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VfGH vom 12.03.2015, G151/2014 ua

VfGH vom 12.03.2015, G151/2014 ua

Leitsatz

Konzept eines einheitlichen Rechtsmittels gegen verschiedene Beschwerdegegenstände, nämlich Schubhaftbescheid, Festnahme oder Anhaltung, verfassungsrechtlich gedeckt; jedoch Aufhebung der Bestimmungen über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in Verfahren über Schubhaftbeschwerden wegen Verstoßes gegen das Gebot der präzisen Regelung infolge Fehlens ausdrücklicher einheitlicher Verfahrensregelungen; keine Verfassungswidrigkeit der dem Bundesverwaltungsgericht übertragenen Kontrolle über die Fortsetzung der Schubhaft

Spruch

I. § 22a Abs 1 und 2 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I Nr 87/2012 in der Fassung BGBl I Nr 68/2013, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

II. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

III. Die aufgehobenen Bestimmungen sind nicht mehr anzuwenden.

IV. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

V. § 22a Abs 3 BFA-VG wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

VI. Der zu G172/2014 protokollierte Antrag des Verwaltungsgerichtshofes wird, insoweit § 22a Abs 3 BFA-VG angefochten wird, abgewiesen.

VII. Die zu G184/2014 und zu G185/2014 protokollierten Anträge des Verwaltungsgerichtshofes werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss, Anträge des Verwaltungsgerichtshofes und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E4/2014 eine auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Libanon, reiste am aus der Schweiz in das österreichische Bundesgebiet ein und wurde am zur Sicherung der Zurückschiebung festgenommen und in weiterer Folge angehalten. Am stellte der Beschwerdeführer im Rahmen einer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag wurde über ihn mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 76 Abs 2 Z 4 des Bundesgesetzes über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005FPG), BGBl I 100 idF BGBl I 114/2013, die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung bzw. der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

1.2. Der Beschwerdeführer erhob gegen die "Verhängung der Schubhaft und der Anhaltung seit " gemäß § 22a des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 68/2013, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, das die Beschwerde gemäß § 76 Abs 2 Z 4 FPG iVm § 22a Abs 1 BFA VG abwies. Gemäß § 22a Abs 3 BFA VG stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wurde gemäß § 35 Abs 3 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (VerwaltungsgerichtsverfahrensgesetzVwGVG), BGBl I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, abgewiesen sowie ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B VG zulässig sei.

1.3. Begründend führt das Bundesverwaltungsgericht aus, es sei im Fall des Beschwerdeführers eine Mehrzahl an Faktoren gegeben, die in einer Gesamtschau einen Sicherungsbedarf ergäben, die Anwendung gelinderer Mittel komme nicht in Betracht.

Die Revision sei hingegen zulässig, da die vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers behauptete Fristverletzung durch das Bundesverwaltungsgericht bestritten werde. Hinsichtlich der Frage, wo die Beschwerde einzubringen sei bzw. wann der Fristenlauf des § 22a Abs 2 BFA VG zu laufen beginne, liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

2. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 22a Abs 1 bis 3 BFA VG idF BGBl I 68/2013 entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am beschlossen, diese Gesetzesbestimmungen von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"Gemäß § 22a Abs 1 BFA VG hat der Fremde unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen.

Der Gesetzgeber des BFA VG lässt in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage erkennen, dass das bisherige Rechtsschutzsystem fortgeschrieben werden soll (RV 2144 BlgNR 24. GP, 15):

'Der vorgeschlagene § 22a soll in einem Paragraphen gebündelt den Rechtsschutz im Falle einer Festnahme, einer Anhaltung oder bei Schubhaft regeln.

Der vorgeschlagene Abs 1 entspricht dabei dem geltenden § 82 Abs 1 FPG. Abs 2 entspricht inhaltlich dem geltenden § 83 Abs 2 Z 2 FPG und Abs 3 entspricht dem geltenden § 83 Abs 4 FPG. Da im § 27 VwGVG normiert ist, dass das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seines Beschwerdevorbringens zu entscheiden hat, muss dies im Abs 3 nicht gesondert normiert werden. Der Abs 4 entspricht inhaltlich dem geltenden § 80 Abs 7 FPG. Es wurden lediglich Anpassungen aufgrund der geänderten Behördenzuständigkeit durch die Einrichtung eines Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und die Zuständigkeitsverschiebung der genannten Maßnahmen auf dieses, sowie eine Adaptierung betreffend die Rechtsmittelinstanz aufgrund der Einrichtung eines Bundesverwaltungsgerichtes durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr 51, vorgenommen.'

Nach den mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl I 87/2012, aufgehobenen Vorgängerbestimmungen der §§82 und 83 FPG war im Bereich der Schubhaft ein besonderer Rechtsschutz normiert, der im Wesentlichen seit dem bereits in den jeweiligen dem FPG vorangegangenen Fremdengesetzen in gleicher Weise ausgestaltet war. Der Gesetzgeber hatte die Schubhaftbeschwerde damit als besonderes – von der Berufung verschiedenes – Rechtsmittel konstruiert, das sowohl die Überprüfung des Rechtsaktes Schubhaftbescheid als auch der in Vollziehung des Bescheides gesetzten Zwangsakte umfasste (vgl. Muzak , Die Schubhaftprüfung durch die UVS nach dem FPG 2005, UVS aktuell 2007, 140). Durch den Verweis in § 83 Abs 2 leg.cit. auf die §§67c bis 67g sowie § 79a AVG idF BGBl I 100/2011 war klargestellt, dass in einem Verfahren auf Grund einer Beschwerde gegen Schubhaftbescheid, Festnahme oder Anhaltung ausschließlich das Verfahren über Beschwerden wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzuwenden war, sodass auf Grund eines einheitlichen Rechtsmittels ein einheitliches Verfahren angewendet wurde; dies fand in einer klaren Regelung für die Erhebung der Beschwerde (§67c AVG), der ausdrücklichen Anordnung der Einbringungsstelle der Beschwerde (§67c Abs 1 AVG, § 82 Abs 2 FPG), dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung (arg:§ 64 Abs 1 AVG betreffend die aufschiebende Wirkung einer rechtzeitigen Berufung) und der Regelung der Kosten (§79a AVG) seinen Ausdruck.

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass der Gesetzgeber in § 22a Abs 1 BFA VG in Fortführung der bislang bestehenden Gesetzeslage die Normierung eines einheitlichen Rechtsmittels sowohl gegen den Schubhaftbescheid als auch gegen Festnahme und Anhaltung beabsichtigt. Diese Vorgehensweise dürfte jedoch in Art 130 B VG keine Deckung finden:

Gemäß Art 130 Abs 1 B VG idF BGBl I 115/2013 erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde und gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit, sowie weiters über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde und über Beschwerden gegen Weisungen. Nach Art 130 Abs 2 Z 1 B VG können durch Bundes- oder Landesgesetz sonstige Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Verwaltungsbehörde in Vollziehung der Gesetze vorgesehen werden.

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 führen zur Neuregelung des Art 130 Abs 1 B VG Folgendes aus (RV 1618 BlgNR 24. GP, 13):

'Der vorgeschlagene Art 130 Abs 1 enthält jene Zuständigkeiten, die den Verwaltungsgerichten von Verfassung wegen zukommen sollen.

Zu den Z 1 bis 4 vgl. Art 129a Abs 1 und Art 130 Abs 1 B VG. Die von Art 129a Abs 1 B VG teilweise abweichenden Formulierungen erklären sich dadurch, dass in den Bestimmungen des vorgeschlagenen Abschnittes A des siebenten Hauptstückes streng zwischen Zuständigkeit, Beschwerdegegenstand, Prüfungsmaßstab und Berechtigung zur Beschwerdeerhebung (Beschwerdelegitimation) unterschieden werden soll. Die Z 1 bis 4 enthalten lediglich den Beschwerdegegenstand (Bescheid; Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt; Weisung) und den Prüfungsmaßstab (Rechtswidrigkeit; Verletzung der Entscheidungspflicht) der jeweiligen Beschwerde, wer zur Erhebung der Beschwerde berechtigt (legitimiert) ist, ergibt sich hingegen nicht aus diesen Bestimmungen, sondern aus den Abs 1 bis 4 des vorgeschlagenen Art 132.'

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass Art 130 Abs 1 B VG zunächst die in den Z 1 bis 4 dieser Bestimmung vorgesehenen unterschiedlichen Beschwerdegegenstände insofern zwingend vorsieht, als es dem Gesetzgeber nicht erlaubt ist, für die darin erfassten Typen des Verwaltungshandelns andere oder gemeinsame Beschwerdegegenstände vorzusehen. Abs 2 des Art 130 B VG scheint dem (einfachen) Gesetzgeber lediglich die Ermächtigung zu erteilen, sonstige Zuständigkeiten – also Zuständigkeiten zur Prüfung von Verwaltungshandeln über das in den Beschwerdegegenständen des Abs 1 erfasste hinaus – vorzusehen. Die in § 22a Abs 1 BFA-VG normierte einheitliche Beschwerde sowohl gegen Schubhaftbescheid als auch gegen Festnahme und Anhaltung dürfte in Art 130 B VG keine Deckung finden.

Anders als die unter 3.1. dargestellte bisherige Rechtslage dürfte zudem § 22a BFA VG keine ausdrücklichen Sonderbestimmungen enthalten, die vorsehen, welches gemeinsame Verfahren für die Schubhaftbeschwerde zur Anwendung kommen soll.

Die mangelnde gesetzliche Regelung dürfte auch in der Vollzugspraxis ihren Ausdruck finden: Während das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl – erschließbar aus der Rechtsmittelbelehrung in seinem Bescheid – offenbar davon ausgeht, dass das Rechtsschutzregime für Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide anzuwenden ist, nimmt das Bundesverwaltungsgericht in seinem angefochtenen Erkenntnis an, dass die bisherige Systematik der Schubhaftbeschwerde auch in die geltende Rechtslage übernommen wurde, weshalb die entsprechenden Verfahrensregelungen über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Anwendung zu finden hätten.

Die jeweilige Rechtsauffassung hat auf Grund der jeweils unterschiedlichen Normen, die diesfalls zur Anwendung kommen, maßgebliche Auswirkungen auf die Beschwerdefrist (§16 BFA-VG – zwei Wochen; § 7 Abs 4 VwGVG – sechs Wochen bei einem Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt), aufschiebende Wirkung der Beschwerde (keine aufschiebende Wirkung bei Beschwerden gegen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt – § 22 Abs 1 VwGVG), Einbringungsstelle (§12 VwGVG – bei Bescheiden belangte Behörde; § 20 VwGVG – bei Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt das Verwaltungsgericht) sowie die Kostenregelung (§35 VwGVG).

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass § 22a Abs 1 und 2 BFA VG Art 18 iVm Art 83 Abs 2 B VG widersprechen dürfte:

Nach Art 83 Abs 2 B VG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Diese Verfassungsnorm bindet nicht nur die Vollziehung, sondern auch die Gesetzgebung. Das bedeutet, dass die sachliche Zuständigkeit einer Behörde – wie der Verfassungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat (VfSlg 2909/1955, 3156/1957, 6675/1972) – im Gesetz selbst festgelegt sein muss. Art 18 iVm Art 83 Abs 2 B VG verpflichtet den Gesetzgeber zu einer – strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden – präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit (vgl. auch VfSlg 3994/1961, 5698/1968, 9937/1984, 10.311/1984, 13.029/1992, 13.816/1994, 16.794/2003, 17.086/2003, 18.639/2008).

