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VfGH vom 16.06.2011, g18/11

VfGH vom 16.06.2011, g18/11

Sammlungsnummer

19412

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit der unzureichend bemessenen neunmonatigen Legisvakanz für die durch die Neukonzeption der Kapitalertragsteuer für Wertpapiere erforderlichen unternehmensinternen Anpassungen der antragstellenden Kreditinstitute; keine Bedenken gegen die Steuer an sich sowie gegen die den Banken durch die Verpflichtung zur Einhebung der Steuer entstehenden Kosten

Spruch

I. § 93 Abs 2 Z 2 und § 95 Abs 2 Z 2 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400, idF des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

III. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

IV. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

V. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

VI. Der Bund (Bundesministerin für Finanzen) ist schuldig, den antragstellenden Gesellschaften zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit € 3.820,- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Mit ihrem auf Art 140 Abs 1 B-VG gestützten Antrag begehren die antragstellenden Gesellschaften - allesamt Kreditinstitute - Folgendes (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"6.1 Der Verfassungsgerichtshof möge


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§95 Abs 2 Z 2 und § 93 Abs 2 Z 2 EStG (jeweils in der Fassung BGBl. I Nr 111/2010);


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in eventu § 95 Abs 2 Z 2,§ 93 Abs 2 Z 2 und § 93 Abs 1 EStG (jeweils in der Fassung BGBl. I Nr 111/2010);


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in eventu § 49 Abs 24 Z 1 InvFG ('§40 Abs 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 111/2010, gilt erstmals für nach dem angeschaffte Anteilscheine.') sowie in § 44 Abs 6 ImmoInvG den zweiten Satz ('Davon abweichend gilt § 40 Abs 3 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, erstmals für nach dem angeschaffte Anteilscheine;
für bis zum angeschaffte Anteilscheine gilt weiterhin § 40 Abs 3 in der Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010.') jeweils in der Fassung BGBl. I Nr 111/2010;

als verfassungswidrig aufheben.

6.2 In eventu, für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den unter Punkt 6.1 gestellten Hauptantrag sowie den unter Punkt 6.1 gestellten ersten Eventualantrag ab- oder zurückweist, wird beantragt, der VfGH möge


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§27a Abs 4 Z 2 zweiter Satz EStG ('Dies gilt nicht für in einem Betriebsvermögen gehaltene Wirtschaftsgüter und Derivate.'), in eventu § 27a Abs 4 Z 2 EStG zur Gänze (jeweils in der Fassung BGBl. I Nr 111/2010);


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die Wortfolge 'und bei Einkünften aus Derivaten' im ersten Satz des § 95 Abs 2 Z 2 EStG, die Wortfolge ', aus dem Differenzausgleich, aus der Veräußerung von Derivaten oder die Stillhalteprämie' in § 95 Abs 2 Z 2 litb EStG sowie die Wortfolge 'und bei Einkünften aus Derivaten (§27 Abs 4)' in § 93 Abs 2 Z 2 EStG (jeweils in der Fassung BGBl. I Nr 111/2010);


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den ersten Unterteilstrich in § 27 Abs 6 Z 1 lita fünfter Teilstrich EStG ('- der depotführenden Stelle anhand geeigneter Unterlagen (insbesondere Notariatsakt, Einantwortungsbeschluss, Schenkungsmeldung) die unentgeltliche Übertragung nachgewiesen wird, oder'), in eventu die Wortfolge ', wenn' in § 27 Abs 6 Z 1 lita fünfter Teilstrich EStG sowie beide Unterteilstriche in § 27 Abs 6 Z 1 lit a fünfter Teilstrich EStG, in eventu § 27 Abs 6 Z 1 lit a fünfter Teilstrich EStG zur Gänze (jeweils in der Fassung BGBl. I Nr 111/2010);


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§40 Abs 2 Z 4 InvFG und § 40 Abs 2 Z 3 ImmoInvFG (jeweils in der Fassung BGBl. I Nr 111/2010);


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den Ausdruck 'Z 1' in § 124b Z 186 EStG in der Fassung BGBl. I Nr 111/2010;


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den zweiten Satz des § 93 Abs 1 EStG ('Dies gilt nicht für die in § 27a Abs 2 genannten Einkünfte.') in der Fassung BGBl. I Nr 111/2010;


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den zweiten Satz des § 124b Z 185 litb EStG ('Werden nach dem Beteiligungen im Sinne des § 31 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010 veräußert, die vor dem erworben worden sind, besteht keine Abzugspflicht gemäß § 93.') in der Fassung BGBl. I Nr 111/2010;


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§95 Abs 1 zweiter Satz EStG (in der Fassung BGBl. I Nr 111/2010) ('Der Abzugsverpflichtete (Abs2) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragssteuer.')

als verfassungswidrig aufheben.

6.3 In eventu, für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den unter Punkt 6.1 gestellten zweiten Eventualantrag ab- oder zurückweist, wird beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge


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§95 Abs 1 zweiter Satz EStG (in der Fassung BGBl. I Nr 111/2010) ('Der Abzugsverpflichtete (Abs2) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.');


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§40 Abs 2 Z 4 InvFG und § 40 Abs 2 Z 3 ImmoInvFG jeweils in der Fassung BGBl. I Nr 111/2010;

als verfassungswidrig aufheben.

6.4 Weiters möge der Verfassungsgerichtshof § 27 Abs 6 Z 1 lita dritter Teilstrich EStG in der Fassung BGBl. I Nr 111/2010 als verfassungswidrig aufheben."

Dem Antrag liegt ein im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich/Bank & Versicherung erstellter Bericht einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bei, der zur Plausibilität der im Antrag behaupteten, mit der Einführung der neuen Kapitalertragsteuerpflicht geschätzten Kostenbelastungen der österreichischen Kreditwirtschaft Stellung nimmt.

2. Zu den Gesetzesprüfungsanträgen hat die Bundesregierung auf Grund ihres Beschlusses vom eine Äußerung erstattet, in welcher sie - nach ausführlicher Begründung - den Antrag stellt, der Verfassungsgerichtshof möge den Hauptantrag abweisen, den ersten Eventualantrag zu 6.1 zurückweisen, in eventu abweisen, und die übrigen Eventualanträge, soweit sie vom Verfassungsgerichtshof als zulässig erachtet werden, ebenfalls abweisen. Dieser Äußerung liegt ein von der Bundesregierung in Auftrag gegebenes Gutachten der I.-AG, Zürich, bei, welches sich insbesondere mit den Fragen beschäftigt, ob die Umstellung bzw. Anpassung der Banken-EDV-Systeme innerhalb der vorgesehenen neunmonatigen Legisvakanz vorgenommen werden kann und ob die von den antragstellenden Kreditinstituten geschätzten Kosten der Einführung der neuen Kapitalertragsteuerpflicht als realistisch anzusehen sind.

3. Mit Schriftsatz vom haben die antragstellenden Kreditinstitute dazu eine Gegenäußerung (Replik) eingebracht.

4. Der Verfassungsgerichtshof hat am eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

II. Rechtslage

1. Die angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 (in der Folge kurz: EStG 1988), BGBl. 400, idF des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I 111/2010, stehen in folgendem Zusammenhang (die mit dem Hauptantrag und den Eventualanträgen angefochtenen Wortfolgen sind hervorgehoben; dabei ist zu beachten, dass sich einzelne Eventualanträge mit dem Hauptantrag oder anderen Eventualanträgen überschneiden und daher nur auf Teile der hervorgehobenen Wortfolgen beziehen):

"Einkünfte aus Kapitalvermögen

§27. (1) Einkünfte aus Kapitalvermögen sind Einkünfte aus der Überlassung von Kapital (Abs2), aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (Abs3) und aus Derivaten (Abs4), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs 3 Z 1 bis 4 gehören.

(2) Zu den Einkünften aus der Überlassung von Kapital gehören:

1. a) Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung;

b) Gleichartige Bezüge und Rückvergütungen aus Anteilen an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften;

c) Gleichartige Bezüge aus Genussrechten und Bezüge aus Partizipationskapital im Sinne des Bankwesengesetzes oder des Versicherungsaufsichtsgesetzes;

d) Bezüge aus Anteilen an körperschaftlich organisierten Personengemeinschaften in den Angelegenheiten der Bodenreform (Agrargemeinschaften) im Sinne des Art 12 Abs 1 Z 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes;

2. Zinsen, und andere Erträgnisse aus Kapitalforderungen jeder Art, beispielsweise aus Darlehen, Anleihen (einschließlich Nullkuponanleihen), Hypotheken, Einlagen, Guthaben bei Kreditinstituten und aus Ergänzungskapital im Sinne des Bankwesengesetzes oder des Versicherungsaufsichtsgesetzes, ausgenommen Stückzinsen;

3. Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen;

4. Gewinnanteile aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter sowie aus der Beteiligung nach Art eines stillen Gesellschafters, soweit sie nicht zur Auffüllung einer durch Verluste herabgeminderten Einlage zu verwenden sind.

(3) Zu den Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gehören Einkünfte aus der Veräußerung, Einlösung und sonstigen Abschichtung von Wirtschaftsgütern, deren Erträge Einkünfte aus der Überlassung von Kapital im Sinne von Abs 2 sind.

(4) Zu den Einkünften aus Derivaten gehören

1. der Differenzausgleich,

2. die Stillhalterprämie,

3. Einkünfte aus der Veräußerung und

4. Einkünfte aus der sonstigen Abwicklung bei Termingeschäften (beispielsweise Optionen, Futures und Swaps) sowie bei sonstigen derivativen Finanzinstrumenten (beispielsweise Indexzertifikaten).

(5) ...

(6) Als Veräußerung im Sinne der Abs 3 und 4 gelten auch:

1. a) Die Entnahme und das sonstige Ausscheiden aus dem Depot. Sofern nicht litb anzuwenden ist, liegt in folgenden Fällen keine Veräußerung vor:


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Bei der Übertragung auf ein anderes Depot desselben Steuerpflichtigen bei derselben depotführenden Stelle.


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Bei der Übertragung auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen bei einer inländischen depotführenden Stelle, wenn der Steuerpflichtige die übertragende depotführende Stelle beauftragt, der übernehmenden depotführenden Stelle die Anschaffungskosten mitzuteilen.


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Bei der Übertragung von einer inländischen depotführenden Stelle auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen bei einer ausländischen depotführenden Stelle, wenn der Steuerpflichtige die übertragende depotführende Stelle beauftragt, dem zuständigen Finanzamt innerhalb eines Monats seinen Namen und seine Steuer- oder Sozialversicherungsnummer, die übertragenen Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungskosten sowie jene Stelle mitzuteilen, auf die die Übertragung erfolgt.


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Bei der Übertragung von einer ausländischen depotführenden Stelle auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen bei einer anderen ausländischen depotführenden Stelle und bei der unentgeltlichen Übertragung von einer ausländischen depotführenden Stelle auf ein Depot eines anderen Steuerpflichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem zuständigen Finanzamt innerhalb eines Monats die übertragenen Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungskosten sowie jene Stelle und jenen Steuerpflichtigen mitteilt, auf die die Übertragung erfolgt.


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Bei der unentgeltlichen Übertragung von einer inländischen depotführenden Stelle auf das Depot eines anderen Steuerpflichtigen, wenn


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der depotführenden Stelle anhand geeigneter Unterlagen (insbesondere Notariatsakt, Einantwortungsbeschluss, Schenkungsmeldung) die unentgeltliche Übertragung nachgewiesen wird, oder


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der Steuerpflichtige die depotführende Stelle beauftragt, dem zuständigen Finanzamt innerhalb eines Monats seinen Namen und seine Steuer- oder Sozialversicherungsnummer, die übertragenen Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungskosten und gegebenenfalls jene Stelle mitzuteilen, auf die die Übertragung erfolgt.


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b) Umstände, die zum Verlust des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich im Verhältnis zu anderen Staaten hinsichtlich eines Wirtschaftsgutes im Sinne des Abs 3 oder eines Derivats im Sinne des Abs 4 führen.


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Bei Wegzug


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in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder


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in einen Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, sofern eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe mit der Republik Österreich besteht,

ist auf Grund eines in der Steuererklärung gestellten Antrages über die durch den Wegzug entstandene Steuerschuld im Abgabenbescheid nur abzusprechen, die Steuerschuld jedoch bis zur tatsächlichen Veräußerung des Wirtschaftsguts bzw. Derivats nicht festzusetzen. Als Wegzug gelten alle Umstände im Sinne der litb. Ein späterer Wegzug


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in einen Staat, der nicht der Europäischen Union angehört oder


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in einen Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe mit der Republik Österreich nicht besteht,

gilt als Veräußerung. Die Veräußerung gilt als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung. § 205 der Bundesabgabenordnung ist nicht anzuwenden.

Im Falle des Eintritts in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich im Verhältnis zu anderen Staaten gilt der gemeine Wert als Anschaffungskosten. Erfolgt in den Fällen nicht festgesetzter Steuerschuld oder auf Grund einer Umgründung im Sinne des Umgründungssteuergesetzes ein Wiedereintritt in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich, dann sind die Anschaffungskosten vor dem Wegzug maßgeblich. Die spätere Veräußerung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung. Weist der Steuerpflichtige nach, dass Wertsteigerungen im EU/EWR-Raum eingetreten sind, sind diese vom Veräußerungserlös abzuziehen.

2. Der Untergang von Anteilen auf Grund der Auflösung (Liquidation) oder Beendigung einer Körperschaft für sämtliche Beteiligte unabhängig vom Ausmaß ihrer Beteiligung.

3. Die Veräußerung von Dividendenscheinen, Zinsscheinen und sonstigen Ansprüchen, wenn die dazugehörigen Wirtschaftsgüter nicht mitveräußert werden.

4. Der Zufluss anteiliger Einkünfte aus der Überlassung von Kapital gemäß Abs 2 Z 2 anlässlich der Realisierung der dazugehörigen Wirtschaftsgüter (Stückzinsen).

(7) - (8) ...

Besonderer Steuersatz und Bemessungsgrundlage für
Einkünfte aus Kapitalvermögen

§27a. (1) Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen einem besonderen Steuersatz von 25% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§2 Abs 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs5) anzuwenden ist.

(2) Abs 1 gilt nicht für

1. Einkünfte aus Darlehen und nicht verbrieften sonstigen Forderungen, denen kein Bankgeschäft zu Grunde liegt;

2. Einkünfte aus


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Wertpapieren, die ein Forderungsrecht verbriefen,


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Anteilscheinen an einem Immobilienfonds im Sinne des Immobilien-Investmentfondsgesetzes sowie an einem ausländischen Immobilienfonds (§42 Abs 1 zweiter Satz des Immobilien-Investmentfondsgesetzes) einschließlich der als ausgeschüttet geltenden Erträge,

wenn diese bei ihrer Begebung sowohl in rechtlicher Hinsicht als auch in tatsächlicher Hinsicht keinem unbestimmten Personenkreis angeboten werden;

3. Gewinnanteile aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter sowie aus der Beteiligung nach Art eines stillen Gesellschafters;

4. Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen;

5. Ausgleichszahlungen und Leihgebühren, wenn es sich beim Entleiher (Pensionsnehmer) weder um ein Kreditinstitut noch um eine Zweigstelle im Sinne des § 95 Abs 2 Z 1 litb handelt;

6. Unterschiedsbeträge zwischen der eingezahlten Versicherungsprämie und der Versicherungsleistung im Sinne des § 27 Abs 5 Z 3 oder die realisierte Wertsteigerung aus der Veräußerung des Anspruchs aus dem Versicherungsvertrag.

