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VfGH vom 29.09.2008, G266/07

VfGH vom 29.09.2008, G266/07

Sammlungsnummer

18567

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit und keine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Ausschlusses der Anwendung der gewerberechtlichen Bestimmungen über den Befähigungsnachweis für reglementierte Gewerbe bzw den individuellen Befähigungsnachweis für den Bereich des Gelegenheitsverkehrsgesetzes; Hinweis auf die Vorjudikatur

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich

(im Folgenden: UVS NÖ) begehrt aus Anlass dreier bei ihm anhängiger Berufungsverfahren in einem auf Art 140 B-VG gestützten Antrag, die Wortfolge "§§18 und 19 GewO sind nicht anzuwenden" in § 5 Abs 5 des Bundesgesetzes über die nichtlinienmäßige gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 - GelverkG), BGBl. I 112/1996 idF BGBl. I 153/2006 (gemeint wohl: BGBl. I 24/2006, mit dem die Bestimmung zuletzt geändert wurde), als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Zur Rechtslage:

2.1. § 5 GelverkG, BGBl. I 112/1996 idF BGBl. I 24/2006 lautet (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

"Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession

§5. (1) Die Konzession darf nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines reglementierten Gewerbes

1. die Zuverlässigkeit,

2. die finanzielle Leistungsfähigkeit und

3. die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) vorliegen. [...]

(2) - (4) [...]

(5) Die Voraussetzung der fachlichen Eignung (Befähigungsnachweis) wird nachgewiesen durch

1. eine Bescheinigung über die erfolgreiche Ablegung einer Prüfung vor einer Prüfungskommission, die vom Landeshauptmann bestellt wird, oder

2. eine Bescheinigung der Prüfungskommission auf Grund von Universitäts-, Fachhochschul- oder Fachschuldiplomen, die gründliche Kenntnisse aller Sachgebiete der Prüfung im Sinne des Abs 8 Z 1 gewährleisten. Werden durch die Universitäts-, Fachhochschul- und Fachschuldiplome nicht alle Sachgebiete der Prüfung abgedeckt, so ersetzt die Bescheinigung die Prüfung im Sinne der Z 1 nur für jene Sachgebiete, für die auf Grund der Universitäts-, Fachhochschul- oder Fachschuldiplome gründliche Kenntnisse gewährleistet sind.

Beim Taxi-Gewerbe und Mietwagen-Gewerbe mit Personenkraftwagen ist zusätzlich eine mindestens dreijährige fachliche Tätigkeit in dem jeweils angestrebten Gewerbe selbst oder in einem Betrieb, in dem dieses Gewerbe gemeinsam mit anderen Gewerben ausgeübt wird, oder in einem dem Gewerbe fachlich nahestehenden Berufszweig durch eine Bestätigung eines Sozialversicherungsträgers nachzuweisen. Die §§18 und 19 GewO 1994 sind nicht anzuwenden."

2.2. §§18 Gewerbeordnung 1994 (im Folgenden: GewO 1994), BGBl. 194/1994 idF BGBl. I 42/2008, und § 19 GewO 1994 idF BGBl. I 111/2002, sehen folgende Möglichkeiten des Befähigungsnachweises vor:

"Befähigungsnachweis für reglementierte Gewerbe

§18. (1) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat für jedes reglementierte Gewerbe, hinsichtlich der im § 94 Z 14, 32, 33, 41 und 46 genannten Gewerbe und hinsichtlich des im § 94 Z 42 genannten Gewerbes, soweit es sich um die Tätigkeiten des Piercens und Tätowierens handelt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen, durch Verordnung festzulegen, durch welche Belege - für sich allein oder in entsprechender Verbindung untereinander - die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe, gegebenenfalls für dessen eingeschränkte Ausübung, im Hinblick auf die hiefür erforderliche fachliche Befähigung jedenfalls als erfüllt anzusehen sind. Dabei hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu berücksichtigen, dass bei reglementierten Gewerben, bei denen der Qualifikation auf Grund der Richtlinie 92/51/EWG über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung der Richtlinie 89/48/EWG oder der Richtlinie 89/48/EWG über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome Diplomniveau zukommt, dieses Diplomniveau gewahrt bleibt.