Der Gesetzgeber dürfte es mit der vorliegenden Regelung entgegen Art 18 iVm Art 83 Abs 2 B VG verabsäumt haben, klare Anordnungen im soeben genannten Sinn zu treffen. Die Unklarheit betreffend Einbringungsstelle und Beschwerdefrist hat aber Einfluss auf die Rechtzeitigkeit und damit auf die Zulässigkeit einer Schubhaftbeschwerde. Insbesondere die Unklarheit bezüglich der zuständigen Einbringungsstelle hat auch wesentliche Auswirkungen auf die Bemessung der gemäß Art 5 Abs 4 EMRK iVm Art 6 Abs 1 PersFrSchG festgelegten Entscheidungsfrist von einer Woche. Der Verfassungsgerichtshof hegt daher das Bedenken, dass § 22a Abs 1 Z 2 und 3 sowie Abs 2 BFA VG den Anforderungen des Art 18 iVm Art 83 Abs 2 B VG nicht entspricht.

Im Prüfungsverfahren wird auch zu untersuchen sein, ob § 22a Abs 1 BFA VG überhaupt die Prämisse zugrunde gelegt werden kann, dass auf Grund der geltenden Rechtslage ein einheitliches Verfahren angewendet werden könnte. Sollte sich erweisen, dass bei Beschwerdeerhebung in Abhängigkeit vom jeweiligen Beschwerdegegenstand jeweils das für das entsprechende Verwaltungshandeln vorgesehene Verfahren anzuwenden ist, so wird zu prüfen sein, ob eine derartige differenzierende Regelung, die für den Schubhaftbescheid einerseits und für die Festnahme und Anhaltung andererseits unterschiedliche Verfahren vorsieht, vor dem Hintergrund des – hier besonders sensiblen – Regelungsgegenstandes sachlich gerechtfertigt ist:

Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (s. etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s. etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002). Diese Schranken scheinen im vorliegenden Fall jedoch überschritten zu sein.

Wie der Gerichtshof ist seiner Rechtsprechung festgehalten hat, darf einem Rechtschutzsuchenden die Anrufung der zuständigen Behörde nicht unnötig erschwert werden (VfSlg 14.039/1995). Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass eine Regelung, die zunächst neben dem Schubhaftbescheid die gesonderte Anfechtbarkeit der in Vollziehung des Schubhaftbescheides ergehenden Festnahme und Anhaltung vorsieht, das Verfahren über diese Beschwerdegegenstände und insbesondere die Beschwerdefristen und Einbringungsstellen jedoch unterschiedlich gestaltet, vor dem Hintergrund der besonderen Situation der betroffenen Personen, bei denen es sich um in der Regel rechts- und sprachunkundige Fremde handelt, und mit Blick auf das Gewicht des betroffenen Rechtsgutes der persönlichen Freiheit dem aus dem Gleichheitsgrundsatz abzuleitenden allgemeinen Sachlichkeitsgebot widerspricht.

Der Verfassungsgerichtshof hegt das weitere Bedenken, dass auch § 22a Abs 3 BFA-VG dem Art 130 Abs 1 B VG widerspricht:

In seinen Erkenntnissen VfSlg 14.891/1997 und 16.192/2001 hat der Verfassungsgerichtshof zu der bis geltenden Verfassungsrechtslage ausgesprochen, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Kompetenzen der unabhängigen Verwaltungssenate durch Art 129a B VG ebenso wie des unabhängigen Bundesasylsenates durch Art 129c B VG ersichtlich von der Zielsetzung ausgegangen ist, diese nicht als Verwaltungsorgane einzurichten, die die Verwaltung in erster Instanz führen, sondern als solche, die die Verwaltung kontrollieren.

Der Verfassungsgerichtshof ist vorläufig der Ansicht, dass aus Art 130 B VG abzuleiten sein dürfte, dass den Verwaltungsgerichten nur Zuständigkeiten hinsichtlich der Entscheidung über 'Beschwerden' übertragen werden können. Das dürfte einerseits ein amtswegiges Tätigwerden des Bundesverwaltungsgerichtes ausschließen und andererseits ein entsprechendes Kontrollobjekt verlangen; erstinstanzliche Zuständigkeiten des Bundesverwaltungsgerichtes dürften daher nicht begründet werden können (vgl. Faber , Verwaltungsgerichtsbarkeit, Art 130 B VG, Rz 34; Fuchs , Der Beschwerdegegenstand im Verfahren der Verwaltungsgerichte erster Instanz, JRP 2007, 279 [281]; Holoubek , Der Beschwerdegegenstand vor dem Verwaltungsgericht erster Instanz, in: Holoubek/Lang [Hrsg.], Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, 213 [224]).

Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass mit der Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen, ein neuer Anhaltetitel geschaffen wird, der die Grundlage für die weitere Anhaltung bildet und den angefochtenen Schubhaftbescheid gegenstandslos werden lässt (VfSlg 13.039/1992). Wurde in diesem (Titel )Bescheid festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, so wurde die weitere Anhaltung in Schubhaft ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates selbst dann legitimiert, wenn die vorangehende Anhaltung als rechtswidrig erkannt wurde (VfSlg 14.193/1995; siehe auch – unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes – ; , 2010/21/0388; , 2011/21/0246; , 2013/21/0138). Der unabhängige Verwaltungssenat hatte demnach die Frage der (formellen wie materiellen) Rechtmäßigkeit der Anhaltung (im Zeitpunkt seiner Entscheidung, gegebenenfalls im Zeitpunkt unmittelbar vor der Freilassung) nach jeder Richtung hin selbständig zu untersuchen und jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit, also nicht etwa nur qualifiziert rechtswidriges behördliches Handeln, festzustellen und aufzugreifen (VfSlg 13.806/1994, 14.193/1995).

Nach dem Wortlaut des § 22a Abs 3 BFA VG (arg: 'jedenfalls') dürfte das Bundesverwaltungsgericht – sofern die Anhaltung noch andauert – in jedem Verfahren nach Abs 1 festzustellen haben, ob die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft vorliegen. Es dürfte zwar davon ausgegangen werden können, dass dem Bundesverwaltungsgericht – zumindest auch – ein Kontrollobjekt verwaltungsbehördlichen Handelns vorliegt, eine Beschwerde scheint jedoch – unabhängig vom Beschwerdegegenstand und vom Beschwerdevorbringen – in jedem Fall die gesetzliche Verpflichtung für einen Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes zu aktualisieren.

Anders als der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 16.192/2001 hinsichtlich der Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung im Asylverfahren festgestellt hat, dürfte es sich bei dem Ausspruch über die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft auch nicht um eine (bloße) Nebenbestimmung zum Ausspruch über die Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der (bisherigen) Anhaltung handeln; vielmehr dürfte es sich bei dem Fortsetzungsausspruch um einen eigenen Verfahrensgegenstand, nämlich die weitere Schubhaftverhängung, handeln.

Damit scheint dem Bundesverwaltungsgericht zwar kein amtswegiges Tätigwerden eingeräumt zu sein, weil die Feststellung nach § 22a Abs 3 BFA-VG jedenfalls das Vorliegen eines Beschwerdeverfahrens erfordert; allerdings dürfte eine erstinstanzliche Zuständigkeit eingeräumt werden. Diese scheint jedoch durch die bundesverfassungsgesetzlich verankerten Zuständigkeitsgrundlagen, wonach die Verwaltungsgerichte ausschließlich 'über Beschwerden' abzusprechen haben, nicht gedeckt zu sein.

Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, dass sowohl Art 5 Abs 4 EMRK als auch Art 6 Abs 1 PersFrSchG eine Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft durch ein Gericht oder eine andere unabhängige Behörde erfordern. Beide Normen verlangen ein umfassendes System der Haftprüfung, stellen aber keines zur Verfügung, sodass es organisations- und verfahrensrechtliche Ausführungsbestimmungen erfordert, um die institutionellen Garantien des Art 5 Abs 4 EMRK bzw. des Art 6 Abs 1 PersFrSchG zu erfüllen (vgl. Kopetzki , Art 6 PersFrG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 2002, Rz 63).

Art130 B VG scheint somit nach der vorläufigen Ansicht des Verfassungsgerichtshofes auch aus diesem Grund das vorliegende System der Schubhaftbeschwerde nicht tragen zu können."

4. Das Bundesverwaltungsgericht nahm von der Erstattung einer Äußerung zum Gesetzesprüfungsverfahren Abstand.

5. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der die Präjudizialität des § 22a Abs 1 Z 2 BFA-VG in Zweifel gezogen wird. Die Beschwerde gegen einen Schubhaftbescheid und eine in Vollziehung des Schubhaftbescheides erfolgte Anhaltung könne sich nur auf die Z 3, nicht aber auf die ebenfalls in Prüfung gezogene Z 2 des § 22a Abs 1 BFA-VG stützen (vgl. hiezu die im Folgenden zitierten Ausführungen der Bundesregierung).

Den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wird wie folgt entgegengetreten:

"1. Zu den Bedenken betreffend die Vereinbarkeit von § 22a Abs 1 BFA-VG mit Art 130 B VG:

1.1. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass § 22a Abs 1 BFA-VG gegen Art 130 B VG verstoße, weil er ein 'einheitliches Rechtsmittel' sowohl gegen den Schubhaftbescheid als auch gegen Festnahme und Anhaltung vorsehe.

1.2.1. Die Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte sind in Art 130 Abs 1 und 2 B VG abschließend geregelt. Art 130 Abs 1 B VG nennt jene Zuständigkeiten, die den Verwaltungsgerichten von Verfassung wegen zukommen (RV 1618 BlgNR 24. GP 13). Diese sind auf bestimmte Typen des Verwaltungshandelns bezogen. Zulässige Beschwerdegegenstände sind der Bescheid (Z1), die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Z2), die Nichterlassung eines Bescheides (Z3) und bestimmte Weisungen (Z4). Es fehlt jeder Hinweis dafür, dass durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr 51/2012, diese Typen von Verwaltungshandeln eine Veränderung erfahren sollten (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP 13, die hinsichtlich der Z 1 bis 4 auf Art 129a Abs 1 und Art 130 Abs 1 B VG idF vor dieser Novelle verweist).

Art130 Abs 2 B VG ermächtigt die einfache Gesetzgebung zur Begründung sonstiger Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte. Nach dessen Z 1 kann die einfache Gesetzgebung jedes Verhalten einer Verwaltungsbehörde in Vollziehung von Gesetzen zum Beschwerdegegenstand erklären, das nicht Kontrollobjekt nach Art 130 Abs 1 B VG ist, also nicht typengebundenes Verwaltungshandeln in Vollziehung der Gesetze (Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit [2013] Art 130 B VG Rz 24, 29).