(3) Als Einkünfte anzusetzen sind:

1. Bei der Überlassung von Kapital (§27 Abs 2) die bezogenen Kapitalerträge.

2. Bei realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (§27 Abs 3)

a) der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös, dem Einlösungs- oder Abschichtungsbetrag und den Anschaffungskosten, jeweils inklusive anteiliger Stückzinsen;

b) im Falle der Entnahme oder des sonstigen Ausscheidens aus dem Depot (§27 Abs 6 Z 1 lita) sowie im Falle des Verlusts des Besteuerungsrechts (§27 Abs 6 Z 1 litb) der Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Entnahme oder des sonstigen Ausscheidens bzw. des Eintritts der Umstände, die zum Wegfall des Besteuerungsrechts führen, und den Anschaffungskosten. Zwischen Wegzug und Veräußerung eingetretene Wertminderungen sind höchstens im Umfang der Bemessungsgrundlage bei Wegzug zu berücksichtigen, soweit diese nicht in einem anderen Staat berücksichtigt werden.

c) im Falle der Liquidation (§27 Abs 6 Z 2) der Unterschiedsbetrag zwischen dem Abwicklungsguthaben und den Anschaffungskosten.

3. Bei Derivaten (§27 Abs 4):

a) im Falle des Differenzausgleichs


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beim Empfänger des Differenzausgleichs der Unterschiedsbetrag zwischen diesem und den Anschaffungskosten des Derivats;


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beim Empfänger der Stillhalterprämie oder der Einschüsse (Margins) der Unterschiedsbetrag zwischen der Stillhalterprämie bzw. den Einschüssen (Margins) und dem geleisteten Differenzausgleich;


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b) bei Verfall der Option die Stillhalterprämie;


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c) im Falle der Veräußerung oder sonstigen Abschichtung der Unterschiedsbetrag gemäß Abs 3 Z 2; bei sonstiger Abwicklung (Glattstellen) gilt die Stillhalterprämie als Veräußerungserlös.

(4) Für die Anschaffungskosten gilt Folgendes:

1. Bei unentgeltlichem Erwerb sind die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers maßgeblich.

2. Bei Wirtschaftsgütern und Derivaten, auf deren Erträge der besondere Steuersatz gemäß Abs 1 anwendbar ist, sind die Anschaffungskosten ohne Anschaffungsnebenkosten anzusetzen. Dies gilt nicht für in einem Betriebsvermögen gehaltene Wirtschaftsgüter und Derivate.

3. Bei allen in einem Depot befindlichen Wirtschaftsgütern und Derivaten im Sinne des § 27 Abs 3 und 4 mit derselben Wertpapierkennnummer ist bei Erwerb in zeitlicher Aufeinanderfolge der gewogene Durchschnittspreis anzusetzen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die Ermittlung der steuerlichen Anschaffungskosten bei Kapitalmaßnahmen durch Verordnung festzulegen.

(5) Anstelle des besonderen Steuersatzes von 25% kann auf Antrag der allgemeine Steuertarif angewendet werden (Regelbesteuerungsoption). Für die Anrechnung der Kapitalertragsteuer und die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages oder des Kinderabsetzbetrages ist § 97 Abs 2 maßgeblich. Die Regelbesteuerungsoption kann nur für sämtliche Einkünfte, die dem besonderen Steuersatz gemäß Abs 1 unterliegen, ausgeübt werden.

(6) Die Abs 1 bis 5 gelten auch für Einkünfte aus der Überlassung von Kapital, aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen und aus Derivaten von natürlichen Personen, soweit diese zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs 3 Z 1 bis 4 gehören.

Abzugspflicht

§93. (1) Bei inländischen Einkünften aus Kapitalvermögen wird die Einkommensteuer durch Steuerabzug erhoben (Kapitalertragsteuer). Dies gilt nicht für die in § 27a Abs 2 genannten Einkünfte.

(2) Inländische Einkünfte aus Kapitalvermögen liegen vor:

1. Bei Einkünften aus der Überlassung von Kapital (§27 Abs 2), wenn sich die auszahlende Stelle (§95 Abs 2 Z 1 litb) im Inland befindet. Bei Einkünften aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs 2 Z 1,§ 27 Abs 5 Z 7 und Zinsen aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten und aus sonstigen Forderungen gegenüber Kreditinstituten liegen auch dann inländische Einkünfte aus Kapitalvermögen vor, wenn der Schuldner der Kapitalerträge Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat.

2. Bei Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (§27 Abs 3) und bei Einkünften aus Derivaten (§27 Abs 4), wenn eine inländische depotführende Stelle (§95 Abs 2 Z 2 lita) oder eine inländische auszahlende Stelle (§95 Abs 2 Z 2 litb) vorliegt und diese die Realisierung abwickelt.

(3) Die Kapitalertragsteuer ist auch abzuziehen, wenn die Kapitaleinkünfte beim Empfänger zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs 3 Z 1 bis 4 gehören, sofern nicht die Voraussetzungen des § 94 vorliegen.

(4) Weist der Steuerpflichtige bei den Einkünften im Sinne des § 27 Abs 3 und 4 die tatsächlichen Anschaffungskosten oder den Wert einer vorangegangenen steuerpflichtigen Entnahme der depotführenden Stelle nicht nach, hat diese für Zwecke des Steuerabzugs davon ausgehen, dass die Anschaffungskosten dem gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Depoteinlage, vermindert um 0,5% für jeden seit der Anschaffung vergangenen Monat entsprechen. Zumindest ist der halbe gemeine Wert zum Zeitpunkt der Depoteinlage anzusetzen. Weist der Steuerpflichtige die Anschaffung vor dem nicht nach, ist davon auszugehen, dass die Anschaffung zum erfolgt ist. Der Steuerpflichtige kann in diesem Fall im Rahmen der Veranlagung (§97 Abs 2) nachweisen, dass die Anschaffung vor dem erfolgt ist.

Weist der Steuerpflichtige die tatsächlichen Anschaffungskosten oder den Wert einer vorangegangenen steuerpflichtigen Entnahme der depotführenden Stelle nicht nach, bewirkt der Steuerabzug gemäß § 93 keine Steuerabgeltung gemäß § 97. Der Steuerpflichtige hat im Rahmen der Veranlagung die tatsächlichen Anschaffungskosten oder den Wert einer vorangegangenen steuerpflichtigen Entnahme nachzuweisen.

(5) Bei Wegzug des Schuldners der Kapitalertragsteuer oder Verlegung der auszahlenden Stelle (§95 Abs 2 Z 1 litb) in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einen Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht, ist die Kapitalertragsteuer, die anlässlich des Wegzugs oder der Verlegung anfällt, von dem für die Erhebung der Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Schuldners der Kapitalertragsteuer zuständigen Finanzamt auf Antrag zu erstatten.

Schuldner und Abzugsverpflichteter

§95. (1) Schuldner der Kapitalertragsteuer ist der Empfänger der Kapitalerträge. Der Abzugsverpflichtete (Abs2) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer. Wird Kapitalertragsteuer auf Grundlage von Meldungen gemäß § 40 Abs 2 Z 2 des Investmentfondsgesetzes und gemäß § 40 Abs 2 Z 1 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes einbehalten, haften für die Richtigkeit der gemeldeten Beträge der Rechtsträger des ausländischen Kapitalanlagefonds und der steuerliche Vertreter zur ungeteilten Hand.

(2) Abzugsverpflichteter ist:

1. Bei Einkünften aus der Überlassung von Kapital, einschließlich tatsächlich ausgeschütteten Erträgen und als ausgeschüttet geltenden Erträgen aus einem Kapitalanlagefonds im Sinne des Investmentfondsgesetzes oder einem Immobilienfonds im Sinne des Immobilien-Investmentfondsgesetzes:

a) Der Schuldner der Kapitalerträge, wenn dieser Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat und es sich um Einkünfte aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs 2 Z 1,§ 27 Abs 5 Z 7 oder Zinsen aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten und aus sonstigen Forderungen gegenüber Kreditinstituten handelt;

b) die auszahlende Stelle in allen anderen Fällen.

Auszahlende Stelle ist:


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das Kreditinstitut, das an den Kuponinhaber Kapitalerträge im Zeitpunkt der Fälligkeit und anteilige Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung des Wertpapiers auszahlt,


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der inländische Emittent, der an den Kuponinhaber solche Kapitalerträge auszahlt,


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die Zweigstelle eines Dienstleisters mit Sitz in einem Mitgliedstaat, der auf Grund der Richtlinie 2006/48/EG, ABl. Nr. L 177 vom , oder auf Grund der Richtlinie 2004/39/EG, ABl. Nr. L 145 vom , in der Fassung der Richtlinie 2006/31/EG, ABl. Nr. L 114 vom , zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen im Inland berechtigt ist.


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Ein Dritter, der Kapitalerträge im Sinne des § 27 Abs 5 Z 1 und 2 gewährt.


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Bei ausländischen Kapitalerträgen im Sinne des § 27 Abs 2 Z 1 lita bis c das Kreditinstitut, das die Kapitalerträge auszahlt.


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2. Bei Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen und bei Einkünften aus Derivaten:


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a) Die inländische depotführende Stelle.


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b) Die inländische auszahlende Stelle, wenn keine inländische depotführende Stelle vorliegt, es sich bei der depotführenden Stelle um eine Betriebsstätte der auszahlenden Stelle oder ein konzernzugehöriges Unternehmen handelt und die auszahlende Stelle in Zusammenarbeit mit der depotführenden Stelle die Realisierung abwickelt und die Erlöse aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen, aus dem Differenzausgleich, aus der Veräußerung von Derivaten oder die Stillhalterprämie gutschreibt.

Als inländische depotführende oder auszahlende Stellen kommen in Betracht:


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Kreditinstitute im Sinne des Bankwesengesetzes (§1 BWG),


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Zweigstellen eines Kreditinstituts aus Mitgliedstaaten (§9 BWG),


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Zweigstellen eines Dienstleisters mit Sitz in einem Mitgliedstaat, der auf Grund der Richtlinie 2006/48/EG, ABl. Nr. L 177 vom , oder auf Grund der Richtlinie 2004/39/EG, ABl. Nr. L 145 vom , in der Fassung der Richtlinie 2006/31/EG, ABl. Nr. L 114 vom , zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen im Inland berechtigt ist.

(3) Der Abzugsverpflichtete hat die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen. Die Kapitalerträge gelten für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer als zugeflossen:

1. Bei Kapitalerträgen, deren Ausschüttung von einer Körperschaft oder deren Zuwendung durch eine nicht unter § 5 Z 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallende Privatstiftung beschlossen wird, an jenem Tag, der im Beschluss als Tag der Auszahlung bestimmt ist. Wird im Beschluss kein Tag der Auszahlung bestimmt, gilt der Tag nach der Beschlussfassung als Zeitpunkt des Zufließens.

2. Bei anderen Kapitalerträgen aus der Überlassung von Kapital


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nach Maßgabe des § 19, wenn es sich um Zinserträge aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten handelt,


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im Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalerträge bei allen sonstigen Kapitalerträgen aus der Überlassung von Kapital.

Bei Meldung des Eintritts von Umständen, die die Abzugspflicht beenden oder begründen (insbesondere Depotentnahme, Befreiungserklärung oder Widerrufserklärung), oder bei Zustellung eines Bescheides im Sinne des § 94 Abs 1 Z 5 letzter Satz gelten der Zinsertrag, der auf den Zeitraum vom letzten Zufließen gemäß § 19 bis zur Meldung oder Zustellung entfällt, bzw. die anteiligen Kapitalerträge als zugeflossen.

3. Bei Kapitalerträgen gemäß § 27 Abs 3 und 4 nach Maßgabe des § 19, im Falle der Entnahme aus dem Depot im Sinne des § 27 Abs 6 Z 1 lita im Entnahmezeitpunkt. Der Abzugsverpflichtete kann die herauszugebenden Wirtschaftsgüter und Derivate im Sinne des § 27 Abs 3 und 4 bis zum Ersatz der voraussichtlich anfallenden Kapitalertragsteuer durch den Schuldner zurückbehalten.

(4) Dem Empfänger der Kapitalerträge ist die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn

1. der Abzugsverpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder

2. der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt."

2. Die u.a. das In-Kraft-Treten der oben genannten Bestimmungen regelnden Z 185 und 186 des § 124b EStG 1988, eingefügt durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I 111/2010, lauten:

"185. Die §§27, 27a, 93, 94, 95, 96 und 97 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 111/2010 treten mit nach Maßgabe der folgenden Regelungen in Kraft:

a) § 27 Abs 3 und 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 111/2010 sind ab erstmals anzuwenden auf


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Beteiligungen, die am die Voraussetzungen des § 31 erfüllen; bei vor dem erworbenen Beteiligungen, an denen der Steuerpflichtige zum mit weniger als einem Prozent beteiligt ist, gilt dies nur dann, wenn die Beteiligungen innerhalb der Frist gemäß § 31 Abs 1 oder innerhalb einer durch das Umgründungssteuergesetz verlängerten Frist veräußert wird;


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Anteile an Körperschaften, die nach dem entgeltlich erworben worden sind;


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Anteilscheine an Kapitalanlagefonds im Sinne des Investmentfondsgesetzes und an Immobilienfonds im Sinne des Immobilien-Investmentfondsgesetzes, die nach dem entgeltlich erworben worden sind;


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alle anderen Wirtschaftsgüter und Derivate im Sinne des § 27 Abs 3 und 4, die nach dem entgeltlich erworben worden sind.

Sind dem Abzugsverpflichteten die Anschaffungskosten von Anteilen im Sinne des zweiten und dritten Teilstriches zum nicht bekannt, hat der Abzugsverpflichtete (§95 Abs 2 Z 2) einen vom gemeinen Wert der Anteile zum abgeleiteten Wert als Anschaffungskosten anzusetzen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, mittels Verordnung festzulegen, wie dieser Wert vom gemeinen Wert zum abzuleiten ist. Die Verordnung kann zudem vorsehen, dass für Gutschriften von Kapitalertragsteuer gemäß § 95 Abs 7 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010 ein Abschlag von den tatsächlichen oder abgeleiteten Anschaffungskosten zu erfolgen hat.

b) § 31 ist letztmalig für Veräußerungen vor dem anzuwenden. Werden nach dem Beteiligungen im Sinne des § 31 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010 veräußert, die vor dem erworben worden sind, besteht keine Abzugspflicht gemäß § 93.

c) Auf vor dem erworbene Forderungswertpapiere im Sinne des § 93 Abs 3 Z 1 bis 3 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010 (zB Nullkuponanleihen und Indexzertifikate) sind § 21,§ 22,§ 23,§ 27,§ 37 Abs 8,§ 93 und § 95 bis § 97 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010 weiter anzuwenden.

d) Realisierte Wertsteigerungen aus Kapitalvermögen und Derivaten gemäß § 27 Abs 3 und 4, das bzw. die im Rahmen eines vor dem abgeschlossenen Tilgungsplanes erworben wurden, bleiben auf Antrag des Steuerpflichtigen im Rahmen der Veranlagung (§97 Abs 2) steuerfrei. Dies gilt nur,


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wenn der Tilgungsplan nachweislich im Zusammenhang mit einem Darlehen steht, das dem Erwerb eines Eigenheimes, der Wohnraumschaffung oder Wohnraumsanierung im Sinne des § 18 Abs 1 Z 3 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010 dient und


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soweit die Darlehensvaluta den Betrag von 200 000 Euro nicht übersteigt.


