Erkenntnis VfSlg. Nr. 3685/1960 hinsichtlich der zu diesem Zeitpunkt der Art nach bereits bestandenen juristischen Personen (des öffentlichen Rechts) aufgezeigt hat. Vielmehr könnte dieser Umstand, wie Rill, a.a.O., dargelegt hat, auch aus dem Gesichtspunkt des Sachlichkeitsgebotes gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der gewählten Organisationsform der Bundes-Wertpapieraufsicht als solcher, im Besonderen gegen die Übertragung der Verwaltungsstrafkompetenz an sie, sprechen. Die hier geltend gemachten Bedenken bestehen jedoch - jedenfalls - ungeachtet der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Organisationsform der Bundes-Wertpapieraufsicht an sich.

Nach dem Vorgesagten scheint es jedenfalls nur zulässig zu sein, einer nach der Art der Bundes-Wertpapieraufsicht eingerichteten juristischen Person vereinzelte Aufgaben der Hoheitsverwaltung zu übertragen und dies nur unter dem Vorbehalt, dass dadurch nicht das System des Aufbaues der staatlichen Verwaltung verändert wird. Die letztgenannte Voraussetzung hat der Verfassungsgerichtshof nun in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 14.473, dahingehend präzisiert, dass die Ausübung der Verwaltungsstrafgewalt zu den abschichtungsfesten Kernbereichen der staatlichen Verwaltung zählt. Gegen diese Beurteilung spricht auch nicht die Erwähnung einer Strafkompetenz der Austro-Control GesmbH nach der Übergangsbestimmung des ArtI § 16 ACG iVm § 146 Abs 1 LFG idF vor der Novelle durch ArtII ACG, weil, wie der Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausführte, auf diese Zuständigkeit unter dem Gesichtspunkt der von ihm behandelten Beschwerdefälle nicht einzugehen war.

Funk hat (in seiner Entscheidungsanmerkung ÖZW 1997, 60) ausgeführt, nach dem vorzitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes verblieben noch Unklarheiten bezüglich des Verhältnisses von quantitativen und qualitativen Schranken der Betrauung. Insbesondere bleibe offen, ob die Formel von den 'vereinzelten Aufgaben' auch auf Kernbereiche, wie etwa die Verwaltungsstrafrechtspflege, zu beziehen sei oder ob in diesen Bereichen Betrauungen schlechthin unzulässig seien.

Freilich scheinen die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes eher in die zweite Richtung zu deuten. Dies ergibt sich einerseits daraus, dass das vom Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang zitierte Erkenntnis vom , Slg. Nr. 3685, als Schranken für die Betrauung juristischer Personen, die Nicht-Gebietskörperschaften sind, sowohl die Beschränkung auf 'vereinzelte Aufgaben', als auch die Beachtung jener Einschränkungen, die sich aus dem Wesensgehalt der Bundesverfassung für den Aufbau der staatlichen Verwaltung ergeben, genannt hat. Im Übrigen wäre die im Erkenntnis vom vom Verfassungsgerichtshof vorgenommene Differenzierung in einen 'Kernbereich' der Hoheitsverwaltung einerseits und in einen Bereich derselben, der nicht zu diesem 'Kernbereich' zählt, andererseits, entbehrlich, wenn es dem einfachen Gesetzgeber freistünde, aus beiden genannten Bereichen gleichermaßen vereinzelte Aufgaben an juristische Personen, die Nicht-Gebietskörperschaften sind, zu übertragen.

Für diese Auffassung scheint auch der Umstand zu sprechen, dass den vom Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1920 vorgefundenen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, insbesondere den vorgefundenen öffentlich-rechtlichen Anstalten, keine Verwaltungsstrafgewalt übertragen war, sondern diese den politischen Behörden zukam:

So räumte das Gesetz vom betreffend die Pensionsversicherung der in privaten Diensten und einiger in öffentlichen Diensten Angestellten, RGBl. Nr. 1/1907, zwar der Pensionsanstalt in § 40 die Rechtspersönlichkeit ein, übertrug aber die Verwaltungsstrafbefugnis in § 85 den politischen Bezirksbehörden.

