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VfGH vom 12.03.2009, g164/08

VfGH vom 12.03.2009, g164/08

Sammlungsnummer

18747

Leitsatz

Aufhebung einer Bestimmung des Bankwesengesetzes über die Veröffentlichung so genannter "Warnmeldungen" der Finanzmarktaufsichtsbehörde betreffend die Vornahme bestimmter Bankgeschäfte durch ein dazu nicht berechtigtes Unternehmen wegen Widerspruchs zum Gleichheitssatz und zum Rechtsstaatsprinzip mangels eines adäquaten Rechtsschutzes; Warnmeldung keine bloße Tatsachenmitteilung; Fristsetzung für das Außer-Kraft-Treten

Spruch

Der erste Satz des § 4 Abs 7 des Bankwesengesetzes (BWG), BGBl. Nr. 532/1993 in der Fassung BGBl. I Nr. 97/2001, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1914/07 eine auf

Art144 B-VG gestützte Beschwerde gegen einen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien (in der Folge UVS Wien) anhängig, mit dem eine Beschwerde gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG gegen die Veröffentlichung einer als "Warnmeldung" bezeichneten Information der Finanzmarktaufsichtsbehörde (in der Folge: FMA) als unzulässig zurückgewiesen wurde. Die Zurückweisung wurde damit begründet, dass bei einer "Warnmeldung" weder von unmittelbarem Zwang noch von einem verwaltungsbehördlichen Befehl die Rede sein könne, weil sowohl ein unmittelbarer Befolgungsanspruch als auch die drohende Zwangsausübung im Fall der Nichtbefolgung fehle.

Gegenstand der vom UVS zurückgewiesenen Beschwerde war eine in der Wiener Zeitung vom veröffentlichte Meldung, in der die FMA "gemäß § 4 Abs 7 Bankwesengesetz (BWG)" bekannt gab, dass die im Verfahren zu B1914/07 beschwerdeführende Gesellschaft "in Österreich nach § 1 Abs 1 Z 1 BWG (Einlagengeschäft) und § 1 Abs 1 Z 3 (Kreditgeschäft) konzessionspflichtige Bankgeschäfte [anbiete], ohne über die erforderliche Berechtigung zu verfügen". Gleichzeitig veröffentlichte die FMA auf ihrer Homepage sowie als Pressemeldung an die APA eine im Wesentlichen gleichlautende Meldung, hier versehen mit dem Zusatz "Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA veröffentlicht eine Warnmeldung zu einem unseriösen Anbieter von Finanzdienstleistungen".

2. Bei der Behandlung der Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des ersten Satzes des § 4 Abs 7 BWG entstanden. Er hat daher mit Beschluss vom von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung eingeleitet.

3. Rechtslage:

3.1. In den Ziffern 1 bis 23 des § 1 Abs 1 BWG werden einzelne Tätigkeiten als "Bankgeschäfte" definiert.

§ 4 BWG, BGBl. 532/1993 in der Fassung BGBl. I 141/2006, lautet auszugsweise (der Absatz 7 wurde mit BGBl. I 97/2001 in das Gesetz aufgenommen und seither nicht geändert; der in Prüfung gezogene Satz ist hervorgehoben):

"II. Konzession

Konzessionserteilung

§4. (1) Der Betrieb der in § 1 Abs 1 genannten Geschäfte bedarf der Konzession der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA).

(2) - (6) ...

(7) Die FMA ist berechtigt, im Einzelfall durch Kundmachung im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' oder in einem anderen bundesweit verbreiteten Bekanntmachungsblatt die Öffentlichkeit zu informieren, dass ein namentlich genanntes Unternehmen zur Vornahme bestimmter Bankgeschäfte nicht berechtigt ist. Die FMA hat auf individuelle Anfrage in angemessener Frist Auskünfte über den Konzessionsumfang von Kreditinstituten zu erteilen. Die FMA hat bis zum eine Datenbank aufzubauen, die Informationen über den aktuellen Umfang der bestehenden Konzessionen der Kreditinstitute enthält, und hat über Internet eine Abfrage dieser Daten zu ermöglichen."

3.2. In den Erläuterungen zu der im Zuge des Finanzmarktaufsichtsgesetzes - FMAG, BGBl. I 97/2001, erfolgten Novelle des BWG wird zu § 4 Abs 7 BWG Folgendes ausgeführt (RV 641 BlgNR 21. GP, 75):

"Die FMA soll das Recht erhalten, die Öffentlichkeit über das Bestehen und den Umfang einer Konzession zu informieren und so auch dem Informationsbedürfnis und dem Schutz der Kunden vor illegal ausgeübten Bankgeschäften Rechnung tragen. Dies gilt auch für das individuelle Anfragerecht und den Aufbau einer über das Internet zugänglichen Datenbank. Die amtswegige Veröffentlichung im Einzelfall wird insbesondere dann erforderlich sein, wenn Hinweise auf eine Überschreitung des Konzessionsumfangs vorliegen."

4. Folgende Überlegungen haben den Verfassungsgerichtshof zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens veranlasst:

"... Zur Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind in einem von Amts wegen eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren - unabhängig davon, ob es sich bei der dem amtswegigen Verfahren zugrunde liegenden Entscheidung um eine materiell- oder verfahrensrechtliche handelt - all jene Bestimmungen präjudiziell, die von der belangten Behörde (denkmöglich) angewendet wurden oder von ihr anzuwenden gewesen wären (VfSlg. 10.617/1985, 11.752/1988).