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186. §93 Abs 2 Z 1 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, gilt nicht für Wertpapiere, die ein Forderungsrecht verbriefen und vor dem in Schilling begeben wurden, sowie für Wertpapiere, die ein Forderungsrecht verbriefen und vor dem in einer anderen Währung als Schilling begeben wurden (Altemissionen). Für natürliche Personen und für Körperschaften, soweit die Körperschaften Einkünfte aus Kapitalvermögen beziehen, gilt die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) für solche Altemissionen durch einen der auszahlenden Stelle in Höhe der Kapitalertragsteuer freiwillig geleisteten Betrag als abgegolten."


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3. §40 Investmentfondsgesetz 1993 (in der Folge: InvFG 1993), BGBl. 532, in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I 111/2010, lautet:

"(1) Die ausgeschütteten Erträge aus Einkünften im Sinne des § 27 des Einkommensteuergesetzes 1988 abzüglich der damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen eines Kapitalanlagefonds sind beim Anteilinhaber steuerpflichtige Einnahmen. Ergibt sich aus den Einkünften im Sinne des § 27 Abs 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes 1988 nach Abzug der damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen ein Verlust, ist dieser mit anderen Einkünften des Fonds auszugleichen. Ist ein solcher Ausgleich nicht möglich, hat eine Verrechnung mit Einkünften des Fonds in den Folgejahren, vorrangig mit Einkünften des Fonds im Sinne des § 27 Abs 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes 1988 zu erfolgen.

(2) 1. Insoweit eine tatsächliche Ausschüttung im Sinne des Abs 1 unterbleibt, gelten mit Auszahlung der Kapitalertragsteuer (§13 dritter Satz) sämtliche Erträge aus der Überlassung von Kapital im Sinne des § 27 Abs 2 des Einkommensteuergesetzes sowie 60% des positiven Saldos aus Einkünften im Sinne des § 27 Abs 3 und 4 Einkommensteuergesetz 1988 abzüglich der damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen eines Kapitalanlagefonds an die Anteilinhaber in dem aus dem Anteilrecht sich ergebenden Ausmaß als ausgeschüttet (ausschüttungsgleiche Erträge). Wird diese Auszahlung nicht innerhalb von vier Monaten nach Ende des Geschäftsjahres vorgenommen, gelten die ausschüttungsgleichen Erträge nach Ablauf dieser Frist als ausgeschüttet. Bei in einem Betriebsvermögen gehaltenen Anteilscheinen gilt der gesamte positive Saldo aus Einkünften im Sinne des § 27 Abs 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes 1988 abzüglich der damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen als ausgeschüttet. Werden die als ausgeschüttet geltenden Erträge später tatsächlich ausgeschüttet, sind sie steuerfrei.

2. Die Bemessung und Höhe der Kapitalertragsteuer auf die Ausschüttung im Sinne des Abs 1 und die ausschüttungsgleichen Erträge im Sinne der Z 1 sind der Meldestelle gemäß § 6 Abs 3 durch einen steuerlichen Vertreter zum Zwecke der Veröffentlichung bekannt zu geben. Als steuerlicher Vertreter kann nur ein inländischer Wirtschaftstreuhänder oder eine Person bestellt werden, die vergleichbare fachliche Qualifikationen nachweist. Lehnt die Meldestelle einen steuerlichen Vertreter wegen Zweifel an der Vergleichbarkeit der Qualifikation ab, entscheidet der Bundesminister für Finanzen. Der steuerliche Vertreter hat überdies die Aufgliederung der Zusammensetzung der ausschüttungsgleichen Erträge und tatsächlichen Ausschüttung sowie die notwendigen Änderungen der Anschaffungskosten gemäß Abs 3 der Meldestelle zu übermitteln. Diese Aufgliederung ist von der Meldestelle in geeigneter Form zu veröffentlichen. Frist, Inhalt und Struktur der Übermittlung, allfällige Korrekturen sowie Art und Weise der Veröffentlichung durch die Meldestelle sind durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen näher zu regeln. § 12 Abs 1 letzter Satz und § 13 Abs 5 jeweils des KMG sind sinngemäß anzuwenden.

3. Erfolgen keine Meldungen gemäß Z 2, ist die Ausschüttung zur Gänze steuerpflichtig. Die ausschüttungsgleichen Erträge im Sinne des Abs 1 sind in Höhe von 90% des Unterschiedsbetrages zwischen dem ersten und letzten im vorangegangenen Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis, mindestens jedoch in Höhe von 10% des am Ende des vorangegangenen Kalenderjahres festgesetzten Rücknahmepreises zu schätzen. Der Anteilinhaber kann die Höhe der ausschüttungsgleichen Erträge oder die Steuerfreiheit der tatsächlichen Ausschüttung unter Beilage der dafür notwendigen Unterlagen nachweisen.

4. Wurde Kapitalertragsteuer abgezogen, ist der Nachweis gemäß Z 3 gegenüber dem Abzugsverpflichteten zu erbringen. Dieser hat, wenn noch keine Realisierung im Sinne des Abs 3 erfolgt ist, die Kapitalertragsteuer zu erstatten oder nachzubelasten und die Anschaffungskosten gemäß Abs 3 zu korrigieren.

(3) Die realisierte Wertsteigerung bei Veräußerung des Anteilscheines unterliegt der Besteuerung gemäß § 27 Abs 3 des Einkommensteuergesetzes 1988. Ausschüttungsgleiche Erträge erhöhen, steuerfreie Ausschüttungen im Sinne des Abs 2 Z 1 letzter Satz vermindern beim Anteilinhaber die Anschaffungskosten des Anteilscheines im Sinne des § 27a Abs 3 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988. Die Auszahlung des Anteilscheines gemäß § 10 Abs 2 gilt als Veräußerung. Der Umtausch von Anteilen an einem Kapitalanlagefonds auf Grund der Zusammenlegung von Fondsvermögen gemäß § 3 Abs 2 oder eines Anteilserwerbs gemäß § 14 Abs 4 gilt nicht als Realisierung und die bisherigen Anschaffungskosten sind fortzuführen."

4. Der mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I 111/2010, in § 49 InvFG 1993 neu eingefügte Abs 24 lautet:

"Die §§13, 40 und 42, jeweils in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, treten mit in Kraft. Davon abweichend gilt:

1. § 40 Abs 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 111/2010 gilt erstmals für nach dem angeschaffte Anteilscheine.

2. § 40 in der Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, ist für Geschäftsjahre des Fonds, die im Kalenderjahr 2011 beginnen, weiter anzuwenden. Für Geschäftsjahre, die nach dem beginnen, erhöht sich das in § 40 Abs 1 zweiter Satz genannte Ausmaß von einem Fünftel auf einen Prozentsatz von 30%.

3. Abweichend von § 40 Abs 2 Z 1 tritt bei nicht in einem Betriebsvermögen gehaltenen Anteilen an Stelle des Prozentsatzes von 60% für

a) Geschäftsjahre des Fonds, die im Kalenderjahr 2012 beginnen, ein Prozentsatz von 40%;

b) Geschäftsjahre des Fonds, die im Kalenderjahr 2013 beginnen, ein Prozentsatz von 50%."

5. § 40 Immobilien-Investmentfondsgesetz (in der Folge: ImmoInvFG), BGBl. I 80/2003, lautet in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I 111/2010:

"(1) Gewinne gemäß § 14 gelten mit Auszahlung der Kapitalertragsteuer (§14 zweiter Satz) an die Anteilinhaber in dem aus dem Anteilrecht sich ergebenden Ausmaß als ausgeschüttet (ausschüttungsgleiche Erträge). Wird die Auszahlung der Kapitalertragsteuer nicht innerhalb von vier Monaten nach Ende des Geschäftsjahres vorgenommen, gelten die nicht ausgeschütteten Jahresgewinne nach Ablauf dieser Frist als ausgeschüttet. Die ausschüttungsgleichen Erträge sind steuerpflichtige Einnahmen und gelten bei nicht in einem Betriebsvermögen gehaltenen Anteilen als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Nicht zu den steuerpflichtigen Einnahmen gehören Gewinne ausländischer Immobilien, wenn auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens oder einer Maßnahme gemäß § 48 der Bundesabgabenordnung die Einkünfte dieser Immobilien von der Besteuerung ausgenommen sind. Ansonsten hat sowohl beim Ausgleich von Verlusten innerhalb als auch zwischen den einzelnen Gewinnarten gemäß § 14 Abs 2 Z 1 bis 3 zunächst vorrangig der Gewinn mit Verlusten aus Immobilien desselben Staates und danach ein Ausgleich mit Immobilien eines anderen Staates zu erfolgen, sofern es sich nicht um Verluste aus Immobilien handelt, die in einem Staat gelegen sind, von denen die Einkünfte dieser Immobilie auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens oder einer Maßnahme gemäß § 48 der Bundesabgabenordnung ausgenommen sind. Ein Ausgleich von Verlusten ausländischer Immobilien mit Gewinnen aus inländischen Immobilien oder mit Gewinnen aus Vermögen gemäß §§32 und 33 ist jedenfalls unzulässig. Tatsächliche Ausschüttungen und die Auszahlung der Kapitalertragsteuer (§14 zweiter Satz) führen nicht zu Einkünften.

(2) 1. Die Bemessung und Höhe der Kapitalertragsteuer auf die ausschüttungsgleichen Erträge im Sinne des Abs 1 sind der Meldestelle gemäß § 7 Abs 3 durch einen steuerlichen Vertreter zum Zwecke der Veröffentlichung bekannt zu geben. Als steuerlicher Vertreter kann nur ein inländischer Wirtschaftstreuhänder oder eine Person bestellt werden, die vergleichbare fachliche Qualifikationen nachweist. Lehnt die Meldestelle einen steuerlichen Vertreter wegen Zweifel an der Vergleichbarkeit der Qualifikation ab, entscheidet der Bundesminister für Finanzen. Der steuerliche Vertreter hat überdies die Aufgliederung der Zusammensetzung der ausschüttungsgleichen Erträge und tatsächlichen Ausschüttung sowie die notwendigen Änderungen der Anschaffungskosten gemäß Abs 1 der Meldestelle zu übermitteln. Diese Aufgliederung ist von der Meldestelle in geeigneter Form zu veröffentlichen. Frist, Inhalt und Struktur der Übermittlung, allfällige Korrekturen sowie Art und Weise der Veröffentlichung durch die Meldestelle sind durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen näher zu regeln. § 12 Abs 1 letzter Satz und § 13 Abs 5 KMG sind sinngemäß anzuwenden.

2. Erfolgen keine Meldungen gemäß Z 1 ist die Ausschüttung zur Gänze steuerpflichtig. Die ausschüttungsgleichen Erträge im Sinne des Abs 1 sind in Höhe von 90% des Unterschiedsbetrages zwischen dem ersten und letzten im vorangegangenen Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis, mindestens jedoch in Höhe von 10% des am Ende des vorangegangenen Kalenderjahres festgesetzten Rücknahmepreises zu schätzen. Der Anteilinhaber kann die Höhe der ausschüttungsgleichen Erträge oder die Steuerfreiheit der tatsächlichen Ausschüttung unter Beilage der dafür notwendigen Unterlagen nachweisen.

3. Wurde Kapitalertragsteuer abgezogen, ist der Nachweis gemäß Z 2 gegenüber dem Abzugsverpflichteten zu erbringen. Dieser hat, wenn noch keine Realisierung im Sinne des Abs 3 erfolgt ist, die Kapitalertragsteuer zu erstatten oder nachzubelasten und die Anschaffungskosten gemäß Abs 3 zu korrigieren.

(3) Die realisierte Wertsteigerung bei Veräußerung des Anteilscheines unterliegt der Besteuerung gemäß § 27 Abs 3 des Einkommensteuergesetzes 1988. Ausschüttungsgleiche Erträge erhöhen, steuerfreie Ausschüttungen und die Auszahlung der Kapitalertragsteuer (§14 zweiter Satz) vermindern beim Anteilinhaber die Anschaffungskosten des Anteilscheines im Sinne des § 27a Abs 3 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988. Als Veräußerung gilt auch die Auszahlung von Anteilscheinen gemäß § 11 Abs 1. Der Umtausch von Anteilen an einem Kapitalanlagefonds auf Grund der Zusammenlegung von Fondsvermögen gemäß § 3 Abs 2 oder eines Anteilserwerbs gemäß § 15 Abs 4 gilt nicht als Realisierung und die bisherigen Anschaffungskosten sind fortzuführen.

(4) ... "

6. In § 44 ImmoInvFG wurde mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I 111/2010, folgender Abs 6 angefügt:

"§40 und § 42 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, treten mit in Kraft. Davon abweichend gilt § 40 Abs 3 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, erstmals für nach dem angeschaffte Anteilscheine; für bis zum angeschaffte Anteilscheine gilt weiterhin § 40 Abs 3 in der Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010. § 42 Abs 2 in der Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, ist letztmalig bei der Veranlagung 2011 insoweit anzuwenden, als Ausschüttungen oder ausschüttungsgleiche Erträge vor dem zufließen oder als zugeflossen gelten."

7. § 240 Bundesabgabenordnung (in der Folge: BAO), BGBl. 194/1961 idF des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I 111/2010, hat folgenden Wortlaut:

"(1) Bei Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und abzuführen sind, ist der Abfuhrpflichtige berechtigt, während eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen des Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.

(2) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

(3) Auf Antrag des Abgabepflichtigen (Abs1) hat die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht

a) eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs 1 erfolgt ist,

b) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist,

c) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte.

Der Antrag kann bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden. Für das Verfahren über die Rückzahlung ist die Abgabenbehörde zuständig, der die Erhebung der betroffenen Abgabe obliegt. Betrifft der Antrag im Einkommensteuerrecht geregelte Abzugsteuern, so ist das Finanzamt für das Verfahren über die Rückzahlung örtlich zuständig, dem die Erhebung der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer des Antragstellers obliegt."

