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VfGH vom 30.06.2004, g218/03

VfGH vom 30.06.2004, g218/03

Sammlungsnummer

17264

Leitsatz

Zulässigkeit eines Drittelantrags von Landtagsabgeordneten auf Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen der Wiener Gemeindewahlordnung betreffend das Wahlrecht von Nichtösterreichern zu den Bezirksvertretungen wegen Verletzung des wahlrechtlichen Homogenitätsprinzips der Bundesverfassung; Bezirksvertretungen als Bestandteil des demokratischen Grundprinzips; Bestellung daher österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern vorbehalten

Spruch

§ 16 Abs 2 Z 2 und § 19a Abs 1 Z 3 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996, LGBl. 16, idF LGBl. 2003/22, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Der Landeshauptmann von Wien ist verpflichtet, die Aufhebung unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit ihrem auf Art 140 Abs 1 B-VG gestützten Antrag vom begehren 37 Abgeordnete zum Wiener Landtag,

"der Verfassungsgerichtshof wolle § 16 Abs 2 Z 2 sowie die korrespondierende Bestimmung des § 19a Abs 1 Z 3 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996, LGBl. für Wien Nr. 16/1996, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 22/2003, als verfassungswidrig aufheben".

2.1. Die §§16 und 19a Abs 1 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 - GWO 1996, LGBl. 16, idF LGBl. 2003/22 lauten (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Wahlrecht, Stichtag

§16. (1) Wahlberechtigt sind alle Männer und Frauen, die am Stichtag (§3 Abs 4)


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1.
das 16. Lebensjahr vollendet haben,
2.
die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen,
3.
vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind und
4.
im Gemeindegebiet von Wien ihren Hauptwohnsitz haben.

(2) Wahlberechtigt zu den Bezirksvertretungswahlen sind auch

1. Unionsbürger, die abgesehen von der österreichischen Staatsbürgerschaft die Bedingungen des Abs 1 erfüllen und

2. andere Nichtösterreicher, die am Stichtag seit mindestens 5 Jahren ununterbrochen im Gemeindegebiet von Wien ihren Hauptwohnsitz haben und abgesehen von der österreichischen Staatsbürgerschaft die Bedingungen des Abs 1 erfüllen."

"Besondere Wählerevidenz

§19a. (1) Der Magistrat hat für die Gemeinde Wien neben der nach bundesgesetzlichen Vorschriften zu führenden ständigen Evidenz der Wahlberechtigten eine ständige Evidenz folgender Frauen und Männer zu führen, die am Stichtag (§3 Abs 4) das 16. Lebensjahr vollendet haben, vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind und im Gemeindegebiet von Wien ihren Hauptwohnsitz haben:

1. Österreichische Staatsbürger bis zum Zeitpunkt, an dem sie gemäß dem Wählerevidenzgesetz 1973, BGBl. Nr. 601/1973, in der Fassung BGBl. I Nr. 98/2001, in die ständige Bundeswählerevidenz eingetragen werden,

2. Unionsbürger, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen und

3. andere Nichtösterreicher, die bereits seit mindestens 5 Jahren ihren ununterbrochenen Hauptwohnsitz im Gemeindegebiet von Wien haben.

..."

2.2. Ferner ist schon an dieser Stelle auf Folgendes hinzuweisen:

Für das passive Wahlrecht zu den Bezirksvertretungen bestimmt § 42 iVm. § 1 Abs 5 GWO, dass

"alle Männer und Frauen [wählbar sind], die am Stichtag (§3 Abs 4) das 18. Lebensjahr vollendet haben und nach den übrigen Voraussetzungen des § 16 wahlberechtigt sind."

3. Die antragstellenden Abgeordneten begründen ihren Antrag im Wesentlichen wie folgt:

"1. Zur Verfassunsgwidrigkeit des § 16 Abs 2 Z 2 und der korrespondierenden Bestimmung des § 19a Abs 1 Z 3 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996

Neben den genannten Bestimmungen, die das aktive Wahlrecht betreffen, ergibt sich im Zusammenhalt mit § 61a Abs 1 der Wiener Stadtverfassung ... dadurch auch ein passives Wahlrecht für die Mitglieder der Bezirksvertretung mit Ausnahme des Bezirksvorstehers (Bezirksvorsteher-Stellvertreters) und der Mitglieder des Bauausschusses.

Durch die inkriminierten Bestimmungen der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 werden verletzt:

a) das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip der österreichischen Bundes-Verfassung und

b) der Staatsbürger-(Inländer)-Vorbehalt gemäß Art 3 StGG.

Im übrigen wird auf die nachfolgenden Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen ausdrücklich verwiesen.

2. Zur bundesverfassungsrechtlichen Stellung der Bezirksvertretung der Gemeinde Wien (BZV)

Bei der Bezirksvertretung der Gemeinde Wien (BZV) handelt es sich um ein im B-VG nicht ausdrücklich geregeltes Organ. Dieses Organ findet seine bundesverfassungsrechtliche Deckung darin, daß die Länder gemäß Art 117 B-VG weitere als die hier vorgeschriebenen Mindestorgane vorsehen können ('jedenfalls' = 'institutionelles Minimalprogramm': Adamovich-Funk-Holzinger, Österr. Staatsrecht II, Rz 32.035).

Daraus ergibt sich, daß das B-VG über die von ihm geregelten Gemeinde-Organe hinaus, wie etwa die BZV, ebenso keine Regelung enthält bzw. enthalten kann wie zB. auch nicht über die Amtsführenden Stadträte der Gemeinde Wien.

Es könnte nun die Ansicht vertreten werden, daß aus diesem bundesverfassungsrechtlichen Stillschweigen auf eine Beliebigkeit in der Einrichtung derartiger Organe geschlossen werden kann. Diese Ansicht wäre aber verfehlt.

In der Ausgestaltung von nicht im B-VG geregelten Organen sind vielmehr jene Grenzen bzw. Grundsätze zu beachten, welche durch die Bundesverfassung ausdrücklich oder implizit gezogen sind.

Hinsichtlich der Wahlen bzw. der Ausgestaltung des Wahlrechts zu den Bezirksvertretungen enthält die Bundesverfassung zwar keine expliziten verfassungsrechtlichen Bestimmungen, aus ihren einschlägigen Bestimmungen bzw. aus der dazu ergangenen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes lassen sich aber sehr wohl verfassungsrechtlich bindende Grundsätze für die Ausgestaltung des Wahlrechtes zu den Bezirksvertretungen ableiten. Diese finden ihre Unterstützung auch in der einschlägigen Literatur. Schon im Erkenntnis VfSlg. 6087/1969 spricht der Verfassungsgerichtshof davon, daß das B-VG für die Bezirksvertretungswahlen 'keine ausdrücklichen Bestimmungen' enthält. Damit wird deutlich, daß der Verfassungsgerichtshof sehr wohl von allgemeinen Regeln und Prinzipien, die sich implizit aus der Bundesverfassung ergeben und sich systematisch aus dem B-VG ableiten lassen, ausgeht und daß diese die Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene, im konkreten Fall den Landesgesetzgeber in Wien, binden.

In der Literatur hat Ponzer zu Recht darauf hingewiesen, daß schon im § 34 Abs 2 des Verfassungs-Übergangsgesetzes 1920, BGBl 2, vorgesehen war, daß die damals der Gemeindevertretung übertragenen Aufgaben der Bezirksverwaltung in Wien den dort bestehenden Bezirksvertretungen übertragen werden können. Diese Bestimmung, die zwar durch ArtI § 2 des Verfassungs-Übergangsgesetzes 1929, BGBl 393, aufgehoben wurde, zeigt, daß die Bundesverfassung von 1920 die Bezirksvertretungen bereits vorgefunden und damit auch akzeptiert hat (vgl. dazu auch Ponzer/Czech, Die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien (2000) 89).

Schick hat in diesem Zusammenhang festgehalten, daß die einzige ausdrückliche Erwähnung der Bezirksvertretungen zwar im Zuge der B-VG-Nov 1929 entfallen sei, daß man aber annehmen könne, daß der historische Bundesverfassungsgesetzgeber 1920 die Bezirksvertretungen, wie sie nach dem Gemeindestatut von 1900 geregelt waren, vorgefunden und 'jedenfalls vorläufig' akzeptiert habe [vgl. dazu Schick, Möglichkeiten und Grenzen einer Reform.

Wiener Stadtverfassung im Lichte der Bundesverfassung, in: Die Bürger und ihre Stadt. Direkte Demokratie in der Kommunalpolitik (1991) 113 ff (126)]. Schick weist dabei ausdrücklich darauf hin, daß trotz der einschneidenden Änderungen, die die Regierung Schober mit ihrer Regierungsvorlage zur B-VG-Novelle 1929 beabsichtigte, Art 110 Abs 4 der Regierungsvorlage erkennen ließe, daß eine Beseitigung der Bezirksvertretungen nicht geplant war. Das Scheitern dieses Teils der Regierungsvorlage habe - so Schick - die bundesverfassungsrechtliche Stellung der Bezirksvertretungen unverändert gelassen.

Es zeigt sich somit eindeutig, daß die Wiener Bezirksvertretungen als stillschweigend von der Bundesverfassung vorausgesetzt und damit als bundesverfassungsrechtlich anerkannt betrachtet werden dürfen.

3. Das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip

Der in der Judikatur und Lehre entwickelte Grundsatz des wahlrechtlichen Homogenitätsprinzips besagt im Wesentlichen, daß aus den gleichlautenden bzw. sogar innerlich verzahnten bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen der Art 26, 95 und 117 B-VG gleichlautende Prinzipien für alle Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern abgeleitet werden können und damit auch bundesverfassungsrechtlich verankert wurden. Damit wird auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene ein nach einheitlichen Prinzipien funktionierendes Wahlrecht für allgemeine Vertretungskörper festgeschrieben, das sich insoweit einer differenzierenden Ausgestaltung auf einfachgesetzlicher Ebene entzieht.

Wahlrechtliche Regelungen für allgemeine Vertretungskörper außerhalb dieser bundesverfassungsrechtlich festgeschriebenen Prinzipien durch die einfachen Gesetzgeber würden daher gegen die Bundesverfassung verstoßen (zum Homogenitätsprinzip im Bereich des Wahlrechts vgl. aus der umfangreichen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 3426/1958; 3560/1959; 6106/1969; 8321/1978, 14.265/1995; vgl. dazu jüngst auch Stolzlechner, Art 117 B-VG, in: Rill/Schäffer (Hrsg.), Bundesverfassungsrecht, Kommentar 2001 Rz 10; Holzinger, Art 26 B-VG, in: Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 33; Putschlögl, in:

Fröhler/Oberndorfer (Hrsg.), Das österreichische Gemeinderecht 3.4, 18; speziell zu den Wiener Bezirksvertretungen vgl. auch Moritz, Die rechtliche Stellung von Organen der Stadt Wien, in: Rauchenberger (Hrsg.), Stichwort Demokratie (1994) 53 ff (112 ff)).

Daß sich das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip auf alle allgemeinen Vertretungskörper bezieht und nicht bloß auf die heute in der Bundesverfassung ausdrücklich genannten Organe Nationalrat, Landtage und Gemeinderäte, läßt sich deutlich an Hand der historischen Rechtsentwicklung ablesen. So hat die Vorgängerbestimmung des Art 117 B-VG, Art 119 Abs 2 B-VG erster Satz idF des B-VG 1920, vorgesehen, daß Wahlen in alle Vertretungen auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Verhältniswahlrechts aller Bundesbürger stattfinden sollten. Damit wird die verfassungsrechtliche Determinierungswirkung für alle allgemeinen Vertretungskörper deutlich; eine Beschränkung auf bestimmte allgemeine Vertretungskörper, die heute ausdrücklich in der Bundesverfassung genannt sind, ist aus der Änderung der Bestimmungen nicht ableitbar. Die späteren Änderungen dieser bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen haben sich nicht auf diesen Umstand bezogen, sodaß davon ausgegangen werden muß, daß sich für diese Frage am Willen des Bundesverfassungsgesetzgebers nichts geändert hat. Das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip entfaltet daher nach wie vor im Hinblick auf Wahlrechtsbestimmungen bezüglich aller allgemeinen Vertretungskörper determinierende verfassungsrechtliche Wirkungen.

Koja hält im Zusammenhang mit dem Homogenitätsprinzip fest:

'In den weitgehend parallelen Regelungen der Art 26 und 95 B-VG kommt

der ... Grundsatz der Homogenität des Wahlrechts der allgemeinen

Vertretungskörper ... zum Ausdruck', und fügt als weiteren Hinweis

noch Art 117 Abs 2 B-VG an (Koja, Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer, 2. Aufl. 1988, 101).

Auch das B-VG selbst stützt diese Auffassung: Nach Art 120 B-VG kann die Zusammenfassung von Ortsgemeinden zu Gebietsgemeinden und zwar nach dem Muster der Selbstverwaltung erfolgen. Als Muster der Selbstverwaltung ist bundesverfassungsgesetzlich die Struktur der Ortsgemeinde festgelegt und damit deren Mindestorganisation mit unter anderem wohl mindestens einem allgemeinen Vertretungskörper.

4. Die Wiener Bezirksvertretungen als allgemeine Vertretungskörper

Die aus dem wahlrechtlichen Homogenitätsprinzip ableitbaren Grundsätze gelten nicht für alle Wahlen. Ihre Anwendbarkeit ist vielmehr auf Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern, wie schon mehrfach erwähnt, beschränkt. Für die Beantwortung der hier zu behandelnden Frage ist daher zu klären, ob es sich bei den Wiener Bezirksvertretungen um allgemeine Vertretungskörper handelt, auf die das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip bzw. die damit verbundenen bundesverfassungsrechtlichen Wahlprinzipien anwendbar sind und damit vor allem die Voraussetzung der Staatsbürgerschaft für die Festlegung des aktiven Wahlrechts zur Anwendung gelangt.

Gemäß § 61a Abs 1 Wiener Stadtverfassung und § 1 Wiener Gemeindewahlordnung werden wesentliche Elemente der Kreation der Bezirksvertretungen in gleicher Weise wie beim Wiener Gemeinderat festgelegt. Auf Grundlage dieser Bestimmungen kann festgehalten werden, daß der Wiener Landesgesetzgeber, sowohl den Wiener Gemeinderat als auch die Bezirksvertretungen, zwar mit unterschiedlichen Kompetenzen, aber doch als allgemeine politische Vertretungsorgane konzipiert wissen wollte. Ein wesentliches Merkmal, das darauf hinweist, ist die Festlegung der allgemeinen Volkswahl, die für beide Vertretungskörper gilt. Die Bezirksvertretungen sind daher gemäß § 61 Wiener Stadtverfassung durch Volkswahl legitimierte Gemeindeorgane (vgl. dazu auch Ponzer/Cech, Die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien (2000) 89).

Nach herrschender Rechtsauffassung und Judikatur sind allgemeine Vertretungskörper durch Gesetz eingerichtet und vertreten die Interessen aller innerhalb eines Gebietes lebenden Menschen und nicht nur die Interessen bestimmter Personengruppen. Sie werden als Repräsentativorgane der Gebietskörperschaften umschrieben (vgl. dazu Strejcek, Art 141 B-VG, in: Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 33 ff mit dem Hinweis auf VfSlg. 7678/1975). Alle diese Elemente sind in den Bestimmungen der §§61 ff Wiener Stadtverfassung sowohl in organisatorischer Hinsicht als auch den Aufgabenbereich der Wiener Bezirksvertretungen betreffend unzweifelhaft gegeben. Zum Erkenntnis des VfGH VfSlg. 7678/1975 vertritt Mayer die Meinung, daß daraus zu folgern sei, daß ein einziges Organ der Gemeinde als Vertretungskörper, nämlich der Gemeinderat anzusprechen ist. Daraus wird gefolgert, daß die Bezirksvertretung kein allgemeiner Vertretungskörper sei. Dieser Auffassung ist zweierlei entgegenzuhalten: Einerseits war Gegenstand dieses Verfahrens die Gemeinde Villach, in der es keine Bezirksvertretung gibt und andererseits bestimmt Art 117 B-VG, daß 'jedenfalls' bestimmte Organe der Gemeinde einzurichten sind. Dies hindert jedoch keinesfalls, weitere Organe der Gemeinde einzurichten, wie etwa eine Bezirksvertretung. Abgesehen davon ist es nach geltender Verfassungsrechtslage möglich, daß es in einer Gebietskörperschaft mehrere allgemeine Vertretungskörper geben kann, etwa in Bezug auf Wien den Landtag, die Gemeindevertretung und die Bezirksvertretung, jeweils abgestellt auf die jeweiligen Kompetenzen.