Die nunmehr beschwerdeführende Gesellschaft hat im Verfahren vor dem UVS den Antrag gestellt, die von der FMA (auf der Basis des § 4 Abs 7 Satz 1 BWG) vorgenommenen Informationen und Warnmeldungen für rechtswidrig zu erklären. Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, dass die belangte Behörde bei der Beurteilung der Zulässigkeit dieses Antrags § 4 Abs 7 Satz 1 BWG mit anzuwenden hatte, da sie die bei ihr eingebrachte Beschwerde allein mit der Begründung zurückgewiesen hat, bei der (in § 4 Abs 7 erster Satz BWG vorgesehenen) 'Warnmeldung' der FMA handle es sich nicht um eine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.

Der Verfassungsgerichtshof geht daher davon aus, dass auch er selbst diese Bestimmung bei seiner Entscheidung über die vorliegende Beschwerde anzuwenden hätte.

Da auch sonst alle Prozessvoraussetzungen vorzuliegen scheinen, dürfte das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig sein.

... In der Sache:

Nach § 4 Abs 1 BWG bedarf der Betrieb der in § 1 Abs 1 leg.cit. genannten Geschäfte der Konzession der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA). Die FMA ist nach § 4 Abs 7 leg.cit. berechtigt, im Einzelfall durch Kundmachung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung oder in einem anderen bundesweit verbreiteten Bekanntmachungsblatt die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass ein namentlich genanntes Unternehmen zur Vornahme bestimmter Bankgeschäfte nicht berechtigt ist, also über keine entsprechende Konzession verfügt.

Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass Finanzinstitute ihre Tätigkeit in einem volkswirtschaftlichen Schlüsselbereich ausüben, von dessen Funktionieren weite Teile der Volkwirtschaft abhängig sind, und dass eine besondere Schutzbedürftigkeit der Sparer und sonstigen Gläubiger von Kreditunternehmungen besteht (zB VfSlg. 12.098/1989, 12.378/1990, 13.327/1993, 13.471/1993, 13.477/1993). Demnach bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Norm wie die des § 4 Abs 7 BWG, die offensichtlich den Zweck verfolgt, durch eine rasche Information der Öffentlichkeit über rechtswidrige Geschäftspraktiken Schäden vor allem bei Anlegern zu verhindern und das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des gesamten Finanzsektors zu stärken. Es ist auch nicht zu bezweifeln, dass die besondere Situation am Kapitalmarkt es in bestimmten Situationen erforderlich macht oder zumindest zweckmäßig erscheinen lässt, zum Schutz von Anlegern sofort und ohne vorherige Einbindung des betroffenen Unternehmens Meldungen dieser Art zu veröffentlichen. Der Gerichtshof hegt aber Zweifel an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Regelung der vorliegenden Art, wenn sie eine Kundmachung dieses Inhaltes zulässt, ohne dass für das betroffene Unternehmen die Möglichkeit besteht, die eigene Position darzulegen und den Wahrheitsgehalt dieser Kundmachung überprüfen zu lassen. Die gegenwärtige Rechtslage scheint nämlich darauf hinauszulaufen, dass der Veröffentlichung kein rechtsförmlicher, mit Rechtsmitteln bekämpfbarer Akt (Bescheid oder Verordnung) zugrunde liegt oder nachzufolgen hat und dass die Berechtigung der Veröffentlichung bzw. der Aufrechterhaltung der 'Warnmeldung' auch nicht in einem nachfolgenden Verfahren (mit Parteiengehör) überprüfbar ist. Auch scheint nicht vorgesehen zu sein, dass - sollte die Kundmachung letztlich grundlos bzw. unberechtigt erfolgt sein - ein Widerruf der 'Warnmeldung' vorzunehmen ist. Der Rechtsschutz dürfte sich auf die Amtshaftung beschränken.

Nun dürfte es aber in Grenzfällen durchaus strittig sein, ob die von einem Unternehmen beabsichtigte oder schon aufgenommene Geschäftstätigkeit einer Konzession nach dem BWG bedarf bzw. ob nicht eine vorhandene Konzession (auch) diese Geschäftstätigkeit abdeckt. Da es somit nicht ausgeschlossen sein dürfte, dass die 'Warnmeldung' letztlich keine Berechtigung hatte, weil das betreffende Unternehmen für die geplante Geschäftstätigkeit keiner Konzession nach dem BWG bedarf oder ohnehin über eine den Tätigkeitsumfang abdeckende Konzession verfügt, scheint die Vorschrift in ihrer jetzigen Form darauf hinauszulaufen, dass Informationsakte, die geeignet sind, in grundrechtlich geschützte Positionen einzugreifen (vgl. auch ), letztlich nicht überprüfbar oder bekämpfbar sind. Dies dürfte aber nicht nur unsachlich sein (vgl. VfSlg. 18.110/2007 zu § 2 KOG), sondern auch dem Rechtsstaatsprinzip widersprechen. Sieht der Gesetzgeber nämlich eine spezielle Regelung über die amtliche Kundmachung des Fehlens einer bankrechtlichen Konzession für ein namentlich genanntes Unternehmen vor, so scheint bereits diese Veröffentlichung einen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Sphäre dieses Unternehmens zu bewirken, ist die Vorschrift doch anscheinend nicht nur geeignet, sondern dazu bestimmt, die Geschäftstätigkeit des betroffenen Unternehmens einzuschränken oder ganz zu unterbinden. Bei einer solchen Situation müsste die Rechtsordnung jedoch nach der vorläufigen Auffassung des Gerichtshofes ein den Folgen einer solchen Veröffentlichung angemessenes Instrumentarium bereitstellen, um die Richtigkeit dieser Warnmeldung überprüfen und gegebenenfalls negative Folgen beseitigen zu können. Das Instrumentarium des Amtshaftungsrechts scheint diesem Anliegen nicht ausreichend Rechnung zu tragen.