III. Erwägungen

1. Prozessvoraussetzungen

1.1. Die antragstellenden Kreditinstitute erachten sich durch die mit dem Antrag angefochtenen Bestimmungen in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz sowie auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

Zur Begründung ihrer Antragslegitimation, speziell zur unmittelbaren Betroffenheit, führen die antragstellenden Kreditinstitute Folgendes aus: Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 (im Folgenden: BBG 2011), BGBl. I 111/2010, sei eine Kapitalertragsteuer(KESt)-Abzugspflicht für Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren ("Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen") sowie für Einkünfte aus Derivaten eingeführt worden (hier in der Folge kurz als "KESt-neu" bezeichnet). Hiebei sei die inländische depotführende Stelle bzw. die inländische auszahlende Stelle im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzugspflichtig. Die antragstellenden Kreditinstitute seien bei Wirksamwerden der Abzugspflicht als potentiell Abzugsverpflichtete und damit auch als Haftungspflichtige betroffen. Die Abzugsverpflichtung trete zwar erst mit in Kraft. Dennoch seien die antragstellenden Kreditinstitute schon jetzt aktuell in ihrer Rechtssphäre betroffen. Die Erhebung der KESt-neu könne nur EDV-automationsunterstützt erfolgen, weil es sich um eine Massen-Abzugssteuer handle. Die antragstellenden Kreditinstitute seien daher gezwungen, bis zum In-Kraft-Treten der Abzugspflicht die dafür notwendigen technischen und administrativen Vorkehrungen zu schaffen, insbesondere entsprechende EDV-Systeme zu implementieren. Es seien umfangreiche, sehr kosten- und zeitaufwendige Vorarbeiten unerlässlich, um ab dem Anwendungsstichtag drohende Verletzungen der Abzugspflicht und damit Haftungsfolgen vermeiden zu können.

Der Verfassungsgerichtshof habe im Erkenntnis VfSlg. 15.773/2000 die Zulässigkeit eines Individualantrages in einem vergleichbaren Fall (Spekulationsertragsteuer, SpESt) bejaht, weil durch die massiven Vorwirkungen der neuen Rechtslage ein unmittelbar nachteiliger Eingriff und eine aktuelle Beeinträchtigung der Rechtssphäre der von den Verpflichtungen Betroffenen ausgelöst werde. Dies müsse umso mehr für die hier zu beurteilende Rechtslage gelten, weil die Abzugspflicht auf Derivate ausgedehnt werde und wegen der komplexen Rechtslage zahlreiche Zweifelsfragen bestünden, die einen höheren Aufwand für die Abzugsverpflichteten nach sich zögen. Auch der Gesetzgeber habe dies anerkannt und für die Abzugspflicht eine Legisvakanz von neun Monaten vorgesehen. Allerdings müssten die Abzugspflichtigen bereits ab dem verschiedene, für die spätere Abzugspflicht maßgebende Informationen in Evidenz halten, so dass von einer Legisvakanz gar nicht die Rede sein könne. Hingewiesen wird dabei auch auf das durch § 40 Abs 3 InvFG 1993 (§44 Abs 6 ImmoInvFG) neu geschaffene System laufender Korrekturen der steuerlichen Anschaffungskosten von Investmentfondsanteilen, das bereits ab anzuwenden sei.

Die Kosten der erforderlichen Umstellungsmaßnahmen seien von den antragstellenden Kreditinstituten in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) erhoben worden. Danach sei für die gesamte österreichische Kreditwirtschaft mit Einmalkosten iHv rd. 261 Mio Euro und laufenden Kosten von rd. 55 Mio Euro pro Jahr zu rechnen.

1.2. Gemäß Art 140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art 140 Abs 1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 11.730/1988, 15.863/2000, 16.088/2001, 16.120/2001).

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).

Gemäß § 124b Z 185 EStG 1988 idF BGBl. I 111/2010 treten die §§93 und 95 EStG 1988 idF des (am kundgemachten) BBG 2011 mit in Kraft. Das bedeutet, dass die Kreditinstitute, die zum Abzug und zur Abfuhr der KESt-neu verhalten sind, ab dem genannten Stichtag mit diesen Verpflichtungen konfrontiert sind. Es muss nämlich damit gerechnet werden, dass ab dem angeschaffte oder ohne Nachweis eines Anschaffungszeitpunktes eingelegte Wertpapiere am bzw. ab dem wieder (steuerpflichtig) veräußert werden oder Gegenstand einer (der Veräußerung gleichgestellten) Depotentnahme sind.

Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt festgehalten, dass ein Gesetz schon von seiner Kundmachung an dem Bestand der Rechtsordnung angehört (vgl. zB VfSlg. 4049/1961, 10.606/1985, 11.402/1987, 13.870/1994). Es ist von diesem Zeitpunkt an ein Gesetz iSd Art 140 Abs 1 B-VG und kann Gegenstand eines verfassungsgerichtlichen Gesetzesprüfungsverfahrens sein, selbst wenn es erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft tritt (VfSlg. 13.870/1994).

In dem die SpESt betreffenden Erkenntnis VfSlg. 15.773/2000 hat der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der damaligen Individualanträge Folgendes ausgeführt:

"Der Verfassungsgerichtshof zweifelt nicht daran, daß eine gesetzliche Regelung, die Kreditinstitute verpflichtet, an Stelle des eigentlichen Steuerschuldners und im unmittelbaren Interesse des Steuergläubigers die Berechnung, den Abzug (Einbehaltung) und die Abfuhr einer Steuer vorzunehmen, und diese Verpflichtung überdies durch eine persönliche Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr absichert, direkt und nachteilig in die Rechtssphäre eben dieser Kreditinstitute eingreift. Mit einer solchen Regelung werden Kreditinstitute zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben in Pflicht genommen, nämlich zur Mitwirkung am Verfahren der Steuereinhebung. Die Inpflichtnahme erfolgt direkt durch das Gesetz, wird also ohne Erlassung eines Bescheides wirksam; bei ihrer Verletzung droht nicht nur die Sanktion der persönlichen Haftung für Fehlbeträge, es kommen darüber hinaus auch finanzstrafrechtliche Konsequenzen in Betracht. Diese Verpflichtungen sind nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt und beeinträchtigen ab dem vorgesehenen Anwendungsstichtag die (rechtlich geschützten) Interessen der Kreditinstitute nicht bloß potentiell, sondern aktuell.

Sind derartige, durch das Gesetz auferlegte Verpflichtungen ab einem bestimmten Stichtag zu erfüllen und ist es zur Vermeidung von Haftungsfolgen und finanzstrafrechtlichen Risiken tatsächlich unvermeidlich, vor diesem Stichtag mit ins Gewicht fallenden Aufwendungen administrative, technische oder sonstige Vorkehrungen zu treffen, um ab dem Stichtag die Pflichten gesetzeskonform erfüllen zu können, so liegt darin nicht eine bloße - in der Regel verfassungsrechtlich unerhebliche - wirtschaftliche Reflexwirkung der gesetzlichen Regelung. Es ist vielmehr in einem solchen Fall davon auszugehen, daß der gesetzlich vorgesehene nachteilige Eingriff bereits vor dem eigentlichen Anwendungszeitpunkt eine aktuelle Beeinträchtigung der Rechtssphäre des von den Verpflichtungen Betroffenen bewirkt. Von einer bloßen wirtschaftlichen Reflexwirkung kann nämlich dann nicht mehr gesprochen werden, wenn der - vom Steuergläubiger zur Erfüllung der eigentlich ihm obliegenden Aufgaben herangezogene - Entrichtungspflichtige zur Vermeidung nachteiliger Rechtsfolgen gezwungen ist, erheblichen Aufwand zu tätigen, der jedenfalls alternative Aktivitäten und alternative Mittelverwendungen ausschließt.

Ein solches Ergebnis kommt nicht in Konflikt mit den vom Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit Individualanträgen immer wieder betonten Prinzipien der Subsidiarität dieses Rechtsschutzinstrumentes und der Vermeidung der Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes. Steht in diesem Stadium ein anderer zumutbarer Weg der Rechtsverfolgung nicht zur Verfügung, so wird es in einem solchen Fall nämlich nur durch die Zulassung eines Individualantrages ermöglicht, über die Rechtmäßigkeit der (rechtlich relevanten) Vorwirkungen der erst später wirksam werdenden eigentlichen Rechtspflichten abzusprechen. Fallen die notwendigerweise zu tätigenden Vorkehrungen und Aufwendungen ins Gewicht, wäre nämlich ein Zuwarten bis zum formellen Inkrafttreten der Verpflichtungen nicht zumutbar, eine derart enge Auslegung des Art 140 Abs 1 B-VG stünde zum Gebot der Gewährung effizienten Rechtsschutzes geradezu in Widerspruch. Die Zulässigkeit ist vielmehr ab jenem Zeitpunkt zu bejahen, der es erlaubt, über die Rechtmäßigkeit des beanstandeten Eingriffs eine Klärung derart herbeizuführen, daß die damit verbundenen Aufwendungen vermieden oder doch verringert werden können."

Für den Verfassungsgerichtshof war es damals schon bei der Betrachtung der Rechtslage nicht zweifelhaft, dass eine Vorschrift, die von Kreditinstituten verlangt, für Rechnung Dritter eine Steuer nach Maßgabe der Vorschriften des EStG 1988 bzw. des InvFG 1993 zu berechnen und abzuführen, angesichts der Komplexität der Rechtslage und der Vielfalt der für eine Steuerpflicht in Betracht kommenden Sachverhalte bereits vor dem Zeitpunkt ihrer formellen Anwendbarkeit den Abzugspflichtigen umfangreiche und daher kostenintensive Vorkehrungen abverlangt, um die notwendige Anpassung der innerbetrieblichen Arbeitsabläufe, vor allem aber der EDV-Systeme, an diese Rechtslage vorzunehmen.

In diesen Punkten unterscheidet sich die jetzt zu beurteilende rechtliche und tatsächliche Situation bei der KESt-neu nach dem BBG 2011 nicht von jener der seinerzeit zu beurteilenden SpESt. Auch im Zusammenhang mit der KESt-neu werden den Kreditinstituten Pflichten qualitativ besonderer Art auferlegt, deren Erfüllung von ihnen zur Vermeidung persönlicher Haftungen und/oder finanzstrafrechtlicher Konsequenzen umfangreiche und finanziell ins Gewicht fallende, eine erhebliche Vorlaufzeit in Anspruch nehmende Vorbereitungen verlangt. Da diese Vorwirkungen als unmittelbare Konsequenz der sich aus den neuen Vorschriften ergebenden Rechtspflichten anzusehen sind, ist die als Antragsvoraussetzung anzusehende aktuelle Betroffenheit der antragstellenden Kreditinstitute zu bejahen. Auch die Bundesregierung bestreitet dies nicht.

Den antragstellenden Kreditinstituten ist Recht zu geben, dass ihren verfassungsrechtlichen Bedenken nicht durch eine Aufhebung der das In-Kraft-Treten regelnden Vorschrift des § 124b Z 185 lita EStG 1988 idF BGBl. I 111/2010 Rechnung getragen wäre, weil diesfalls die bekämpften Bestimmungen nicht erst am , sondern ohne Legisvakanz in Kraft träten. Um den Bedenken der antragstellenden Kreditinstitute Rechnung zu tragen, wäre es vielmehr erforderlich, die ihre Abzugspflicht bei der KESt-neu betreffenden Regelungen aus dem Rechtsbestand zu beseitigen. Die hiefür primär einschlägige Vorschrift ist § 95 Abs 2 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. I 111/2010, der die persönliche Abzugspflicht bei der KESt-neu normiert. Bei Aufhebung allein dieser Bestimmung verbliebe allerdings § 93 Abs 2 Z 2 leg.cit. im Rechtsbestand. Es bliebe daher die normative Anordnung, dass bei Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen und bei Einkünften aus Derivaten die Einkommensteuer durch Steuerabzug zu erheben ist, wenn eine inländische depotführende Stelle oder eine inländische auszahlende Stelle vorliegt und diese die Realisierung abwickelt. Der Verfassungsgerichtshof folgt dem Vorbringen der antragstellenden Kreditinstitute, dass es in diesem Fall nicht auszuschließen wäre, dass eine Abzugspflicht der inländischen depotführenden bzw. auszahlenden Kreditinstitute bereits auf Grund dieser Bestimmung angenommen würde, auch wenn die Regelungen in § 95 Abs 2 Z 2 leg.cit., die diese Begriffe erläutern, nicht mehr dem Rechtsbestand angehörten. Hingegen würde die zusätzliche Beseitigung des § 93 Abs 1 leg.cit. (so der 1. Eventualantrag zu 6.1) dazu führen, dass die KESt-Pflicht für alle Einkünfte aus Kapitalvermögen beseitigt wäre, ein Ergebnis, das weder durch die Bedenken der antragstellenden Kreditinstitute gedeckt wäre noch erforderlich ist, um diesen Bedenken Rechnung zu tragen.

Der Hauptantrag, der auf die Aufhebung sowohl des § 95 Abs 2 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. I 111/2010 als auch des § 93 Abs 2 Z 2 leg.cit. gerichtet ist, ist daher zulässig. Auf die unter 6.1 gestellten beiden Eventualanträge ist bei diesem Ergebnis nicht einzugehen.

Die unter 6.2 gestellten (insgesamt acht) Eventualanträge werden (auch) für den Fall gestellt, dass der Verfassungsgerichtshof den unter 6.1 gestellten Hauptantrag abweist. Daher ist ihre Zulässigkeit zu prüfen:

Der 6. Eventualantrag, der auf die Beseitigung einer Einschränkung in § 93 Abs 1 zweiter Satz leg.cit. gerichtet ist, ist schon deswegen unzulässig, weil damit ein Ergebnis erzielt würde (Ausdehnung der KESt-Pflicht auf alle in § 27a EStG 1988 genannten Einkünfte), das vom Antragsvorbringen nicht nur nicht gedeckt ist, sondern zu ihm in einem offenkundigen Widerspruch steht. Im Übrigen ist (erneut) festzuhalten, dass ein (durch Individualantrag bekämpfbarer) Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers nur dann anzunehmen ist, wenn er nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist und wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt. Eine solche aktuelle Beeinträchtigung der Interessen der antragstellenden Kreditinstitute durch die angefochtenen Wortfolgen ist bei den übrigen unter 6.2 gestellten Eventualanträgen nicht zu erkennen: Ob bei der Ermittlung der Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften Anschaffungsnebenkosten zu berücksichtigen sind und welche Höhe sie erreichen (1. Eventualantrag), ist erst dann von Bedeutung, wenn in einem konkreten Veräußerungsfall die KESt-neu zu berechnen ist. Entsprechendes gilt für die Fragen, ob und in welcher Höhe eine Abzugspflicht für Einkünfte aus Derivaten gegeben ist (2. Eventualantrag), wie die KESt im Fall von unentgeltlichen Übertragungen zu bemessen ist (3. Eventualantrag), wie der Selbstnachweis der Investoren für ausschüttungsgleiche Erträge bei Investmentfonds zu handhaben ist (4. Eventualantrag), ob Altemissionen iSd § 124b Z 186 leg.cit. vorliegen (5. Eventualantrag) und ob eine nach dem veräußerte Beteiligung eine solche iSd § 31 EStG 1988 ist (7. Eventualantrag). Auch die Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer (8. Eventualantrag) wird erst dann aktuell, wenn es im konkreten Fall um die Ermittlung und Abfuhr der KESt geht. Sollte es im Zusammenhang mit diesen Bestimmungen bei der Entwicklung der EDV-Systeme zu Unklarheiten über die anzuwendende Rechtslage kommen, hätte dies allenfalls wirtschaftlich nachteilige Konsequenzen in Form eines erhöhten Programmieraufwandes bei nachträglicher Klärung der Rechtslage; eine aktuelle rechtliche Betroffenheit ist damit nicht verbunden.