(2) Als Belege im Sinne des Abs 1 kommen in Betracht


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1.
Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Meisterprüfung bei den im § 94 als Handwerke bezeichneten reglementierten Gewerben oder über eine sonstige Befähigungsprüfung;


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2.
Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Unternehmerprüfung;


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3.
Zeugnis über den Abschluss einer Studienrichtung an einer Universität;


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4.
Zeugnis über den erfolgreichen Besuch eines Fachhochschul-Studienganges;


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5. Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Schule;


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6.
Zeugnis über den erfolgreichen Besuch eines Lehrganges;


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7.
Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung;


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8. Zeugnis über eine fachliche Tätigkeit;


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9. Zeugnis über eine Tätigkeit in leitender Stellung;


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10. Zeugnis über eine Tätigkeit als Betriebsleiter;


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11. Nachweise über eine Tätigkeit als Selbstständiger.

(3) Unter fachlicher Tätigkeit (Abs2 Z 8) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die geeignet ist, die Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln, die zur selbstständigen Ausübung des betreffenden Gewerbes erforderlich sind. Unter Tätigkeit in leitender Stellung (Abs2 Z 9) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die überwiegend mit fachspezifischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens verbunden ist. Unter Tätigkeit als Betriebsleiter (Abs2 Z 10) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die in einer der folgenden Funktionen ausgeübt wurde

1. als Leiter des Unternehmens oder einer Zweigniederlassung oder

2. als Stellvertreter des Unternehmers oder des Leiters des Unternehmens, wenn mit dieser Stellung eine Verantwortung verbunden ist, die der des vertretenen Unternehmers oder Leiters entspricht oder

3. in leitender Stellung je nach der Eigenart des betreffenden Gewerbes mit kaufmännischen oder mit kaufmännischen und technischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens.

(4) Wenn es Gründe der Abwehr von besonderen Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen erfordern, hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit durch Verordnung festzulegen, dass Zeugnisse im Sinne des Abs 2 für ein Gewerbe nicht mehr zu berücksichtigen sind, wenn der Inhaber des Zeugnisses seit der Prüfung, dem Abschluss der Ausbildung oder seit der fachlichen Tätigkeit, die durch das betreffende Zeugnis bescheinigt wird, zehn Jahre nicht mehr die den Gegenstand des betreffenden Gewerbes bildenden Tätigkeiten ausgeübt hat.

(5) Bei Schulen, bei denen eine Abschlussprüfung vorgesehen ist, ist der erfolgreiche Besuch (Abschluss) durch das Abschlussprüfungszeugnis (Reifeprüfungszeugnis), bei Schulen, bei denen keine Abschlussprüfung vorgesehen ist, durch das Abschlusszeugnis (Jahreszeugnis) nachzuweisen. Als Abschluss eines Studiums gilt der Abschluss eines Diplom-, Bachelor-, Master- oder Doktoratsstudiums. Als Abschluss eines Fachhochschul-Studienganges gilt der Abschluss eines Fachhochschul-Bachelorstudienganges, eines Fachhochschul-Masterstudienganges oder eines Fachhochschul-Diplomstudienganges.

(6) Ob durch Zeugnisse über außerhalb von Mitgliedstaaten der EU oder Vertragsstaaten des EWR absolvierte Ausbildungen und Tätigkeiten die für die Ausübung eines reglementierten Gewerbes erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit auf Antrag auszusprechen. Dieser Ausspruch kann mit der Beschränkung auf Teiltätigkeiten des betreffenden Gewerbes getroffen werden, wenn die Befähigung des Antragstellers nur in diesem Umfang vorliegt. Diese Bestimmung gilt auch für Personen, die nicht Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU oder eines Vertragsstaates des EWR sind und die ihre Ausbildung und Fachpraxis in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR absolviert haben.