Zusammengefasst laufen die Bedenken des Gerichtshofes somit darauf hinaus, dass es sowohl dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes als auch dem Rechtsstaatsprinzip widersprechen dürfte, wenn eine Information nach Art des § 4 Abs 7 erster Satz BWG veröffentlicht werden darf, ohne dass von der Rechtsordnung ein adäquates Instrumentarium der Überprüfung und - für den Fall der unzutreffenden Information - der Folgenbeseitigung zur Verfügung gestellt wird."

5. Die Bundesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung, in der sie beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird. Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außer-Kraft-Treten eine Frist von einem Jahr bestimmen, und begründet dies damit, dass es im Fall der Aufhebung erforderlich erscheine, das System der Veröffentlichungspflichten im Bankwesengesetz zu |berdenken und neu zu regeln.

Die Prozessvoraussetzungen des Gesetzesprüfungsverfahrens erachtet die Bundesregierung als gegeben. In der Sache tritt sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes mit folgenden Ausführungen entgegen:

"2.) Zur sachlichen Rechtfertigung der Veröffentlichungsermächtigung

gemäß § 4 Abs 7 BWG

Auf Seite 7 f. des Prüfungsbeschlusses wird ausgeführt, dass die Vorschrift des § 4 Abs 7 erster Satz BWG 'in ihrer jetzigen Form darauf hinauszulaufen [scheine], dass Informationsakte, die geeignet sind, in grundrechtlich geschützte Positionen einzugreifen (vgl. auch ), letztlich nicht überprüfbar oder bekämpfbar seien. Dies dürfte aber [...] unsachlich sein (vgl. VfSlg. 18.110/2007 zu § 2 KOG)'.

Nach Ansicht der Bundesregierung lässt sich die Regelung des § 4 Abs 7 erster Satz BWG sachlich rechfertigen und kann die Veröffentlichung auch in angemessener Weise rechtlich überprüft werden. Zunächst soll jedoch noch auf die Frage eingegangen werden, ob solche Veröffentlichungen, wie sie § 4 Abs 7 BWG zulässt, tatsächlich bereits eine Intensität erreichen können, sodass von einem Eingriff in Grundrechte ausgegangen werden muss.

a) Eingriff in Grundrechte?

§ 4 Abs 7 erster Satz BWG ermächtigt die FMA, im Einzelfall durch Kundmachung im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' oder in einem anderen bundesweit verbreiteten Bekanntmachungsblatt die Öffentlichkeit zu informieren, dass ein namentlich genanntes Unternehmen zur Vornahme bestimmter Bankgeschäfte nicht berechtigt ist.

Nach Ansicht der Bundesregierung ermächtigt § 4 Abs 7 BWG die FMA nur zu bloßen Tatsachenmitteilungen, bei denen fraglich ist, ob sie überhaupt in Grundrechte eingreifen können. Unternehmen, wie z.B. die im Anlassfall beschwerdeführende Gesellschaft, werden dadurch rechtlich nicht gehindert, Verträge abzuschließen und Geschäfte durchzuführen. Die bloße Veröffentlichung des Fehlens einer bankrechtlichen Konzession für ein namentlich genanntes Unternehmen, wie sie in § 4 Abs 7 erster Satz BWG vorgesehen ist, ist auch nicht dazu bestimmt, die (erlaubte) Geschäftstätigkeit des betroffenen Unternehmens 'einzuschränken oder ganz zu unterbinden.'

Zwar wird es Zweck einer amtlichen Kundmachung sein, zu verhindern, dass potentielle Kunden mit dem betroffenen Unternehmen Bankgeschäfte abschließen. Dies könnte allerdings nur eine mittelbare Betroffenheit des Unternehmens bewirken, zumal ja die konzessionslose Erbringung einer solchen Dienstleistung schon durch das Bankwesengesetz unmittelbar verboten ist und mit der Kundmachung als solche keine Änderung in den Rechten des Unternehmens eintritt.

Auch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu 'Mitteilungen' (vgl. z.B. VfSlg. 13.669/1994, 13.750/1994 und 14.152/1995) könnte dahin gedeutet werden, dass eine bloße Tatsachenmitteilung als solche grundsätzlich noch nicht einen Eingriff in eine verfassungsrechtlich geschützte Sphäre des betroffenen Unternehmens bewirkt.