Die unter 6.3 formulierten Anträge werden für den Fall gestellt, dass der Verfassungsgerichtshof den unter 6.1 gestellten zweiten Eventualantrag ab- oder zurückweist. Da diese Anträge auch schon unter 6.2 gestellt wurden (4. und 8. Eventualantrag), genügt der Hinweis, dass es aus den dort genannten Gründen in beiden Fällen an der aktuellen Betroffenheit fehlt. Die Anträge sind daher unzulässig.

Die antragstellenden Kreditinstitute begehren schließlich die Aufhebung des § 27 Abs 6 Z 1 lita dritter Teilstrich EStG 1988 idF BGBl. I 111/2010, wonach die Übertragung von einer inländischen depotführenden Stelle auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen bei einer ausländischen depotführenden Stelle dann nicht als - die Abzugspflicht auslösende - Veräußerung gilt, wenn der Steuerpflichtige dem zuständigen Finanzamt innerhalb eines Monats bestimmte Informationen (die die spätere Besteuerung ermöglichen) zukommen lässt. In diesem Fall wird von den antragstellenden Kreditinstituten ein materieller Verstoß gegen die das Bankgeheimnis absichernde Vorschrift des § 38 BWG behauptet. Auch dieser Antrag ist unzulässig: Die angefochtene Regelung greift allenfalls in die Rechtssphäre der Depotinhaber, nicht aber in die der antragstellenden Kreditinstitute ein, schon gar nicht wird aber in diesem Zusammenhang eine aktuelle Betroffenheit der antragstellenden Kreditinstitute dargetan.

Da in diesem Stadium ein anderer zumutbarer Weg der Rechtsverfolgung nicht offensteht und auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, erweist sich der Hauptantrag als zulässig.

2. In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof erinnert eingangs daran, dass er sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken hat (vgl. VfSlg. 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg. 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.1.1. Die antragstellenden Kreditinstitute stellen zunächst die spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen an haftungsbewehrte Abzugssteuern dar. Ausgehend von der hg. Rechtsprechung zur Zulässigkeit und den Grenzen von Mitwirkungspflichten im Zusammenhang mit einem Steuerabzug im Allgemeinen und speziell von dem die SpESt betreffenden Erkenntnis VfSlg. 15.773/2000 kommen sie zum Ergebnis, dass die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Abzugssteuern nur zu bejahen ist, wenn zwischen dem Abzugsverpflichteten und dem Steuerschuldner eine qualifizierte Beziehung besteht, wenn die Abzugspflicht verhältnismäßig ist und wenn dem Abzugsverpflichteten kein erheblicher Aufwand und/oder keine aufwendigen Vorkehrungen zur Erlangung der für die Steuerabfuhr benötigten Mittel abverlangt werden. Diese Kriterien würden auch von der hg. Rechtsprechung zur gleichheitsrechtlichen Beurteilung von Haftungsbestimmungen im Steuerrecht bestätigt. Aus ihr leiten die antragstellenden Kreditinstitute ab, dass die Haftung in ihrem Umfang abschätzbar, das daraus entstehende Risiko limitierbar und insgesamt eine adäquate Begrenzung der Haftung gegeben sein müsse.

Zu beachten sei daneben, dass das abzugsverpflichtete Kreditinstitut nicht nur dem Risiko einer Haftung für zu Unrecht nicht bzw. zu niedrig einbehaltene KESt gegenüber dem Abgabengläubiger ausgesetzt sei, sondern auch dem Risiko unterliege, vom Steuerpflichtigen (Investor) für einen unberechtigt bzw. zu hoch vorgenommenen KESt-Abzug in Anspruch genommen zu werden. Es sei verstärkt damit zu rechnen, dass die Kreditinstitute einem Rückzahlungsverlangen nach § 240 BAO ausgesetzt sein werden, weil die Steuerpflichtigen einer Korrektur im Veranlagungsweg ausweichen würden. Es sei nämlich unsicher, ob eine Korrektur über die Veranlagung unter Anwendung des (günstigeren) Steuersatzes von 25% erfolgen könne. In diesem Zusammenhang wird auch geltend gemacht, dass es der Schutz der Banken erfordere, dass die Bestimmungen über die KESt klar und zweifelsfrei angewendet werden können. Aus den verfassungsrechtlichen Anforderungen an haftungsbewehrte Abzugssteuern sei abzuleiten, dass diese besonderen Bestimmtheitserfordernissen unterliegen, die über das allgemeine Legalitätsprinzip des Art 18 Abs 1 B-VG hinausgehen. Je geringer das Maß an Rechtssicherheit sei, umso weniger könnten die einschlägigen Rechtsvorschriften als verhältnismäßig angesehen werden.

2.1.2. Die Bundesregierung legt dazu in ihrer Äußerung dar, dass bei der Neukonzeption der KESt die im Erkenntnis VfSlg. 15.773/2000 enthaltenen Kritikpunkte des Verfassungsgerichtshofes zur SpESt umfassend berücksichtigt worden seien. Nach diesem Erkenntnis sei eine den Kreditinstituten auferlegte Verpflichtung zum Steuerabzug nur dann unbedenklich, wenn ihnen die erforderlichen Informationen und Mittel zur Verfügung stehen. § 93 Abs 2 Z 2 iVm § 95 Abs 2 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. I 111/2010 sehe dementsprechend eine Verpflichtung zum Steuerabzug nur dann vor, wenn die depotführende bzw. die auszahlende Stelle die Realisierung abwickelt. Zwischen dem Depotinhaber und dem Kreditinstitut bestehe eine zivilrechtliche Vertragsbeziehung, die seitens des Kreditinstitutes gestaltet werden könne. Dazu trete noch ein ausgeprägtes wirtschaftliches Interesse des Abzugsverpflichteten an der Verwirklichung des Steuertatbestandes, das sich in den mit den Transaktionen des Steuerschuldners einhergehenden Provisionen und Gebühren für die Depotführung manifestiere. Für den Fall, dass der Abzugsverpflichtete nicht bereits die Anschaffung abgewickelt hat und daher nicht über sämtliche für die Steuerbemessung erforderlichen Informationen verfügt, habe der Gesetzgeber mit § 93 Abs 4 leg.cit. eine Anschaffungskosten-Fiktion normiert.

Den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sieht die Bundesregierung dadurch gewahrt, dass sich die Haftungsverpflichtung nach dem zumutbaren Informationsstand des Abzugsverpflichteten und der Mitwirkung des Primärschuldners richtet und solcherart ein erheblicher Aufwand für die Beschaffung der erforderlichen Daten nicht entstehe. Im Hinblick auf das in § 95 Abs 3 Z 3 EStG 1988 normierte Zurückbehaltungsrecht seien auch keine aufwendigen Vorkehrungen zur Erlangung der für die Steuerabfuhr benötigten Mittel zu treffen.

Zum Risiko einer Inanspruchnahme durch den Steuerpflichtigen weist die Bundesregierung darauf hin, dass § 240 Abs 1 BAO keinesfalls als Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht einbehaltenen Beträgen zu verstehen sei. Abgesehen davon könne der Steuerpflichtige selbst stets die zu hoch einbehaltenen Beträge im Wege der Veranlagung oder über einen Antrag gemäß § 240 Abs 3 BAO zurückfordern. Dies sei jedenfalls unter Beibehaltung des 25%igen Steuersatzes möglich.

2.1.3. Der Verfassungsgerichtshof hat dazu erwogen: Die Darlegungen der antragstellenden Kreditinstitute beschränken sich in diesem Abschnitt ihres Antrages auf eine Aufbereitung der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und auf die Schlussfolgerung bzw. Forderung, dass die KESt-neu bestimmten verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen müsse. Konkrete Bedenken, dass und warum dies nicht der Fall sei, werden in diesem Teil des Antrages nicht vorgebracht.

Soweit die antragstellenden Kreditinstitute die Befürchtung äußern, wegen eines fehlerhaften überhöhten KESt-Abzuges von den Investoren zivilrechtlich in Anspruch genommen zu werden, vermag der Verfassungsgerichtshof den daraus abgeleiteten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht zu folgen. Sollte ein solches Rückzahlungsbegehren zu Recht gestellt werden, besteht für die betroffene Bank offenbar nach § 240 Abs 1 BAO die Möglichkeit, ihrerseits den überhöhten Betrag auszugleichen oder zurückzufordern. Im Übrigen können überhöht abgeführte Beträge vom Abgabepflichtigen selbst entweder über einen Rückzahlungsantrag nach § 240 Abs 3 leg.cit. oder jedenfalls im Weg der Veranlagung korrigiert werden. In dieser Phase können auch Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen und den Umfang der Abzugspflicht ausgetragen werden. Dass auch im Fall der Veranlagung der Steuersatz von 25% zur Anwendung zu kommen hat, dürfte sich schon aus einer systematischen, jedenfalls aber aus einer verfassungskonformen Interpretation ergeben und wurde in der mündlichen Verhandlung letztlich außer Streit gestellt. § 27a Abs 5 EStG 1988, der sich mit der Regelbesteuerungsoption für die Fälle befasst, in denen statt des besonderen Steuersatzes von 25% der (niedrigere) allgemeine Tarif zur Anwendung kommt, hat - anders als die antragstellenden Kreditinstitute meinen - mit der in § 240 Abs 3 BAO vorgesehenen Veranlagung nichts zu tun.

2.2.1. Die antragstellenden Kreditinstitute halten die KESt-neu schon bzw. vor allem deswegen für verfassungswidrig, weil ihre Einführung durch das BBG 2011 zu kurzfristig erfolgt sei. Eine Abzugssteuer, die ohne ausreichenden zeitlichen Vorlauf für die Abzugsverpflichteten eingeführt wird, sei verfassungswidrig, wenn der gesetzte Zeitrahmen es nicht zulasse, die Verpflichtungen ordnungsgemäß zu erfüllen. Es müsse eine ausreichend lange Legisvakanz eingeräumt werden, damit die Abzugsverpflichteten auch tatsächlich in der Lage seien, die ihnen auferlegten Pflichten zu erfüllen und damit eigene Haftungen für nicht einbehaltene Abzugssteuern zu vermeiden. Da es sich um eine Massenabzugssteuer handle, die nur EDV-unterstützt erhoben werden könne, sei eine besonders sorgfältige Vorbereitung erforderlich. Die vom Gesetzgeber eingeräumte Frist von neun Monaten sei unter diesem Aspekt deutlich zu kurz. Die antragstellenden Kreditinstitute verweisen dazu ausführlich auf die Probleme der Entwicklung eines neuen EDV-Systems, die im Hinblick auf die Neukonzeption der Materie, die rechtlichen Zweifelsfragen und die erforderlichen Sicherheitsstandards in dem zur Verfügung stehenden Zeitraum nicht zu bewältigen seien, zumal die Entwicklung eines solchen Systems erst dann in Angriff genommen werden könne, wenn die an das neue System zu stellenden Anforderungen bekannt seien. In diesem Zusammenhang wird von den antragstellenden Kreditinstituten eine Liste bisher nicht geklärter Punkte vorgetragen (die weitgehend mit den oben dargestellten Eventualanträgen korrespondieren).

Die Problematik werde dadurch verschärft, dass für einige Bereiche eine Übergangsfrist gar nicht gewährt werde. Da die KESt-neu bereits für Aktien und Fondsanteile gelte, die ab dem entgeltlich erworben werden, treffe die Banken die Verpflichtung, auch schon während des neunmonatigen Vorbereitungszeitraumes diese Erwerbe in ihren Systemen zu erfassen und insbesondere die Anschaffungskosten in Evidenz zu nehmen. Gleiches gelte für die bereits ab wahrzunehmende Verpflichtung zur laufenden Korrektur der steuerlichen Anschaffungskosten von Anteilen an Investmentfonds (Immobilien-Investmentfonds). Diese "überfallsartige" Einführung von Verpflichtungen sei verfassungswidrig. Daran ändere auch nichts, dass mit § 124b Z 185 lit. a EStG 1988 eine Regelung geschaffen worden sei, die den Abzugspflichtigen von der genauen Ermittlung und Evidenthaltung der Anschaffungskosten entlasten solle. Diese "Anschaffungskosten-Fiktion" finde nämlich nur dann Anwendung, wenn dem Kreditinstitut die tatsächlichen Anschaffungskosten nicht bekannt seien, entbinde das Kreditinstitut somit nicht von dieser Ermittlung. Eine andere Interpretation - keine Ermittlungspflicht - würde zu dem Problem führen, dass die Banken jene Investoren schlechter stellen würden, deren tatsächliche Anschaffungskosten über den fiktiven liegen. Ob für diese eine Korrektur im Veranlagungsweg möglich sei, sei zweifelhaft. Selbst wenn man von einer Option zur Regelbesteuerung ausgehe, wäre diese nicht realistisch, weil die Investoren verpflichtet wären, bei dieser Veranlagung sämtliche durch den 25%igen Steuersatz begünstigten Einkünfte aus Kapitalvermögen der Finanzverwaltung offenzulegen. Es sei grob unverhältnismäßig, wenn sich der Steuerpflichtige die Möglichkeit zur Widerlegung der Anschaffungskosten-Fiktion nur um diesen Preis erkaufen könne.

2.2.2. Die Bundesregierung bringt in ihrer Äußerung dazu vor, dass sie zur Frage, ob die Anpassung der EDV-Systeme innerhalb der vorgesehenen Frist von neun Monaten möglich sei, ein Gutachten der I.-AG, Zürich, eingeholt habe. Auszugehen sei davon, dass weder die antragstellenden Kreditinstitute noch das Gutachten die grundsätzliche (organisatorische und technische) Machbarkeit einer solchen Anpassung bezweifeln. Das Gutachten halte vor dem Hintergrund vergleichbarer Systeme (insbesondere der deutschen Abgeltungssteuer) und den Ausführungen der Software-Hersteller und der Banken eine Legisvakanz bis für die Entwicklung, Implementierung und Anwendung eines geeigneten EDV-Systems für ausreichend. Wörtlich führt die Bundesregierung sodann aus:

"Im Lichte der durch das Gutachten gewonnenen neuen Erkenntnisse im Zusammenhang mit der technischen Umsetzung des Regimes der KESt-neu soll im Abgabenänderungsgesetz 2011, das die Bundesregierung zeitnah in den parlamentarischen Gesetzgebungsprozess einzubringen beabsichtigt, das Inkrafttreten vom auf den verschoben werden. Mit einer derartigen sechsmonatigen Verlängerung der Legisvakanz von neun Monaten auf nunmehr 15 Monate wird nach Ansicht der Bundesregierung allfälligen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Angemessenheit des Zeitrahmens für die technische Umsetzung der neu eingeführten KESt-Bestimmungen Rechnung getragen."