Auch in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes werden die Bezirksvertretungen zu den allgemeinen Vertretungskörpern gezählt. Der Verfassungsgerichtshof hatte sich mehrfach im Zusammenhang mit der Frage, ob Art 141 B-VG für Wahlanfechtungen bei Bezirksvertretungswahlen zur Anwendung gelangt, mit der Frage auseinander zu setzen, ob es sich bei den Bezirksvertretungen um allgemeine Vertretungskörper handelt. Der VfGH hat dies in diesem Zusammenhang mehrfach bejaht (vgl. dazu zB VfSlg. 6087/1969; 11.738/1988; 11.875/1988; 15.033/1997; WI-5/01). Wenn in der Literatur vereinzelt die Auffassung vertreten wurde, daß dies nur im Zusammenhang mit der Anwendung des Art 141 B-VG gelte, daß aber darüberhinaus keine weiteren Konsequenzen damit verbunden seien (vgl. dazu Sokop, Ausländerwahlrecht zu den Bezirksvertretungen, ÖGZ 1989/10, 12), so ist dem zunächst abgesehen von den Äußerungen des Verfassungsgerichtshofes allgemein entgegenzuhalten, daß aus der Rechtsordnung kein Anhaltspunkt zu finden ist, der eine solche einschränkende Interpretation rechtfertigte.

Weiters ist etwa im Hinblick auf das Erkenntnis des VfGH VfSlg. 11.875 festzuhalten, daß sich die Formulierung 'für den Bereich des Art 141 B-VG', der als Einschränkung angesehen wird, in dem Bereich des Erkenntnisses findet, der sich mit den Zulässigkeitsvoraussetzungen auseinandersetzt.

Eine Zulässigkeit einer Wahlanfechtung nach Art 141 B-VG wird nur dann zu bejahen sein, wenn es, so Art 141 Abs 1 lita unter anderem wörtlich 'Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern' betrifft. Dies setzt aber zwingend voraus, daß die Bezirksvertretungen seitens des VfGH als allgemeine Vertretungskörper verstanden werden, ansonsten jede Wahlanfechtung, die eine Bezirksvertretung betrifft, nach Art 141 B-VG als unzulässig zurückzuweisen gewesen wäre.

Es könnte nun weiters eingewendet werden, daß die Bezirksvertretungen ein Geschöpf der relativen Verfassungsautonomie der Länder nach Art 99 Abs 1 B-VG sind. Dem steht allerdings der Wortlaut dieser Bestimmung entgegen, nämlich, daß zwar durch Landesverfassungsgesetz die Landesverfassung abgeändert werden kann, aber nur dann, wenn dadurch die Bundesverfassung nicht berührt wird.

Die Bundesverfassung wird aber sehr wohl und zwar mehrfach berührt, einerseits durch die hoheitlichen Kompetenzen der Bezirksvertretung und andererseits durch den Staatsbürgervorbehalt im Wahlrecht sowie durch das Homogenitätsprinzip.

Auch ein Blick auf die historische Entwicklung einschlägiger bundesverfassungsrechtlicher Bestimmungen bestätigt die hier vertretene Auffassung. So hat die Vorgängerbestimmung des Art 117 B-VG, Art 119 Abs 2 B-VG erster Satz idF. des B-VG 1920, vorgesehen, daß Wahlen in alle Vertretungen auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Verhältniswahlrechts aller Bundesbürger stattfinden sollten. Damit wird die Verbindung zum wahlrechtlichen Homogenitätsprinzip in der oben dargestellten Ausprägung und verfassungsrechtlichen Determinierungswirkung für alle allgemeinen Vertretungskörper deutlich. Darin offenbart sich aber auch die systematische Verbindung zu Art 141 B-VG, der auch schon vor der Änderung des Art 119 Abs 2 B-VG durch die Gemeindeverfassungsgesetznovelle 1962 gleichlautend war (vgl. dazu Werner/Klecatsky, Das Österreichische Bundesverfassungsrecht (1961) 215 bzw. 264 mit den dort gemachten Anmerkungen). Weiters zeigt sich, daß diese Bestimmung bis zur Gemeindeverfassungsnovelle 1962, BGBl 205, auch eine direkte bundesverfassungsrechtliche Anknüpfung für die Bezirksvertretungen bot, die, wie oben schon gezeigt, 1920 vom Bundesverfassungsgesetzgeber vorgefunden und akzeptiert wurden. Im allgemeinen Tatbestandsmerkmal 'alle Vertretungen auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Wahlrechts' fanden bis dahin auch die Wiener Bezirksvertretungen eine ausdrückliche Grundlage. Diese Bestimmung galt für die Gemeinderäte ebenso wie für die Bezirksvertretungen.

Mit der Änderung der B-VG-Nov 1962 kommt zwar dieses allgemeine Tatbestandsmerkmal, unter das die Wiener Bezirksvertretungen subsumiert werden konnten, nicht mehr vor, weil lediglich auf die Gemeinderäte als Anknüpfungspunkt abgestellt wird. Das bedeutet aber nicht, daß der Bundesverfassungsgesetzgeber im Hinblick auf die hier zu behandelnde Fragestellung unterschiedliche allgemeine Vertretungskörper schaffen wollte bzw. daß der Bundesverfassungsgesetzgeber davon ausging oder hinsichtlich der Bezirksvertretungen die Absicht verfolgte, einen bundesverfassungsrechtlichen Anpassungsbedarf der Wiener Stadtverfassung herbeizuführen (vgl. dazu auch Schick, Möglichkeiten und Grenzen einer Reform. Wiener Stadtverfassung im Lichte der Bundesverfassung, in: Die Bürger und ihre Stadt. Direkte Demokratie in der Kommunalpolitik (1991) 113 ff (127)). Vielmehr ging es bei der Neuregelung um andere Fragestellungen, sodaß der Bundesverfassungsgesetzgeber diese Problemstellung nicht im Auge hatte und daher davon ausgegangen werden darf, daß der Bundesverfassungsgesetzgeber in diesen Fragestellungen keine Änderung eintreten lassen wollte. Es zeigt sich vielmehr, daß es diesbezüglich eine Art beredtes Schweigen der Bundesverfassung gibt, die die oben gemachten Ausführungen hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Determinierungswirkung des wahlrechtlichen Homogenitätsprinzips auch für die Bezirksvertretungen als allgemeiner Vertretungskörper bestätigt und unterstreicht.

Daß es allgemeine Vertretungskörper verschiedener Qualität hinsichtlich der für sie anwendbaren bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen dergestalt geben soll, daß für sie als allgemeiner Vertretungskörper zwar Art 141 B-VG im Hinblick auf die Wahlanfechtung anwendbar ist, daß aber das für allgemeine Vertretungskörper geltende wahlrechtliche Homogenitätsgebot, das unter anderem, wie Rill und Schäffer in ihrer Kommentierung des Art 1 B-VG nachgewiesen haben, im demokratischen Grundprinzip der Bundesverfassung wurzelt, nicht gelten soll, läßt sich weder aus den bundesverfassungsrechtlichen Regelungen, noch aus den landesrechtlichen Grundlagen für die Bezirksvertretungen ableiten und wird durch die eben aufgezeigte historische Entwicklung in dem Sinne bestätigt, daß diesbezüglich keine Differenzierungen vorzunehmen sind. Die genannten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes, die diesbezüglich auf Art 141 B-VG abstellen, hatten sich nur mit der Frage der Wahlanfechtung nach Art 141 B-VG auseinander zu setzen. Es kann daher daraus nicht abgeleitet werden, daß sonstige Konsequenzen, die mit der Qualifikation als allgemeiner Vertretungskörper verbunden sind, für die Bezirksvertretungen nicht gelten sollen oder daß dies der Verfassungsgerichtshof damit ausdrücken wollte. Vielmehr hatte dies der Verfassungsgerichtshof in den jeweiligen Fallkonstellationen nicht zu prüfen.

Deutlich hat auch Ponzer die Auffassung vertreten, daß seines Erachtens die Bezirksvertretungen allgemeine Vertretungskörper sind, was durch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes hinlänglich klargestellt sei. Es gelte daher das 'homogene Wahlrecht' für allgemeine Vertretungskörper auch für Bezirksvertretungen. Ponzer erachtet deshalb eine bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigung für das Ausländerwahlrecht bei den Bezirksvertretungen für notwendig (vgl. dazu Ponzer, Die Wiener Stadtverfassung aus der Sicht der Verwaltung, in: Die Bürger und ihre Stadt. Direkte Demokratie in der Kommunalpolitik (1991) 103 ff (109)).

Somit ist festzuhalten: Die Bezirksvertretungen sind nach verfassungsrechtlicher Begrifflichkeit, nach herrschender Lehre, nach dem überwiegenden Teil der Literatur sowie nach der Rechtsprechung des VfGH allgemeine Vertretungskörper wie Nationalrat, Landtag und Gemeinderat. Daher gelten für Wahlen zu den Bezirksvertretungen auch die aus dem wahlrechtlichen Homogenitätsprinzip ableitbaren verfassungsrechtlichen Grundsätze bzw. Determinanten. Besonders hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die Erwägungen der Bundesregierung in ihrem Einspruch vom gegen den genannten

Gesetzesbeschluß gemäß Art 98 Abs 2 B-VG: Im Zusammenhang mit der Stellung der Bezirksvertretungen als allgemeine Vertretungskörper wird festgehalten, daß durch die damit verbundene Anwendung des Homogenitätsprinzips der Ausschluß von Nicht-Unionsbürgern vom Wahlrecht folgt, weil das Wahlrecht zu den allgemeinen Vertretungskörpern grundsätzlich österreichischen Staatsbürgern vorbehalten ist.

5. Verletzung des Artikel 3 StGG

...

Als Staatsbürgerrecht steht das im Artikel 3 Abs 1 normierte Grundrecht Fremden nicht zu; dies wird durch Abs 2 noch ausdrücklich betont, der für den Eintritt in ein öffentliches Amt die 'Erwerbung des österreichischen Staatsbürgerrechtes' verlangt. Auch in der EMRK und in ihren Zusatzprotokollen ist ein entsprechendes Grundrecht ohne nationale Schranken nicht vorgesehen.

Dieser Inländervorbehalt hat im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechtes durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit im Art 39 EGV seine Bedeutung zwar weitgehend verloren (vgl. dazu insbesondere Kucsko-Stadlmayer, in: Korinek/Holoubek, Kommentar, Rz 9 zu Art 3 StGG - mwN; vgl. auch Art 4 EWR-Abkommen). Eine über das Gemeinschaftsrecht hinausgehende Auswirkung des Artikels 39 EGV ist aber nicht anzunehmen. Dies deshalb, weil keine bundesverfassungsrechtliche Bestimmung verbietet, zwischen ausländischen EWR(EG)-Bürgern und anderen Ausländern zu unterscheiden (VfSlg. 13.836). Eine Gleichbehandlung von ausländischen EWR(EG)-Bürgern und anderen Ausländern ist sohin nicht geboten.

Art 3 Abs 2 Staatsgrundgesetz wiederholt nicht bloß die bereits in Absatz 1 ausgesprochene Beschränkung des Grundrechts gleicher Ämterzugänglichkeit auf österreichische Staatsbürger. Vielmehr wird darin auf verfassungsrechtlicher Ebene normiert, daß Ausländern die Aufnahme in den Staatsdienst zwingend verwehrt ist. Der einfache Gesetzgeber ist somit an den Inländervorbehalt gebunden.

Will man die angefochtene Bestimmung der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 bezüglich ihrer Verfassungsmäßigkeit an Art 3 StGG messen, ist vorerst zu klären, ob die Mitglieder der Wiener Bezirksvertretung ein 'öffentliches Amt' im vorgenannten Sinn ausüben.

Bezüglich der Qualifikation einer Funktion als 'öffentliches Amt' vertritt der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur eine klare Linie. Danach ist der Begriff des 'öffentlichen Amtes' durch zwei rechtswesentliche Kriterien bestimmt:

Erstens muß das Amt zur Ausübung von hoheitlichen Funktionen ermächtigen.

Zweitens muß die Bestellung zu diesem Amt hoheitlich (dh. auf andere Weise als durch privatrechtlichen Vertrag) erfolgen (VfSlg. 7593/1975, 14.299/1995). Es darf sich auch nicht um bloße Zulassung zu einer Funktionsausübung handeln (VfSlg. 1709/1948, 4670/1964). Unerheblich ist, ob die Funktion bei einer Gebietskörperschaft oder einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Rechtsträger ausgeübt wird (VfSlg. 14.299/1995). Im Einzelnen hat der Verfassungsgerichtshof das Amt des Notars (VfSlg. 8570/1979) und die Mitgliedschaft zum Zentralausschuß der österreichischen Hochschülerschaft (VfSlg. 14.299/1995) als 'öffentliche Ämter' qualifiziert.

Darüber hinaus hat der VfGH im Erkenntnis VfSlg. 14.299 ausdrücklich festgehalten, daß die einfachgesetzliche Einräumung des Wahlrechtes für Ausländer in Organe, die als öffentliches Amt zu qualifizieren sind, gegen Art 3 StGG verstößt.

Jedenfalls zu den öffentlichen Ämtern gehören danach Beamtenpositionen und sonstige durch hoheitlichen Kreationsakt zu besetzende Organstellungen, soferne sie die Besorgung von Hoheitsaufgaben beinhalten. Dies unabhängig davon, ob die Aufgabenbesorgung in organisatorischer Hinsicht bei einer Gebietskörperschaft (Bund, Länder, Gemeinden), einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts (zB österreichische Hochschülerschaft, gesetzliche Interessensvertretungen, Sozialversicherungsträger, Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts) oder durch eine natürliche Personen außerhalb einer Organisation (zB Notar) angesiedelt ist. Jedenfalls öffentliche Ämter sind daher auch jene in Gesetzgebungsorganen, den obersten Organen der Vollziehung, den gewählten Vollzugsorganen der Gemeinden, jene der ernannten Lehrer an Schulen und Universitäten, der Rektoren an Universitäten sowie der Schöffen und Geschworenen. Letzteres macht übrigens auch deutlich, daß als 'öffentliche Ämter' nicht nur hauptberufliche Funktionen anzusehen sind und auch nicht mit der Aufnahme in ein Dienstverhältnis verbunden sein müssen.

Darüber hinausgehend ist für Stolzlechner für das Vorliegen eines 'öffentlichen Amtes' nur der hoheitliche Bestellungsmodus charakteristisch: es handelt sich demnach um 'alle jene Organwalterstellungen, in die man auf Grund von allgemeinen Wahlen, durch Wahl durch den Gesetzgeber oder mittels eines hoheitlichen Berufungsaktes von Seiten eines Verwaltungsorgans berufen wird'.

Noch weiter gehen Ermacora und Walter in ihrer Definition des 'öffentlichen Amtes'. Für sie ist unter einem öffentlichen Amt jene Funktion zu verstehen, die einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zuzurechnen ist; dabei sei weder auf die Form der Berufung in dieses Amt (Ernennung, Vertrag, Wahl) noch auf die Art der Aufgabenbesorgung (privatrechtlich, hoheitlich) abzustellen. Im Ergebnis ist somit jede staatliche Organfunktion im Sinne des B-VG erfaßt.

Gemäß § 61a Abs 1 Wiener Stadtverfassung werden die Mitglieder der Bezirksvertretung auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Verhältniswahlrechtes aller nach der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 zu den Bezirksvertretungswahlen Wahlberechtigten auf die Dauer von 5 Jahren gewählt.

Die Bestellung der Mitglieder der Bezirksvertretung in Wien erfolgt daher hoheitlich.

Es bleibt sohin zu prüfen, ob ihre Tätigkeit die Ausübung einer hoheitlichen Funktion (öffentliches Amt) darstellt.

Gemäß § 66 Abs 2 Wiener Stadtverfassung werden die Mitglieder und Ersatzmitglieder der Ausschüsse - also auch jene der Bauausschüsse - aus der Mitte der Bezirksvertretung auf die Dauer der Wahlperioden der Bezirksvertretung bestellt. Der Bauausschuß übt gemäß § 69 Abs 4 der Bauordnung für Wien eine hoheitliche Funktion aus. Die Kreation eines Organs mit hoheitlichen Aufgaben ist ihrerseits als hoheitliches Handeln aufzufassen (vgl. Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung (1970) Seite 206; Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht (1996) Seite 479). Auch der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg. 14.299/1995 festgehalten, daß die der österreichischen Hochschülerschaft obliegende Entsendung von Vertretern in staatliche und akademische Behörden hoheitlicher Natur ist. Darauf hat auch das BMI in seiner Stellungnahme vom hingewiesen.