Nach Ansicht der Bundesregierung lässt sich daher auch die Meinung vertreten, dass eine Mitteilung über eine offenkundige Tatsache, zu der § 4 Abs 7 BWG ermächtigt, noch keinen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Sphäre eines betroffenen Unternehmens bewirkt. Bereits aus diesem Grund wäre der Gesetzgeber von Verfassung[s] wegen nicht dazu verpflichtet, ein über den status quo hinausgehendes Rechtsschutzinstrumentarium vorzusehen.

b) sachliche Rechtfertigung

Sollte hingegen der Verfassungsgerichtshof seine im Prüfungsbeschluss geäußerte Ansicht aufrechterhalten und in einer Veröffentlichung, wie sie § 4 Abs 7 erster Satz BWG vorsieht, bereits eine Eignung und Bestimmung zu einem Eingriff in Rechte der betroffenen Unternehmen für gegeben erachten, ist die Bundesregierung der Ansicht, dass derartige Eingriffe sachlich gerechtfertigt sind und eine konkrete Veröffentlichung im Einzelfall auch in angemessener Weise rechtlich überprüft

werden kann.

aa) Zum Parteiengehör

Die FMA als zuständige Behörde für die Bankenaufsicht (§1 Abs 1 und § 2 Abs 1 FMABG) verfügt über eine Liste sämtlicher konzessionierter Kreditinstitute. Dass ein Unternehmen keine Konzession zur Durchführung von Bankgeschäften nach § 1 Abs 1 BWG hat, ergibt sich in weiterer Folge aus einem simplen Gegenschluss, der ohne besondere Fachkenntnisse vorgenommen werden kann. Das Nichtvorhandensein einer Konzession ist also offenkundig im Sinne des § 45 Abs 1 AVG und bedarf daher keines Beweises (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band 12, zu § 45 AVG, E 27 und 28, wiedergegebene Judikatur). Es ist der FMA im Zuge ihrer Amtstätigkeit als zur Beaufsichtigung von Kreditinstituten zuständigen Behörde bekannt und dadurch 'bei der Behörde notorisch' ('amtsbekannt') geworden (vgl. ; , 90/04/0265 und , 94/08/0269). Aus diesem Grund ist ein förmliches Ermittlungsverfahren (mit Parteiengehör) in Bezug auf das Vorhandensein einer Konzession für eine Tatsachenmitteilung nach § 4 Abs 7 BWG nicht zwingend notwendig.

Die FMA kann allerdings von sich aus unter dem Blickwinkel der Interessenabwägung einem betroffenen Unternehmen ein rechtliches Gehör einräumen. Die FMA kann daher einem betroffenen Unternehmen auch schon nach der gegenwärtigen Rechtslage die Möglichkeit der Gegendarstellung gewähren. Im Hinblick auf den Wortlaut des § 4 Abs 7 erster Satz BWG ('Die FMA ist berechtigt, die Öffentlichkeit zu informieren, dass ein namentlich genanntes Unternehmen zur Vornahme bestimmter Bankgeschäfte nicht berechtigt ist'), erscheint allerdings fraglich, welche eigene Position denkmöglich seitens des konzessionslos agierenden Unternehmens dargelegt werden könnte bzw. wie der Wahrheitsgehalt der Kundmachung denkmöglich in Zweifel gezogen werden könnte.

Demgemäß behauptet die beschwerdeführende Gesellschaft im Ausgangsverfahren auch gar nicht, zum Betrieb von Bankgeschäften berechtigt zu sein. Vielmehr steht im vorliegenden Fall die Tatsache, dass sie nicht zur Vornahme von bestimmten Bankgeschäften berechtigt ist, außer Streit. Die FMA ist aber nicht gehalten, offenkundige Tatsachen, von denen feststeht, dass sie auch der Partei bekannt sind, dieser vorzuhalten (vgl. z.B. und , 93/07/0123).

Der Ermächtigung des § 4 Abs 7 BWG liegt ein pflichtgemäßes Ermessen zu Grunde. Die Behörde hat - auch in verfassungskonformer Auslegung des § 4 Abs 7 erster Satz BWG - allfällige rechtlich geschützte Interessen des von der Veröffentlichung Betroffenen angemessen zu berücksichtigen, was in möglicherweise strittigen Fällen der Konzessionsbedürftigkeit bestimmter Geschäfte auch ein angemessenes Parteiengehör umfassen kann. Eine generelle Verpflichtung in jedem Einzelfall kann aber gerade bei 'notorischen' Tatsachen nicht gefordert sein.

bb) Feststellungsbescheid

Nach Ansicht der Bundesregierung schließt die geltende Rechtslage nicht aus, dass auch bereits vor einer Veröffentlichung gemäß § 4 Abs 7 BWG ein förmliches Verfahren durchgeführt wird, in dem die Frage geklärt wird, ob ein bestimmtes geplantes Geschäft ein Bankgeschäft im Sinne des § 1 BWG ist und daher einer Konzession bedarf. Das Verfahren könnte bei Gefahr in Verzug auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren in einen Mandatsbescheid gemäß § 57 Abs 1 AVG münden. Die besondere Dringlichkeit der Gefahrenabwehr in diesem Bereich wird auch im Prüfungsbeschluss anerkannt. Gerade auch vor diesem Hintergrund wird die FMA von einem Vorhalt offenkundiger Tatsachen dispensiert sein. Nach Einlangen einer Vorstellung gegen den Mandatsbescheid wäre dann ein ordentliches Ermittlungsverfahren einzuleiten. Gegen den im ordentlichen Ermittlungsverfahren nachfolgenden letztinstanzlichen Bescheid der FMA sind Beschwerdemöglichkeiten gemäß Art 131 B-VG und Art 144 B-VG an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegeben.

Aber auch durch einen der Veröffentlichung nachfolgenden Bescheid der FMA kann gegebenenfalls eine derartige Überprüfungsmöglichkeit vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts geschaffen werden.