Was die Vielzahl der - nach dem Vorbringen der antragstellenden Kreditinstitute - ungelösten Zweifelsfragen betrifft, verweist die Bundesregierung darauf, dass seitens des zuständigen Fachressorts bereits vor In-Kraft-Treten des BBG 2011 die Bereitschaft bestand, Fragen im Zusammenhang mit der KESt-neu zu erörtern. Die WKO habe am einen Fragenkatalog übermittelt. Die Beantwortung dieser und weiterer Fragen sei in einer Sitzung vom (deren Protokoll der Äußerung beigefügt ist) erfolgt. Weiterer Auslegungsbedarf sei seitens der antragstellenden Kreditinstitute nicht kommuniziert worden.

2.2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat dazu erwogen: Die antragstellenden Kreditinstitute behaupten nicht, dass die Realisierung der durch die Neukonzeption der KESt erforderlichen unternehmensinternen Anpassungen überhaupt ausgeschlossen sei. Sie wenden sich (lediglich) gegen die ihrer Ansicht nach unzureichend bemessene Legisvakanz. Soweit dabei geltend gemacht wird, die neue Rechtslage werfe eine Fülle von Zweifelsfragen auf, von deren Klärung die Erstellung und Implementierung der EDV-Systeme abhänge, ist dies sicher zutreffend, jedoch nur von beschränkter verfassungsrechtlicher Bedeutung. Dem Verfassungsgerichtshof liegt das Protokoll der unter

2.2.2. erwähnten Sitzung vom vor, aus dem hervorgeht, dass von den betroffenen Kreditinstituten dem Bundesministerium für Finanzen verhältnismäßig wenige Fragen vorgelegt und dass diese umfassend erörtert worden waren, wobei im Zuge der Sitzung zum Teil Auslegungsvorschläge angeboten, zum Teil Klärungen im Zuge des (nunmehr bereits in Begutachtung befindlichen) Abgabenänderungsgesetzes 2011 (in der Folge: AbgÄG 2011) in Aussicht gestellt wurden. Im Übrigen gehört es zum steuerrechtlichen Alltag, dass sich im Zusammenhang mit der Einführung neuer Regelungen Zweifelsfragen ergeben, die entweder durch Klarstellungen im Gesetzesrang, durch Verordnungen oder auch im Erlassweg beantwortet werden. Ebenso ist geläufig, dass Entwicklungen der Rechtslage, der Judikatur und der Praxis Änderungen auch bei der Handhabung von Abzugssteuern - etwa der Lohnsteuer - bedingen und dies eine oft rasche Anpassung der EDV-Systeme erfordert. Es ist auch nicht einsichtig, warum eine auf Rechtsunsicherheit beruhende unrichtige Steuerabfuhr nicht mehr korrigierbar sein soll. Zu einer Haftungsinanspruchnahme im Fall unrichtiger Abfuhr wird es in solchen Fällen nur kommen können, wenn die ordnungsgemäße Berechnung und Abfuhr zumutbar war. Dass eine entsprechende Ermessensübung bei Geltendmachung der Haftung nicht möglich wäre, behaupten auch die antragstellenden Kreditinstitute nicht.

Was hingegen die - im Hinblick auf die erforderliche Anpassung der EDV-Systeme - als unzureichend gerügte Dauer der Legisvakanz betrifft, so tritt die Bundesregierung diesem Bedenken grundsätzlich bei; sie räumt - auf der Basis des von ihr (auch) zu dieser Frage eingeholten und der Äußerung beigelegten Gutachtens - ein, dass eine Legisvakanz von neun Monaten zu kurz bemessen ist. Der Verfassungsgerichtshof geht im Hinblick auf die Ausführungen des - insofern jedenfalls schlüssigen - Gutachtens und unter Bedachtnahme auf das Vorbringen der antragstellenden Kreditinstitute davon aus, dass die für die ordnungsgemäße Erfüllung der Abzugspflicht erforderlichen Vorkehrungen bis zum von den antragstellenden Kreditinstituten nicht getroffen werden können und eine Fristverlängerung aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich ist.

Soweit sich die antragstellenden Kreditinstitute gegen die ab wahrzunehmende Verpflichtung zur Evidenthaltung der Anschaffungskosten von Wertpapieren wenden, kann der Verfassungsgerichtshof diesen Bedenken nicht beitreten. Nach den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung ist auszuschließen, dass die Evidenthaltung der Anschaffungskosten von Wertpapiererwerben, die auf den eigenen Depots stattfinden, ins Gewicht fallenden Problemen begegnet. Dazu kommt, dass der Gesetzgeber mit dem BBG 2011 in § 124b Z 185 lita EStG 1988 eine Regelung eingefügt hat, die gerade allfälligen Schwierigkeiten bei der genauen Ermittlung und Evidenthaltung der Anschaffungskosten begegnen und die Abzugspflichtigen entlasten soll. Die von den antragstellenden Kreditinstituten gegen diese Vorschrift vorgebrachten Bedenken zeigen nicht ihre Verfassungswidrigkeit auf.

2.3.1. In einem weiteren Teil des Antrages legen die antragstellenden Kreditinstitute dar, dass die Regelungen über die KESt-neu "in den folgenden Punkten und damit auch jeweils insgesamt verfassungswidrig" seien:

1. Anschaffungsnebenkosten würden bei Wertpapieren im Privatvermögen nicht berücksichtigt, bei Wertpapieren im Betriebsvermögen hingegen sehr wohl. Um dies bei der Ermittlung der KESt-neu berücksichtigen zu können, müsse die Bank wissen, ob das Wertpapier zum Betriebsvermögen gehört und - wenn dies der Fall ist - in welcher Höhe Anschaffungsnebenkosten angefallen sind. Den Banken werde damit ein bereits für sich verfassungswidriger Ermittlungsaufwand auferlegt, ohne dass sie damit eine adäquate (verfassungskonforme) Begrenzung der Haftung erreichen könnten.

2. Wenn es zu "Kapitalmaßnahmen", dh. zu Strukturänderungen der Wertpapiere bzw. der Emittenten gekommen sei (beispielhaft werden Verschmelzungen und Spaltungen, Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen, Aktieneinziehungen und dgl. genannt), sei vielfach unklar, ob eine Veräußerung von Wertpapieren stattgefunden habe bzw. wie die Berechnung der KESt vorzunehmen sei. Auch hier sei es nicht möglich, die Abzugspflicht hinreichend sicher zu bestimmen und das Haftungsrisiko adäquat zu begrenzen.

3. Die Regelung über die pauschale Ermittlung der Anschaffungskosten in § 93 Abs 4 EStG 1988 im Fall des Nichtnachweises durch den Steuerpflichtigen sei verfehlt und erreiche ihr Ziel nicht. Für die Banken sei unklar, welchen Kriterien die vom Investor zu erbringenden Nachweise entsprechen müssten und wie die in § 93 Abs 4 EStG 1988 geforderte Bewertung zum gemeinen Wert zu erfolgen habe.

4. Die Abzugspflicht für Derivate sei verfassungswidrig, sofern sie - was nicht hinreichend klar sei - auch nicht depotmäßig verwahrte Derivate betreffe; in diesem Fall bestehe keine ausreichende wirtschaftliche oder rechtliche Nahebeziehung zum Bezieher der Derivateinkünfte.

5. Es sei nicht auszuschließen, dass die Abzugsverpflichteten in verschiedenen Fällen nicht über die notwendige Liquidität zur Finanzierung der Abzugssteuer verfügten und diese Lücke aus eigenen Mitteln schließen oder zumindest eine Zinsbelastung wegen der Vorfinanzierung hinnehmen müssten.

6. Der Offenlegungszwang bei Depotübertragungen nach § 27 Abs 6 Z 1 EStG 1988 stelle in materieller Hinsicht eine Änderung der Regelung über das Bankgeheimnis dar. Die Vorschrift sei verfassungswidrig, weil sie unter Verletzung der Verfassungsbestimmung des § 38 Abs 5 BWG zustande gekommen sei.

7. Verfassungswidrig sei es, den Kreditinstituten im Fall unentgeltlicher Übertragungen (Erbschaft, Schenkung) eine haftungsbewehrte Abzugsverpflichtung aufzuerlegen, obwohl es ihnen nicht möglich sei, mit Sicherheit zu beurteilen, ob ein unentgeltlicher Erwerbsvorgang vorliege.

8. Die Abwicklung des "Selbstnachweises" im Falle eines Anteilsinhabers eines "schwarzen Fonds" sei für die antragstellenden Kreditinstitute unzumutbar, weil es ihnen nicht möglich sei, die vom Investor vorgelegten Informationen über die Höhe der tatsächlich ausschüttungsgleichen Erträge auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen. Sie setzten sich damit dem Risiko aus, entweder einen ungerechtfertigten Selbstnachweis zuzulassen oder einem gerechtfertigten Selbstnachweis nicht nachzukommen.

9. Im Zusammenhang mit Altemissionen halten es die antragstellenden Kreditinstitute für verfassungswidrig, dass sie zu einer "hybriden" KESt-Schlüsselung und damit zur Schaffung eines aufwendigen Parallelsystems gezwungen werden.

10. Verfassungswidrig sei es, dass die Kreditinstitute unter Haftungsrisiko beurteilen müssen, ob es sich bei Einkünften aus der Veräußerung von Wertpapieren um solche handelt, die aus einem Private oder einem Public Placement stammen. Eine solche Nachforschungspflicht sprenge die Grenzen des verfassungsrechtlich Zulässigen.

11. Ebenso sei es als verfassungswidrig anzusehen, dass die Kreditinstitute einem erheblichen Ermittlungsaufwand ausgesetzt würden, um beurteilen zu können, ob eine Beteiligung eine solche im Sinn des § 31 EStG 1988 idF vor dem BBG 2011 darstelle. Eine adäquate Begrenzung der Haftung für die Richtigkeit der abzuziehenden KESt sei nicht erreichbar.

Zu den einzelnen Punkten wird jeweils im Detail dargelegt, in welcher Hinsicht und aus welchem Grund eine Verfassungswidrigkeit anzunehmen sei bzw. welche Unklarheiten, die zu einem Haftungsrisiko führen können, vorliegen. Die Verfassungswidrigkeit der KESt-Abzugspflicht als solche ergibt sich für die antragstellenden Kreditinstitute offenbar daraus, dass im Hinblick auf die von ihnen behaupteten "punktuellen" Verfassungswidrigkeiten die an Abzugssteuern anzulegenden verfassungsrechtlichen Kriterien (auch in Verbindung mit erhöhten Bestimmtheitserfordernissen) nicht (mehr) erfüllt sind.

2.3.2. Die Bundesregierung nimmt in ihrer Äußerung zu diesen Punkten im Einzelnen eingehend Stellung und legt dar, weswegen - aus ihrer Sicht - eine Verfassungswidrigkeit jeweils nicht anzunehmen sei bzw. dass die aufgezeigten Zweifelsfragen im Interpretationsweg gelöst werden können oder eine Klarstellung im geplanten AbgÄG 2011 vorgesehen sei.

2.3.3. Der Verfassungsgerichtshof hat dazu erwogen: Unter

1.2. ist der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass die zu diesen Punkten gestellten Eventualanträge deswegen unzulässig sind, weil es - selbst wenn die geltend gemachten Verfassungswidrigkeiten vorlägen - zum Teil an einem Eingriff in die Rechtssphäre der antragstellenden Kreditinstitute, jedenfalls aber an ihrer aktuellen Betroffenheit fehlt. Das ist auch zu berücksichtigen, wenn es darum geht, die geltend gemachten Verfassungswidrigkeiten im Hinblick auf den Hauptantrag - die Abzugspflicht als solche - zu beurteilen: Wenn es sich um Regelungen handelt, welche die antragstellenden Kreditinstitute frühestens im Zeitpunkt der Vornahme eines konkreten Steuerabzugs anzuwenden haben, ist es dem Verfassungsgerichtshof verwehrt, die Bedenken in einem Zeitpunkt zu beurteilen, in dem die antragstellenden Kreditinstitute die Abzugsverpflichtung noch gar nicht wahrzunehmen haben. Es ist weder die Funktion eines Individualantrages auf Normenkontrolle noch überhaupt die Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, die mit einer Rechtsänderung einhergehenden Auslegungs- und Zweifelsfragen noch vor ihrem In-Kraft-Treten verbindlich zu beantworten oder einer verfassungsrechtlichen Beurteilung zuzuführen. Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, warum die allfällige Verfassungswidrigkeit einzelner oder mehrerer Bestimmungen, die bei der Realisierung der KESt-neu eine Rolle spielen, oder Zweifelsfragen in Bezug auf ihre Auslegung zur Verfassungswidrigkeit der Abzugspflicht selbst führen könnten.

2.4.1. Die antragstellenden Kreditinstitute halten die KESt-neu schließlich auch deswegen für verfassungswidrig, weil es nicht gerechtfertigt sei, den Kreditinstituten den damit verbundenen Erhebungsaufwand aufzubürden, dies insbesondere im Hinblick auf die Unverhältnismäßigkeit dieses Aufwandes zum erwartbaren Abgabenertrag. An anderer Stelle des Antrages wird die Abzugspflicht für verfassungswidrig erachtet, "weil sie dem verfassungsrechtlichen Effizienzgebot für Abgaben nicht entspricht". Auch in der Replik wird hervorgehoben, dass vor allem die "Effizienz" bezweifelt werde und dass die antragstellenden Kreditinstitute den durch die Kosten bewirkten Eingriff deswegen für verfassungswidrig halten, weil der zu erwartende Abgabenertrag unverhältnismäßig niedrig sei. Dieser Standpunkt wurde von den antragstellenden Kreditinstituten in der mündlichen Verhandlung noch einmal bekräftigt.

Die antragstellenden Kreditinstitute schätzen (wie schon erwähnt), dass die Implementierung der KESt-neu für die gesamte österreichische Kreditwirtschaft einmalige Kosten idH von ca. 261 Mio Euro und laufende Kosten idH von fast 55 Mio Euro pro Jahr verursachen wird. Für diese Kosten erhielten sie keinerlei Kostenersatz. Diesen Kosten stehe ein Abgabenertrag gegenüber, der von den Materialien zum BBG 2011 für die Jahre 2011 bis 2014 mit 30 Mio, 50 Mio, 100 Mio bzw. 250 Mio Euro angegeben werde. Dabei handle es sich um den gesamten Mehrertrag an KESt, der zum Teil auch aus der Umstellung (Verschärfung) der Besteuerung von Investmentfonds resultiere und insoweit nichts mit der KESt-neu zu tun habe. Im Übrigen zeigten Aktienmärkte bekanntermaßen keine stabile Wertentwicklung nach oben, sondern seien sehr volatil. Dies spreche gegen einen kontinuierlich steigenden "Ertragspfad", zumal innerhalb bestimmter Grenzen die Möglichkeit eines vollen Verlustausgleiches zwischen Kursgewinnen und Kursverlusten bestehe.

