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VfGH vom 10.10.2003, g222/02

VfGH vom 10.10.2003, g222/02

Sammlungsnummer

17023

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit der Hauptverbandsreform wegen Widerspruchs der Bestimmungen über die Zusammensetzung des Verwaltungsrates und der Geschäftsführung zu den Grundsätzen der Selbstverwaltung hinsichtlich der Vertretung der Sozialversicherungsträger, der demokratischen Legitimation und der Weisungsungebundenheit; Unsachlichkeit der Unvereinbarkeitsbestimmung für leitende Gewerkschaftsfunktionäre; Zulässigkeit der Gesetzesprüfungsverfahren infolge Eingriffs in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers des einen Anlassverfahrens durch einen Bescheid betreffend Enthebung aus dem Verwaltungsrat wegen Unvereinbarkeit; Präjudizialität auch der Organisationsvorschriften des Verwaltungsrates und der Geschäftsführung; Legitimation zur Stellung eines Individualantrags auch hinsichtlich der antragstellenden Gesellschaft für den Vertrieb von Arzneimitteln gegeben infolge Streichung einer Arzneispezialität aus dem Heilmittelverzeichnis durch die Geschäftsführung des Hauptverbandes

Spruch

I. 1. Im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, in der Fassung des Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (58. Novelle zum ASVG), BGBl. I Nr. 99/2001, Z 86h, werden die §§441c und 442b zur Gänze sowie in § 441e Abs 2 die Wortfolge "ebenso wie die leitenden Funktionäre kollektivvertragsfähiger Körperschaften und Vereine, auch wenn sie die Kollektivvertragsfähigkeit in fremdem Namen ausüben," als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

2. Die §§441b Abs 1 und 442a ASVG in der Fassung des Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (58. Novelle zum ASVG), BGBl. I Nr. 99/2001, Z 86h, waren verfassungswidrig.

3. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Im Übrigen wird das zu G222/02 geführte Gesetzesprüfungsverfahren eingestellt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer des zu B1492/01 geführten Verfahrens ist Vorsitzender der Eisenbahnergewerkschaft. Mit Schreiben vom teilte die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte dem (damals zuständigen) Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen mit, den Beschwerdeführer als Mitglied in den Verwaltungsrat des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (im Folgenden kurz: Hauptverband) entsandt zu haben.

1.1. Mit Bescheid dieses Bundesministers vom wurde der Beschwerdeführer "wegen Vorliegens einer Unvereinbarkeit gemäß § 441e Abs 2 ASVG" - "in Anwendung des § 423 Abs 1 Z 1 [ASVG]" - von seinem Amt als Mitglied des Verwaltungsrates "mit sofortiger Wirkung" enthoben.

1.2. Aus Anlass der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof am , von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der §§441b und 442a, des § 441c Abs 1 zweiter Satz sowie des § 441e Abs 1 bis 3 ASVG, jeweils idF des Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (58. Novelle zum ASVG), BGBl. I Nr. 99/2001, einzuleiten. Die genannten Bestimmungen haben im Wesentlichen Bestellung und Wirkungskreis des Verwaltungsrates des Hauptverbandes zum Gegenstand.

2. Die im Verfahren zu V5/02 antragstellende Gesellschaft mbH vertreibt als Arzneispezialitäten zugelassene Ginkgo-Präparate, die vor Jahren in das Heilmittelverzeichnis des Hauptverbandes (vgl. § 31 Abs 3 Z 12 ASVG) aufgenommen worden waren.

2.1. Am beschloss die Geschäftsführung des Hauptverbandes - nach Befassung des Kleinen sowie des Großen Fachbeirates iS der vom Hauptverband erlassenen Verfahrensordnung -, die in Rede stehenden Ginkgo-Präparate mit aus dem Heilmittelverzeichnis zu streichen. Die sich daraus ergebende

19. Änderung des Heilmittelverzeichnisses wurde - nach Beurkundung des gesetzmäßigen Zustandekommens durch den (damals zuständigen) Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen - in der Fachzeitschrift "Soziale Sicherheit", Heft 12/2001, Amtliche Verlautbarung Nr. 160/2001, kundgemacht.

2.2. Die antragstellende Gesellschaft beantragt, diese (von ihr als Verordnung iS des Art 139 B-VG qualifizierte) Änderung des Heilmittelverzeichnisses als gesetzwidrig aufzuheben.

2.3. Aus Anlass dieses Verfahrens beschloss der Verfassungsgerichtshof am , die §§441c und 442b ASVG, jeweils idF der 58. Novelle, von Amts wegen einem Gesetzesprüfungsverfahren zu unterziehen. Die in Prüfung genommenen Bestimmungen regeln die Bestellung und den Aufgabenkreis der Geschäftsführung des Hauptverbandes.

II. Die seit dem Jahre 1955 in Geltung gestandenen Bestimmungen über die Organisation des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger ergeben folgendes Bild:

1. Gemäß § 31 Abs 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, werden die in den §§23-25 ASVG bezeichneten Sozialversicherungsträger (diese sind: die Gebietskrankenkassen, die Betriebskrankenkassen, die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen, die Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt sowie die Pensionsversicherungsanstalt) sowie die Träger der in § 2 Abs 2 ASVG bezeichneten Sonderversicherungen (diese sind: die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, die Sozialversicherungsanstalt der Bauern sowie die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates) zum Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zusammengefasst, dem ebenso wie den Versicherungsträgern Rechtspersönlichkeit zukommt (§32 Abs 1 ASVG).

§ 31 Abs 2 ASVG umschreibt den Wirkungskreis des Hauptverbandes allgemein wie folgt:

"1. die Wahrnehmung der allgemeinen und gesamtwirtschaftlichen Interessen im Vollzugsbereich der Sozialversicherung,

2. die zentrale Erbringung von Dienstleistungen für die Sozialversicherungsträger,

3. die Erstellung von Richtlinien zur Förderung oder Sicherstellung der gesamtwirtschaftlichen Tragfähigkeit, der Zweckmäßigkeit und der Einheitlichkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger".

2. Die Stammfassung des ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, hatte den inneren Aufbau des Hauptverbandes wie folgt geregelt:

Als Verwaltungskörper des Hauptverbandes bestanden die Hauptversammlung, der Vorstand, der Überwachungsausschuss und die Sektionsausschüsse (§433 Abs 1 ASVG aF).

2.1. Die Hauptversammlung setzte sich zu zwei Dritteln aus Vertretern der Dienstnehmer und zu einem Drittel aus Vertreter der Dienstgeber zusammen, und zwar aus Vertretern aller im Hauptverband zusammengefassten Versicherungsträger. Sie waren von den Vorständen der Sozialversicherungsträger aus ihrer Mitte oder aus der Mitte der Mitglieder der Hauptversammlung des jeweiligen Versicherungsträgers zu wählen. Die Zahl der Mitglieder der Hauptversammlung war durch die Satzung zu bestimmen (§433 Abs 2 iVm Abs 6 ASVG aF).

Die Hauptversammlung hatte jährlich mindestens einmal zusammenzutreten; sie hatte über den Jahresvoranschlag, den Rechnungsabschluss, allfällige Zuweisungen an den Unterstützungsfonds und über die Satzung zu beschließen sowie über die Verfolgung von Ansprüchen gegen Mitglieder eines Verwaltungskörpers zu entscheiden (§435 Abs 1 ASVG aF).

2.2. Der Vorstand bestand aus dem Präsidenten sowie den beiden Vizepräsidenten des Hauptverbandes, den Vorsitzenden der vier Sektionsausschüsse, dem Vorsitzenden des Überwachungsausschusses und aus fünf weiteren von der Hauptversammlung aus ihrer Mitte zu wählenden Mitgliedern, von denen zwei Mitglieder der Gruppe der Dienstnehmer und drei Mitglieder der Gruppe der Dienstgeber anzugehören hatten (§433 Abs 3 iVm Abs 6 ASVG aF).

Der Präsident und beide Vizepräsidenten waren vom Bundesminister für soziale Verwaltung - nach Anhören der für das Bundesgebiet eingerichteten öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen - zu ernennen. Der Präsident brauchte weder als Dienstgeber noch als Versicherter einem Versicherungsträger anzugehören; sein erster Stellvertreter war der Gruppe der Dienstnehmer, sein zweiter Stellvertreter der Gruppe der Dienstgeber zu entnehmen (§434 Abs 1 ASVG aF).

Der Vorstand hatte jene Geschäfte zu besorgen, die nicht durch Gesetz oder Satzung anderen Verwaltungskörpern zugewiesen waren. Bestimmte laufende Angelegenheiten konnte er dem Büro des Hauptverbandes übertragen (§436 Abs 1 ASVG aF).

2.3. Der Überwachungsausschuss wurde aus vier Dienstnehmervertretern und aus sieben Dienstgebervertretern (s. im einzelnen § 433 Abs 4 ASVG aF) gebildet, die aus der Mitte der Mitglieder der Überwachungsausschüsse der Versicherungsträger zu wählen waren.

2.4. Die - für jeden Versicherungszweig errichteten - Sektionsausschüsse bestanden aus Vertretern der Dienstnehmer und der Dienstgeber (s. im einzelnen § 433 Abs 5 ASVG aF).

3. Mit der 52. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 20/1994, wurden die Bestimmungen über die Organisation (der Versicherungsträger und) des Hauptverbandes wesentlich verändert.

Zusammensetzung und Aufgaben der Verwaltungskörper des Hauptverbandes wurden in einem neu eingefügten Abschnitt IVa des Achten Teiles des ASVG (§§441 ff ASVG aF) geregelt. Als Verwaltungskörper des Hauptverbandes wurden eingerichtet: die Verbandskonferenz, der Verbandsvorstand, das Verbandspräsidium sowie die Kontrollversammlung. Nach den Erläuterungen zur RV (1375 BlgNR XVIII. GP, 29 ff) verfolgte der Gesetzgeber damit ganz allgemein das Ziel einer "Steigerung der Effizienz und der Versichertennähe bei der Vollziehung der Sozialversicherung unter Nutzung moderner Kommunikationssysteme und Managementmethoden", bezogen auf den Hauptverband insbesondere das Ziel der "Steigerung der Effizienz bei der Wahrnehmung gemeinsamer Anliegen der gesamten Sozialversicherung" (aaO, 29). Es sollte "das bisher da und dort aufgetauchte Identifikationsproblem Versicherungsträger - Hauptverband ... durch die nunmehrige Organisation der Verbandskonferenz, insbesondere bei der Abwicklung ihrer Geschäfte, beseitigt werden" (aaO, 35).

3.1. Die Verbandskonferenz setzte sich nunmehr zusammen aus:

den Obmännern der in § 427 Abs 1 Z 1-6 ASVG genannten, im Hauptverband zusammengeschlossenen Versicherungsträger (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter,

Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen,

Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, Gebietskrankenkassen), dem Obmann der nach der Versichertenzahl größten Betriebskrankenkasse, dem Obmann der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, dem Obmann der Sozialversicherungsanstalt der Bauern sowie dem Obmann der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter; überdies - aus der Gruppe der Dienstgeber - aus den Obmann-Stellvertretern der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, einer Gebietskrankenkasse und der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen; schließlich - aus der Gruppe der Dienstnehmer - aus dem Obmann-Stellvertreter der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, weiters einem Obmann-Stellvertreter der Sozialversicherungsanstalt der Bauern sowie dem Verbandspräsidium. Damit wurde im Wesentlichen eine Personalunion zwischen den Mitgliedern der Verbandskonferenz und den Mitgliedern der leitenden Organe der im Hauptverband zusammengefassten Sozialversicherungsträger herbeigeführt.

Der Verbandskonferenz oblag nach § 442a Abs 2 ASVG aF die Beschlussfassung über den Jahresvoranschlag, den Rechnungsabschluss sowie die Satzung des Hauptverbandes, über den Abschluss von Gesamtverträgen, über die Erstellung von Richtlinien zur Regelung der dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Verhältnisse der Bediensteten der Versicherungsträger, über die in § 31 Abs 5 bezeichneten Richtlinien (auf Antrag des Verbandspräsidiums - s. § 442b ASVG aF), schließlich über die Mustersatzung, die Musterkrankenordnung und die Mustergeschäftsordnung. Hiezu hatte die Verbandskonferenz vierteljährlich mindestens einmal beim Hauptverband zusammenzutreten (§442a Abs 1 ASVG aF).

3.2. Der Verbandsvorstand bestand aus sieben von der Verbandskonferenz aus ihrer Mitte zu wählenden Mitgliedern, von denen vier der Gruppe der Dienstnehmer angehören, sowie aus dem Verbandspräsidium (§441 Abs 4 ASVG aF). Er hatte die Geschäfte des Hauptverbandes zu führen, soweit sie nicht einem anderen Verwaltungskörper zugewiesen waren, und den Hauptverband nach außen zu vertreten (§442c Abs 1 ASVG aF).

Bestimmte laufende Angelegenheiten durften dem Büro des Hauptverbandes übertragen werden (§442c Abs 1 ASVG aF). Die Geschäftsordnung des Verbandsvorstandes hatte diese Angelegenheiten zu bezeichnen (vgl. § 456a Abs 3 ASVG aF).

3.3. Das Verbandspräsidium wurde vom Präsidenten sowie den beiden Vizepräsidenten des Hauptverbandes gebildet (§441 Abs 5 ASVG aF); diese waren vom Bundesminister für Arbeit und Soziales nach Anhören der Bundesarbeitskammer, der Wirtschaftskammer Österreich sowie der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs zu ernennen. Der Präsident und sein erster Stellvertreter waren der Gruppe der Dienstnehmer, sein zweiter Stellvertreter war der Gruppe der Dienstgeber zu entnehmen. Die Mitglieder des Verbandspräsidiums hatten einem der dem Hauptverband angeschlossenen Versicherungsträger als Versicherungsvertreter anzugehören (§442 Abs 1 ASVG aF).

3.4. Die Kontrollversammlung setzte sich aus elf Versicherungsvertretern zusammen, von denen vier der Gruppe der Dienstnehmer und sieben der Gruppe der Dienstgeber anzugehören hatten (s. im einzelnen § 441 Abs 6 ASVG aF) und die von den Kontrollversammlungen der in § 441 Abs 6 ASVG aF bezeichneten Versicherungsträger aus ihrer Mitte zu wählen waren (§441 Abs 7 ASVG aF).

Die Kontrollversammlung hatte die "gesamte Gebarung" des Hauptverbandes "ständig" zu überwachen (§442d Abs 1 iVm § 436 Abs 1 ASVG aF); in bestimmten Angelegenheiten bedurften Beschlüsse der Verbandskonferenz (des Verbandsvorstandes) zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Kontrollversammlung (s. im einzelnen § 442d Abs 2 ASVG aF, es handelte sich insbesondere um Verfügungen über Vermögen).

3.5. Die Verbandskonferenz als oberstes Organ des

Hauptverbandes hatte somit - ähnlich wie die Hauptversammlung nach

den Vorschriften des ASVG in seiner Stammfassung - wichtige

Angelegenheiten zu besorgen, nämlich die Beschlussfassung über den

Jahresvoranschlag und den Rechnungsabschluss des Hauptverbandes, den

Abschluss von Gesamtverträgen, die Beschlussfassung über das

Dienstrecht der Bediensteten der Sozialversicherungsträger, aber auch

die Erlassung der Satzung, der Mustersatzung, der

Musterkrankenordnung und anderer Richtlinien mit

Verordnungscharakter. Der Verbandskonferenz war (so § 442a Abs 5 ASVG

aF) "zur administrativen Unterstützung ... eine Konferenz der

leitenden Angestellten ... der in der Verbandskonferenz vertretenen

Versicherungsträger und des Hauptverbandes sowie der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates" beigegeben.

Angelegenheiten der laufenden Geschäftsführung fielen in die Kompetenz des Verbandsvorstandes (mit Delegationsmöglichkeit hinsichtlich bestimmter laufender Angelegenheiten an das "Büro" des Hauptverbandes - § 442c Abs 1 ASVG aF). Dazu gehörte - wie schon in § 460 in der Stammfassung angeordnet - auch der Abschluss von Arbeitsverträgen mit Bediensteten (§460 Abs 1 ASVG); diese waren dem Vorstand dienstlich unterstellt (§460 Abs 3 ASVG). Allein die Bestellung sowie die Entlassung des leitenden Angestellten bedurften der vorherigen Zustimmung des (damals zuständigen) Bundesministers für Arbeit und Soziales.

3.6. Mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 (SRÄG 2000), BGBl. I Nr. 92/2000, wurde beim Hauptverband zudem eine Controllinggruppe eingerichtet (s. dazu § 32b ASVG idF SRÄG 2000).

4.1. Mit der 58. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 99/2001, Z 86h, wurde der die Bestellung sowie den Wirkungskreis der Verwaltungskörper des Hauptverbandes regelnde Abschnitt IVa des Achten Teiles des ASVG von neuem geändert.

Dieser Abschnitt lautete nunmehr samt Überschriften - auszugsweise - wie folgt:

"ABSCHNITT IVa

Verwaltungskörper des Hauptverbandes

Arten der Verwaltungskörper

§ 441. Die Verwaltungskörper des Hauptverbandes sind:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
die Hauptversammlung,
2.
der Verwaltungsrat,
3.
die Geschäftsführung,
4.
die Controllinggruppe und
5.
das Sozial- und Gesundheitsforum Österreich.

Hauptversammlung

§441a. (1) Die Hauptversammlung besteht aus den Obmännern und je einem Obmann-Stellvertreter der in § 427 Abs 1 Z 1 bis 6 genannten Versicherungsträger, aus dem Obmann und je einem Obmann-Stellvertreter der nach der Versichertenzahl größten Betriebskrankenkasse, dem Obmann und je einem Obmann-Stellvertreter der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, dem Obmann und je einem Obmann-Stellvertreter der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, dem Obmann und je einem Obmann-Stellvertreter der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter und dem Obmann und je einem Obmann-Stellvertreter der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates. Bei der Zusammensetzung der Hauptversammlung ist darauf zu achten, dass entweder der Obmann oder der Obmann-Stellvertreter eines entsendenden Versicherungsträgers der Dienstnehmerkurie und der zweite Vertreter des entsendenden Versicherungsträgers der Dienstgeberkurie angehört. Für jeden Obmann bzw. Obmann-Stellvertreter ist vom Vorstand des jeweiligen Versicherungsträgers ein Stellvertreter zu entsenden, der von derselben Kurie der Versicherungsvertreter im Vorstand wie der zu Vertretende zu wählen ist.

(2) Die Hauptversammlung ist beschlussfähig, wenn zumindest die Hälfte ihrer Mitglieder anwesend ist. Ein gültiger Beschluss bedarf der Zustimmung der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen.

(3) Die Hauptversammlung wählt aus ihrer Mitte für eine Funktionsdauer von vier Jahren einen Vorsitzenden und zwei Stellvertreter, denen die Vertretung der Hauptversammlung gegenüber den anderen Verwaltungskörpern des Hauptverbandes, gegenüber den Versicherungsträgern und nach außen obliegt. Eine Wiederwahl ist zulässig. Der Vorsitzende hat insbesondere für die rechtzeitige Einberufung der Hauptversammlung Sorge zu tragen, die Hauptversammlung zu leiten und die Sitzungspolizei wahrzunehmen. Die näheren Bestimmungen sind in einer von der Hauptversammlung zu beschließenden 'Geschäftsordnung der Hauptversammlung' (§456a) zu treffen.

Verwaltungsrat

§441b. (1) Der Verwaltungsrat besteht aus 14 Mitgliedern, die auf vier Jahre entsendet werden. Wiederholte Entsendungen sind zulässig. Je sechs Mitglieder werden von der Wirtschaftskammer Österreich aus dem Kreis der Versicherungsvertreter der Dienstgeber und von der Bundesarbeitskammer aus dem Kreis der Versicherungsvertreter der Dienstnehmer entsendet, wobei neben der fachlichen Eignung der Versicherungsvertreter insbesondere darauf Bedacht zu nehmen ist, dass im Verwaltungsrat ein repräsentativer Querschnitt möglichst aller Dienstnehmer- und Dienstgebergruppen vertreten ist. Je ein Mitglied ist von der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs und von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst zu entsenden. Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu entsenden, das derselben Gruppe wie der zu Vertretende anzugehören hat. Die §§420 Abs 4 bis 6, 422, 423 Abs 1 sowie Abs 3 bis 8 und 424 gelten sinngemäß. Werden keine Mitglieder entsendet, so hat der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen das Recht, für die betreffenden Funktionen Versicherungsvertreter zu bestellen, die so lange im Amt bleiben, bis das entsendende Organ sein Entsendungsrecht ausübt.

(2) Die Wirtschaftskammer Österreich und die Bundesarbeitskammer haben die Bestellung der von ihnen zu entsendenden Mitglieder nach der Summe der Mandate der einzelnen Fraktionen auf Grund der Wahlen zu den Fachgruppen und Fachvertretungen der Wirtschaftskammern bzw. nach der Summe der Mandate der einzelnen Fraktionen auf Grund der Wahlen in die satzungsgebenden Organe der Arbeiterkammern der Länder (Vollversammlungen) auf Vorschlag der jeweils wahlwerbenden Gruppen nach dem System d'Hondt vorzunehmen, wobei jedoch jeweils die drei stimmenstärksten Fraktionen mit zumindest je einem Mitglied im Verwaltungsrat vertreten sein müssen. Die Wahlzahl ist ungerundet zu errechnen. Haben nach dieser Berechnung mehrere Stellen den gleichen Anspruch auf ein Mitglied im Verwaltungsrat, so entscheidet das Los.

(3) Der Verwaltungsrat ist beschlussfähig, wenn zumindest die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist. Ein gültiger Beschluss bedarf - sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist - der Zustimmung der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen.

(4) Der Verwaltungsrat wählt aus seiner Mitte für die Dauer seiner Funktionsperiode mit der Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen ein Präsidium, das aus einem Präsidenten und einem Vizepräsidenten besteht. Bei der Wahl ist darauf Bedacht zu nehmen, dass sowohl die Dienstgeberkurie als auch die Dienstnehmerkurie im Präsidium vertreten ist. Nach Ablauf jeweils eines Jahres folgt der Vizepräsident dem Präsidenten ins Amt nach; der Präsident übernimmt gleichzeitig das Amt des Vizepräsidenten.

(5) Jene Fraktionen (Abs2), die zwar im Verwaltungsrat, nicht aber im Präsidium vertreten sind, dürfen jeweils ein beratendes Mitglied ins Präsidium kooptieren. Diese beratenden Mitglieder haben die gleichen Informations-, Rede- und - mit Ausnahme des Stimmrechtes - Teilnahmerechte wie Präsident und Vizepräsident.

(6) Dem Präsidenten obliegt die Vertretung des Verwaltungsrates gegenüber den anderen Verwaltungskörpern des Hauptverbandes, gegenüber den Versicherungsträgern und nach außen. Er hat insbesondere für die rechtzeitige Einberufung des Verwaltungsrates Sorge zu tragen, die Sitzungen des Verwaltungsrates zu leiten und die Sitzungspolizei wahrzunehmen. Die näheren Bestimmungen sind in einer vom Verwaltungsrat zu beschließenden 'Geschäftsordnung des Verwaltungsrates' (§456a) zu treffen.

(7) Dem Verwaltungsrat gehören weiters ein Vertreter des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen sowie ein Vertreter des Bundesministers für Finanzen an. Diese dürfen zwar an den Sitzungen des Verwaltungsrates in beratender Funktion teilnehmen und sind zu hören; bei Abstimmungen kommt ihnen aber kein Stimmrecht zu. Gegen Beschlüsse des Verwaltungsrates kann der Vertreter des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen wegen Rechtswidrigkeit oder Unzweckmäßigkeit schriftlich Einspruch erheben; gegen Beschlüsse des Verwaltungsrates, welche die finanziellen Interessen des Bundes berühren, kann der Vertreter des Bundesministers für Finanzen schriftlich Einspruch erheben. Langt ein solcher Einspruch innerhalb von längstens fünf Werktagen nach erweislicher Bekanntgabe des Beschlusses gegenüber dem zuständigen Vertreter schriftlich beim Verwaltungsrat ein, so kommt ihm aufschiebende Wirkung zu. Der Verwaltungsrat kann aber beschließen, die Angelegenheit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen zur endgültigen Entscheidung vorzulegen (Vorlagebeschluss). Wurde der Einspruch vom Vertreter des Bundesministers für Finanzen erhoben, so hat der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen im Falle eines Vorlagebeschlusses des Verwaltungsrates die endgültige Entscheidung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu treffen. Endgültige Entscheidungen haben durch Bescheid zu erfolgen.

Geschäftsführung

§441c. (1) Die Geschäftsführung besteht aus einem Sprecher der Geschäftsführung und zwei bis vier zusätzlichen Mitgliedern. Sie wird vom Verwaltungsrat im Wege einer öffentlichen Stellenausschreibung für eine Funktionsperiode von vier Jahren bestellt; die Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes, BGBl. I Nr. 26/1998, sind anzuwenden. Wiederbestellungen sind zulässig.

(2) Die Geschäftsführer treffen ihre Entscheidungen nach dem Mehrstimmigkeitsprinzip gemeinsam. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Sprechers der Geschäftsführung den Ausschlag. § 424 gilt sinngemäß.

(3) Die näheren Bestimmungen, insbesondere hinsichtlich der internen Aufgabenverteilung zwischen den einzelnen Geschäftsführern, sind in einer vom Verwaltungsrat zu beschließenden 'Geschäftsordnung der Geschäftsführung' (§456a) zu treffen.

(4) Vor Ablauf der Funktionsperiode können Geschäftsführer abberufen werden, wenn dies der Verwaltungsrat mit einer qualifizierten Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen gültigen Stimmen beschließt.

Sozial- und Gesundheitsforum Österreich

§ 441d. [...]

Unvereinbarkeit

§ 441e. (1) Für die Dauer der Ausübung einer Funktion im

Verwaltungsrat, in der Geschäftsführung oder in der Controllinggruppe des Hauptverbandes ruht eine allfällige Funktion als Versicherungsvertreter in einem Versicherungsträger.

(2) Die Obmänner und Obmann-Stellvertreter der dem Hauptverband angehörenden Versicherungsträger sind ebenso wie die leitenden Funktionäre kollektivvertragsfähiger Körperschaften und Vereine, auch wenn sie die Kollektivvertragsfähigkeit in fremdem Namen ausüben, von einer Bestellung zum Mitglied des Verwaltungsrates oder zum Mitglied der Geschäftsführung oder zum Mitglied der Controllinggruppe ausgeschlossen.

(3) Kein Mitglied eines Verwaltungskörpers des Hauptverbandes darf gleichzeitig einem anderen Verwaltungskörper des Hauptverbandes als stimmberechtigtes Mitglied angehören.

(4) Mitglieder des Nationalrates, des Bundesrates, eines Landtages, der Bundesregierung, einer Landesregierung oder Arbeitnehmer einer politischen Partei dürfen nicht Mitglieder des Verwaltungsrates, der Geschäftsführung oder der Controllinggruppe sein.

(5) Die Geschäftsführer sind hauptamtlich tätig. In begründeten Ausnahmefällen kann der Verwaltungsrat seine Zustimmung zu nebenberuflichen Tätigkeiten geben.

Aufgaben der Hauptversammlung

§442. (1) Die Hauptversammlung hat mindestens einmal im Jahr beim Hauptverband oder bei einem nach § 441 Abs 2 in Betracht kommenden Versicherungsträger zusammenzutreten.

(2) Der Hauptversammlung obliegt

1. die Genehmigung der Satzung, der Mustersatzung nach § 455 Abs 2, der Musterkrankenordnung nach § 456 und der Mustergeschäftsordnung nach § 456a und deren Änderungen;

2. die Beschlussfassung eines Leitbildes für den Hauptverband;

3. die Beschlussfassung einer Geschäftsordnung der Hauptversammlung;

4. die Entscheidung über Anträge auf Verfolgung von Ansprüchen, die dem Hauptverband gegen Mitglieder der Verwaltungskörper aus deren Amtsführung erwachsen, und die Bestellung der zur Verfolgung dieser Ansprüche Beauftragten;

5. die Beschlussfassung über den aus dem Rechnungsabschluss und den statistischen Nachweisungen bestehenden Jahresbericht des Hauptverbandes und der bei ihm errichteten Fonds.