(7) Der Befähigungsnachweis für das Gewerbe der Gärtner (§94 Z 24) kann auch durch das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Gärtnermeisterprüfung gemäß den Vorschriften über die land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildung erbracht werden.

Individueller Befähigungsnachweis

§ 19. Kann der nach § 18 Abs 1 vorgeschriebene Befähigungsnachweis nicht erbracht werden, so hat die Behörde unter Bedachtnahme auf Vorschriften gemäß § 18 Abs 4 das Vorliegen der individuellen Befähigung festzustellen, wenn durch die beigebrachten Beweismittel die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen werden. Die Behörde hat das Vorliegen der individuellen Befähigung mit der Beschränkung auf Teiltätigkeiten des betreffenden Gewerbes auszusprechen, wenn die Befähigung nur in diesem Umfang vorliegt.

§373c Abs 7 ist sinngemäß anzuwenden."

2.3. Art 3 Abs 4 der Richtlinie 96/26/EG des Rates vom über den Zugang zum Beruf des Güter- und Personenkraftverkehrsunternehmers im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr sowie über die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise für die Beförderung von Gütern und die Beförderung von Personen im Straßenverkehr und über Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit der betreffenden Verkehrsunternehmer (ABl. 1996 L 124, S 1) in der Fassung der Änderungsrichtlinie 98/76/EG (ABl. 1998 L 277, S 17) lautet:

"(4) a) Die Voraussetzung der fachlichen Eignung ist erfüllt, wenn die dem Ausbildungsniveau gemäß Anhang I entsprechenden Kenntnisse in den in diesem Anhang aufgeführten Sachgebieten nachgewiesen wurden. Dieser Nachweis wird mittels einer obligatorischen schriftlichen Prüfung und gegebenenfalls einer ergänzenden mündlichen Prüfung erbracht, wie in Anhang I beschrieben, die von der vom jeweiligen Mitgliedstaat für diesen Zweck benannten Behörde oder Stelle durchgeführt werden.

b) Die Mitgliedstaaten können die Bewerber, die eine praktische Erfahrung von mindestens fünf Jahren in leitender Funktion in einem Verkehrsunternehmen nachweisen, von der Prüfung befreien, sofern diese Bewerber sich einer Kontrollprüfung unterziehen, deren Modalitäten von den Mitgliedstaaten nach Anhang I festgelegt werden.

c) Die Mitgliedstaaten können die Inhaber bestimmter Hochschul- oder Fachschuldiplome, die gründliche Kenntnisse in den in der Liste in Anhang I aufgeführten Sachgebieten gewährleisten, von der Prüfung in den von den Diplomen abgedeckten Sachgebieten befreien; diese Diplome werden von den Mitgliedstaaten eigens bezeichnet.

d) Als Nachweis der fachlichen Eignung muß eine Bescheinigung vorgelegt werden, die von der unter Buchstabe a) genannten Behörde oder Stelle ausgestellt worden ist. Diese Bescheinigung wird nach dem Modell des Anhangs Ia erstellt.

e) Im Fall von Bewerbern, die die tatsächliche und dauerhafte Leitung von Unternehmen wahrnehmen wollen, die nur im innerstaatlichen Verkehr tätig sind, können die Mitgliedstaaten vorsehen, daß die für die Feststellung der fachlichen Eignung zu berücksichtigenden Kenntnisse lediglich die Sachgebiete des innerstaatlichen Verkehrs betreffen. In diesem Fall wird in der Bescheinigung über die fachliche Eignung (Modell in Anhang Ia) angegeben, daß der Inhaber der Bescheinigung nur zur tatsächlichen und dauerhaften Leitung von Unternehmen befugt ist, die lediglich Beförderungen innerhalb des Mitgliedstaats vornehmen, der die Bescheinigung erteilt hat.

f) Nach Anhörung der Kommission kann ein Mitgliedstaat verlangen, daß jede natürliche Person, die Inhaber eines Befähigungsnachweises ist, der von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats nach dem ausgestellt wurde, während die betreffende Person ihren ordentlichen Wohnsitz im Hoheitsgebiet des ersten Mitgliedstaats hatte, sich einer zusätzlichen Prüfung zu unterziehen hat, die von der von dem ersten Mitgliedstaat für diesen Zweck benannten Behörde oder Stelle durchgeführt wird. Gegenstand der zusätzlichen Prüfung sind die spezifischen Kenntnisse über die nationalen Aspekte des Berufs des Verkehrsunternehmers in dem ersten Mitgliedstaat.