Es stelle die "unbestreitbar eintretende hohe Belastung der Banken schon für sich ein verfassungsrechtliches Problem dar, das - bei ausreichender Intensität - diese KESt mit Verfassungswidrigkeit belasten kann". Wörtlich heißt es sodann (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Denn es ist unter dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitssatz rechtfertigungsbedürftig, warum gerade eine Gruppe von Rechtsunterworfenen (die Banken) für von ihnen an Steuerpflichtige ausbezahlte Einkünfte zu einem mit hohem Aufwand verbundenen Abzugs- und Haftungssystem verpflichtet wird, andere Auszahler von (ebenfalls steuerpflichtigen) Einkünften jedoch nicht. Eine solche Differenzierung zwischen Banken, denen ein solcher Aufwand erwächst, und anderen Auszahlern von Einkünften, die einen solchen Aufwand nicht zu tragen haben, mag zwar nun dem Grunde nach rechtfertigbar sein (etwa durch die bei Einkünften aus Kapitalvermögen auf diese Weise erreichte hohe Erhebungsdichte). Die dabei den Banken auferlegten Kosten müssen aber dabei auch einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten können. Dies scheint schon im Hinblick auf die geschätzte Höhe des die Banken treffenden Kostenaufwandes zweifelhaft. Diese Bedenken zur Verhältnismäßigkeit der Kostenbelastung von Banken verstärken sich noch weiter, wenn man den realistisch erwartbaren Abgabenertrag in Betracht zieht. Wenn nämlich der bei den Banken verursachte Kostenaufwand den erwartbaren Abgabenertrag zum Großteil oder sogar zur Gänze erreicht, so weist dies klar auf die Unverhältnismäßigkeit der KESt-Abzugspflicht hin."

Den Gedanken eines verfassungsrechtlichen Effizienzgebotes für Abgaben habe der Verfassungsgerichtshof in einem Prüfungsbeschluss zur Grunderwerbsteuer (in der Folge: GrESt) entwickelt (VfSlg. 11.190/1986), wo er darauf hingewiesen habe, dass die Vielzahl von kasuistischen Ausnahmetatbeständen sowohl auf Seiten der Steuerpflichtigen (insgesamt) wie auch auf Seiten der öffentlichen Hand zu einem enormen Verwaltungsaufwand führen, der im Verhältnis zum Steuerertrag unverhältnismäßig sein dürfte, was dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot insofern zu widersprechen scheine, als damit eine effiziente, an den Kriterien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit orientierte Verwaltungstätigkeit geradezu inhibiert erscheine. Im vorliegenden Fall werde die Problematik dadurch verschärft, dass mit dem Aufwand ein Dritter - die Bank - belastet werde, der aus der steuerpflichtigen Transaktion keinen wirtschaftlichen Vorteil ziehe.

Aus ähnlichen Gründen erweise sich die KESt-Pflicht der Kreditinstitute auch im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums als problematisch, weil einerseits das öffentliche Interesse an der Einführung einer solchen KESt-Pflicht zu bezweifeln, andererseits der damit verbundene Eingriff unverhältnismäßig sei. Es könne die Frage gestellt werden, warum gerade bei Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalvermögen oder bei Einkünften aus Derivaten ein Steuerabzug angeordnet werde. Bisher habe der Gesetzgeber dies nicht für notwendig befunden. Selbst wenn man dem Steuergesetzgeber zubillige, dass er eine höhere Belastung des Vermögensbereiches bezwecke, stelle sich die Frage, warum gerade und nur das Kapitalvermögen erfasst werde, während eine Vermögensteuer, eine Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie eine ins Gewicht fallende Besteuerung des Grundvermögens offenbar für entbehrlich gehalten würden. Selbst wenn man das öffentliche Interesse an der verschärften Besteuerung von Wertsteigerungen des Kapitalvermögens und Derivaten zugestehe, sei die Frage nach der Verhältnismäßigkeit zu stellen. Es sei unverhältnismäßig, wenn der Gesetzgeber gerade dort die verstärkte Besteuerung anordne, wo dies für Dritte mit signifikantem Erhebungsaufwand verbunden sei, zumal der erwartbare Abgabenertrag dazu in einem Missverhältnis stehe. Die Kernfrage sei, ob der Gesetzgeber die neue Abzugssteuer auch dann eingeführt hätte, wenn der damit verbundene Erhebungsaufwand nicht von Dritten getragen würde. Die antragstellenden Kreditinstitute nehmen daher einen nicht gerechtfertigten, weil unverhältnismäßigen Eingriff in ihr Eigentumsrecht an.

2.4.2. Die Bundesregierung vertritt die Ansicht, dass die angegebenen Kosten einerseits nicht zur Gänze auf die KESt-neu zurückzuführen seien, andererseits die Kreditinstitute nur teilweise mit diesen Kosten wirtschaftlich belastet seien. Zudem seien die Kosten viel zu hoch geschätzt. Das erwähnte, von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Gutachten komme zum Ergebnis, dass die Kosten für deutsche Vergleichsprojekte (im Zusammenhang mit der Einführung der deutschen Abgeltungssteuer, die zwar einen etwas höheren Komplexitätsgrad aufweise, jedoch mit der österreichischen KESt vergleichbar sei) mit 1,44 bis 2 Mio Euro angegeben wurden, während sie sich bei den österreichischen Großbanken auf ca. 27 bis 30 Mio Euro beliefen. Selbst bei Berücksichtigung eines sehr großzügigen Korrekturfaktors für allfällige Effizienz- und Komplexitätsunterschiede würden die Kosten immer noch im Durchschnitt fünf- bis sechsmal so hoch sein wie bei den deutschen Vergleichsprojekten. Bei Umrechnung in Personenmonate ergäben sich für die österreichischen Großbanken mehr als zehnmal so hohe Werte wie für vergleichbare Projekte in Deutschland. Ein wesentlicher Grund hiefür sei, dass die österreichischen Banken fast zehnmal so große Teamgrößen kalkuliert haben wie die deutschen Vergleichsprojekte, was wenig plausibel erscheine. Dem Gutachten erschienen die Kosten auch unter Berücksichtigung eines Risikofaktors (der im Hinblick auf die Unsicherheit in den fehlenden Durchführungs- und Auslegungsbestimmungen eingerechnet wird) als sehr hoch angesetzt. Die Bundesregierung vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass offene Fragen und Unsicherheiten bei der Auslegung weitgehend in der Sphäre der antragstellenden Kreditinstitute gelegen seien, da sie die Angebote zur Klärung offener Fragen verspätet und nur in geringem Umfang wahrgenommen hätten.

Überdies sei ein Teil der geltend gemachten Kosten ursächlich nicht auf die Abzugspflicht zurückzuführen, sondern wäre auch unabhängig davon durch die Änderung der Rechtslage im Bereich der KESt angefallen. Die Bundesregierung verweist auf die Kosten der Analyse und Schulung, Kosten für Kundeninformationen und dgl. Die Schätzung der Kosten für die Abzugspflicht bei den Derivaten sei nicht nachvollziehbar, weil der Großteil der Derivate praktisch aus der Abzugspflicht herausfalle. Zusammenfassend ist die Bundesregierung der Meinung, dass die Einmalkosten sich auf maximal 90 bis 100 Mio Euro, die laufenden Kosten auf maximal 20 Mio Euro pro Jahr belaufen würden. Bei Umlegung der Einmalkosten auf 10 Jahre wäre der gesamte Bankensektor mit Mehrkosten, die direkt der Abzugspflicht bei der KESt-neu zuzuordnen sind, in Höhe von maximal 30 Mio Euro pro Jahr belastet.

Einen Teil dieser Kosten könnten die Kreditinstitute an ihre Kunden, die Wertpapiertransaktionen tätigen, überwälzen. Durch die Privatanleger in Österreich würden jährlich Umsätze von Wertpapieren und Fondsanteilen in Höhe von mehreren Milliarden Euro getätigt. Hiefür würden Ausgabeaufschläge, Einkaufs- und Verkaufsspesen sowie Provisionen verrechnet. Dazu kämen Spesen für die Depotführung. Die adaptierten laufenden Kosten für die Abzugspflicht machten nur einen Bruchteil der Wertpapierumsätze und der Vermögensstände auf den Depots aus, der sich maximal im Promillebereich bewege. Die Kreditinstitute seien nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechtigt, diese Kosten an ihre Kunden weiterzugeben.

Zusammengefasst vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Implementierungskosten, die von den antragstellenden Kreditinstituten angegeben wurden, weit überhöht seien und dass die Kosten, mit denen die Kreditinstitute auf Grund der Erhebung der Steuer belastet sind, kein verfassungswidriges Ausmaß erreichten.

Auf den Vorwurf eines Verstoßes gegen das "verfassungsrechtliche Effizienzgebot" eingehend, erläutert und verteidigt die Bundesregierung zunächst die von den antragstellenden Kreditinstituten kritisierten Ertragsschätzungen und kommt zum Ergebnis, dass der erwartbare Abgabenertrag durchschnittlich zumindest die in der Regierungsvorlage zum BBG 2011 ausgewiesene geschätzte Höhe erreichen werde. Angesichts der nach unten zu revidierenden Kostenbelastung der antragstellenden Kreditinstitute sei diese nicht unverhältnismäßig.

Die Bundesregierung widerspricht auch dem Vorbringen, es sei gleichheitswidrig, dass nur die Banken, nicht aber andere Auszahler von steuerpflichtigen Einkünften zum Steuerabzug verhalten würden. Sie weist darauf hin, dass es im gesamten Bereich der lohnabhängigen Abgaben eine Abzugspflicht für Unternehmen gebe, die dafür ebenfalls Verwaltungskosten zu tragen haben, die sie - anders als die Banken - ihren Kunden nicht direkt weiterverrechnen könnten. Dass die Banken aus der steuerpflichtigen Transaktion keinen Vorteil zögen, sei nicht nachvollziehbar. Das Kreditinstitut verrechne seinen Kunden Transaktionsspesen für den Kauf und Verkauf von Wertpapieren, beziehe daher gerade aus diesen steuerpflichtigen Transaktionen Einkünfte und damit einen wirtschaftlichen Vorteil. Anders als bei der SpESt entstehe eine Abzugspflicht nur in jenen Fällen, in denen die Kreditinstitute die Realisierung abwickeln und daher ein direkter Konnex zwischen dem die Abzugspflicht auslösenden Tatbestand, für den Spesen verrechnet werden können, und den dadurch verursachten Kosten besteht.

Nach Auffassung der Bundesregierung liegt die Einführung einer KESt-Pflicht für Kursgewinne im öffentlichen Interesse.

Wörtlich führt die Bundesregierung dazu aus:

"Ein wesentlicher Grund für die Normierung der Abzugsverpflichtung für die Kapitalertragsteuer aus Kapitalvermögen liegt im Bankgeheimnis (§38 BWG). Abgesehen von den vergleichweise wenigen Fällen, in denen bereits ein Finanzstrafverfahren eingeleitet worden ist, ist es der Finanzverwaltung grundsätzlich verwehrt, bei Kreditinstituten zu prüfen, ob ein Steuerpflichtiger seinen Steuererklärungspflichten nachkommt. Wie sich in den letzten Jahrzehnten gezeigt hat, werden Einkünfte aus Spekulationsgeschäften, obwohl diese einen - wenn auch für die Bundesregierung nicht genau quantifizierbaren - wohl nicht unerheblichen Anteil der Gewinne an den nationalen und internationalen Börsen ausmachen, kaum bzw. gar nicht in der Steuererklärung deklariert. Nach Schätzungen von Fachexperten werden mehr als 80% aller Spekulationseinkünfte nicht deklariert. Während bei allen anderen Einkünften die Finanzverwaltung zumindest die Möglichkeit hat durch Betriebsprüfungen oder ähnliche Prüfungshandlungen zu kontrollieren, ob ein Steuerpflichtiger seiner Steuererklärungspflicht nachkommt, ist das der Finanzverwaltung bei den Einkünften aus Kapitalerträgen verwehrt. Aus diesem Grund wurde bereits in den 1970iger Jahren die Kapitalertragsteuerabzugspflicht für Zinsen sowie eine Abzugspflicht für Dividenden eingeführt.

Im Sinn einer effizienten und gleichmäßigen Steuererhebung ist es daher erforderlich, die Steuerhinterziehungen, die im Bereich der Kapitalvermögen bisher begangen wurden, zu verhindern und unter Wahrung des Bankgeheimnisses die Kapitalertragsteuerpflicht auf Substanzgewinne aus Wertpapieren auszudehnen. Dies ist jedoch nur durch eine Abzugsverpflichtung der Kreditinstitute realisierbar.

Die Antragsteller verkennen zudem, dass das öffentliche Interesse an der Einführung einer Steuer auf realisierte Kursgewinne von dem öffentlichen Interesse an der effizienten Erhebung einer vorhandenen Abgabe zu unterscheiden ist. Das öffentliche Interesse an dieser Abzugspflicht liegt gleichsam auf der Hand. Zwar hat der Gesetzgeber in der Vergangenheit auf eine solche Abzugspflicht bei den Spekulationseinkünften verzichtet und war die Inkaufnahme der erschwerten Erfassbarkeit derartiger Einkünfte nicht verfassungswidrig (vgl. VfSlg. 12.922/1991). Da das Bankgeheimnis aber der Durchsetzung der gleichmäßigen Besteuerung im Veranlagungsweg entgegensteht, ist die Normierung einer Abzugsverpflichtung der Kreditinstitute im öffentlichen Interesse gelegen und verhältnismäßig. Sie widerspricht daher nicht Art 5 StGG.

Wenn die Antragsteller vermeinen, dass die Einführung der Abgabe an sich nicht im öffentlichen Interesse gelegen sei, weist die Bundesregierung darauf hin, dass es - innerhalb der vom Verfassungsrecht gesetzten Grenzen - im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, welche Tatbestände und Einkünfte er mit einer Steuer belegen will und aus welchen Steuerquellen er damit die Mittel für die Bestreitung der staatlichen Aufgaben generieren will. Die österreichische Steuerstruktur ist überwiegend auf den Faktor Arbeit und auf Konsum- und Verbrauchsteuern ausgerichtet, wodurch eine verstärkte Besteuerung des Vermögensbereichs angezeigt erscheint, um diese Schieflage in der Steuerstruktur zu beseitigen. Der Gesetzgeber ist außerdem nicht gehalten, nur Erträge aus Kapitalvermögen und nicht auch Substanzgewinne als solche einer Besteuerung zu unterziehen. Der rechtspolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers beinhaltet auch, im Rahmen einer Besteuerung von passiven Einkünften im Vermögensbereich verstärkt auf eine Besteuerung von Wertpapiererträgen zu setzen ohne zusätzlich eine Vermögensteuer oder eine Erbschafts- und Schenkungssteuer einzuführen. Entgegen der Ansicht der Antragsteller wird durch diese rechtspolitische Wertungsentscheidung des Gesetzgebers der KESt-neu nach Ansicht der Bundesregierung weder ihre sachliche Rechtfertigung noch das öffentliche Interesse genommen."