Ein ähnlicher Befund ergibt sich hinsichtlich des Gesetzes vom 30. März 1888 betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter, RGBl. Nr. 33/1888, dessen § 15 etwa der Bezirkskrankenkasse Rechtspersönlichkeit verlieh, dessen § 69 jedoch die Bestrafung von Übertretungen dieses Gesetzes den politischen Behörden übertrug.

Eine vergleichbare Regelung der Zuständigkeit zur Verhängung von Verwaltungsstrafen enthielt § 54 des Gesetzes vom 28. Dezember 1887 betreffend die Unfallversicherung der Arbeiter, RGBl. Nr. 1/1888.

Die in § 125 der Gewerbeordnung vom 20. Dezember 1859, RGBl. Nr. 227, in der Fassung des Gesetzes vom 15. März 1883, RGBl. Nr. 39, der Genossenschaftsvorstehung von Gewerbegenossenschaften eingeräumte Disziplinargewalt gegenüber den Genossenschaftsmitgliedern und -angehörigen sowie die in § 48 des Gesetzes vom 28. Juli 1889, RGBl. 127, dem Vorstande der Bruderlade eingeräumte Befugnis zur strafweisen Auferlegung weiterer Beitragsleistungen an Mitglieder der Bruderlade scheint dieser Beurteilung nicht entgegen zu stehen, handelt es sich doch beim Vollzug der Verwaltungsstrafbestimmungen des § 27 Abs 1 bis 3 WAG durch die Bundes-Wertpapieranstalt nicht um die Wahrnehmung der Disziplinarstrafgewalt einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes gegenüber ihren Mitgliedern im eigenen Wirkungsbereich. Im Übrigen stand aber auch nach diesen Gesetzen die (eigentliche) Verwaltungsstrafgewalt (insbesondere auch gegenüber Nichtmitgliedern) den politischen Behörden zu (vgl. § 141 Abs 5 des erstgenannten Gesetzes idF RGBl. Nr. 26/1907, sowie §§46 und 47 des zweitgenannten Gesetzes).

Diese Beurteilung wird auch dadurch gestützt, dass ArtII Abs 2 des Bundesgesetzes vom zur Einführung der Bundesgesetze über das allgemeine Verwaltungsverfahren, über die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechtes und das Verwaltungsstrafverfahren sowie über das Vollstreckungsverfahren in der Verwaltung, BGBl. Nr. 273, keine juristischen Personen, die 'Nicht Gebietskörperschaften' sind (oder deren Organe) als mit dem Vollzug des Verwaltungsstrafgesetzes betraute Behörden nennt. Gleiches gilt für das EGVG 1950 in der Stammfassung BGBl. Nr. 172. Erstmals durch ArtII Abs 2 litB Z 27 EGVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 92/1959 wurde eine einfachgesetzliche Regelung getroffen, die die Anwendung des VStG durch Anstalten des öffentlichen Rechtes anordnet. Dies vermag aber nichts darüber auszusagen, unter welchen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen ihnen rite Verwaltungsstrafbefugnisse überhaupt übertragen werden können.

Selbst wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen die Meinung vertreten wollte, es sei verfassungsrechtlich zulässig, Anstalten wie der Bundes-Wertpapieraufsicht einzelne Strafbefugnisse zu übertragen, verbliebe das weitere Bedenken, dass mit der Zuständigkeitsnorm des § 28 Abs 1 WAG der Bundes-Wertpapieraufsicht mehr als nur vereinzelte im WAG geregelte Verwaltungsstrafkompetenzen übertragen wurden. Es wird zwar nicht verkannt, dass das WAG auch Verwaltungsstraftatbestände kennt, die nicht von der Bundes-Wertpapieraufsicht zu ahnden sind (vgl. § 26 und § 27 Abs 3a bis Abs 6 WAG). Die Verwaltungsstraftatbestände nach § 27 Abs 1 bis 3 WAG stellen gemeinsam mit den Aufsichtsmaßnahmen nach § 24 WAG die verwaltungsstrafrechtliche Bewehrung der Meldepflichten und Wohlverhaltensregeln dar. Bei diesem für den Regelungsgegenstand der Wertpapieraufsicht zentralen Sanktionsmechanismus kann von einer bloß vereinzelten Übertragung von Verwaltungsstrafbefugnissen nicht gesprochen werden. Hinzu kommen noch die umfänglichen Kompetenzen, welche dieser juristischen Person sonst im Bereich des Vollzuges des WAG zukommen."