Dieser Buchstabe gilt für einen Zeitraum von drei Jahren ab dem . Der Rat kann diesen Zeitraum auf Vorschlag der Kommission gemäß dem Vertrag um höchstens fünf Jahre verlängern. Er gilt nur für natürliche Personen, die zum Zeitpunkt der Erteilung des Befähigungsnachweises gemäß Unterabsatz 1 nie zuvor einen entsprechenden Nachweis in einem Mitgliedstaat erworben haben."

2.4. In den Materialien (RV 1160 BlgNR 22. GP, 6) zur Novelle des GelverkG, BGBl. I 24/2006, wird der explizite Ausschluss der Anwendung der §§18 und 19 GewO 1994 in § 5 Abs 5 GelverkG folgendermaßen begründet:

"Die Erbringung des Befähigungsnachweises, wie sie in § 18 und 19 GewO 1994 normiert ist, ist gemäß Artikel 3 Abs 4 Richtlinie 96/26/EG idgF nicht möglich. Daher ist die Anwendung diese[r] Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 auszuschließen."

3. Beim UVS NÖ sind drei Verfahren über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich anhängig, mit denen Ansuchen um die Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für die Ausübung des Taxigewerbes, des Mietwagengewerbes mit PKW sowie des Mietwagengewerbes mit Omnibussen mit der Begründung abgewiesen wurden, dass die Antragsteller gemäß dem zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landeshauptmannes von Niederösterreich noch anzuwendenden § 28 GewO 1994 idF vor dem In-Kraft-Treten der GewO-Novelle BGBl. I 111/2002 nicht über die hinreichende Befähigung für die Ausübung dieser Gewerbe verfügen würden.

4. Zur Präjudizialität der angefochtenen Wortfolge führt der UVS NÖ aus, dass mit BGBl. I 24/2006 eine Neuregelung des GelverkG erfolgt sei, mit der § 5 Abs 5 GelverkG abgeändert sowie die Geltung der Übergangsbestimmung des § 375 Abs 4 GewO 1994 idF BGBl. I 111/2002 aufgehoben worden sei. Die Übergangsbestimmung hatte festgelegt, dass bis zu einer Neuregelung im GelverkG die Bestimmungen der Gewerbeordnung in der Fassung vor dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I 111/2002 - zu denen insbesondere die vom Landeshauptmann von Niederösterreich angewendete Nachsichtsregelung des § 28 Abs 1 GewO 1994 zählte - weitergelten würden. Dies bedeute, dass auf die beim UVS NÖ anhängigen Verfahren die aktuelle Rechtslage, worin die Möglichkeit der Erteilung einer Nachsicht vom Befähigungsnachweis sowie, aufgrund des Ausschlusses der Anwendung der §§18 und 19 GewO 1994 in § 5 Abs 5 GelverkG, auch der individuelle Nachweis einer Befähigung nicht mehr vorgesehen seien, anzuwenden sei.

5. In der Sache hegt der UVS NÖ das Bedenken, dass der Ausschluss der Anwendung der §§18 und 19 GewO 1994 gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verstoße. Er begründet dies damit, dass bei sämtlichen in der Gewerbeordnung geregelten Gewerben, für die der Nachweis einer Befähigung erforderlich ist, die Möglichkeit eines individuellen Befähigungsnachweises bestehe. Eine sachliche Rechtfertigung für eine Sonderregelung im Interesse der Gewährleistung der Verkehrssicherheit und der Aufrechterhaltung des Fahrbetriebes sei nicht erkennbar.

Der UVS NÖ zitiert darüber hinaus eine Stellungnahme des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , in der dieser Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "§§18 und 19 GewO sind nicht anzuwenden" in § 5 Abs 4 Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG) hinsichtlich Art 18 StGG darlegt. In der Stellungnahme wird ausgeführt, dass nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, angesichts der Standardisierung von Ausbildungsgängen und Prüfungsanforderungen, Nachsichtsregelungen vorgesehen werden müssten (VfSlg. 14.963/1997 ua.) und gemäß Art 18 StGG gleichwertige Ausbildungsalternativen ohne Diskriminierung zu berücksichtigen seien (VfSlg. 13.094/1992; 16.734/2002). Außerdem sehe Art 3 Abs 4 litb der Richtlinie 96/26/EG vor, dass Mitgliedstaaten Bewerber, die eine praktische Erfahrung von mindestens fünf Jahren in leitender Funktion in einem Verkehrsunternehmen nachweisen, von der Prüfung befreien könnten, sofern sich diese Bewerber einer Kontrollprüfung unterziehen, deren Modalitäten von den Mitgliedstaaten festgelegt werden können. In den Erwägungsgründen sei weiters ausgeführt, dass die Mitgliedstaaten einen Bewerber von der Prüfung befreien können, wenn er genügend praktische Erfahrung nachweise. Nach Ansicht des UVS NÖ sei der Gesetzgeber auf diese Bedenken in keiner Weise eingegangen.

6. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle den Antrag des UVS NÖ zurückweisen, in eventu, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass die angefochtene Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird. Für den Fall der Aufhebung der angefochtenen Bestimmung beantragt die Bundesregierung die Bestimmung einer Frist von 18 Monaten für das Außer-Kraft-Treten.

6.1. Zur Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsantrages des UVS NÖ vertritt die Bundesregierung die Ansicht, dass jene Teile des Antrages, die sich darauf beschränken, die Stellungnahme des Landeshauptmannes von Niederösterreich wortwörtlich zu übernehmen, ohne offen zu legen, welche eigenen diesbezüglichen Bedenken der antragstellende UVS hege, nicht die Anforderungen des § 62 Abs 1 VfGG erfüllen würden, wonach Anträge nach Art 140 B-VG die gegen die angefochtenen Bestimmungen erhobenen Bedenken im Einzelnen darzulegen haben. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass der Antrag den Wortlaut des Gesetzes nicht korrekt wiedergebe: Im Gesetzestext laute es nicht, wie im Antrag wiedergegeben: "§§18 und 19 GewO sind nicht anzuwenden", sondern: "Die §§18 und 19 GewO 1994 sind nicht anzuwenden.", weshalb der Antrag nach Ansicht der Bundesregierung mangels eines geeigneten Anfechtungsobjektes zurückzuweisen sei.