Selbst wenn man sich der sehr weitgehenden Auslegung Stolzlechners oder Ermacoras und Walters nicht anschließt, geht aus all dem wohl eindeutig hervor, daß die Mitglieder der Bezirksvertretung in Wien ein öffentliches Amt im Sinne des Art 3 StGG ausüben.

Dadurch, daß § 16 Abs 2 Z 2 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 idgF im Zusammenhang mit § 61a Abs 1 der Wiener Stadtverfassung eine (eingeschränkte) passive Wählbarkeit von Nicht-Unionsbürgern zuläßt, ist diese inkriminierte Bestimmung der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 sohin verfassungswidrig. Man könnte nun einwenden, daß die hoheitlichen Befugnisse der Bezirksvertretung geringfügiger Natur sind und kein erhebliches Ausmaß erreichen.

Fest steht, daß es hoheitliche Aufgaben der Bezirksvertretungen gibt, etwa im Bauausschuß nach § 69 Abs 4 BauO. Ob nun und wie oft diese Aufgaben anfallen, kann nicht Gegenstand der Erörterung sein, ob die Bezirksvertretung hoheitliche Aufgaben hat oder nicht. Es ist wohl zwischen dem Ausmaß an Kompetenzen und dem Ausmaß an aus den Kompetenzen resultierenden Rechtsakten zu unterscheiden. Aus der Quantität einer Aufgabenwahrnehmung kann nicht auf die zugrunde liegende Aufgabenzuweisung geschlossen werden. Konsequent zu Ende gedacht würde diese Auffassung bedeuten, daß alle Rechtsvorschriften, die nicht oder nicht häufig angewendet werden, nicht als hoheitlich begriffen werden dürfen.

6. Die Staatsbürgerschaft als Voraussetzung für das aktive und passive Wahlrecht

Geht man nun von den Überlegungen zum wahlrechtlichen Homogenitätsprinzip und den daraus ableitbaren und aufgezeigten bundesverfassungsrechtlichen Konsequenzen aus, stellt sich für das hier zu behandelnde Problem weiters die Frage, ob die Staatsbürgerschaft Bestandteil der allgemeinen verfassungsrechtlich verankerten Wahlrechtsprinzipien für allgemeine Vertretungskörper ist. Bejaht man diese Frage, so ist eine verfassungsrechtliche Determinierungswirkung dergestalt damit verbunden, daß der Wiener Landesgesetzgeber die Voraussetzung der österreichischen Staatsbürgerschaft (sieht man von den Unionsbürgern in diesem Zusammenhang ab) für die Festlegung der Bedingungen des aktiven Wahlrechts nicht autonom abändern kann, sondern dies vielmehr seinem gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum entzogen ist.

Zunächst kann festgehalten werden, daß die Voraussetzung der Staatsbürgerschaft als ausdrückliches Tatbestandselement in unterschiedlicher Form in den das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip bildenden Bestimmungen der Bundesverfassung verankert ist. In Art 117 B-VG ist ausdrücklich von Staatsbürgern die Rede, in Art 95 B-VG zwar von Landesbürgern, wobei diese aber definitionsgemäß Staatsbürger gemäß Art 6 Abs 2 B-VG sind. Art 26 B-VG spricht in seinem Abs 1 vom 'Bundesvolk'. Dieser Begriff knüpft an die Staatsbürgerschaft an. Dies ist in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und in der Lehre unbestritten (vgl. dazu zB VfSlg. 12.023/1989, 370 f; Kelsen/Froelich/Merkl, Die Österreichische Bundesverfassung 1920 (1922) 94; Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung (1977) 101; Adamovich/Funk/Holzinger, Österreichisches Staatsrecht, Band 2 (1998) Rz 21.002-01; Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts9 (2000) Rz 306).

Allein dieser Befund zeigt, daß die Staatsbürgerschaft als Voraussetzung für die aktive Wahlberechtigung zu allgemeinen Vertretungskörpern ein unbestrittenes und wesentliches Element des verfassungsrechtlichen Homogenitätsprinzips darstellt.

Dies bestätigt sich auch in der Literatur. Schreiner geht sogar soweit, daß er in der Ausdehnung des allgemeinen Wahlrechts auf Nicht-Staatsbürger bundesverfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art 44 Abs 3 B-VG hegt, also darin einen Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Grundprinzipien erblickt, weil das allgemeine Wahlrecht als Ausfaltung der Volkssouveränität betrachtet werden dürfe. Eine Ausdehnung auf alle der Gebietshoheit unterworfenen Personen würde die Volkssouveränität nach Ansicht Schreiners 'im Nebel der Beliebigkeit der Aufenthaltsnahme bzw. -aufgabe verschwinden lassen. Soweit angenommen werden darf, daß die verfassungsrechtlichen Vorgaben von einem wohldefinierten Begriff des personellen Substrates der Volkssouveränität ausgehen, wäre eine derartige Ausdehnung des allgemeinen Wahlrechts als Gesamtänderung iSd. Art 44 Abs 3 B-VG anzusehen' (vgl. dazu Schreiner, Art 26 B-VG, in:

Rill/Schäffer (Hrsg.), Bundesverfassungsrecht, Kommentar 2001, Rz 38).

Damit kann jedenfalls festgehalten werden, daß die Staatsbürgerschaft als bundesverfassungsrechtlich determinierendes Tatbestandsmerkmal und Ausfluß des wahlrechtlichen Homogenitätsgebotes die einfachen Gesetzgeber bei der Regelung wahlrechtlicher Bedingungen für allgemeine Vertretungskörper und damit insbesondere auch den Wiener Landesgesetzgeber bei der gesetzlichen Festlegung der Kriterien für das aktive Wahlrecht bindet.

Ganz deutlich bringt dies auch Welan zum Ausdruck, wenn er meint, daß eine allgemeine Vertretung, die aus allgemeinen Volkswahlen hervorgeht, nach dem Konzept der Bundesverfassung ausschließlich von österreichischen Staatsbürgern getragen sein muß. Welan bezieht sich in diesem Zusammenhang auf den Grundsatz der Einheitlichkeit des Wahlrechts, den der VfGH aus den Wahlrechtsregelungen abgeleitet hat (vgl. dazu Welan, Kommunalwahlrecht der Ausländer, ÖGZ 1989, 8).

Die Staatsbürgerschaft stellt sohin eine bundesverfassungsrechtliche Bedingung für das aktive Wahlrecht und auch für das passive Wahlrecht dar. Da die Bezirksvertretungen allgemeine Vertretungskörper sind, wie oben nachgewiesen wurde, gilt auch für die diesbezüglichen Wahlen das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip in seiner bundesverfassungsrechtlichen Bindung an den einfachen Gesetzgeber. Hinsichtlich des passiven Wahlrechts ist der Staatsbürgerschaftsvorbehalt des Art 3 StGG zu beachten, weil die Mitgliedschaft in den Bezirksvertretungen ein öffentliches Amt im Sinne des Art 3 StGG darstellt.

7. Zur Frage des Sachlichkeitsgebotes nach Art 2 StGG

Es wird in den Materialien, aber auch in der Literatur die Auffassung vertreten, daß aus Gründen des Sachlichkeitsgebotes nach Art 2 StGG die Beschlußfassung der angefochtenen Bestimmung notwendig sei.

Dies ist nicht der Fall. Vielmehr ist die angefochtene Regelung unsachlich und auch unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes bedenklich.

Die derzeitige Ausgestaltung der Bezirksvertretung läßt es sachlich nicht geboten erscheinen, Nicht-Unionsbürgern das aktive und passive Wahlrecht einzuräumen. Betrachtet man die Erläuterungen zur angefochtenen Bestimmung, so ergibt sich, daß der Landesgesetzgeber in unsachlicher und in nicht schlüssiger Weise einem weiteren Personenkreis das aktive und passive Wahlrecht einräumen will.

Aus den Aufgaben der Bezirksvertretung wird abzuleiten versucht, daß diese 'den Alltag', den 'unmittelbaren Lebensraum', ein 'unmittelbares Lebensumfeld' beträfen, nicht aber eine 'politische Gestaltung'.

Diese Argumentation verkennt das Wesen einer Gemeinde und übersieht die Kompetenzen anderer Gebietskörperschaften. Was die Gemeinde anlangt, so ist sie eine Gebietskörperschaft wie Bund und Land auch, mit spezifischen Organen und Kompetenzen. Das gilt für den Bezirk als Teil der Gemeinde Wien ebenso wie für alle Gemeinden als Teile der Länder und für diese als solche des Bundes. Angelegenheiten, die nicht in den Kompetenzbereich der Bezirksvertretung fallen, haben durchaus die gleichen, wenn nicht mehr Auswirkungen auf das 'unmittelbare Lebensumfeld', etwa der Kanalbau, Bundesstraßen, Eisenbahn, Bundes- und Landesabgaben, Sozialversicherungsbeiträge uvm. Das Argument, daß die Aufgaben der Bezirksvertretung bloß 'den Alltag', den 'unmittelbaren Lebensraum', das 'unmittelbare Lebensumfeld' betreffen würden, kann daher nicht greifen. Abgesehen davon sind weder 'der Alltag' noch 'der unmittelbare Lebensraum' oder 'das unmittelbare Lebensumfeld' rechtliche bzw. sogar verfassungsrechtliche Kategorien. Die Rechtsordnung knüpft an diese Kategorien keinesfalls an. Die Bundesverfassung und die darauf basierenden gesetzlichen Bestimmungen unterscheiden bzw. knüpfen an die bestimmten Organen zugewiesenen Kompetenzen an. Das Staatsorganisationsrecht richtet seine verbindlichen Regelungen für die Kreation der entsprechenden Organe an diesem Gefüge aus. 'Der Alltag', 'der unmittelbare Lebensraum' oder 'das unmittelbare Lebensumfeld' stellen dabei keine wie auch immer gearteten rechtlichen Kategorien dar, aus der rechtlich differenzierende Konsequenzen abzuleiten sind.

Daß auf Ebene der Bezirksvertretung eine 'politische Gestaltung' nicht erfolgt, ist ebenfalls nicht richtig. Selbst die bloßen Antragsrechte sind und führen zur 'politischen Gestaltung'. Einerseits wird argumentiert, daß es als wichtiges Anliegen einer 'ernsthaften Integrationspolitik' gilt, auf 'politische Entscheidungsprozesse ... Einfluß zu nehmen und dabei mitbestimmen zu können', auf der anderen Seite bestünde die Aufgabe der Bezirksvertretung 'nicht in der politischen Gestaltung des Gemeinwesens im engeren Sinn'. Die Argumentation im Hinblick auf die angefochtene Bestimmung ist somit nicht einmal in sich schlüssig, weshalb daraus schon die Unsachlichkeit erhellt.

Wenn man die Ausübung des Wahlrechts - hier auf Bezirksebene auf Nicht-Unionsbürger ausdehnt - so stehen dem die Grundprinzipien der Bundesverfassung, insbesondere die Wahlrechtsprinzipien entgegen. Auch der Staatsbürgervorbehalt bei Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern ist betroffen, weshalb die angefochtene Bestimmung in einer Zusammenschau aller tangierten Rechtsbereiche als 'exzessiv' im Sinne der Judikatur des VfGH zu bezeichnen ist.

Aus all dem ist wohl eindeutig ersichtlich, daß es zur Einräumung des aktiven/passiven Wahlrechtes für Ausländer, die Nicht-Unionsbürger sind, durch den Wiener Landesgesetzgeber einer bundesverfassungsgesetzlichen Ermächtigung bedurft hätte. Da eine solche nicht vorliegt, sind nach Ansicht der Antragsteller die inkriminierten Bestimmungen der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 idF LGBl. für Wien Nr. 22/2003 verfassungswidrig."

4. Die Wiener Landesregierung erstattete zum vorliegenden Antrag eine Äußerung, in der sie begehrt,

"auszusprechen, dass der Inhalt der §§16 Abs 2 Z 2 und § 19a Abs 1 Z 3 Wiener Gemeindewahlordnung 1996, LGBl. für Wien Nr. 16/1996, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 22/2003, nicht als verfassungswidrig aufzuheben ist."

Begründend führt die Wiener Landesregierung dazu im Wesentlichen Folgendes aus:

"Zu Beschwerdepunkt 1.A. (Stillschweigende Anerkennung):

Die Antragsteller versuchen mit einer im konkreten Fall rechtswissenschaftlich nicht zulässigen Methode der historischen Interpretation des B-VG entgegen dessen eindeutigem Wortlaut ein Ergebnis herzuleiten, das in der Folge der Rechtsmeinung der Antragsteller bestmöglich entspricht und bauen auf diese rechtssystematisch unzulässige Methode eine weitere komplexe Argumentationslinie auf.

Das Österreichische Recht steht aber im Sinne der Rechtssicherheit und des Legalitätsprinzips auf dem Boden des positiven Rechts. Primär ist der geschriebene Gesetzestext zur Auslegung des gesetzgeberischen Willens heranzuziehen und bei eindeutiger Textlage - wie im konkreten Fall - kein weiterer Interpretationsspielraum mehr gegeben.

Abgesehen davon ist die dargelegte historische Interpretation in sich nicht schlüssig und geht von unzulässigen Annahmen und Intentionen des historischen Verfassungsgesetzgebers aus, die in dieser Form nicht nachvollziehbar sind. Dem Argument der Antragsteller, wonach der historische Bundesverfassungsgesetzgeber 1920 die Bezirksvertretungen in der Fassung des Gemeindestatutes von 1900 vorgefunden und 'jedenfalls vorläufig' akzeptiert habe, ist Folgendes entgegenzuhalten: § 92 des Gemeindestatutes sieht ein Weisungsrecht des Gemeinderates gegenüber den Bezirksvertretungen vor. Daraus ist zu schließen, dass es sich bei den Bezirksvertretungen nicht um einen dem Nationalrat, Landtag oder Gemeinderat gleichzusetzenden allgemeinen Vertretungskörper, sondern um ein dem Gemeinderat nachgeordnetes, vom Volk gewähltes kollegiales Gemeindeorgan handelt.

Alleine aus der Formulierung des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis VfSlg 6087/1969, 'dass das B-VG für die Bezirksvertretungswahlen keine ausdrücklichen Bestimmungen enthält', abzuleiten, dass das von den Antragstellern behauptete allgemeine wahlrechtliche Homogenitätsprinzip auch für nicht im B-VG ausdrücklich genannte allgemeine Vertretungskörper stillschweigend gelte, ist nicht nachvollziehbar und scheint auf das gewünschte Ergebnis hinkonstruiert.

Gerade auf Grund dieses genannten Erkenntnisses kann man davon ausgehen, dass das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip auf die Wiener Bezirksvertretungen nicht anzuwenden ist, was unter Punkt 1.B. noch genauer auszuführen sein wird. In diesem Erkenntnis wird vom Verfassungsgerichtshof jedenfalls in keiner Weise ausgesprochen, dass die Wiener Bezirksvertretungen den im B-VG ausdrücklich verankerten Organen Nationalrat, Landtage und Gemeinderäten gleichzusetzen wären.

Zum Argument der Antragsteller betreffend die B-VG Novelle 1929 ist Folgendes auszuführen: Auch wenn der Verfassungsgesetzgeber vor der Novelle von 1929 die Wiener Bezirksvertretungen bereits gekannt hat, wurde dieses Gemeindeorgan gerade durch diese Novelle mit Art 1 § 2 des Verfassungs-Übergangsgesetzes 1929, BGBl 393, aufgehoben und man muss daher zwingend darauf schließen, dass es der Wille des damaligen Verfassungsgesetzgebers war, die Wiener Bezirksvertretungen damit bewusst aus der Verfassung zu entfernen und auf Grund ihrer allgemeinen Bedeutung nur die zentralen Gesetzgebungsorgane des Bundes und der Länder und das oberste Vollziehungsorgan der Gemeinde einer näheren Regelung zuzuführen. Eine versehentliche Entfernung der Regelung betreffend die Wiener Bezirksvertretungen, wie sie die Antragsteller zu argumentieren versuchen, wäre sicherlich mit einer der nächsten Novellen zum B-VG behoben worden.