1.2.2. Nach Auffassung der Bundesregierung ergeben sich aus diesen Bestimmungen im hier maßgeblichen Zusammenhang folgende verfassungsrechtlichen Vorgaben für die einfache Gesetzgebung:

Zum einen verbietet Art 130 Abs 1 B VG der einfachen Gesetzgebung, eine Beschwerde an die Verwaltungsgerichte gegen andere Typen von Verwaltungshandeln als die dort genannten vorzusehen. Zum anderen ergeben sich aus der verfassungsgesetzlichen Festlegung der Beschwerdegegenstände der Verwaltungsgerichte Einschränkungen der zulässigen Handlungsformen der Verwaltung. Der Verfassungsgerichtshof hat unter Berufung auf das rechtsstaatliche Prinzip ausgesprochen, dass die einfache Gesetzgebung die verbindliche Gestaltung von individuellen Rechtsverhältnissen in jene Rechtssatzformen kleiden muss, die einen verfassungsgesetzlich vorgegebenen Rechtsschutz ermöglichen (VfSlg 13.223/1992 uam.). Seit dem Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 kann die einfache Gesetzgebung aber auch Rechtseingriffe der Verwaltung vorsehen, bei denen es sich nicht um einen Bescheid oder einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handelt, wenn dagegen eine Beschwerde an die Verwaltungsgerichte gemäß Art 130 Abs 2 Z 1 B VG begründet werden kann und tatsächlich begründet wird (vgl. H. Eberhard, Verwaltungsgerichtsbarkeit und Rechtsschutz, JRP 2012, 269 [277]).

Darüber hinausgehende Vorgaben für die einfache Gesetzgebung hinsichtlich der Ausgestaltung der Beschwerdegegenstände oder des Verfahrensrechts der Verwaltungsgerichte enthält Art 130 Abs 1 und 2 B VG im hier maßgeblichen Zusammenhang nicht.

1.3. § 22a Abs 1 BFA-VG widerspricht diesen Vorgaben nicht:

1.3.1. Gemäß § 22a Abs 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z1), unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z2) oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z3). Die möglichen Gegenstände einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ergeben sich aus dem Einleitungssatz des § 22a Abs 1 BFA-VG: Schubhaftbescheid, Festnahme und Anhaltung.

1.3.2. Die in Z 1 geregelten Festnahmen nach dem BFA-VG beziehen sich auf die in § 34 BFA-VG vorgesehenen Festnahmeaufträge des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und die in § 40 BFA-VG – teils auf Grundlage solcher Festnahmeaufträge erfolgenden – Festnahmen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (vgl. näher oben Pkt. I.4.). Dabei handelt es sich um die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (vgl. hinsichtlich der Festnahmeaufträge § 34 Abs 5 BFA-VG). Verfassungsgesetzliche Grundlage der Beschwerde gegen eine Festnahme nach § 22a Abs 1 Z 1 BFA-VG ist daher Art 130 Abs 1 Z 2 B VG.

Die in Z 2 geregelte Anhaltung nach dem BFA VG bezieht sich auf die in Folge einer Festnahme nach Z 1 bestehende Freiheitsentziehung (vgl. VfSlg 13.039/1992 zum Begriff der Anhaltung, 'in die jede – tatsächliche – Inhaftnahme für wenn auch noch so kurze Zeit mündet'; vgl. auch § 40 Abs 4 zweiter Satz BFA-VG). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dauert der gegen eine Person durch die Festnahme ausgeübte Zwang für die gesamte Dauer der Haftanhaltung fort (VfSlg 9813/1983, 16.638/2002). Es handelt sich somit um die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Verfassungsgesetzliche Grundlage der Beschwerde gegen eine Anhaltung nach § 22a Abs 1 Z 2 BFA-VG ist daher ebenfalls Art 130 Abs 1 Z 2 B VG.

Die Z 3 regelt die Beschwerde gegen einen Schubhaftbescheid sowie gegen die Schubhaft selbst, das ist – nach der Legaldefinition des § 76 Abs 1 erster Satz FPG – die Festnahme und Anhaltung eines Fremden. Da die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen ist (§76 Abs 3 FPG), bezieht sich die Z 3 des § 22a Abs 1 BFA-VG – im Unterschied zu den Z 1 und 2 – lediglich auf jene Festnahmen und Anhaltungen, die auf Grundlage eines vollstreckbaren Schubhaftbescheides erfolgen. Nur die Beschwerde nach § 22a Abs 1 Z 3 BFA-VG stellt die 'Schubhaftbeschwerde' im eigentlichen Wortsinn dar.

Soweit Gegenstand der Schubhaftbeschwerde ein Schubhaftbescheid ist, ist verfassungsgesetzliche Grundlage der Beschwerde Art 130 Abs 1 Z 1 B VG. Soweit Gegenstand der Schubhaftbeschwerde eine Festnahme oder Anhaltung auf Grundlage eines vollstreckbaren Schubhaftbescheides ist, handelt es sich nach der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes – soweit diese Akte durch den Schubhaftbescheid gedeckt sind – nicht um (selbständig bekämpfbare) Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, sondern um bloße Vollstreckungsmaßnahmen (VfSlg 10.476/1985, 13.039/1992). Es liegt nicht typengebundenes Verwaltungshandeln in Vollziehung der Gesetze vor. Verfassungsgesetzliche Grundlage der Schubhaftbeschwerde ist hinsichtlich dieser Beschwerdegegenstände Art 130 Abs 2 Z 1 B VG. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass jeder einzelne der möglichen Beschwerdegegenstände des § 22a Abs 1 BFA-VG einem zulässigen Beschwerdegegenstand des Art 130 Abs 1 und Abs 2 Z 1 B VG entspricht.

1.3.3. § 22a Abs 1 BFA-VG fasst sämtliche Beschwerdemöglichkeiten an das Bundesverwaltungsgericht, die einem Fremden gegen eine Festnahme oder eine Anhaltung nach dem BFA-VG oder gegen eine Schubhaft nach dem FPG zur Verfügung stehen, regelungstechnisch in einer Bestimmung zusammen; die Z 3 enthält eine solche gesetzestechnische Zusammenfassung hinsichtlich verschiedener Aspekte der Schubhaft (Schubhaftbescheid, Festnahme und Anhaltung). Ein gemeinsamer ('einheitlicher') Beschwerdegegenstand wird durch diese Regelungstechnik nicht begründet.

1.3.4. § 22a Abs 1 Z 3 BFA-VG ermöglicht vielmehr eine prozessuale Verbindung mehrerer Beschwerden gegen verschiedene Beschwerdegegenstände – Schubhaftbescheid, Festnahme und Anhaltung – in einem einheitlichen Rechtsmittel zu einem einheitlichen Verfahren. Ob eine solche Verfahrensverbindung erfolgt, ob also mit einem einzigen Rechtsmittel mehrere Beschwerdegegenstände mit der Wirkung bekämpft werden, dass es zu einem gemeinsamen Verfahren darüber kommt, richtet sich nach der Beschwerdebehauptung. Welche(n) dieser Verwaltungsakte der Fremde in Beschwerde zieht, bleibt ihm überlassen. § 22a Abs 1 Z 3 BFA-VG sieht lediglich die Möglichkeit, nicht aber die Verpflichtung vor, den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung gemeinsam (oder in einer beliebigen Kombination) durch eine Gesamtbeschwerde zu bekämpfen. Der Fremde kann den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung auch durch Einzelanträge – unter einem oder nacheinander – in Beschwerde ziehen. Das Bundesverwaltungsgericht könnte solche Einzelanträge allerdings gemäß § 39 Abs 2 AVG iVm. § 17 VwGVG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden, wodurch verfahrensrechtlich derselbe Zustand wie bei einer Gesamtbeschwerde eintreten würde. Sinngemäß dasselbe gilt für das Verhältnis der Beschwerden nach der Z 3 des § 22a Abs 1 einerseits und dessen Z 1 und 2 andererseits. In dem in der Praxis häufigen Fall, dass ein Fremder gemäß § 40 BFA-VG festgenommen und angehalten wird, in der Folge ein Schubhaftbescheid erlassen und dieser sogleich durch Anhaltung vollzogen wird, kann der Fremde in einer Gesamtbeschwerde sowohl – gemäß § 22a Abs 1 Z 1 und 2 BFA-VG – gegen die Festnahme und Anhaltung als auch – gemäß § 22a Abs 1 Z 3 BFA-VG – gegen den Schubhaftbescheid und die folgende Anhaltung Beschwerde erheben; er kann dagegen aber auch mit gesonderten Beschwerden vorgehen. Das Bundesverwaltungsgericht ist an das Beschwerdevorbringen gebunden, darf also nur über jene Verwaltungsakte absprechen, die in Beschwerde gezogen wurden (vgl. ).

1.3.5. Eine solche prozessuale Verbindung mehrerer Beschwerden zu einem einheitlichen Verfahren ist dem Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren nicht fremd. § 39 Abs 2 und 2a AVG, der gemäß § 17 VwGVG auch auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anwendbar ist, sieht eine Verbindung mehrerer Sachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung vor (vgl. auch §§187 und 404 Abs 2 ZPO, die auch gemäß § 35 VfGG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof anwendbar sind). § 22a Abs 1 BFA-VG unterscheidet sich davon nur insoweit, als die Verbindung bereits im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung erfolgt, sodass erst gar nicht mehrere (in der Folge zu verbindende) Verfahren entstehen, sowie dadurch, dass die Verbindung nicht durch Entscheidung der Verwaltungsbehörde bzw. des Verwaltungsgerichts erfolgt, sondern durch eine Prozesshandlung des Beschwerdeführers.

Es stünde der Verfahrensgesetzgebung im Übrigen auch frei, mit den Modalitäten der Schubhaft einen weiteren Beschwerdegegenstand in die Gesamtbeschwerde nach § 22a Abs 1 BFA-VG einzubeziehen. Von dieser Möglichkeit hat die Verfahrensgesetzgebung bislang freilich keinen Gebrauch gemacht. Die Modalitäten der Anhaltung sind nicht mit Schubhaftbeschwerde, sondern mit – gesonderter – Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B VG zu bekämpfen (vgl. ). Die Verfahrensgesetzgebung hat sich bei allen diesen Regelungen – vom hier nicht verfahrensgegenständlichen Art 136 Abs 2 letzter Satz B VG abgesehen – von Gründen der Zweckmäßigkeit und Verfahrensökonomie sowie dem Rechtsschutzbedürfnis leiten zu lassen. Es besteht nach Ansicht der Bundesregierung kein Zweifel daran, dass die Möglichkeit der Erhebung einer Gesamtbeschwerde nicht nur der Verfahrensökonomie dient, sondern auch im Interesse einer effektiven Haftbeschwerde und damit letztlich im Interesse des Rechtsschutzsuchenden liegt.

1.3.6. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass durch § 22a Abs 1 B VG auch nicht Formen des Verwaltungshandelns begründet werden, die nicht den Rechtssatzformen des Art 130 Abs 1 B VG entsprechen oder gemäß Art 130 Abs 2 Z 1 B VG im Beschwerdeweg nicht bekämpfbar wären.