6.2. Zu den vom UVS NÖ erhobenen Bedenken bringt die Bundesregierung vor, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Gelegenheitsverkehrsrechtes gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zu beachten und insbesondere die Richtlinie 96/26/EG umzusetzen habe. Art 3 Abs 4 lita der Richtlinie 96/26/EG enthalte Anforderungen an die fachliche Eignung, die durch § 5 Abs 5 bis 8 GelverkG in Form von Regelungen über die Eignungsprüfung umgesetzt seien. Art 3 Abs 4 litb der Richtlinie 96/26/EG sehe eine Ausnahme von der Anforderung der lita vor: Die Mitgliedstaaten werden ermächtigt, Bewerber, die qualifizierte praktische Erfahrungen in leitender Funktion im Verkehrswesen aufweisen, von der Prüfung nach lita zu befreien, wobei sich diese aber statt dessen einer Kontrollprüfung zu unterziehen haben. Die Modalitäten der Kontrollprüfung seien - wie auch die Eignungsprüfung nach lita - nach Anhang I der Richtlinie zu bestimmen. Somit hätten beide Prüfungen denselben Prüfungsstoff und denselben Ablauf. Der in der Stellungnahme des Landeshauptmannes von Niederösterreich zitierte Erwägungsgrund 11 der Richtlinie 96/26/EG, wonach die Mitgliedstaaten einen Bewerber von der Prüfung befreien können, wenn er genügend praktische Erfahrung nachweise, entstamme der Stammfassung der genannten Richtlinie, die im Unterschied zur geltenden Fassung noch eine Nachsichtsmöglichkeit von der Prüfung vorgesehen habe. Im Ergebnis sei daher nach geltender Richtlinienlage eindeutig, dass die nationale Umsetzungsregelung im Sinne des Art 3 Abs 4 litb der Richtlinie 96/26/EG jedenfalls die Ablegung einer Kontrollprüfung vorsehen müsse. Die Anwendung der §§18 und 19 GewO 1994 auf die Überprüfung der fachlichen Eignung nach dem GelverkG würde somit den dem Gesetzgeber von Art 3 Abs 4 der Richtlinie 96/26/EG eingeräumten engen Spielraum überschreiten. Da die Kontrollprüfung nach Art 3 Abs 4 litb der Richtlinie 96/26/EG keinerlei Erleichterung im Vergleich zur Regelprüfung nach lita dieser Bestimmung darstelle, habe sich der Gesetzgeber dagegen entschieden, Art 3 Abs 4 litb der Richtlinie 96/26/EG separat umzusetzen.

Allerdings sei anzumerken, dass sich die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht auf die mit Kraftwagen bis zu neun Sitzen ausgeübte Personenbeförderung - insbesondere das Taxi- und Mietwagengewerbe - beziehen würden. Im Erkenntnis VfSlg. 17.207/2004 habe der Verfassungsgerichtshof aber ausgesprochen, dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sei, im Gelegenheitsverkehrsrecht vom allgemeinen Gewerberecht abweichende Regelungen zu treffen und ein eigenes Regelungssystem, das nur in sich sachlich sein muss, aufzustellen. Der Gesetzgeber habe sich daher zwecks Vermeidung unsachlicher Differenzierungen innerhalb des Systems des GelverkG (das in weiten Bereichen durch Vorgaben des Gemeinschaftsrechts geprägt ist), entschieden, in Bezug auf die grundsätzlichen Aspekte der fachlichen Eignung eine Gleichbehandlung der Personenbeförderung mit kleinen und mit größeren Fahrzeugen vorzusehen. Den Unterschieden, die sich aus der Art der eingesetzten Fahrzeuge ergeben, wurde demgegenüber im Prüfungsstoff für die Prüfung zum Nachweis der fachlichen Eignung Rechnung getragen, und zwar auf Verordnungsebene. Da bei der Personenbeförderung mit Personenkraftwagen gleichermaßen Personen befördert werden wie bei der Personenbeförderung mit Omnibussen, und daher letztlich dasselbe Risikopotential gegeben sei, habe der Gesetzgeber hinsichtlich der Möglichkeit der Nachsichtserteilung - auch zur Vermeidung einer unbegründeten Ungleichbehandlung - dieselben Maßstäbe angelegt, wie bei der den Richtlinienvorgaben unterworfenen Personenbeförderung mit Omnibussen. Eine Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "Die §§18 und 19 GewO 1994 sind nicht anzuwenden." in § 5 Abs 5 GelverkG sei sohin nicht gegeben.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Antrag ist zulässig.

1.1. Gemäß § 62 Abs 1 VfGG muss ein Antrag gemäß Art 140 B-VG begehren, dass entweder das Gesetz seinem ganzen Inhalte nach oder dass bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Diesem Erfordernis genügt ein Antrag nur dann, wenn er die aufzuhebenden Stellen des Gesetzes genau und eindeutig bezeichnet und nicht offenlässt, welche Gesetzesvorschrift tatsächlich der Aufhebung verfallen soll (vgl. zB VfSlg. 14.634/1996, 15.302/1998, 15.962/2000). Der Antrag hat außerdem die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen.

1.2. Nach Ansicht der Bundesregierung ist der Antrag nicht zulässig, weil er einerseits den Wortlaut des Gesetzes nicht korrekt wiedergebe und weil andererseits Teile des Antrages in der wortwörtlichen Übernahme einer Stellungnahme des Landeshauptmannes von Niederösterreich bestünden.

1.3. Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Ansicht nicht:

Zwar begehrt der UVS NÖ in seinem Antrag die Aufhebung der Wortfolge "§§18 und 19 GewO sind nicht anzuwenden", die sich in dieser Form nicht in § 5 Abs 5 GelverkG wiederfindet. In der Begründung seines Antrages gibt der UVS NÖ die angefochtene Bestimmung allerdings auch in ihrem - richtigen - Wortlaut wieder. Angesichts dessen kann in der Sache kein Zweifel daran bestehen, dass die Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "Die §§18 und 19 GewO 1994 sind nicht anzuwenden." in § 5 Abs 5 GelverkG idF BGBl. I 24/2006 behauptet und deren Aufhebung begehrt wird. Es ist insofern davon auszugehen, dass dem UVS NÖ bei der Bezeichnung der angefochtenen Gesetzesstelle ein vom Verfassungsgerichtshof als offenkundiger Schreibfehler gewerteter Zitierfehler unterlaufen ist. Der Verfassungsgerichtshof ist aus diesen Gründen der Ansicht, dass der Antrag die zur Aufhebung beantragte Gesetzesstelle im Sinne des § 62 VfGG ausreichend genau bezeichnet.

Auch die Bedenken der Bundesregierung in Bezug auf die wortwörtliche Darlegung der Stellungnahme des Landeshauptmannes von Niederösterreich sind nicht begründet. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom zu G259/07 zu einem vergleichbaren Antrag des UVS NÖ betreffend eine Wortfolge in § 5 Abs 4 GütbefG ausgesprochen, dass es nicht im Widerspruch zu § 62 Abs 1 zweiter Satz VfGG stehe, wenn der antragstellende UVS den Inhalt einer Stellungnahme des Landeshauptmannes von Niederösterreich unter wörtlicher Wiedergabe dieser Stellungnahme zum Inhalt der Begründung seines Antrages macht und ihr hinzufügt, dass der Gesetzgeber auf diese Bedenken in keiner Weise eingegangen sei. Darüber hinaus übersieht die Bundesregierung auch im vorliegenden Fall, dass selbst im Falle, dass die wörtlich wiedergegebene Stellungnahme des Landeshauptmannes von Niederösterreich nicht den Anforderungen des § 62 Abs 1 zweiter Satz VfGG entspräche, sich der Verfassungsgerichtshof zwar zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit auf die Erörterung der aufgeworfenen Bedenken zu beschränken hätte, der Antrag des UVS NÖ insgesamt jedoch jedenfalls als zulässig zu erachten wäre, da im Antrag auch eigene, selbständig formulierte Bedenken dargelegt werden.

1.4. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist der Antrag des UVS NÖ zulässig.

2. Der Verfassungsgerichtshof teilt die im Antrag dargelegten Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Wortfolge in § 5 Abs 5 GelverkG nicht.

2.1. Die Bedenken des UVS NÖ bestehen einerseits darin, dass es unsachlich sei, wenn die sonst in der Gewerbeordnung vorgesehene Möglichkeit eines individuellen Befähigungsnachweises für den Bereich des Gelegenheitsverkehrsgesetzes ausgeschlossen wird, andererseits wird vom UVS NÖ ein Widerspruch zu jener Judikatur des Verfassungsgerichtshofes angenommen, derzufolge (gemäß Art 18 StGG) gleichwertige Ausbildungsalternativen ohne Diskriminierung zu berücksichtigen seien, und schließlich wird bemängelt, dass der Gesetzgeber die in Art 3 Abs 4 litb der Richtlinie 96/26/EG vorgesehene Befreiung von der Prüfung nach Art 3 Abs 4 lita der Richtlinie 96/26/EG nicht umgesetzt habe.