2.4.3. In ihrer Replik bezweifeln die antragstellenden Kreditinstitute vor allem die von der Bundesregierung (bzw. in dem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten) angegebenen (niedrigen) Kosten der Einführung der deutschen Abgeltungssteuer. Eigene Recherchen hätten wesentlich höhere Werte erbracht. Das Vorbringen der Bundesregierung sei in diesem Punkt nicht nachvollziehbar. Im Übrigen wird in dieser Replik wiederum die Ineffizienz der KESt-neu betont. An dieser würde auch eine Überwälzung der Kosten auf die Kunden - die aber ohnehin durch nichts belegt sei und auf rechtliche Schwierigkeiten stoße - nichts ändern. Gleichheitsrechtlich dürften die Banken nicht mit den zum Lohnsteuerabzug verhaltenen Arbeitgebern, sondern müssten mit den Auszahlern von anderen, nicht abzugspflichtigen Einkünften verglichen werden. Für eine KESt-Abzugspflicht sei dem Grunde nach eine Rechtfertigung denkbar, entscheidend sei aber, dass bei dieser Rechtfertigungsprüfung auch das Verhältnis von Abgabenertrag und Erhebungskosten zu berücksichtigen sei. Diese Verhältnismäßigkeit sei in Zweifel zu ziehen.

2.4.4. Der Verfassungsgerichtshof hat dazu erwogen: Das österreichische Einkommensteuerrecht hat in der Vergangenheit eine Steuerpflicht für Kursgewinne bei Wertpapieren außerhalb des Betriebsvermögens im Wesentlichen nur dann vorgesehen, wenn die Papiere innerhalb eines Jahres nach Anschaffung wieder veräußert wurden (sog. Spekulationseinkünfte nach § 30 EStG 1988). Die bisherige Rechtslage erforderte eine klare Unterscheidung zwischen den laufenden Früchten einer Kapitalanlage und deren Wertsteigerungen, da letztere zumindest im Bereich des Privatvermögens weitgehend von der Besteuerung freigestellt waren. Der Verfassungsgerichtshof hat gegen diese differenzierte Besteuerung von Kapitaleinkünften bisher keine verfassungsrechtlichen Bedenken geäußert.

Es ist dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlicher Sicht aber auch nicht entgegenzutreten, wenn er versucht, die erwähnte Differenzierung zu beseitigen, und Wertsteigerungen bei Kapitalanlagen, die ebenso wie die Früchte des Kapitals eine Leistungsfähigkeit repräsentieren (vgl. dazu zB VfSlg. 16.760/2002), in die Einkommensteuerpflicht einzubeziehen, zumal die Grenze zwischen Früchten und Stamm der Kapitalanlage durch die Entwicklung neuer Finanzprodukte immer mehr verschwimmt. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist die Einbeziehung von Kursgewinnen in die Einkommensteuerpflicht jedenfalls unabhängig davon zulässig, ob weitere Maßnahmen auf dem Gebiet der Besteuerung von Vermögen getroffen werden. Eine Ausweitung der Steuerpflicht im Bereich der Kapitaleinkünfte, verbunden mit einem niedrigeren proportionalen Steuersatz, entspricht im Übrigen der internationalen Entwicklung, die eine Abkehr von der synthetischen Einkommensteuer und die Favorisierung einer sog. dualen Einkommensteuer erkennen lässt (vgl. etwa Tipke/Lang, Steuerrecht20, 2010, § 9 Rz 1). Das Verfassungsgerichtshof hat allerdings im vorliegenden Zusammenhang weder die rechtspolitische Zweckmäßigkeit noch den systematischen Stellenwert dieser Ausweitung der Steuerpflicht zu beurteilen, sondern lediglich die dagegen im Antrag erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Im Erkenntnis VfSlg. 15.773/2000 zur SpESt hat der Verfassungsgerichtshof unter Hinweis auf seine Vorjudikatur ausgesprochen, der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen nicht gehindert, für die Einhebung von Abgaben Mitwirkungspflichten Dritter vorzusehen. Er hat allerdings mit Blick auf die damals in Rede stehende SpESt die Auffassung vertreten, eine Mitwirkungspflicht von der Intensität, wie sie den Kreditinstituten im Zusammenhang mit der SpESt auferlegt werde, sei nur dann sachgerecht, wenn zwischen dem Steuerschuldner und dem Entrichtungspflichtigen eine qualifizierte Beziehung rechtlicher oder wirtschaftlicher Art besteht, die es ihrem Inhalt nach rechtfertigt, gerade diesem Entrichtungspflichtigen die Verpflichtung zum Abzug und zur Abfuhr der Steuer aufzuerlegen, sei es, dass die zum Steuerschuldner bestehende rechtliche oder wirtschaftliche Beziehung gleichzeitig das steuerschuldbegründende Ereignis ist, sei es, dass die dem Steuertatbestand entsprechenden Bemessungsgrundlagen über ihn laufen oder er zu ihnen zumindest leicht Zugang hat, und es daher legitim erscheint, ihn bei der Weiterleitung oder auch beim Empfang dieser Mittel mit Abzugs- und Abfuhrpflichten zu belasten, sei es schließlich, dass sonstige Umstände vorliegen, die eine Inpflichtnahme gerade dieser Person sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen. Der Verfassungsgerichtshof war darüber hinaus der Meinung, dass eine zwischen Steuerschuldner und Dritten bestehende Beziehung rechtlicher oder wirtschaftlicher Art es nicht rechtfertigt, unabhängig von ihrer Qualität und ihrem Umfang Mitwirkungspflichten jedweden Inhaltes und jedweder Intensität aufzuerlegen. Sachlich erscheine nur eine Regelung, die die Mitwirkungspflichten Dritter ins Verhältnis setzt zu der Art und dem Umfang der zum Primärschuldner bestehenden Beziehungen. Daraus folge auch, dass eine Regelung, die den Dritten erheblichen Aufwand für die Beschaffung der für eine ordnungsmäßige Steuerabfuhr erforderlichen Daten und/oder aufwendige Vorkehrungen zur Erlangung der für die Steuerabfuhr benötigten Mittel abverlange, nur bei Vorliegen besonderer Umstände gerechtfertigt sein könne.

Der Verfassungsgerichtshof ist damals zum Ergebnis gekommen, dass "der Gesetzgeber gegen den auch ihn bindenden Gleichheitssatz dadurch verstoßen hat, daß er den Kreditinstituten die Verpflichtung zur Steuerabfuhr auch in Fällen auferlegt, in denen ihnen die für die ordnungsmäßige Steuerabfuhr erforderlichen Daten und/oder die für die Steuerentrichtung erforderlichen finanziellen Mittel nicht zur Verfügung stehen und von ihnen auch nicht ohne weiteres beschafft bzw. zurückerlangt werden können, wozu noch kommt, daß es sich um Fälle handelt, in denen sich die Beziehung zum Steuerschuldner auf die Depotzugehörigkeit des Wertpapieres im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerpflicht beschränkt." Dem damaligen Argument der Bundesregierung, die Kostenbelastung aus der Einhebung der SpESt trete in der Regel nur im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Vorteilen auf, die den Kreditinstituten aus der Führung der Wertpapierdepots erwachsen, hielt der Verfassungsgerichtshof entgegen, dass diese Kostenbelastung nicht unmittelbar aus der Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren, sondern aus den steuerlich eigenständig definierten Depotgeschäften resultiere, somit ein innerer Zusammenhang zwischen den allfälligen Vorteilen der Depotführung und der Belastung durch die Einhebung der SpESt nicht gesehen werden könne.

Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass die KESt-neu die vom Verfassungsgerichtshof im SpESt-Erkenntnis für verfassungsrechtlich wesentlich erachteten Umstände berücksichtige. Eine Abzugsverpflichtung bestehe nur bei Transaktionen, die sich auf einem beim Abzugsverpflichteten geführten Depot abspielen, KESt sei nur dann einzubehalten und abzuführen, wenn der Abzugspflichtige Kenntnis über die für den Steuerabzug wesentlichen Umstände hat und über die für die Entrichtung erforderlichen Mittel verfügt. Damit ist sie im Recht. Auch die antragstellenden Kreditinstitute bringen nichts Gegenteiliges vor.

Ein allgemeines verfassungsrechtliches "Effizienzgebot für Abgaben", wie es die antragstellenden Kreditinstitute behaupten, ist nicht anzunehmen. Eine aus legitimen rechtspolitischen Gründen erhobene Abgabe wird nicht deswegen verfassungswidrig, weil ihr Ertrag im Verhältnis zum Erhebungsaufwand gering ist. Auch die von den antragstellenden Kreditinstituten zitierten Aussagen im Prüfungsbeschluss, der dem GrESt-Erkenntnis VfSlg. 11.190/1986 zugrunde lag, besagen nichts Gegenteiliges; sie wurden im Enderkenntnis im Übrigen nicht mehr aufgegriffen. Ein die Kreditinstitute belastender Erhebungsaufwand mag zwar daher an sich unsachlich sein oder einen verfassungswidrigen Eingriff in das Eigentum bilden, die Verfassungswidrigkeit wird aber nicht allein dadurch bewirkt, dass der Erhebungsaufwand in einem Missverhältnis zum Ertrag der eingehobenen Abgabe steht.

Was die Höhe der mit der KESt-neu verbundenen, die Kreditinstitute treffenden Kosten betrifft, kommt das von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Gutachten im Hinblick auf die beiden österreichischen Großbanken Bank Austria und Erste Group zum Ergebnis, dass die von ihnen geschätzten Kosten nur dann plausibel sind, wenn gewichtige Sonderfaktoren bei den wichtigsten "Kostentreibern" vorliegen. Selbst dann seien die angeführten EDV-Kosten nur erklärbar, wenn ein hoher Risikofaktor einberechnet wurde. Im Hinblick auf die Unsicherheiten in den Auslegungsbestimmungen und Durchführungsverordnungen sei der Ansatz eines Risikofaktors zwar durchaus branchenüblich. Er scheine aber bei den beiden Großbanken hoch angesetzt. Die antragstellenden Kreditinstitute treten in ihrer Replik diesen Ausführungen entschieden entgegen. Die mündliche Verhandlung hat in dieser Frage keine Klärung gebracht.

Der Verfassungsgerichtshof kann es jedoch letztlich dahingestellt sein lassen, ob die von den antragstellenden Kreditinstituten geschätzten Kosten nachvollziehbar sind, weil auch dann, wenn dies der Fall ist, eine Verfassungswidrigkeit nicht erkennbar ist:

Bei einer verfassungsrechtlichen Beurteilung dieser Kostenbelastung vor dem Hintergrund des Erkenntnisses VfSlg. 15.773/2000 ist zunächst von Bedeutung, dass die Kosten der KESt-neu anders als die der SpESt-Abfuhr (nur) im Zusammenhang mit Transaktionen anfallen, die sich auf Depots der abzugspflichtigen Kreditinstitute beziehen. Diese verrechnen, worauf die Bundesregierung zu Recht hinweist, sowohl für die Depotführung an sich als auch für die Wertpapiertransaktionen, Depotüberträge und dgl. Gebühren und Provisionen, so dass ein innerer Zusammenhang zwischen den Vorteilen aus der Depotführung und der Belastung durch die Steuerberechnung und -abfuhr zu bejahen ist. Nicht zu übersehen ist auch, dass die besondere Art der Steuererhebung ihren Grund nicht zuletzt im Bankgeheimnis nach § 38 BWG hat, das zwar auch von volkswirtschaftlicher Bedeutung ist (vgl. VfSlg. 15.773/2000, S 401 f.), dessen Beibehaltung aber jedenfalls auch im Interesse der Kunden und der Banken liegt. Die mündliche Verhandlung hat auch nicht ergeben, dass die von den antragstellenden Kreditinstituten geschätzten Kosten in einem rechtlich problematischen Missverhältnis zu dem Ertrag aus Depotgebühren und Transaktionsspesen stünden oder dass eine (teilweise) Überwälzung dieser Kosten auf die Kunden (Steuerschuldner), in deren Interesse die Abfuhrverpflichtung wahrgenommen wird, jedenfalls ausgeschlossen wäre.

Zusammengefasst ist der Verfassungsgerichtshof in diesem Punkt somit der Meinung, dass sich aus dem Umstand, dass die KESt-neu mit Erhebungskosten verbunden ist, die den abfuhrverpflichteten Kreditinstituten vom Steuergläubiger nicht ersetzt werden, eine Verfassungswidrigkeit der KESt-neu selbst nicht ableiten lässt.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Der Verfassungsgerichtshof kommt somit zum Ergebnis, dass die antragstellenden Kreditinstitute durch die von ihnen angefochtenen Bestimmungen nur insoweit in Rechten verletzt werden, als die vom Gesetzgeber vorgesehene neunmonatige Legisvakanz im Hinblick auf die für die ordnungsgemäße Implementierung der KESt-neu erforderliche Vorbereitungszeit nicht als ausreichend anzusehen ist.

2. Die Bundesregierung stellt in ihrer Äußerung in Aussicht, eine Verlängerung der Legisvakanz im Rahmen des AbgÄG 2011 vornehmen zu wollen. In der Tat sieht die Regierungsvorlage zu diesem Gesetz (RV 1212 BlgNR 24. GP) eine Änderung des § 124b Z 185 EStG 1988 vor, wonach (unter anderem) die §§93 und 95 EStG 1988 idF des BBG 2011, BGBl. I 111/2010, (erst) mit in Kraft treten sollen. Das ändert jedoch nichts daran, dass nach der im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Verfassungsgerichtshofes geltenden Rechtslage die antragstellenden Kreditinstitute damit zu rechnen haben, ab die Abzugspflicht bei der KESt-neu wahrnehmen zu müssen. Diese Verpflichtung verschiebt sich erst mit dem In-Kraft-Treten der in Aussicht genommenen Änderung des § 124b Z 185 EStG 1988 idF BGBl. I 111/2010. Im Hinblick darauf hat der Verfassungsgerichtshof auszusprechen, dass § 93 Abs 2 Z 2 und § 95 Abs 2 Z 2 EStG 1988 idF des BBG 2011, BGBl. I 111/2010, als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der Verfassungsgerichtshof geht dabei davon aus, dass im Fall der Gesetzwerdung des § 124b Z 185 leg.cit. in der Fassung der erwähnten RV zum AbgÄG 2011 im Hinblick auf die dort gewählte Verweisungstechnik die aufgehobenen Bestimmungen mit Wirkung vom in der ursprünglichen Fassung des BBG 2011, BGBl. I 111/2010, somit in der Fassung vor der Kundmachung dieser Aufhebung, in Kraft treten, eine erneute Erlassung somit nicht erforderlich ist.

3. Die Bestimmung einer Frist für das Außer-Kraft-Treten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG. Die Fristsetzung soll dem Gesetzgeber die Möglichkeit geben, die Legisvakanz noch vor Wirksamwerden der Aufhebung der im Spruch genannten Bestimmungen zu verlängern.

4. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.

5. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.

6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 65a VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist ein Streitgenossenzuschlag im Umfang von 50 vH des Pauschalsatzes und Umsatzsteuer in Höhe von 600,- Euro sowie eine Eingabengebühr in der Höhe von 220,- Euro enthalten. Die Eingabengebühr war nur in dieser Höhe zu entrichten.