Eine subjektive Interpretation aus der offensichtlich bewusst abgeänderten Regierungsvorlage ist daher interpretationsmethodisch unzulässig und als freie Interpretation gegen den ausdrücklichen Gesetzestext rechtsstaatlich bedenklich. Der Teil der Regierungsvorlage betreffend die Wiener Bezirksvertretungen wurde also bewusst nicht beschlossen und es ist daher die Schlussfolgerung von Schick (Die Bürger und ihre Stadt. Direkte Demokratie in der Kommunalpolitik (1991) 113 ff (126)), dass die bundesverfassungsrechtliche Stellung der Bezirksvertretungen unverändert sei, bedenklich.

Vielmehr muss sich die Anwendung und Interpretation primär an dem geschriebenen Gesetzestext orientieren und darf nur bei Unklarheiten auf weitere Interpretationsschritte zurückgreifen. Unklarheiten des Textes sind jedoch in diesem Zusammenhang nicht zu erkennen.

Das von den Antragstellern verwendete Zitat von Ponzer/Cech,

Die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien (2000), Seite 89, wird unvollständig wiedergegeben. Die Bezirksvertretungen werden in diesem Kommentar lediglich als durch Volkswahl legitimierte kollegiale Gemeindeorgane, die im geltenden B-VG nicht erwähnt sind, bezeichnet. Die Verfassungskonformität der Einrichtung der Bezirksvertretungen habe der Verfassungsgerichtshof nach seinem Erkenntnis VfSlg. 11.738/1988 bestätigt, indem er die Bezirksvertretungen für den Bereich des Art 141 B-VG zu den allgemeinen Vertretungskörpern gezählt hat. Der Kommentar spricht ausdrücklich davon, dass nach diesem Erkenntnis offen bleibe, ob dies auch in jeder anderen Hinsicht gelte.

Die Argumentation der stillschweigenden Anerkennung der Wiener Bezirksvertretungen durch die Bundesverfassung kann daher aus all diesen Gründen nicht nachvollzogen werden.

Zu Beschwerdepunkt 1.B. (allgemeines wahlrechtliches Homogenitätsprinzip):

Für die Rechtsmeinung, dass das Homogenitätsprinzip auf alle allgemeinen Vertretungskörper anzuwenden ist, kann in der Bundesverfassung, v.a. im B-VG keine Rechtsgrundlage gefunden werden. Gemäß Art 95 Abs 2 B-VG dürfen durch die landesgesetzlichen Regelungen betreffend Wahlen zu den Landtagen die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes nicht enger gezogen werden, als [durch] die Bundesverfassung für Wahlen zum Nationalrat.

Gemäß Art 117 Abs 2 B-VG dürfen in den Wahlordnungen zu den Gemeinderäten die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes nicht enger gezogen werden, als in der Wahlordnung zum Landtag.

Diese Regelungen beziehen sich ausschließlich auf die im B-VG ausdrücklich genannten allgemeinen Vertretungskörper. Die Antragsteller versuchen auch hier gegen den eindeutigen Gesetzestext mit Hilfe einer historischen Interpretation einem allgemeinen Prinzip Geltung zu verschaffen, das dem gesetzgeberischen Willen nicht zu entnehmen ist. Im Sinne der Rechtssicherheit und des Legalitätsprinzips ist jedoch mit gutem Grund primär der geschriebene Gesetzestext zur Auslegung des gesetzgeberischen Willens heranzuziehen und bei eindeutiger Textlage kein weiterer Interpretationsspielraum mehr gegeben.

Diesbezüglich handelt es sich bei dem Schluss der Antragsteller, dass das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip für jeden allgemeinen Vertretungskörper und nicht nur für die im B-VG ausdrücklich festgelegten allgemeinen Vertretungskörper Nationalrat, Landtage und Gemeinderäte gelte, um einen unzulässigen Analogieschluss.

Vielmehr ist durch Umkehrschluss festzustellen, dass nach den genannten Bestimmungen der Bundesverfassung der Verfassungsgesetzgeber zum Ausdruck bringt, dass nur für den jeweils zentralen allgemeinen Vertretungskörper der Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden ein homogen gestaltetes Wahlrecht bestehen soll. Andernfalls hätte der Gesetzgeber eine ausdrückliche Homogenitätsregelung für alle allgemeinen Vertretungskörper geschaffen.

Zu der von den Antragstellern zur Untermauerung der Geltung des bundesverfassungsrechtlichen Homogenitätsprinzips zitierten Judikatur und Literatur hat Herr o. Univ.-Prof. DDr. Mayer in seinem Gutachten vom , das auch in der Österreichischen Gemeindezeitung Heft 8/2002 veröffentlicht wurde, Folgendes festgestellt:

'In dem von den Antragstellern erwähnten Erkenntnis VfSlg. 6087 hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass 'bezüglich der Wahlen der Bezirksvertretungen ... im B-VG keine ausdrücklichen Bestimmungen enthalten sind, wie sie in Art 95 Abs 2 für die Wahlen zum Landtag und in Art 117 Abs 2 für die Wahlen in den Gemeinderat getroffen sind'. Der Verfassungsgerichtshof hat auch in späteren Erkenntnissen aus dem Bundesverfassungsrecht keine normativen Vorgaben für den Landesgesetzgeber, der die Wahlen in die Bezirksvertretungen regelt, abgeleitet.

Analysiert man die Judikate, auf die sich eine solche Auffassung allenfalls stützen könnte, so stößt man auf ein Erkenntnis aus dem Jahre 1958 (VfSlg. 3426) und auf ein weiteres Erkenntnis aus 1959 (VfSlg. 3560). Im Erkenntnis VfSlg. 3426 - es erging zur Niederösterreichischen Gemeindewahlordnung - führte der Verfassungsgerichtshof einleitend aus, es sei 'davon auszugehen, dass der Verfassungsgesetzgeber für alle Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern in Österreich ein in den Grundzügen einheitliches Wahlrecht schaffen wollte. So gelten von Verfassungs wegen die wichtigsten Grundsätze des Wahlrechtes völlig gleich für die Wahlen zum Nationalrat, zu den Landtagen und zu den Gemeindevertretungen.'

Das Erkenntnis VfSlg. 3560 - es erging zur Oberösterreichischen Gemeindewahlordnung - bezog sich auf VfSlg. 3426 und wiederholte den ersten Satz der zitierten Stelle. Ähnlich formulierten spätere Erkenntnisse; in VfSlg. 6106 aus 1969 - es erging zur Wiener Gemeinderatswahlordnung - heißt es, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber 'für alle Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern ein in den Grundzügen einheitliches aktives und passives Wahlrecht schaffen wollte' und weiter wörtlich: 'Dazu hat er die Anordnungen des Art 95 Abs 2 und des Art 117 Abs 2 zweiter Satz ... getroffen'.

Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit diesem Erkenntnis erging das einleitend zitierte Erkenntnis VfSlg. 6087, in dem der Verfassungsgerichtshof judizierte, das B-VG enthalte 'bezüglich der Wahlen der Wiener Bezirksvertretungen' keine ausdrücklichen Bestimmungen. Im Erkenntnis VfSlg. 8321 aus 1978 - es erging zur Burgenländischen Landtagswahlordnung - wiederholte der Verfassungsgerichtshof den ersten Satz aus dem oben wörtlich wiedergegebenen Teil des Erkenntnisses VfSlg. 3426; im Erkenntnis VfSlg. 14.265 - es erging zur Niederösterreichischen Gemeindewahlordnung - wiederholte der Verfassungsgerichtshof seine im Erkenntnis VfSlg. 3426 getroffene und oben wiedergegebene Aussage wörtlich.

Die zitierten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes zeigen also deutlich, dass das Höchstgericht seine Auffassung, es bestehe von Verfassungs wegen 'ein in den Grundzügen einheitliches Wahlrecht ... für alle Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern', stets auf die verfassungsrechtlich eingerichteten Vertretungskörper Nationalrat, Landtag, Gemeinderat bezogen hat.

Auch die Standardliteratur sagt nichts anderes, als dass es [ein] einheitliches Wahlrecht für diese Vertretungskörper gibt (vgl. z. B. Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht [1972] 560, 619, Anm. 36; Adamovich/Funk/Holzinger, Österr. Staatsrecht II [1999] 55, 222; Neisser/Handstanger/Schick, Bundeswahlrecht2 [1994] 70f; Koja,

Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 [1988] 101; Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht3 [2002] II.1. zu Art 117 B-VG; Holzinger, in: Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Kommentar Rz 33 zu Art 26 B-VG).

Wenn also im Zusammenhang mit dem Wahlrecht zu allgemeinen Vertretungskörpern von einem 'Homogenitätsgebot' gesprochen wird, so wird damit sowohl vom Verfassungsgerichtshof wie auch von der überwiegenden Literatur auf die vom B-VG eingerichteten allgemeinen Vertretungskörper Nationalrat, Landtage und Gemeinderäte Bezug genommen. Dass der Verfassungsgerichtshof die Auffassung vertreten hätte, ein solches Homogenitätsgebot gelte nicht nur für diese genannten Vertretungskörper sondern für alle allgemeinen Vertretungskörper, ist nicht erweisbar. Nochmals sei in diesem Zusammenhang auf VfSlg. 6087 verwiesen, wo es heißt, dass für die Wahlen der Wiener Bezirksvertretungen 'im B-VG keine ausdrücklichen Bestimmungen enthalten' sind. Die Wiener Bezirksvertretungen sind auch keine bundesverfassungsrechtlich vorgesehenen Vertretungskörper; sie gründen vielmehr ausschließlich auf den Regelungen der Wiener Stadtverfassung und sind ein Geschöpf der relativen Verfassungsautonomie der Länder (Art99 Abs 1 B-VG).

Als Ergebnis muss daher festgehalten werden, dass es keine Norm des Bundesverfassungsrechts gebietet, das Wahlrecht zu den Wiener Bezirksvertretungen ausschließlich österreichischen Staatsbürgern und EU-Bürgern vorzubehalten und andere Ausländer auszuschließen.'

Die Antragsteller versuchen aus den Vorgängerbestimmungen des Art 117 B-VG, nämlich v.a. Art 119 Abs 2 erster Satz B-VG in der Fassung des B-VG 1920, nachzuweisen, dass es verfassungsrechtlich geboten sei, das Wahlrecht in alle Vertretungen Staatsbürgern vorzubehalten. Die genannte Bestimmung ordnete aber lediglich an, dass die Wahlen in die Ortsgemeindevertretung und in die Gebietsgemeindevertretung durch Bundesbürger zu erfolgen haben. Dass sich diese Regelung auch auf die Wiener Bezirksvertretungen beziehen soll, ist nicht erkennbar. Wenn sich die Antragsteller in diesem Zusammenhang auf den Willen des Bundesverfassungsgesetzgebers berufen, so zeigen sie nicht, woher sie diesen Willen ableiten. Sie beachten dabei auch in keiner Weise das bereits zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 6087 aus dem Jahr 1969, das diesen Ausführungen diametral gegenübersteht.

Weiters haben die Antragsteller zu ihrer Beweisführung auch Art 120 B-VG herangezogen, was seitens der Wiener Landesregierung nicht nachvollzogen werden kann. Einerseits müsste die Einrichtung der Gebietsgemeinden und damit auch des allgemeinen Vertretungskörpers einer Gebietsgemeinde nach dem Muster der Selbstverwaltung durch ein bisher nicht erlassenes Bundesverfassungsgesetz, also auf selber Ebene im Stufenbau der Rechtsordnung wie das B-VG erfolgen, andererseits ist hier bereits ein Maßstab durch ausdrückliche Vorschreibung einer Bindung an die Regelungen über die Selbstverwaltung und damit ein unmittelbarer Konnex auch zu Art 117 Abs 2 B-VG hergestellt.

Ein durch Bundesverfassungsgesetz eingerichteter allgemeiner Vertretungskörper einer solchen Gebietsgemeinde würde damit gemäß Art 120 B-VG i.V.m. Art 117 Abs 2 B-VG ausdrücklich dem Homogenitätsprinzip unterworfen sein, während betreffend die Wiener Bezirksvertretungen keine gleichartigen Regelungen in der Bundesverfassung existieren und diese Argumentation mangels Vergleichbarkeit völlig ins Leere geht und konstruiert erscheint.

Zu Beschwerdepunkt 1.C. (allgemeiner Vertretungskörper):

Aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes lässt sich nicht begründen, dass die Wiener Bezirksvertretungen als allgemeine Vertretungskörper qualifiziert werden können, die mit dem Nationalrat, den Landtagen und den Gemeinderäten gleichgesetzt werden können. Zwar hat der Verfassungsgerichtshof die Wiener Bezirksvertretungen mehrfach als 'allgemeine Vertretungskörper' qualifiziert, dies allerdings stets mit dem ausdrücklichen Zusatz 'für den Bereich des Art 141 B-VG' (so z.B. VfSlg. 6087, 11.738, 11.739, 11.875, 15.033). Im Erkenntnis VfSlg. 7678 hat er - in Bezug auf Villach - die Auffassung vertreten, dass 'das einzige Organ der Gemeinde, das als 'allgemeiner Vertretungskörper' anzusprechen ist, ... der Gemeinderat' ist. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ergibt sich aus diesem Erkenntnis nicht, dass ein weiterer fakultativer Vertretungskörper innerhalb einer Gemeinde dieselben verfassungsrechtlichen Wahlvoraussetzungen erfüllen muss wie der Gemeinderat.

Die Antragsteller vermeinen aus der Volkswahl der Wiener Bezirksvertretungen eine dem Gemeinderat vergleichbare Eigenschaft als allgemeiner Vertretungskörper ableiten zu können. Auf Grund der relativen Verfassungsautonomie der Länder hätte der Landesgesetzgeber seinerzeit auch eine Kreation der Bezirksvertretungen nicht durch Volkswahl, sondern durch mittelbare Legitimation vom Volk im Weg der Bestellung durch ein anderes Gemeindeorgan vorsehen können. Gegen eine Gleichsetzung der Bezirksvertretungen mit dem Gemeinderat sprechen die Bestimmungen der Wiener Stadtverfassung betreffend die taxative Aufzählung der Aufgaben der Bezirksvertretungen (§§103 bis 103g, 104a bis 104c), die Zuweisung der Budgetmittel der Bezirke durch den Gemeinderat (§86), die Möglichkeit der Auflösung der Bezirksvertretungen durch den Gemeinderat (§66), die Sistierungsrechte von Bürgermeister und Gemeinderat betreffend Beschlüsse der Bezirksvertretungen (§65) sowie die Bindung der Bezirksvertretungen an die Beschlüsse des Gemeinderates (§65). Vergleichbare Merkmale treffen auf Nationalrat, Landtag und Gemeinderat nicht zu.

Der Hinweis der Antragsteller darauf, dass es bundesverfassungsrechtlich mehrere allgemeine Vertretungskörper für eine Gebietskörperschaft geben kann, etwa für Wien den Landtag, den Gemeinderat und die Bezirksvertretungen ist bei der Untersuchung kommunaler Wahlrechte verfehlt. Wien genießt im Rahmen der bundesverfassungsrechtlichen Verwaltungsorganisation eine Doppelstellung als Bundesland und Ortsgemeinde. Der Landtag als gesetzgebendes Organ des Bundeslandes Wien kann organisationsrechtlich nicht den Organen der Gemeinde Wien zugerechnet werden.

Das Vorbringen der Antragsteller, wonach aus der Qualifikation der Bezirksvertretungen als allgemeine Vertretungskörper für den Bereich des Art 141 B-VG deren Qualifikation als allgemeine Vertretungskörper im umfassenden Sinn abzuleiten sei, ist rechtlich verfehlt. Die Zulässigkeit eines Rechtschutzes nach Art 141 B-VG bezüglich der Wahl in die Bezirksvertretungen setzt nicht zwingend eine völlig idente Ausgestaltung des Wahlrechtes wie bei Nationalrat, Landtag und Gemeinderat voraus.

Auch Werner/Klecatsky, Das Österreichische Bundesverfassungsrecht (1961), erwähnen in den Anmerkungen zu Art 119 B-VG in der Fassung B-VG 1920 die Bezirksvertretungen nicht. Schick lässt in Möglichkeiten und Grenzen einer Reform. Wiener Stadtverfassung im Lichte der Bundesverfassung, in: Bürger und ihre Stadt. Direkte Demokratie in der Kommunalpolitik (1991), Seite 113 ff (127), die Zulässigkeit des Ausländerwahlrechtes zu den Bezirksvertretungen nach der geltenden Bundesverfassung offen.

Die von den Antragstellern weiters zur Untermauerung ihrer Auffassung zitierten Autoren Rill und Schäffer nehmen in ihrer Kommentierung des Art 1 B-VG (RZ 38 Ausländerwahlrecht, RZ 39 Landesvolk), keinen Bezug auf die Wahl zu den Wiener Bezirksvertretungen.