2.2. Dem Gesetzgeber steht es nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes frei, die Ausübung von bestimmten Gewerben in Sondergesetzen außerhalb der Gewerbeordnung zu regeln, soweit die dabei gewählten Systeme in sich sachlich sind. Das gilt auch für das Gelegenheitsverkehrsgesetz (VfSlg. 17.207/2004). Aufgrund der Besonderheit der in diesem Gesetz geregelten Gewerbe ist es insbesondere, wie der Verfassungsgerichtshof im genannten Erkenntnis zum Ausdruck gebracht hat, nicht unsachlich, wenn in § 5 GelverkG besondere Bestimmungen auch in Bezug auf die Voraussetzungen für die Konzessionserteilung getroffen werden.

2.3. Im Erkenntnis , betreffend die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "§§18 und 19 GewO sind nicht anzuwenden" in § 5 Abs 4 GütbefG hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Gesetzgeber, wenn er von der Ermächtigung des Art 3 Abs 4 litb der Richtlinie 96/26/EG Gebrauch macht und eine Befreiung von der Befähigungsprüfung bei praktischer Berufserfahrung nicht vorsieht, weder gemeinschaftsrechtswidrig noch - im Hinblick auf das aus den Art 6 Abs 1 und 18 StGG ableitbare Gebot der Berücksichtigung gleichwertiger Ausbildungsgänge - verfassungswidrig handelt. Er führte aus, dass der Gesetzgeber - angesichts der Tatsache, dass die Richtlinie die Befreiung von der Prüfung nach Art 4 Abs 3 lita der Richtlinie 96/26/EG in das Ermessen der Mitgliedstaaten stelle, sie aber gleichzeitig verpflichte, eine allfällige Befreiung von der Ablegung einer Kontrollprüfung abhängig zu machen - gemeinschaftsrechtlich davon Abstand nehmen durfte, die Befreiung auszusprechen, ohne innerstaatlich gegen das aus den Art 6 Abs 1 und 18 StGG ableitbare Gebot der Berücksichtigung gleichwertiger Ausbildungsgänge (vgl. insb. VfSlg. 12.578/1990, 13.094/1992, 16.734/2002) zu verstoßen. Dieses Gebot verlange es zwar, dass der Gesetzgeber sachlich gleichwertige Ausbildungsalternativen ohne Diskriminierung berücksichtige, wenn diese evidentermaßen - insbesondere auch durch deren Anerkennung durch den Gesetzgeber - vorhanden seien (vgl. VfSlg. 13.094/1992); der Gesetzgeber überschreite jedoch nicht seinen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit von Ausbildungsalternativen, wenn er bei Vorliegen (bloß) praktischer Erfahrungen in einem bestimmten Beruf das Erreichen des Ausbildungszieles nicht in gleicher Weise als nachgewiesen erachte wie bei Ablegung einer Prüfung und daher die Ablegung dieser Prüfung in jedem Fall als Voraussetzung für den Berufszugang festlege. Das verfassungsrechtliche Gebot der Berücksichtigung gleichwertiger Ausbildungsgänge verlange daher auch nicht, dass der Gesetzgeber bei Vorliegen entsprechender praktischer Erfahrungen eine Nachsicht von der Ablegung der Regelprüfung festlegen und den Berufszugang unter Ablegung einer (bloßen) Zusatzprüfung ermöglichen müsse. Verfassungsrechtlich sei der Gesetzgeber zwar nicht daran gehindert, eine solche Regelung zu treffen, geboten sei sie jedoch nicht.

2.4. Diese Überlegungen gelten ohne Einschränkung auch für die verfassungsrechtliche Beurteilung der angefochtenen Wortfolge in § 5 Abs 5 GelverkG. Sie erweist sich sohin ebenfalls als verfassungskonform.

Die vom UVS NÖ vorgebrachten Bedenken treffen nicht zu, weshalb der Antrag als unbegründet abzuweisen war.

3. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.