Aufgaben des Verwaltungsrates

§442a. (1) Der Verwaltungsrat hat mindestens einmal im Vierteljahr beim Hauptverband zusammenzutreten. Das Präsidium des Verwaltungsrates tagt in Permanenz.

(2) Dem Verwaltungsrat allein obliegt

1. die Beschlussfassung über den von der Geschäftsführung vorgelegten Jahresvoranschlag (Haushaltsplan einschließlich eines Investitionsplanes); dieser ist dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen zur Kenntnis zu bringen;

2. die ständige Überwachung der gesamten Gebarung des Hauptverbandes, insbesondere die Überprüfung der Buch- und Kassenführung und des Rechnungsabschlusses, und die Berichterstattung über die diesbezüglichen Wahrnehmungen gegenüber der Hauptversammlung;

3. die Genehmigung des Rechnungsabschlusses und die Entlastung der Geschäftsführung; diese ist dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen zur Kenntnis zu bringen;

4. die Stellung eines Antrags auf Verfolgung von Ansprüchen gegen Mitglieder der Geschäftsführung in der Hauptversammlung;

5. die Stellung eines Antrags auf Genehmigung der Satzung, der Mustersatzung nach § 455 Abs 2, der Musterkrankenordnung nach § 456 und der Mustergeschäftsordnung nach § 456a und deren Änderungen an die Hauptversammlung;

6. die Beschlussfassung einer Geschäftsordnung des Verwaltungsrates;

7. die Beschlussfassung einer Geschäftsordnung der Geschäftsführung;

8. bei qualifizierter Untätigkeit der Geschäftsführung die Vornahme jener Geschäftsführungstätigkeiten, die vorgenommen werden müssen, um drohende Schäden von Hauptverband, Versicherungsträgern bzw. Versicherten abzuwenden. Solche Beschlüsse sind dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen unverzüglich zur Kenntnis zu bringen.

(3) In folgenden Angelegenheiten bedürfen Beschlüsse der Geschäftsführung zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Verwaltungsrates:

1. dauernde Veranlagung von Vermögensbeständen, soweit sie nicht unter Z 2 fallen;

2. Beschlussfassung über Veränderungen im Bestand von Liegenschaften, insbesondere über die Erwerbung, Belastung oder Veräußerung von Liegenschaften, ferner über die Errichtung oder Erweiterung von Gebäuden; das Gleiche gilt bei der Schaffung von Einrichtungen, die Zwecken der Verwaltung dienen sollen, in eigenen oder fremden Gebäuden; Erhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten oder die Erneuerung des Inventars bedürfen nicht der Zustimmung des Verwaltungsrates, sofern sie nicht mit diesen Vorhaben in einem ursächlichen Zusammenhang stehen;

3. Beteiligung an fremden Einrichtungen nach den §§23 Abs 6, 24 Abs 2 und 25 Abs 2;

4. Beschlussfassung über Angelegenheiten nach § 31 Abs 3 Z 9 sowie Abs 5 Z 1, 2 und 13;

5. Beschlussfassung über Angelegenheiten nach § 31 Abs 3 Z 11;

6. Beschlussfassung über Zuwendungen aus dem Ausgleichsfonds an beitragspflichtige Krankenversicherungsträger nach § 447c;

7. Beschlussfassung betreffend Überschreitungen des Jahresvoranschlages;

8. Übernahme von Haftungen oder Beteiligung an Unternehmen.

(4) Die Geschäftsführung ist verpflichtet, dem Verwaltungsrat alle Aufklärungen zu geben und alle Belege und Behelfe vorzulegen, die dieser zur Ausübung seiner Tätigkeit benötigt.

(5) Die Mitglieder des Verwaltungsrates sind berechtigt, an den Sitzungen der Hauptversammlung mit beratender Stimme teilzunehmen. Die Mitglieder des Verwaltungsrates sind deshalb von jeder Sitzung der Hauptversammlung ebenso in Kenntnis zu setzen wie deren Mitglieder; in gleicher Weise sind sie auch mit den den Mitgliedern der Hauptversammlung etwa zur Verfügung gestellten Behelfen (Tagesordnung, Ausweise, Berichte und andere Behelfe) zu beteilen.

(6) Auf Begehren der Geschäftsführung hat der Verwaltungsrat seine Anträge samt deren Begründung der Geschäftsführung auch schriftlich ausgefertigt zu übergeben. Der Verwaltungsrat ist berechtigt, seine Ausführungen binnen drei Tagen nach der durch die Geschäftsführung erfolgten Beschlussfassung zu ergänzen. Handelt es sich um Beschlüsse der Geschäftsführung, die zu ihrem Vollzug der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedürfen, so hat sie dem Ansuchen um Erteilung dieser Genehmigung die Ausführungen des Verwaltungsrates beizuschließen.

(7) Der Verwaltungsrat kann mit Zweidrittelmehrheit die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung beschließen. Der Vorsitzende der Hauptversammlung ist verpflichtet, einen solchen Beschluss des Verwaltungsrates ohne Verzug zu vollziehen.

(8) Beschließt die Hauptversammlung ungeachtet eines Antrages des Verwaltungsrates auf Verfolgung von Ansprüchen gegen Mitglieder der Geschäftsführung, von einer Verfolgung abzusehen, so hat der Verwaltungsrat hievon die Aufsichtsbehörde in Kenntnis zu setzen. Diese kann in einem solchen Fall auf Antrag des Verwaltungsrates dessen Präsidenten beauftragen, die Verfolgung namens des Hauptverbandes einzuleiten.

(9) Der Verwaltungsrat kann abweichend von § 442b Abs 1 in besonders begründeten Fällen nach vorheriger Befassung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen beschließen, dass bestimmte Aufgaben des Hauptverbandes von ihm selbst wahrgenommen werden oder seiner Genehmigung bedürfen.

Aufgaben der Geschäftsführung

§442b. (1) Der Geschäftsführung obliegt die Besorgung jener Aufgaben des Hauptverbandes, die nicht durch Gesetz ausdrücklich anderen Verwaltungskörpern zugewiesen sind. Die Geschäftsführung vertritt den Hauptverband nach außen.

(2) Ergibt sich die Notwendigkeit eines Beschlusses nach § 442a Abs 3 zu einem Zeitpunkt, in dem der Verwaltungsrat nicht zusammengetreten ist, und kann auf Grund der Dringlichkeit der Sache nicht bis zur nächsten ordentlichen Sitzung des Verwaltungsrates zugewartet werden, so hat das Präsidium den Verwaltungsrat auf Antrag der Geschäftsführung zu einer außerordentlichen Sitzung einzuberufen.

Aufgaben des Sozial- und Gesundheitsforums Österreich

§ 442c. [...]

Teilnahme der Betriebsvertretungen an den Sitzungen der

Verwaltungskörper des Hauptverbandes

§ 442d. [...]"

4.2. Mit dem Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (60. Novelle zum ASVG), BGBl. I Nr. 140/2002, sind die §§442 und 442a ASVG in einzelnen Punkten geändert worden.

§ 442 Abs 2 ASVG idF der 60. Novelle lautet nunmehr (die Änderungen sind hervorgehoben):

"(2) Der Hauptversammlung obliegt

1. die Zustimmung zu Beschlüssen des Verwaltungsrates über die Satzung, die Mustersatzung nach § 455 Abs 2, die Musterkrankenordnung nach § 456 und die Mustergeschäftsordnung nach § 456a sowie über deren Änderungen;

1a. die Zustimmung zu Beschlüssen des Verwaltungsrates über die Richtlinien nach § 31 Abs 5 Z 34 sowie über deren Änderungen;

2. die Beschlussfassung eines Leitbildes für den Hauptverband;

3. die Beschlussfassung einer Geschäftsordnung der Hauptversammlung;

4. die Entscheidung über Anträge auf Verfolgung von Ansprüchen, die dem Hauptverband gegen Mitglieder der Verwaltungskörper aus deren Amtsführung erwachsen, und die Bestellung der zur Verfolgung dieser Ansprüche Beauftragten;

5. die Beschlussfassung über den aus dem Rechnungsabschluss und den statistischen Nachweisungen bestehenden Jahresbericht des Hauptverbandes und der bei ihm errichteten Fonds;

6. die Zustimmung zu Beschlüssen des Verwaltungsrates über die Höhe der jährlich zu erbringenden Zielerreichungs-Zuschüsse nach § 447c."

Z 1 und Z 1a sind am , Z 6 ist am in Kraft getreten (vgl. § 600 Abs 1 Z 1 bzw. Z 3 ASVG).

§ 442a Abs 2 ASVG idF der 60. Novelle lautet nunmehr (die Änderungen sind hervorgehoben):

"(2) Dem Verwaltungsrat allein obliegt

1. die Beschlussfassung über den von der Geschäftsführung vorgelegten Jahresvoranschlag (Haushaltsplan einschließlich eines Investitionsplanes); dieser ist dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen zur Kenntnis zu bringen;

2. die ständige Überwachung der gesamten Gebarung des Hauptverbandes, insbesondere die Überprüfung der Buch- und Kassenführung und des Rechnungsabschlusses, und die Berichterstattung über die diesbezüglichen Wahrnehmungen gegenüber der Hauptversammlung;

3. die Genehmigung des Rechnungsabschlusses und die Entlastung der Geschäftsführung; diese ist dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen zur Kenntnis zu bringen;

4. die Stellung eines Antrags auf Verfolgung von Ansprüchen gegen Mitglieder der Geschäftsführung in der Hauptversammlung;

5. die Beschlussfassung über die Satzung, die Mustersatzung nach § 455 Abs 2, die Musterkrankenordnung nach § 456 und die Mustergeschäftsordnung nach § 456a sowie über deren Änderungen;

5a. die Beschlussfassung über die Richtlinien nach § 31 Abs 5 Z 34 sowie über deren Änderungen;

6. die Beschlussfassung einer Geschäftsordnung des Verwaltungsrates;

7. die Beschlussfassung einer Geschäftsordnung der Geschäftsführung;

8. bei qualifizierter Untätigkeit der Geschäftsführung die Vornahme jener Geschäftsführungstätigkeiten, die vorgenommen werden müssen, um drohende Schäden von Hauptverband, Versicherungsträgern bzw. Versicherten abzuwenden. Solche Beschlüsse sind dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen unverzüglich zur Kenntnis zu bringen;

9. die Beschlussfassung über die Höhe der jährlich zu erbringenden Zielerreichungs-Zuschüsse nach § 447c.

(3) In folgenden Angelegenheiten bedürfen Beschlüsse der Geschäftsführung zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Verwaltungsrates:

1. dauernde Veranlagung von Vermögensbeständen, soweit sie nicht unter Z 2 fallen;

2. Beschlussfassung über Veränderungen im Bestand von Liegenschaften, insbesondere über die Erwerbung, Belastung oder Veräußerung von Liegenschaften, ferner über die Errichtung oder Erweiterung von Gebäuden; das Gleiche gilt bei der Schaffung von Einrichtungen, die Zwecken der Verwaltung dienen sollen, in eigenen oder fremden Gebäuden; Erhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten oder die Erneuerung des Inventars bedürfen nicht der Zustimmung des Verwaltungsrates, sofern sie nicht mit diesen Vorhaben in einem ursächlichen Zusammenhang stehen;

3. Beteiligung an fremden Einrichtungen nach den §§23 Abs 6, 24 Abs 2 und 25 Abs 2;

4. Beschlussfassung über Angelegenheiten nach § 31 Abs 3 Z 9 sowie Abs 5 Z 1, 2 und 13;

5. Beschlussfassung über Angelegenheiten nach § 31 Abs 3 Z 11;

6. Beschlussfassung über Angelegenheiten nach den §§447b und 447c;

7. Beschlussfassung betreffend Überschreitungen des Jahresvoranschlages;

8. Übernahme von Haftungen oder Beteiligung an Unternehmen."

Abs 2 Z 5 und 5a sind am , Abs 2 Z 9 sowie Abs 3 Z 6 sind am in Kraft getreten (vgl. § 600 Abs 1 Z 1 bzw. Z 3 ASVG).

Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der 60. Novelle zu Folge handelt es sich bei den Änderungen der §§442 Abs 2 Z 1 und 442a Abs 2 Z 5 bloß um eine "terminologische Klarstellung" (1183 BlgNR XXI. GP, zu den Z 52 und 55); die Änderungen der §§442 Abs 2 Z 5 und 6 und 442a Abs 2 Z 9 und Abs 3 Z 6 hängen mit dem "Strukturausgleich" der Krankenversicherungsträger (§447b ASVG) sowie mit der in § 447c ASVG vorgesehenen Möglichkeit zusammen, den zum Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger beitragspflichtigen Versicherungsträgern "Zielerreichungs-Zuschüsse" zu gewähren.

Die in den §§442 Abs 2 Z 1a und 442a Abs 2 Z 5a ASVG angesprochenen Richtlinien iS des § 31 Abs 5 Z 34 ASVG dienen der Vereinheitlichung der Vollzugspraxis der Versicherungsträger in Angelegenheiten des Melde-, Versicherungs- und Beitragswesens.

4.3. Mit Art 73 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, sind ua. die §§441b und 442a ASVG - rückwirkend mit (vgl. § 608 ASVG) - geändert worden.

§ 441b ASVG lautet seitdem wie folgt (die Änderungen sind hervorgehoben):

"Verwaltungsrat

§441b. (1) Der Verwaltungsrat besteht aus 14 Mitgliedern, die auf vier Jahre entsendet werden. Wiederholte Entsendungen sind zulässig. Je sechs Mitglieder werden von der Wirtschaftskammer Österreich aus dem Kreis der Versicherungsvertreter der Dienstgeber und von der Bundesarbeitskammer aus dem Kreis der Versicherungsvertreter der Dienstnehmer entsendet, wobei neben der fachlichen Eignung der Versicherungsvertreter insbesondere darauf Bedacht zu nehmen ist, dass im Verwaltungsrat ein repräsentativer Querschnitt möglichst aller Dienstnehmer- und Dienstgebergruppen vertreten ist. Je ein Mitglied ist von der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs und von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst zu entsenden. Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu entsenden, das derselben Gruppe wie der zu Vertretende anzugehören hat. Die §§420 Abs 4 bis 6, 422, 423 Abs 1 sowie Abs 3 bis 8 und 424 gelten sinngemäß. Werden keine Mitglieder entsendet, so hat der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen das Recht, für die betreffenden Funktionen Versicherungsvertreter zu bestellen, die so lange im Amt bleiben, bis das entsendende Organ sein Entsendungsrecht ausübt.

(2)-(6) [unverändert]

(7) Dem Verwaltungsrat gehören weiters ein Vertreter des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen, ein Vertreter der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen sowie ein Vertreter des Bundesministers für Finanzen an. Diese dürfen zwar an den Sitzungen des Verwaltungsrates in beratender Funktion teilnehmen und sind zu hören; bei Abstimmungen kommt ihnen aber kein Stimmrecht zu. Gegen Beschlüsse des Verwaltungsrates kann der Vertreter des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen bzw. der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wegen Rechtswidrigkeit oder Unzweckmäßigkeit schriftlich Einspruch erheben; gegen Beschlüsse des Verwaltungsrates, welche die finanziellen Interessen des Bundes berühren, kann der Vertreter des Bundesministers für Finanzen schriftlich Einspruch erheben. Langt ein solcher Einspruch innerhalb von längstens fünf Werktagen nach erweislicher Bekanntgabe des Beschlusses gegenüber dem zuständigen Vertreter schriftlich beim Verwaltungsrat ein, so kommt ihm aufschiebende Wirkung zu. Der Verwaltungsrat kann aber beschließen, die Angelegenheit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen zur endgültigen Entscheidung vorzulegen (Vorlagebeschluss); der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz hat im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zu entscheiden. Wurde der Einspruch vom Vertreter des Bundesministers für Finanzen erhoben, so hat der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen im Falle eines Vorlagebeschlusses des Verwaltungsrates die endgültige Entscheidung im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und mit dem Bundesminister für Finanzen zu treffen. Endgültige Entscheidungen haben durch Bescheid zu erfolgen."

§ 442a ASVG lautet idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003 wie folgt (die Änderungen sind hervorgehoben):

"(2) Dem Verwaltungsrat allein obliegt

1. die Beschlussfassung über den von der Geschäftsführung vorgelegten Jahresvoranschlag (Haushaltsplan einschließlich eines Investitionsplanes); dieser ist dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen und der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zur Kenntnis zu bringen;

2. [unverändert]

3. die Genehmigung des Rechnungsabschlusses und die Entlastung der Geschäftsführung; diese ist dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen und der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zur Kenntnis zu bringen;

4.-7. [unverändert]

8. bei qualifizierter Untätigkeit der Geschäftsführung die Vornahme jener Geschäftsführungstätigkeiten, die vorgenommen werden müssen, um drohende Schäden von Hauptverband, Versicherungsträgern bzw. Versicherten abzuwenden. Solche Beschlüsse sind dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen und der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen unverzüglich zur Kenntnis zu bringen;

9. [unverändert]

(3)-(8) [unverändert]

(9) Der Verwaltungsrat kann abweichend von § 442b Abs 1 in besonders begründeten Fällen nach vorheriger Befassung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen und der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen beschließen, dass bestimmte Aufgaben des Hauptverbandes von ihm selbst wahrgenommen werden oder seiner Genehmigung bedürfen."

Die soeben wiedergegebenen Änderungen sollen den Bestimmungen des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl. Nr. 76 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 17/2003, über den Wirkungskreis des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz sowie des (mit neu errichteten) Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen Rechnung tragen.

5. Die Neufassung des Abschnitts IVa des Achten Teiles des ASVG beruht auf einem in den Beratungen über die Regierungsvorlage der 58. Novelle zum ASVG angenommenen Abänderungsantrag, dessen Begründung allgemein Folgendes entnommen werden kann (726 BlgNR XXI. GP):

"Die im Jahr 1889 begründete soziale Selbstverwaltung ist eine der großen Errungenschaften der österreichischen Sozialpolitik. Sie ist vom Gedanken geleitet, dass die hauptbetroffenen Dienstnehmer und Dienstgeber - im Rahmen der gesetzlichen Grundlagen und mediatisiert durch die jeweiligen Interessenvertretungen - gemeinsam eben jenen Umfang ihrer sozialen Absicherung bestimmen, der von ihnen selbst nach dem Versicherungsprinzip finanziert werden kann.

Gerade diese selbstverwaltende - und in weiten Bereichen:

ehrenamtlich ausgeübte - Führung der Sozialversicherungsträger zeichnet die österreichische Sozialpolitik aus und ist wesentlicher Pfeiler des sozialen Konsenses in Österreich; es ist daher ein erklärtes Ziel des vorliegenden Entwurfs, die Selbstverwaltung der Sozialversicherung durch den Rückbau der ministeriellen Bestellungsrechte zu stärken. In Hinkunft soll daher das Bestellungsrecht bei wichtigen Verwaltungskörpern des Hauptverbandes nicht mehr beim aufsichtsberechtigten Bundesminister, sondern bei Wirtschaftskammer Österreich und Bundesarbeitskammer als Vertreter der hauptbetroffenen Bevölkerungsschichten liegen. Daneben darf aber nicht vergessen werden, dass die Selbstverwaltung der Sozialversicherung nicht Selbstzweck ist; sie wurde im Gegenteil gerade deshalb eingerichtet, um die Unternehmen 'Sozialversicherungsträger' eigenverantwortlich zu führen. Dem widerspricht die bisherige Praxis im Hauptverband, neben einer vielschichtig gestalteten Ebene von Selbstverwaltungsfunktionären ein 'working office' an Generaldirektoren einzurichten, die mit ihren Stabstellen die eigentlichen Managementfunktionen besorgen. Der Entwurf versucht daher, diese bestehenden Mehrgleisigkeiten zu beseitigen und durch Einrichtung einer eigenverantwortlichen und streng kontrollierten 'Geschäftsführung' ein Management des Hauptverbandes zu erreichen, das sowohl dem öffentlich-rechtlichen Prinzip der 'checks and balances' als auch den in der Privatwirtschaft tagtäglich erprobten Organisationsstrukturen genügt. Ziel des Entwurfs ist es, nicht nur die beste, sondern insbesondere auch die bestgeführte soziale Selbstverwaltung Europas zu erreichen."

Die dem Hauptverband übertragenen Aufgaben werden somit seit der 58. Novelle zum ASVG von fünf weiterhin als Verwaltungskörper (vgl. § 441 ASVG) bezeichneten Organen wahrgenommen: der Hauptversammlung, dem Verwaltungsrat, der Geschäftsführung, der Controllinggruppe sowie dem Sozial- und Gesundheitsforum Österreich (vgl. § 441 ASVG idF der 58. Novelle).

5.1. Die Hauptversammlung entspricht in ihrer Zusammensetzung der früheren Verbandskonferenz, allerdings mit dem Unterschied, dass die Zahl ihrer Mitglieder durch die Einbeziehung aller Obmannstellvertreter der entsendenden Sozialversicherungsträger nahezu verdoppelt wurde und sie nur mehr mindestens einmal jährlich zusammenzutreten hat. Sie hat nicht mehr die Befugnis, Richtlinien des Hauptverbandes (s. § 31 Abs 3 ASVG) zu erlassen, und verfügt - erstmals - weder über das Budgetrecht (Beschlussfassung über den Jahresvoranschlag), noch hat sie über den Rechnungsabschluss und über die Entlastung anderer Organe zu beschließen. Der Hauptversammlung obliegt lediglich - wie die am in Kraft getretene Neufassung des § 442 Abs 2 Z 1 ASVG durch die 60. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 140/2002, verdeutlicht hat (s. oben Pkt. II.4.2.) - die Genehmigung der Beschlüsse des Verwaltungsrates über die Satzung, die Mustersatzung (§455 Abs 2 ASVG), die Musterkrankenordnung (§456 ASVG) und die Mustergeschäftsordnung (§456a ASVG); weiters hat sie ein Leitbild, ihre eigene Geschäftsordnung und den Jahresbericht des Hauptverbandes zu beschließen. Darüber hinaus ist sie - weiterhin - befugt, über den Antrag auf Verfolgung von Ansprüchen gegenüber dem Mitglied eines Verwaltungskörpers zu entscheiden.

Die Begründung des entsprechenden Abänderungsantrags (726 BlgNR XXI. GP, zu § 442 ASVG) bemerkt dazu:

"[§442] Abs 2 regelt die Kompetenzen der Hauptversammlung insofern neu, als nunmehr das Hauptaugenmerk auf die Kontrolle der normativen Tätigkeit des Verwaltungsrates und die Nachprüfung der begleitenden Kontrolle der Geschäftsführung durch den Verwaltungsrat gelegt wird."

5.2. Der Verwaltungsrat soll nach der Begründung des Abänderungsantrages "einige Kompetenzen der bisherigen Verbandskonferenz und die Kompetenzen der bisherigen Kontrollversammlung vereinen und gegenüber der Geschäftsführung ein starkes Kontrollgremium bilden, das von den Interessenvertretungen der betroffenen Bevölkerungsgruppen bestellt wird" (726 BlgNR XXI. GP, zu § 441b ASVG).

Der Verwaltungsrat hat nach dem Gesetz (§442a Abs 2 ASVG) zwar "allein" das Recht zur Genehmigung von Jahresvoranschlag und Rechnungsabschluss, diese müssen aber zuvor von der Geschäftsführung beschlossen und dem Verwaltungsrat vorgelegt werden. In bestimmten Angelegenheiten (Beschlussfassung über Satzung, Mustersatzung, Musterkrankenordnung und Mustergeschäftsordnung und deren Änderungen, weiters Verfolgung von Ansprüchen gegen Mitglieder der Verwaltungskörper) obliegt dem Verwaltungsrat die "Stellung eines Antrages" (zur Genehmigung) an die Hauptversammlung. Dem Verwaltungsrat "allein" ist auch die "ständige Überwachung der gesamten Gebarung des Hauptverbandes, insbesondere die Überprüfung der Buch- und Kassenführung und des Rechnungsabschlusses, und die Berichterstattung über die diesbezüglichen Wahrnehmungen gegenüber der Hauptversammlung" vorbehalten (wobei das Gesetz der Hauptversammlung allerdings kein korrespondierendes Recht auf einen solchen Bericht bzw. die Möglichkeit, aus einem Bericht des Verwaltungsrates Konsequenzen zu ziehen, einräumt). Ferner steht dem Verwaltungsrat die Beschlussfassung über die eigene und über die Geschäftsordnung der Geschäftsführung zu, sowie die "Notkompetenz" des § 442a Abs 2 Z 8 ASVG, die den Verwaltungsrat auch zu Geschäftsführungshandlungen bei "qualifizierter Untätigkeit der Geschäftsführung" und drohendem Schaden für Hauptverband, Versicherungsträger oder Versicherte ermächtigt. Der Verwaltungsrat kann überdies - in "besonders begründeten Fällen" - bestimmte (sonst von der Geschäftsführung zu besorgende) Aufgaben des Hauptverbandes an sich ziehen oder an seine Genehmigung binden (s. im einzelnen § 442a Abs 9 ASVG). In weiteren, vom Gesetz in § 442a Abs 3 ASVG genannten Angelegenheiten kommen dem Verwaltungsrat (weitere) Zustimmungsrechte zu Beschlüssen der Geschäftsführung zu, wie zB in dienst- und pensionsrechtlichen Angelegenheiten der Bediensteten der Sozialversicherungsträger einschließlich der Stellenpläne, zu den Richtlinien zur ökonomischen Verschreibweise und zum Abschluss von Gesamtverträgen.

Die Geschäftsführung hat dem Verwaltungsrat die zur Ausübung seiner Tätigkeit notwendigen Aufklärungen zu geben (§442a Abs 4 ASVG).

5.3. Die Geschäftsführung des Hauptverbandes hat jene Angelegenheiten zu besorgen, die nicht durch Gesetz ausdrücklich einem anderen Verwaltungskörper zugewiesen sind; sie vertritt den Hauptverband nach außen (§442b Abs 1 ASVG).

Die Geschäftsführung ist demnach insbesondere befugt, allein - ohne Bestehen eines Zustimmungs- oder sonstigen Mitwirkungsrechts eines anderen Verwaltungskörpers - Richtlinien des Hauptverbandes (§31 Abs 2 Z 3 iVm Abs 5 ASVG) zu erlassen. Jedenfalls manche dieser Richtlinien sind als Verordnungen zu qualifizieren (s. allgemein ; zu den Richtlinien über die Befreiung von der Rezeptgebühr [§31 Abs 5 Z 16 ASVG] s. etwa , und , 98/08/0011, sowie VfSlg. 10.728/1985; zu den Richtlinien über die Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung [§31 Abs 5 Z 9 ASVG] s. etwa , und , 95/08/0148, sowie VfSlg. 15.517/1999). Die in § 49 Abs 4 ASVG vorgesehenen "Feststellungen" des Hauptverbandes über den Entgeltcharakter eines Bezuges sind ebenfalls als Verordnungen anzusehen (s. schon VwSlg. 4762 A/1958; VfSlg. 4207/1962, S 266).

Richtlinien in dienst- und pensionsrechtlichen Angelegenheiten der Bediensteten der Sozialversicherungsträger einschließlich der Stellenpläne sowie Beschlüsse über Richtlinien zur ökonomischen Verschreibweise und zum Abschluss von Gesamtverträgen bedürfen der Zustimmung des Verwaltungsrates.

Der Geschäftsführung unterstehen auch die Bediensteten des Hauptverbandes (§460 Abs 3 ASVG).

Die Geschäftsführung besteht aus einem Sprecher und zwei bis vier weiteren Mitgliedern, die alle vom Verwaltungsrat zu bestellen sind (§441c Abs 1 ASVG), und zwar für eine Funktionsperiode von vier Jahren. Die Geschäftsführer müssen nicht auch Versicherungsvertreter sein. Ein Mitglied der Geschäftsführung kann vor Ablauf der Funktionsperiode seines Amtes enthoben werden, wenn der Verwaltungsrat dies mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschließt (§441c Abs 4 ASVG).

Gemäß § 593 Abs 8 ASVG hatten bis zur Konstituierung der Geschäftsführung der bisherige leitende Angestellte und seine Stellvertreter als einstimmig entscheidendes Kollegialorgan die Geschäfte des Hauptverbandes zu besorgen.

5.4. Daneben sieht das Gesetz - insoweit in einem gewissen Spannungsverhältnis zu den oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien, wonach die neue Geschäftsführung das bisherige "working office" des Generaldirektors durch ein "modernes Management" ersetzen sollte - nach wie vor den leitenden Angestellten vor, der (nunmehr von der Geschäftsführung) weiterhin nur mit Zustimmung des Bundesministers bestellt und entlassen werden darf (§460 Abs 4 ASVG idF des ArtI des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1996 - SRÄG 1996, BGBl. Nr. 411/1996).

III. 1.1. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem im Verfahren B1492/01 gefassten Beschluss vom zunächst - vorläufig - davon aus, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt sein konnte, sodass die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde zulässig sei. Der Gerichtshof nahm überdies an, dass er die in Prüfung gezogenen Bestimmungen über den Verwaltungsrat bei Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides anzuwenden hätte.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof erachtete es in diesem Beschluss - vorläufig - als unbedenklich, den Hauptverband - mit Blick auf seine hoheitlichen Aufgaben - entweder als Selbstverwaltungskörper einzurichten oder aber ihm als juristische Person des öffentlichen Rechts im Rahmen einer Beleihung Staatsaufgaben zu übertragen. Bei Neugestaltung des Hauptverbandes seien die in beiden Fällen gegebenen - verschiedenartigen - verfassungsrechtlichen Anforderungen aber nicht hinreichend beachtet worden:

"... Falls der Gesetzgeber der 58. Novelle zum ASVG - wie aus den vorzitierten Materialien hervorzugehen scheint - beabsichtigt haben sollte, den Verwaltungsrat als Organ der Selbstverwaltung einzurichten, so dürfte der Vorgang der Bestellung der Mitglieder (und somit auch jener des Beschwerdeführers) den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Kreation von Organen von Selbstverwaltungsträgern nicht entsprechen:

... Gemäß § 31 Abs 1 ASVG sind im Hauptverband die in den §§23 bis 25 ASVG bezeichneten Versicherungsträger und die Träger der im § 2 Abs 2 bezeichneten Sonderversicherungen 'zusammengefaßt'. Soweit der Hauptverband daher als Körperschaft konstituiert ist, besteht er aus den im Gesetz genannten Versicherungsträgern.

Die Aufgaben des Hauptverbandes sind - sieht man von weiteren im Gesetz zu findenden Einzelregelungen einmal ab - in § 31 Abs 2 ASVG wie folgt allgemein umschrieben:

'(2) Dem Hauptverband obliegt

1. die Wahrnehmung der allgemeinen und gesamtwirtschaftlichen Interessen im Vollzugsbereich der Sozialversicherung,

2. die zentrale Erbringung von Dienstleistungen für die Sozialversicherungsträger,

3. die Erstellung von Richtlinien zur Förderung oder Sicherstellung der gesamtwirtschaftlichen Tragfähigkeit, der Zweckmäßigkeit und der Einheitlichkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger.'

Zu diesem Zwecke sind dem Hauptverband in § 31 Abs 3 ASVG bestimmte Aufgaben übertragen, in § 31 Abs 4 leg. cit. die von ihm zu erbringenden zentralen Dienstleistungen bezeichnet und in § 31 Abs 5 ASVG jene Gegenstände angeführt, hinsichtlich derer der Hauptverband Richtlinien zu erlassen hat, die gemäß § 31 Abs 6 ASVG für die im Hauptverband zusammengefaßten Versicherungsträger verbindlich sind.

§31 Abs 7 ASVG führt schließlich jene Angelegenheiten an, in denen Beschlüsse der Verwaltungskörper der Versicherungsträger zu ihrer Wirksamkeit an das Erfordernis der Zustimmung des Hauptverbandes gebunden sind.

... Dem Hauptverband kommt somit der Sache nach anscheinend die Funktion zu, die den Versicherungsträgern gemeinsamen Angelegenheiten unter deren Mitwirkung durch den - in ihm verkörperten - 'Zusammenschluß' zu besorgen, wobei Befugnisse zur Normsetzung im Wege der Richtlinienkompetenz ebenso vorgesehen sind wie Befugnisse zur Mitwirkung an der Geschäftsführung der einzelnen Versicherungsträger.

... § 441b Abs 1 ASVG (idF 58. Novelle) bestimmt, daß von den vierzehn Mitgliedern des Verwaltungsrates des Hauptverbandes je sechs aus dem Kreis der Versicherungsvertreter der Dienstgeber bzw. Dienstnehmer (vgl. hiezu §§420 ff ASVG) von der Wirtschaftskammer Österreich und der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte entsandt werden. § 420 ASVG normiert jene Erfordernisse, die gegeben sein müssen, damit eine Person zum Versicherungsvertreter in einem Verwaltungskörper eines Versicherungsträgers (s. hiezu § 419 Abs 1 ASVG) bestellt werden kann (zB Vollendung des 19. Lebensjahres, mindestens sechsmonatige pflicht- oder freiwillig sozialversicherte Tätigkeit als Dienstnehmer oder Unternehmer, Wohnsitz, Beschäftigungsort oder Betriebssitz im Sprengel des Versicherungsträgers).

... Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg. 8644/1979 im Zusammenhang mit der Bestellung des Präsidenten des Österreichischen Arbeiterkammertages die verfassungsrechtlichen Vorgaben der Selbstverwaltung (nach Darstellung der im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kompetenzartikel bestehenden, und historisch überkommenen Organisationen der Arbeiterkammern und der Handelskammern) wie folgt zusammengefaßt:

'Die dargelegte Regelung steht mit der in der Lehre herausgebildeten und gefestigten Rechtsauffassung in Einklang, daß die Befugnis zur Bestellung der Organe dem Begriff der Selbstverwaltung - wie sie die österreichische Rechtsordnung versteht - innewohnt.'

Die Aufgaben des Präsidenten des Arbeiterkammertages bestanden gemäß § 24 AKG in der damaligen Fassung in der Leitung der Geschäfte des Arbeiterkammertages gemäß den Beschlüssen des Vorstandes sowie der Unterfertigung aller Geschäftsstücke unter Mitzeichnung des Kammeramtsdirektors der Arbeiterkammer für Wien; darüber hinaus hatte er die Vorstandsmitglieder zu den Vorstandssitzungen sowie auch die Hauptversammlung (deren Tagesordnung er festzusetzen hatte) einzuberufen und dabei jeweils den Vorsitz zu führen.

Der Verfassungsgerichtshof ist in diesem Erkenntnis - vor dem Hintergrund einschlägiger Literaturmeinungen (Adamovich [sen], Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts5 Bd I [1954] 62; Ringhofer, in: Pittermann [Hrsg.], Handbuch der österreichischen Politik [1962] 167 f; Reiger, 'Selbstverwaltung', in: Katholisches Soziallexikon [1964] Sp. 983; Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung [1970] 17 f) - zu folgender Auffassung gelangt:

'Nach der ... dargelegten Verfassungsrechtslage müssen

jedenfalls Organe ... mit solchen entscheidungswichtigen Aufgaben und Befugnissen, wie sie dem Präsidenten des Arbeiterkammertages zukommen, von dem Selbstverwaltungskörper selbst - autonom - bestellt werden.'

Auch nach der Lehre kommt in der Wahl der Organe eines Selbstverwaltungskörpers aus der Mitte der Verbandsangehörigen jenes demokratische Element zum Ausdruck, das den Institutionen der Selbstverwaltung von Anfang an innewohnte (vgl. Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 [1996] 384 f mit Nachweisen der insoweit einhelligen Lehre in FN 278; ebenso VfSlg. 10.306/1984; ebenso für die Selbstverwaltung der Sozialversicherung jüngst Korinek, in: Tomandl [Hrsg.], System des österreichischen Sozialversicherungsrechts [12. Erg.-Lfg.], 4.1.3.C.), wobei es sich im Falle der Sozialversicherungsträger um ein Zusammenspiel zwischen Wahl (in die gesetzlichen Interessenvertretungen) und Entsendung (der Versicherungsvertreter durch die gesetzlichen Interessenvertretungen entsprechend der Mandatsverhältnisse dieser Wahl) handelt (vgl. § 421 ASVG; sog. 'abgeleitete Selbstverwaltung'; vgl. auch dazu Korinek, aaO, mwN).

... Die Organisation des Hauptverbandes nach der 58. Novelle sieht demgegenüber nur im Falle der Kreation des Organs Hauptversammlung eine Mitwirkung der verbandsangehörigen Sozialversicherungsträger vor. Bei der Bestellung der Mitglieder des Verwaltungsrates (und der Geschäftsführung) wirken hingegen weder die Hauptversammlung des Hauptverbandes (als gemeinsames Organ seiner Mitglieder) noch Organe der den Hauptverband bildenden Versicherungsträger mit. Die Mitglieder des Verwaltungsrates werden teils durch Organe der beruflichen Selbstverwaltung der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, teils durch freiwillige Berufsvereinigungen entsandt.

... Die Organe des Hauptverbandes (so auch der Verwaltungsrat) werden daher mit Ausnahme der Hauptversammlung (der jedoch im Verhältnis zu den anderen Organen nur geringe Mitwirkungs-, aber keine Geschäftsführungsbefugnisse zukommen) anscheinend unter Ausschaltung der zur Vertretung der Sozialversicherungsträger berufenen Organe bestellt.

Der Verwaltungsrat dürfte daher nicht im verfassungsrechtlich gebotenen Zusammenhang mit der im Hauptverband verkörperten Selbstverwaltung stehen:

a) Er dürfte im Hinblick auf den Bestellungsvorgang überhaupt kein Organ der im Hauptverband zusammengefaßten Sozialversicherungsträger sein. Durch die Art der Bestellung des Verwaltungsrates dürften vielmehr im Hauptverband zwei Bereiche der Selbstverwaltung verschränkt worden sein, nämlich jener der Selbstverwaltung der Sozialversicherung in Gestalt der Hauptversammlung und jener der beruflichen Selbstverwaltung in Gestalt des Verwaltungsrates.

Dies scheint aber mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben, wie sie im Erkenntnis VfSlg. 8644/1979 dargelegt wurden, in Widerspruch zu stehen: Nach diesem Erkenntnis dürfte es nämlich aus Gründen der demokratischen Legitimation nicht angehen, daß ein geschäftsführendes Organ eines Selbstverwaltungskörpers unter völligem Ausschluß auch nur eines Teils der in Selbstverwaltung zusammengefaßten Mitglieder kreiert wird.

b) Da der Hauptverband nicht bloß Belange der von den gesetzlichen beruflichen Vertretungen erfaßten Versicherten, sondern auch zahlreiche Fragen der Organisation und des Dienstrechtes in den einzelnen Sozialversicherungsträgern im Wege von Richtlinien zu regeln hat, dürfte es sowohl unsachlich sein als auch dem verfassungsrechtlich vorgegebenen Konzept der Selbstorganschaft der Selbstverwaltung widersprechen, wenn die Sozialversicherungsträger weder in den geschäftsführenden Organen der Selbstverwaltung vertreten noch an deren Kreation beteiligt sind: Damit scheint - was den Hauptverband betrifft - ein auch aus verfassungsrechtlicher Sicht gebotenes, grundlegendes Strukturmerkmal eines jeden Selbstverwaltungskörpers (zur Selbstverwaltungseigenschaft der gesetzlichen Sozialversicherung s. zB Korinek, ZAS 1972, 163 ff) nicht (mehr) gegeben zu sein, nämlich jenes, daß die oberste Leitung und Willensbildung in allen entscheidenden Fragen - damit ist der dem Verwaltungsrat und der Geschäftsführung übertragene Aufgabenkreis angesprochen - den aus der Mitte der Angehörigen des Selbstverwaltungskörpers gewählten Organen vorbehalten sein muß (vgl. VfSlg. 8644/1979, insbesondere S 122 ff). Dieser Befund wird auch mit Blick auf die Geschäftsführung bestätigt, die gemäß § 441c Abs 1 ASVG vom Verwaltungsrat bestellt wird und der eine Generalkompetenz, insbesondere auch beim Erlassen von Richtlinien ..., zukommt; ungeachtet dessen dürfte sie weder den Weisungen des Verwaltungsrates noch denen eines anderen Organs des Hauptverbandes unterliegen. Wie die Geschäftsführung vom Verwaltungsrat scheint auch dieser vom Selbstverwaltungsorgan Hauptversammlung vollkommen abgekoppelt zu sein.

...

... Es dürfte aber auch aus anderen Gründen ausgeschlossen sein, die Bestellung des Verwaltungsrates als einen der Entsendung der Versicherungsvertreter in die Sozialversicherungsträger gleichzuhaltenden Vorgang mittelbarer Selbstverwaltung (im Sinne eines Zusammenspiels von Wahlen in die gesetzlichen Interessensvertretungen mit einer an deren Ergebnissen orientierten Entsendung durch deren Organe in die soziale Selbstverwaltung) anzusehen:

a) So dürften gesetzliche Interessenvertretungen der Arbeitnehmer in der Landwirtschaft (vgl. zum Entsendungsrecht von gesetzlichen Interessenvertretungen auf Länderebene § 421 Abs 2 ASVG) von der Teilnahme an der Entsendung in den Verwaltungsrat ausgeschlossen sein, (wobei gleichzeitig in einer anscheinend auch dem Gleichheitssatz widersprechenden Weise eine Vertretung der Dienstgeberseite im Wege der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern ausdrücklich vorgesehen ist).

b) Der zum Verwaltungsrat entsendeberechtigte Österreichische Gewerkschaftsbund scheint von vornherein nicht zum Kreis jener gesetzlichen Interessenvertretungen zu gehören, die gemäß § 420 ASVG Versicherungsvertreter zu entsenden berechtigt sind, sodaß diesfalls der im Falle einer indirekten 'Wahl' erforderliche Zusammenhang zwischen Wahl und Bestellung nicht vorliegen dürfte.

c) Auch erscheint es bedenklich, daß wegen der geringen Anzahl von jeweils bloß sechs in den Verwaltungsrat zu entsendenden Mitgliedern durch die Regelung des § 441b Abs 2 ASVG, wonach die drei stärksten Fraktionen in Wirtschaftskammer und Bundesarbeitskammer mit je einem Mitglied vertreten sein müssen, das Ergebnis der Verhältniswahl in den gesetzlichen Interessenvertretungen weitgehend ausgeschaltet wird; es ergibt sich daraus zumindest eine grobe Verzerrung der Zusammensetzung des Verwaltungsrates im Verhältnis zur Mandatsverteilung der jeweiligen Kammerwahlen, sodaß jenes Minimum demokratischer Legitimation des Verwaltungsrates im Sinne der erwähnten Rechtsprechung und Lehre, welches auch bei einem bloß indirekt demokratisch legitimierten Entsendungsvorgang unerläßlich sein dürfte, nicht vorzuliegen scheint.

d) Es dürfte daher weder die für die Annahme einer (indirekten) 'abgeleiteten Selbstverwaltung' erforderliche Identität der in den Verwaltungsrat entsendeberechtigten Stellen noch der für die demokratische Legitimation der Entsendeten erforderliche enge Zusammenhang mit dem vorangegangenen Wahlvorgang in den jeweiligen gesetzlichen beruflichen Vertretungen gewährleistet sein."

Der Verfassungsgerichtshof hob ausdrücklich hervor, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen bestünden, die Geschäfte des Hauptverbandes durch hauptberuflich tätiges Personal besorgen zu lassen, sofern dieses gegenüber Organen der Selbstverwaltung weisungsgebunden sei und letztere ihrerseits über eine ausreichende demokratische Legitimation verfügten. Diesen Anforderungen sei - nach den vorläufigen Annahmen des Gerichtshofes - im Fall des Verwaltungsrates aber nicht entsprochen.

Unter der Annahme, der Verwaltungsrat habe bloß Aufgaben des Bundes im übertragenen Wirkungsbereich des Hauptverbandes zu besorgen, bestehe überdies das Bedenken, der Gesetzgeber habe jene - insbesondere in VfSlg. 14.473/1996 dargelegten - verfassungsrechtlichen Schranken überschritten, die der Übertragung hoheitlicher Aufgaben an ausgegliederte Rechtsträger gesetzt sind.

Darüber hinaus bestünden Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Unvereinbarkeitsbestimmung des § 441e Abs 2 ASVG:

"... Wie dem ... Bericht des Ausschusses für Arbeit und

Soziales entnommen werden kann, wurde die Vorschrift des § 441e Abs 2

ASVG ua. deshalb für notwendig erachtet, um 'zB im Falle des

Abschlusses von Kollektivverträgen für den Hauptverband oder die

Sozialversicherungsträger Interessenkonflikte ... hintanzuhalten'.

Nun trifft es zwar zu, daß gemäß § 442a Abs 3 Z 4 iVm § 31 Abs 3 Z 9 ASVG Beschlüsse der Geschäftsführung über den Abschluß von Kollektivverträgen für die Versicherungsträger erst mit Zustimmung des Verwaltungsrates wirksam werden. In diesem Fall dürften Interessenkonflikte tatsächlich auftreten können; es dürfte sich daher eine Vorschrift, die eine Mitwirkung der in einem derartigen Interessenkonflikt verfangenen Personen an den in § 442a Abs 3 Z 4 ASVG (idF 58. Novelle) angesprochenen Beschlüssen des Verwaltungsrates ausschließt, sachlich rechtfertigen lassen.

... Die Bestimmung des § 441e Abs 2 ASVG geht jedoch insoweit darüber hinaus, als sie die dort genannten Funktionäre schlechthin von der Mitgliedschaft im Verwaltungsrat ausschließt.

Da der Aufgabenbereich des Hauptverbandes bzw. der in ihm zusammengefaßten Versicherungsträger die Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung ua. der beruflich tätigen Personen verschiedenster Berufsgruppen betrifft, die in § 441e Abs 2 ASVG angesprochenen kollektivvertragsfähigen Körperschaften und Vereine aber gesetzlich berufen sind, die wirtschaftlichen und sozialen Interessen dieser Berufsgruppen wahrzunehmen, dürfte ein sachlicher Grund, die Repräsentation dieser Interessen in den Organen des Hauptverbandes, so auch im Verwaltungsrat, auszuschließen, nicht zu finden sein. Die Geltendmachung von Gruppeninteressen ist dem Demokratieprinzip in einer pluralistischen Gesellschaft vielmehr inhärent (vgl. zB Korinek, DRdA 1991, 105 [106]) und daher mit der Ermittlung und Wahrnehmung des Gesamtinteresses nicht schlechthin unvereinbar.

... Das in den Materialien angegebene Motiv des Gesetzgebers dürfte aber nicht nur ungeeignet sein, die Bestimmung zu rechtfertigen, es scheint vielmehr an sich sachwidrig zu sein, leitende Funktionäre der Interessenvertretungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer von der Mitwirkung in Organen auszuschließen, in denen Entscheidungen in Angelegenheiten getroffen werden, welche die (auf Krankheits-, Unfall- und Altersvorsorge bezogenen) Interessen dieser Berufsgruppen zunächst betreffen und im Hinblick auf ihre Eignung, von diesen Berufsgruppen selbst besorgt zu werden, vom Gesetzgeber diesen Interessensverbänden in (hier: 'sozialer') Selbstverwaltung übertragen werden."

2. Die Bundesregierung hat in dem mit Beschluss vom eingeleiteten - zu G222/02 geführten - Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung zum Gegenstand erstattet, worin sie zunächst die Zulässigkeit der Anlassbeschwerde bestreitet und den Prüfungsumfang als zu weit kritisiert.

Den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes tritt sie wie folgt entgegen:

"1. Vorbemerkung:

... Die im Rahmen der 58. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 99/2001, mit Wirksamkeit vom durchgeführte Strukturreform des Hauptverbandes ist nach den einschlägigen Gesetzesmaterialien (vgl. RV 624 der Beilagen, 21. GP) von dem Ziel getragen, die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung durch den Rückbau ministerieller Bestellungsrechte zu stärken, bestehende organisatorische Mehrgeleisigkeiten zu beseitigen und an ihre Stelle eine eigenverantwortliche und streng kontrollierte Geschäftsführung zu setzen.

Im Einzelnen werden die Hauptgesichtspunkte der Neuordnung des Hauptverbandes im einschlägigen Ausschuss-Abänderungsantrag (AB 726 der Beilagen, 21. GP) zur Regierungsvorlage (RV 624 der Beilagen, 21. GP) wie folgt umschrieben:

'Die im Jahr 1889 begründete soziale Selbstverwaltung ist eine der großen Errungenschaften der österreichischen Sozialpolitik. Sie ist vom Gedanken geleitet, dass die hauptbetroffenen Dienstnehmer und Dienstgeber - im Rahmen der gesetzlichen Grundlagen und mediatisiert durch die jeweiligen Interessenvertretungen - gemeinsam eben jenen Umfang ihrer sozialen Absicherung bestimmen, der von ihnen selbst nach dem Versicherungsprinzip finanziert werden kann.

Gerade diese selbstverwaltende - und in weiten Bereichen:

ehrenamtlich ausgeübte - Führung der Sozialversicherungsträger zeichnet die österreichische Sozialpolitik aus und ist wesentlicher Pfeiler des sozialen Konsenses in Österreich; es ist daher ein erklärtes Ziel des vorliegenden Entwurfs, die Selbstverwaltung der Sozialversicherung durch den Rückbau der ministeriellen Bestellungsrechte zu stärken. In Hinkunft soll daher das Bestellungsrecht bei wichtigen Verwaltungskörpern des Hauptverbandes nicht mehr beim aufsichtsberechtigten Bundesminister, sondern bei Wirtschaftskammer Österreich und Bundesarbeitskammer als Vertreter der hauptbetroffenen Bevölkerungsschichten liegen. Daneben darf aber nicht vergessen werden, dass die Selbstverwaltung der Sozialversicherung nicht Selbstzweck ist; sie wurde im Gegenteil gerade deshalb eingerichtet, um die Unternehmen 'Sozialversicherungsträger' eigenverantwortlich zu führen. Dem widerspricht die bisherige Praxis im Hauptverband, neben einer vielschichtig gestalteten Ebene von Selbstverwaltungsfunktionären ein 'working office' an Generaldirektoren einzurichten, die mit ihren Stabsstellen die eigentlichen Managementfunktionen besorgen. Der Entwurf versucht daher, diese bestehenden Mehrgleisigkeiten zu beseitigen und durch Einrichtung einer eigenverantwortlichen und streng kontrollierten 'Geschäftsführung' ein Management des Hauptverbandes zu erreichen, das sowohl dem öffentlich-rechtlichen Prinzip der 'checks and balances' als auch den in der Privatwirtschaft tagtäglich erprobten Organisationsstrukturen genügt. Ziel des Entwurfs ist es, nicht nur die beste, sondern insbesondere auch die bestgeführte soziale Selbstverwaltung Europas zu erreichen.'

... Die Generalzuständigkeit im Hauptverband obliegt also nunmehr einem Kollegium vollzeitbeschäftigter Manager und nicht mehr nebenberuflich tätigen Funktionären der Sozialversicherung. Damit wurden diesbezüglich die institutionellen Bindungen zu den dem Hauptverband angehörenden Sozialversicherungsträgern und zu den hinter diesen stehenden Interessenverbänden gelockert. Da die Geschäftsführer nicht zwingend aus dem Kreis der Versicherungsvertreter zu bestellen sind, war es notwendig, eine gesonderte Abberufungsmöglichkeit zu normieren: Der Verwaltungsrat ist berufen, die Geschäftsführung entsprechend zu kontrollieren.

... Schließlich wurde für die Leitungsorgane des Hauptverbandes mittels Unvereinbarkeitsbestimmungen ein klarer Trennstrich gegenüber Parteipolitikern, Parteiangestellten und leitenden Funktionären der großen Interessenverbände gezogen. Personalunionen in Leitungsfunktionen im Hauptverband einerseits und in Leitungsfunktionen auf politischer Ebene und innerhalb der Sozialpartnerorganisationen andererseits sollten damit ausgeschlossen werden.

2. Zu den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen bezüglich der Selbstverwaltung:

Bevor auf die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im einzelnen eingegangen wird, soll die Frage behandelt werden, welche grundsätzlichen Anforderungen die österreichische Verfassung an die Selbstverwaltung stellt.

... Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Selbstverwaltung wurde vom Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach anerkannt. Er begründete dies wie folgt (VfSlg. 8215/1977):

'..der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1920 (hat) Selbstverwaltung als Organisationstechnik nicht bloß gekannt, sondern - als dem Art 20 B-VG nicht entgegenstehend - auch vorausgesetzt und anerkannt. Die Schaffung von Selbstverwaltungskörpern und damit von Organen, die gegenüber staatlichen Organen weisungsfrei sind, ist somit im Rahmen des Organisationsplanes der Bundesverfassung gelegen. Die Einrichtung von Selbstverwaltung durch den einfachen Bundes- und Landesgesetzgeber ist sohin verfassungsrechtlich zulässig.'

Allerdings hat der einfache Gesetzgeber bei der Einrichtung von Selbstverwaltungskörpern auch verfassungsrechtliche Schranken zu beachten (VfSlg. 8215/1977): Der einfache Gesetzgeber könne jederzeit neue Selbstverwaltungskörper unter Beachtung des Sachlichkeitsgebots einrichten, müsse aber eine staatliche Aufsicht vorsehen und dürfe zu ihrem Gegenstand nur solche Angelegenheiten machen, 'die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zur Selbstverwaltungskörperschaft zusammengefassten Personen gelegen und geeignet sind, durch diese Gemeinschaft besorgt zu werden'.

... Damit hat der Verfassungsgerichtshof die Selbstverwaltungsfrage zweifach historisch determiniert: Einerseits ergibt sich die Zulässigkeit der Selbstverwaltung aus ihrer stillschweigenden Anerkennung durch den historischen Verfassungsgesetzgeber. Daraus folgt andererseits, dass auch die Frage, was unter Selbstverwaltung zu verstehen ist, nur unter Rückgriff auf das präkonstitutionelle Verständnis geklärt werden kann.

Aus der präkonstitutionellen Existenz sehr verschiedenartiger Selbstverwaltungskörper erklärt sich der Umstand, dass der österreichischen Verfassung kein definitorischer Begriff der Selbstverwaltung unterlegt werden kann. Durchgesetzt hat sich vielmehr die Auffassung, dass es sich dabei um einen typologischen Begriff handelt, also um einen Begriff, der verschiedenartige Abstufungen zulässt, der sich nicht durch taxativ vorgegebene Merkmale umschreiben lässt und bei dem auch durchaus einzelne Merkmale fehlen können (vgl. Korinek, Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, ZAS 1972, 165). Entscheidend ist das Gesamtbild. Es besteht daher zur Ausgestaltung der Selbstverwaltung ein ziemlich breiter Spielraum für den einfachen Gesetzgeber (vgl. dazu auch die Ausführungen unter Punkt 3.).

... Im Rahmen der Schaffung der Kompetenzartikel des B-VG wurde im Jahr 1925 eine spezielle Bundeskompetenz in der Gesetzgebung und Vollziehung für das 'Sozialversicherungswesen' verankert. Sie verwies damit auf die sich seit 1887 entfaltete Sozialversicherungsgesetzgebung. Sozialversicherung entstand aber nicht ohne bestimmte Organisationsmodelle. Die rechtliche Konsequenz daraus ist, dass alle diese verschiedenen Modelle als verfassungsrechtlich zulässige Formen der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung angesehen werden müssen. Die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung kann sich daher im Vergleich zur Selbstverwaltung in anderen Bereichen nicht nur auf eine stillschweigende Anerkennung durch den Verfassungsgesetzgeber, sondern auch auf ihre ausdrückliche Anerkennung im Wege der verfassungsrechtlichen Kompetenzartikel stützen (vgl. hinsichtlich der Arbeiterkammern VfSlg. 8644/1979).

Daher bestehen keine Bedenken gegen eine zeitgemäße Weiterentwicklung historisch vorgefundener Regelungsansätze. Aus diesem Grund wäre die Annahme falsch, Sozialversicherung könne nur so und nicht anders organisiert werden, wie sie sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts darstellte. Zwingend ist jedoch, dass gegen eine organisatorische Ausgestaltung der Sozialversicherung, die einem der 'alten' Sozialversicherungsgesetze entspricht, nicht der Einwand vorgebracht werden kann, sie verlasse das Modell der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung und sei deshalb verfassungswidrig (Tomandl,

Die Neuordnung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger aus rechtlicher Sicht, ZAS 2002, 131).

...

3. Zur Bestellung und zum Aufgabenbereich des Verwaltungsrates:

... In den Erläuterungen zu den Ausschuss-Abänderungen wird hinsichtlich des Verwaltungsrates Folgendes ausgeführt (AB 726 der Beilagen, 21. GP):

'Der Verwaltungsrat soll einige Kompetenzen der bisherigen Verbandskonferenz und die Kompetenzen der bisherigen Kontrollversammlung vereinen und gegenüber der Geschäftsführung ein starkes Kontrollgremium bilden, das von den Interessenvertretungen der betroffenen Bevölkerungsgruppen bestellt wird. Daneben werden dem Verwaltungsrat aber auch Zustimmungsrechte in jenen Bereichen eingeräumt, die über das konkrete Tagesgeschäft der Geschäftsführung hinausgehen. Darin wird freilich keine Vermischung von strategischer und operativer Ebene, sondern lediglich eine taugliche Ausgestaltung der Kontrollinstrumentarien des Verwaltungsrates bezweckt. Das Verhältnis von Geschäftsführung und Verwaltungsrat soll sich am System der 'checks and balances' und den marktwirtschaftlich erprobten Entscheidungs- und Kontrollstrukturen orientieren.

Bei den Bestellungsrechten wurde darauf Bedacht genommen, dass je sechs der Mitglieder des Verwaltungsrates von den Interessenvertretungen der Dienstgeber und Dienstnehmer entsendet werden. Diese haben dabei - um dem demokratischen Prinzip in der Selbstverwaltung zu genügen - aus dem Pool der Versicherungsvertreter auszuwählen. Anzustreben ist ein repräsentativer Querschnitt möglichst aller Dienstnehmer- und Dienstgebergruppen: So wird die Bundesarbeitskammer auf eine Vertretung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die Wirtschaftskammer Österreich auf eine Vertretung der Landwirte und der freien Berufe Bedacht zu nehmen haben, wobei allerdings auf allfällige Interessenkonflikte entsprechend Rücksicht zu nehmen sein wird. Der Verweis auf die §§420 Abs 4 bis 6, 422, 423 Abs 1 und Abs 3 bis 8 und 424 ASVG dient der Klarstellung, dass die in den bezogenen Gesetzesstellen angeführten Grundsätze des passiven Wahlrechtes, des Aufwandersatzes, der Ablehnung der und der Enthebung von der Amtsausübung und der Pflichten und Haftung auch für die Mitglieder des Verwaltungsrates Gültigkeit haben.

Durch die Verpflichtung der beiden Interessenvertretungen, ihre drei stärksten Fraktionen jedenfalls mit einer Vertretung im Verwaltungsrat zu betrauen, wird sichergestellt, dass im Verwaltungsrat ein möglichst breit gestreutes Interessensspektrum vertreten ist. Die Interessen der Dienstgeber werden daher nicht bloß von jenen Funktionären vertreten, die in der Wirtschaftskammer Österreich die Dienstgeberpolitik bestimmen, die Interessen der Dienstnehmer nicht bloß von jenen Funktionären, die in der Bundesarbeitskammer die Dienstnehmerpolitik lenken. Dieser 'politische Minderheitenschutz' soll helfen, den für die beteiligten Gruppen zentralen Bereich der sozialen Sicherheit zu entpolitisieren und leichter zu sachorientierten Lösungen zu kommen. Das demokratische Prinzip wird in weiterer Folge durch die Besetzung der restlichen Mitglieder nach dem d'Hondt'schen System sichergestellt.

Da der Verwaltungsrat lediglich vierteljährlich zusammentritt, soll das Präsidium als ständig präsentes Organ des Verwaltungsrates die kommunikative Schnittstelle zur Geschäftsführung bilden. Insbesondere soll das Präsidium der erste Ansprechpartner für die Geschäftsführung in allen Fragen sein, die über das definierte Tagesgeschäft hinausgehen und daher einer Zustimmung des Verwaltungsrates bedürfen. Aufgrund dieser zentralen Kontroll- und Kommunikationsposition des Präsidiums ist es notwendig, dass sich der im Verwaltungsrat repräsentierte Querschnitt an Dienstgeber- und Dienstnehmergruppen möglichst auch im Präsidium wiederfindet.

Vertreter des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen und des Bundesministers für Finanzen sollen die - verfassungsrechtlich notwendige - Aufsicht der sachlich zuständigen obersten Bundesorgane über den Selbstverwaltungskörper Hauptverband sichern und damit die Verbindung zum allgemein-demokratisch bestellten Nationalrat herstellen. Den Vertretern kommt in den Sitzungen des Verwaltungsrates lediglich ein Teilnahme- und Beratungsrecht zu. Das ihnen zustehende Vetorecht ist notwendig, um sozialpolitische Fehlentwicklungen oder nicht finanzierbare Ausgaben rechtzeitig zu vermeiden. Auch hier gebietet es aber der Gedanke der Selbstverwaltung, das Veto lediglich als Ausnahme - und mithin: durch enge zeitliche Ausübungsvorgaben begrenzt - auszugestalten. Langt ein solches Veto nicht rechtzeitig beim Verwaltungsrat (worunter selbstverständlich auch der Präsident oder einer der Vizepräsidenten als Organe des Verwaltungsrates zu verstehen sind) ein, so gilt der Beschluss.

Der Verwaltungsrat als strategisches Organ des Hauptverbandes hat in bestimmten Zeitabständen zusammenzutreten. Dafür ist grundsätzlich eine vierteljährliche Einberufung vorgesehen, in der Geschäftsordnung kann freilich ein häufigeres Zusammentreten vorgesehen werden. Das Präsidium des Verwaltungsrates muss aufgrund seiner strategischen Kompetenzen als Organ durchgehend ansprechbar sein und soll ein steter Ansprechpartner für die und ein ständig kontrollierender Begleiter der Geschäftsführung sein.

§ 442a Abs 2 ASVG nennt jene Angelegenheiten, die der alleinigen Beschlussfassung des Verwaltungsrates unterliegen. Neben formalen Kompetenzen (wie zB. die Erstellung einer Geschäftsordnung) sind insbesondere jene Kompetenzen zu erwähnen, die eine effiziente Kontrolle der Geschäftsführung ermöglichen: So hat der Verwaltungsrat den Haushaltsplan vorzugeben, die Einhaltung dieser Vorgaben begleitend zu kontrollieren und schlussendlich die Entlastung zu erteilen oder der Hauptversammlung den Antrag auf Verfolgung der Geschäftsführer bzw. eines Geschäftsführers vorzulegen. Dem Verwaltungsrat kommt weiters die normative Kompetenz zur Erstellung (Vorbereitung) von Satzung, Mustersatzung, Musterkrankenordnung und Mustergeschäftsordnung zu, auch wenn diese der formalen Genehmigung durch die Hauptversammlung unterliegt. Schließlich kommt dem Verwaltungsrat insofern eine Notkompetenz zu, als er im Falle einer qualifizierten Untätigkeit der Geschäftsführung - dh dann, wenn die Geschäftsführung von der Sache her zum Handeln berufen wäre und vom Verwaltungsrat dazu ausdrücklich aufgefordert worden ist - die Möglichkeit hat, jene Geschäftsführungstätigkeiten selbst zu besorgen, die unmittelbar drohende Schäden von Hauptverband, Sozialversicherungsträgern oder Versicherten abwenden.

§ 442a Abs 3 nennt Angelegenheiten, die bislang zumeist der Kontrollversammlung vorbehalten waren und bei denen es in Hinkunft zu einem Zusammenwirken zwischen Geschäftsführung und Verwaltungsrat kommen muss. Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, dass dem Verwaltungsrat damit nicht die Kompetenz gegeben werden soll, operative Tätigkeiten an sich zu ziehen; das Zustimmungserfordernis dient lediglich der effizienten Ausgestaltung der Kontrollaufgaben des Verwaltungsrates.

Die Mitglieder des Verwaltungsrates können an den Sitzungen der Hauptversammlung teilnehmen, um den ungehinderten Informations- und Kommunikationsfluss zur Hauptversammlung als Vertreter der Sozialversicherungsträger hin besser zu gewährleisten.'

... Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass die Bestellung und der Aufgabenkreis des Verwaltungsrates nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an die Organisation der Selbstverwaltung gestellt sind, entsprechen. Der Verfassungsgerichtshof stellt nicht in Frage, dass der Hauptverband als Selbstverwaltungskörper organisiert werden kann, sieht aber in einer vorläufigen Einschätzung Probleme darin, dass die Bestellung der Mitglieder des Verwaltungsrates nicht aus der Mitte der Verbandsangehörigen erfolgt, da an ihr weder die Hauptversammlung des Hauptverbandes (als gemeinsames Organ seiner Mitglieder) noch Organe der einzelnen Sozialversicherungsträger mitwirken, die Bestellung vielmehr teils durch Organe der gesetzlichen Interessenvertreter der Arbeitnehmer und Arbeitgeber und teils durch freiwillige Berufsvereinigungen erfolge. Die Bestellung geschehe daher 'unter Ausschaltung der zur Vertretung der Sozialversicherungsträger berufenen Organe'.

... Der Verfassungsgerichtshof begründet seine Bedenken unter Hinweis auf das Erkenntnis VfSlg 8644/1979. In diesem Verfahren ging es um die Bestellung des Präsidenten des Österreichischen Arbeiterkammertages. Kraft Gesetzes hatte der Präsident der Wiener Arbeiterkammer diese Funktion auszuüben. In dieser Entscheidung ging der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass 'die Befugnis zur Bestellung der Organe dem Begriff der Selbstverwaltung - wie sie die österreichische Rechtsordnung versteht - innewohnt'. Jedenfalls Organe mit entscheidungswichtigen Aufgaben und Befugnissen müssten daher von dem Selbstverwaltungskörper selbst - autonom - bestellt werden. Dies habe der Gesetzgeber im Falle des Arbeiterkammertages jedoch nicht vorgesehen, sondern diese Entscheidung nur der Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer übertragen und damit 'eine - auch nur mittelbare - Einflussmöglichkeit der den acht Arbeiterkammern außerhalb Wiens angehörenden Dienstnehmer auf die Bestellung des Präsidenten des Arbeiterkammertages .... ausgeschlossen. ... Die Basis der demokratischen Legitimation dieses Präsidenten ist somit (bezogen auf die rechtstechnische Struktur des Arbeiterkammertages als Zusammensetzung aller Arbeiterkammern) auf die kammerangehörigen Dienstnehmer eines einzigen der neun Bundesländer und (bezogen auf die vom Arbeiterkammertag vertretenen Dienstnehmer des ganzen Bundesgebietes) auf eine Minderheit von weniger als einem Drittel eingeschränkt'. Diese Einschränkung entbehre einer sachlichen Rechtfertigung. Der Vorwurf des Verfassungsgerichtshofes besteht daher nicht darin, dass der Präsident nur mittelbar durch Organe der Arbeiterkammer gewählt wird, sondern dass an dieser Wahl nur eine Minderheit der durch die Arbeiterkammern repräsentierten Dienstnehmer teilnehmen konnte.

Weiters führte der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 8644/1979 aus, dass sich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einrichtung von selbstverwalteten Arbeiterkammern aus dem Umstand ableite, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Kompetenztatbestandes 'Kammern für Arbeiter und Angestellte' () bereits durch Gesetz eingerichtete Arbeiterkammern bestanden hatten. Der Verfassungsgesetzgeber habe daher den Begriff der 'Kammern für Arbeiter und Angestellte' als Einrichtungen der Selbstverwaltung vorgefunden und mit dieser Organisationsform vorausgesetzt. 'Das B-VG hat mit der Verwendung des vorgefundenen Begriffs 'Kammern für Arbeiter und Angestellte' zugleich normiert, dass derartigen Selbstverwaltungskörpern die - autonome - Bestellung ihrer leitenden Organe zukommt'.

... Nach Auffassung der Bundesregierung sind diese Ausführungen auch auf die Organisation der Sozialversicherung übertragbar. Es kann daher - wie auch schon oben unter Pkt. 2.3 erwähnt - kein Zweifel daran bestehen, dass das B-VG mit der Einführung des Kompetenztatbestandes 'Sozialversicherungswesen' grundsätzlich auch die vorkonstitutionellen Organisationskonzepte der Sozialversicherung vorausgesetzt hat. Blickt man auf die Gesetzeslage vor dem , dann ergibt sich hinsichtlich der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung folgendes Bild:

Das 'Krankenversicherungsgesetz 1888' (Gesetz über die Krankenversicherung der Arbeiter, BGBl. Nr. 859/1922, auch noch nach dem Stand der 22. Novelle, BGBl. Nr. 113/1925) sah vor, dass die Delegierten zur Generalversammlung der Bezirkskrankenkassen von den Mitgliedern und die Mitglieder des Vorstandes von der Generalversammlung gewählt werden; die Vorstandsmitglieder mussten aber keineswegs Mitglieder der Generalversammlung sein, es genügte, dass sie Kassenmitglieder waren. Zudem ließ das Gesetz völlig offen, in welcher Weise die Arbeitgebervertreter zu bestellen sind, und behielt die Entscheidung der Satzung (dem 'Statut') vor.

Nach dem 'Unfallversicherungsgesetz 1887' (Gesetz betreffend die Unfallversicherung der Arbeiter, RGBl. Nr. 1/1888, auch noch nach dem Stand der 15. Novelle BGBl. Nr. 247/1925) setzte sich der Vorstand der Versicherungsanstalten, dem die gesamte Geschäftsführung und die Vertretung der Anstalt nach außen oblag, je zu einem Drittel aus Vertretern der Betriebsunternehmer, der Versicherten und aus Personen zusammen, die mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Bezirks vertraut waren und vom Innenminister im Einvernehmen mit der Landesregierung bestellt wurden.

Das für die Angestellten geltende 'Pensionsversicherungsgesetz 1906' (Gesetz betreffend die Pensionsversicherung der in privaten Diensten und einiger in öffentlichen Diensten Angestellten, RGBl. Nr. 1/1907, auch noch nach dem Stand der 9. Novelle, BGBl. Nr. 373/1923) schrieb die repräsentative Wahl der Mitglieder zur Generalversammlung durch die Landesstellenausschüsse und die Bestellung von zwanzig Vorstandsmitgliedern aus der Mitte der Generalversammlung vor, die Bestellung des Präsidenten der Anstalt, der kein Mitglied der Anstalt sein durfte, erfolgte jedoch durch den Innenminister.

... An diesen historischen Beispielen lässt sich erkennen, dass die weisungsungebundene und nur der Staatsaufsicht unterliegende Organisation der Sozialversicherung, wie sie vom B-VG vorgefunden und übernommen wurde, verschiedene Arten von Bestellungsvorgängen kannte. Dabei wurde das Prinzip der Bestellung aller Organmitglieder durch das Organ selbst ebenso durchbrochen wie das Postulat, dass die Organmitglieder nur aus der Mitte der Mitglieder zu berufen sind.

Ergänzend sei noch festgehalten, dass bereits dem Gesetzgeber des Jahres 1925 die Einrichtung einer gegliederten Selbstverwaltung bekannt war. Das zu diesem Zeitpunkt in Kraft stehende Arbeiterkammergesetz hatte nämlich schon die Einrichtung eines Arbeiterkammertages vorgesehen (Gesetz vom 26. Feber 1920 über die Errichtung von Kammern für Arbeiter und Angestellte, StGBl. 100/1920 idF 469/1920). Eine gegliederte Selbstverwaltung mit hierarchischem Aufbau, wie sie später auch für das moderne Recht der Sozialversicherung charakteristisch wurde, war also bereits vor 1925 bekannt und gehörte zu den Gestaltungsformen der Selbstverwaltung. Der Gesetzgeber ist freilich nicht streng an die historische Form gebunden, es verbleibt ihm vielmehr bei der Umsetzung ein politischer Gestaltungsspielraum, sofern er dabei die Grenzen einer systematischen Fortentwicklung nicht überschreitet.

... Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die Unabhängigkeit von staatlichen Weisungen nur im Rahmen der Selbstverwaltung verfassungskonform ist; eine frei von staatlichen Weisungen arbeitende Sozialversicherung, die nicht als Selbstverwaltung organisiert ist, wäre als verfassungswidrig anzusehen.

Mit den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Prüfungsbeschluss ist festzuhalten, dass es nicht darum geht, ob ein gesamter Bereich, also etwa die gesamte Sozialversicherung, weisungsfrei als Selbstverwaltung eingerichtet ist. Diese Frage ist vielmehr von Organ zu Organ zu beantworten.

... In diesem Sinn vertrat der Verfassungsgerichtshof etwa die Auffassung, dass die Disziplinarkommission für Tierärzte (vgl. Erkenntnis vom , B1001/1990) oder der Disziplinarberufungssenat für Apotheker (vgl. Erkenntnis vom , G181/1986) keine Organe der jeweiligen Berufskammer sind, obwohl sie bei diesen Kammern eingerichtet waren. Trotz ihrer Einbettung in das organisatorische Gefüge einer grundsätzlich auf Selbstverwaltung ausgerichteten Institution muss eine entscheidungsberechtigte Stelle daher nicht zwingend ein Organ der Selbstverwaltung sein. Es ist durchaus möglich, dass ein organisatorisch in einen Sozialversicherungsträger oder in den Hauptverband eingebundenes Organ kein Organ der Selbstverwaltung, sondern ein an staatliche Weisungen gebundenes Organ ist.

Der Gesetzgeber, der eine Institution als Selbstverwaltungskörper einrichtet und ihr in diesem Rahmen Weisungsfreiheit einräumt, kann dieser Institution auch Aufgaben übertragen, die unter staatlicher Weisung durchzuführen sind. Es ist daher zwischen dem eigenen Wirkungsbereich, in dem Weisungsfreiheit besteht, und einem übertragenen Wirkungsbereich, in dem das Organ der Selbstverwaltung staatlichen Weisungen unterliegt, zu unterscheiden. Das verfassungsrechtliche Konzept der Selbstverwaltung kennt also durchaus Mischformen: Selbstverwaltungskörper, in die Organe eingebunden sind, die einem staatlichen Weisungsrecht unterworfen sind, und Organe der Selbstverwaltung, denen Weisungsfreiheit zukommt (Tomandl, ZAS 2002, 131).

... Im Zentrum der Diskussion nach den Grenzen der Selbstverwaltung steht im vorliegenden Fall die Art der Bestellung der Mitglieder der Organe. Als ein grundlegender Bestandteil des Begriffes der Selbstverwaltung wird sowohl von der Lehre als auch von der Rechtsprechung die Bestellung der Organe durch die Mitglieder angesehen, wobei üblicherweise noch hinzugefügt wird, dass die Organe aus dem Kreis der Mitglieder bestellt werden müssen (vgl. Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 384f; Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung, 17). Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Sinn Einrichtungen, deren Mitglieder nicht zur Gänze von Kammerorganen, sondern zum Teil von einem Bundesminister bestellt werden, nicht als Organe der Selbstverwaltung anerkannt.

Da die Mitglieder des Präsidiums des 'alten' Hauptverbandes vom Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen ernannt wurden, wobei die Sozialpartner lediglich anzuhören waren, wurden daher seit langem in der Literatur verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Organisationsform geäußert (Günther, Verfassung und Sozialversicherung, 249f).

... Dies führt zur grundlegenden Fragestellung, ob im Rahmen der Selbstverwaltung die Bestellung tatsächlich aller Organwalter durch die Mitglieder erfolgen muss und ob diese zudem aus ihrer Mitte kommen müssen. Für den Bereich der Sozialversicherung ist nach Auffassung der Bundesregierung diese Frage zu verneinen, da eine derartige Form der Bestellung keine notwendige Voraussetzung für die Selbstverwaltung der präkonstitutionellen Sozialversicherung war, wie die oben angeführten Beispiele ('Krankenversicherungsgesetz 1888', 'Unfallversicherungsgesetz 1887' und 'Pensionsversicherungsgesetz 1906') zeigen.

Vor diesem Hintergrund erscheint die bis zur [58]. ASVG-Novelle vorgesehene Ernennung des Präsidiums des Hauptverbandes durch den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen ebenso wenig verfassungsrechtlich bedenklich wie der Umstand, dass in einem Organ der Sozialversicherung als Minderheit auch Personen vertreten sind, die von staatlicher Seite bestellt werden und/oder keine Mitglieder der Sozialversicherung sind. Ausnahmen dieser Art finden ihre Legitimation im historischen Modell der Sozialversicherung und in dem Umstand, dass bei der Beurteilung des Vorliegens einer verfassungskonformen Selbstverwaltung eine typologische Betrachtungsweise durchzuführen ist.

... Überdies ist darauf hinzuweisen, dass die Selbstverwaltung keinen Selbstzweck darstellt, sondern ganz bestimmten Zielen dienen muss. Selbstverwaltung bedeutet keine Garantie eines abgehobenen Eigenlebens oder einer 'Autonomie' bestimmter Organe von Körperschaften oder ähnlichen Einrichtungen, Selbstverwaltung ist vielmehr, wie der Verfassungsgerichtshof überzeugend ausgeführt hat (VfSlg 8215/1977), eine Organisationsform zur Erledigung von Angelegenheiten, 'die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zur Selbstverwaltungskörperschaft zusammengefassten Personen gelegen und geeignet sind, durch diese Gemeinschaft besorgt zu werden'. Diese Personen als originäre Träger der Selbstverwaltung müssen, wie sich aus der vorkonstitutionellen Ausprägung der Selbstverwaltung (z.B. gesetzliche Interessenvertretungen, Sozialversicherung) zwangsläufig ergibt, natürliche Personen sein. Eine aus dem staatlichen Weisungszusammenhang gelöste Selbstverwaltung, deren originäre Träger juristische Personen wären, also eine auf Funktionäre dieser juristischen Personen zugeschnittene Selbstverwaltung, findet in der vom B-VG vorgefundenen Rechtslage keinerlei Entsprechung.

Die Selbstverwaltung muss somit stets im Dienste dieser zu einer Gemeinschaft zusammengefassten natürlichen Personen stehen, weshalb sich als Bestellungsmodus für die erforderlichen Organe dieser Gemeinschaft in erster Linie die Urwahl anbietet. Je komplexer die Organisation ist, desto unzweckmäßiger erscheint allerdings die durchgängige Urwahl, weshalb von der Rechtsprechung und Lehre die - ebenfalls vom B-VG bereits vorgefundene - mittelbare Wahl durch Repräsentanten als zulässig betrachtet wird (Korinek, in Tomandl, System des österr. Sozialversicherungsrechts, 495). Diese muss freilich - wie das schon zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes über den Präsidenten des Arbeiterkammertages belegt (VfSlg. 8644/1979) - ebenfalls demokratischen Grundsätzen entsprechen. Der Bestellungsvorgang in die Organe von Selbstverwaltungskörpern darf daher nicht so gestaltet sein, dass er Teile der repräsentierten Einzelpersonen ausschließt. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass unter demokratischen Gesichtspunkten dem Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 8644/1979 nicht bedenklich erschien, dass der Präsident des Arbeiterkammertages nur mittelbar durch Repräsentanten gewählt wurde, als verfassungswidrig sah er lediglich an, dass bei dieser Wahl nur die Wiener Dienstnehmer repräsentiert waren. Aus diesem Erkenntnis können daher nach Auffassung der Bundesregierung hinsichtlich der Zulässigkeit mittelbar demokratischer Legitimation keine darüber hinausreichenden Schlüsse gezogen werden.

... Bei der Beurteilung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung darf nie aus den Augen verloren werden, dass sie sich aus mehreren Repräsentationsebenen zusammensetzt. Zwischen den einzelnen Versicherten und den Sozialversicherungsträger schieben sich die zur Bestellung von Organmitgliedern berufenen Interessenverbände. An diesem Bestellungsmodus hat der Verfassungsgerichtshof bisher nie Kritik geübt. Mit der Errichtung des Hauptverbandes in der Zweiten Republik, die der Verfassungsgerichtshof in seiner jahrzehntelangen Rechtsprechung ebenfalls nie für verfassungsrechtlich bedenklich gehalten hat, kam eine dritte Repräsentationsebene hinzu. Die im ASVG vorgesehene Bestellung der Mitglieder der Organe des Hauptverbandes durch die Sozialversicherungsträger hat den Bestellungsvorgang noch eine Ebene weiter weg von den eigentlichen Trägern der Selbstverwaltung (den Versicherten und ihren Dienstgebern) angesiedelt. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, dass die Legitimation der Selbstverwaltung umso schwächer wird, je weiter sich die Bestellung der Organe vom unmittelbaren Einfluss ihrer Träger, also der Versicherten und ihrer Dienstgeber, entfernt.

Daher bedeutet eine versichertennähere Bestellung, also durch Urwahl und nicht durch Repräsentanten oder durch die Interessenverbände und nicht durch die Sozialversicherungsträger, keine 'Verdünnung' der demokratischen Legitimation, sondern deren Stärkung. Die Legitimation der gesamten Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, und damit auch jener im Hauptverband, ist eben nicht darin zu finden, dass im Hauptverband einige Körperschaften des öffentlichen Rechts zusammengefasst sind, sondern nur darin, dass der Hauptverband die Versicherten und ihre Dienstgeber in höchster Stufe repräsentiert.

... Aus diesen Überlegungen ergeben sich nach Auffassung der Bundesregierung folgende Schlussfolgerungen:

Da das historische Modell der Selbstverwaltung die repräsentative Bestellung der Organe schon bei einfachen Selbstverwaltungskörpern gestattet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Verfassung die direkte Wahl der Organe eines Spitzenverbandes (wie des Hauptverbandes) fordert. Es muss daher auch eine indirekte Wahl zulässig sein, die demokratischen Grundsätzen entspricht. Andererseits kann der Verfassung gerade unter dem Gesichtspunkt der demokratischen Legitimation aber auch nicht entnommen werden, dass bei mittelbarer Wahl die Bestellung der Organe in der Weise stufenförmig erfolgen müsse, dass die Organe der jeweils übergeordneten Repräsentationsebene nur von Organen der jeweils unmittelbar untergeordneten Repräsentationsebene bestellt werden dürfen. Es wäre selbst im Bereich der staatlichen Organisation alles andere als ein Verstoß gegen das 'Demokratieprinzip', wenn etwa die Wahl der Mitglieder des Bundesrates oder die Bestellung des Landeshauptmanns unmittelbar den Landesbürgern übertragen würde. Besteht die Legitimation der einzelnen Sozialversicherungsträger in der durch die Interessenverbände ausgeübten Repräsentation der Versicherten und ihrer Dienstgeber, und daran ist nicht zu zweifeln, dann kann es nicht verfassungswidrig sein, wenn den Interessenverbänden auch die Bestellung weiterer Repräsentationsebenen übertragen wird. Ihre demokratische Legitimation - wie sie nun auch gesetzlich durch die Beachtung der Mehrheitsverhältnisse bei den Urwahlen festgeschrieben ist - ist in diesem Zusammenhang eben wesentlich stärker als die jener Organe, die von ihnen selbst eingesetzt wurden.

... Es gibt auch kein verfassungsrechtliches Gebot, dass die Bestellungsvorgänge für verschiedene Organe einer juristischen Person stets denselben Grundsätzen folgen müssen. Es kann durchaus zweckmäßig sein, die Bestellung der Mitglieder einer Haupt- oder Generalversammlung anderen Regeln zu unterwerfen als die Bestellung der Mitglieder eines kontrollierenden oder operativ wirkenden Organs. In den Gesetzesmaterialien finden sich sachgerechte Begründungen, warum bei der Bestellung des Verwaltungsrates anders vorgegangen werden soll als bei der Bestellung der Mitglieder der Hauptversammlung. Der Vorstellung, dem Gesetz läge eine unzulässige Kombination von beruflicher Selbstverwaltung und Selbstverwaltung der Sozialversicherung vor, kann nicht gefolgt werden. Würde man ihr folgen, dann könnte es in der österreichischen Sozialversicherung nur die berufliche Selbstverwaltung geben, da das Entsendungsrecht in die Organe der Sozialversicherungsträger ausschließlich von beruflichen Interessenvertretungen wahrzunehmen ist. Im Rahmen dieser Vorstellung wird auch nicht beachtet, dass die Kreation von Organen der Sozialversicherung und die Art der Aufgabenerfüllung dieser Organe zwei völlig verschiedene Aspekte sind. Die von den beruflichen Interessenverbänden entsandten Versicherungsvertreter haben dort nicht die Interessen ihres jeweiligen Berufsstandes zu vertreten, sondern jene Aufgaben zu erfüllen, die dem Sozialversicherungsträger durch Gesetz übertragen wurden. Sie sollen zwar das Vertrauen ihrer entsendenden Stellen besitzen, sind aber ausdrücklich zur unparteiischen Amtsführung verpflichtet (§424 ASVG). Wenn daher auch bestimmte Organe der Sozialversicherungsträger durch Interessenverbände beschickt werden, bedeutet das keinesfalls die Schaffung einer beruflichen Selbstverwaltung, sondern eine Selbstverwaltung der Sozialversicherung.

... Für die Selbstverwaltung wird als charakteristisch angesehen, dass sie ein Eigenleben in Selbstverantwortung führen (VfSlg 3708/1960) und ihre Organe autonom bestellen kann (VfSlg 8644/1979). Danach müsse die oberste Leitung und Willensbildung in allen entscheidenden Fragen den gewählten Organen vorbehalten bleiben (vgl. auch Adamovich, Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts, 5. Aufl. Band I, 1954), die Selbstbestellung der Organwalter sei ein 'typisches Merkmal' (Ringhofer, in Pittermann, Mensch und Staat, 1962, 167; ähnlich Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung, 1970, 17) und diese Bestellung erfolge regelmäßig durch Wahl (Ringhofer und Korinek a.a.O., Reiger, Katholisches Sozialklexikon, 1964, Sp 983). Dabei wird deutlich, dass es sich um elastisch formulierte Anforderungen handelt. Wenn die Selbstbestellung und die Bestellung durch Wahl nur 'typische' Merkmale der Selbstverwaltung darstellen, dann bedeutet dies, dass diese Merkmale nicht zwingend gegeben sein müssen, die Anerkennung einer Organisationseinheit als Selbstverwaltung daher nicht daran scheitern muss, wenn sie fehlen. Entscheidend ist vielmehr stets das Gesamtbild, aus dem sich ergeben muss, ob es dem 'typischen Erscheinungsbild der Selbstverwaltung' so weit nahe kommt, dass es diesem noch zugeordnet werden kann. Typusbegriffe zeichnen sich eben dadurch aus, dass weder alle Merkmale festliegen, noch sich allgemein sagen lässt, bis zu welchem Grad einzelne Merkmale erfüllt sein müssen und in weichem Umfang sich das Fehlen oder nur abgeschwächte Vorhandensein einzelner Merkmale durch andere, allenfalls zusätzliche Merkmale kompensieren lässt (grundlegend vgl. Hempel und Kempsky, in Albert, Theorie und Realität, 191 ff bzw. 209 ff). Die verfassungsrechtliche Beurteilung muss daher von zwei Grundprämissen ausgehen: (1.) der Typusbegriff der Selbstverwaltung kann nur historisch gewonnen werden, und zwar durch Analyse der vor dem durch Gesetz eingerichteten Selbstverwaltungskörper und (2.) nicht jede Abweichung von diesem Typus kann unzulässig sein, da sich der Typusbegriff durch die eben herausgearbeitete Elastizität auszeichnet. Dem einfachen Gesetzgeber muss daher ein nicht unerheblicher Spielraum eingeräumt werden, in welcher Weise er die historisch überkommenen Modelle der Selbstverwaltung modifiziert.

... In diesem Sinne ist auch die vom Verfassungsgerichtshof immer wieder, auch unter Berufung auf Lehrmeinungen, betonte Notwendigkeit der Bestellung der Mitglieder der Organe eines Selbstverwaltungskörpers aus der Mitte der Angehörigen des Selbstverwaltungskörpers zu beurteilen. Auch sie ist nur ein typisches, aber nicht notwendiges Merkmal der Selbstverwaltung. Zudem ist sie in dieser Form nur für einstufige Selbstverwaltungskörper überzeugend und offenkundig auch nur auf diese zugeschnitten. Bei einem gegliederten Selbstverwaltungskörper muss es - wie oben ausgeführt - zulässig sein, dass die Bestellung eines übergeordneten Organs sowohl unmittelbar durch die Mitglieder als auch mittelbar durch ein untergeordnetes Organ erfolgt. Zu erinnern ist beispielsweise daran, dass die Vorstandsmitglieder der Sozialversicherungsträger vor der Organisationsreform unmittelbar von den gesetzlichen Interessenvertretungen bestellt und nicht durch die Hauptversammlung gewählt wurden, ohne dass dies je verfassungsrechtlich beanstandet wurde. Ob die Bestellung unmittelbar oder mittelbar bzw. im Rahmen der mittelbaren Bestellung durch ein den Mitgliedern näher oder ferner stehendes Organ erfolgen soll, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit, die vom einfachen Gesetzgeber im Rahmen seiner politischen Gestaltungsfreiheit zu entscheiden ist.

... Die vom B-VG vorausgesetzte Selbstverwaltung ist eben ein Typusbegriff, der eine große Zahl von Ausgestaltungsmöglichkeiten zulässt, wobei die Zulässigkeit in erster Linie an Hand der vorkonstitutionellen Ausprägung bestehender Selbstverwaltungskörper zu beurteilen ist. Aus dem Umstand, dass bei einer Organisationseinheit das eine oder andere als typisch empfundene Merkmal nur schwach ausgeprägt ist oder sogar fehlt, folgt daher keineswegs zwingend, dass dadurch der Typus der Selbstverwaltung verlassen wurde. Wenn daher in der vorkonstitutionellen Sozialversicherung weder alle Organmitglieder aus der Mitte der Angehörigen stammen noch von diesen bestellt werden mussten - wie dies oben nachgewiesen wurde -, dann muss auch eine moderne Ausgestaltung der Sozialversicherung verfassungsrechtlich zulässig sein, die diesem Muster folgt. Da der Verwaltungsrat aus Versicherungsvertretern bestehen muss, ist sichergestellt, dass damit eine ausreichende Vertretung der Versicherten und ihrer Dienstgeber gewährleistet ist. Und da ihre Bestellung durch die Interessenverbände der Dienstnehmer und Dienstgeber erfolgt, handelt es sich um einen Bestellungsvorgang, der dem Demokratiegebot besser entspricht als eine Bestellung durch die Organe der Sozialversicherungsträger.

Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass die Art der Bestellung der Mitglieder des Verwaltungsrates - auch vor dem Hintergrund der von ihm wahrzunehmenden Aufgaben - nach Auffassung der Bundesregierung nicht der Verfassung widerspricht.

3. Zur Nichtberücksichtigung der Landarbeiterkammern:

Der Verfassungsgerichtshof hegt weiters Bedenken, dass den gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer in der Landwirtschaft kein Entsendungsrecht in den Verwaltungsrat zukommt, obwohl der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern ein solches eingeräumt wurde. Dazu ist zunächst zu bemerken, dass dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger die Sozialversicherungsanstalt der Bauern als Mitglied angehört, also ein Sozialversicherungsträger, dem nur selbständige Land- und Forstwirte angehören. Ohne dieses Nominierungsrecht wären daher die selbständigen Bauern, die der Gesetzgeber als eigene Versichertengemeinschaft anerkannt hat, im Verwaltungsrat überhaupt nicht vertreten. Damit wäre der im Erkenntnis zum Arbeiterkammertag zum Ausdruck gekommene Mangel, dass ein wesentlicher Teil der Angehörigen von der Wahl ausgeschlossen wird, verwirklicht worden.

Demgegenüber hat der Gesetzgeber die Landarbeiter seit der Auflösung der eigenen Landwirtschaftskrankenkassen nicht mehr als eigene Riskengemeinschaft anerkannt. Die Landarbeiter sind heute ein kleiner Teil der großen Riskengemeinschaft der Arbeiter im Rahmen des ASVG. Die gesetzlichen Interessenvertretungen der Landarbeiter sind in die Bestellung der Versicherungsvertreter dieser Sozialversicherungsträger eingebunden, können aber wegen ihrer im Vergleich zu den Arbeiterkammern geringen Mitgliederzahlen nach § 421 ASVG nur eine untergeordnete Anzahl an Versicherungsvertretern entsenden. Angesichts der geringen Größe des Verwaltungsrates erscheint es daher keineswegs als unsachlich oder dem Gedanken der Selbstverwaltung widersprechend, wenn für Versicherte, die nicht als eigene Riskengemeinschaft anerkannt sind und die auch innerhalb der bestehenden Riskengemeinschaften nur eine kleine Minderheit darstellen, keine eigenen Vertreter im Verwaltungsrat des Hauptverbandes vorgesehen werden.

4. Zur Einbeziehung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst

Gegen die Einbeziehung der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes in den Kreis der in den Verwaltungsrat entsendungsberechtigten Stellen hegt der Verfassungsgerichtshof vorläufig deshalb Bedenken, weil die Gewerkschaft nicht in die Bestellung der Versicherungsvertreter eingebunden sei, weshalb es am notwendigen 'Zusammenhang zwischen Wahl und Bestellung' fehle. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass zu den im Hauptverband zusammengeschlossenen Sozialversicherungsträgern auch die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) gehört und zu den dort Versicherten die Beamten gehören. In die Bestellung der Versicherungsvertreter der BVA ist die zuständige Gewerkschaft kraft Gesetzes eingebunden, da sie Besetzungsvorschläge einzubringen hat (§133 B-KUVG). Andererseits besteht keine einheitliche gesetzliche Vertretung der Beamten. Es war daher durchaus im Sinne der Grundsätze der Selbstverwaltung, wenn der Gesetzgeber die einzige umfassende Interessenvertretung der Beamten in die Bestellung ihrer Vertreter eingebunden hat. Hätte er das nicht getan, könnte der schwerwiegende verfassungsrechtliche Vorwurf erhoben werden, dass einer auch zahlenmäßig bedeutenden Gruppe von Versicherten keine Vertretungsmöglichkeit eingeräumt wurde. Bei richtiger Würdigung des Gedankens der Selbstverwaltung kann daher - mangels Vorhandenseins einer umfassenden gesetzlichen Interessenvertretung der Beamten - gegen die versichertennächste Lösung, nämlich die größte freiwillige Interessenvertretung der Beamten in den Bestellungsvorgang einzubeziehen, kein verfassungsrechtliches Bedenken erhoben werden.

5. Zu den Grundsätzen der Verhältniswahl:

Der Verfassungsgerichtshof hegt aber auch Bedenken, durch die Bestimmung des § 441b Abs 2 ASVG könnte das Ergebnis der Verhältniswahl in den gesetzlichen Interessenvertretungen weitgehend ausgeschaltet' werden, wodurch sich 'eine grobe Verzerrung' der Zusammensetzung des Verwaltungsrates ergäbe. Das erforderliche 'Minimum demokratischer Legitimation' scheine daher nicht vorzuliegen.

Diese Auffassung kann von der Bundesregierung nicht geteilt werden. Ohne diese Bestimmung würden von der Wirtschaftskammer Österreich und der Bundesarbeitskammer nur Vertrauensleute der beiden größten Fraktionen entsandt werden, wie dies der bisherigen Übung entspricht. Für Minderheiten in den beiden großen Kammern gäbe es keine Möglichkeit, an der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung mitzuwirken. Die nunmehr vorgeschriebene Berücksichtigung auch der jeweils drittstärksten Fraktion ist eine typische Minderheitenschutzbestimmung. Jeder Schutz von Minderheiten bei Wahlen und Bestellungsvorgängen bedeutet notwendigerweise eine Durchbrechung des den Wahlen oder Bestellungen zugrunde liegenden Prinzips, im Anlassfall also des Verhältniswahlrechts. Dem Verfassungsgerichtshof ist allerdings zuzugeben, dass es auch übersteigerten Minderheitenschutz geben kann, der zu einer Art Knebelung der Mehrheit führen könnte. Ein solcher krass überzogener Minderheitenschutz liegt im Anlassfall aber keineswegs vor. Fünf der insgesamt sechs Vertreter, die Wirtschaftskammer Österreich und Bundesarbeitskammer jeweils zu entsenden haben, stehen für die beiden stärksten Fraktionen zur Verfügung, nur ein Sechstel der zu entsendenden Vertreter entfällt auf die jeweils drittstärkste Fraktion. Davon, dass es durch diese Minderheitenbeteiligung zu 'einer groben Verzerrung' der Zusammensetzung des Verwaltungsrates komme, kann daher nicht die Rede sein.

6. Zur Bestellung der Geschäftsführung:

... Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die Bestellung der Geschäftsführung zunächst dasselbe Bedenken wie gegen die Bestellung des Verwaltungsrates ..., nämlich dass an ihr weder die Hauptversammlung des Hauptverbandes noch die Sozialversicherungsträger teilnehmen können. Andererseits betont er, es dürfte aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts dagegen sprechen, die Geschäfte des Hauptverbandes durch hauptberuflich tätige 'Manager' führen zu lassen. Es scheine aber im Hinblick auf die Freistellung der Selbstverwaltung aus dem Weisungszusammenhang des Art 20 Abs 1 B-VG erforderlich, dass diese Manager im Wege der Weisungsbindung an die Organe der Selbstverwaltung zurückgekoppelt werden ...

... Da die Mitglieder der Geschäftsführung vom Verwaltungsrat bestellt werden und von diesem auch wieder abberufen werden können, erscheint dieser Bestellungsvorgang im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Selbstverwaltung nur dann bedenklich, wenn die Bestellung des Verwaltungsrates der Verfassung nicht entsprechen würde. Insofern teilt die Geschäftsführung die rechtliche Beurteilung des Verwaltungsrates. Entspricht diese, wie unten ausgeführt, den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Selbstverwaltung, dann erscheint ihre Bestellung unproblematisch.

... Einzugehen ist daher auf die Frage der Weisungsbindung. Die Bindung aller staatlichen Verwaltungsorgane an Weisungen im Sinne des Art 20 Abs 1 B-VG erfährt ihre Rechtfertigung nur durch die Ministerverantwortlichkeit. Da der zuständige Bundesminister die rechtliche Verantwortung für alle Vollzugsakte in seinem Zuständigkeitsbereich trägt, muss es ihm auch möglich sein, die gesamte Verwaltungstätigkeit in diesem Bereich nicht nur zu kontrollieren, sondern auch durch Weisungen gestalten zu können. Dieses Prinzip der Ministerverantwortlichkeit ist dem Konzept der Selbstverwaltung fremd. Die Organe der Selbstverwaltung sind zur sorgfältigen Erfüllung ihrer Aufgaben verpflichtet und können wegen Vernachlässigung dieser Sorgfalt zur Rechenschaft gezogen werden, doch gibt es ein Durchgriffsrecht höherer Organe gegenüber nachgeordneten Organen nur dort und nur in dem Ausmaß, als dies ausdrücklich im Gesetz geregelt ist. Vor allem bei einer gegliederten Selbstverwaltung, ob es sich dabei um gesetzliche Interessenvertretungen wie die Wirtschaftskammern oder Sozialversicherungsträger handelt, unterliegt es keinem Zweifel, dass die Spitzenorganisationen (Wirtschaftskammer Österreich oder Hauptverband) grundsätzlich nicht in die Entscheidungsprozesse der nachgeordneten Organisationseinheiten (Landeskammern, Fachverbände, Fachgruppen; Sozialversicherungsträger) eingreifen können. Das ergibt sich nicht nur aus der aktuellen gesetzlichen Ausgestaltung der Selbstverwaltung, sondern ebenso aus dem historischen, vom BVG vorgefundenen Modell der Selbstverwaltung.

... In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass auch keinerlei rechtspolitisches Bedürfnis nach so weitreichenden Eingriffen der Spitze der Selbstverwaltung in die Tätigkeit der einzelnen nachgeordneten Organe besteht, da durch das staatliche Aufsichtsrecht hinsichtlich sämtlicher Organe aller Selbstverwaltungskörper ohnedies die Rechtmäßigkeit sämtlicher Entscheidungen einer wirksamen Kontrolle unterworfen wird. Im Falle der Sozialversicherungsträger kommt hinzu, dass sie nicht nur der Rechtsaufsicht unterworfen wurden, sondern auch der Kontrolle über die Wirtschaftlichkeit und sogar Zweckmäßigkeit ihres Handelns. Darüber hinaus ist auch auf die Haftung der Organwalter in der Sozialversicherung hinzuweisen, die über die allgemeinen Amts- bzw. Organhaftungsbestimmungen hinausgeht.

Es besteht daher keinerlei Sacherfordernis, das Erfordernis der durchgehenden Weisungsbindung, das zur Realisierung der Ministerverantwortlichkeit unverzichtbar erscheint, auf die Selbstverwaltung zu erstrecken. Die Grundsätze, die für die staatliche Verwaltung entwickelt wurden, können nicht ohne weiteres auf die Selbstverwaltung übertragen werden. Es darf nicht übersehen werden, dass für die Selbstverwaltung als von der Bundesverfassung nur vorausgesetzte Organisationsform, für weiche die Bundesverfassung eben keine ausdrücklichen Regelungen bereit gestellt hat, die verfassungsrechtlichen Grundsätze nur so weit Geltung beanspruchen können, als die für die Entwicklung dieser Grundsätze verantwortlichen Sachverhalte auch im Bereich der Selbstverwaltung vorliegen. Aus dem Wesen der Selbstverwaltung folgt, dass der zuständige Minister den Organen der Selbstverwaltung keine Weisung erteilen kann, die Ministerverantwortung daher auf die Ausübung seines Aufsichtsrechts beschränkt ist. Daher besteht insoweit eine entscheidende Abweichung von dem 'allgemein bestimmten Aufbau der staatlichen Verwaltung'. In Folge dessen kann die Selbstverwaltung nach Auffassung der Bundesregierung auch nicht jenen Grundsätzen der staatlichen Verwaltung unterstellt werden, die der Durchsetzung der Ministerverantwortlichkeit dienen, wie eben dem Weisungsrecht. Andererseits sollte nicht bezweifelt werden, dass auch für die Selbstverwaltung das Sachlichkeitsgebot und das Effizienzgebot gelten (vgl. VfSlg 3.685/1960 und 14.473/1996).

... Nach Auffassung der Bundesregierung erscheint im vorliegenden Fall durch die Einsetzung von hauptberuflich tätigen Funktionsträgern auch das Effizienzgebot verwirklicht zu sein. Oben wurde gezeigt, dass im Rahmen der Selbstverwaltung keine - der Ministerverantwortlichkeit vergleichbare - umfassende rechtliche Verantwortlichkeit eines Spitzenorgans realisiert werden muss. In der Selbstverwaltung kann es vielmehr nur darum gehen, dass in den wichtigen Fragen Entscheidungen getroffen werden, die im Interesse der zur Selbstverwaltung zusammengefassten Individuen liegen und von diesen auch zumindest mittelbar durch ihre Repräsentanten beeinflusst werden können. Blickt man nun auf die Geschäftsführung, so hat sie unzweifelhaft wichtige Aufgaben. Entscheidend erscheint daher, ob zureichend Vorsorge dafür getroffen wurde, dass bei ihrer Amtsführung die Interessen der Mitglieder gewahrt bleiben. Dies ist nach Auffassung der Bundesregierung der Fall:

... Zunächst unterliegen die Mitglieder der Geschäftsführung der dauernden politischen Verantwortung gegenüber dem Verwaltungsrat, da sie vom Verwaltungsrat nicht nur jeweils auf Zeit bestellt, sondern jederzeit mit qualifizierter Mehrheit auch ohne Angabe von Gründen abberufen werden können (§441c Abs 4 ASVG). Weiters ist für eine Reihe wichtiger Aufgaben (vgl. § 442a Abs 3 ASVG) die Zustimmung des Verwaltungsrates erforderlich. Und schließlich kann der Verwaltungsrat in besonders begründeten Fällen bestimmte Aufgaben an sich ziehen oder seiner Genehmigung unterwerfen. In diesem Zusammenhang ist auch auf die bisherigen, verfassungsrechtlich unbestrittenen Delegationsnormen des ASVG hinzuweisen. Gemäß § 456a ASVG können die Vorstände im Wege der Geschäftsordnung Angelegenheiten an engere Ausschüsse oder an das Büro (den Generaldirektor) des Versicherungsträgers übertragen. Auch diese Delegationen können gesetzlich ohne Vorbehalt eines Weisungsrechtes erfolgen und wurden bei allen Versicherungsträgern auch tatsächlich ohne solche Vorbehalte ausgestaltet. Gegen diese Vorgangsweise wurden bisher keinerlei verfassungsrechtliche Bedenken, auch nicht aus Sicht des Prinzips der Selbstverwaltung geltend gemacht, weil ja durch die Möglichkeit der Aufhebung einer solchen Delegationsbestimmung und durch die disziplinäre Verantwortlichkeit des leitenden Angestellten sichergestellt ist, dass im Zweifel die Selbstverwaltung ihren Willen im Rahmen der Gesetze durchsetzen kann. Nicht anders ist letztlich die Aufgabenverteilung zwischen Geschäftsführung und Verwaltungsrat im Hauptverband zu beurteilen. Insbesondere steht es dem Verwaltungsrat nämlich frei, bestimmte Abgelegenheiten an sich zu ziehen oder bei Säumnis der Geschäftsführung selbst zu besorgen.

Durch diese Bestimmungen erscheint gewährleistet, dass die Mitglieder der Geschäftsführung einerseits den nötigen Handlungsspielraum zur Besorgung ihrer Aufgaben besitzen, andererseits aber stets das Vertrauen des Verwaltungsrates besitzen müssen. Der Verwaltungsrat verfügt eben über ausreichende Instrumente, um sicherzustellen, dass die Aufgabenerfüllung der Geschäftsführung seinen Intentionen entspricht. In bestimmten Fragen hat er das Zustimmungsrecht, andere Fragen kann er notfalls an sich ziehen und als schärfstes Mittel kann er die Mitglieder der Geschäftsführung ihrer Funktion entkleiden. Das müsste ausreichen, um zu verhindern, dass die Geschäftsführung ihre Aufgaben in einer Weise wahrnimmt, die den Vorstellungen des Verwaltungsrats nicht entspricht.

... Für die Notwendigkeit einer 'Rückkoppelung' der Entscheidungen der Geschäftsführung im Sinne eines durchgehenden Weisungszusammenhanges im Bereich der Selbstverwaltung lässt sich somit keine zureichende verfassungsrechtliche Begründung finden. Wäre der einfache Gesetzgeber verpflichtet, im Rahmen der Selbstverwaltung eine durchgehende Weisungsbindung einzuführen, würde die Struktur des historisch ausgeprägten und von der Bundesverfassung vorausgesetzten Modells der Selbstverwaltung entscheidend verändert werden. Es muss vielmehr genügen, dass die den einzelnen Organen übertragenen Aufgaben von diesen effizient und im Sinne der zur Selbstverwaltung zusammengeschlossenen Personen erfüllt werden können. Dazu ist es lediglich erforderlich, dass die Mitglieder oder die von ihnen direkt oder indirekt gewählten Repräsentanten ausreichende Mittel besitzen, um sicherzustellen, dass die nichtgewählten ausführenden Personen in ihrem Sinne handeln.

... Zusammenfassend lässt sich daher folgendes festhalten:

Mangels einer der Ministerverantwortlichkeit in der staatlichen Verwaltung vergleichbaren Organisationsstruktur der nur als Typus von der Verfassung vorausgesetzten Selbstverwaltung müssen dem einfachen Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Entscheidungsvorgänge Spielräume offen bleiben, solange er dafür Sorge trägt, dass sich Organe nicht von der Willensbildung des Selbstverwaltungskörpers abkoppeln und ihre Aufgabe nur nach eigenen Vorstellungen durchführen können. Dieser Aufgabe ist der Gesetzgeber im ASVG nachgekommen, da er hinsichtlich der Geschäftsführung ausreichend für die Durchsetzung der Interessen der in der Selbstverwaltung zusammengeschlossenen Dienstnehmer und Dienstgeber gesorgt hat.

7. Zur Annahme einer Beleihung:

Der Verfassungsgerichtshof wirft auch die Frage auf, ob man den Verwaltungsrat und damit auch die Geschäftsführung als ausgegliederte Rechtskörper ansehen könnte, die Aufgaben der Staatsverwaltung erfüllen. Der Verfassungsgerichtshof hält es an sich für zulässig, Aufgaben die dem Hauptverband übertragen wurden, 'in den übertragenen Wirkungsbereich, also in den Funktionszusammenhang mit staatlichen Organen zu verlagern' ... Dazu müsse der Hauptverband 'durch gesetzliche Anordnung ausdrücklich in einen Weisungszusammenhang zu einem obersten Organ gestellt' werden. Die Bestimmung des Art 20 Abs 1 B-VG wirke unmittelbar nur innerhalb der Verwaltungsorganisation des Bundes und der Länder, für öffentlich-rechtliche Körperschaften müssten durch den einfachen Gesetzgeber Rechtsvorschriften erlassen werden, die einem obersten Organ ein umfassendes Weisungsrecht einräumen. Da es bezüglich des Hauptverbandes an solchen Bestimmungen fehle, lasse sich die Organisation des Hauptverbandes nicht mit dem Modell des übertragenen Wirkungsbereiches rechtfertigen.

Vor dem Hintergrund, dass den Erläuterungen zur gegenständlichen Rechtslage deutlich zu entnehmen ist, dass der Gesetzgeber die Selbstverwaltung stärken wollte und nach Auffassung der Bundesregierung gezeigt werden konnte, dass im vorliegenden Fall den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Einrichtung als Selbstverwaltungskörper entsprochen wird, erlaubt sich die Bundesregierung, von einer Stellungnahme zu diesem Problembereich Abstand zu nehmen.

8. Zur Unvereinbarkeit:

... Dem Verfassungsgerichtshof erscheint es darüber hinaus sachwidrig, leitende Funktionäre der Interessenvertretungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer mittels Unvereinbarkeitsbestimmungen schlechthin von der Mitwirkung in Organen auszuschließen, in denen Entscheidungen in Angelegenheiten getroffen werden, die die Interessen dieser Berufsgruppen betreffen.

In den Erläuterungen zu den einschlägigen Ausschuss-Abänderungen betreffend die Unvereinbarkeitsvorschriften wird Folgendes gesagt:

'Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass wesentliche Ineffizienzen in der Verwaltung des Hauptverbandes und der Versicherungsträger nicht nur durch ungenaue Kompetenzabgrenzungen der einzelnen Organe, sondern vor allem in den Mehrfachzugehörigkeiten der Organwalter begründet waren. Diesen Erkenntnissen soll im vorliegenden Entwurf Rechnung getragen werden.

So wird klargestellt, dass ein Versicherungsvertreter bzw ein leitendes Organ einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft oder eines kollektivvertragsfähigen Vereins nicht gleichzeitig Mitglied des Verwaltungsrates, der Geschäftsführung oder der Controllinggruppe sein kann. Die diesbezügliche Unvereinbarkeit ist darin begründet, dass man nicht gleichzeitig die Interessen des Sozialversicherungsträgers und jene des kontrollierenden Hauptverbandes, nicht gleichzeitig das Partikular- und das Allgemeininteresse vertreten kann. Der Ausschluss der leitenden Organe (wie zB. Obmann, Obmann-Stellvertreter, Präsident, Vizepräsident etc) kollektivvertragsfähiger Körperschaften oder Vereine ist notwendig, um zB. im Falle des Abschlusses von Kollektivverträgen für den Hauptverband oder die Sozialversicherungsträger Interessenkonflikte möglichst hintanzuhalten. Während § 441e Abs 1 ASVG für einen 'einfachen' Versicherungsvertreter lediglich ein Ruhen der Versicherungsvertretereigenschaft (mit der Konsequenz, dass im Verwaltungskörper des jeweiligen Sozialversicherungsträgers die Vertretungsregeln zur Anwendung kommen) vorsieht, schließt § 441e Abs 2 ASVG den Obmann bzw. die Obmann-Stellvertreter der Sozialversicherungsträger von der Bestellung zu Mitgliedern des Verwaltungsrates, der Geschäftsführung oder der Controllinggruppe aus.

§ 44le Abs 3 ASVG regelt die Unvereinbarkeit von Funktionen der Verwaltungskörper des Hauptverbandes miteinander. Niemand soll gleichzeitig normative und strategische, strategische und operative Funktionen ausüben können.

§ 441e Abs 4 ASVG regelt - nach dem Vorbild des § 11 des Bundesbahngesetzes 1992 - die Unvereinbarkeit mit politischen Funktionen und Abs 5 leg. cit. verpflichtet die Geschäftsführer dazu, ihre Tätigkeit grundsätzlich hauptberuflich auszuüben. Die Geschäftsführung hat nämlich so weitgehende Aufgaben, dass eine verantwortliche Erfüllung dieser Funktion eine hauptamtliche Tätigkeit voraussetzt. Dieses Begründung wird durch die dynamische Situation, die in den meisten Sozialwesen innerhalb der EU sowie im österreichischen Sozialwesen vorherrscht, bekräftigt. Eine hauptberufliche Tätigkeit außerhalb der Geschäftsführung ist daher jedenfalls zu untersagen.'

... Zwar ist davon auszugehen, dass die Sozialversicherung auf dem Zusammenwirken verschiedener Interessen und Gruppierungen beruht und in demokratischer Weise einen Ausgleich dieser verschiedenen Interessen herbeiführen soll. Aus diesem Prinzip folgt jedoch keinesfalls, dass weitere Funktionen, die von den Mitgliedern der Gremien des Hauptverbandes nebenbei ausgeübt werden, für die bestmögliche Realisierung dieses angestrebten Interessenausgleiches völlig ohne Belang und überhaupt nicht in Betracht zu ziehen seien. Vielmehr ist es gerade zur Unterstützung des demokratischen Interessenausgleiches und zur langfristigen Sicherung der Interessen der Sozialversicherung erforderlich, gewisse Formen von Doppelfunktionen - wie in § 44[1]e Abs 2 ASVG vorgesehen - hintanzuhalten. Dabei genügt bereits die potentielle Möglichkeit des Auftretens von Interessenkonflikten, ohne dass sich diese im Einzelfall realisieren müssen. Ebenso ist in diesem Zusammenhang auf die sonst und bisher unbestritten bestehenden Ausschlussgründe vom Amt eines Versicherungsvertreters hinzuweisen, insbesondere § 420 Abs 6 ASVG, die den Grundsatz erkennen lassen, dass Interessenkonflikte von vorneherein vermieden werden sollen und nicht erst im Anlassfall durch die subsidiär ohnehin bestehende Befangenheitsregelung auszugleichen sind. So sind alle Bediensteten der Sozialversicherungsträger oder Personen mit regelmäßigen geschäftlichen Beziehung zu Sozialversicherungsträgern von vorneherein ausgeschlossen oder zu entheben, wenn einer dieser Gründe im Nachhinein eintritt. Ebenso sind etwa Versicherungsvertreter in der Kontrollversammlung von der Mitgliedschaft im Vorstand/Generalversammlung eines Versicherungsträgers ausgeschlossen. Das in den Erläuterungen zu den entsprechenden Bestimmungen betreffend den Abschluss von Kollektivverträgen angeführte Beispiel ist dabei nur ein besonders deutliches, sicher aber nicht das einzige. Ebenso würde es für jeden neutralen Beobachter als unvereinbar gelten müssen, wenn etwa ein Spitzenvertreter der Pharmawirtschaft oder Vertreter von Berufsvereinigungen von Vertragspartnern der Sozialversicherung in die Gremien des Hauptverbandes entsandt werden könnten. Nichts anderes kann für Spitzenfunktionäre kollektivvertragsfähiger Körperschaften auf Arbeitnehmerseite gelten. Auch hier sind Interessenkonflikte geradezu vorprogrammiert. Dem Gesetzgeber kann daher nach Ansicht der Bundesregierung nicht wirksam entgegengetreten werden, wenn er eine nachträglich wahrzunehmende Befangenheitsregel gerade in den Spitzengremien des Hauptverbandes für nicht hinreichend erachtet sondern in systemkonformer Weise die Ausschlussgründe des § 420 ASVG weiterentwickelt und eben Unvereinbarkeitsregeln geschaffen hat, die in einer Durchschnittsbetrachtung unmittelbar in der Person liegenden Interessenkonflikte voraussichtlich vorbeugen können."

3. Der - dem Gesetzesprüfungsverfahren zu G222/02 als beteiligte Partei beigezogene - Beschwerdeführer des Anlassverfahrens (B1492/01) hat dazu eine Gegenäußerung erstattet.

IV. 1. In seinem zu V5/02 ergangenen Prüfungsbeschluss hinsichtlich der Bestimmungen des ASVG über die Geschäftsführung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger legte der Verfassungsgerichtshof seine verfassungsrechtlichen Bedenken - ausgehend von der Annahme, dass der Gesetzgeber der 58. Novelle zum ASVG nicht beabsichtigt habe, die Geschäftsführung als Organ der Selbstverwaltung einzurichten - dar wie folgt:

"... Es dürfte ... keinen Bedenken begegnen, einzelne Aufgaben des Hauptverbandes Organen oder Einrichtungen zu übertragen, die nicht (unmittelbar oder mittelbar) von den im Hauptverband zusammengefaßten Versicherungsträgern kreiert werden, vorausgesetzt, diese Organe sind gegenüber demokratisch legitimierten Organen der Selbstverwaltung weisungsgebunden.

... Für die Geschäftsführung dürfte eine solche Weisungsbindung aber nicht vorliegen, und zwar gegenüber keinem der anderen Verwaltungskörper des Hauptverbandes, wie sich aus § 441c Abs 4 ASVG (betreffend die Befugnis des Verwaltungsrates, einzelne Geschäftsführer vor Ablauf der vierjährigen Funktionsperiode abzuberufen), aus § 442a Abs 2 Z 8 ASVG (Ersatzvornahmekompetenz des Verwaltungsrates bei "qualifizierter Untätigkeit" der Geschäftsführung) sowie aus § 442a Abs 9 ASVG (wonach der Verwaltungsrat bestimmte, ansonsten der Geschäftsführung vorbehaltene Aufgaben an sich ziehen kann) zu ergeben scheint. Insbesondere die beiden zuletzt angeführten Bestimmungen erschienen nämlich bei Bestehen eines Weisungszusammenhangs (iS des Art 20 Abs 1 B-VG) zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsführung überflüssig.

... Kreation und Aufgabenkreis der Geschäftsführung dürften somit in keiner Hinsicht jenen verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechen, die an die Organisation der Selbstverwaltung (verstanden als verfassungsrechtlich zulässige Ausnahme von dem in Art 20 Abs 1 B-VG normierten Grundsatz, wonach die Verwaltung '[u]nter der Leitung der obersten Organe' durch weisungsgebundene Organe zu führen ist) gestellt sind.

Die Geschäftsführung scheint in ihrer Gestion indes - ebenso wie der Verwaltungsrat - von der Hauptversammlung, aber auch vom Verwaltungsrat vollkommen abgekoppelt zu sein. Die gesamten auf Verwaltungsrat und Geschäftsführung verteilten Vollzugsaufgaben dürften daher nicht in einer Weise geführt werden, welche den an die Selbstverwaltung gestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen entspräche. Bestehen gegen die Konstruktion des Verwaltungsrates vor dem Hintergrund verfassungsrechtlicher Anforderungen an das Organ eines Selbstverwaltungskörpers Bedenken ..., so scheint für das Organ Geschäftsführung insoweit ähnliches zu gelten, als dieses Organ mit der Selbstverwaltung weder in einem Kreations- noch in einem Weisungszusammenhang stehen dürfte."

Der Verfassungsgerichtshof hegte überdies - insoweit unter Hinweis auf seinen Beschluss vom , B1492/01 - das Bedenken, dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Schranken der Betrauung ausgegliederter Rechtsträger mit Aufgaben der Hoheitsverwaltung nicht beachtet habe.

2. In diesem - zu G1/03 geführten - Gesetzesprüfungsverfahren haben die Bundesregierung sowie der Hauptverband schriftliche Äußerungen zum Gegenstand erstattet, worin die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über die Geschäftsführung verteidigt wird.

Nach Ansicht der Bundesregierung sei die Geschäftsführung als - ausreichend demokratisch legitimiertes - Organ der Selbstverwaltung eingerichtet:

"... Auch nach der Rechtslage vor der 58. Novelle zum ASVG konnte ein wesentlicher Teil der Geschäftsführung, nämlich die 'laufenden Geschäfte', dem Büro des Hauptverbandes übertragen werden. Dieses 'Büro', dem die erwähnten Aufgaben nach § 442c Abs 1 zweiter Satz ASVG in der vor der 58. Novelle geltenden Fassung übertragen waren, war jedoch weit weniger durch Wahlen legitimiert als die nunmehrige Geschäftsführung, die vom Verwaltungsrat zu bestellen ist, und zwar für eine (lediglich) vierjährige Funktionsperiode; die früheren leitenden Angestellten des Hauptverbandes und deren Stellvertreter waren hingegen auf der Basis unbefristeter Dienstverträge tätig.

... Die 'neue' Geschäftsführung des Hauptverbandes beruht somit wesentlich direkter auf dem demokratischen Wahlergebnis der Versicherten bzw. Beitragszahler als das frühere 'Büro'. Insbesondere ist die Geschäftsführung nicht (wie früher) durch interne Wahlen (Obmann durch Vorstand, Verbandsvorstand durch Verbandskonferenz) mediatisiert.

...

... Geht man mit der Bundesregierung davon aus, dass die Geschäftsführung selbst ein Organ der Selbstverwaltung ist, stellt sich die Frage des Weisungszusammenhangs nicht, da der Verfassungsgerichtshof diesen nur unter der Annahme für geboten hält, dass es sich bei der Geschäftsführung gerade um kein Organ der Selbstverwaltung handelt.

..."

V. Der Verfassungsgerichtshof hat in den - gemäß §§404 Abs 2, 187 Abs 2 ZPO (§35 Abs 1 VfGG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen - Gesetzesprüfungsverfahren erwogen:

A. Zur Zulässigkeit der Verfahren:

1. Zum Verfahren G222/02:

1.1. Die Bundesregierung vertritt in ihrer Äußerung die - in der mündlichen Verhandlung bekräftigte - Auffassung, dass dem Beschwerdeführer des Anlassverfahrens kein subjektives Recht auf Ausübung seines Amtes eines Mitgliedes des Verwaltungsrates zuerkannt und seine Beschwerde daher als unzulässig zu beurteilen sei.

Dem kann im Ergebnis nicht beigepflichtet werden:

1.1.1. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner im Prüfungsbeschluss geäußerten Annahme, dass die im vorliegenden Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen den Mitgliedern des Verwaltungsrates eine Rechtssphäre einräumen, in die durch einen Enthebungsbescheid eingegriffen wird:

1.1.2. Für Mitglieder des Verwaltungsrates sind gemäß § 441b Abs 1 letzter Satz ASVG die §§420 Abs 4 bis 6, 422, 423 Abs 1 sowie Abs 3 bis 8 und 424 ASVG sinngemäß anzuwenden. § 423 sieht grundsätzlich zwei verschiedene Arten von Enthebungsverfahren mit unterschiedlichen Beteiligungsrechten der enthobenen Personen vor:

a) In den Enthebungsverfahren aus den Gründen des § 423 Abs 1 Z 1 bis 3 ASVG (der Enthebungsgrund der Z 1 - "wenn Tatsachen bekannt werden, die seine Bestellung ausschließen würden" - wurde im Fall des Beschwerdeführers des Anlassverfahrens angewendet) sieht der Abs 4 dieser Bestimmung ein Anhörungsrecht des enthobenen Versicherungsvertreters, für den von einem der in § 423 Abs 2 ASVG genannten Organe der Selbstverwaltung Enthobenen auch ein Beschwerderecht an die Aufsichtsbehörde vor. Diese entscheidet endgültig (§423 Abs 4 letzter Satz ASVG).

b) Gemäß § 423 Abs 5 ASVG hat (ebenfalls) die Aufsichtsbehörde dem Antrag einer entsendeberechtigten Stelle auf Enthebung "der von dieser entsendeten Versicherungsvertreter (Stellvertreter)" zu entsprechen, wenn der Antrag aus dem Grunde der Neuwahl in die betreffende Interessenvertretung binnen sechs Monaten nach der Neuwahl gestellt wird. In diesem Fall entfällt zu Folge der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 423 Abs 5 zweiter Satz ASVG "die Anhörung der zu enthebenden Versicherungsvertreter (Stellvertreter)". Diese Enthebung ist abgesehen vom Vorliegen eines rechtzeitig gestellten Antrages der entsendeberechtigten und dadurch die demokratische Legitimation vermittelnden Stelle im Anschluss an eine Neuwahl an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft.

1.1.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerdeberechtigung eines Versicherungsvertreters, der in Anwendung des in § 423 Abs 4 ASVG geregelten Verfahrens enthoben worden ist, nicht in Zweifel gezogen (vgl. zB das Erkenntnis vom , 2144/70). Auch der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Beschluss VfSlg. 9713/1983 seine Auffassung, dass durch die Enthebung von der Funktion eines Versicherungsvertreters gemäß § 423 Abs 5 und 6 ASVG (Enthebung bei Neuwahl) in dessen subjektive Rechtssphäre nicht eingegriffen werde, ausschließlich auf den Umstand gestützt, dass einem Versicherungsvertreter in dem Fall, "daß der Antrag auf Enthebung aus dem Grunde der Neuwahl gestellt wird - im Gegensatz zum Fall einer Enthebung nach dem ersten Satz des Abs 4 - ein Recht auf Anhörung nicht" zukomme.

1.1.4. Das dem Versicherungsvertreter im Verfahren nach § 423 Abs 4 ASVG - im Gegensatz zur Rechtslage im Enthebungsverfahren nach § 423 Abs 5 ASVG - eingeräumte, nach der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts für die Auslegung des Gesetzes in Bezug auf das Bestehen einer Rechtssphäre maßgebliche Anhörungsrecht sowie das im Falle der Enthebung durch Organe des Versicherungsträgers ausdrücklich eingeräumte Beschwerderecht an die Aufsichtsbehörde sind jedoch nicht Selbstzweck, sondern bloß der verfahrensrechtliche Ausdruck eines Rechtes des Versicherungsvertreters, nicht ohne Vorliegen eines gesetzlichen Grundes (§423 Abs 1 Z 1 bis 3 ASVG) seines Mandates verlustig zu gehen. Das Bestehen eines solchen Rechtes ergibt sich nicht zuletzt auch aus § 422 Abs 2 ASVG, dessen Überschrift ("Ablehnung des Amtes und Recht zur Amtsausübung") zeigt, dass der normative Gehalt der Regelung über die bloße Festlegung eines Zeitpunktes des Beginns der Amtsausübung hinausgeht.

1.1.5. Einem Versicherungsvertreter ist somit das vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts verfolgbare subjektive öffentliche Recht eingeräumt, nicht ohne Vorliegen eines der gesetzlichen, in seiner Person gelegenen Gründe gemäß § 423 Abs 4 ASVG von seinem Amt enthoben zu werden. Darin unterscheidet sich - worauf der Verfassungsgerichtshof schon in seinem Beschluss VfSlg. 9713/1983 hingewiesen hat - die Enthebung eines Versicherungsvertreters nach § 423 Abs 4 ASVG von der Enthebung aller Versicherungsvertreter, die von einer Kammer entsendet werden, auf Grund eines aus dem Grunde der Neuwahl gestellten Antrags gemäß § 423 Abs 5 ASVG.

1.1.6. Diese sich aus §§422 und 423 ASVG für die Enthebung von Versicherungsvertretern ergebende Rechtslage ist - wie in § 441b Abs 1 vorletzter Satz ASVG angeordnet - auf die Mitglieder des Verwaltungsrates "sinngemäß" zu übertragen: Auch einem Mitglied des Verwaltungsrates kommt daher in einem Verfahren gemäß § 423 Abs 4 ASVG ein Rechtsanspruch darauf zu, nur aus einem der in § 423 Abs 1 Z 1 bis 3 ASVG genannten Gründe seines Amtes enthoben zu werden. Im Falle einer Enthebung aus dem Grunde der Neuwahl nach § 423 Abs 5 ASVG ist ihm demgegenüber kein derartiges Mitspracherecht zuerkannt.

Da der Beschwerdeführer des Anlassverfahrens aus dem Grunde des § 423 Abs 1 Z 1 iVm § 441e Abs 2 ASVG seines Amtes enthoben worden ist, in diesem Verfahren aber subjektive öffentliche Rechte des Enthobenen im dargelegten Sinne bestehen, ist seine Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Enthebungsbescheid des Bundesministers gegeben. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich seine Beschwerde als zulässig.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof erkennt gemäß Art 140 Abs 1 erster Satz B-VG über die Verfassungswidrigkeit eines Bundes- oder Landesgesetzes von Amts wegen, sofern er ein solches Gesetz in einer anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte. Im Sinne dieser Verfassungsnorm sind bei einem vom Verfassungsgerichtshof von Amts wegen einzuleitenden Gesetzesprüfungsverfahren jene gesetzlichen Bestimmungen präjudiziell, die von der Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, bei der Erlassung dieses Bescheides in denkmöglicher Weise - wenn auch vielleicht zu Unrecht - angewendet wurden (zB VfSlg. 5373/1966, 8318/1978, 8999/1980, 12.677/1991) oder die diese Behörde anzuwenden verpflichtet war (zB VfSlg. 10.617/1985, 11.752/1988, S 740) und die deshalb auch der Verfassungsgerichtshof bei der Entscheidung über die gegen den Bescheid erhobene, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde anzuwenden hätte (zB VfSlg. 6947/1972). Präjudiziell sind aber auch jene gesetzlichen Bestimmungen, die der Verfassungsgerichtshof zB bei Beurteilung der Zulässigkeit der Beschwerde oder bei Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Normen anzuwenden hätte, obgleich sie von der belangten Behörde weder angewendet wurden noch anzuwenden waren (zB VfSlg. 8028/1977, 10.292/1984, 10.402/1985, 12.678/1991, 13.273/1992, 14.257/1995, 16.241/2001).

1.2.1. Die Bundesregierung ist der - vorläufigen - Annahme des Verfassungsgerichtshofes, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen seien im Bescheidbeschwerdeverfahren präjudiziell, bloß hinsichtlich der Abs 1 und 3 des § 441e ASVG wie folgt entgegengetreten:

"... Mit dem vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer wegen Vorliegens einer Unvereinbarkeit gemäß § 441e Abs 2 ASVG von seinem Amt als Mitglied des Verwaltungsrates mit sofortiger Wirkung enthoben werde. Der zuständige Bundesminister hat diesen Bescheid zweifelfrei auf die Bestimmung des § 441e Abs 2 ASVG gestützt und den Beschwerdeführer als Vorsitzenden der Eisenbahnergewerkschaft seines Amtes enthoben, weil er als leitender Funktionär einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft von einer Bestellung zum Mitglied des Verwaltungsrates ausgeschlossen ist. Als Rechtsgrundlage für einen derartigen Bescheidspruch hatte die Behörde weder § 441e Abs 1 noch den Abs 3 dieser Bestimmung anzuwenden, die sich auf die Doppelfunktion als Versicherungsvertreter (Abs1) bzw. auf eine Doppelfunktion in Verwaltungskörpern des Hauptverbandes beziehen (Abs3). Nach Auffassung der Bundesregierung stehen diese Bestimmungen auch nicht in einem untrennbaren Zusammenhang mit § 44le Abs 2 ASVG, sodass sie im vorliegenden Fall nicht präjudiziell sind."

Damit ist die Bundesregierung im Recht:

Weder hatte die belangte Behörde diese Teile des § 441e ASVG anzuwenden, noch stehen sie in einem untrennbaren Zusammenhang mit § 441e Abs 2 ASVG. Die zuletzt genannte Bestimmung erweist sich überdies lediglich hinsichtlich der Wendung "ebenso wie die leitenden Funktionäre kollektivvertragsfähiger Körperschaften und Vereine, auch wenn sie die Kollektivvertragsfähigkeit in fremdem Namen ausüben," als präjudiziell. Das Gesetzesprüfungsverfahren ob der übrigen Teile des § 441e ASVG war daher als unzulässig einzustellen.

1.2.2. Die Annahme des Verfassungsgerichtshofes, bei Prüfung des angefochtenen Bescheides seien auch jene Bestimmungen präjudiziell, welche die Zusammensetzung und die Aufgaben des Verwaltungsrates (nämlich jenes Organs, in das der Beschwerdeführer entsandt und aus dem er durch den angefochtenen Bescheid enthoben worden ist) regeln, hat sich als nur zum Teil zutreffend herausgestellt:

Die Sachlichkeit einer Unvereinbarkeitsregelung hängt untrennbar mit den Aufgaben des betreffenden Organs zusammen (§442a ASVG); die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Regelung lässt sich auch nicht völlig losgelöst davon beurteilen, ob es sich um ein Organ der Staatsverwaltung oder um ein Organ der Selbstverwaltung handelt, insbesondere aber auch nicht ohne Berücksichtigung der Bedeutung der Entsendung seiner Mitglieder durch die gesetzlichen beruflichen Vertretungen (§441b Abs 1 ASVG).

Allerdings kann der Verfassungsgerichtshof seine vorläufige Annahme nicht aufrechterhalten, dass auch die übrigen in Prüfung gezogenen Bestimmungen über den Verwaltungsrat mit den soeben genannten aus dem Blickwinkel der Unvereinbarkeitsbestimmung in einem untrennbaren Zusammenhang stehen.

a) Ein untrennbarer Zusammenhang ist anzunehmen, wenn sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit der vom Verfassungsgerichtshof anzuwendenden Bestimmungen nicht ohne Mitberücksichtigung weiterer Bestimmungen beantworten lässt, insbesondere deshalb, weil sich ihr (gegebenenfalls verfassungsrechtlich bedenklicher) Inhalt erst mit Blick auf diese weiteren Bestimmungen erschließt. Ein solcher Zusammenhang kann sich aber auch daraus ergeben, dass diese weiteren Bestimmungen durch die Aufhebung der verfassungsrechtlich bedenklichen Normen einen völlig veränderten Inhalt erhielten (vgl. VfSlg. 8155/1977, 8461/1978 uva.).

Der Umstand allein, dass die nach Aufhebung einer Norm allenfalls verbleibenden Bestimmungen ganz oder zum Teil nicht mehr vollziehbar sind, ist hingegen in aller Regel zwangsläufige (und durchaus auch mitunter ganze Teile von Gesetzen und Verordnungen erfassende) Folge eines verfassungsgerichtlichen Normenprüfungsverfahrens, begründet aber für sich allein keinen solchen Sachzusammenhang, als dessen Folge die eine Norm ohne jene anderen Bestimmungen nicht in Prüfung gezogen werden dürfte.

b) Die vom Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Unvereinbarkeitsbestimmung des § 441e Abs 2 ASVG anzustellenden Überlegungen bedürfen zwar vorweg der Beantwortung der Frage, um welche Art Organ mit welchen Aufgaben es sich beim Verwaltungsrat handelt (also der Anwendung des § 441b Abs 1 und des § 442a ASVG), nicht aber auch einer Auseinandersetzung mit den in § 441b Abs 2 ASVG geregelten Details des Entsendungsvorgangs oder mit den Bestimmungen über die Beschlusserfordernisse (Abs3), die Bestellung des Präsidiums (Abs4 und 5), die Aufgaben des Präsidenten (Abs6) und die Gestaltung der begleitenden Aufsicht durch die Aufsichtsbehörde (Abs7). Diese Bestimmungen erhielten durch die Aufhebung der zuerst genannten auch keinen gänzlich veränderten Inhalt.

1.3. Das Gesetzesprüfungsverfahren G222/02 ist somit nur hinsichtlich des § 441b Abs 1, des § 442a ASVG sowie ob der im Spruch genannten Wendung in § 441e Abs 2 ASVG zulässig; im Übrigen war es einzustellen.

2. Zum Verfahren G1/03:

2.1. Der Verordnungsprüfungsantrag ist zulässig.

2.1.1. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner im Prüfungsbeschluss vorläufig geäußerten Auffassung, dass das Heilmittelverzeichnis (sowie jede seiner Änderungen) als Verordnung iS des Art 139 B-VG anzusehen ist und somit Gegenstand eines entsprechenden Normenprüfungsverfahrens sein kann:

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist unter einer Verordnung - unabhängig von ihrer Bezeichnung - eine von einer Verwaltungsbehörde erlassene, generelle Rechtsnorm zu verstehen (zB VfSlg. 2071/1950, 7717/1975, 10.882/1986). Verordnungen können nur im Rahmen der Hoheitsverwaltung erlassen werden (zB VfSlg. 5191/1966). Als Verwaltungsbehörden kommen jedoch auch Organe von Nicht-Gebietskörperschaften, etwa von beruflichen Selbstverwaltungskörpern (zB VfSlg. 1798/1948) oder von Anstalten (zB VfSlg. 1397/1931), in Betracht. Für die normative Wirkung eines Verwaltungsaktes ist ausschließlich sein Inhalt entscheidend. Wird durch eine generelle Norm die Rechtslage der Betroffenen gestaltet, so wendet sich diese ihrem Inhalt nach an die Allgemeinheit und stellt daher eine Verordnung dar (zB VfSlg. 4571/1963, 5025/1965, 5904/1969, 6291/1970, 6422/1971, 6946/1972, 8029/1977, 8647/1979).

b) Ein Heilmittel kann nur dann unmittelbar auf Rechnung eines Krankenversicherungsträgers bezogen werden, wenn es entweder in das Heilmittelverzeichnis aufgenommen ist oder eine chef- oder kontrollärztliche Bewilligung vorliegt (vgl. § 31 Abs 3 Z 12 ASVG). Vertragsapotheker sowie -ärzte dürfen gemäß § 350 Abs 1 ASVG ein von einem Vertragsarzt verordnetes Heilmittel nur dann auf Rechnung des jeweiligen Krankenversicherungsträgers abgeben, wenn das Heilmittel im Heilmittelverzeichnis als "frei verschreibbar" ausgewiesen ist.

Das Heilmittelverzeichnis gestaltet somit zunächst die Rechtsstellung des Versicherten, und zwar ungeachtet dessen, dass ihm für den Fall der Versagung der chef- bzw. kontrollärztlichen Genehmigung die Durchsetzung seines Leistungsanspruches im Sinne der §§116 ff, § 133 Abs 2 ASVG (ohne Bindung an die chef- bzw. kontrollärztliche Beurteilung) im Gerichtsweg offensteht (vgl. zB OGH SZ 62/103, 69/80, 69/277; zuletzt etwa ).

Das Heilmittelverzeichnis berührt überdies die Rechtsposition der im Hauptverband zusammengeschlossenen Krankenversicherungsträger, welche die Kosten eines - ärztlich verordneten - Heilmittels, das in das Verzeichnis aufgenommen ist, ohne weiteres zu tragen haben (vgl. § 31 Abs 6 ASVG).

Das Heilmittelverzeichnis ist daher wegen seiner normativen Wirkungen als Verordnung anzusehen (ebenso Geppert, Heilmittelversorgung und Heilmittelverzeichnis, in: Martinek/Wachter [Hrsg.], Arbeitsleben und Rechtsordnung, FS Gerhard Schnorr [1988] 363 [366 ff]). Diese Qualifikation trifft auch für jene Rechtsakte zu, mit denen das Heilmittelverzeichnis zB durch Aufnahme oder Streichung von Arzneimitteln verändert wird. Auch solche Rechtsakte - wie der im vorliegenden Fall angefochtene - sind daher Verordnungen und damit zulässiger Gegenstand eines Verfahrens nach Art 139 B-VG.

2.1.2. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation nach Art 139 Abs 1 letzter Satz B-VG ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10.511/1985). Dabei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art 139 Abs 1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985, 11.730/1988).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann eine bloß faktische, insbesondere wirtschaftliche Betroffenheit keine Antragslegitimation vermitteln (vgl. zB VfSlg. 14.274/1995 zum Antrag eines Psychotherapeuten auf Aufhebung der das Ausmaß der vom Krankenversicherungsträger geleisteten Zuschüsse zu den Kosten psychotherapeutischer Behandlungen bestimmenden Satzungsteile; s. im Übrigen die dort zitierte Vorjudikatur, insbesondere bereits den hg. Beschluss VfSlg. 8060/1977).

2.1.3. Die Antragslegitimation ist hier gegeben:

a) Die Entscheidung über die Streichung einer in das Heilmittelverzeichnis aufgenommenen Arzneispezialität aus diesem greift in jene Rechtssphäre des Arzneimittelherstellers unmittelbar ein, die sich aus den Rechtswirkungen des Heilmittelverzeichnisses selbst und aus allfälligen, aus Anlass der Aufnahme in das Heilmittelverzeichnis zwischen dem Hersteller und dem Hauptverband getroffenen weiteren Vereinbarungen ergibt.

b) Bei diesem Ergebnis kann offenbleiben, ob nicht schon Art 6 Z 5 der Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme, ABl. 1990 L 40/8, dem Arzneimittelhersteller in einem innerstaatlichen Verfahren, in dem es um die Streichung eines seiner Arzneimittel aus einer "Positivliste" (zur Qualifikation des österreichischen Heilmittelverzeichnisses iS des § 31 Abs 3 Z 12 ASVG als "Positivliste" s. EuGH Rs. C-424/99 [Kommission/Österreich], Slg. 2001, I-9285, Rz 27 ff) geht, ein rechtlich geschütztes Interesse iS der vorhin zusammengefassten hg. Rechtsprechung vermittelt.

c) Der antragstellenden Gesellschaft steht auch kein anderer zumutbarer Weg offen, die Frage der Gesetzmäßigkeit jenes Verordnungsaktes anders als im Wege eines unmittelbaren Verordnungsprüfungsantrags an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen:

Der Gesetzgeber hat zwar erstmals mit der 60. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 140/2002, mit der "Unabhängigen Heilmittelkommission" eine Behörde (und zwar eine Kollegialbehörde iS des Art 133 Z 4 B-VG) eingerichtet, der es obliegt, in einem nach dem AVG eingerichteten Verfahren mit Bescheid über "Beschwerden des vertriebsberechtigten Unternehmens, dessen Arzneispezialität aus dem Heilmittelverzeichnis gestrichen werden soll", im Einzelfall zu entscheiden (vgl. § 351i Abs 1 Z 2 iVm § 351j Abs 5 ASVG idF der 60. Novelle). Dieser Verfahrensweg steht der antragstellenden Gesellschaft im vorliegenden Fall aber nicht offen, weil die Streichung der von ihr vertriebenen Arzneispezialitäten schon durch die Kundmachung des bekämpften Verordnungsaktes bewirkt worden ist und die nunmehr eingerichtete Unabhängige Heilmittelkommission offenbar nicht auch gegen eine bereits erlassene Verordnung angerufen werden kann (wie immer eine solche Zuständigkeit verfassungsrechtlich zu beurteilen wäre).

2.2. Der Verfassungsgerichtshof bleibt dabei, dass bei Prüfung der Gesetzmäßigkeit eines Beschlusses der Geschäftsführung des Hauptverbandes, mit dem das Heilmittelverzeichnis geändert worden ist, nicht nur jene gesetzlichen Bestimmungen präjudiziell sind, die das von der verordnungserlassenden Behörde zu beobachtende Verfahren regeln, sondern auch die Vorschriften über die Zuständigkeit der verordnungserlassenden Behörde und über ihre für das rechtmäßige Zustandekommen von Rechtsakten vorgeschriebene Zusammensetzung (vgl. VfSlg. 16.400/2001), hier also die §§441c und § 442b ASVG idF der 58. Novelle über die Zusammensetzung und die Aufgaben der Geschäftsführung des Hauptverbandes.

Die Bundesregierung ist dieser Auffassung nicht entgegengetreten.

2.3. Auch das Gesetzesprüfungsverfahren zu G1/03 ist daher zulässig.

B. In der Sache:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinen Prüfungsbeschlüssen vom 26. Juni und in groben Zügen jene Alternativen dargestellt, die dem Gesetzgeber bei der Gestaltung der Führung bestimmter Angelegenheiten in Selbstverwaltung oder Staatsverwaltung - mit den sich daraus ergebenden Anforderungen, insbesondere was die Weisungsbindung von Organen betrifft - zukommen.

Dazu ist auf Folgendes hinzuweisen:

1.1. Gemäß Art 20 Abs 1 B-VG haben - unter der Leitung der obersten Organe des Bundes (Landes) - durch Wahl oder Ernennung bestellte Organe die Verwaltung zu führen. Diese Organe sind, soweit nicht verfassungsgesetzlich anderes bestimmt ist, an die Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe gebunden.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof hat zuletzt in seinem Erkenntnis VfSlg. 16.400/2001 ausgesprochen, dass Art 20 Abs 1 zweiter Satz B-VG die den obersten Organen des Bundes (Landes) nachgeordneten Organe den Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe unterstellt. Diese Verfassungsbestimmung wirkt innerhalb der Verwaltungsorganisation des Bundes (Landes) in unmittelbarer Weise; sie bezieht sich aber nicht unmittelbar auf Organe von Rechtsträgern, die außerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation stehen, wie zB Gesellschaften des Handelsrechts oder diesen gesetzlich nachgebildete Sondergesellschaften, denen Verwaltungsaufgaben übertragen sind, die so aus der staatlichen Verwaltung ausgegliedert werden. Die eigene Rechtsträgerschaft lässt es in solchen Fällen nämlich weder zu, die Handlungen dieser Rechtsträger unmittelbar dem Bund (Land) zuzurechnen, noch erlaubt sie es, einen weisungsmäßigen Durchgriff anzunehmen. Art 20 Abs 1 B-VG korrespondiert insoweit - im Bereich des Bundes - mit Art 77 Abs 1 B-VG, der von den den Bundesministerien "unterstellten Ämtern" spricht.

Nach dem Erkenntnis VfSlg. 15.946/2000 gilt dies auch in Fällen, in denen die Kompetenz, Hoheitsakte zu setzen, juristischen Personen des öffentlichen Rechts übertragen ist. Art 20 Abs 1 B-VG wirkt auch in solchen Fällen nicht unmittelbar, sondern verpflichtet den Gesetzgeber, Vorschriften zu erlassen, die einem obersten Organ des Bundes (Landes) eine effektive Leitungs- und Steuerungsfunktion einräumen; hiebei ist insbesondere ein umfassendes Weisungsrecht des obersten Organs vorzusehen (vgl. in diesem Sinne das bereits erwähnte Erkenntnis VfSlg. 16.400/2001).

2. Der Hauptverband ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Rechtspersönlichkeit eingerichtet (§32 Abs 1 ASVG). Das Gesetz ordnet nicht an, dass die (leitenden) Organe des Hauptverbandes bei ihrer Tätigkeit gegenüber dem zuständigen Bundesminister (als dem in Betracht kommenden obersten Organ des Bundes) weisungsgebunden wären. Der Hauptverband hat die ihm übertragenen Aufgaben somit weisungsungebunden zu besorgen (vgl. auch VfSlg. 9737/1983).

2.1. Gegen die Ermächtigung des Hauptverbandes, seine Aufgaben nicht in Bindung an Weisungen des zuständigen obersten Organs wahrzunehmen, bestehen dann und insoweit keine Bedenken, als der Hauptverband als Selbstverwaltungskörper organisiert ist. Wie der Verfassungsgerichtshof nämlich bereits in VfSlg. 8215/1977 (S 488 f) ausgesprochen hat, gilt Art 20 Abs 1 zweiter Satz B-VG lediglich "für die - gleichgültig ob durch staatliche oder durch nichtstaatliche Organe ausgeübte - Bundes- und Landesverwaltung, nicht dagegen auch im Verhältnis zwischen unmittelbarer Staatsverwaltung und Selbstverwaltung" (s. auch schon VfSlg. 8136/1977). Die Schaffung von Selbstverwaltungskörpern mit Organen, die gegenüber staatlichen Organen nicht weisungsgebunden sind, entspricht auch nach herrschender Lehre und Rechtsprechung durchaus dem "Organisationsplan der Bundesverfassung" (VfSlg. 8215/1977, S 488; ebenso schon Werner, Selbstverwaltung und Bundesverfassung, ÖJZ 1950, 437 [442]).

2.2. Dem Bundes- und Landesgesetzgeber steht es somit - auch ohne besondere verfassungsgesetzliche Grundlage - im Prinzip frei, staatliche Aufgaben in Selbstverwaltung besorgen zu lassen und in den damit betrauten Selbstverwaltungskörpern Organe einzurichten, die gegenüber staatlichen Organen weisungsungebunden sind.

Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass der Gesetzgeber bei der rechtlichen Gestaltung solcher Selbstverwaltungskörper und ihrer Organe keinen verfassungsrechtlichen Bindungen in organisatorischer Hinsicht unterläge. Es kann nämlich dem Verfassungsgesetzgeber nicht zugesonnen werden, er hätte nicht nur die Führung von Verwaltungsaufgaben in Selbstverwaltung im vorbezeichneten Sinne zugelassen, sondern die Selbstverwaltung auch von weiteren wesentlichen Grundprinzipien, die das Bundesverfassungsrecht in behördenorganisatorischer Hinsicht vorsieht, ausgenommen:

2.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 8215/1977, S 488) entschieden, dass der Gesetzgeber bei Schaffung eines Selbstverwaltungskörpers dem sich aus Art 7 Abs 1 B-VG ergebenden Sachlichkeitsgebot Rechnung zu tragen hat; darüber hinaus ist eine staatliche Aufsicht über die Organe des Selbstverwaltungskörpers hinsichtlich der Rechtmäßigkeit ihres Verwaltungshandelns vorzusehen.

2.2.2. Eine weitere Grenze zulässiger Selbstverwaltung besteht darin, dass der eigene (dh. eigenverantwortlich und ohne Bindung an Weisungen zu besorgende) Wirkungsbereich jedes Selbstverwaltungskörpers auf Angelegenheiten beschränkt bleiben muss, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegen und geeignet sind, von dieser Gemeinschaft besorgt zu werden (s. auch dazu VfSlg. 8215/1977, S 488).

2.2.3. Mit den soeben genannten Maßgaben liegt es allerdings - mit Ausnahme des Falles der Gemeindeselbstverwaltung, deren Bestand verfassungsgesetzlich gewährleistet ist (s. insbesondere Art 116 Abs 1 B-VG) - im rechtspolitischen Ermessen des Gesetzgebers, in welchem Umfang er Selbstverwaltung einrichtet, insbesondere welche Personen er zu einem Selbstverwaltungskörper zusammenschließt; der erfasste Personenkreis muss aber durch "objektive und sachlich gerechtfertigte Momente" abgegrenzt sein (zB VfSlg. 3753/1960, 8485/1979, 8539/1979, 12.021/1989, 12.417/1990).

2.2.4. Im Hinblick auf das Fehlen eines Weisungszusammenhanges mit demokratisch legitimierten Staatsorganen muss zumindest jenes Organ des Selbstverwaltungskörpers über eine demokratische Legitimation verfügen, welches das oberste Organ dieses Selbstverwaltungskörpers ist:

Der Verfassungsgerichtshof hat - in Übereinstimmung mit dem rechtswissenschaftlichen Schrifttum (s. zB Korinek, Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, ZAS 1972, 163 [167 ff mwN]) - in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass dem Selbstverwaltungsbegriff die Befugnis zur Bestellung der eigenen Organe aus der Mitte der Verbandsangehörigen verfassungsrechtlich innewohnt (VfSlg. 8644/1979, S 121 ff; ebenso zB VfSlg. 13.012/1992, S 233; s. auch schon Werner, ÖJZ 1950, 438; aus jüngerer Zeit zB Stolzlechner, Der Gedanke der Selbstverwaltung in der Bundesverfassung, in: FS 75 Jahre Bundesverfassung [1995] 361 [380]; Funk, Organisatorische Reformen in der Sozialversicherung aus der Sicht des Verfassungsrechts, FS Krejci [2001] 1897 [1903]). Der Verfassungsgerichtshof hat demnach etwa in seinem vorhin zitierten Erkenntnis VfSlg. 13.012/1992 ausgesprochen, dass die Disziplinarkommission bei der Kammer der Tierärzte Österreichs (vgl. § 54 des Tierärztegesetzes, BGBl. Nr. 16/1975 idgF) - "in verfassungskonformer Sicht" - nicht als Organ der Bundeskammer der Tierärzte anzusehen sei, weil dieser Behörde ua. zwei Beamte des zuständigen Bundesministeriums angehören.

Dieser Rechtsprechung zu Folge sind somit (jedenfalls) die mit entscheidungswichtigen Aufgaben und Befugnissen betrauten Organe des Selbstverwaltungskörpers (die leitenden Organe, vgl. VfSlg. 11.469/1987, S 233) von diesem "autonom" (VfSlg. 8644/1979, S 123), dh. aus der Mitte seiner Angehörigen, zu bestellen, um demokratisch legitimiert zu sein, woraus sich ua. auch die Notwendigkeit regelmäßiger Neuwahlen in diese Organe ergibt (VfSlg. 10.306/1984). Die demokratische Bestellung der Organe entspricht einem Kerngedanken der Selbstverwaltung (vgl. VfSlg. 13.500/1993).

2.2.5. Schließlich hat der Verfassungsgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung im Zusammenhang mit Ausgliederungen dem aus der Bundesverfassung ableitbaren Gebot zu sparsamer, wirtschaftlicher und zweckmäßiger Haushaltsführung die Bedeutung eines allgemeinen, auch die Gesetzgebung bindenden Effizienzprinzips beigemessen (VfSlg. 14.473/1996, 14.474/1996; s. dazu etwa Kucsko-Stadlmayer, Grenzen der Ausgliederung, Gutachten 15. ÖJT, Bd I/1 [2003] 61 f). Nach diesem mutatis mutandis auch für Selbstverwaltungskörper geltenden Prinzip haben diese die ihnen zugewiesenen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung grundsätzlich sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig zu besorgen. Soweit daher das Effizienzgebot als eine besondere Ausprägung des Sachlichkeitsgebotes auch an den Gesetzgeber gerichtet ist, obliegt es diesem, Selbstverwaltungskörper gemessen an den ihnen übertragenen Aufgaben zweckmäßig, dh. so zu gestalten, dass eine diesen Grundsätzen entsprechende Verwaltungsführung gewährleistet ist.

3. In der Frage, in welcher Weise die demokratische Legitimation jener Selbstverwaltungsorgane, denen "entscheidungswichtige Aufgaben" (VfSlg. 8644/1979, S 123) übertragen sind, sichergestellt werden kann, kommt dem Gesetzgeber ein relativ weiter rechtspolitischer Spielraum zu: So ist es aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht geboten, Wahlen in Selbstverwaltungsorgane nach denselben Grundsätzen zu regeln, die bundesverfassungsgesetzlich für staatliche (vgl. Art 26, 95 B-VG) und kommunale Wahlen (vgl. Art 117 B-VG) gelten (vgl. Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung [1970] 220 ff; Stolzlechner, FS 75 Jahre Bundesverfassung 382 f; einschränkend Günther, Verfassung und Sozialversicherung [1994] 216 ff). So hat der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt (zB VfSlg. 10.412/1985, 14.440/1996) ausgesprochen, dass die Bundesverfassung das persönliche Wahlrecht nur für bestimmte Wahlen vorschreibt (Art26, 95, 117 B-VG). Wahlen zu den Berufsvertretungen zählen nicht dazu (VfSlg. 8590/1979).

3.1. Im Schrifttum wird ua. die Auffassung vertreten, dass in einer gegliederten Interessenvertretung ein Wahlrecht, das allen Grundsätzen des Art 26 B-VG entspräche, nicht zum gewünschten Ergebnis führen würde: Hier sei nämlich der Grundsatz der indirekten Wahl wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Interessen aller Gruppen in den obersten Organen der Selbstverwaltung vertreten sind (vgl. Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung 223).

Dem ist mit der Maßgabe beizupflichten, dass die gebotene Intensität der Mitwirkung jener, deren Angelegenheiten in Selbstverwaltung geführt werden sollen, an der Kreation der Organe des jeweiligen Selbstverwaltungskörpers nicht ohne Blick auf die dem Selbstverwaltungskörper übertragenen Aufgaben bestimmt werden kann und auch von den potentiellen Auswirkungen seiner Tätigkeit auf die Rechtssphäre seiner Mitglieder abhängt. Dieser Wirkungskreis der Selbstverwaltungskörper ist unterschiedlich: Er liegt zB bei den Selbstverwaltungseinrichtungen der freien Berufe typischerweise auch in der Normierung der Rahmenbedingungen für die berufliche Tätigkeit, wie zB in der Erlassung verbindlicher Berufsausübungsregeln, bei den beruflichen Vertretungen der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber hingegen vornehmlich in der Vertretung der beruflichen Interessen der Kammermitglieder gegenüber den Staatsorganen und gegenüber dem sozialen Gegenspieler. Aufgabe der sozialen Selbstverwaltung schließlich ist die autonome Organisation der Vollziehung der gesetzlich geregelten Unfall-, Kranken- und Pensionsversicherung von der Beitragseinhebung bis zur Leistungserbringung, wobei eher Elemente einer Anstalt als jene einer Körperschaft im Vordergrund stehen.

3.2. Dementsprechend findet sich im positiven Recht auch eine gestufte Skala der Intensität demokratischer Legitimation von den "basis- bzw. direktdemokratisch" (Stolzlechner, FS 75 Jahre Bundesverfassung 381) organisierten Rechtsanwaltskammern bis zu den "repräsentativ-demokratischen" (Stolzlechner, aaO) Elementen der "indirekten Wahl" der Organe der sozialen Selbstverwaltung, um deren "Spitzenorganisation" (vgl. - zum Sozialversicherungs-Überleitungsgesetz [SV-ÜG.], BGBl. Nr. 142/1947 - EB 328 BlgNR V. GP, 41) es in diesem Verfahren geht:

Gemäß § 420 Abs 1 ASVG bestehen die Verwaltungskörper der Sozialversicherungsträger zwar aus Vertretern der Dienstnehmer und der Dienstgeber; diese vom Gesetz als "Versicherungsvertreter" bezeichneten Mandatare sind jedoch nicht aus der Mitte der Dienstnehmer (Dienstgeber) von diesen unmittelbar zu wählen, sondern aus dem Kreis gewählter Funktionsträger der sachlich und örtlich zuständigen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen von diesen zu entsenden (vgl. § 421 Abs 1 ASVG; ähnlich § 198 Abs 1 GSVG,§ 186 Abs 1 BSVG und § 133 Abs 1 B-KUVG).

Diese Gesetzeslage geht auf das Sozialversicherungs-Überleitungsgesetz - SV-ÜG., BGBl. Nr. 142/1947, zurück, dessen § 21 Abs 1 wie folgt gelautet hatte:

"Die Versicherungsvertreter werden ... von den örtlich und sachlich zuständigen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen der Arbeit(Dienst)nehmer und der Arbeit(Dienst)geber, bei den Meisterkrankenkassen von den örtlich und sachlich zuständigen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen der Versicherten in die Verwaltungskörper der Versicherungsträger entsendet. Bestehen solche Interessenvertretungen nicht, so werden die Versicherungsvertreter aus der Gruppe der Arbeit(Dienst)nehmer vom Österreichischen Gewerkschaftsbund, und zwar von der in Betracht kommenden Gewerkschaft, aus der Gruppe der Arbeit(Dienst)geber vom Amte der Landesregierung (vom Wiener Magistrat), wenn sich aber der Sprengel des Versicherungsträgers auf mehr als ein Bundesland erstreckt, vom Bundesministerium für soziale Verwaltung entsendet."

Den Erläuternden Bemerkungen zum SV-ÜG lässt sich dazu Folgendes entnehmen (328 BlgNR V. GP, 41):

"An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß der Entwurf von einer Berufung der Versicherungsvertreter im Wege der unmittelbaren Wahl der Versicherten und ihrer Arbeit(Dienst)geber Abstand nimmt. Abgesehen davon, daß die Vornahme solcher Urwahlen bei den gegenwärtigen Verhältnissen (Verkehrshindernisse, Papiermangel, unvollständige Versichertenevidenzen usw.[)] größten Schwierigkeiten begegnen und die ohnehin knappen Mittel der Sozialversicherung in nicht unbeträchtlichem Ausmaß in Anspruch nehmen würde, ist auch bei der im Entwurf vorgeschlagenen Bildung der Verwaltungskörper durch indirekte Wahl im Wege der öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen schon hinreichende Garantie dafür geschaffen, daß die Verwaltung nach den Grundsätzen der Demokratie zustande kommt; denn die entsendeberechtigten Interessenvertretungen werden ihrerseits nach den für sie geltenden gesetzlichen Vorschriften durch allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahl bestellt, so daß sie wohl geeignet sind, die im älteren österreichischen Rechte vorgesehene, durch Urwahlen bestellten Hauptversammlungen der Versicherungsträger zu ersetzen, aus deren Mitte die Mitglieder der übrigen Verwaltungskörper (Vorstand, Überwachungsausschuß, Landesstellen- und Rentenausschüsse) zu wählen wären."

3.3. Gegen eine derartige indirekte Organbestellung, welche die soziale Selbstverwaltung - dh. auch die demokratische Legitimation ihres (Verwaltungs-)Handelns - mit einem im Schrifttum geprägten Ausdruck als "abgeleitet" erscheinen lässt (vgl. Korinek, ZAS 1972, 169; s. auch Günther, Verfassung und Sozialversicherung 235 ff), sind bisher weder in der Rechtsprechung (etwa aus Anlass der Prüfung der Krankenordnung oder Satzung eines Sozialversicherungsträgers) verfassungsrechtliche Bedenken entstanden, noch wurden solche im überwiegenden Schrifttum vorgetragen (s. auch dazu Korinek, ZAS 1972, 168 ff; derselbe, in:

Tomandl [Hrsg.], System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, 4.1.3., S 494; vgl. auch Pernthaler/Gamper, Zur verfassungsrechtlichen Problematik des neuen Geschäftsführungsorgans im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, ZfV 2002, 726 [728]). Die Repräsentation der Versicherten durch von ihnen gewählte Organe ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretungen bei der Entsendung der Versicherungsvertreter in die Sozialversicherungsträger bleibt angesichts deren besonderer Aufgaben noch in den Grenzen des dem Gesetzgeber zukommenden rechtspolitischen Spielraumes und erweckt somit an sich keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

4. Mit der 58. Novelle zum ASVG hat der Gesetzgeber neben dem nunmehr als Hauptversammlung (früher Verbandskonferenz) bezeichneten und aus den Obmännern und den Obmann-Stellvertretern der im Hauptverband zusammengefassten Versicherungsträger gebildeten (insoweit - bezogen auf die Sozialversicherungsträger als Mitglieder des Hauptverbandes - demokratisch legitimierten) Verwaltungskörper ein weiteres Organ eingerichtet, dessen Bestellung einem Verfahren unterliegt, das offenbar jenem der Entsendung der Versicherungsvertreter in die Verwaltungskörper der einzelnen Versicherungsträger nachgebildet ist:

Gemäß § 441b Abs 1 ASVG idF der 58. Novelle setzt sich der Verwaltungsrat aus vierzehn Mitgliedern zusammen, die auf vier Jahre entsandt werden. Je sechs Mitglieder sind von der Wirtschaftskammer Österreich aus dem Kreis der Versicherungsvertreter der Dienstgeber und von der Bundesarbeitskammer aus dem Kreis der Versicherungsvertreter der Dienstnehmer zu entsenden. Darüber hinaus haben die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs und die Gewerkschaft öffentlicher Dienst je ein Mitglied zu entsenden.

4.1. Der Verfassungsgerichtshof hat es in seinem Beschluss vom als bedenklich erachtet, dass die Funktionäre des Verwaltungsrates des Hauptverbandes, der auch über maßgebliche Geschäftsführungsbefugnisse verfügt, von Organen der wirtschaftlichen Selbstverwaltung der Dienstnehmer und der Dienstgeber, zT auch von freiwilligen Berufsvereinigungen, entsendet werden, ohne dass auch den im Hauptverband zusammengeschlossenen Sozialversicherungsträgern dabei ein Mitwirkungsrecht zukäme.

Die Bundesregierung vermochte dieses Bedenken nicht zu entkräften:

4.1.1. Die Bundesregierung bestreitet nicht, dass der Verwaltungsrat im Hinblick auf seine Aufgaben ein mit "entscheidungswichtigen Aufgaben und Befugnissen betrautes Organ" des Hauptverbandes im Sinne der oben (Pkt. V.B.2.2.4.) zitierten Rechtsprechung darstellt und daher einer entsprechenden demokratischen Legitimation bedarf. Anhand von Beispielen aus den Sozialversicherungsgesetzen aus der Zeit der Monarchie sucht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang aber nachzuweisen, dass die Organisation der Sozialversicherung immer "verschiedene Arten von Bestellungsvorgängen" gekannt habe, wobei das "Prinzip der Bestellung aller Organmitglieder durch das Organ selbst ebenso durchbrochen [worden sei] wie das Postulat, dass die Organmitglieder nur aus der Mitte der Mitglieder zu berufen" seien. Die Bundesregierung zieht daher in Zweifel, ob "im Rahmen der Selbstverwaltung die Bestellung tatsächlich aller Organwalter durch die Mitglieder erfolgen" müsse und ob diese zudem "aus ihrer Mitte kommen" müssten. Gegen eine indirekte Wahl durch Interessenverbände seien bisher verfassungsrechtliche Bedenken nicht entstanden. Der Hauptverband repräsentiere die Versicherten und ihre Dienstgeber "in höchster Stufe", es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die direkte Wahl der Organe eines Spitzenverbandes wie des Hauptverbandes verfassungsrechtlich geboten sei.

Mit dieser Argumentation übersieht die Bundesregierung, dass der Verfassungsgerichtshof nicht etwa Bedenken gegen die Übertragung der Grundsätze einer sog. "indirekten Wahl" (an Stelle einer Urwahl) auf die Bestellung der Organe des Hauptverbandes hegte, sondern dagegen, dass dieser als Selbstverwaltung der Versicherungsträger eingerichtet sei, die Versicherungsträger aber von der Bestellung des Verwaltungsrates zur Gänze ausgeschlossen seien:

a) Die im ASVG, im GSVG, im BSVG und im B-KUVG Versicherten sind (zT auch nach regionalen Gesichtspunkten oder nach Leistungssparten gegliedert) in Sozialversicherungsträgern zusammengefasst, die als Selbstverwaltungskörper organisiert sind und deren oberste Organe in der oben beschriebenen Weise der Entsendung von Versicherungsvertretern durch gewählte Organe der Interessenvertretungen bestellt (und solcherart demokratisch legitimiert) werden. Diesen als Selbstverwaltungskörper eingerichteten Sozialversicherungsträgern ist die Wahrnehmung gemeinsamer Interessen der in ihnen zusammengeschlossenen Versicherten sowie im besonderen der Vollzug der jeweiligen Sozialversicherungsgesetze (wobei den sonach ergehenden Vollzugsakten zT Verordnungsqualität zukommt) im übertragenen wie auch im eigenen Wirkungsbereich zugewiesen. Diese Sozialversicherungsträger in ihrer rechtlichen Qualität als juristische Personen des öffentlichen Rechts - und nicht etwa die ihnen angehörenden Versicherten - werden nach dem Willen des Gesetzgebers gemäß § 31 Abs 1 ASVG "zum Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ... zusammengefaßt".

b) Auch die Aufgaben des Hauptverbandes, wie sie sich im einzelnen aus § 31 ASVG ergeben, einschließlich der Erlassung von Verordnungen, beziehen sich - unter dem Aspekt der verfassungsrechtlichen Vorgaben der Selbstverwaltung: folgerichtig und gebotener Weise - auf die Tätigkeit der Sozialversicherungsträger: Sie sind Ausdruck des in § 31 Abs 2 ASVG allgemein umschriebenen gesetzlichen Auftrags des Hauptverbandes, die "allgemeinen und gesamtwirtschaftlichen Interessen im Vollzugsbereich der Sozialversicherung" wahrzunehmen (§31 Abs 2 Z 1 ASVG), Dienstleistungen für die Sozialversicherungsträger zentral zu erbringen (§31 Abs 2 Z 2 ASVG) sowie "Richtlinien zur Förderung oder Sicherstellung der gesamtwirtschaftlichen Tragfähigkeit, der Zweckmäßigkeit und der Einheitlichkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger" zu erstellen (§31 Abs 2 Z 3 ASVG).

c) Dem Hauptverband ist somit, wie zum einen gesetzlich ausdrücklich angeordnet ist, zum anderen aber auch aus seinem Wirkungskreis erschlossen werden kann, die Stellung eines Selbstverwaltungskörpers der Sozialversicherungsträger zugedacht.