Den Ausführungen von Ponzer, Die Wiener Stadtverfassung aus der Sicht der Verwaltung, in: Die Bürger und ihre Stadt. Direkte Demokratie in der Kommunalpolitik (1991) Seite 109, wonach das homogene Wahlrecht für allgemeine Vertretungskörper auch für die Wiener Bezirksvertretungen gelte, wird im Gutachten von Mayer, Seite 5, entgegengehalten: Die Ausführungen von Welan und Ponzer sind weder mit einer Norm des positiven Rechts, noch mit der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs, noch mit der Lehre zu begründen. Beide Autoren nehmen eine Aussage, die der Verfassungsgerichtshof stets auf drei bundesverfassungsrechtlich eingerichtete Vertretungskörper bezogen hat (Nationalrat, Landtage, Gemeinderäte) aus ihrem Zusammenhang und formulieren daraus ein Gebot, dem sie offenbar allgemeine Gültigkeit zuschreiben wollen. Abgesehen von der methodischen Zweifelhaftigkeit eines solchen Vorgehens beachten diese Autoren auch die ausdrücklich in die Gegenrichtung weisende Auffassung des Erk. VfSlg. 6087 nicht.

Somit gibt es kein bundesverfassungsrechtliches Homogenitätsgebot, das der Einführung eines Ausländerwahlrechtes zu den Wiener Bezirksvertretungen entgegensteht.

Zu Beschwerdepunkt 2.D. (InländerInnenvorbehalt):

Richtig ist, dass die Bestellung von Mitgliedern der Bauausschüsse der Bezirke jedenfalls als Ausübung hoheitlicher Befugnisse zu sehen ist. Im vorliegenden Zusammenhang ist allerdings zu bedenken, dass dieser Hoheitsakt besonders geringfügige Befugnisse umfasst, weil ja ausschließlich Staatsbürger und Unionsbürger in die betreffenden Bauausschüsse entsandt werden dürfen.

Die hoheitliche Kompetenz eines Mitgliedes der Wiener Bezirksvertretung besteht nämlich ausschließlich darin, bei der Bestellung eines österreichischen Staatsbürgers oder eines anderen Unionsbürgers als Mitglied der Bauausschüsse mitzuwirken. Eine unmittelbar nach Außen wirksame Mitwirkung der drittstaatsangehörigen Bezirksräte an der Bescheiderlassung gemäß § 69 Abs 4 der Bauordnung für Wien erfolgt dagegen nicht.

Der Verfassungsgerichtshof lässt jedoch in dem von den Antragstellern genannten Erkenntnis VfSlg. 14.299 - betreffend die Wahl zum Zentralausschuss der Österreichischen Hochschülerschaft - deutlich erkennen, dass hoheitliche Aufgaben nur dann ein 'öffentliches Amt' begründen, wenn sie ein 'erhebliches Ausmaß' erreichen.

Im Rahmen dieses Erkenntnisses wurde der hoheitliche Aufgabenbereich des Zentralausschusses der Österreichischen Hochschülerschaft vom Verfassungsgerichtshof genau ermittelt und im Erkenntnis detailliert angeführt. Der Zentralausschuss der österreichischen Hochschülerschaft entsendet - anders als die Bezirksvertretungen lediglich in den Bauausschuss - in zahlreichen Fällen Vertreter in staatliche und akademische Behörden (siehe die Aufzählung in VfSlg. 14.299). Weiters erlässt der Zentralausschuss auch Berufungsbescheide nach dem Hochschülerschaftsgesetz in Beitragsangelegenheiten unter Anwendung des AVG. Eine derartige Kompetenz ist den Bezirksvertretungen nicht zugewiesen. Darauf aufbauend hat das Höchstgericht den Schluss gezogen, dass dem Zentralausschuss der Österreichischen Hochschülerschaft durch Gesetz in einem so erheblichen Ausmaß hoheitliche Aufgaben übertragen sind, dass den Charakter der Funktion eines Mitglieds eines Organs dieser Körperschaft öffentlichen Rechts, insbesondere auch des Zentralausschusses, als 'öffentliches Amt' im Sinne des Art 3 StGG außer Zweifel stellt.

Würde bereits die geringfügigste hoheitliche Tätigkeit zu einer Verletzung des Art 3 StGG führen, wäre eine derart genaue abschließende Untersuchung aller hoheitlicher Aufgaben des Zentralausschusses der Österreichischen Hochschülerschaft durch den Verfassungsgerichtshof entbehrlich gewesen, da bereits eine einzige (geringfügige) hoheitliche Aufgabe zum selben Ergebnis geführt hätte.

Die Mitwirkung an der Bestellung von Mitgliedern der Bauausschüsse der Bezirksvertretungen ist im Lichte dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes als eine besonders geringfügige hoheitliche Aufgabe zu sehen, wodurch keine Verfassungswidrigkeit betreffend Art 3 StGG zu erkennen ist.

Zu Beschwerdepunkt 2.E. (Staatsbürgerschaft):

Unbestritten bleibt Kraft ausdrücklicher Regelung im B-VG bzw. der Auslegung des Begriffes Staatsvolk gemäß Art 26 Abs 1 B-VG, dass das wahlrechtliche Homogenitätsgebot für die im B-VG ausdrücklich genannten allgemeinen Vertretungskörper Nationalrat, Landtage und Gemeinderäte die Staatsbürgerschaft als Voraussetzung für das aktive und passive Wahlrecht zu diesen Vertretungskörpern beinhaltet.

Das von den Antragstellern verwendete Zitat Schreiner's in:

Rill/Schäffer, Bundesverfassungsrecht, Kommentar 2001, Art 26 B-VG, RZ 23, nimmt keinen Bezug auf die Wiener Bezirksvertretungen. Dem Zitat von Welan, Kommunalwahlrecht der Ausländer, ÖGZ 1989, 8, sind die unter Punkt 1.C. wiedergegebenen Argumente aus dem Gutachten von Mayer entgegenzuhalten.

Wie bereits zu Beschwerdepunkt 1.B. ausführlich dargelegt, gilt ein einheitliches Wahlrecht kraft [des] B-VG ausschließlich für die dort ausdrücklich geregelten allgemeinen Vertretungskörper Nationalrat, Landtage und Gemeinderäte. Die Wiener Bezirksvertretungen werden nicht vom wahlrechtlichen Homogenitätsprinzip erfasst, wodurch diesbezüglich keine bundesverfassungsrechtliche Schranke besteht.

Zu Beschwerdepunkt 3.F. (Sachlichkeitsgebot):

Zur Frage, ob die Einführung eines Wahlrechtes für Nicht-EU-Ausländer zu den Wiener Bezirksvertretungen dem Sachlichkeitsgebot der Bundesverfassung entspricht, hat Herr

o. Univ.-Prof. DDr. Mayer in seinem Gutachten Folgendes festgestellt:

'Zunächst ist allgemein festzuhalten, dass das Gebot der Sachlichkeit nicht so zu verstehen ist, dass dem Gesetzgeber |berhaupt kein rechtspolitischer Spielraum bleibt.

Der Verfassungsgerichtshof betont in seiner ständigen Judikatur, dass es der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber nicht verwehrt, 'seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen' (VfSlg. 7864, 7996, 11.369); ob eine Regelung zweckmäßig ist oder ob sie den optimalen Weg der Zielerreichung darstellt sind keine Fragen, die vom VfGH 'unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes zu beurteilen sind' (VfSlg. 6541, 7885, 11.369, 12.416). Verwehrt sind dem Gesetzgeber bloß exzessive Regelungen (VfSlg. 9583, 9641).

Für den vorliegenden Zusammenhang folgt daraus, dass die Einführung eines Wahlrechtes für Nicht-EU-Ausländer zu den Wiener Bezirksvertretungen dann unsachlich und damit verfassungswidrig wäre, wenn dies einen Exzess darstellen würde; wenn es also - mit anderen Worten - für eine solche Regelung keinen vernünftigen Grund gäbe (vgl. z.B. Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht [2002] V. zu Art 2 StGG; VfSlg. 12.486).

Eine nähere Betrachtung der §§103ff der Wiener Stadtverfassung zeigt, dass sich der Wirkungsbereich der Wiener Bezirksvertretungen im Wesentlichen auf solche Angelegenheiten bezieht, die den Alltag der Einwohner eines Bezirkes unmittelbar berühren. Die Befugnisse der Bezirksvertretungen umfassen vorwiegend Vorschlags- und Mitwirkungsbefugnisse in Angelegenheiten der Infrastruktur und der Verkehrsprobleme eines Bezirks (§103 Abs 1 Z 3 Wiener Stadtverfassung), der Standorte von Pensionistenklubs (§103 Abs 1 Z 5 Wiener Stadtverfassung), der bezirksspezifischen Sozialprobleme (§103 Abs 1 Z 9 Wiener Stadtverfassung) und der sozialen Dienste (§103 Abs 1 Z 10 Wiener Stadtverfassung), der Kindertagesheime (§103 Abs 1 Z 18 Wiener Stadtverfassung), der städtischen Schulen (§103 Abs 1 Z 19 Wiener Stadtverfassung), der Jugendspielplätze (§103 Abs 1 Z 20 Wiener Stadtverfassung) und z.B. der Kinderfreibäder (§103 Abs 1 Z 23 Wiener Stadtverfassung) und der 'Volks- und Warmbäder' (§103 Abs 1 Z 24 Wiener Stadtverfassung).

Diese Beispiele zeigen, dass die Wiener Bezirksvertretungen im Wesentlichen dazu berufen sind, an der Gestaltung des unmittelbaren Lebensraumes der Einwohner eines Bezirkes durch Erstattung von Vorschlägen und Stellungnahmen mitzuwirken; ihre Aufgabe besteht nicht in der politischen Gestaltung des Gemeinwesens im engeren Sinn sondern darin, die unmittelbaren Lebensbedingungen der Einwohner eines Bezirkes mitzugestalten. Es liegt auf der Hand, dass es sich dabei um Angelegenheiten handelt, die für jeden einzelnen Einwohner und für das alltägliche Zusammenleben von Bedeutung sind; eine darüber hinausgehende Aufgabe zur politischen Vertretung kommt der Wiener Bezirksvertretung nicht zu.

Der Funktion der Wiener Bezirksvertretung entspricht auch die Regelung, die die Zahl der Mitglieder festlegt; diese richtet sich nämlich nach § 61 Wiener Stadtverfassung nach der Zahl der Einwohner; das sind die natürlichen Personen, die im Bezirk ihren Hauptwohnsitz haben. Entscheidend für die Zahl der Mitglieder, die eine Wiener Bezirksvertretung hat, ist also nicht die Zahl der Wahlberechtigten oder der Staatsbürger sondern die Zahl der tatsächlich im Bezirk wohnenden natürlichen Personen. Wohnen in einem Bezirk viele Nicht-EU-Ausländer so bedeutet dies, dass die Mitgliederzahl der Bezirksvertretung entsprechend groß ist, die Mandate aber, infolge des Ausschlusses dieser Personengruppe vom aktiven Wahlrecht, 'billig' sind. In Bezirken mit einem geringeren Anteil an Nicht-EU-Ausländern sind die Mandate entsprechend 'teuer'.

Man kann hier schon fragen, worin die sachliche Rechtfertigung der geltenden Rechtslage besteht; womit also begründbar ist, dass ein Mandatar, der ein 'billiges' Mandat hat, die Interessen von sehr vielen seiner Mitbewohner vertritt, ohne dass diesen Menschen irgendein Einfluss darauf zukommt. Nicht erklärbar wäre aber, dass diese Situation sachlich und damit verfassungsrechtlich geboten sein sollte; das Gegenteil wäre eher begründbar. Aus Gründen der Sachlichkeit bestehen also gegen ein aktives und/oder passives Wahlrecht von Nicht-EU-Ausländern keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Das gilt umso mehr als das Wahlrecht von der Verfestigung des Aufenthaltes in Wien von 5 Jahren abhängig gemacht wurde. Dass die Sesshaftigkeit ein sachliches Kriterium für die Teilnahme an Wahlen sein kann, ergibt sich nicht zuletzt auch aus Art 117 Abs 2 dritter Satz B-VG, wonach eine Wahlordnung zum Gemeinderat vorsehen kann, dass Personen, die sich noch nicht ein Jahr in der Gemeinde aufhalten, vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, wenn ihr Aufenthalt in der Gemeinde offensichtlich nur vorübergehend ist.

Das Erfordernis eines fünfjährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in Wien für die Einräumung des aktiven und passiven Wahlrechtes von Nicht-EU-Ausländern zu den Wiener Bezirksvertretungen ist jedenfalls angemessen und verstärkt das Element der Sachlichkeit. Wer fünf Jahre lang ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz in Wien hat, dessen Interessen an der Mitgestaltung seiner unmittelbaren Umwelt haben eine Verdichtung erlangt, die ein Wahlrecht sachlich rechtfertigt.'

Die von den Antragstellern vorgenommene Gleichsetzung der Bezirke mit den Kompetenzen und politischen Gestaltungsmöglichkeiten von Gemeinden ist verfehlt. Die Bezirke besitzen keine Rechtspersönlichkeit. Das Gebiet der Gemeinde Wien ist für Verwaltungszwecke in Bezirke eingeteilt (§2 WStV), d.h. es werden Verwaltungsaufgaben des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde auf die Bezirksorgane verlagert ('Dezentralisierung'). Die Einteilung in Bezirke ändert nichts daran, dass das Gebiet der Stadt Wien einen einzigen Verwaltungsbezirk darstellt (VfSlg. 4811/1964; VfSlg. 10.203/1986). Wenn die Antragsteller meinen, dass nicht nur die Kompetenzen der Bezirksvertretungen, sondern auch z.B. der Kanalbau, Bundesstraßen, Eisenbahn, Bundes- und Landesabgaben, Sozialversicherungsbeiträge uvm. das 'unmittelbare Lebensumfeld' betreffen, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Bezirksvertretungen Organe des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde (§78 WStV) sind. Den Bezirksvertretungen können also nur solche Verwaltungsangelegenheiten zugewiesen werden, die zur Privatwirtschaftsverwaltung der Gemeinde oder durch gesetzliche Bezeichnung dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehören. Diese Voraussetzung trifft auf die von den Antragstellern genannten Angelegenheiten mit Ausnahme des Kanalbaus nicht zu. Bezüglich Kanalbau besteht im Übrigen ohnedies die Kompetenz des Bezirksvorstehers gemäß § 103h Abs 1 Z 23 WStV betreffend Mitwirkung bei Maßnahmen zur Überwachung der Räumung und Instandhaltung von Kanalanlagen und die Kompetenz der Bezirksvertretung zur Verwaltung der Haushaltsmittel zur Herstellung von Kanalbauten zur Erschließung des Baulandes gemäß §l03 Abs 1 Z 30 WStV.

Die Wiener Stadtverfassung knüpft entgegen dem Vorbringen der Antragsteller bei der Aufzählung der Aufgaben in §§103 ff WStV (siehe S. 26]) inhaltlich an die Kategorie 'unmittelbares Lebensumfeld' sehr wohl an. Gemäß § 104b WStV hat außerdem jeder Einwohner - unabhängig von seiner Staatsbürgerschaft - das Recht, sich in allen im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse eines Bezirkes gelegenen Angelegenheiten mit Vorschlägen, Beschwerden etc. an die Mitglieder der Bezirksvertretung zu wenden, die zur Entgegennahme regelmäßig Sprechstunden abzuhalten hat. Zur weiteren Beratung kann die Bezirksvertretung eine Kommission einsetzen (§66f WStV) oder die Durchführung einer Bürgerversammlung (§104c WStV) anordnen.

Die von den Antragstellern zitierten Antragsrechte (§104 WStV) der Bezirksvertretung bewirken ebenso wie die Vorschläge und Stellungnahmen im Rahmen der Mitwirkungsrechte (§103k WStV) nur eine mittelbare politische Gestaltung, da die zuständigen Gemeindeorgane keine Pflicht zur inhaltlichen Entsprechung trifft.

Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller wird in den Materialien zur Novelle der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 festgehalten, dass die Aufgabe der Wiener Bezirksvertretungen nicht in der politischen Gestaltung des Gemeinwesens im engeren Sinn besteht, sondern darin, die unmittelbaren Lebensbedingungen in einem Bezirk mitzugestalten. Es handelt sich dabei um Angelegenheiten, die für jede einzelne EinwohnerIn und für das alltägliche Zusammenleben von großer Bedeutung sind.