1.4. Zusammenfassend geht die Bundesregierung davon aus, dass durch § 22a Abs 1 BFA-VG nicht mehrere Beschwerdegegenstände zu einem neuen, gemeinsamen ('einheitlichen') Beschwerdegegenstand vermengt werden. Vielmehr wird die verfahrensrechtliche Möglichkeit (nicht Verpflichtung) geschaffen, Schubhaftbescheid, Festnahme und Anhaltung durch eine Gesamtbeschwerde mit der Wirkung zu bekämpfen, dass darüber ein einheitliches Verfahren stattfindet. Die mit einer solchen Gesamtbeschwerde bekämpften Verwaltungsakte entsprechen jeder für sich genommen den in Art 130 Abs 1 B VG festgelegten Beschwerdegegenständen (Bescheid, Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt) bzw. einem Verhalten einer Verwaltungsbehörde in Vollziehung der Gesetze, das gemäß Art 130 Abs 2 Z 1 B VG einfachgesetzlich zum Beschwerdegegenstand erklärt werden kann. Gegen die Verbindung mehrerer Beschwerden gegen verschiedene Beschwerdegegenstände zu einem einheitlichen Verfahren auf Grund einer Gesamtbeschwerde bestehen aber, wie im Besonderen die vergleichbare Regelung des § 39 Abs 2 AVG (iVm. § 17 VwGVG) zeigt, keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

2. Zu den Bedenken betreffend die Vereinbarkeit von § 22a Abs 1 und 2 BFA-VG mit Art 18 iVm. Art 83 Abs 2 B VG und mit dem Sachlichkeitsgebot:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass unklar sei, ob für die Schubhaftbeschwerde das Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide oder jenes über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zur Anwendung gelange, was gegen Art 18 iVm Art 83 Abs 2 B VG verstoße. Ginge man aber davon aus, dass für die Schubhaftbeschwerde kein einheitliches Verfahrensrecht, sondern das für den jeweiligen Beschwerdegegenstand maßgebliche Verfahrensrecht zur Anwendung gelange, widerspreche es dem Sachlichkeitsgebot, wenn dieses Verfahrensrecht (insbesondere hinsichtlich der Einbringungsstelle und der Beschwerdefrist) unterschiedlich gestaltet sei.

2.2. Vorausgeschickt wird, dass nach der im Prüfungsbeschluss zitierten ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes Art 18 iVm Art 83 Abs 2 B VG die Gesetzgebung lediglich zu einer präzisen Regelung der sachlichen Zuständigkeit einer Behörde verpflichtet (zB VfSlg 13.816/1994, 16.794/2003, 17.086/2003, 18.639/2008 sowie 19.677/2012).

Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung über Beschwerden gemäß § 22a Abs 1 BFA-VG ist aber klar und präzise geregelt. Vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung bezweifelt die Bundesregierung allerdings, dass der Schutzbereich des Art 83 Abs 2 B VG das anzuwendende Verfahrensrecht insgesamt, und somit etwa auch Regelungen über die Beschwerdefrist oder die Einbringungsbehörde erfasst.

2.3. Gemäß § 83 Abs 2 FPG idF vor dem FNG galten für Beschwerden an den unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 82 Abs 1 FPG in dieser Fassung die §§67c bis 67g AVG sowie § 79a AVG mit näher bestimmten Maßgaben. Eine solche ausdrückliche Anordnung über die Anwendbarkeit des Verfahrensrechts für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt enthält § 22a BFA-VG zwar nicht. Aus der Entstehungsgeschichte […] ergibt sich allerdings, dass § 22a BFA-VG im Wesentlichen den bisherigen §§82 f FPG entsprechen sollte und nur einzelne, näher genannte Änderungen erfolgen sollten. Von einer Änderung des auf solche Beschwerden anzuwendenden Verfahrens ist nicht die Rede, was aber bei einer so tiefgreifenden Änderung, wie sie ein nach dem Beschwerdegegenstand unterschiedliches Verfahrensrecht darstellen würde, zu erwarten gewesen wäre. Vielmehr geht aus den Materialien zum FNG und zum FNG-Anpassungsgesetz […] hervor, dass eine Änderung des Verfahrens über (Schub )Haftbeschwerden nicht erfolgen sollte.

Es kommt somit für (alle) Beschwerden gemäß § 22a Abs 1 BFA-VG – wie schon bisher – das Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zur Anwendung (ebenso im Ergebnis Halm-Forsthuber/Höhl/Nedwed, Besonderheiten im fremden- und asylrechtlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, ÖJZ2014/50, 293 [298]). Dieses Verfahren wird auch dem Charakter der Schubhaftbeschwerde als 'habeas corpus-Verfahren' iSd. Art 5 Abs 4 EMRK und des Art 6 PersFrG am ehesten gerecht (). Beschwerden gemäß § 22a Abs 1 BFA-VG sind daher gemäß § 20 VwGVG unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen. Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 7 Abs 4 VwGVG sechs Wochen. Mit dem Einlangen der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht beginnt die einwöchige Frist des § 22a Abs 2 BFA-VG für die Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu laufen (vgl. § 34 Abs 1 VwGVG). Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung, doch kann ihr eine solche vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs 1 VwGVG zuerkannt werden. Eine Beschwerdevorentscheidung (§14 VwGVG) kann nicht erlassen werden. Die Kosten im Verfahren bestimmen sich nach § 35 VwGVG.

2.4. Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass ein Verstoß gegen Art 18 iVm. Art 83 Abs 2 B VG nicht vorliegt.

2.5. Da für alle Beschwerden gemäß § 22a Abs 1 BFA-VG dasselbe, einheitliche Verfahrensrecht zur Anwendung gelangt, gehen die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf das allgemeine Sachlichkeitsgebot ins Leere.

2.6. Sollte der Verfassungsgerichtshof hingegen – entgegen der hier vertretenen Rechtsauffassung – davon ausgehen, dass auf Beschwerden gemäß [§] 22a Abs 1 BFA-VG kein einheitliches Verfahrensrecht zur Anwendung gelangt, merkt die Bundesregierung Folgendes an: Es erscheint nicht unsachlich, wenn auf unterschiedliche Beschwerdegegenstände das nach dem VwGVG für diese Beschwerdegegenstände allgemein – und nicht nur in Bezug auf die Schubhaft und auf Festnahmen und Anhaltungen nach dem BFA-VG – vorgesehene Verfahren zur Anwendung gelangt.

3. Zu den Bedenken betreffend die Vereinbarkeit von § 22a Abs 3 BFA-VG mit Art 130 Abs 1 B VG:

3.1. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass durch § 22a Abs 3 BFA VG betreffend den Fortsetzungsausspruch zwar keine amtswegig wahrzunehmende, aber eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes begründet werde, was in Widerspruch zu Art 130 Abs 1 B VG stehe.

3.2. Gemäß § 22a Abs 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen (sog. Fortsetzungsausspruch). Es handelt sich dabei um eine besondere Regelung der Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichtes. Diese tritt neben die allgemeine Regelung der Entscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte im Maßnahmenbeschwerdeverfahren. Gemäß § 28 Abs 6 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn es eine Beschwerde nicht zurückzuweisen hat, diese entweder als unbegründet abzuweisen oder die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und aufzuheben. Dauert eine Anhaltung an, hat das Bundesverwaltungsgericht also zwei Entscheidungen (zwei Spruchpunkte) zu treffen:

Zum einen hat es über die Rechtmäßigkeit der bisherigen Anhaltung zu entscheiden. Insoweit bestimmt sich der Prüfungsumfang des Bundesverwaltungsgerichts nach § 27 VwGVG, wonach das Verwaltungsgericht die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde zu überprüfen hat (vgl. RV 2144 BlgNR 24. GP 15: eine dem bisherigen § 83 Abs 4 zweiter Satz FPG vergleichbare Regelung, wonach der UVS 'im Übrigen' – soweit es also nicht um den Fortsetzungsausspruch geht – im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden hatte, erübrigt sich im Hinblick auf § 27 VwGVG). Die Rechtmäßigkeit ist anhand der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Setzung des Aktes zu beurteilen, bei einem andauernden Akt wie einer Anhaltung hat sich die Prüfung der Rechtmäßigkeit auf den gesamten bisherigen Zeitraum zu erstrecken (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 67c Rz 27). Stellt das Bundesverwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit fest, wird dadurch nicht nur die rechtliche Verbindlichkeit der Schubhaft beseitigt (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 67c Rz 32). Die Schubhaft wäre auch gemäß § 28 Abs 6 erster Satz VwGVG aufzuheben und der Fremde gemäß § 28 Abs 6 zweiter Satz VwGVG aus der Schubhaft zu entlassen, sofern nicht ein Fortsetzungsausspruch ergeht.

Zum anderen hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22a Abs 3 BFA-VG über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft zu entscheiden. Diese Entscheidung hat feststellenden Charakter. Ihr liegt die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Schubhaft 'zum Zeitpunkt der Entscheidung' zugrunde. Diese Prüfung im Entscheidungszeitpunkt hat der Verfassungsgerichtshof auch als den eigentlichen Sinn des Haftprüfungsverfahrens als 'habeas-corpus-Verfahren' qualifiziert (VfSlg 14.192/1995). Nach der Rechtsprechung hatte der UVS die Rechtmäßigkeit dabei nach jeder Richtung hin selbständig zu prüfen und jede Gesetzeswidrigkeit aufzugreifen (VfSlg 13.039/1992, 13.806/1994); diese Rechtsprechung wird auch auf die geltende Rechtslage übertragbar sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung somit die zum Entscheidungszeitpunkt bestehende Sach- und Rechtslage zu Grunde zu legen. Stellt das Bundesverwaltungsgericht fest, das[s] im Entscheidungszeitpunkt die Voraussetzungen für die Schubhaft nicht vorliegen, ist die Schubhaft durch Freilassung des Fremden formlos aufzuheben (§81 Abs 1 Z 2 FPG). Stellt das Bundesverwaltungsgericht hingegen fest, dass diese Voraussetzungen vorliegen, ergeht ein Fortsetzungsausspruch nach § 22a Abs 3 BFA-VG. Dieser 'wirkt' nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (beginnend mit VfSlg 13.039/1992) als neuer Titel der Anhaltung.

3.3. Nach Auffassung der Bundesregierung stellt der Fortsetzungsausspruch nach § 22a Abs 3 BFA-VG nur eine besondere Ausprägung der den Verwaltungsgerichten grundsätzlich aufgetragenen Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache selbst (Art130 Abs 4 B VG) dar. Das Verwaltungsgericht kann bei einer meritorischen Entscheidung den angefochtenen Bescheid in jede Richtung ändern, insbesondere also auch zu einem anderen Ergebnis als die Verwaltungsbehörde kommen. Einer solchen reformatorischen Entscheidung ist der Fall vergleichbar, in dem das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22a Abs 3 BFA-VG feststellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen, obwohl die vorangegangene Anhaltung rechtswidrig war. Einem solchen Fortsetzungsausspruch kommt – wie jeder Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes – im Rahmen seiner subjektiven und objektiven Grenzen Verbindlichkeit zu. Bei einer feststellenden Entscheidung wird über das Vorliegen eines (strittigen) Rechtsverhältnisses verbindlich abgesprochen, im Fall des § 22a Abs 3 BFA-VG über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt.

3.4. Wenn der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zur Rechtslage vor dem dem Fortsetzungsausspruch die 'Wirkung' eines neuen Titels für die Anhaltung beimisst, wird damit nichts anderes beschrieben als die Verbindlichkeit dieser feststellenden Entscheidung. Das zeigt sich anhand eines Vergleiches mit den Rechts(kraft)wirkungen der feststellenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtes im Maßnahmenbeschwerdeverfahren:

Die Feststellung der Rechtswidrigkeit und die Aufhebung des Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt beseitigt die Verbindlichkeit dieses Aktes (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 67c Rz 32). Die Behörde ist verpflichtet, faktisch den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen (§28 Abs 6 letzter Satz VwGVG), also etwa einen beschlagnahmten Gegenstand auszufolgen oder die Anhaltung eines Festgenommenen zu beenden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 67c Rz 33). Für die Schubhaft wird die Verpflichtung zur Folgenbeseitigung durch die ausdrückliche Anordnung des § 81 Abs 1 Z 2 FPG, die Schubhaft durch Freilassung des Fremden formlos aufzuheben, konkretisiert.

Wird die Maßnahmenbeschwerde hingegen abgewiesen, impliziert dies die Feststellung, dass der angefochtene Verwaltungsakt (bis zum und im Zeitpunkt der Entscheidung) rechtmäßig war und ist. Wenngleich eine förmliche Feststellung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme gesetzlich nicht vorgesehen ist, hat die in der Abweisung implizierte Feststellung der Rechtmäßigkeit dennoch normative Wirkung (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 67c Rz 35). Diese äußert sich faktisch – um bei den genannten Beispielen zu bleiben – darin, dass ein beschlagnahmter Gegenstand in Beschlagnahme und ein Festgenommener in Anhaltung verbleibt.

3.5. Es zeigt sich also, dass § 22a Abs 3 BFA-VG von § 28 Abs 6 VwGVG betreffend die Entscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte im Verfahren über Maßnahmenbeschwerden nur in zweierlei Hinsicht abweicht:

3.5.1. Zum einen regelt § 22a Abs 3 BFA-VG den maßgeblichen Zeitpunkt für die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Rechtmäßigkeit der Anhaltung. Wie oben (Pkt. III.3.2.) dargestellt, ist dies der Zeitpunkt seiner Entscheidung. Diese Rechtslage entspricht dem Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide, in denen das Verwaltungsgericht ebenfalls Änderungen der Sach- und Rechtslage bis zum Entscheidungszeitpunkt zu berücksichtigen hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher bei einer Entscheidung über Beschwerden gemäß § 22a Abs 1 BFA-VG alle Änderungen der Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen, die zwischen der Erlassung des Schubhaftbescheides bzw. der Festnahme und seiner Entscheidung erfolgen. Eine solche, auf den jeweiligen Fremden bezogene Änderung kann insbesondere auch eine zwischenzeitlich verwirklichte Voraussetzung für die Anordnung von Schubhaft aus einem anderen Grund sein. Der Verfahrensgesetzgebung kommt hier ein weiter Gestaltungsspielraum zu: Genauso wie sie auf Grund einer Antragsänderung im Beschwerdeverfahren eine Änderung der Sache (und damit letztlich des Beschwerdegegenstandes) zulassen kann, wenn dadurch die Sache 'ihrem Wesen nach' nicht verändert wird (§13 Abs 8 AVG iVm. § 17 VwGVG), kann sie auch vorsehen, dass das Verwaltungsgericht Änderungen der Sachlage in Bezug auf die Voraussetzungen für die Anordnung von Schubhaft zu berücksichtigen hat. Dabei handelt es sich um eine Frage der Zweckmäßigkeit der Ausgestaltung des Verfahrensrechts, die verfassungsrechtlich am Maßstab des – hier nicht verfahrensgegenständlichen – Art 136 Abs 2 letzter Satz B VG und des allgemeinen Sachlichkeitsgebots, nicht aber an Art 130 Abs 1 B VG zu messen ist.

3.5.2. Zum anderen sieht § 22a Abs 3 BFA-VG die förmliche Feststellung der Rechtmäßigkeit der Haft im Zeitpunkt der Entscheidung vor. Eine solche förmliche Feststellung erfolgt im Maßnahmenbeschwerdeverfahren, wie oben (Pkt. III.3.4.) dargestellt, nicht. Sie wäre im Übrigen auch im Haftprüfungsverfahren nicht durch Art 6 Abs 1 PersFrG und Art 5 Abs 4 EMRK geboten, da auch die meritorische Abweisung einer Haftprüfungsbeschwerde die Feststellung ihrer Rechtmäßigkeit impliziert (Kopetzki, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.] Österreichisches Bundesverfassungsrecht [3. Lfg 2000], Art 6 PersFrG, Rz 24). Kopetzki (aaO, Rz 28) hat daher darauf hingewiesen, dass die Deutung des Fortsetzungsausspruches als neuer Titel der künftigen Anhaltung nicht nur im Wortlaut des Art 6 PersFrG keine Deckung finde, sondern auch der bloßen Kontrollfunktion der Haftprüfung widerspreche. Die auf das Erkenntnis VfSlg 13.039/1992 zurückgehende Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, dass der Fortsetzungsausspruch als neuer Titel der Haft 'wirkt', ist vor dem Hintergrund der damaligen Rechtslage zu verstehen. Danach hatte der UVS nur über Beschwerden gegen die Festnahme und Anhaltung, die Sicherheitsdirektion hingegen über Berufungen gegen den Schubhaftbescheid zu entscheiden […]. Dem Erkenntnis VfSlg 13.039/1992 lag ein Gesetzesprüfungsantrag des Verwaltungsgerichtshofes zu Grunde, in dem dieser das Bedenken formulierte, der UVS habe bei einer Entscheidung über die Festnahme und Anhaltung entweder über die Rechtmäßigkeit eines bereits rechtskräftigen (und allenfalls durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bestätigten) Schubhaftbescheides neuerlich zu entscheiden, oder es bestehe eine Zuständigkeitskonkurrenz zwischen dem UVS und der Sicherheitsdirektion betreffend die Kontrolle des Schubhaftbescheides. Der Verfassungsgerichtshof konnte eine solche Zuständigkeitskonkurrenz nicht erkennen, weil der UVS lediglich zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer bestehenden Anhaltung zuständig sei und führte dabei Folgendes aus:

'Macht der Festgenommene von diesem Beschwerderecht Gebrauch und entscheidet daraufhin der unabhängige Verwaltungssenat über die Rechtmäßigkeit der Haft, wirkt die Senatsentscheidung als neuer (Titel-)Bescheid, der im Fall der Beschwerdestattgebung die Haftaufhebung, im Fall der - mit der Feststellung der Rechtmäßigkeit der Haft verbundenen - Abweisung der Beschwerde aber die Haftfortdauer zur Folge hat und den Schubhaftbescheid notwendig gegenstandslos werden läßt.' […]

Die ratio einer solchen Deutung, die den Schubhaftbescheid bei einer Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Haft quasi immunisiert, ist aber vor dem Hintergrund einer Rechtslage, nach welcher die Entscheidung über Schubhaftbescheid, Festnahme und Anhaltung vom selben Organ getroffen wird, nicht mehr gegeben.

3.6. Zusammenfassend ist die Bundesregierung der Auffassung, dass dem Bundesverwaltungsgericht durch § 22a Abs 3 BFA-VG keine erstinstanzliche Zuständigkeit eingeräumt wird. Vielmehr wird lediglich die Verpflichtung des Bundesverwaltungsgerichts geregelt, über die Rechtmäßigkeit einer andauernden Anhaltung eine meritorische Entscheidung zu fällen.

3.7. Die Bundesregierung weist abschließend auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-146/14 PPU hin: Dieses dürfte so zu verstehen sein, dass die Möglichkeit eines Gerichts, bei der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Verlängerung von Schubhaft seine Entscheidung an die Stelle jener der Verwaltungsbehörde zu setzen, unionsrechtlich durch die (unmittelbar anwendbare) Regelung des Art 15 der Richtlinie 2008/15/EG geboten ist ( PPU, Bashir Mohamed Ali Mahdi, Rn 54, 62).

4. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass § 22a Abs 1 bis 3 des BFA Verfahrensgesetzes – BFA-VG, BGBl I Nr 87/2012, nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig ist." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

6. Mit dem zu G172/2014 protokollierten Antrag begehrt der Verwaltungsgerichtshof, § 22a Abs 1 bis 3 BFA-VG idF BGBl I 68/2013 als verfassungswidrig aufzuheben. Mit den zu G184/2014 und G185/2014 protokollierten Anträgen begehrt der Verwaltungsgerichtshof, § 22a Abs 2 und 3 BFA-VG idF BGBl I 68/2013 als verfassungswidrig aufzuheben. Den Revisionen, anlässlich deren Behandlung der Verwaltungsgerichtshof diese Anträge stellt, liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

6.1. Der Revisionswerber vor dem Verwaltungsgerichtshof in dem zu G172/2014 protokollierten Verfahren stellte in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 5 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005AsylG 2005), BGBl I 100 idF BGBl I 144/2013, zurückgewiesen wurde; zudem wurde festgestellt, dass Italien für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des Revisionswerbers angeordnet und ausgesprochen, dass seine Abschiebung nach Italien zulässig sei. Der Revisionswerber wurde am im Zuge einer Personenkontrolle festgenommen. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom selben Tag wurde über ihn gemäß § 76 Abs 2a Z 1 FPG die Schubhaft verhängt. Gegen "die Verhängung der Schubhaft" und gegen "die andauernde Anhaltung in Schubhaft" erhob der Revisionswerber eine auf § 22a BFA-VG gestützte Beschwerde, die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Der Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auf Ersatz der Verfahrenskosten wurde zurückgewiesen und die Revision für zulässig erklärt. Anlässlich der Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision stellte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung des § 22a Abs 1 bis 3 BFA-VG.

6.2. Der Revisionswerber vor dem Verwaltungsgerichtshof in dem zu G184/2014 protokollierten Verfahren stellte in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wurde; des Weiteren wurde festgestellt, dass Frankreich für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des Revisionswerbers angeordnet und ausgesprochen, dass seine Abschiebung nach Frankreich zulässig sei. Der Revisionswerber wurde am unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des BFA VG festgenommen; mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom folgenden Tag wurde über ihn gemäß § 76 Abs 2a Z 1 FPG die Schubhaft verhängt. Gegen diesen Bescheid sowie gegen die "Festnahme […], die Anordnung der Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft" erhob der Revisionswerber auf § 22a BFA-VG gestützte Beschwerden. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wurde (unter anderem) festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Nur gegen diesen Spruchpunkt richtet sich die an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Revision, anlässlich deren Behandlung dieser den Antrag auf Aufhebung des § 22a Abs 2 und 3 BFA-VG stellte.

6.3. Über den Revisionswerber vor dem Verwaltungsgerichtshof in dem zu G185/2014 protokollierten Verfahren wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde gegen den Revisionswerber gemäß § 76 Abs 1 FPG die Schubhaft angeordnet und im Anschluss an die Anhaltung in gerichtlicher Strafhaft vollzogen. Der Revisionswerber erhob gegen die "Verhängung der Schubhaft" sowie gegen "die andauernde Anhaltung in Schubhaft" eine auf § 22a BFA-VG gestützte Beschwerde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wurde (unter anderem) festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Außerdem wurde dem Revisionswerber der Ersatz der Barauslagen für den in der mündlichen Verhandlung beigezogenen Dolmetscher auferlegt. Gegen diese Spruchpunkte richtet sich die an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Revision, anlässlich deren Behandlung dieser den Antrag auf Aufhebung des § 22a Abs 2 und 3 BFA-VG stellte.

6.4. Zur Zulässigkeit des zu G172/2014 protokollierten Antrages führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass bei der Entscheidung über die vorliegende Revision die Bestimmungen des § 22a Abs 1 Z 3 und des § 22a Abs 3 BFA VG präjudiziell seien. Da im Falle der Aufhebung der genannten Normen wegen ihres untrennbaren Zusammenhanges mit Abs 1 Z 1 und 2 sowie Abs 2 diese Bestimmungen ebenfalls aufzuheben sein würden, werde der Antrag in Bezug auf alle vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogenen Bestandteile des § 22a leg.cit. gestellt.

Hinsichtlich der zu G184/2014 und zu G185/2014 protokollierten Anträge führt der Verwaltungsgerichtshof aus, bei der Entscheidung über die Revisionen sei § 22a Abs 3 BFA VG präjudiziell. Wegen ihres untrennbaren Zusammenhanges mit Abs 2 leg.cit. werde diese Bestimmung ebenfalls aufzuheben sein.

Zur Begründung der Anträge verweist der Verwaltungsgerichtshof jeweils auf die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken.

7. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst teilte mit, dass hinsichtlich der Anträge des Verwaltungsgerichtshofes auf die zu G151/2014 erstattete Äußerung der Bundesregierung verwiesen werde.

8. Die im Anlassfall E4/2014 beschwerdeführende Partei erstattete zur Äußerung der Bundesregierung eine Äußerung, in der sie sich im Ergebnis den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken anschließt.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen sind hervorgehoben):

1. Art 129 bis 132 des Bundes Verfassungsgesetzes, BGBl 1/1930 idF BGBl I 115/2013, lauten:

"A. Verwaltungsgerichtsbarkeit

Artikel 129. Für jedes Land besteht ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Artikel 130. (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art 81a Abs 4.

(2) Durch Bundes- oder Landesgesetz können sonstige Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über

1. Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Verwaltungsbehörde in Vollziehung der Gesetze oder

2. Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens oder

3. Streitigkeiten in dienstrechtlichen Angelegenheiten der öffentlich Bediensteten vorgesehen werden. In den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die nicht unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, sowie in den Angelegenheiten der Art 11, 12, 14 Abs 2 und 3 und 14a Abs 3 und 4 dürfen Bundesgesetze gemäß Z 1 nur mit Zustimmung der Länder kundgemacht werden.

(3) Außer in Verwaltungsstrafsachen und in den zur Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen gehörenden Rechtssachen liegt Rechtswidrigkeit nicht vor, soweit das Gesetz der Verwaltungsbehörde Ermessen einräumt und sie dieses im Sinne des Gesetzes geübt hat.

(4) Über Beschwerden gemäß Abs 1 Z 1 in Verwaltungsstrafsachen hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Über Beschwerden gemäß Abs 1 Z 1 in sonstigen Rechtssachen hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(5) Von der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte ausgeschlossen sind Rechtssachen, die zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte oder des Verfassungsgerichtshofes gehören sofern nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

Artikel 131. (1) Soweit sich aus Abs 2 und 3 nicht anderes ergibt, erkennen über Beschwerden nach Art 130 Abs 1 die Verwaltungsgerichte der Länder.

(2) Soweit sich aus Abs 3 nicht anderes ergibt, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Sieht ein Gesetz gemäß Art 130 Abs 2 Z 2 eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vor, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, die gemäß Art 14b Abs 2 Z 1 in Vollziehung Bundessache sind. Sieht ein Gesetz gemäß Art 130 Abs 2 Z 3 eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vor, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Streitigkeiten in dienstrechtlichen Angelegenheiten der öffentlich Bediensteten des Bundes.

(3) Das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen erkennt über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 bis 3 in Rechtssachen in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden) und des Finanzstrafrechts sowie in sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden.

(4) Durch Bundesgesetz kann

1. eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte der Länder vorgesehen werden: in Rechtssachen in den Angelegenheiten gemäß Abs 2 und 3;

2. eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte des Bundes vorgesehen werden:

a) in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Umweltverträglichkeitsprüfung für Vorhaben, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist (Art10 Abs 1 Z 9 und Art 11 Abs 1 Z 7);

b) in sonstigen Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die nicht unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, sowie in den Angelegenheiten der Art 11, 12, 14 Abs 2 und 3 und 14a Abs 3.

Bundesgesetze gemäß Z 1 und Z 2 litb dürfen nur mit Zustimmung der Länder kundgemacht werden.

(5) Durch Landesgesetz kann in Rechtssachen in den Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte des Bundes vorgesehen werden. Art 97 Abs 2 gilt sinngemäß.

(6) Über Beschwerden in Rechtssachen, in denen ein Gesetz gemäß Art 130 Abs 2 Z 1 eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vorsieht, erkennen die in dieser Angelegenheit gemäß den Abs 1 bis 4 dieses Artikels zuständigen Verwaltungsgerichte. Ist gemäß dem ersten Satz keine Zuständigkeit gegeben, erkennen über solche Beschwerden die Verwaltungsgerichte der Länder.

Artikel 132. (1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:

1. wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;

2. der zuständige Bundesminister in Rechtssachen in einer Angelegenheit der Art 11, 12, 14 Abs 2 und 3 und 14a Abs 3 und 4 oder in Rechtssachen, in denen dem Bescheid eines Landes- oder Bezirksschulrates ein kollegialer Beschluss zugrunde liegt.

(2) Gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

(3) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann Beschwerde erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt zu sein behauptet.

(4) Gegen Weisungen gemäß Art 81a Abs 4 kann die Schulbehörde auf Grund eines Beschlusses des Kollegiums Beschwerde erheben.

(5) Wer in anderen als den in Abs 1 und 2 genannten Fällen und in den Fällen, in denen ein Gesetz gemäß Art 130 Abs 2 eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vorsieht, wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben kann, bestimmen die Bundes- oder Landesgesetze.

(6) In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde kann Beschwerde beim Verwaltungsgericht erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges erhoben werden."

2. § 22a BFA VG, BGBl I 87/2012 idF BGBl I 68/2013, lautet:

"Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft

§22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs 1 bereits eingebracht wurde."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 Abs 1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen erwogen:

A. Zur Zulässigkeit der Verfahren

1. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Prüfungsbeschluss unterschiedliche Bedenken einerseits gegen § 22a Abs 1 und 2 BFA-VG, andererseits gegen § 22a Abs 3 BFA-VG geäußert. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich in seinen Anträgen in der Sache diesen Bedenken an.

2. Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was die Zulässigkeit des amtswegigen Gesetzesprüfungsverfahrens zu G151/2014 in Zweifel ziehen würde. Soweit die Bundesregierung einwendet, § 22a Abs 1 Z 2 BFA VG sei entgegen der Annahme des Verfassungsgerichtshofes in dem dem Prüfungsbeschluss zugrunde liegenden Anlassfall nicht präjudiziell, vermag dieses Vorbringen nichts an der Zulässigkeit des Verfahrens zu ändern, weil § 22a Abs 1 BFA VG jedenfalls in seiner Gesamtheit in einem untrennbaren Zusammenhang steht. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat die im Anlassverfahren angefochtene Entscheidung in Spruchpunkt I. auf § 22a Abs 1 BFA VG gestützt. Da auch sonst keine Prozesshindernissse hervorgekommen sind, erweist sich das Gesetzesprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.

3. Zu den Anträgen des Verwaltungsgerichtshofes:

3.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B VG bzw. des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

3.2. Hinsichtlich des zu G172/2014 protokollierten Antrages des Verwaltungsgerichtshofes gilt das unter Punkt 2. Gesagte. Der Verwaltungsgerichtshof geht denkmöglich davon aus, dass er im Zuge der Behandlung der Revision die Bestimmung des § 22a Abs 1 Z 3 BFA VG anzuwenden habe und diese daher präjudiziell sei. In der Folge nimmt der Verwaltungsgerichtshof einen untrennbaren Zusammenhang zwischen dieser Bestimmung und § 22a Abs 1 Z 1 und 2 sowie Abs 2 BFA VG an. Der Verfassungsgerichtshof hegt des Weiteren keine Zweifel, dass der Verwaltungsgerichtshof im Revisionsverfahren auch § 22a Abs 3 BFA VG anzuwenden hat.

3.3. Im Rahmen der zu G184/2014 und G185/2014 protokollierten Anträge geht der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls denkmöglich davon aus, dass in den seinen Anträgen zugrunde liegenden Revisionsverfahren § 22a Abs 2 und 3 BFA VG anzuwenden sind.

3.4. Die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes erweisen sich daher insgesamt als zulässig.

B. In der Sache

4. Der Verfassungsgerichtshof zog in seinem Prüfungsbeschluss zunächst § 22a Abs 1 und 2 BFA VG in Prüfung: Der Verfassungsgerichtshof meinte vorläufig, dass diese Bestimmungen keine Deckung in Art 130 B VG finden könnten. Das weitere Bedenken ging dahin, dass § 22a Abs 1 und 2 BFA VG gegen Art 18 iVm Art 83 Abs 2 B VG verstoßen dürften. Letztlich hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass § 22a Abs 1 und 2 BFA VG dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen dürften.

4.1. Die grundsätzlichen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes richteten sich der Sache nach gegen § 22a Abs 1 Z 3 und Abs 2 BFA VG, weil in diesem Beschwerdeverfahren offenbar mehrere Formen des Verwaltungshandelns zusammengefasst werden sollen.

4.2. § 22a Abs 1 Z 3 BFA-VG ermöglicht zum einen – wie schon § 5a Fremdenpolizeigesetz, BGBl 75/1954 idF BGBl 21/1991 (im Folgenden: FrPolG), – die Bekämpfung von Vollzugsmaßnahmen, auch wenn sie auf einem vollstreckbaren Schubhaftbescheid beruhen. Die auf einen Schubhaftbescheid folgende Festnahme und Anhaltung waren vom Verfassungsgerichtshof vor der Fremdenpolizeigesetznovelle BGBl 21/1991 als Maßnahmen der Vollstreckung eines Bescheides qualifiziert worden und wurden als nicht nach Art 144 Abs 1 B VG beim Verfassungsgerichtshof anfechtbare Verwaltungsakte betrachtet (vgl. VfSlg 10.978/1986 mwH; 12.340/1988). Der Gesetzgeber hielt es in der Folge für erforderlich, in Hinblick auf das mit in Kraft getretene Bundesverfassungsgesetz vom über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl 684, (im Folgenden: PersFrSchG) die Anfechtbarkeit dieser Vollzugsakte zu eröffnen (vgl. RV 9 BlgNR 18. GP, 3; Köhler , Art 129a B VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht, 1. Lfg. 1999, FN 89 zu Rz 45).

Zum anderen verfolgte der einfache Gesetzgeber seit dem mit in Kraft getretenen Bundesgesetz über die Einreise und den Aufenthalt von Fremden (Fremdengesetz – FrG), BGBl 838/1992, das Ziel, vor einer unabhängigen Einrichtung die Anfechtung sämtlicher Akte – also Schubhaftbescheid, Festnahme und Anhaltung –, im Rahmen eines einheitlichen Verfahrens zu ermöglichen (RV 692 BlgNR 18. GP, 54f.; RV 952 BlgNR 22. GP, 106). Die Schubhaft wurde demnach als "einheitliche Maßnahme" qualifiziert (; VfSlg 14.192/1995, 15.140/1998; vgl. Matti/Pichler/Steinwendtner , Schubhaft und Rechtsschutz, migralex 2014, 67). In der Judikatur und Literatur wurde die Schubhaftbeschwerde als "besonderes – von einer Berufung verschiedenes – Rechtsmittel" bezeichnet ( Muzak , Die Schubhaftprüfung durch die UVS nach dem FPG 2005, UVS Aktuell 2007, 140; Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger , Verwaltungsverfahrensrecht 9 2011, Rz 548/19) und die Besonderheiten ihrer Funktion als Haftprüfungsverfahren iSd Art 5 Abs 4 EMRK bzw. Art 6 Abs 1 PersFrSchG hervorgehoben (vgl. VfSlg 13.698/1994, 14.192/1995; Wiederin , Voraussetzungen der Schubhaft, ZUV 1996, 13 [18ff.]; Morscher , Die Rechtsprechung des österreichischen Verfassungsgerichtes zum Fremdengesetz, EuGRZ1997, 133 [136]; Frühwirth , Das Recht auf gerichtliche Haftprüfung im Schubhaftregime, juridikum 2010, 199).

Aus den Erläuterungen zum FNG-Anpassungsgesetz, BGBl I 68/2013, lässt sich nun nicht erkennen, dass mit der neuen Regelung eine grundsätzliche Änderung des bisherigen Beschwerdeverfahrens betreffend Festnahme, Anhaltung oder Schubhaftbescheid intendiert war. In der Regierungsvorlage wird zunächst ausgeführt, dass "[…] versucht [wurde], das sich [sic!] in der Vergangenheit bestens bewährte System an die neue Systematik der Verwaltungsverfahrensgesetze anzupassen" (RV 2144 BlgNR 24. GP, 7). In der Folge wird darauf hingewiesen, welche Absätze des § 22a BFA-VG den bisherigen Normen im FPG entsprechen (RV 2144 BlgNR 24. GP, 15):

"Zu § 22a:

Der vorgeschlagene § 22a soll in einem Paragraphen gebündelt den Rechtsschutz im Falle einer Festnahme, einer Anhaltung oder bei Schubhaft regeln.

Der vorgeschlagene Abs 1 entspricht dabei dem geltenden § 82 Abs 1 FPG. Abs 2 entspricht inhaltlich dem geltenden § 83 Abs 2 Z 2 FPG und Abs 3 entspricht dem geltenden § 83 Abs 4 FPG. Da im § 27 VwGVG normiert ist, dass das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seines Beschwerdevorbringens zu entscheiden hat, muss dies im Abs 3 nicht gesondert normiert werden. Der Abs 4 entspricht inhaltlich dem geltenden § 80 Abs 7 FPG. Es wurden lediglich Anpassungen aufgrund der geänderten Behördenzuständigkeit durch die Einrichtung eines Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und die Zuständigkeitsverschiebung der genannten Maßnahmen auf dieses, sowie eine Adaptierung betreffend die Rechtsmittelinstanz aufgrund der Einrichtung eines Bundesverwaltungsgerichtes durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr 51, vorgenommen." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

4.3. Die Bundesregierung legt in ihrer Äußerung zum Prüfungsbeschluss dar, dass durch § 22a Abs 1 Z 3 BFA VG entgegen der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes im Prüfungsbeschluss kein gemeinsamer "einheitlicher" Beschwerdegegenstand begründet werde. Vielmehr ermögliche diese Bestimmung eine prozessuale Verbindung mehrerer Beschwerden gegen verschiedene Beschwerdegegenstände, nämlich Schubhaftbescheid, Festnahme und Anhaltung, in einem einheitlichen Rechtsmittel zu einem einheitlichen Verfahren. Sämtliche mögliche Gegenstände einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht entsprächen einem zulässigen Beschwerdegegenstand des Art 130 Abs 1 und Abs 2 Z 1 B VG: So sei in Art 130 Abs 1 Z 1 B VG die verfassungsgesetzliche Grundlage für Beschwerden gegen den Schubhaftbescheid zu sehen; Art 130 Abs 2 Z 1 B VG bilde die Grundlage für Beschwerden gegen Festnahme und Anhaltung auf Grund eines vollstreckbaren Schubhaftbescheides.

4.4. Es ist der Bundesregierung zuzustimmen, dass das vom Gesetzgeber angestrebte und in § 22a BFA VG erkennbare Konzept eines einheitlichen Rechtsmittels, einer "Gesamtbeschwerde", auch ohne die Annahme eines einheitlichen Beschwerdegegenstandes verwirklicht werden kann. So kann auf einfachgesetzlicher Ebene ein einheitlicher Rechtsbehelf im Rahmen eines einheitlichen Verfahrens geschaffen werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch dem durch § 5a FrPolG idF BGBl 21/1991 geschaffenen Rechtsschutzsystem verschiedene Beschwerdegegenstände zugrunde gelegen sind (vgl. VfSlg 13.039/1992).

Eine Beschwerde gemäß § 22a Abs 1 BFA VG gegen das Verwaltungshandeln im Rahmen einer Schubhaft – Schubhaftbescheid, Festnahme und Anhaltung – kann sich daher gegen drei mögliche Beschwerdegegenstände richten, wovon jeder einem Beschwerdegegenstand des Art 130 Abs 1 und Abs 2 Z 1 B VG entspricht:

Soweit sich die Beschwerde gegen einen Schubhaftbescheid richtet, stützt sie sich auf Art 130 Abs 1 Z 1 B VG. Soweit sich Beschwerden gegen die Festnahme oder Anhaltung (soweit diese nicht von einem Bescheid gedeckt sind oder einen zugrunde liegenden Bescheid überschreiten) richten, können sie auf Art 130 Abs 1 Z 2 B VG gestützt werden. Art 130 Abs 2 Z 1 B VG ermöglicht darüber hinaus dem einfachen Gesetzgeber, Verhalten einer Verwaltungsbehörde zum Beschwerdegegenstand zu erklären, das nicht bereits ein Kontrollobjekt nach Art 130 Abs 1 B VG, also nicht typengebundenes Verwaltungshandeln ist (siehe Faber , Verwaltungsgerichtsbarkeit, Art 130 B VG, Rz 29). Unter diesen Tatbestand können Festnahme und Anhaltung, soweit es sich dabei um bloße Vollstreckungsmaßnahmen handelt, subsumiert werden.

In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten, die im Hinblick auf Art 5 Abs 4 EMRK und Art 6 Abs 1 PersFrSchG zu eröffnen sind, gewährleisten müssen, dass ein Gericht die Frage der (formellen wie materiellen) Rechtmäßigkeit der Anhaltung nach jeder Richtung hin selbständig zu untersuchen und jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit, also nicht etwa nur qualifiziert rechtswidriges behördliches Handeln, festzustellen und aufzugreifen hat (vgl. VfSlg 13.039/1992, 13.806/1994).

4.5. § 22a BFA VG ordnet eine Form des Rechtsschutzes an, die erfordert, dass hinsichtlich eines oder mehrerer – im Einzelnen in Art 130 B VG vorgesehener – Beschwerdegegenstände (Schubhaftbescheid, Festnahme oder Anhaltung) ein einheitlicher Beschwerdeschriftsatz eingebracht wird. Dieses Konzept, auf einfachgesetzlicher Ebene die Anfechtung unterschiedlicher Typen des Verwaltungshandelns und typenfreien Verwaltungshandelns in einer Beschwerde zusammenzuführen, findet grundsätzlich in Art 130 B VG seine Deckung. Dies setzt allerdings voraus, dass gewährleistet ist, dass für die Prozesshandlung des Beschwerdeführers – nämlich die Beschwerdeerhebung – wie auch für das in der Folge anzuwendende Verfahren auch ein einheitliches Verfahrensrecht zur Verfügung steht. Der Gesetzgeber hat daher – wenn er diese Form des Rechtsschutzes anordnet – gleichzeitig eine klare Regelung hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrensrechts zu treffen. Anders als die Vorgängerbestimmung des § 83 Abs 2 FPG, der durch den Verweis auf die §§67c bis 67g sowie § 79a AVG idF BGBl I 100/2011 klargestellt hat, dass in einem Verfahren auf Grund einer Beschwerde gegen Schubhaftbescheid, Festnahme oder Anhaltung ausschließlich das Verfahren über Beschwerden wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzuwenden war, bestimmt § 22a BFA-VG indes nicht, welches gemeinsame Verfahren für diese Beschwerde zur Anwendung kommen soll.

Es ist der Bundesregierung entgegenzutreten, wenn sie annimmt, dass allein aus der Entstehungsgeschichte und dem rechtspolitischen Anliegen, dem "habeas corpus-Verfahren" iSd Art 5 Abs 4 EMRK und des Art 6 Abs 1 PersFrSchG zu entsprechen – ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung – abgeleitet werden könne, dass auf alle Beschwerden gemäß § 22a Abs 1 BFA VG das Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zur Anwendung kommen könne. Insofern hat sich die im Prüfungsbeschluss vorgenommene Annahme als zutreffend erwiesen, dass § 22a Abs 1 Z 3 und Abs 2 BFA VG Art 18 iVm Art 83 Abs 2 B VG widersprechen. Daran vermag auch der Hinweis der Bundesregierung nichts zu ändern, wonach Art 18 iVm Art 83 Abs 2 B VG nach der im Prüfungsbeschluss zitierten Rechtsprechung die Gesetzgebung lediglich zu einer präzisen Regelung der sachlichen Zuständigkeit einer Behörde verpflichte, die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gemäß § 22a BFA VG aber klar und präzise geregelt sei. Vielmehr ist auf Grund der gesetzlichen Regelung unter anderem nicht klar erkennbar, wo das Rechtsmittel einzubringen ist; dies hat in der Folge auch Bedeutung für die Zuständigkeit:

Gemäß § 22a Abs 1 Z 3 BFA VG wird letztlich zwar allein das Bundesverwaltungsgericht zur inhaltlichen Entscheidung über die Schubhaftbeschwerde berufen. Das Gesetz enthält jedoch – vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber die Entscheidung getroffen hat, eine einheitliche Beschwerde vorzusehen – keine normative Anordnung der Anwendbarkeit des Verfahrensrechts für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Ohne derartige gesetzliche Regelungen ist aber fraglich, wo Prozesshandlungen, die sich gegen Schubhaftbescheid, Festnahme und Anhaltung richten, einzubringen sind und welche Fristen für die Erhebung der Beschwerde zur Verfügung stehen. Bei Anwendbarkeit des § 14 VwGVG bestünde auch zunächst eine sachliche Zuständigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur inhaltlichen Behandlung der Beschwerde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung. Die Bestimmbarkeit der Einbringungsstelle hat zudem Auswirkungen auf die Bemessung der verfassungsrechtlich angeordneten Entscheidungsfrist von einer Woche (zum Beginn des Fristenlaufes bei Einlangen einer Schubhaftbeschwerde bei der "zuständigen Behörde" siehe VfSlg 18.081/2007 mH auf Kopetzki , Art 6 PersFrG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht, Rz 46ff. sowie insb. Rz 50).

4.6. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das Fehlen ausdrücklicher einheitlicher Verfahrensregelungen im Hinblick auf die damit unmittelbar verbundenen zentralen Fragen des Rechtsschutzes dem Gebot der präzisen Regelung nicht Genüge tut und § 22a Abs 1 Z 3 und Abs 2 BFA VG den verfassungsgesetzlichen Anforderungen des Art 18 iVm Art 83 Abs 2 B VG nicht entsprechen (vgl. VfSlg 13.816/1994).

Wie bereits unter Punkt A.2. ausgeführt, stehen die Bestimmungen des § 22a Abs 1 BFA VG insgesamt in einem untrennbaren Zusammenhang, weshalb diese Bestimmung ebenso wie Abs 2 leg.cit. zur Gänze aufzuheben ist.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren im Prüfungsbeschluss hinsichtlich § 22a Abs 1 und 2 BFA VG dargelegten Bedenken.

Insoweit ist auch der zu G172/2014 protokollierte Antrag des Verwaltungsgerichtshofes begründet.

5. Der Verfassungsgerichtshof hält hingegen das Bedenken, § 22a Abs 3 BFA VG widerspreche den Anforderungen des Art 130 B VG, nicht aufrecht:

5.1. Im Rahmen des Prüfungsbeschlusses hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, mit dem Ausspruch über das Vorliegen der für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen werde dem Bundesverwaltungsgericht eine erstinstanzliche Zuständigkeit eingeräumt, die der Kontrollfunktion der Verwaltungsgerichte widerstreite.