4.1.2. Wenn die Bundesregierung hervorhebt, dass der Hauptverband die Versicherten und ihre Dienstgeber "repräsentiere", so ist ihr somit entgegenzuhalten, dass sich die demokratische Legitimation der Organe eines Selbstverwaltungskörpers auf seine Angehörigen, hier also in erster Linie auf die Sozialversicherungsträger, zu beziehen hat:

a) Anders als die - territoriale - Gemeindeselbstverwaltung ist nämlich die nicht territoriale Selbstverwaltung jeweils auf den bestimmten Personenkreis beschränkt, dessen Angelegenheit durch den Selbstverwaltungskörper verwaltet wird. Die im Falle der Einrichtung von Selbstverwaltung zulässige Ausnahme vom sonst gebotenen Weisungszusammenhang mit den obersten Organen der Vollziehung (Art19 iVm 20 Abs 1 B-VG) und die sich daraus ergebende Entkoppelung der Selbstverwaltung von deren demokratischer Legitimation erfordern es, dass dem Selbstverwaltungskörper statt dessen seinerseits eine entsprechende demokratische Legitimation durch die von ihm Verwalteten zukommt.

b) Es wäre jedenfalls unzulässig, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zwar als Selbstverwaltungskörper einzurichten, diesem aber die Zuständigkeit zu übertragen, auch solche Angelegenheiten - unter Einsatz von imperium - weisungsungebunden zu besorgen, die sich auf einen Personenkreis beziehen, der von jenem verschieden ist, welcher dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt, dh. der bei der Kreation (jedenfalls) des obersten Organs dieses Selbstverwaltungskörpers mitwirken konnte. Damit würde nämlich das Organisationskonzept der Bundesverfassung, das im Prinzip eine Unterstellung der hoheitlich zu besorgenden Verwaltungstätigkeiten unter die obersten Organe im Sinne des Art 19 Abs 1 B-VG verlangt, die ihrerseits der parlamentarischen Kontrolle unterliegen, umgangen werden.

c) Diese Überlegungen schließen es zwar nicht aus, auch Selbstverwaltungskörper - nicht anders als andere aus der Staatsverwaltung ausgegliederte Rechtsträger öffentlichen oder privaten Rechts - mit solchen auf andere Personen ("Außenstehende") bezogenen Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung zu betrauen (sog. |bertragener Wirkungsbereich). Die Betrauung eines Selbstverwaltungskörpers mit hoheitlichen Aufgaben gegenüber Außenstehenden - sofern diese den verfassungsrechtlichen Anforderungen an solche Ausgliederungen, insbesondere dem Sachlichkeitsgebot, nicht widerspricht - setzt aber jedenfalls voraus, dass der Selbstverwaltungskörper hiebei - ausdrücklich - an Weisungen des zuständigen obersten Organs der Vollziehung gebunden ist (vgl. VfSlg. 16.400/2001).

4.1.3. Aber auch unter der Annahme, die 58. Novelle zum ASVG sei vom Konzept eines gemeinsamen Selbstverwaltungskörpers der Versicherten und der Sozialversicherungsträger getragen (was die Bundesregierung nicht einmal behauptet und auch nach den Gesetzesmaterialien nicht anzunehmen ist), wäre daraus für die Verfassungsmäßigkeit der Konstruktion aus dem Blickwinkel des hier erörterten Bedenkens nichts zu gewinnen: Nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur verfassungsrechtlich gebotenen Mitwirkung aller Angehörigen eines Selbstverwaltungskörpers bei der Kreation von Organen, denen wichtige Aufgaben und Befugnisse zukommen, dürften nämlich die Versicherungsträger von der Mitwirkung an der Kreation des Verwaltungsrates nicht zur Gänze ausgeschlossen werden.

4.1.4. Es kann aber auch das System der "abgeleiteten Selbstverwaltung" (dh. die Entsendung durch gesetzliche Interessenvertretungen), wie es auf der Ebene der Sozialversicherungsträger besteht, nicht unter Ausschaltung der Organe der unteren Stufe der Selbstverwaltung auch auf die höhere Stufe der Selbstverwaltung in der Weise übertragen werden, dass die Kreation des Verwaltungsrates mit jener der Organe der einzelnen Versicherungsträger gleichsam "parallel" geschaltet wird. In diesem Fall käme es nämlich beim Verwaltungsrat in Folge der berufsständischen Ausrichtung der entsendenden Interessenvertretungen zwangsläufig zu Verzerrungen der Repräsentation, weil die im Hauptverband zusammengeschlossenen Versicherungsträger ihrerseits nur zum Teil nach berufsständischen (Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bzw. der Bauern), bei den unselbständig Erwerbstätigen aber nach regionalen Gesichtspunkten (Gebietskrankenkassen), nach Versicherungszweigen (Pensionsversicherungsanstalt, Allgemeine Unfallversicherungsanstalt) oder nach mehreren der genannten Gesichtspunkte (zB

Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen,

Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, Betriebskrankenkassen) gegliedert sind. Die Entsendung von Versicherungsvertretern durch die einzelnen gesetzlichen beruflichen Vertretungen in einen Verwaltungskörper des Hauptverbandes kann daher unter dem Gesichtspunkt der Repräsentation der vom Hauptverband Verwalteten nicht einer Entsendung durch die jeweils "entsprechenden" Sozialversicherungsträger gleichgehalten werden.

4.1.5. Es kann daher dahinstehen, ob Sozialversicherungsträger als Selbstverwaltungskörper und mit der Führung von Angelegenheiten der Sozialversicherung (im eigenen, aber auch im übertragenen Wirkungsbereich) betraute Behörden einerseits und die in diesen Selbstverwaltungskörpern jeweils zusammengefassten Gruppen von Versicherten andererseits überhaupt solche gemeinsamen Angelegenheiten haben könnten, die es als verfassungsrechtlich zulässig erscheinen ließen, sie zur relativ autonomen Besorgung dieser Angelegenheiten zu einem gemeinsamen Selbstverwaltungskörper zusammenzuschließen: Angesichts des Wirkungskreises des Hauptverbandes ist es jedenfalls verfassungswidrig, die Sozialversicherungsträger von der Mitwirkung an der Kreation des Verwaltungsrates als des obersten Organs des Hauptverbandes auszuschließen.

4.1.6. Die in Prüfung stehenden Bestimmungen über den Verwaltungsrat sind daher aus den genannten Gründen als verfassungswidrig zu beurteilen.

4.2. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, der Kreis der entsendeberechtigten Stellen sei in § 441b Abs 1 ASVG in unsachlicher Weise abgegrenzt worden.

5. Gemäß § 441e Abs 2 ASVG sind ua. die "leitenden Funktionäre kollektivvertragsfähiger Körperschaften und Vereine, auch wenn sie die Kollektivvertragsfähigkeit in fremdem Namen ausüben", ua. von einer Mitgliedschaft im Verwaltungsrat ausgeschlossen.

5.1. Diese Vorschrift geht auf einen aus Anlass der Beratungen des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Nationalrates über die Regierungsvorlage der 58. Novelle zum ASVG (624 BlgNR XXI. GP) beschlossenen Abänderungsantrag zurück. § 441e Abs 2 ASVG sollte demnach wie folgt lauten:

"Die Obmänner und Obmann-Stellvertreter der dem Hauptverband angehörenden Versicherungsträger sind ebenso wie die leitenden Organe kollektivvertragsfähiger Körperschaften und Vereine von einer Bestellung zum Mitglied des Verwaltungsrates, zum Mitglied der Geschäftsführung oder zum Mitglied der Controllinggruppe ausgeschlossen."

Begründend ist dazu ua. Folgendes ausgeführt worden (vgl. AB 726 BlgNR XXI. GP, zu § 441e ASVG):

"Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass wesentliche Ineffizienzen in der Verwaltung des Hauptverbandes und der Versicherungsträger nicht nur durch ungenaue Kompetenzabgrenzungen der einzelnen Organe, sondern vor allem in den Mehrfachzugehörigkeiten der Organwalter begründet waren.

Diesen Erkenntnissen soll im vorliegenden Entwurf Rechnung getragen werden.

Die Abs 1 und 2 stellen klar, dass ein Versicherungsvertreter bzw. ein leitendes Organ einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft oder eines kollektivvertragsfähigen Vereins nicht gleichzeitig Mitglied des Verwaltungsrates, der Geschäftsführung oder der Controllinggruppe sein kann. Die diesbezügliche Unvereinbarkeit ist darin begründet, dass man nicht gleichzeitig die Interessen des Sozialversicherungsträgers und jene des kontrollierenden Hauptverbandes, nicht gleichzeitig das Partikular- und das Allgemeininteresse vertreten kann. Der Ausschluss der leitenden Organe (wie zB Obmann, Obmann-Stellvertreter, Präsident, Vizepräsident usw.) kollektivvertragsfähiger Körperschaften oder Vereine ist notwendig, um zB im Falle des Abschlusses von Kollektivverträgen für den Hauptverband oder die Sozialversicherungsträger Interessenkonflikte möglichst hintanzuhalten. Während Abs 1 für einen 'einfachen' Versicherungsvertreter lediglich ein Ruhen der Versicherungsvertretereigenschaft (mit der Konsequenz, dass im Verwaltungskörper des jeweiligen Sozialversicherungsträgers die Vertretungsregeln zur Anwendung kommen) vorsieht, schließt Abs 2 den Obmann bzw. die Obmann-Stellvertreter der Sozialversicherungsträger von der Bestellung zu Mitgliedern des Verwaltungsrates, der Geschäftsführung oder der Controllinggruppe aus.

[...]"

Auf Grund eines weiteren, in der zweiten Lesung des Gesetzesvorschlages beschlossenen Abänderungsantrags (s. StenProt NR XXI. GP, 76. Sitzung, 48 ff) wurde in § 441e Abs 2 ASVG idF des Ausschussberichtes der Ausdruck "Organe" durch "Funktionäre" ersetzt und nach dem Ausdruck "Vereine" die Wortfolge ", auch wenn sie die Kollektivvertragsfähigkeit in fremdem Namen ausüben," eingefügt.

Begründend ist hiezu ua. Folgendes ausgeführt worden (s. StenProt NR aaO, 52 f):

"Unter Funktionär ist jene Person zu verstehen, die in eine Funktion in einer der genannten juristischen Personen gewählt wird; leitende Funktionäre sind insbesondere jene Funktionsträger, die maßgeblichen Einfluss auf Geschäftsführung, Beschlussfassung, öffentliche Darstellung oder Vertretung der kollektivvertragsfähigen Körperschaften und Vereine ausüben.

Die sachliche Rechtfertigung der Unvereinbarkeitsregelungen des § 441e ASVG liegt in der Notwendigkeit, Interessenkollisionen möglichst zu vermeiden:

Wer einem Verwaltungskörper des Hauptverbandes angehört, muss die dem Hauptverband obliegenden Lenkungs- und Leitungsaufgaben der sozialen Selbstverwaltung in ihrer Gesamtheit vor Augen haben; er kann daher nicht gleichzeitig Versicherungsvertreter - und damit:

einem Partikularinteresse verpflichteter Funktionär - eines einzelnen Versicherungsträgers sein.

[...]

Die Unvereinbarkeitsregelung betreffend leitende Funktionäre kollektivvertragsfähiger Körperschaften und Vereine knüpft an den Umstand der Kollektivvertragsfähigkeit an:

Diese kommt juristischen Personen gerade deshalb zu, um arbeitsrechtliche Interessenkonflikte im Wege kollektivvertraglicher Vereinbarungen zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern auszugleichen. Der Bereich der sozialen Selbstverwaltung soll aber gerade von diesen arbeitsrechtlichen Interessenkonflikten freigehalten werden; insbesondere soll vermieden werden, dass arbeitsrechtliche Konflikte in den Bereich der sozialen Selbstverwaltung übertragen und hier stellvertretend mit den Instrumentarien des ASVG ausgefochten werden. Der vorliegende Gesetzesentwurf bezweckt daher hinsichtlich der genannten leitenden Funktionäre eine personelle Entflechtung und strebt solcherart eine Konzentration auf die Sachprobleme der Sozialversicherung an; er geht von der idealtypischen Vorstellung aus, dass sich die Funktionäre des Hauptverbandes allein auf die unvoreingenommene und unparteiische Lösung jener Probleme konzentrieren können, die im Bereich der Aufgaben des Hauptverbandes auftreten. Diese sachliche Zugang soll nicht durch Interessenkonflikte aus anderen Selbstverwaltungsbereichen oder politischen Auseinandersetzungen beeinträchtigt werden."

5.2. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei dem in seinem Beschluss vom vorläufig bezogenen Standpunkt, dass die Bestimmung des § 441e Abs 2 ASVG insofern überschießend und damit unsachlich ist, als sie die darin bezeichneten Funktionäre schlechthin von der Mitgliedschaft im Verwaltungsrat ausschließt (so auch Öhlinger, Die Bedeutung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, DRdA 2002, 191 [198 FN 52]; diesem folgend Tomandl, Die Neuordnung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger aus rechtlicher Sicht, ZAS 2002, 129 [136]). Die in den Gesetzesmaterialien zur alleinigen Begründung genannte Kompetenz des Verwaltungsrates zum Abschluss von Kollektivverträgen für die Sozialversicherungsträger ist nur eine von vielen und keineswegs die wichtigste Aufgabe des Verwaltungsrates. Es lässt sich nicht sagen, dass leitende Funktionäre aller kollektivvertragsfähigen Körperschaften vom Abschluss eines Kollektivvertrages für Sozialversicherungsbedienstete typischerweise berührt würden. Zwar könnte es geboten sein, dass sich maßgebende Funktionäre einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft, welche die kollektivvertragsangehörigen Dienstnehmer vertritt, der Mitwirkung beim Abschluss eines solchen Kollektivvertrages auf Seiten des Hauptverbandes (dh. auf Dienstgeberseite) enthalten. Das allein kann indessen weder die Weite des von der Unvereinbarkeitsregelung betroffenen Personenkreises noch den gänzlichen Ausschluss dieser Personen von der Mitgliedschaft zum Verwaltungsrat sachlich rechtfertigen.

5.3. Dem Vorbringen der Bundesregierung, die in Prüfung gezogene Wendung des § 441e Abs 2 ASVG sei deshalb unbedenklich, weil schon § 420 Abs 6 ASVG "Bedienstete eines Versicherungsträgers und des Hauptverbandes sowie Personen, die auf Grund einer von ihnen ausgeübten Erwerbstätigkeit mit diesen Stellen in regelmäßigen geschäftlichen Beziehungen stehen, ferner Personen, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet ist", von der Entsendung in das Amt eines Versicherungsvertreters ausschließt, kann nicht gefolgt werden. Damit verkennt die Bundesregierung nämlich, dass § 420 Abs 6 ASVG ganz andere Interessenlagen in den Blick nimmt: Diese Regelung knüpft den Ausschluss vom Amt des Versicherungsvertreters (sieht man vom Fall der Anhängigkeit eines Insolvenzverfahrens ab) an das Bestehen eines besonderen (Rechts-)Verhältnisses einer Person zu einem Versicherungsträger (oder zum Hauptverband), in dessen Rahmen diese Person eigene geschäftliche Interessen verfolgt, die mit den im Rahmen des Mandates wahrzunehmenden Interessen derart verknüpft sind, dass berechtigte Zweifel an der insgesamt uneigennützigen Mandatsausübung hinsichtlich der wirtschaftlichen Interessen des Sozialversicherungsträgers entstehen könnten.

5.4. Die in Prüfung gezogene Wendung in § 441e Abs 2 ASVG widerspricht somit dem - auch den Gesetzgeber bindenden - Gleichheitssatz bzw. dem daraus abgeleiteten Sachlichkeitsgebot.

6. In seinem Beschluss vom erhob der Verfassungsgerichtshof (zT anknüpfend an seinen Beschluss vom ) Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der - mit der 58. Novelle zum ASVG neu errichteten - Geschäftsführung des Hauptverbandes. Der Gerichtshof erachtete es - vorläufig - als bedenklich, dass die Geschäftsführung des Hauptverbandes weder als Selbstverwaltungsorgan noch als gegenüber den Selbstverwaltungsorganen des Hauptverbandes weisungsgebundenes (Verwaltungs-)Organ anzusehen sei.

Auch dieses Bedenken hat sich als begründet erwiesen:

6.1. § 441c Abs 1 ASVG ordnet an, dass die Geschäftsführung vom Verwaltungsrat des Hauptverbandes zu bestellen ist. Dieser hat die zu besetzenden Stellen öffentlich auszuschreiben, wobei die Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes, BGBl. I Nr. 26/1998, anzuwenden sind.

Die Gesetzesmaterialien (726 BlgNR XXI. GP, zu § 441c ASVG) bemerken hiezu ua. Folgendes:

"Durch das neu vorgesehene Organ der Geschäftsführung soll eine Verschmelzung der bislang gegebenen parallelen Strukturen des Verbandsvorstandes und des Verbandspräsidiums auf der einen Seite und der Generaldirektion und ihrem Büro auf der anderen Seite erreicht werden. Die Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträger ist kein Selbstzweck, sondern wurde gerade für die Aufgabe der Führung der Sozialversicherungsträger eingerichtet; es ist daher nur konsequent, wenn das oberste Geschäftsführungsgremium sowohl Aufgaben der Selbstverwaltung, als auch Aufgaben der Unternehmensführung wahrnimmt.

Um diesem Anforderungsprofil gerecht zu werden und die Begründetheit einer Bestellung nach außen transparent zu machen, sieht Abs 1 zum einen vor, den Pool der möglichen Geschäftsführer nicht auf die Funktionäre der Selbstverwaltung zu beschränken; künftig soll es daher möglich sein, dass auch ein befähigter und erfolgreicher Manager aus der Privatwirtschaft ohne Funktionen in den Trägern der sozialen Selbstverwaltung zum Geschäftsführer des Hauptverbandes berufen werden kann. Diese Öffnung des operativen Führungsgremiums ermöglicht es dem Hauptverband insbesondere auch, ausländische Führungskräfte auf dem Gebiet der sozialen Selbstverwaltung nach Österreich zu holen und von deren Erfahrungsschatz zu profitieren. ..."

6.2. Der Geschäftsführung des Hauptverbandes sind zweifellos "entscheidungswichtige Aufgaben" iS des Erkenntnisses VfSlg. 8644/1979 übertragen (so auch Pernthaler/Gamper, ZfV 2002, 729 f, 732), die - sollte es sich um ein Organ der Selbstverwaltung handeln - eine Bestellung dieses Organs "aus der Mitte der Angehörigen" des Selbstverwaltungskörpers - durch Wahl - verfassungsrechtlich geboten erscheinen ließen. Einen solchen Bestellungsvorgang sieht das Gesetz aber nicht vor. Die Geschäftsführung ist daher - wie auch die Bundesregierung der Sache nach nicht bestreitet - kein Organ der Selbstverwaltung, und zwar ungeachtet der - zuvor festgestellten - dem Verwaltungsrat des Hauptverbandes anhaftenden verfassungsrechtlichen Mängel.

6.3. Die Bundesregierung hat in den in beiden Gesetzesprüfungsverfahren erstatteten Äußerungen das angesichts dieses Befundes geäußerte Bedenken des Verfassungsgerichtshofes der Sache nach bestätigt, dass die Geschäftsführung gegenüber keinem anderen Verwaltungskörper des Hauptverbandes, insbesondere nicht gegenüber dem Verwaltungsrat, weisungsgebunden sei. Dazu vertritt die Bundesregierung jedoch die Auffassung, dass das Prinzip der Ministerverantwortlichkeit der Selbstverwaltung fremd sei; die Organe der Selbstverwaltung könnten wegen Vernachlässigung der Sorgfalt zur Rechenschaft gezogen werden; ein "Durchgriffsrecht" höherer Organe gebe es nur dort und in dem Ausmaß, in dem dieses im Gesetz ausdrücklich geregelt sei. Es bestehe auch "kein rechtspolitisches Bedürfnis" nach so "weitreichenden Eingriffen der Spitze der Selbstverwaltung in die Tätigkeit der einzelnen nachgeordneten Organe". Das Aufsichtsrecht stelle eine wirksame Kontrollmöglichkeit dar.

Dem kann der Verfassungsgerichtshof nicht folgen:

6.3.1. Wie schon dargetan, ist die Einrichtung von Selbstverwaltung eine verfassungsrechtlich zulässige Durchbrechung des Grundsatzes des Weisungszusammenhangs mit den obersten Organen. Eine gegenüber staatlichen Organen weisungsungebunden arbeitende Sozialversicherung, die nicht als Selbstverwaltungskörper organisiert ist, wäre daher verfassungswidrig (so auch Tomandl, ZAS 2002, 131, und Öhlinger, DRdA 2002, 193). Tomandl (aaO) ist auch darin zuzustimmen, dass die Frage, ob ein Verwaltungskörper als Selbstverwaltungsorgan angesehen werden kann, von Organ zu Organ gesondert zu untersuchen ist.

a) Es begegnet nun im Prinzip keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Gesetz im Rahmen eines Selbstverwaltungskörpers auch Organe vorsieht, die deshalb keine Organe der Selbstverwaltung im Sinne der vorhin dargelegten Grundsätze sind, weil ihre Mitglieder nicht aus der Mitte der Angehörigen des Selbstverwaltungskörpers bestellt sind (vgl. das schon erwähnte Erkenntnis VfSlg. 13.012/1992). Die Geschäftsführung des Hauptverbandes, auf die dieser Befund zutrifft, unterscheidet sich insoweit nicht vom "leitenden Angestellten" (Generaldirektor) des Hauptverbandes und seinen Stellvertretern (im Sinne der Rechtslage vor wie auch nach der 58. Novelle zum ASVG). Ein Unterschied liegt nur darin, dass letzteren - neben der Leitung des "Büros" - nur jene Aufgaben der Geschäftsführung zugekommen sind, die von den Selbstverwaltungsorganen an das "Büro" übertragen werden durften und übertragen worden waren, während die mit der 58. Novelle zum ASVG eingerichtete Geschäftsführung schon auf Grund des Gesetzes über eigene Aufgaben und Befugnisse verfügt.

b) Die österreichische Bundesverfassung lässt es jedoch unter diesen Umständen nicht zu, ein solches zur Führung der Verwaltung berufenes Organ weisungsungebunden einzurichten, und zwar - anders als die Bundesregierung offenbar meint - unabhängig davon, ob es einer Aufsicht unterliegt und ob eine als Organ eines Rechtsträgers handelnde Person zum Ersatz des diesem Rechtsträger durch rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten zugefügten Schadens in Anspruch genommen werden kann. Dieses Verfassungsgebot kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein solches Verwaltungsorgan bloß formal einem Selbstverwaltungskörper zugeordnet wird, ohne selbst jenen verfassungsrechtlichen Anforderungen zu entsprechen, die an Organe der Selbstverwaltung gestellt sind.

c) Soweit in Selbstverwaltungskörpern Organe eingerichtet sind, denen wichtige Aufgaben zukommen, die jedoch den verfassungsrechtlichen Kriterien eines Selbstverwaltungsorgans nicht genügen, müssen solche Organe daher jedenfalls an die Weisungen von Organen der Selbstverwaltung, die ihrerseits über eine entsprechende demokratische Legitimation verfügen, gebunden sein. Erst aus dem Weisungszusammenhang mit einem seinerseits demokratisch legitimierten Verwaltungskörper könnte jene (indirekte) demokratische Legitimation der Rechtsakte der Geschäftsführung abgeleitet werden, die bei einem mit hoheitlichen Aufgaben betrauten, weder demokratisch (durch Wahlen) bestellten noch durch Verfassungsgesetz weisungsungebunden gestellten Verwaltungsorgan verfassungsrechtlich geboten ist.

Es steht in Widerspruch zu Art 19 iVm Art 20 Abs 1 B-VG, Aufgaben der Hoheitsverwaltung, wie etwa die Erlassung von Verordnungen, durch einfaches Gesetz einem Organ zu übertragen, das auf Grund seiner organisatorischen Stellung kein entsprechend weisungsgebundenes Organ der Staatsverwaltung, sondern das Organ eines Selbstverwaltungskörpers ist, als solches aber weder als Organ der Selbstverwaltung demokratisch legitimiert noch an Weisungen eines demokratisch legitimierten Organs der Selbstverwaltung gebunden ist.

d) Der - zur Widerlegung der dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen an sich ungeeignete - Vergleich, den die Bundesregierung unter Hinweis auf § 456a ASVG mit den Büros der Versicherungsträger ziehen möchte, denen - so das Vorbringen der Bundesregierung - Angelegenheiten der Geschäftsführung "ohne Vorbehalt des Weisungsrechtes" übertragen werden könnten und auch übertragen würden, geht im Übrigen auch deshalb fehl, weil die Bundesregierung insoweit die Rechtslage verkennt: Die Bediensteten der Versicherungsträger sowie des Hauptverbandes unterstehen nämlich dienstlich kraft der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 460 Abs 3 ASVG dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung, sodass nicht davon die Rede sein kann, auf einfachgesetzlicher Ebene sei es bisher zulässig gewesen, Angelegenheiten der Selbstverwaltung dem "Büro" des Hauptverbandes zur weisungsfreien Besorgung zu übertragen.

e) Die Befugnis des Verwaltungsrates zur Abberufung von Mitgliedern der Geschäftsführung mit einer qualifizierten Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen (§441c Abs 4 ASVG) bestätigt lediglich den Befund der Verfassungswidrigkeit, dient doch eine eingeschränkte Abberufungsmöglichkeit typischerweise der Stärkung der Unabhängigkeit der Mitglieder des betreffenden Organs (so schon VfSlg. 11.506/1987, S 419).

f) Nicht zielführend sind schließlich auch die von der Bundesregierung ins Treffen geführten Beispiele der "gegliederten Selbstverwaltung" der gesetzlichen Interessenvertretungen: Der Umstand, dass ein "Spitzenverband" nicht in die Geschäftsführung nachgeordneter Organisationseinheiten eingreifen kann, findet seine verfassungsrechtliche Rechtfertigung eben darin, dass es sich nicht nur beim Spitzenverband, sondern auch bei den diesem nachgeordneten Einheiten jeweils um Selbstverwaltungskörper mit entsprechend demokratisch legitimierten Organen handelt.

6.3.2. Da also die Geschäftsführung mangels demokratischer Legitimation nicht als Organ der Selbstverwaltung im verfassungsrechtlichen Sinne zu beurteilen ist, aber auch - bei Besorgung der ihr übertragenen Aufgaben der Hoheitsverwaltung - an Weisungen des obersten Organs des Selbstverwaltungskörpers nicht gebunden ist, waren auch die in Prüfung stehenden Bestimmungen über die Geschäftsführung des Hauptverbandes als verfassungswidrig zu qualifizieren.

7. Die aus dem Spruch ersichtliche Wendung in § 441e Abs 2 ASVG, weiters die §§441b Abs 1 und 441c ASVG sowie die - mit den letztgenannten Bestimmungen untrennbar zusammenhängenden - §§442a und 442b ASVG, jeweils idF der 58. Novelle, waren daher als verfassungswidrig zu erkennen.

Da die §§441b Abs 1 und 442a ASVG mit Art 73 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, sowie - im Fall des § 442a ASVG - mit dem Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (60. Novelle zum ASVG), BGBl. I Nr. 140/2002, novelliert worden sind (s. oben Pkt. II.4.2. und II.4.3.), hatte es gemäß Art 140 Abs 4 B-VG insoweit bei dem Ausspruch zu bleiben, dass die genannten Bestimmungen verfassungswidrig waren.

8. Für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstellen (§441c, § 442b sowie die aus dem Spruch ersichtliche Wendung in § 441e Abs 2 ASVG) war eine Frist bis zu bestimmen, um die notwendigen legistischen Vorkehrungen für die erforderliche Neuregelung des Organisationsrechtes des Hauptverbandes zu ermöglichen. Dieser Ausspruch stützt sich auf Art 140 Abs 5 vorletzter und letzter Satz B-VG.

9. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder wirksam werden, beruht auf Art 140 Abs 6 B-VG. Die Kundmachungspflicht des Bundeskanzlers ergibt sich aus Art 140 Abs 5 erster bzw. zweiter Satz B-VG, § 65 iVm § 64 Abs 2 VfGG sowie § 2 Abs 1 Z 4 BGBlG.