Selbstverständlich handelt es sich bei den Aufgaben dieses Organes um 'politische Gestaltung', die im unmittelbaren Lebensumfeld wichtig sind, denen jedoch aus Sicht der gesamten Gemeinde geringere Bedeutung zukommt. Die wesentlichen und gewichtigen politischen Entscheidungen mit Auswirkungen auf das gesamte Stadtgebiet werden vom Wiener Gemeinderat getroffen, was sich auch in der Bindung der Bezirksvertretungen an dessen Beschlüsse bei sonstiger Sistierung (§65 WStV) zeigt.

Trotzdem ist diese Mitgestaltung im unmittelbaren Lebensumfeld für Drittstaatsangehörige, die derzeit auch dort nur eine sehr eingeschränkte Mitbestimmungsmöglichkeit haben, wichtig und damit auch ein wichtiges Anliegen einer 'ernsthaften Integrationspolitik' der Stadt Wien. Die unbegründete Behauptung der Antragsteller, dass eine solche Bestimmung 'exzessiv' sei, kann keinesfalls geteilt werden.

Im Zusammenhang mit dem Gebot der sachlichen Rechtfertigung gesetzgeberischen Handelns sind gerade die tatsächlichen Aspekte und Wertungen und nicht verfassungsrechtliche Kategorien von Relevanz, was die Antragsteller offensichtlich völlig verkennen."

5.1. Auf Einladung des Verfassungsgerichtshofes erstattete auch das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst eine Äußerung zum vorliegenden Antrag. Darin wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

"Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens erstattete das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst eine inhaltliche Stellungnahme, in welcher zu den nunmehr angefochtenen Bestimmungen sowie zu den Fragen der Einführung eines aktiven Wahlrechts sowie zur Einführung des eingeschränkten passiven Wahlrechts wie in der Anlage ... Stellung genommen wurde.

Mit an das Bundeskanzleramt gerichtetem Schreiben des Landeshauptmannes von Wien vom wurde gemäß Art 98 Abs 1 B-VG bekanntgegeben, dass der Wiener Landtag in der Sitzung vom die dem Schreiben beiliegende Änderung der Wiener Stadtverfassung und der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 beschlossen habe.

Die Bundesregierung erhob gegen den genannten Gesetzesbeschluss gemäß Art 98 Abs 2 B-VG einen mit Gründen versehenen Einspruch, welcher diesem Schreiben als Anlage ... beigefügt ist ...

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst erlaubt sich, anlässlich des nunmehrigen Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof auf die in diesen Schreiben geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die getroffene Regelung hinzuweisen."

5.2. In der genannten Stellungnahme des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst zu dem den hier angefochtenen landesgesetzlichen Bestimmungen zu Grunde liegenden Gesetzesentwurf wurde ua. Folgendes ausgeführt:

"Zur Einführung des aktiven Wahlrechts:

Mit dem vorliegenden Gesetzesvorhaben soll Nicht-Unionsbürgern auf Bezirksvertretungsebene das aktive Wahlrecht eingeräumt werden. Dieses Vorhaben wirft verfassungsrechtliche Fragen auf:

Die Wiener Bezirksvertretungen gründen ausschließlich auf der Wiener Stadtverfassung. Das B-VG nimmt auf sie nicht Bezug. Nach der Wiener Stadtverfassung sind die Bezirksvertretungen auch nicht derart konstruiert, dass sie als Teil des Gemeinderates gesehen werden können (vgl. § 8 Abs 1 Wiener Stadtverfassung). Daraus folgt, dass die bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen über das Wahlrecht zu den Gemeinderäten (Art117 Abs 2 B-VG) auf die Bezirksvertretungen nicht anwendbar sind (vgl. auch VfSlg. 6087/1969).

Es ergibt sich somit, dass keine ausdrückliche bundesverfassungsgesetzliche Bestimmung besteht, die es verbieten würde, das Wahlrecht zu den Bezirksvertretungen in Wien auch Ausländern zuzuerkennen.

Gegen dieses Ergebnis spricht allerdings, dass es sich bei der Bezirksvertretung - wie beim Gemeinderat - um eine politische Vertretung handelt, die aus allgemeinen Volkswahlen hervorgeht (vgl. § 61a Abs 1 Wiener Stadtverfassung; § 1 Wiener Gemeindewahlordnung 1996). Dies könnte Anlass zu der Schlussfolgerung geben, dass den Wiener Bezirksvertretungen die Stellung eines allgemeinen Vertretungskörpers zukommt. Eine weitere Stütze findet diese Argumentation in der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach die in Wien eingerichteten Bezirksvertretungen zu den allgemeinen Vertretungskörpern zählen (VfSlg. 6087/1969, 11.738/1988, 11.875/1988, 15.033/1997; WI-5/01 ua.). Freilich deutet die vom Verfassungsgerichtshof getroffene Einschränkung 'für den Bereich des Art 141 B-VG' darauf hin, dass er die Qualifikation der Wiener Bezirksvertretungen als allgemeine Vertretungskörper ausschließlich für den Bereich der Wahlanfechtung und nicht in einer darüber hinausgehenden, umfassenden Weise verstanden wissen will (so Sokop, Ausländerwahlrecht zu den Bezirksvertretungen, ÖGZ 10/1989, S 12).

Qualifizierte man die in Wien eingerichteten Bezirksvertretungen als 'allgemeine Vertretungskörper', so käme das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip zur Anwendung. Dieser in der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz besagt, dass aus der wörtlich gleich lautenden Verankerung wichtiger Prinzipien der Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern in den Art 26 Abs 1, 95 Abs 1 und 117 Abs 2 B-VG abgeleitet werden kann, 'dass der Verfassungsgesetzgeber für alle Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern in Österreich ein in den Grundzügen einheitliches Wahlrecht schaffen wollte' (VfSlg. 3426/1958, 3560/1959, 6106/1969, 8321/1978; vgl. Stolzlechner, Art 117 B-VG, in Rill/Schäffer [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht. Kommentar [2001] Rz. 10). Die Anwendung dieses Prinzips würde den Ausschluss der Nicht-Unionsbürger vom Wahlrecht nach sich ziehen, weil das Wahlrecht zu den allgemeinen Vertretungskörpern grundsätzlich österreichischen Staatsbürgern vorbehalten ist (vgl. Schnedl, Das Wahlrecht der Unionsbürger bei Kommunalwahlen, ÖJZ 1995, S 841 [S 852 FN 111]).

Angesichts dieser unklaren Rechtslage verwundert es nicht, dass die Frage, ob für die Einräumung des aktiven Wahlrechts zu den Wiener Bezirksvertretungen an Nicht-Unionsbürger eine Änderung der Bundesverfassung erforderlich ist, in der Literatur umstritten ist (bejahend Welan, Kommunalwahlrecht der Ausländer, ÖGZ 10/1989, S 8 [S 10 f]; verneinend Sokop, ÖGZ 10/1989, S 10 f und Schnedl, ÖJZ 1995, S 852 FN 111; vgl. auch Nowak/Strejcek, Das Wahl- und Stimmrecht, in Machacek/Pahr/Stadler [Hrsg.], Grund- und Menschenrechte in Österreich, Bd. 3 [1997] S 1 [S 52]). Es wird daher empfohlen, die Einführung des aktiven Wahlrechts zu den Wiener Bezirksvertretungen für Nicht-Unionsbürger von einer vorherigen bundesverfassungsrechtlichen Absicherung abhängig zu machen.

Zur Einführung des eingeschränkten passiven Wahlrechts:

Mit dem vorliegenden Gesetzesvorhaben soll Nicht-Unionsbürgern auf Bezirksvertretungsebene das passive Wahlrecht eingeräumt werden, wobei hievon allerdings die Funktion des Bezirksvorstehers und dessen Stellvertreters sowie die Funktion eines Mitgliedes bzw. Ersatzmitgliedes des Bauausschusses ausgenommen ist. Diese Beschränkung wird damit begründet, dass den Bauausschüssen und den Bezirksvorstehern (bzw. deren Stellvertretern) hoheitliche Kompetenzen zukommen und daher wegen Art 3 Abs 2 StGG grundsätzlich nur österreichische Staatsbürger in diese Funktion berufen werden können.

Nach Art 3 (Abs1) StGG sind die öffentlichen Ämter für alle Staatsbürger gleich zugänglich. 'Für Ausländer wird der Eintritt in dieselben von der Erwerbung des österreichischen Staatsbürgerrechtes abhängig gemacht.' (Abs2). Der Verfassungsgerichtshof vertrat in historischer Interpretation des Begriffes 'öffentliche Ämter' in Art 3 StGG die Auffassung, dass dieser Begriff jedenfalls nur im Sinne der Ausübung hoheitlicher Funktionen zu verstehen sei, jedoch nicht auch Beschäftigungsverhältnisse umfasse, die, obgleich in ihnen die Verrichtung hoheitlicher Tätigkeiten enthalten sei, durch privatrechtlichen Vertrag begründet würden (VfSlg. 7593/1975). Damit wird deutlich, dass für ein 'öffentliches Amt' im Sinne des Art 3 StGG die damit verbundene Besorgung hoheitlicher Aufgaben kennzeichnend ist. Weiters ist ein öffentliches Amt im Sinne des Art 3 StGG dadurch gekennzeichnet, dass die Berufung in das Amt auf andere Weise als durch privatrechtlichen Vertrag erfolgt (vgl. VfSlg. 14.299/1995).

Geht man nun - im Einklang mit den Erläuterungen zum vorliegenden Gesetzesentwurf - davon aus, dass den Bezirksvorstehern (deren Stellvertretern) und den Bauausschüssen hoheitliche Funktionen zukommen und sie sohin als Behörde zu qualifizieren sind, so wirft dies verfassungsrechtliche Fragen auf.

Denn die Mitglieder und Ersatzmitglieder der Bauausschüsse werden gemäß § 66b Wiener Stadtverfassung von der Bezirksvertretung aus deren Mitte auf die Dauer der Wahlperiode der Bezirksvertretung bestellt. Die Kreation eines Organs mit hoheitlichen Aufgaben (hier: des Bauausschusses) ist jedoch ihrerseits als hoheitliches Handeln aufzufassen (vgl. Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung [1970] S 206; Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 [1996] S 479). So hat auch der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 14.299/1995 festgehalten, dass die der Österreichischen Hochschülerschaft obliegende Entsendung von Vertretern in staatliche und akademische Behörden hoheitlicher Natur ist. Daraus folgt, dass auch der Bezirksvertretung insoweit hoheitliche Aufgaben zukommen, als sie die Mitglieder des Bauausschusses bestellt. Auch das zweite der nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein öffentliches Amt im Sinne des Art 3 StGG kennzeichnenden Kriterien, die Berufung in das Amt auf andere Weise als durch privatrechtlichen Vertrag, liegt im Fall der Bezirksvertretung vor. Deren Mitglieder werden nämlich durch einen spezifischen, dem öffentlichen Recht zuzuordnenden Akt (Wahl gemäß § 61a Wiener Stadtverfassung) bestellt. Damit steht fest, dass es sich bei der Mitgliedschaft zur Bezirksvertretung um ein öffentliches Amt im Sinne des Art 3 StGG handelt. Die Einräumung des passiven Wahlrechtes zur Bezirksvertretung an Nicht-Unionsbürger wäre daher bundesverfassungswidrig.

Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man das Beziehungsgefüge zwischen Bezirksvorsteher und Bezirksvertretung betrachtet. Gemäß § 61b Wiener Stadtverfassung werden der Bezirksvorsteher und dessen Stellvertreter von der Bezirksvertretung gewählt (sogenannte Fraktionswahl). Da dem Bezirksvorsteher hoheitliche Befugnisse zukommen, ist auch dessen Wahl durch die Bezirksvertretung als hoheitlicher Akt zu qualifizieren.

Da die Einräumung des passiven Wahlrechts von Nicht-Unionsbürgern in die Bezirksvertretung mit der Bundesverfassung nicht vereinbar ist, kommt auch die Einführung eines passiven Wahlrechts in den Finanzausschuss und den Umweltausschuss (§66a Wiener Stadtverfassung) für diese Personengruppe nicht in Betracht. Denn die Mitglieder dieser Ausschüsse sind gemäß § 66b Abs 2 Wiener Stadtverfassung 'von der Bezirksvertretung aus deren Mitte' zu bestellen. Da Nicht-Unionsbürger nicht in die Bezirksvertretung gewählt werden können, können sie sohin auch nicht zu Mitgliedern des Finanzausschusses bzw. des Umweltausschusses bestellt werden."

5.3. Der genannte Einspruch der Bundesregierung vom gegen den den hier angefochtenen landesgesetzlichen Bestimmungen zu Grunde liegenden Gesetzesbeschluss des Wiener

Landtages war wie folgt begründet:

"1. Bedenken im Lichte des wahlrechtlichen

Homogenitätsprinzips:

Wie bereits anlässlich des Begutachtungsverfahrens in der zusammenfassenden Stellungnahme des Bundes ... ausgeführt wurde, bestehen gegen die Zuerkennung des Wahlrechtes auf Bezirksebene an Nicht-Unionsbürger verfassungsrechtliche Bedenken:

Zwar besteht keine ausdrückliche bundesverfassungsgesetzliche Bestimmung, die es verbieten würde, das Wahlrecht zu den Bezirksvertretungen in Wien auch Ausländern zuzuerkennen. Allerdings bestehen gute Gründe für die Annahme, dass den in Wien eingerichteten Bezirksvertretungen die Stellung allgemeiner Vertretungskörper zukommt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 6087/1969, 11.738/1988, 11.875/1988, 15.033/1997; WI-5/01 ua.) zählen die Bezirksvertretungen zu den allgemeinen Vertretungskörpern. Die Auffassung, dass die vom Verfassungsgerichtshof getroffene Einschränkung 'für den Bereich des Art 141 B-VG' so gedeutet werden kann, dass der Gerichtshof die Qualifikation der Wiener Bezirksvertretungen als allgemeine Vertretungskörper ausschließlich für den Bereich der Wahlanfechtung und nicht in einer darüber hinausgehenden, umfassenden Weise verstanden wissen wolle (so Sokop, Ausländerwahlrecht zu den Bezirksvertretungen, ÖGZ 10/1989, S 12), ist in der Literatur vereinzelt geblieben.

Qualifiziert man aber die in Wien eingerichteten Bezirksvertretungen als 'allgemeine Vertretungskörper', so kommt das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip zur Anwendung, dem zufolge für alle Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern in Österreich ein in den Grundzügen einheitliches Wahlrecht zu gelten hat (VfSlg. 3426/1958, 3560/1959, 6106/1969, 8321/1978; vgl. Stolzlechner, Art 117 B-VG, in Rill/Schäffer [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht. Kommentar [2001] Rz. 10). Die Anwendung dieses Prinzips muss den Ausschluss der Nicht-Unionsbürger vom Wahlrecht nach sich ziehen, weil das Wahlrecht zu den allgemeinen Vertretungskörpern grundsätzlich österreichischen Staatsbürgern vorbehalten ist (vgl. Schnedl, Das Wahlrecht der Unionsbürger bei Kommunalwahlen, ÖJZ 1995, S 841 [S 852 FN 111]).

2. Bedenken im Lichte des Ämtervorbehalts zugunsten österreichischer Staatsbürger:

Nach Art 3 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, RGBl. Nr. 142/1867, sind die öffentlichen Ämter nur österreichischen Staatsbürgern zugänglich.

Mit dem vorliegenden Gesetzesbeschluss soll Nicht-Unionsbürgern auf Bezirksvertretungsebene auch das passive Wahlrecht eingeräumt werden, wobei hievon bloß die Funktion des Bezirksvorstehers und dessen Stellvertreters sowie die Funktion eines Mitgliedes bzw. Ersatzmitgliedes des Bauausschusses ausgenommen sind.

Wie auch die Erläuterungen zur dem vorliegenden Gesetzesbeschluss zugrundeliegenden Regierungsvorlage nicht verkennen, kommen den Bezirksvorstehern (sowie deren Stellvertretern) und den Bauausschüssen hoheitliche Funktionen zu und sind diese sohin als Behörde zu qualifizieren. Allerdings ist auch die Kreation (auf andere Weise als durch privatrechtlichen Vertrag) - hier: durch Wahl gemäß § 61a Wiener Stadtverfassung - eines Organs mit hoheitlichen Aufgaben ihrerseits als hoheitliches Handeln aufzufassen (vgl. VfSlg. 14.299/1995; Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung [1970] S 206; Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 [1996] S 479). Damit steht fest, dass es sich bei der Mitgliedschaft zur Bezirksvertretung um ein öffentliches Amt im Sinne des Art 3 StGG handelt. Die Einräumung des passiven Wahlrechtes zur Bezirksvertretung an Nicht-Unionsbürger ist daher bundesverfassungswidrig."