Die Bundesregierung hält in ihrer Äußerung zunächst fest, dass § 22a Abs 3 BFA VG nur eine besondere Ausprägung der den Verwaltungsgerichten grundsätzlich aufgetragenen Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache selbst sei und verweist diesbezüglich auf Art 130 Abs 4 B VG. Das Verwaltungsgericht könne bei einer meritorischen Entscheidung den angefochtenen Bescheid in jede Richtung ändern, insbesondere also auch zu einem anderen Ergebnis als die Verwaltungsbehörde kommen. Einer solchen reformatorischen Entscheidung bei Beschwerden gegen Bescheide sei der Fall des § 22a Abs 3 BFA VG vergleichbar, in dem das Bundesverwaltungsgericht feststellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen, obwohl die vorangegangene Anhaltung rechtswidrig war. Die Bundesregierung führt sodann näher aus, welche Rechts(kraft)wirkungen der feststellenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Maßnahmenbeschwerdeverfahren zukommen, und geht in weiterer Folge davon aus, dass § 22a Abs 3 BFA VG von § 28 Abs 6 VwGVG nur in zweierlei Hinsicht abweiche: Der maßgebliche Zeitpunkt für die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Rechtmäßigkeit der Anhaltung sei jener seiner Entscheidung. Das Bundesverwaltungsgericht habe alle Änderungen der Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen. Eine solche, auf den jeweiligen Fremden bezogene Änderung könne insbesondere auch eine zwischenzeitlich verwirklichte Voraussetzung für die Anordnung von Schubhaft aus einem anderen Grund sein. Zum anderen sehe § 22a Abs 3 BFA VG die förmliche Feststellung der Rechtmäßigkeit im Zeitpunkt der Entscheidung vor.

Schließlich setzt sich die Bundesregierung mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 13.039/1992 zur "Wirkung" einer Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Rechtmäßigkeit der Haft auseinander.

5.2. Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 13.039/1992 erging zur Fremdenpolizeigesetz-Novelle 1991, BGBl 21, nach der erstmals eine Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung in Schubhaft erhoben werden konnte (§5a FrPolG).

Mit der Entscheidung des einfachen Gesetzgebers, nicht nur die Bekämpfbarkeit des Schubhaftbescheides, sondern auch die eigenständige Bekämpfbarkeit der Anhaltung zu eröffnen, ergab sich die Notwendigkeit, die Auswirkungen einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Anhaltung auf den zugrunde liegenden Schubhaftbescheid festzulegen. Angesichts der damaligen Rechtslage, wonach der Rechtsschutz gegen den Schubhaftbescheid einem eigenständigen Rechtszug an eine Verwaltungsbehörde unterlag, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass eine Abweisung der Beschwerde gegen die Anhaltung durch den unabhängigen Verwaltungssenat die Haftfortdauer zur Folge hat und den Schubhaftbescheid notwendig gegenstandslos werden lässt (VfSlg 13.039/1992); der Schubhaftbescheid schied aus dem Rechtsbestand aus (VfSlg 13.660/1993).

In der Folge knüpfte der einfache Gesetzgeber an diese Rechtsprechung an und normierte ausdrücklich in § 52 Abs 4 FrG, BGBl 838/1992, einen Fortsetzungsausspruch. Der Gesetzgeber verfolgte dabei das Ziel, dass die vom unabhängigen Verwaltungssenat zu treffende Entscheidung

"völlig unabhängig davon [erfolgt], ob zu einem früheren Zeitpunkt eine Rechtswidrigkeit vorgelegen ist oder nicht. Im Extremfall legitimiert der unabhängige Verwaltungssenat damit eine Haft, die bis dahin mangels vollstreckbaren Schubhaftbescheides rechtswidrig war. […] Es ist somit in diesen Fällen stets eine zweiteilige Entscheidung zu treffen: einerseits über die Frage der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Haft und andererseits über die Behauptung der Rechtswidrigkeit im Umfang der Anfechtung." (RV 692 BlgNR 18. GP, 54).

Diese rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers war die Grundlage für die weitere Entwicklung in der Rechtsprechung sowohl des Verfassungsgerichtshofes als auch des Verwaltungsgerichtshofes. Als Konsequenz daraus nahm der Verfassungsgerichtshof etwa an, dass

"[d]ie Schubhaft […] auch nicht dadurch rechtmäßig [wird], daß die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates nach der Rechtsprechung des VfGH als neuer Titelbescheid wirkt (VfSlg 13.039/1992), weil dadurch nur die weitere Anhaltung des Bf. in Schubhaft ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates, nicht aber die Schubhaft vor diesem Zeitpunkt legitimiert wird." (VfSlg 13.806/1994; Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen).

Ebenso hielt der Verfassungsgerichtshof fest, dass

"[…] im Falle der Feststellung, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, die weitere Anhaltung in Schubhaft ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des UVS selbst dann legitimiert [wurde], wenn die vorangehende Anhaltung als rechtswidrig erkannt wurde […]. Insofern hängt die im Hinblick auf Art 6 Abs 1 BVG persFr. entscheidende Frage, ob der Freiheitsentzug aufrechterhalten werden darf oder nicht, ausschließlich von der Feststellung betreffend die Rechtmäßigkeit der Fortsetzung der Schubhaft, nicht aber von der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides und der Schubhaft ab, die vor der Entscheidung des UVS liegt." (VfSlg 14.193/1995; vgl. auch ; Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen).

Der unabhängige Verwaltungssenat war zudem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur ermächtigt, einen weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen, sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet (; , 2011/21/0246).

Die durch den in Rede stehenden Fortsetzungsausspruch dem unabhängigen Verwaltungssenat auferlegte Verpflichtung hatte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Auswirkungen auf die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde: Diese war bei Erhebung einer Schubhaftbeschwerde auf den unabhängigen Verwaltungssenat übergegangen; eine Zuständigkeit der Fremdenpolizeibehörden war in einem solchen Fall ausgeschlossen (; , 2011/21/0246).

5.3. Ein Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf persönliche Freiheit darf nur in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise erfolgen. Sofern der Schubhaftbescheid bereits in Vollzug gesetzt wurde, bedeutet dies, dass die in Art 1 Abs 2 und Art 2 Abs 1 PersFrSchG bzw. in Art 5 EMRK verfassungsgesetzlich festgelegte Voraussetzung nur dann erfüllt ist, wenn sich die Anhaltung in Schubhaft während ihrer gesamten Dauer auf einen rechtmäßigen Titel stützen kann. Wird nun die Anhaltung bekämpft, so ist das Gericht auf Grund von Art 5 Abs 4 EMRK bzw. Art 6 Abs 1 PersFrSchG verpflichtet, die Frage der (formellen wie materiellen) Rechtmäßigkeit der Schubhaft nach jeder Richtung hin selbständig zu prüfen und jede Gesetzeswidrigkeit aufzugreifen; dazu zählt auch die Prüfung des Schubhaftbescheides, der der Anhaltung vorausgegangen sein und zugrunde liegen muss (VfSlg 13.039/1992, 13.806/1994).

Die im Prüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes geäußerte vorläufige Annahme, dass § 22a Abs 3 BFA VG mit Art 130 B VG nicht in Einklang steht, kann nicht aufrechterhalten werden: Es ist der Bundesregierung vielmehr im Grundsatz zuzustimmen, dass diese Bestimmung anordnet, dass das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über eine Schubhaftbeschwerde gemäß § 22a Abs 1 Z 3 BFA VG – die, wie oben festgehalten wurde, gegen (einen) zulässige(n) Beschwerdegegenstand bzw. -gegenstände gemäß Art 130 B VG gerichtet ist – in jenen Fällen, in denen die Anhaltung noch andauert, "in der Sache" zu entscheiden und dabei Änderungen der Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen hat. Angesichts der besonderen Konstellation der Schubhaft, bei der die einzelnen Akte aufeinander bezogen sind und die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anhaltung im Hinblick auf Art 5 Abs 4 EMRK und Art 6 Abs 1 PersFrSchG auch die Überprüfung der formellen und materiellen Voraussetzungen und damit die Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden Bescheides erfordert, begegnet eine derartige Übertragung von Aufgaben keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Mit § 22a Abs 3 BFA VG, der dem Bundesverwaltungsgericht die Aufgabe überträgt, aus Anlass einer Beschwerde gemäß § 22a Abs 1 Z 3 BFA VG die Verwaltung zu kontrollieren, wird der verfassungsgesetzliche Rahmen des Art 130 B VG nicht überschritten.

Schon in den Erläuterungen des FrG 1992 wird ausgeführt, dass

"[d]ie Behörde […] durch die Aufrechterhaltung der Schubhaft zu erkennen gegeben [hat], daß sie die Voraussetzungen hiefür als gegeben erachtet[,] und der erste Verfahrensschritt besteht nun darin, daß der unabhängige Verwaltungssenat zu prüfen hat, ob dies zutreffe." (RV 692 BlgNR 18. GP, 54).

Diese Konstellation ist auch in § 22a BFA VG nach wie vor zugrunde gelegt. Damit wird aber dem Erfordernis entsprochen, dass das Verwaltungsgericht mit der Kontrolle der Verwaltung betraut sein muss (vgl. zur insofern vergleichbaren Rechtslage für die UVS VfSlg 14.891/1997).

5.4. § 22a Abs 3 BFA VG erweist sich damit nicht als verfassungswidrig. Das Begehren des Verwaltungsgerichtshofes, § 22a Abs 3 BFA VG aufzuheben, erweist sich damit ebenfalls als unbegründet.

5.5. § 22a Abs 3 BFA VG steht mit den Bestimmungen der Abs 1 und Abs 2 leg.cit. auch nicht in einem untrennbarem Zusammenhang: Der Bestimmung kommt nämlich insofern eine eigenständige normative Bedeutung zu, als sie das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, jedenfalls aus Anlass jeder Beschwerde im Zusammenhang mit Schubhaft, sofern die Anhaltung andauert, einen Ausspruch über die Zulässigkeit der Fortsetzung der Anhaltung zu treffen.

Die zu G184/2014 und G185/2014 protokollierten Anträge des Verwaltungsgerichtshofes sind daher, soweit § 22a Abs 2 BFA-VG auf Grund des behaupteten untrennbaren Zusammenhangs mit Abs 3 leg.cit. angefochten wird, abzuweisen.

IV. Ergebnis

1. § 22a Abs 1 und Abs 2 BFA VG idF BGBl I 68/2013 sind daher wegen Verstoßes gegen Art 18 iVm 83 Abs 2 B VG als verfassungswidrig aufzuheben. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren im Prüfungsbeschluss hinsichtlich dieser Bestimmungen dargelegten Bedenken.

Insoweit ist auch der zu G172/2014 protokollierte Antrag des Verwaltungsgerichtshofes begründet.

2. Hingegen ist § 22a Abs 3 BFA-VG idF BGBl I 68/2013 nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

Der zu G172/2014 protokollierte Antrag des Verwaltungsgerichtshofes ist daher insoweit abzuweisen.

Die zu G184/2014 und G185/2014 protokolierten Anträge des Verwaltungsgerichtshofes sind abzuweisen.

3. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B VG.

4. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich veranlasst, von der ihm durch Art 140 Abs 7 zweiter Satz B VG eingeräumten Ermächtigung Gebrauch zu machen und auszusprechen, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind.

5. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:G151.2014