bb) Der Verfassungsgerichtshof pflichtet den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes bei: Er kann es im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt sein lassen, ob die der BWA übertragenen wirtschaftsaufsichtsrechtlichen und gewerbepolizeilichen Aufgaben im Hinblick auf den beschränkten sachlichen Geltungsbereich der Regelungen noch als "vereinzelte Aufgaben" gewertet werden können (was etwa Rill, aaO, 756, im Hinblick auf die Aufgaben der Wirtschaftsaufsicht, nicht aber jener der Gewerbepolizei bejaht), da die gemäß § 28 Abs 1 von der BWA zu sanktionierenden Verwaltungsübertretungen mit Verwaltungsstrafen (bis zu S 300.000,-- bzw. S 100.000,--) im eigentlichen Sinn des Wortes belegt sind und jedenfalls solche Verwaltungsstrafkompetenzen zu den Kernaufgaben der staatlichen Verwaltung zählen; eine Übertragung von Aufgaben solcher Art an Rechtsträger außerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation widerspricht aber - wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung VfSlg. 14.473/1996 dargetan hat - dem Organisationskonzept der Verfassung. In dieser Entscheidung hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, daß sowohl die Übertragung von mehr als vereinzelten Aufgaben, als auch die Übertragung von Aufgaben aus dem Kernbereich der Staatsaufgaben als verfassungsrechtlich unzulässig zu qualifizieren ist, und gezeigt, daß die Ausübung der (Verwaltungs-)Strafgewalt als Kernaufgabe anzusehen ist. Die vom Verfassungsgerichtshof vorgenommene Differenzierung wäre - wie der Verwaltungsgerichtshof zu Recht ausführt - nicht erklärbar, dürften auch dem Kernbereich zuzuordnende Staatsaufgaben "vereinzelt" ausgegliederten Rechtsträgern zur Besorgung überlassen werden. Die von Funk in der Besprechung der Entscheidung VfSlg. 14.473/1996, ÖZW 1997, 60, gestellte Frage, ob im Bereich der Kernaufgaben des Staates die Betrauung von außerhalb der Staatsorganisation stehenden Rechtsträgern schlechthin unzulässig sei, ist daher zu bejahen.

Der BWA sind somit - wie als Zwischenresumee festzuhalten bleibt - Aufgaben zur Besorgung übertragen, die als ausgliederungsfeste Kernaufgaben einem aus der Staatsorganisation ausgegliederten selbständigen Rechtsträger nicht übertragen werden dürfen.

b) Es hat sich aber auch das Bedenken als zutreffend erwiesen, daß die Leitungs- und Organisationsverantwortung des Bundesministers als eines obersten Organs, das seinerseits insbesondere dem Parlament gegenüber verantwortlich ist, in der vorgesehenen Konstruktion - anders als etwa im Falle einer unselbständigen und damit von der Leitungsbefugnis und der Verantwortung eines obersten Organs erfaßten öffentlich-rechtlichen Einrichtung - nicht ausreichend gesichert ist:

Für die Besorgung von Verwaltungsaufgaben des Bundes mit Mitteln der Hoheitsverwaltung durch ausgegliederte Rechtsträger ist zu verlangen, daß ein dem Nationalrat gegenüber verantwortliches oberstes Organ "jene Steuerungsmöglichkeiten besitzt, die es ihm ermöglichen, für die Gesetzmäßigkeit der Vollziehung in effektiver Weise zu sorgen" (Rill, aaO, 754). Im Prüfungsbeschluß wurde das Bedenken geäußert, daß die Rechtslage dem Bundesminister eine solche effektive Steuerungsmöglichkeit gegenüber der BWA vor allem deshalb nicht sichere, weil ihm keine umfassende, sondern nur eine eingeschränkte Weisungsbefugnis zukomme und weil nicht sicher gestellt sei, daß er laufend so ausreichend und rechtzeitig zu informieren ist, daß ihm die weisungsmäßige Führung der Geschäfte überhaupt möglich ist.

Die Bundesregierung ist diesem Bedenken vor allem mit dem Argument entgegengetreten, daß sich aus Art 20 Abs 1 B-VG selbst eine umfassende Weisungsbefugnis gegenüber der BWA ergebe. Dieser Auffassung ist aber nicht zu folgen. Art 20 Abs 1 B-VG unterstellt die den obersten Organen nachgeordneten Organe den Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe, wirkt also innerhalb der Verwaltungsorganisation des Bundes und der Länder, bezieht sich aber nicht unmittelbar auf Organe von Rechtsträgern, die aus der staatlichen Verwaltungsorganisation ausgegliedert sind. Die eigene Rechtsträgerschaft erlaubt es in solchen Fällen nämlich weder, die Handlungen dieser Rechtsträger unmittelbar dem Bund bzw. einem Land zuzurechnen, noch ermöglicht sie es, einen weisungsmäßigen Durchgriff anzunehmen. Art 20 Abs 1 B-VG korrespondiert damit - auf Bundesebene - mit Art 77 Abs 1 B-VG, der von den den Bundesministerien "unterstellten Ämtern" spricht. Daß die BWA als selbständig organisierter Rechtsträger kein Amt in diesem Sinne ist, wurde schon dargelegt.

Was Adamovich/Funk/Holzinger (Österreichisches Staatsrecht, Bd 2: Staatliche Organisation, 1998, Rz 27.051) unter Bezug auf VfSlg. 14.473/1996 hinsichtlich ausgegliederter Rechtsträger privatrechtlicher Natur ausführen, gilt somit auch für ausgegliederte juristische Personen des öffentlichen Rechts (wie schon erwähnt, ist in dieser Entscheidung hinsichtlich der Übertragung von Hoheitsgewalt nicht zwischen Rechtsträgern, die durch öffentlich-rechtlichen Akt eingerichtet sind, und solchen privaten Rechts unterschieden): "Das Weisungsprinzip des Art 20 Abs 1 B-VG gilt auch dort, wo Verwaltungsgeschäfte durch Rechtsträger privaten Rechts besorgt werden, die außerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation stehen, zB durch Beliehene ... In diesen Fällen muß jedoch das Weisungsrecht der obersten Organe der Verwaltung nicht auf (öffentlichem) Staatsorganisationsrecht beruhen, sondern kann sich auch auf privatrechtliche (sondergesellschaftsrechtliche) Normen stützen, die die Einrichtung solcher Rechtsträger und deren Beziehungen zum Staat regeln." Wendet man diesen Gedanken auf die Übertragung der Zuständigkeit zur Erlassung von Hoheitsakten auf ausgegliederte juristische Personen des öffentlichen Rechts an, so ergibt sich, wie der Verfassungsgerichtshof ebenfalls schon erkannt hat (vgl. insb. ), daß auch derartigen Einrichtungen gegenüber Weisungsbefugnisse ausdrücklich eingeräumt werden müssen. Art 20 Abs 1 B-VG wirkt in solchen Fällen nicht unmittelbar, sondern verpflichtet den Gesetzgeber, Rechtsvorschriften zu erlassen, die einem obersten Organ eine effektive Leitungs- und Steuerungsfunktion einräumen, und dabei insbesondere ein umfassendes Weisungsrecht einzurichten.

Von der Ansicht, daß Weisungsbefugnisse gegenüber ausgegliederten Rechtsträgern jeder Art ausdrücklich eingeräumt werden müssen, ist offenkundig auch der Gesetzgeber des WAG ausgegangen. Denn anders ließe es sich nicht erklären, daß in § 3 Abs 3 WAG dem Bundesminister für Finanzen ausdrücklich die Ermächtigung erteilt ist, der BWA bestimmte Weisungen (nämlich solche, die die Besorgung der in § 2 leg.cit. genannten Aufgaben betreffen) zu erteilen. Eine derartige Bestimmung wäre nicht nur sinnlos, sondern auch in die Irre führend, würde daneben ein allgemeines Weisungsrecht gemäß Art 20 Abs 1 B-VG bestehen. Es ist also angesichts der dargestellten allgemeinen Überlegungen und des Vorjudikats wie auch der konkreten Gestaltung der Rechtslage im WAG davon auszugehen, daß die Weisungsbindung der BWA nur soweit besteht, als sie gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist.

Wie schon ausgeführt wurde, enthält § 3 leg.cit. die entsprechenden Bestimmungen über die Möglichkeiten des Bundesministers, das Tätigwerden der BWA mit Hilfe von Weisungen zu steuern. Diese Steuerungsbefugnis ist freilich mehrfach beschränkt:

Sie bezieht sich zum ersten nur auf die in § 2 angesprochene Tätigkeit der BWA, nicht aber auf deren gesamten Wirkungsbereich; so sind etwa die gewerbepolizeilichen Aufgaben der Erteilung und der Entziehung von Konzessionen in § 2 WAG nicht erwähnt und daher der weisungsmäßigen Ingerenz des Bundesministers entzogen. Zum zweiten ist der Bundesminister in seiner effektiven Leitungsmöglichkeit insofern beschränkt, als er - anders als in der unmittelbaren Bundesverwaltung - stets nur dem Direktor der BWA gegenüber, dem kraft § 3 Abs 1 leg.cit. die monokratische Führung der rechtlich selbständigen BWA zukommt, tätig werden darf, was dem Direktor eine Stellung einräumt, wie sie in der mittelbaren Bundesverwaltung - aufgrund ausdrücklicher verfassungsrechtlicher Regelung - dem Landeshauptmann eingeräumt ist. (Korrespondierend dazu normiert § 3 Abs 4 WAG auch eine Sanktion für die Nichtbefolgung von Weisungen des Bundesministers durch den Direktor, indem er anordnet, daß der Bundesminister die Bestellung zum Direktor zu widerrufen hat, wenn dieser eine Weisung gemäß § 3 Abs 3 WAG nicht befolgt; zur Relevanz der Durchsetzung von Weisungen gegenüber Ausgegliederten vgl. ebenfalls .) Dazu kommt, daß angesichts des § 5 Abs 1 WAG dem Bundesminister auch keine direkte Steuerungsmöglichkeit hinsichtlich des Personals zukommt: Weder kann er bei der gegebenen organisatorischen Konstellation die Begründung noch die Beendigung eines Dienstverhältnisses zur BWA unmittelbar bewirken, und auch die Verwendung der personellen Ressourcen für bestimmte Aufgaben ist seiner unmittelbaren Ingerenz entzogen.

Insgesamt sind somit die Weisungsbefugnisse des Bundesministers nur unzureichend eingeräumt, was den sich aus Art 20 Abs 1 und Art 77 B-VG ergebenden Anforderungen an die Organisation ausgegliederter Rechtsträger, denen Verwaltungsaufgaben zur Besorgung unter Einsatz von imperium übertragen sind, widerspricht.

Gravierend ist schließlich die effektive Steuerungsmöglichkeit des Bundesministers insbesondere auch dadurch beschränkt, daß die gesetzlichen Vorschriften eine umfassende und rechtzeitige Information des Bundesministers nicht sichern. Die Berichterstattung ist nur quartalsweise vorgesehen und die Auskunftsrechte, die § 8 WAG dem Bundesminister einräumt, entsprechen den typischerweise für die Besorgung von Aufgaben einer Staatsaufsicht vorgesehenen Informationsmöglichkeiten, nicht aber den für eine effektive Steuerung der Tätigkeit bestehenden Informationserfordernissen.

Wenn die Bundesregierung darauf hinweist, daß dem Bundesminister für Finanzen etwa alle Verordnungsentwürfe sowie wichtigere anstehende Vollziehungsfragen (zB hinsichtlich der Grundsätze für Konzessionserteilungen oder Verwaltungsstrafen) zur Prüfung vorgelegt werden, so schildert sie tatsächliche Vorgänge, die die Mängel der gesetzlichen Ausgestaltung, die einer effektiven Leitungsbefugnis entgegenstehen, nicht ausgleichen können.