(Die Kundmachung des in Rede stehenden Gesetzesbeschlusses des Wiener Landtages erfolgte mit dem am ausgegebenen

22. Stück des Jahrganges 2003 des Landesgesetzblattes für Wien, nachdem der Wiener Landtag im Gefolge des ve. Einspruches der Bundesregierung gegen den Gesetzesbeschluss vom in seiner Sitzung am bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte seiner Mitglieder seinen wiederholt hatte.)

II. Der Verfassungsgerichtshof hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwogen:

1. Zur Zulässigkeit

Gemäß § 131a der Wiener Stadtverfassung (iVm. Art 140 Abs 1 dritter Satz B-VG) steht einem Drittel der Mitglieder des Wiener Landtages das Recht zu, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag gemäß Art 140 Abs 1 B-VG auf Prüfung eines Landesgesetzes wegen Verfassungswidrigkeit zu stellen.

Gemäß § 10 Abs 2 iVm. § 113 Abs 1 der Wiener Stadtverfassung besteht der Wiener Landtag aus 100 Mitgliedern.

Der vorliegende Antrag wurde von 37 Abgeordneten eingebracht. Die Voraussetzungen des § 131a der Wiener Stadtverfassung (iVm. Art 140 Abs 1 dritter Satz B-VG) sind daher erfüllt.

Auch die übrigen Prozessvoraussetzungen liegen vor. Der Antrag ist somit zulässig.

2. In der Sache

2.1.1. In erster Linie bringen die antragstellenden Abgeordneten - auf das Wesentliche zusammengefasst - vor, dass die von ihnen bekämpften landesgesetzlichen Bestimmungen "das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip der österreichischen Bundesverfassung" verletzten. Die Bezirksvertretungen seien ebenso "allgemeine Vertretungskörper wie Nationalrat, Landtag und Gemeinderat". Daher würden auch für die Wahlen zu den Bezirksvertretungen "die aus dem wahlrechtlichen Homogenitätsprinzip ableitbaren verfassungsrechtlichen Grundsätze bzw. Determinanten" gelten. Im Besonderen folge daraus "der Ausschluß von Nicht-Unionsbürgern vom Wahlrecht ..., weil das Wahlrecht zu den allgemeinen Vertretungskörpern österreichischen Staatsbürgern vorbehalten ist."

2.1.2. Die Wiener Landesregierung hält dem - im Wesentlichen - entgegen, dass das "wahlrechtliche Homogenitätsprinzip" in den Art 95 Abs 2 und Art 117 Abs 2 B-VG geregelt sei und "sich ausschließlich auf die im B-VG ausdrücklich genannten allgemeinen Vertretungskörper" beziehe. Durch Umkehrschluss sei "festzustellen, dass nach den genannten Bestimmungen der Bundesverfassung der Verfassungsgesetzgeber zum Ausdruck bringt, dass nur für den jeweils zentralen allgemeinen Vertretungskörper der Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden ein homogen gestaltetes Wahlrecht bestehen soll. Andernfalls hätte der Gesetzgeber eine ausdrückliche Homogenitätsregelung für alle allgemeinen Vertretungskörper geschaffen." Es gebe somit "kein bundesverfassungsrechtliches Homogenitätsgebot, das der Einführung eines Ausländerwahlrechtes zu den Wiener Bezirksvertretungen entgegenstehe."

2.1.3. Auf Grund der nachstehenden Überlegungen sind die antragstellenden Abgeordneten mit ihrem Vorbringen im Recht.

2.1.3.1. Vorweg ist dazu auf Folgendes hinzuweisen:

a. Das "wahlrechtliche Homogenitätsprinzip der österreichischen Bundesverfassung".

Art 26 B-VG statuiert für die Wahl des Nationalrates die Grundsätze des allgemeinen, gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Wahlrechts. Auf Grund der Art 95 und 117 B-VG gelten diese Grundsätze auch für die Wahlen zu den Landtagen und zu den Gemeinderäten. Damit wollte der Verfassungsgesetzgeber für alle Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern in Österreich ein in den Grundzügen einheitliches Wahlrecht schaffen (VfSlg. 3426/1958, 3560/1959, 6106/1969, 8321/1978, 14.265/1995; "Homogenitätsprinzip" oder "Grundsatz der Einheitlichkeit der Wahlrechtsgrundsätze").

Was dabei den im vorliegenden Zusammenhang bedeutsamen, den Kreis der Wahlberechtigten betreffenden Grundsatz des allgemeinen Wahlrechts anlangt, so ist er in Art 26 B-VG nicht ausdrücklich statuiert, er ergibt sich aber implizit aus den Bestimmungen des Art 26 Abs 1, 4 und 5 B-VG betreffend das aktive und passive Wahlrecht sowie betreffend die Ausschließung vom Wahlrecht:

Diesen Bestimmungen zu Folge


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-
wird der Nationalrat "vom Bundesvolk auf Grund des ... Wahlrechtes der Männer und Frauen, die spätestens mit Ablauf des Tages der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben, ... gewählt",


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-
sind "alle Männer und Frauen [wählbar], die am Stichtag die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und spätestens mit Ablauf des Tages der Wahl das 19. Lebensjahr vollendet haben", und


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-
kann die "Ausschließung vom Wahlrecht und von der Wählbarkeit ... nur die Folge einer gerichtlichen Verurteilung sein."

Zu Folge Art 95 Abs 1 B-VG werden die Mitglieder der Landtage

von "alle[n] nach den Landtagswahlordnungen wahlberechtigten

männlichen und weiblichen Landesbürger[n] gewählt"; gemäß Art 6 Abs 2

B-VG sind jene "Staatsbürger, die in einem Land den Hauptwohnsitz

haben, ... dessen Landesbürger; die Landesgesetze können jedoch

vorsehen, dass auch Staatsbürger, die in einem Land einen Wohnsitz,

nicht aber den Hauptwohnsitz haben, dessen Landesbürger sind." Art 95

Abs2 B-VG bestimmt weiters, dass die "Landtagswahlordnungen ... die


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Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes nicht enger ziehen [dürfen] als die Bundesverfassung für Wahlen zum Nationalrat". Am Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft ändert - angesichts dessen ausdrücklicher Regelung - diese Bestimmung allerdings nichts.

Art 117 Abs 2 B-VG sieht vor, dass die "Wahlen in den Gemeinderat ... auf Grund des ... [W]ahlrechts aller Staatsbürger [stattfinden], die in der Gemeinde den Hauptwohnsitz haben; die Landesgesetze können jedoch vorsehen, dass auch Staatsbürger, die in der Gemeinde einen Wohnsitz, nicht aber den Hauptwohnsitz haben, wahlberechtigt sind. In der Wahlordnung dürfen die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes nicht enger gezogen sein als in der Wahlordnung zum Landtag. Es kann jedoch bestimmt werden, dass das aktive und passive Wahlrecht in den Gemeinderat Personen, die sich noch nicht ein Jahr in der Gemeinde aufhalten, dann nicht zukommt, wenn ihr Aufenthalt in der Gemeinde offensichtlich nur vorübergehend ist. Unter den von den Ländern festzulegenden Bedingungen steht das aktive und passive Wahlrecht auch den Staatsbürgern anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu." Im Übrigen ist also auch in dieser Hinsicht das Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft ausdrücklich geregelt. Die Ermächtigung des Wahlordnungsgesetzgebers, die Bedingungen des Wahlrechts allenfalls weiter zu ziehen, ändert daran nichts.

Den dargestellten Bestimmungen der Art 26, 95 und 117 B-VG vergleichbare bundesverfassungsgesetzliche Vorschriften für das Wahlrecht zu den landesgesetzlich geregelten Bezirksvertretungen in Wien bestehen nicht.

b. Die Bezirksvertretungen in Wien als allgemeine Vertretungskörper.

Die Bezirksvertretungen in Wien sind im ersten Hauptstück (§§1-112h) der Wiener Stadtverfassung, das im Rang eines einfachen Landesgesetzes steht (vgl. § 124 Abs 2 und 124a Abs 1 Wiener Stadtverfassung; VfSlg. 3555/1959, 11.738/1988, 11.739/1988 und 11.804/1988), näher geregelt. Im Einzelnen ist dazu auf Folgendes hinzuweisen:

Gemäß § 3 Wiener Stadtverfassung ist das Gebiet der Gemeinde Wien "zu Zwecken der Verwaltung in [23] Bezirke eingeteilt." Die Bezirke besitzen keine Rechtspersönlichkeit (Ponzer/Cech, Die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien [2000] 6). Die Einteilung in Bezirke ändert auch nichts daran, dass das Gebiet der Stadt Wien einen einzigen Verwaltungsbezirk darstellt (VfSlg. 4811/1964, 10.203/1984).

Der die Organe der Gemeinde regelnde § 8 Abs 1 Wiener Stadtverfassung lautet wie folgt:

"(1) Zur Besorgung der Aufgaben der Gemeinde sind als Organe berufen:


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1.
Der Gemeinderat,
2.
der Stadtsenat,
3.
der Bürgermeister,
4.
die amtsführenden Stadträte,
5.
die Gemeinderatsausschüsse,
6.
die Kommissionen des Gemeinderates,
7.
die Untersuchungskommissionen des Gemeinderates,
8.
die Bezirksvertretungen,
9.
die Bezirksvorsteher,
10.
die Ausschüsse der Bezirksvertretungen,
11.
der Berufungssenat,
12.
der Magistrat."

Die im vorliegenden Zusammenhang bedeutsamsten Bestimmungen betreffend die Organisation der Bezirksvertretungen lauten wie folgt:

"Von den Bezirksvertretungen

Zusammensetzung und Wahl

§61. (1) Die Bezirksvertretung besteht in Bezirken bis zu 50 000 Einwohnern aus 40 Mitgliedern. Diese Zahl erhöht sich je weitere 4 000 Einwohner um zwei, wobei jedoch die Höchstzahl 60 beträgt. Einwohner sind alle natürlichen Personen, die im Bezirk ihren Hauptwohnsitz haben.

..."

"§61a. (1) Die Mitglieder der Bezirksvertretung werden auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Verhältniswahlrechtes aller nach der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 zu den Bezirksvertretungswahlen Wahlberechtigten auf die Dauer von fünf Jahren gewählt. Sie dürfen nicht gleichzeitig dem Gemeinderat angehören.

..."

"§61b. (1) Der Bezirksvorsteher wird auf Vorschlag der stärksten wahlwerbenden Partei von der Bezirksvertretung gewählt. Er muss nicht der Bezirksvertretung angehören, aber zu ihr wählbar sein. Stimmberechtigt in der Bezirksvertretung ist er aber nur, wenn er dieser angehört.

(2) Die Bezirksvertretung wählt aus ihrer Mitte zwei Stellvertreter des Bezirksvorstehers. Der eine Stellvertreter ist von der stärksten und der andere von der zweitstärksten wahlwerbenden Partei der Bezirksvertretung vorzuschlagen.

(3) Die Bezirksvorsteher und deren Stellvertreter werden auf die Dauer von fünf Jahren gewählt. Zum Bezirksvorsteher und zu dessen Stellvertreter dürfen nur Unionsbürger gewählt werden. Im Übrigen gelten für die Wahl die Bestimmungen des § 99 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996.

(3a) Die Bezirksvertretung wählt auf Vorschlag der stärksten wahlwerbenden Partei der Bezirksvertretung aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und zwei Stellvertreter des Vorsitzenden, wovon der eine Stellvertreter von der stärksten und der andere von der zweitstärksten wahlwerbenden Partei der Bezirksvertretung vorzuschlagen ist, auf die Dauer von fünf Jahren unter sinngemäßer Anwendung des § 99 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996. Auch der Bezirksvorsteher - wenn er der Bezirksvertretung angehört - und die Bezirksvorsteher-Stellvertreter können zum Vorsitzenden bzw. zu Stellvertretern des Vorsitzenden gewählt werden.

(4) Der Bezirksvorsteher darf während seiner Amtstätigkeit - abgesehen von den ersten drei Monaten nach seiner Wahl - keinen Beruf mit Erwerbsabsicht ausüben."

"Auflösung von Bezirksvertretungen

§66. (1) Die Bezirksvertretung kann vom Gemeinderat aufgelöst werden. In diesem Fall erlischt auch die Funktion des der Bezirksvertretung nicht angehörenden Bezirksvorstehers. Bis zu der binnen längstens sechs Wochen auszuschreibenden Neuwahl der gesamten Bezirksvertretung hat der Bürgermeister für die Fortführung der der Bezirksvertretung zukommenden Geschäfte Vorsorge zu treffen.

(2) Der Bezirksvorsteher und einzelne Mitglieder der Bezirksvertretung können ihres Amtes enthoben werden, wenn sie die Erfüllung ihrer Amtsobliegenheiten beharrlich vernachlässigen. Das Recht zur Enthebung des Bezirksvorstehers steht dem Bürgermeister, das Recht zur Enthebung einzelner Mitglieder der Bezirksvertretung dem Gemeinderat zu."

"Ausschüsse

§ 66a. Die Bezirksvertretung hat einen Finanzausschuss, einen Bauausschuss und einen Umweltausschuss zu bestellen."

"Zusammensetzung und Bestellung der Ausschüsse

§66b. (1) Jeder Ausschuss besteht aus einer von der Bezirksvertretung zu bestimmenden Anzahl von Mitgliedern, die mindestens zehn und höchstens 15 beträgt, und aus einer gleichen Anzahl von Ersatzmitgliedern. Dem Ausschuss gehört ferner der Bezirksvorsteher an, der jedoch kein Stimmrecht besitzt.

(2) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder der Ausschüsse sind von der Bezirksvertretung aus deren Mitte auf die Dauer der Wahlperiode der Bezirksvertretung zu bestellen. Die Mitglieder (Ersatzmitglieder) werden auf die wahlwerbenden Parteien im Verhältnis der Zahl der ihnen angehörenden Mitglieder der Bezirksvertretung nach den im § 96 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 festgelegten Grundsätzen verteilt. Die Mitglieder der Bezirksvertretung jeder wahlwerbenden Partei haben die auf ihre Partei entfallenden Ausschussmitglieder (Ausschussersatzmitglieder), welche der Bezirksvertretung angehören müssen, dem Bezirksvorsteher innerhalb von fünf Tagen nach Einrichtung des Ausschusses namhaft zu machen; diese gelten damit für die Dauer der Wahlperiode der Bezirksvertretung als bestellt. Im Falle des Ausscheidens eines Mitgliedes (Ersatzmitgliedes) haben die Mitglieder der Bezirksvertretung jener wahlwerbenden Partei, welcher das ausgeschiedene Mitglied (Ersatzmitglied) angehört hat, für die restliche Dauer der Wahlperiode der Bezirksvertretung neuerlich eine Nominierung innerhalb von 30 Tagen vorzunehmen. Für eine Nominierung ist die Unterstützung von mehr als der Hälfte der Mitglieder der Bezirksvertretung der zur Nominierung berechtigten wahlwerbenden Partei erforderlich.

(3) Wird eine ausreichend unterstützte Nominierung nicht fristgerecht vorgenommen, so erfolgt die Bestellung der nicht namhaft gemachten Mitglieder (Ersatzmitglieder) durch Mehrheitswahl durch die Bezirksvertretung. Gewählt ist dann das Mitglied der Bezirksvertretung, das die unbedingte Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erreicht hat. Erreicht kein Mitglied der Bezirksvertretung die unbedingte Mehrheit, so ist in einem zweiten Wahlgang dasjenige Mitglied der Bezirksvertretung als gewählt zu erklären, das die meisten gültigen Stimmen auf sich vereinigt. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

(4) Die Nominierten oder nach Abs 3 Gewählten bleiben bis zur Nominierung (Wahl) ihrer Nachfolger im Amt.

(5) Zum Mitglied (Ersatzmitglied) des Bauausschusses dürfen nur Unionsbürger nominiert (gewählt) werden."

Den Wirkungsbereich der Bezirksvertretungen, ihrer Ausschüsse und der Bezirksvorsteher regeln die §§103 bis 104c Wiener Stadtverfassung insbesondere wie folgt:

§ 103 Wiener Stadtverfassung bestimmt jene Angelegenheiten, in denen die Verwaltung der - vom Gemeinderat auf die Bezirke aufgeteilten (vgl. § 86 Abs 4 leg. cit.) - Haushaltsmittel der Gemeinde der Bezirksvertretung, deren Finanzausschuss oder dem Bezirkvorsteher obliegen.