Ein Feststellungsbescheid ist nach ständiger Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nur dann zulässig, wenn er entweder in einem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder wenn eine gesetzliche Regelung hierüber zwar nicht besteht, die Erlassung eines solchen Bescheides aber im öffentlichen Interesse gelegen oder für eine Partei ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist (vgl. etwa VfSlg. 11.764/1988 mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes).

Auch die vom Verfassungsgerichtshof angesprochenen 'Grenzfälle' (vgl. Seite 7 des Prüfungsbeschlusses) sind daher dem Rechtsschutz zugänglich. Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass das Interesse der Rechtsunterworfenen, Klarheit über die Zulässigkeit bestimmter Tätigkeiten oder Maßnahmen zu erhalten, zur Zulässigkeit der Erlassung von Feststellungsbescheiden führt, wenn die Tätigkeit oder Maßnahme noch nicht aufgenommen oder gesetzt wurde (vgl. z.B. ).

Unter diesen Voraussetzungen ist auch nach einer Veröffentlichung gemäß § 4 Abs 7 erster Satz BWG (z.B. weil diese auf Grund einer nicht verwaltungsstrafbewehrten Vorbereitungs- oder Versuchshandlung erfolgt ist) ein Antrag auf Feststellung möglich. Sobald jedoch eine Tätigkeit oder Maßnahme aufgenommen oder gesetzt wurde, kommt - so weiter der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis - eine bescheidmäßige Feststellung nicht mehr in Betracht und kann sich der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren auch nicht auf einen Schuldausschließungsgrund im Hinblick auf eine komplizierte Rechtslage oder das Fehlen einer Antwort durch die Behörde berufen.

cc) Datenschutz

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , B505/07, [= VfSlg. 18.212/2007] seine ständige Rechtsprechung fortgeführt, dass die Weitergabe von Informationen welcher Art immer, weder als Befehl mit unverzüglichem Befolgungsanspruch noch als Anwendung physischen Zwangs und damit auch nicht als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person anzusehen ist.

Weiters wird in diesem Erkenntnis ausgeführt: 'Anders als der Beschwerdeführer meint, bedeutet der Umstand, dass kein Akt unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorliegt, aber nicht, dass der Beschwerdeführer keinerlei Möglichkeiten der Wahrung seiner Rechte hat. Vielmehr stehen ihm im Zusammenhang mit der behaupteten Verletzung des Rechts nach Art 6 EMRK auf ein faires Verfahren und der Unschuldsvermutung als Folge der Weitergabe von Informationen andere (etwa strafrechtliche oder datenschutzrechtliche) Wege der Rechtsverfolgung zur Verfügung.'

Nach Ansicht der Bundesregierung stehen im Falle einer Veröffentlichung gemäß § 4 Abs 7 BWG dem betroffenen Unternehmen jedenfalls auch datenschutzrechtliche Wege zur Verfügung. Insbesondere auf Grund des § 31 Abs 2 DSG 2000 kann das betroffene Unternehmen mit Beschwerde bei der Datenschutzkommission ein Verfahren zur Überprüfung der Frage, ob eine Verletzung der Rechte auf Geheimhaltung, Richtigstellung oder Löschung von Daten erfolgt ist, anhängig machen. Die Datenschutzkommission hätte dabei insbesondere zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Veröffentlichung vorlagen bzw. weiterhin vorliegen, was vor allem voraussetzt, dass die Interessenabwägung richtig gewesen ist bzw. weiterhin in diese Richtung getroffen werden kann. Wird von der Datenschutzkommission im Sinne des Beschwerdeführers entschieden, ergibt sich für die belangte Behörde jedenfalls die Verpflichtung, der Rechtsauffassung der Datenschutzkommission zu folgen, sodass eine Weiterverarbeitung dieser Daten zu unterlassen wäre. Dies wird insbesondere auch die Verpflichtung einschließen, eine allfällige Kundmachung auf der Internet-Seite der Behörde zu entfernen. Gegen Bescheide der Datenschutzkommission steht der Rechtsweg an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts offen.

Nach Ansicht der Bundesregierung ist daher das Ermessen der FMA zu einer möglichst raschen Information der Öffentlichkeit im Einzelfall sachlich gerechtfertigt und im Hinblick auf die eröffneten Rechtswege auch schon de lege lata einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich.

3.) Zum Rechtsstaatsprinzip

Auf Seite 8 des Prüfungsbeschlusses wird vorläufig angenommen, dass die in Prüfung gezogene Regelung auch dem Rechtsstaatsprinzip widerspricht. Die Rechtsordnung müsse in Fällen, in denen eine Veröffentlichung in Grundrechte eingreift, 'ein den Folgen einer solchen Veröffentlichung angemessenes Instrumentarium bereitstellen, um die Richtigkeit dieser Warnmeldung überprüfen und gegebenenfalls negative Folgen beseitigen zu können. Das Instrument der Amtshaftung scheint diesem Anliegen nicht ausreichend Rechnung zu tragen.'

Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Rechtsstaatsprinzip auch auf die bereits oben zum Sachlichkeitsgebot erfolgten Ausführungen. Ergänzend wird hierzu zur Thematik eines potentiellen Widerrufes einer Tatsachenmitteilung Folgendes ausgeführt.

Wird das Publikum über das Nicht-Bestehen einer Konzession informiert und sollte sich diese Information als unzutreffend erweisen, müsste ein Widerruf wohl darin bestehen, dass das Publikum darüber informiert wird, dass die entsprechende Konzession besteht. Der Gesetzgeber hat in § 4 Abs 7 letzter Satz BWG dafür Sorge getragen, dass über bestehende Konzessionen informiert wird, indem die FMA zur Errichtung einer Konzessionsdatenbank verpflichtet wurde. Die Information über das Nicht-Bestehen einer Konzession erweist sich unter diesem Gesichtspunkt als bloße 'Kehrseite' der Information über das Bestehen einer Konzession.

Sollte die Kundmachung tatsächlich letztlich grundlos bzw. unberechtigt erfolgt sein - d.h. sollte die FMA aktenwidrig ein Unternehmen als konzessionslos bezeichnen, obwohl es über eine Konzession als Kreditinstitut verfügt - ergibt sich aus der Zusammenschau von § 4 Abs 7 erster Satz BWG mit § 4 Abs 7 letzter Satz BWG, dass die FMA die Tatsachenmitteilung, dass ein Unternehmen über keine Konzession verfügt, künftig zu unterlassen hätte. Nach § 4 Abs 7 letzter Satz BWG wäre vielmehr das betroffene Unternehmen in die Datenbank der konzessionierten

Unternehmen aufzunehmen.

Die Bundesregierung ist auf Grund des Vorhergesagten daher der Ansicht, dass - neben dem Amtshaftungsregime - ausreichende und angemessene Rechtsschutzmöglichkeiten für ein von der Veröffentlichung einer Tatsachenmitteilung betroffenes Unternehmen zur Verfügung stehen. Die gesetzliche Ausgestaltung der Veröffentlichungsermächtigung - vor dem Hintergrund einer verfassungskonformen Vollziehung des in Prüfung gezogenen Satzes durch die FMA - entspricht sowohl dem Gleichheitssatz als auch dem Rechtsstaatsprinzip."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Bundesregierung ist der im Prüfungsbeschluss vorläufig geäußerten Annahme der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung und des Vorliegens der Prozessvoraussetzungen nicht entgegengetreten. Es ist auch sonst kein Prozesshindernis hervorgekommen. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist daher zulässig.

2. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die Berechtigung der FMA, gemäß § 4 Abs 7 BWG "die Öffentlichkeit zu informieren, dass ein namentlich genanntes Unternehmen zur Vornahme bestimmter Bankgeschäfte nicht berechtigt ist", bestehen darin, dass es sowohl dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes als auch dem Rechtsstaatsprinzip widersprechen dürfte, diese Veröffentlichungen vorzunehmen, ohne dass dem betroffenen Unternehmen von der Rechtsordnung ein adäquates Instrumentarium der Überprüfung solcher Informationen und (gegebenenfalls) der Folgenbeseitigung zur Verfügung gestellt wird.

3.1. Die Bundesregierung verteidigt die in Prüfung gezogene Regelung zunächst mit dem Argument, § 4 Abs 7 BWG ermächtige bloß zu einer Tatsachenmitteilung (zu einer "Mitteilung über eine offenkundige Tatsache"), bei der es fraglich sei, ob sie überhaupt in Grundrechte eingreifen könne. In weiterer Folge wird auch vertreten, der Umstand, dass ein Unternehmen über keine Konzession zur Durchführung von Bankgeschäften verfüge, ergebe sich aus einem simplen Gegenschluss aus der der FMA vorliegenden Liste sämtlicher konzessionierter Kreditinstitute und bedürfe keines förmlichen Ermittlungsverfahrens.

Der Verfassungsgerichtshof geht demgegenüber davon aus, dass § 4 Abs 7 Satz 1 BWG ungeachtet seines neutralen Wortlautes die FMA keineswegs dazu ermächtigt, ohne Anlass die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass beliebige Unternehmen - nämlich auch solche, die mit Bankgeschäften nicht das Geringste zu tun haben - sich nicht in der Liste der konzessionierten Unternehmen finden. Eine gesetzliche Anordnung dieses Inhaltes wäre offensichtlich sinnlos und unsachlich. Im Kontext der Regelungen des BWG und im Hinblick auf die in den Materialien deutlich zum Ausdruck kommende Zielsetzung, Kunden vor illegal ausgeübten Bankgeschäften zu schützen (siehe oben Pkt. I.3.2.), setzt die Anwendung dieser Norm vielmehr voraus,

(1) dass die FMA feststellt, dass ein bestimmtes Unternehmen eine Tätigkeit entfaltet oder zu entfalten plant, (2) dass die FMA begründet davon ausgehen kann, dass diese Tätigkeit konzessionspflichtig ist und (3) dass eine Konzession für diese Tätigkeit nach Auffassung der FMA (noch) nicht vorliegt. Nur bei einem solchen Verständnis erscheint die Regelung des § 4 Abs 7 Satz 1 BWG, die bestimmte Unternehmen in das Licht der Öffentlichkeit rückt, überhaupt mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Insofern handelt es sich aber bei der Warnmeldung nach § 4 Abs 7 Satz 1 BWG keineswegs um eine bloße Tatsachenmitteilung, sondern um eine Information, der eine juristische Beurteilung und strafrechtliche Bewertung der Tätigkeit eines Unternehmens seitens der FMA zugrunde liegt. Auch das Publikum, an das diese Information gerichtet ist, betrachtet sie nicht als bloße Tatsachenmitteilung, sondern als Hinweis, dass ein bestimmtes Unternehmen nach Auffassung der FMA gesetzwidrig vorgeht oder vorzugehen beabsichtigt und dass daher ein Geschäftsabschluss mit diesem Unternehmen vermutlich zumindest mit Irregularitäten behaftet ist. Dass diese Sicht auch der FMA zu eigen ist, belegt schon der Umstand, dass die Information von der FMA im Anlassfall selbst, aber auch in Parallelfällen als "Warnmeldung" bezeichnet und in Presseaussendungen der FMA explizit vor einem Geschäftsabschluss mit einem "unseriösen Anbieter" gewarnt wird.

Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner im Prüfungsbeschluss geäußerten Auffassung, dass eine derartige Mitteilung jedenfalls geeignet ist, in grundrechtlich geschützte Positionen - wie etwa in die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsausübung bzw. auf Unversehrtheit des Eigentums oder in die durch das Datenschutzrecht geschützte Rechtssphäre - einzugreifen (zur Eingriffseignung der Veröffentlichung personenbezogener Wirtschaftsdaten vgl. VfSlg. 12.228/1989 [S 482 ff.], vgl. ferner [= RdW 2007, 20 = ÖBA 2007, 228]). Die von der Bundesregierung zitierten Entscheidungen zur Rechtsqualität von "Mitteilungen" (VfSlg. 13.669/1994, 13.750/1994, 14.152/1995) besagen lediglich, dass die diesen Entscheidungen jeweils zugrunde liegenden Mitteilungen keine Bescheide oder Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt waren, was aber keine Aussage darüber erlaubt, ob diese Mitteilungen geeignet waren, die Rechtssphäre nachteilig zu berühren.

Sowohl die Tatsachenannahmen der Behörde als auch ihre rechtliche Beurteilung sind aber mit einem Fehlerrisiko behaftet. Der Gerichtshof hat schon im Prüfungsbeschluss darauf hingewiesen, dass es durchaus strittig sein kann, ob die von einem Unternehmen beabsichtigte oder schon aufgenommene Geschäftstätigkeit einer Konzession nach dem BWG bedarf bzw. ob eine vorhandene Konzession (auch) diese Geschäftstätigkeit abdeckt. Strittig kann aber auch sein, ob das betroffene Unternehmen überhaupt eine einschlägige Tätigkeit beabsichtigt oder entfaltet. Der Gerichtshof bleibt dabei, dass unter solchen Umständen sowohl das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes als auch das Rechtsstaatsprinzip verletzt sind, wenn eine solche, ein einzelnes Unternehmen betreffende Information veröffentlicht werden darf, ohne dass diesem Unternehmen von der Rechtsordnung ein adäquates Instrumentarium zur Verfügung gestellt würde, die Information auf ihre Berechtigung überprüfen, eventuell öffentlich korrigieren sowie allfällige Folgen einer rechtswidrigen Information beseitigen zu lassen.

3.2. Die Bundesregierung vertritt allerdings in der Tat die Auffassung, eine konkrete Veröffentlichung könne im Einzelfall in angemessener Weise rechtlich überprüft werden.

Die Bundesregierung meint in diesem Zusammenhang zunächst, die Gewährung von Parteiengehör vor einer Information nach § 4 Abs 7 BWG sei zwar möglich, aber nicht zwingend und auch nicht sinnvoll, weil es sich um eine bloße Tatsachenmitteilung (= Fehlen einer Konzession) handle, deren Wahrheitsgehalt denkmöglich nicht in Zweifel gezogen werden könne. Hiezu genügt es, auf die obigen Ausführungen zu verweisen, aus denen sich ergibt, dass es in vielen Fällen gerade darum geht, die Berechtigung einer solchen Information zu erörtern, wenn das betreffende Unternehmen mit Grund die Auffassung vertritt, für seine Tätigkeit einer Konzession nicht zu bedürfen, die erforderliche Konzession schon zu besitzen oder gar keine einschlägige Tätigkeit zu beabsichtigen. Im Übrigen liegt es auf der Hand, dass die Gewährung von Parteiengehör für sich allein zwar möglicherweise Fehlinformationen vermeiden kann, aber weder zur Korrektur von dennoch erfolgten Fehlinformationen geeignet ist noch verhindern könnte, dass zutreffende, aber vom Zweck des § 4 Abs 7 BWG nicht erfasste Informationen in Form einer Warnmeldung veröffentlicht werden.

Der Hinweis der Bundesregierung auf die Möglichkeit, einen Feststellungsbescheid zu erwirken, lässt zum einen unberücksichtigt, dass die Erlassung eines Feststellungsbescheides des Inhaltes, dass die Tätigkeiten des betroffenen Unternehmens nicht konzessionspflichtig sind, nur an den Bescheidadressaten gerichtet ist und noch keinen Widerruf der öffentlichen Kundmachung beinhaltet oder anordnet. Im Übrigen weist die Bundesregierung selbst auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hin, der zufolge eine bescheidmäßige Feststellung nicht mehr in Betracht kommt, sobald eine Tätigkeit oder Maßnahme aufgenommen oder gesetzt wurde. Bei der Anwendung des § 4 Abs 7 BWG kann es aber auch um Fälle gehen, in denen nach Aufnahme einer Tätigkeit strittig ist, ob diese Tätigkeit der Konzessionspflicht unterliegt oder nicht bzw. ob eine erteilte Konzession ausreichend ist.

Nach Auffassung der Bundesregierung steht der durch eine Veröffentlichung gemäß § 4 Abs 7 BWG betroffenen Person auch die Möglichkeit offen, Beschwerde an die Datenschutzkommission nach § 31 Abs 2 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000) zu erheben. Bei Entscheidung über eine solche Beschwerde habe die Datenschutzkommission die Gesetzmäßigkeit der Veröffentlichung zu überprüfen; soweit die Datenschutzkommission im Sinne des Beschwerdeführers entscheide, habe die FMA den der Rechtsanschauung der Datenschutzkommission entsprechenden Zustand herzustellen, gegebenenfalls auch die Entfernung der Veröffentlichung aus der Internet-Seite der Behörde zu veranlassen.

Dass damit der adäquate Rechtsschutz gegen behauptetermaßen falsche oder unangebrachte Informationen nach § 4 Abs 7 BWG gewährleistet wäre, kann der Gerichtshof nicht finden: Die mit Beschwerde nach § 31 Abs 2 DSG 2000 erreichbare "Richtigstellung" und "Löschung" bezieht sich nur auf Dateien und scheidet als tauglicher Rechtsbehelf gegen Warnmeldungen in einer Zeitung daher schon deswegen aus, weil - wie es auch der Anlassfall dieses Verfahrens zeigt - die Veröffentlichung von Informationen nach § 4 Abs 7 Satz 1 BWG auch ohne Rückgriff auf Dateien iSd DSG 2000 erfolgen kann, eine Konstellation, die sogar den Regelfall darstellen dürfte, da es typischerweise um Unternehmen geht, die nicht in der Liste der konzessionierten Unternehmen zu finden sind. Aber auch der in § 31 Abs 2 DSG 2000 normierte Schutz gegen Verletzungen des Rechts auf Geheimhaltung kommt als adäquater Rechtsbehelf gegen Meldungen nach § 4 Abs 7 BWG nicht in Betracht, weil zum einen die Frage, ob ein Unternehmen die - nach Auffassung der FMA - erforderliche Konzession besitzt, keine Tatsache ist, die der Geheimhaltung unterliegt, und zum anderen mit diesem Rechtsbehelf kein Widerruf und keine Richtigstellung einer falschen oder unangebrachten Warnmeldung erreicht werden kann.

Die Bundesregierung behauptet selbst nicht, dass das Instrumentarium des Amtshaftungsrechtes ausreicht, um den Bedenken des Gerichtshofes Rechnung zu tragen. Auch der Verfassungsgerichtshof ist nicht dieser Auffassung. Amtshaftung setzt Verschulden und den Eintritt eines Schadens voraus (Art23 B-VG); der Schaden ist "nur in Geld zu ersetzen" (§1 Abs 1 Amtshaftungsgesetz). Das Gebot der Gewährleistung von Rechtsschutz im Sinne einer adäquaten Kontrolle behördlicher Maßnahmen besteht unabhängig vom Verschulden und vom Eintritt eines Schadens und wäre zudem gerade im Fall von Maßnahmen wie jenen nach § 4 Abs 7 BWG, bei denen dem Betroffenen vor allem am Unterlassen bzw. am Widerruf bestimmter Tatsachenbehauptungen liegt, durch ein auf Geldersatz beschränktes Instrument nicht erfüllt.

4. Das Verfahren hat letztlich die Bedenken des Gerichtshofes, dass die in Prüfung gezogene Regelung sowohl dem Gleichheitssatz als auch dem Rechtsstaatsprinzip widerspricht, nicht zerstreut. § 4 Abs 7 Satz 1 BWG war daher als verfassungswidrig aufzuheben.

5. Die Bestimmung einer Frist für das Außer-Kraft-Treten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG; sie soll dem Gesetzgeber die Möglichkeit zu einer verfassungskonformen Neuregelung geben. Der Gerichtshof geht dabei davon aus, dass gegen die Zielsetzung des § 4 Abs 7 Satz 1 BWG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, die intendierte Information der Anleger vielmehr einerseits im öffentlichen Interesse am Funktionieren des Kapitalmarktes liegt und andererseits dem Schutz verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, insbesondere des Eigentumsrechtes, der Anleger dient. Dem Gerichtshof ist ferner bewusst, dass es nach der Lage des Falles erforderlich sein kann, die in § 4 Abs 7 BWG vorgesehenen Informationen über drohende illegale Geschäftspraktiken ohne Zeitverlust zu veröffentlichen, und in solchen Fällen ein reguläres Verwaltungsverfahren ex ante dem Normzweck widerspräche. Diese Gesichtspunkte sind jedoch mit dem verfassungsrechtlich geschützten Rechtsschutzinteresse des betroffenen Unternehmens abzuwägen und in Einklang zu bringen. Dieses muss die Möglichkeit besitzen, den Inhalt der Information vor dem Hintergrund des Normzweckes des § 4 Abs 7 Satz 1 BWG in Frage zu stellen und in einem rechtsstaatlichen Verfahren zumindest ex post überprüfen zu lassen, um letztlich einen Widerruf erreichen zu können. Welches rechtstechnische Instrumentarium der Gesetzgeber im Einzelnen vorsieht, um dieses Ergebnis zu erreichen, liegt in seinem rechtspolitischen Spielraum.

6. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz

B-VG.

7. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.

8. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.