3. a) Es haben sich somit die Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der die Ausgliederung der BWA bewirkenden Bestimmungen des WAG als zutreffend erwiesen, weshalb diese Bestimmungen aufzuheben sind: Das betrifft freilich - geht man von der oben dargestellten Notwendigkeit, in derartigen Fällen der Abgrenzung entsprechend abzuwägen (vgl. Pkt. V. 4.), aus - nicht den gesamten § 1 Abs 1 WAG, sondern nur jenen Teil dieser Vorschrift, der die BWA als eigenen Rechtsträger konstituiert:

Als unselbständige Einrichtung des Bundes, die als solche der vollen Leitungs- und Steuerungsmöglichkeit des Bundesministers unterliegt, der vice versa für die Tätigkeit der BWA auch die volle Verantwortung wahrzunehmen hätte, widerspricht ihre Organisation dem Organisationskonzept der Bundesverfassung nicht. Daher waren aus dem Abs 1 des § 1 WAG nur die Worte "mit eigener Rechtspersönlichkeit" sowie jene der in Prüfung stehenden Bestimmungen aufzuheben, die mit der Einrichtung als eigener Rechtsträger notwendig verbunden sind:

Das betrifft zum einen die Vorschriften über die beschränkte Berichterstattungspflicht des Direktors an den Bundesminister für Finanzen (§3 Abs 5), die ebenfalls bloß für bestimmte Fälle vorgesehenen Berichterstattungspflichten der BWA an den Bundesminister für Finanzen (die sich aus den in Prüfung stehenden Wortfolgen in § 7 Abs 2 und in § 24a ergeben) und die Vorschriften der §§6 und 8, die die Existenz einer (selbständig bilanzierenden, zu beaufsichtigenden, zu kontrollierenden und zu revidierenden) eigenen juristischen Person zur Voraussetzung haben. Die Aufhebung der Bestimmungen über die bloß beschränkt auferlegten Aufsichts- und Berichterstattungspflichten war erforderlich, um einen Widerspruch mit der bereinigten Fassung des § 1 Abs 1 zu vermeiden; denn gegenüber der BWA als unselbständiger Einrichtung des Bundes kommen dem Bundesminister schon kraft Art 20 Abs 1 B-VG umfassende Aufsichtsrechte zu und einer solchen Einrichtung gegenüber kann er Berichtspflichten in jeder Weise und damit über die gesetzlich vorgesehenen Fälle hinaus anordnen. Gleiches gilt für den letzten Halbsatz des § 5 Abs 1, der, verbliebe er im Rechtsbestand, den Schluß zuließe, als könnte sich der Bundesminister nicht die Zustimmung zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen einschließlich von Kündigungen hinsichtlich anderer Dienstnehmer vorbehalten.

Auch jene Bestimmung, durch die die BWA dem Bundesminister gleichgestellt wird (das ist im (nunmehr) dritten Satz des § 29 Abs 1 die Wortfolge "der Bundesminister für Finanzen im Rahmen seiner Aufgaben gemäß dem BWG und dem VAG,"), war als mit der Konzeption der durch die Bereinigung in § 1 Abs 1 bewirkten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Rechtslage unvereinbar aufzuheben. Hinsichtlich des in Prüfung stehenden - in einzelnen Anlaßverfahren präjudiziellen - zweiten Satzes des § 29 Abs 1 WAG idF der Novelle BGBl. I 11/1998, der durch die Novelle BGBl. I 2/2001 zum dritten Satz dieses Absatzes wurde, war im gleichen Umfang auszusprechen, daß er verfassungswidrig war.

Als verfassungswidrig aufzuheben war weiters jene Bestimmung, durch die die BWA zum Teil an Stelle des Bundesministers zur Vollziehung berufen wird; das betrifft die Wortfolge "an Stelle des im BWG genannten Bundesministers für Finanzen" in der in Prüfung stehenden Wortfolge des § 21 Abs 1. Durch diese Aufhebung wird weder die Vollzugsklausel des § 108 BWG in ihrem normativen Gehalt verändert noch wird dem Bundesminister für Finanzen die Verantwortung für den Vollzug der in § 21 Abs 1 WAG genannten Bestimmungen des BWG genommen; es wird bloß klargestellt, daß innerhalb des Bundesministeriums für Finanzen die besondere Einrichtung "Bundes-Wertpapieraufsicht" - unter der vollen Leitungsbegufnis des Bundesministers - tätig zu werden hat bzw. daß Meldepflichten dieser Einrichtung gegenüber bestehen.

Schließlich war in § 3 Abs 3 die Wortfolge "betreffend die Besorgung der Aufgaben gemäß § 2" als verfassungswidrig aufzuheben, da durch diese Wortfolge die umfassende Weisungsbefugnis, die dem Bundesminister gegenüber der - durch die Aufhebung der der BWA eigene Rechtspersönlichkeit verleihenden Worte in § 1 Abs 1 - unselbständigen Einrichtung der BWA gemäß Art 20 Abs 1 B-VG zukommmt, in verfassungswidriger Weise eingeschränkt wird.

b) Im darüber hinausgehenden Umfang war hingegen eine Aufhebung nicht erforderlich, um die erwiesene Verfassungswidrigkeit zu beseitigen; denn die Besorgung der derzeit der BWA übertragenen Aufgaben durch eine unselbständige Einrichtung des Bundes, die der vollen Ingerenz und damit der Verantwortung des Bundesministers für Finanzen unterliegt, begegnet den Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der die Ausgliederung konstituierenden Vorschriften naturgemäß nicht. Dies trifft die Einrichtung einer Bundeswertpapieraufsicht als solche durch § 1 Abs 1, den Großteil der Bestimmungen des § 3 einschließlich der - angesichts des im gegebenen Zusammenhang legitimen Bestrebens nach Transparenz von Weisungen verfassungsrechtlich unbedenklichen - Beschränkung auf schriftlich zu erteilende Weisungen (§3 Abs 3 letzter Satz) und die im Hinblick auf die besondere Leitungsfunktion des Direktors rechtfertigbare Sonderregelung des § 3 Abs 4 betreffend den Widerruf seiner Bestellung, die einer Steuerung sonstiger Personalmaßnahmen durch Weisung nicht entgegensteht, sowie - mit Ausnahme seines letzten Halbsatzes - § 5 Abs 1, weil der Direktor als Leiter einer unselbständigen Einrichtung des Bundes mittels Weisung des Bundesministers dessen Leitungsgewalt unterliegt und damit auch hinsichtlich der Einstellung und Kündigung von Dienstnehmern eine volle Verantwortlichkeit des Bundesministers besteht.

Auch besteht angesichts der durch die Aufhebung der im Spruchpunkt I. a) genannten Bestimmungen bereinigten Rechtslage keine Notwendigkeit einer verfassungsrechtlichen Beurteilung der in Prüfung genommenen Z 1 und 2 des § 32 WAG (sie ermächtigten zur Einrichtung der BWA und zur Ausschreibung und Bestellung des Direktors der BWA vor Inkrafttreten des Gesetzes).

Hinsichtlich dieser Bestimmungen erweisen sich daher der Prüfungsbeschluß und die Prüfungsanträge als zu weit gefaßt und deshalb als im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. oben Pkt. V. 4.) als unzulässig, weshalb das amtswegig eingeleitete Verfahren auch insoweit einzustellen und die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen waren.

c) Da die Aufhebung der die Organisation der BWA als ausgegliederter, nicht der umfassenden Ingerenz des Bundesministers unterliegender Rechtsträger konstituierenden Bestimmungen dazu führt, daß die Tätigkeit der BWA unmittelbar dem Bundesminister zuzurechnen ist, ist dem Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Übertragung von Aufgaben der Vollziehung von Verwaltungsstrafbestimmungen an die BWA der Boden entzogen. § 28 Abs 1 WAG war daher nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

d) Angesichts dieses Ergebnisses war auf die Eventualbedenken des Verwaltungsgerichtshofes nicht einzugehen.

IX. 1. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Bestimmungen, die sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG gründet, schien dem Verfassungsgerichtshof notwendig zu sein, um dem Gesetzgeber die Möglichkeit zu geben, die aufgehobenen Bestimmungen in verfassungskonformer Weise zu ersetzen und von der Aufhebung nicht betroffene Bestimmungen anzupassen, sofern er dies für rechtspolitisch sinnvoll ansehen sollte. Die gewählte Frist soll einen nahtlosen Übergang der BWA in die Finanzmarktaufsicht ermöglichen, die nach ArtIII des Finanzmarktaufsichtsgesetzes, BGBl. I 97/2001, die Aufgaben der BWA übernehmen soll und die während des zur Verfügung stehenden Zeitraumes den verfassungsrechtlichen Erfordernissen angepaßt werden kann.

2. a) Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.

b) Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VerfGG iVm § 2 Abs 1 Z 4 BGBlG.