In den §§103a bis 103f Wiener Stadtverfassung sind nähere Regelungen über die Feststellung des Voranschlages der Einnahmen und Ausgaben des Bezirkes sowie über den Rechnungsabschluss des Bezirkes getroffen.

§ 103g Wiener Stadtverfassung regelt den Wirkungsbereich der Bezirksvertretungen wie folgt:

"Wirkungsbereich der Bezirksvertretungen

§103g. (1) Zum Wirkungsbereich der Bezirksvertretungen gehören neben den in den §§103, 103a, 103b, 103e, 103f, 104, 104a, 104b und 104c genannten Angelegenheiten folgende Aufgaben:


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1.
Erstellung von Bezirksentwicklungskonzepten;
2.
Mitwirkung bei Maßnahmen der Stadterneuerung;
3.
Vorschläge zur Verbesserung der Infrastruktur des Bezirkes, insbesondere zur Lösung der Verkehrsprobleme;
4.
Mitwirkung bei der Errichtung und Auflassung öffentlicher Straßen, Plätze und Wege;
5.
Vorschläge für die Standorte der Pensionistenklubs;
6.
Mitwirkung bei Maßnahmen zur Überwachung der Instandhaltung der von der Stadt Wien verwalteten Denkmäler und Brunnen;
7.
Vorschläge für Maßnahmen im Interesse der Sicherheit der Bezirksbevölkerung;
8.
Standortvorschläge für Handels-, Gewerbe- und Industriebetriebe im Bezirk;
9.
Vorschläge zur Lösung bezirksspezifischer Sozialprobleme;
10.
Vorschläge über die Einrichtung von sozialen Diensten;
11.
Vorschläge und Stellungnahmen zu Vorschlägen betreffend die Benennung von öffentlichen Verkehrsflächen einschließlich Brücken sowie von städtischen Wohnhausanlagen, Parkanlagen, Sportanlagen, Schulen und Kindertagesheimen, soweit sich solche Bauwerke für eine Benennung eignen;
12.
Erstellung von Kultur-, Bildungs- und Freizeitprogrammen für den Bezirk;
13.
Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von Marktplätzen und Markthallen;
14.
Programme zur Durchführung von Aktionen zur Förderung des Breitensportes;
15.
Mitwirkung bei der Festsetzung der Wahlsprengel;
16.
Mitwirkung bei Aktionen zur Information der Bezirksbevölkerung;
17.
Abgabe von Stellungnahmen, Gutachten und Äußerungen, um welche die Bezirksvertretungen vom Gemeinderat, Stadtsenat, von einem Gemeinderatsausschuß, vom Bürgermeister oder vom Magistrat ersucht werden;
18.
Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Kindertagesheimen;
19.
Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Schulen;
20.
Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Jugendspielplätzen;
21.
Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Friedhöfen;
22.
Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Bedürfnisanstalten;
23.
Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Kinderfreibädern;
24.
Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Volks- und Warmbädern;
25.
Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Musikschulen;
26.
Mitwirkung bei der Festsetzung genauer Grenzlinien zwischen den Gemeindebezirken (§4 WStV);
27.
Mitwirkung bei der Umlegung von Bezirksgrenzen aus den Baublöcken in die benachbarten Straßen (§4 WStV);
28.
Mitwirkung bei der Änderung in der Abgrenzung und weiteren Abteilung der Bezirke durch Landesgesetz (§4 WStV).

(2) Die Überlassung weiterer Gegenstände an die Bezirksvertretungen richtet sich nach § 89."

Gemäß § 4 Abs 1 Wiener Kleingartengesetz 1996 obliegt der örtlich zuständigen Bezirksvertretung überdies die Beschlussfassung über die Zulässigkeit einer vorübergehenden kleingärtnerischen Nutzung von Grundflächen.

Der Wirkungsbereich der Bezirksvorsteher ist durch § 103h Wiener Stadtverfassung näher bestimmt.

Gemäß § 103i Wiener Stadtverfassung obliegt den Bauausschüssen der Bezirksvertretungen neben der Vorberatung der den Bezirksvertretungen auf Grund der Bauordnung für Wien zugewiesenen Aufgaben die Wahrnehmung aller ihnen sonst gesetzlich übertragenen Aufgaben. Nach der Bauordnung für Wien obliegt den Bauausschüssen die Stellungnahme zu Entwürfen für zeitlich begrenzte Bausperren nach § 8 Abs 3 leg. cit., die Genehmigung von unwesentlichen Abweichungen von den Bebauungsvorschriften nach § 69 iVm. § 133 leg. cit. sowie die Erteilung von Sonderbaubewilligungen nach § 71b leg. cit. für bestimmte Gebäude, die vor dem errichtet wurden und über keine Baubewilligung verfügen. Gemäß § 7 Abs 5 Wiener Kleingartengesetz 1996 kommt den Bauausschüssen überdies die Entscheidung über Ausnahmen betreffend die Errichtung von Stellplätzen zu. Die Vorberatungstätigkeit der Bauausschüsse für die Bezirksvertretungen bezieht sich vor allem auf die Stellungnahmen zu Entwürfen von Flächenwidmungsplänen und Bebauungsplänen nach § 2 der Bauordnung für Wien (vgl. idZ VfSlg. 14.041/1995).

Der Wirkungsbereich der Umweltausschüsse ist durch § 103j Wiener Stadtverfassung näher geregelt.

Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch auf die folgenden Bestimmungen der Wiener Stadtverfassung hinzuweisen:

"Mitwirkung der Bezirksbevölkerung

§104b. (1) Jeder Einwohner (§61 Abs 1) hat das Recht, sich in allen im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse eines Bezirkes gelegenen Angelegenheiten mit Wünschen, Anregungen, Vorschlägen und Beschwerden mündlich oder schriftlich an den Bezirksvorsteher und die Mitglieder der Bezirksvertretung zu wenden.

(2) Der Bezirksvorsteher und die Mitglieder der Bezirksvertretung haben zur Entgegennahme von Wünschen, Anregungen, Vorschlägen und Beschwerden im Sinne des Abs 1 regelmäßig Sprechstunden abzuhalten. Zeit und Ort der Sprechstunden sind durch den Bezirksvorsteher öffentlich bekanntzumachen.

(3) Über Wünsche, Anregungen, Vorschläge und Beschwerden, die von grundsätzlicher Bedeutung für den Bezirk sind, hat der Bezirksvorsteher der Bezirksvertretung zu berichten. Diese kann zur weiteren Beratung eine Kommission einsetzen oder die Durchführung einer Bürgerversammlung anordnen.

Bürgerversammlung

§104c. (1) Zur Information und Diskussion über Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse eines Bezirkes gelegen sind, können Bürgerversammlungen abgehalten werden.

(2) Eine Bürgerversammlung ist abzuhalten, wenn sie die Bezirksvertretung beschließt oder mindestens ein Fünftel der Mitglieder der Bezirksvertretung dies verlangt. Kein Mitglied der Bezirksvertretung darf innerhalb eines Kalenderjahres mehr als ein Verlangen nach Abhaltung einer Bürgerversammlung stellen. Eine Bürgerversammlung ist ferner abzuhalten, wenn eine Mindestanzahl von Einwohnern (§61 Abs 1) des Bezirkes, die zum Gemeinderat wahlberechtigt sind oder im Falle des Besitzes der österreichischen Staatsbürgerschaft wahlberechtigt wären, dies verlangt. Die Mindestanzahl beträgt 5 v. H. der bei der letzten ordentlichen oder außerordentlichen Volkszählung festgestellten Anzahl von Einwohnern des Bezirkes.

(3) Eine Bürgerversammlung nur für einen Teil des Bezirkes ist über Beschluß der Bezirksvertretung abzuhalten, wenn eine Angelegenheit im Sinne des Abs 1 nur für die Bevölkerung dieses Bezirksteiles von Bedeutung ist. Die genaue Begrenzung des Gebietes, für das die Bürgerversammlung durchgeführt werden soll, ist im Beschluß der Bezirksvertretung festzulegen.

(4) Die Bürgerversammlung ist vom Bezirksvorsteher oder einem von ihm beauftragten Mitglied der Bezirksvertretung einzuberufen und zu leiten. Allfällige Unterlagen sind mindestens zwei Wochen vor Abhaltung der Bürgerversammlung zur öffentlichen Einsicht aufzulegen."

Das Wesen "allgemeiner Vertretungskörper" iSd. B-VG liegt darin, dass sie durch Gesetz eingerichtet sind und nicht die Interessen bestimmter, etwa nach Stand, Beruf oder Bekenntnis gleichartiger Personen, sondern die Interessen aller innerhalb eines bestimmten Gebietes lebenden Menschen vertreten (VfSlg. 1921/Anh.10, 1956/Anh.3; 3193/1957). In diesem Sinne sind sie "Repräsentationsorgane der Gebietskörperschaften" (Adamovich, Handbuch des österreichischen Verfassungsrechts6 [1971] 172; Strejcek, Art 141 B-VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht [2002] Rz. 33; Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts9 [2000] Rz. 863). Neben den im B-VG ausdrücklich vorgesehenen allgemeinen Vertretungskörpern - Nationalrat (vgl. etwa VfSlg. 15.266/1998), Bundesrat (vgl. etwa VfSlg. 9044/1981), Landtage (vgl. etwa VfSlg. 12.064/1989) und Gemeinderäte (vgl. etwa VfSlg. 4985/1965, 7678/1975) - zählen dazu auch die landesgesetzlich eingerichteten Bezirksvertretungen in Wien (vgl. VfSlg. 888/1927, 6087/1969, 11.738/1988, 11.875/1988, 15.033/1997, 16.478/2002, 16.479/2002; auch das Erkenntnis VfSlg. 7678/1975, in dem der Verfassungsgerichtshof in einem die Gemeinde Villach betreffenden Fall aussprach, dass "das einzige Organ der Gemeinde, das als 'allgemeiner Vertretungskörper' anzusprechen ist, der Gemeinderat (Art117 Abs 1 lita B-VG) [ist]. Ein Gemeinderatsausschuß hingegen ist kein allgemeiner Vertretungskörper." [Hervorhebung nicht im Original] ändert daran nichts).

In diesem Zusammenhang ist auch auf Folgendes hinzuweisen:

Gemäß Art 19 EG hat jeder Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen, wobei für ihn die selben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats; dieses Recht wird vorbehaltlich der Einzelheiten ausgeübt die vom Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments festzulegen sind.

Gemäß Art 2 Abs 1 der dazu ergangenen EG-Kommunalwahlrichtlinie (RL 94/80/EG des Rates vom , ABl. L 368 vom , geändert durch RL 96/30/EG des Rates vom , ABl. L 122 vom ) sind

"'Kommunalwahlen' die allgemeinen, unmittelbaren Wahlen, die darauf abzielen, die Mitglieder der Vertretungskörperschaft und gegebenenfalls gemäß den Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaats den Leiter und die Mitglieder des Exekutivorgans einer lokalen Gebietskörperschaft der Grundstufe zu bestimmen;"

dabei sind

"'lokale Gebietskörperschaft der Grundstufe' die im Anhang zu dieser Richtlinie aufgeführten Verwaltungseinheiten, die nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften in allgemeiner, unmittelbarer Wahl gewählte Organe besitzen und auf der Grundstufe der politischen und administrativen Organisation für die Verwaltung bestimmter örtlicher Angelegenheiten unter eigener Verantwortung zuständig sind".

Im genannten Anhang ist nun ua. Folgendes vorgesehen:

"Im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a) dieser Richtlinie gelten als 'lokale Gebietskörperschaften der Grundstufe':

...

in Österreich: Gemeinden, Bezirke in der Stadt Wien ...".

Auch in dieser Hinsicht ist man also davon ausgegangen, dass in der Stadt Wien die Bezirke die unterste Stufe der politischen und administrativen Organisation bilden und die Bezirksvertretungen die dafür vorgesehenen Repräsentationsorgane sind.

2.1.3.2. Vor diesem Hintergrund ergibt sich aber Folgendes:

Es ist der Wiener Landesregierung darin beizupflichten, dass die ausdrücklichen bundesverfassungsgesetzlichen Regelungen betreffend das "wahlrechtliche Homogenitätsprinzip", nämlich die Art 26, 95 und Art 117 B-VG, nur für die dort ausdrücklich genannten allgemeinen Vertretungskörper, also für den Nationalrat, die Landtage und für die Gemeinderäte gelten, und dass daraus für die Frage des Wahlrechts zu den Bezirksvertretungen in Wien, die bundesverfassungsgesetzlich nicht geregelt sind, nichts zu gewinnen ist.

Von entscheidender Bedeutung ist aber - und insoferne sind die antragstellenden Abgeordneten mit ihrer Anfechtung im Recht -, dass die genannten Bestimmungen der Art 26, 95 und Abs 117 B-VG, die das Wahlrecht zum Nationalrat, zu den Landtagen und zu den Gemeinderäten (von der diesbezüglichen, gemeinschaftsrechtlich bedingten Ausnahme abgesehen, die oben erwähnt wurde) österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern vorbehalten, ihrerseits nur eine nähere Ausgestaltung des demokratischen Grundprinzips der österreichischen Bundesverfassung darstellen.

Dieses ist im Art 1 B-VG wie folgt geregelt:

"Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus."

Der in dieser Bestimmung verwendete Begriff des Volkes knüpft aber - wie der Verfassungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis VfSlg. 12.023/1989 im Zusammenhang mit dem Begriff des Bundesvolkes iSd. Art 26 B-VG dargetan hat - an die österreichische Staatsbürgerschaft an:

"Dies ergibt sich sowohl aus einer systematischen Interpretation, die den Zusammenhang des Art 26 B-VG mit der grundlegenden Aussage des Art 1 B-VG und mit anderen Bestimmungen des B-VG, insb. dessen Art 44 Abs 3 iVm 46 Abs 2 bedenkt (vgl. zB Adamovich-Spanner, Handbuch des österreichischen Verfassungsrechts5, 1957, 104f; Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, System, 1972, 135ff), als auch aus der Entstehungsgeschichte des Art 26 Abs 1 B-VG, wie insbesondere der 1. Vorentwurf Kelsens sowie der Entwurf von Renner und Mayr zu dieser Bestimmung zeigen (vgl. Ermacora, Die österreichische Bundesverfassung und Hans Kelsen, 1982, 176ff, sowie derselbe, Quellen zum österreichischen Verfassungsrecht [1920], 1967, insb. 205, 246 und 261).

Auch eine Bedachtnahme auf Art 8 Abs 1 des Staatsvertrags von Wien, BGBl. 152/1955, (gem. ArtII Z 3 des BVG BGBl. 59/1964 im Rang von Bundesverfassungsrecht) macht - worauf etwa Ringhofer, aaO, 103, zutreffend hinweist - deutlich, dass der Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft das maßgebliche Kriterium für die Zugehörigkeit zum Bundesvolk darstellt."

Die Änderung, die Art 1 B-VG durch den Abschluss des EU-Beitrittsvertrages - der sich auf das nach Durchführung einer Volksabstimmung erlassene Beitritts-BVG stützte - erfuhr und der zu Folge das "Recht" der Republik Österreich nunmehr nicht allein vom "Volk", sondern zum Teil von Gemeinschaftsorganen "ausgeht", ist hier ohne Belang.

Für den hier vorliegenden Zusammenhang ergibt sich daraus aber Folgendes:

Die Tätigkeit der allgemeinen Vertretungskörper - wozu nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. dazu oben 2.1.3.1.b) auch die Bezirksvertretungen in Wien zählen - fällt - was sich schon aus ihrer Funktion als "Repräsentationsorgane der Gebietskörperschaften" (s. dazu erneut oben 2.1.3.1.b.) ergibt - jedenfalls unter Art 1 B-VG. Im Hinblick darauf ist aber die Bestellung der Bezirksvertretungen in Wien von Verfassungs wegen den österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern im jeweiligen Bezirk vorbehalten.

Somit erweisen sich die von den antragstellenden Abgeordneten gegen die Bestimmungen des § 16 Abs 2 Z 2 und des § 19a Abs 1 Z 3 GWO geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken als zutreffend. Diese Bestimmungen sind daher als verfassungswidrig aufzuheben.

2.2. Im Hinblick darauf war aber auf das weitere Vorbringen der antragstellenden Abgeordneten, die von ihnen bekämpften Bestimmungen würden gegen den "Staatsbürger-(Inländer-)Vorbehalt gemäß Art 3 StGG" verstoßen, nicht mehr einzugehen.

3. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG.