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VfGH vom 11.10.2001, g12/00

VfGH vom 11.10.2001, g12/00

Sammlungsnummer

16327

Leitsatz

Aufhebung einer die umfassende Suspendierung der Bundesverfassung für landesgesetzliche Vorschriften über die Organisation und Zuständigkeit von Vergabekontrolleinrichtungen bewirkenden Verfassungsbestimmung des Bundesvergabegesetzes wegen Widerspruchs zum rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzip;

Verfassungswidrigkeit der im Sbg Landesvergabegesetz vorgesehenen Kontrolle oberster Organe der Vollziehung durch den Vergabekontrollsenat; Aufhebung dieser Bestimmung im Anlaßverfahren

Spruch

I. 1. § 126a des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 1997 - BVergG), BGBl. I Nr. 56/1997 idF BGBl. I Nr. 125/2000, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die aufgehobene Bestimmung ist nicht mehr anzuwenden.

2. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. 1. Die Wortfolge "das Land," in § 1 Abs 1 Z 1 des Gesetzes vom über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Landesvergabegesetz - LVergG), LGBl. für das Land Salzburg Nr. 1/1998, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

2. Der Landeshauptmann von Salzburg ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl B2214/98 eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Salzburg (künftig: VKS) vom , Z 6/-602/VKS/123-1998, anhängig.

a) Diesem Bescheid liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Landesnervenklinik Salzburg hat die Lieferung von zwei Ganzkörper-MR-Kernspintomographieanlagen ausgeschrieben. Der Zuschlag wurde an eine Bietergemeinschaft erteilt, die aus zwei Unternehmen bestand.

Die nicht zum Zuge gekommene beschwerdeführende Gesellschaft beantragte beim VKS die Feststellung, daß der Zuschlag wegen einer Rechtswidrigkeit nicht dem Bestbieter erteilt worden sei.

Mit Bescheid vom entschied der VKS, daß ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Salzburger Landesvergabegesetzes idF LGBl. 1/1998 (künftig: SVergG) nicht feststellbar sei und "dem Begehren der Antragstellerin ... keine Berechtigung zukommt".

b) Gegen diesen Bescheid wendete sich die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und die Verletzung in sonstigen Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides begehrt wird.

c) Bei Behandlung der Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "das Land," in § 1 Abs 1 Z 1 SVergG entstanden. Denn diese Worte scheinen in ihrem normativen Zusammenhang mit dem Einleitungssatz des § 1 Abs 1 und den Bestimmungen des 2. Abschnittes des Gesetzes, der das Nachprüfungsverfahren durch den VKS regelt, diese Behörde mit der Zuständigkeit auszustatten, Vergabeentscheidungen auch der obersten Organe der Landesverwaltung zu kontrollieren. Der Verfassungsgerichtshof hat daher, da er dies für verfassungsrechtlich bedenklich hielt, beschlossen, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der genannten Worte einzuleiten.

d) Die Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie beantragte, die in Prüfung gezogene Wortfolge nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

e) Auch die beschwerdeführende Gesellschaft im Anlaßverfahren B2214/98 hat eine Stellungnahme abgegeben; in ihr wird die Ansicht vertreten, daß die in Prüfung gezogene Wortfolge als verfassungswidrig aufzuheben sei.

2. Der Verwaltungsgerichtshof beantragte mit Beschlüssen vom aus Anlaß von vier bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahren ebenfalls die Aufhebung der "Worte 'das Land' in § 1 Abs 1 Z 1 des Gesetzes vom über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Landesvergabegesetz - LVergG), LGBl. Nr. 1/1998, als verfassungswidrig". Mit seinen Beschlüssen vom hat der Verwaltungsgerichtshof seine Anträge dahingehend berichtigt, daß im Spruch nach dem Ausdruck "LGBl." die Wortfolge "für das Land Salzburg" einzufügen sei:

a) Die hg. zu G48/00, G50/00 und G51/00 protokollierten Anträge wurden vom Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß dreier Beschwerdeverfahren gestellt, die sich gegen Bescheide des VKS richten, die in Nachprüfungsverfahren betreffend die Auftragsvergabe des Landes Salzburg zur Besorgung zweier Kernspintomographieanlagen für die Landesnervenklinik Salzburg ergangen sind und jenes Vergabeverfahren betreffen, das auch dem zu B2214/98 bekämpften Bescheid des VKS zugrundeliegt:

Dem zu G48/00 protokollierten Antrag liegt eine Beschwerde zugrunde, in der die Aufhebung eines Bescheides des VKS vom beantragt wird, mit dem mehrere Nachprüfungsanträge der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß § 8 Abs 1 SVergG als unzulässig zurückgewiesen wurden.

Der zu G50/00 protokollierte Antrag wurde vom Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß eines Beschwerdeverfahrens gestellt, in dem er die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides des VKS vom zu prüfen hat, der auch Gegenstand des zu B2214/98 protokollierten hg. Beschwerdeverfahrens ist.

Dem zu G51/00 protokollierten Antrag liegt ein Verfahren über eine Beschwerde zugrunde, die sich gegen einen Bescheid des VKS vom richtet, mit dem mehrere Anträge der beschwerdeführenden Gesellschaft wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden.

b) Der zu G49/00 protokollierte Antrag wurde vom Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß eines Beschwerdeverfahrens gestellt, in dem er über eine Beschwerde gegen einen Bescheid des VKS vom zu entscheiden hat, mit dem Anträge der beschwerdeführenden Gesellschaft, festzustellen, daß in einem dort näher bezeichneten Vergabeverfahren des Landes Salzburg (Landeskrankenanstalten) die Zuschlagserteilung an einen Mitbieter rechtswidrig gewesen und der Zuschlag wegen eines Gesetzesverstoßes nicht der beschwerdeführenden Gesellschaft als Bestbieterin erteilt worden sei, abgewiesen wurden.

c) Bei der Entscheidung über die den in a) und b) bezeichneten Anträgen zugrundeliegenden Beschwerdeverfahren habe der Verwaltungsgerichtshof die Bestimmung des § 1 Abs 1 Z 1 SVergG anzuwenden. In der Sache schließt sich der Verwaltungsgerichtshof jenen Bedenken an, die der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß vom , B2214/98-11, zum Ausdruck gebracht habe.

d) In diesen Verfahren hat die Salzburger Landesregierung eine gemeinsame Äußerung erstattet, in der sie unter Bezugnahme auf ihre bereits zu G12/00 erstattete schriftliche Äußerung ihren Antrag, die in Prüfung gezogenen Worte in § 1 Abs 1 Z 1 SVergG nicht als verfassungswidrig aufzuheben, wiederholte.

e) Die vor dem Verwaltungsgerichtshof in den Anlaßbeschwerdeverfahren zu G48/00, G50/00 und G51/00 beschwerdeführende Gesellschaft hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Ansicht vertrat, daß den Anträgen des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung der genannten Wortfolge stattzugeben sei.

3. Die in Prüfung stehende Wortfolge hat - im Zusammenhang betrachtet - folgenden normativen Gehalt:

Das SVergG enthält in seinem 1. Abschnitt u.a. Bestimmungen über seinen Anwendungsbereich, wobei sich der persönliche Geltungsbereich aus § 1 ergibt. Die Z 1 des Abs 1 dieser Bestimmung lautet in ihrem hier maßgeblichen Teil (die in Prüfung genommenen Worte sind hervorgehoben):

"(1) Dieses Gesetz gilt für die Vergabe von Aufträgen durch folgende Auftraggeber:

1. das Land, die Gemeinden, die Gemeindeverbände;

..."

Hinsichtlich des bei der Vergabe öffentlicher Aufträge einzuhaltenden Verfahrens bestimmt der unter der Rubrik "Vergabeverfahren, Anwendung von Bundesrecht" stehende § 4:

"(1) Auf die gemäß den §§1 und 2 erfaßten Auftragsvergaben sind der 2. und 3. Teil des BVergG und die Anhänge VII bis XVIII zum BVergG mit nachfolgenden Abweichungen anzuwenden:

1. An die Stelle der Zuständigkeit der obersten Organe der Vollziehung des Bundes tritt die Zuständigkeit der Landesregierung.

... "

Die Teile 2 und 3 des damit verwiesenen, gemäß § 21 SVergG (idF LGBl. 99/2000) in der Fassung der Gesetze BGBl. I 27/1998 sowie BGBl. I 80 und 120/1999 anzuwendenden Bundesvergabegesetzes 1997 (BVergG) enthalten die allgemeinen Regelungen über das bei der Vergabe von Aufträgen einzuhaltende Verfahren und besondere Bestimmungen, die für Auftragsvergabeverfahren im Anwendungsbereich der entsprechenden Vergaberechtsrichtlinien der EG (also für Vergaben oberhalb der sogenannten Schwellenwerte) gelten.

Der 2. Abschnitt des SVergG enthält Regelungen über den Rechtsschutz; die Abs 1 und 2 des unter der Rubrik "Nachprüfungsverfahren, Allgemeine Bestimmungen" stehenden § 6 lauten:

"(1) Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluß eines dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes unterliegenden Vertrages mit einem Auftraggeber glaubhaft macht, kann die Nachprüfung einer Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, wenn ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(2) Über einen Antrag gemäß Abs 1 entscheidet der Vergabekontrollsenat in erster und letzter Instanz. Seine Bescheide unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ist zulässig."

Die näheren Bestimmungen über die Einrichtung des VKS enthält § 7 leg.cit.; dem VKS ist die Zuständigkeit zur Aufhebung bestimmter Entscheidungen im Vergabeverfahren, die Zuständigkeit zur Feststellung, ob der Zuschlag rechtmäßig dem Bestbieter erteilt wurde, und die Zuständigkeit zur Erlassung einstweiliger Verfügungen übertragen (§§8 bis 10 SVergG).

4. a) In seinem das Verfahren G12/00 einleitenden Prüfungsbeschluß hielt der Verfassungsgerichtshof die diesem Verfahren zugrundeliegende Beschwerde für zulässig. Er ging vorläufig davon aus, daß sich die Beschwerde gegen einen Bescheid des VKS richte, mit dem über die Rechtmäßigkeit einer Vergabeentscheidung der Landesnervenklinik Salzburg abgesprochen werde. Da der Rechtsträger der Landesnervenklinik Salzburg das Land Salzburg sei (vgl. § 1 der Anstaltsordnung für die Landesnervenklinik Salzburg) dürfte diese Entscheidung der Salzburger Landesregierung zuzurechnen sein, die mit der Besorgung von Aufgaben der sogenannten Privatwirtschaftsverwaltung für das Land Salzburg betraut sei. Seine Zuständigkeit zur Kontrolle von Vergabeentscheidungen der Landesnervenklinik Salzburg hätte der VKS offensichtlich auf § 1 Abs 1 Z 1 SVergG gestützt. Der Verfassungsgerichtshof ging daher vorläufig davon aus, daß er die in Prüfung genommenen Worte im Anlaßbeschwerdeverfahren anzuwenden hätte.

b) Seine Bedenken formulierte der Verfassungsgerichtshof in seinem dem Verfahren G12/00 zugrundeliegenden Prüfungsbeschluß wie folgt:

"Die in Prüfung genommene Bestimmung dürfte den VKS und damit eine Verwaltungsbehörde zur Kontrolle von Entscheidungen auch der obersten Organe der Landesverwaltung berufen. Dies scheint - ungeachtet des Umstandes, daß es sich beim VKS, dessen Bescheide gemäß § 6 Abs 2 SVergG nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg unterliegen, dem zwingend ein Richter angehört (§7 Abs 1 leg.cit.) und bei dem auch die übrigen Mitglieder in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden sind (Art20 Abs 2 B-VG und § 7 Abs 4 SVergG), um eine kollegiale Verwaltungsbehörde mit richterlichem Einschlag handelt, gegen deren Bescheide aber kraft der ausdrücklichen Bestimmung des § 6 Abs 2 letzter Satz SVergG die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig ist, - verfassungsrechtlich unzulässig zu sein. Denn auch für solche qualifizierte Verwaltungsbehörden gilt - wie der Verfassungsgerichtshof mehrfach zu Recht erkannt hat (vgl. etwa VfSlg. 8917/1980, 9164/1981, 9476/1982, 12.220/1989) -, daß es von Verfassungs wegen unzulässig ist, sie einem obersten Organ der Vollziehung überzuordnen.

In concreto hegt der Verfassungsgerichtshof gegen die in Prüfung genommenen Worte des SVergG eben jene verfassungsrechtlichen Bedenken, die ihn in den zu G44-46/99 protokollierten Verfahren bewogen haben, die gleichartige Geltungsbereichsbestimmung für Vergaben des Bundes in § 11 Abs 1 Z 1 BVergG 1997 als verfassungswidrig aufzuheben."

5. Der Verwaltungsgerichtshof legte in seinen zu G48/00 bis G51/00 protokollierten Anträgen dar, warum er seiner Ansicht nach die Worte "das Land" in § 1 Abs 1 Z 1 SVergG anzuwenden hätte und schloß sich den vom Verfassungsgerichtshof formulierten Bedenken an.

a) Die Salzburger Landesregierung trat den Bedenken im wesentlichen mit folgenden Argumenten entgegen und brachte u.a. vor:

"Gegenstand der Nachprüfung durch den Vergabekontrollsenat sind 'Entscheidungen' der vergebenden Stellen, die im Fall eines Verstoßes gegen das (Salzburger) Landesvergabegesetz für nichtig zu erklären bzw aufzuheben sind. Da die hier im Gesetz enthaltene Terminologie an den von Österreich umzusetzenden Rechtsmittelrichtlinien (RL 89/665/EWG und 92/13/EWG) orientiert ist, ist der Begriff 'Nachprüfung' nicht in einen originär nationalen Kontext zu stellen, sondern gemeinschaftsrechtskonform zu interpretieren. Vor dem Hintergrund der divergierenden Ausgestaltung des Vergaberechtsschutzes in den Mitgliedsstaaten der Union führten die Rechtsmittelrichtlinien subjektive Rechte von Interessenten und Bietern ein und schrieben die Anfechtbarkeit der dem Vertragsabschluss vorausgehenden Einzelschritte im Vergabeverfahren ('Entscheidungen') vor. Thienel, Vergabekontrollämter verfassungswidrig?, ZfV 1999, 332 ff, weist darauf hin, dass nicht die (intern gefasste) Entscheidung, 'sondern erst die nach außen in Erscheinung tretende unzulässige Ausschreibung oder Gestaltung sonstiger Unterlagen' anfechtbar sei. Gegenstand der Vergabekontrolle sei folglich weder ein Hoheitsakt noch der Akt der internen Willensbildung, sondern die Frage, ob der Auftraggeber die ihn auf Grund des Vergabegesetzes treffenden Handlungs- oder Unterlassungspflichten verletzt hat."

Während es für den Bereich der Hoheitsverwaltung unbestritten sei, daß die Kontrolle oberster Organe durch andere Verwaltungsbehörden ohne bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung unzulässig ist, lasse sich für die dem Art 17 B-VG zugrundeliegende Privatwirtschaftsverwaltung die Zulässigkeit der Kontrolle privatwirtschaftlicher Akte auch oberster Organe durch eine Verwaltungsbehörde ableiten:

"Wenn ein Land als Privatrechtssubjekt auftritt, untersteht

es gleich anderen juristischen Personen den einschlägigen Gesetzen

und Vollzugsakten. ... Dabei ist es gänzlich unbestritten, dass die

ordentlichen Gerichte ... auch Akte der Landesregierung zu überprüfen

haben. ... Eine besondere verfassungsrechtliche Grundlage dafür gibt

es nicht, sie ist auch nicht erforderlich, wenn der Begriff eines obersten Organes der Vollziehung (Art19 Abs 1 B-VG) nicht überzogen verstanden wird. Die Landesregierung ist hier nicht anders zu sehen, wie jedes andere geschäftsführende Organ einer juristischen Person:

Intern an oberster Stelle der Hierarchie, nach außen aber den gleichen Rechtskontrollen unterworfen wie die obersten Organe aller anderen Rechtsträger."

In gewissem Rahmen könnten für die Zuständigkeiten, die sonst den Zivilgerichten zukommen, auch Verwaltungsbehörden eingerichtet werden. Davon wurde mit der Schaffung des VKS Gebrauch gemacht. Auch sonst seien verschiedentlich, wenn auch selten, Verwaltungsbehörden eingerichtet, die Streitigkeiten, an denen die Landesregierung als Organ des Landes in dessen Funktion als Betriebsinhaber beteiligt ist, zu entscheiden haben. Als Beispiel wird § 255 Abs 1 der Salzburger Landarbeitsordnung 1997 genannt, der die Land- und Forstwirtschaftliche Schlichtungsstelle zur Entscheidung von Streitigkeiten über den Abschluß, die Änderung und die Aufhebung von Betriebsvereinbarungen berufe.

Unter Berufung auf Ausführungen von Thienel (ZfV 1999, 336 ff.) meint die Landesregierung, daß

"eine systematische Betrachtung des B-VG dafür (spreche), dass es dem Gesetzgeber frei steht, die Prüfung der Einhaltung der außenwirkenden Normen durch den privatwirtschaftlich handelnden Staat entweder den Gerichten oder den Verwaltungsbehörden zu übertragen, gleichgültig, durch welche Organe der Gebietskörperschaften die privatwirtschaftlichen Akte gesetzt werden",

und erachtet zusammenfassend

"die im (Salzburger) Landesvergabegesetz vorgesehene Nachprüfung des Vergabeverfahrens durch den Vergabekontrollsenat auch hinsichtlich der Vergabeentscheidungen der Landesregierung (bzw des Landes) für verfassungsrechtlich zulässig".

b) Die im Anlaßverfahren B2214/98 sowie in drei den Anträgen des Verwaltungsgerichtshofes zugrundeliegenden Beschwerdeverfahren (G48/00, G50/00 und G51/00) als Beschwerdeführerin auftretende Gesellschaft hat in der Sache unter anderem vorgebracht, daß es

"verfassungswidrig (sei), eine Behörde gemäß Art 133 Z 4 B-VG zur Überprüfung des Verhaltens eines obersten Organs in der Weise zu berufen, daß ihr eine Kontrollfunktion gegenüber dem obersten Organ zukommt (VfSlg 13.626/1993). ...

Es ist ständige Rechtsprechung des VfGH, daß die dargelegte Unzulässigkeit der Entscheidungsbefugnis einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag als Kontrollinstanz über einer obersten Verwaltungsbehörde jedenfalls für den Bereich der Hoheitsverwaltung verfassungsrechtlich unzulässig ist (vgl dazu etwa VfSlg 13.626/1993).

Art 19 und 20 B-VG unterscheiden hinsichtlich der Nachprüfung von von obersten Organen erlassenen Entscheidungen nicht zwischen der Kontrolle von hoheitlichen Verwaltungsakten und Akten der Privatwirtschaftsverwaltung (Grabenwarter in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, Rz 53 zu Art 133). Der Verfassungsgerichtshof sprach zum Bundesvergabeamt aus, daß es nicht nur außenwirksames privatrechtsförmiges Handeln vergebender Stellen im Hinblick auf bestimmte Rechtsfolgen beurteilt, sondern daß ihm vielmehr von den öffentlichen Auftraggebern gesetzte Handlungen selbst zur Kontrolle übertragen sind ( (= VfSlg. 15.578/1999)). In der gleichen Entscheidung leitet der VfGH aus dem nicht differenzierenden Wortlaut der Artikel 19 u. 20 B-VG ab, daß eine Kontrollinstanz über den obersten Verwaltungsorganen auch zur Kontrolle von privatrechtsförmigem Handeln verfassungsrechtlich unzulässig ist."

II. 1. a) Aus Anlaß der unter I. geschilderten Gesetzesprüfungsverfahren G12/00 und G48/00 bis G51/00 hat der Verfassungsgerichtshof am den Beschluß gefaßt, auch die Verfassungsbestimmung des § 126a BVergG idF BGBl. I 125/2000 auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

§ 126a BVergG hat folgenden Wortlaut:

"§126a. (Verfassungsbestimmung) Die am in Geltung stehenden landesgesetzlichen Bestimmungen betreffend die Organisation und Zuständigkeit von Organen, denen der Rechtsschutz hinsichtlich der Vergabe öffentlicher Aufträge obliegt, gelten als nicht bundesverfassungswidrig."

Gleichfalls mit der BVergG-Novelle BGBl. I 125/2000 wurde dem § 99 Abs 2 BVergG als Verfassungsbestimmung folgender Satz angefügt:

"Das Bundesvergabeamt übt seine Befugnisse auch gegenüber den in Art 19 B-VG bezeichneten obersten Organen der Vollziehung des Bundes aus."

Nach dem ebenfalls mit der Novelle BGBl. I 125/2000 in das BVergG eingefügten § 128 Abs 8 trat § 126a leg.cit. (wie auch der dem § 99 Abs 2 leg.cit. angefügte Satz) mit in Kraft und soll (wie der letzte Satz des § 99 Abs 2) "mit " außer Kraft treten.

b) Der dieser Novelle zugrundeliegende Antrag war folgendermaßen begründet (vgl. AB 360 BlgNR XXI. GP):

"Der Nationalrat beabsichtigt, die Bundesregierung mit der Vorlage eines bundeseinheitlich geltenden Vergaberechts aufzufordern. Da auf Grund der zur Verfügung stehenden Zeit die Ausarbeitung dieses Gesetzesvorhabens nicht realisierbar ist, sollen die unumgänglich notwendigen Anpassungen im BVergG 1997 vorgenommen werden. Diese Anpassungen betreffen die 'Umsetzung' des Ökopunkte-Erkenntnisses des EuGH und die befristete bundesverfassungsrechtliche Absicherung des Status quo im Bereich der Rechtsschutzorganisation.

Im Bereich der Länder existieren derzeit verschiedene Vergabekontrolleinrichtungen (UVS, Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag und Sonderkonstruktionen). Bis zur Erlassung eines bundeseinheitlichen Vergaberechts, das auch Regelungen betreffend die Organisation der Vergabekontrolleinrichtungen enthalten soll, wird auch der Status quo der Vergabekontrollorgane in den Ländern zeitlich befristet bundesverfassungsrechtlich abgesichert."

2. Der Verfassungsgerichtshof ging vorläufig davon aus, daß er bei seiner Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der in den Verfahren G12/00 und G48/00 bis G51/00 in Prüfung stehenden Wortfolge "das Land," in § 1 Abs 1 Z 1 SVergG § 126a BVergG dann anzuwenden haben dürfte, wenn er zur Auffassung gelange, daß diese Bestimmung Bundesverfassungsrecht widerspreche. Denn angesichts der Verfassungsbestimmung des § 126a BVergG hätte er in diesen Verfahren wohl (bloß) auszusprechen, daß die in Prüfung stehende Wortfolge des SVergG (bis zum Ablauf des ) verfassungswidrig war, da sie nach § 126a iVm § 128 Abs 8 BVergG ab bis nicht als bundesverfassungswidrig zu gelten hätte; käme es - so der Verfassungsgerichtshof in seinem Einleitungsbeschluß vom - jedoch zur Aufhebung des § 126a BVergG, so wäre die in Prüfung stehende Wortfolge auf Basis der bereinigten Rechtslage wohl als verfassungswidrig aufzuheben.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat angesichts dessen in sinngemäßer Anwendung der §§187, 404 ZPO (§35 VerfGG) nicht nur beschlossen, die dieselbe Bestimmung des SVergG betreffenden Gesetzesprüfungsverfahren G12/00 und G48/00 bis G51/00, sondern auch diese Verfahren mit dem die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 126a BVergG betreffenden, zu G132-136/01 protokollierten Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.

IV. Zur Zulässigkeit der Verfahren G12/00 und G48/00 bis G51/00:

1. Im Verfahren G12/00 wurde nichts vorgebracht und ist auch sonst nichts hervorgekommen, was gegen die vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofs (vgl. Pkt. I.4.a)) spräche. Auch die Salzburger Landesregierung hat in ihrer Äußerung die Präjudizialität der in Prüfung genommenen Wortfolge des SVergG außer Streit gestellt und die Zulässigkeit des Anlaßbeschwerdeverfahrens nicht bestritten.

Da auch alle übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist dieses Verfahren sohin zulässig.

2. Auch in den Verfahren G48/00 bis G51/00 ist nichts hervorgekommen, was daran zweifeln ließe, daß der Verwaltungsgerichtshof die zur Aufhebung beantragte Wortfolge in § 1 Abs 1 Z 1 SVergG in der in Prüfung stehenden Fassung in den seinen Anträgen zugrundeliegenden Beschwerdeverfahren anzuwenden habe oder daß der meritorischen Behandlung seiner Anträge sonstige Prozeßhindernisse entgegenstünden. Auch die Salzburger Landesregierung ist in ihrer Äußerung diesen Präjudizialitätsannahmen nicht entgegengetreten.

Auch die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes erweisen sich sohin als zulässig.

V. Zur Verfassungsmäßigkeit der Salzburger landesgesetzlichen Bestimmung:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis VfSlg. 15.578/1999 mit allen nunmehr von der Salzburger Landesregierung in den Verfahren G12/00 und G48/00 bis G51/00 vorgebrachten Argumenten auseinandergesetzt und ist zur Auffassung gelangt, daß die gleichartige Geltungsbereichsbestimmung für Vergaben des Bundes in § 11 Abs 1 Z 1 BVergG 1997 verfassungswidrig ist: Es sei verfassungsrechtlich unzulässig, kollegiale Verwaltungsbehörden einem obersten Organ der Vollziehung überzuordnen (Verweis auf VfSlg. 8917/1980, 9164/1981, 9476/1982, 12.220/1989). Einer solchen Überordnung komme es gleich, wenn eine Verwaltungsbehörde mit der Kompetenz ausgestattet ist, Entscheidungen oberster Organe nachprüfend zu kontrollieren und sie im Fall ihrer Rechtswidrigkeit zu beheben (VfSlg. 13.626/1993). Der Verfassungsgerichtshof hielt in diesem Erkenntnis in Auseinandersetzung mit der damals von der Bundesregierung vertretenen, auf Thienel (Vergabekontrollämter verfassungswidrig?, ZfV 1999, 336 ff.) gestützten Argumentationslinie (auf die sich in den vorliegenden Verfahren auch die Salzburger Landesregierung stützt) fest, daß eine Vergabekontrollbehörde bei Wahrnehmung ihrer Kompetenz - schon um den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen gerecht werden zu können - nicht bloß außenwirksames privatrechtliches Handeln der obersten Organe im Hinblick auf seine Wirksamkeit und bestimmte Rechtsfolgen zu beurteilen oder eine gesetzlich vorgesehene Genehmigung zu erteilen oder zu versagen habe, sondern die in den einzelnen Schritten des Verfahrens nach außen zum Ausdruck kommenden Entscheidungen selbst zu beurteilen und gegebenenfalls aufzuheben hätte.

Was der Verfassungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis hinsichtlich des Bundesvergabeamtes (BVA) festgestellt hat, trifft auch auf den VKS zu: In bei ihm anhängigen Nachprüfungsverfahren hat diese Behörde - genauso wie das BVA hinsichtlich der seiner Kontrolle unterliegenden Vergaben - zu beurteilen, ob das vergebende Organ sich etwa zu Recht für die Durchführung eines nicht offenen Vergabeverfahrens entschieden habe, ob es zulässigerweise produktspezifische Angaben in der Ausschreibung gemacht habe oder ob es mit der Entscheidung, ein Alternativangebot auszuscheiden, rechtmäßig gehandelt habe. Kommt der VKS bei seiner Beurteilung zum Ergebnis, das vergebende Organ habe sich in dem Sinn rechtswidrig verhalten, daß es die seine Entscheidung determinierenden Vorschriften des Salzburger Vergabegesetzes verletzt hat, so hat er die Entscheidung des vergebenden Organs, genauer gesagt: jenen Teilakt im Vergabeverfahren, in dem diese Entscheidung zum Ausdruck kommt, aufzuheben.

Der VKS ist also nicht etwa zur Gewährung oder Versagung einer Genehmigung oder zur Beurteilung der Rechtsfolgen, die mit einem bestimmten Vorgehen der vergebenden Organe verbunden sind, berufen, sondern zur Kontrolle des jeweiligen Aktes selbst, und er hat diesen Akt im Falle seiner Rechtswidrigkeit aufzuheben. Genau das ist aber dann, wenn sich die Aufhebung auf einen Akt eines obersten Organs bezieht, eine verfassungsrechtlich verpönte Kontrolle eines obersten Organs durch ein im B-VG mit einer solchen Kontrollbefugnis nicht ausgestattetes Verwaltungsorgan (vgl. VfSlg. 13.626/1993).

An dieser Einschätzung ändert auch nichts, daß gemäß § 6 Abs 2 SVergG gegen Bescheide des VKS die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig ist.

2. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich daher als zutreffend erwiesen: die Wortfolge "das Land," in § 1 Abs 1 Z 1 des Salzburger Landesvergabegesetzes steht - sieht man zunächst von der (erst) seit geltenden Verfassungsbestimmung des § 126a BVergG ab - in Widerspruch zur Verfassung.

VI. Die Konsequenz für die Zulässigkeit des Verfahrens zur Prüfung des § 126a BVergG:

Das unter der Prämisse der Verfassungswidrigkeit der in den Verfahren G12/00 und G48/00 bis G51/00 in Prüfung stehenden Wortfolge des SVergG eingeleitete Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 126a BVergG (vgl. oben Pkt. II.) erweist sich aufgrund der unter Pkt. V. dargelegten Erwägungen als zulässig:

Der Verfassungsgerichtshof hätte bei der Beurteilung der Frage, ob die als verfassungswidrig erkannte Wortfolge des SVergG als verfassungswidrig aufzuheben ist oder ob bloß festzustellen ist, daß sie bis verfassungswidrig war, § 126a BVergG anzuwenden; diese Bestimmung erweist sich sohin als präjudiziell. Auch was die übrigen Prozeßvoraussetzungen des Verfahrens betrifft, ist ein Umstand, der gegen die Zulässigkeit des Verfahrens sprechen würde, weder von der Bundesregierung oder anderen beteiligten Parteien vorgebracht worden noch sonst hervorgekommen.

Das Verfahren G132-136/01 ist daher zulässig.

VII. Zur Verfassungsmäßigkeit des § 126a BVergG:

1. In seinem Einleitungsbeschluß zu G132-136/01 äußerte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, daß die in Prüfung gezogene Verfassungsbestimmung des § 126a BVergG offenkundig bewirken solle, alle landesgesetzlichen Regelungen über Einrichtung und Aufgaben der Vergabekontrolle in umfassender Weise von bundesverfassungsrechtlichen Bindungen freizustellen, mit anderen Worten, daß die Bundesverfassung auf derartige Bestimmungen überhaupt nicht Anwendung zu finden habe. Denn was immer die Vorschriften der Landesgesetze hinsichtlich der Organisation und Zuständigkeit der Vergabekontrolleinrichtungen am angeordnet hätten, sie würden als "nicht bundesverfassungswidrig" gelten. Damit solle die Bundesverfassung ihre Funktion als Schranke für den Landesgesetzgeber verlieren.

Der Verfassungsgerichtshof führte dazu näher aus:

"Diese Freizeichnung dürfte sowohl die staatsorganisatorischen Vorschriften des Bundesverfassungsrechts wie auch diejenigen Vorschriften, die das Rechtsstaatsgebot konkretisieren sollen, betreffen; auch die Grundrechte - wie etwa das Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Entscheidung durch ein unabhängiges und unparteiliches Tribunal oder der Gleichheitsgrundsatz -, ja selbst die Schranke des Art 44 Abs 3 B-VG sollen anscheinend durch § 126a BVergG für diesen Teilbereich der österreichischen Rechtsordnung außer Kraft gesetzt werden. Die Erklärung einer bestimmten Gruppe von Rechtsvorschriften als 'nicht bundesverfassungswidrig' scheint daher zu bewirken, daß die damit angesprochenen Teile der österreichischen Rechtsordnung aus der von der Verfassung vorgesehenen umfassenden Bindung des einfachen Gesetzesrechtes an das Verfassungsrecht eximiert werden, was gleichzeitig auch zu bewirken scheint, daß eine Überprüfung dieser Vorschriften an den verfassungsrechtlichen Vorgaben durch den Verfassungsgerichtshof nicht mehr möglich ist.

Der Verfassungsgerichtshof ist vorläufig der Ansicht, daß der (einfache) Verfassungsgesetzgeber nicht dazu ermächtigt ist, die Wirkung der Bundesverfassung in derartiger Weise einzuschränken und ihrer Maßgeblichkeit für das einfache Gesetzesrecht zu entkleiden, mit anderen Worten, daß der Verfassungsgesetzgeber nicht zur Verfassungssuspendierung ermächtigt sein dürfte, und zwar auch dann nicht, wenn er diese Verfassungssuspendierung 'nur' - wie im vorliegenden Fall - für einen bestimmten Teilbereich der Rechtsordnung und nur für einen begrenzten Zeitraum verfügt, zumal der Bereich der landesgesetzlich eingerichteten Vergabekontrolle angesichts der häufigen Inanspruchnahme weder in quantitativer Sicht noch in seiner ökonomischen Bedeutung und vor allem auch nicht im Hinblick auf seine rechtsstaatliche Bedeutung als bloß klein oder geringfügig anzusehen sein dürfte.

Dabei kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen, ob das Bundesverfassungsrecht überhaupt dazu ermächtigt, sich selbst außer Kraft zu setzen, oder ob es zulässig wäre, eine solche Verfassungssuspendierung in einem Verfahren nach Art 44 Abs 3 B-VG vorzunehmen, da ein solches Verfahren gar nicht stattgefunden hat. So verneint etwa Pernthaler, Der Verfassungskern, 1998, 80 f. und 85, die Zulässigkeit von Verfassungsdurchbrechungen als 'Mißbrauch der Verfassungsform' und von Verfassungssuspendierungen, die sich inhaltlich gesehen gerade nicht als Gesamtänderung der Bundesverfassung darstellten, und meint, daß es sich dabei um eine Verfassungswidrigkeit oder Verfassungsverletzung handelt, zu der 'der verfassungsändernde Gesetzgeber genauso wenig befugt ist, wie irgendein anderes Staatsorgan'.

Sofern aber derartige verfassungssuspendierende Bestim-mungen überhaupt zulässig sein sollten, dürften sie - wie der Verfassungsgerichtshof vorläufig annimmt - wohl nur in einem Verfahren nach Art 44 Abs 3 B-VG erlassen werden. Es entspricht nämlich der herrschenden Auffassung und der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, von der abzugehen er vorläufig keinen Anlaß sieht, daß der (einfache) Verfassungsgesetzgeber an die Erzeugungsvorschriften und die Inhalte des nur in einem Verfahren nach Art 44 Abs 3 B-VG abänderbaren qualifizierten Verfassungsrechts gebunden ist, das die richtungsweisende Grundlage für das einfache Verfassungsrecht darstellt (so Winkler, Verfassungsrecht und Verfassungsrechtsdenken, in: derselbe, Studien zum Verfassungsrecht, 1991, 1 ff. (hic: 31); vgl. auch Adamovich/Funk/Holzinger, Österreichisches Staatsrecht, Band 1, 1997, 128 ff., oder Pernthaler, a. a.O., 46 ff., alle mwH; aus der Rechtsprechung vgl. etwa VfSlg. 2455/1952, 11.829/1988, 15.215/1998, 15.373/1998 u.v.a.). Zum Inhalt des qualifizierten Verfassungsrechts - wie der Verfassungsgerichtshof vorläufig annimmt - zählt, daß es nicht dazu ermächtigt, sich selbst auszuschalten. Denn derartiges dürfte mit dem rechtsstaatlichen Prinzip in Widerspruch stehen, dem es entspricht, 'daß alle Akte staatlicher Organe im Gesetz und mittelbar letzten Endes in der Verfassung begründet sein müssen und daß für die Sicherung dieses Postulates wirksame Rechtsschutzeinrichtungen bestehen' (VfSlg. 2455/1952). Das Prinzip der Maßgeblichkeit der Verfassung dürfte ebenso wie 'die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Normenkontrolle als zentrales Element des rechtsstaatlichen Baugesetzes der österreichischen Bundesverfassung' (VfSlg. 15.215/1998) anzusehen sein und derartige Grundsätze dürften in ihrem Kern dem Verfassungsgesetzgeber im Sinne des Art 44 Abs 1 B-VG nicht zur beliebigen Disposition stehen (vgl. VfSlg. 15.373/1998)."

2. Die Bundesregierung ist diesen vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes entgegengetreten:

Sie verweist zunächst auf den rechtspolitischen Hintergrund des § 126a BVergG (vgl. hier Pkt. II.1.) und die Pflicht zu seiner "baugesetzkonformen" Interpretation:

"Aus der ... Entstehungsgeschichte und aus dem Regelungskontext der in Prüfung gezogenen Bestimmung folgt nach Ansicht der Bundesregierung, dass eine - wie im Prüfungsbeschluss vorgenommene - letztlich überschießende Auslegung der Auswirkungen des § 126a BVergG - auch wenn eine gewisse Kritik an dessen Wortlaut berechtigt sein mag - nicht geboten ist.

Die Bundesregierung weist einleitend darauf hin, dass nach der ständigen Judikatur des Gerichtshofes eine Verpflichtung zur baugesetzkonformen Interpretation von Verfassungsbestimmungen besteht. Diesen darf daher 'im Zweifel' kein Inhalt beigemessen werden, der sie in Widerspruch zu den leitenden Grundsätzen des Bundesverfassungsrechts (Art44 Abs 3 B-VG) stellen würde (vgl. etwa VfSlg 11.403/1987, 11.829/1988 und ). Dass die in Rede stehende Bestimmung des § 126a zweifelsfrei eine Ausschaltung eines (oder gar mehrerer) leitender Grundsätze des B-VG (d.h. der Baugesetze) bewirkt, erscheint aber schon vor dem Hintergrund der ... Entstehungsgeschichte als nicht zutreffend. Allein schon aus diesem Grund kann der Bestimmung nach Ansicht der Bundesregierung nicht ein überschießender, die Selbstausschaltung des B-VG bewirkender Inhalt beigemessen werden.

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur hervorhebt, ist bei der Ermittlung des Norminhaltes nicht nur allein der Wortlaut der fraglichen Regelung, sondern auch deren Entstehungsgeschichte sowie der Gegenstand und Zweck der Regelung zu beachten. Auch in der Lehre (vgl. Korinek, Zur Interpretation von Verfassungsrecht, in: FS Walter (1991), 363; Thienel, Kritischer Rationalismus und Jurisprudenz (1991)) wird betont, dass Interpretation nicht dem blanken Wortsinn verhaftet bleiben soll, sondern Begriffe unter Berücksichtigung ihres systematischen Zusammenhanges und ihres Sinnes zu verstehen sind. Vor diesem Hintergrund ist darauf aufmerksam zu machen, dass gemäß Z 4 der Novelle BGBl. I Nr. 125/2000 dem § 99 Abs 2 des BVergG 1997 eine (weitere) Verfassungsbestimmung angefügt wird, wonach das Bundesvergabeamt seine Befugnisse auch gegenüber den in Art 19 B-VG bezeichneten obersten Organen der Vollziehung des Bundes ausübt. Diese Bestimmung trat zum selben Zeitpunkt wie die in Prüfung gezogene Bestimmung des § 126a BVergG in Kraft und tritt auch zum selben Zeitpunkt außer Kraft. Das verfassungsrechtliche 'Übergangsregime' zielt nach dem expliziten Wortlaut des § 126a BVergG auf die 'Bestimmungen betreffend die Organisation und Zuständigkeit von Organen, denen der Rechtsschutz hinsichtlich der Vergabe öffentlicher Aufträge obliegt'. Es ist daher nach Ansicht der Bundesregierung aus dem geschilderten Zusammenhang evident, dass der § 126a BVergG das verfassungsrechtliche 'Pendant' in Bezug auf die Vergabekontrolleinrichtungen der Länder zur Z 4 der zitierten Novelle bildet. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass im Zusammenhang mit der Organisation und Zuständigkeit der Vergabekontrollorgane in den Ländern aktuell die Prüfungskompetenz von Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag in Bezug auf die Vergaben von obersten Organen der Landesverwaltung (vgl. das Erkenntnis G 44 bis 46/99 sowie die gegenständlichen Vorverfahren G 12 und 48 bis 51/00) sowie bei Unabhängigen Verwaltungssenaten die Prüfungskompetenz in Bezug auf die Vergaben von Gemeinden bzw. von (privaten) Sektorenauftraggebern verfassungsrechtlich problematisiert werden, sollten ganz offensichtlich diese (einfach)verfassungsrechtlichen Aspekte einer temporären verfassungsrechtlichen Absicherung zugeführt werden, um im Sinne der zitierten Entschließung des Nationalrates eine insgesamt einheitliche Regelung der Vergabe öffentlicher Aufträge zu ermöglichen. Dieser Zusammenhang ist nach Auffassung der Bundesregierung evident.

Vor diesem Hintergrund ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die fragliche Bestimmung einschränkend auszulegen ist, nämlich dahingehend, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber mit der Formulierung 'gelten nicht als bundesverfassungswidrig' die Ebene der Baugesetze gar nicht angesprochen hat und auch nicht die Schranke des Art 44 Abs 3 B-VG durch § 126a BVergG für diesen Teilbereich der österreichischen Rechtsordnung außer Kraft gesetzt hat. In Anlehnung an die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes (im Erkenntnis VfSlg 15.287/1998) könnte man fragen, ob die vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss angedeutete Lesart des § 126a BVergG, wonach diese Norm ja offensichtlich außerhalb des Systems des B-VG stünde, dem Bundesverfassungsgesetzgeber überhaupt 'zusinnbar' ist. Dass Baugesetze der Bundesverfassung nur mit obligatorischer Volksabstimmung geändert werden können, muss auch den Abgeordneten des Nationalrates klar sein. Auch nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes selbst gilt das Gebot konformer Auslegung auch in der Relation zwischen den Ebenen des (einfachen) Verfassungsrechts und den Grundprinzipien (vgl. z.B. VfSlg 11.829/1988). Auch hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom , A10/00 zu § 8 Abs 3 FAG - auch eine Verfassungsbestimmung -, darauf abgestellt, dass diese Bestimmung (über den abgestuften Bevölkerungsschlüssel) nicht verfassungswidrig wäre, wenn sie auf der Stufe eines einfachen Bundesgesetzes erlassen worden wäre. Mit diesem Argument hat es der Verfassungsgerichtshof vermieden auf die Argumentation der antragstellenden Landesregierungen einzusteigen, die Verfassungsbestimmung stünde - wieder wegen des Ausschlusses der Prüfungskompetenz des Verfassungsgerichtshofes - mit Art 44 Abs 3 B-VG in Widerspruch. Überträgt man diese Argumentation auf die hier relevante Ebene, so könnte dem Umstand, dass die Regelungen 'an sich' nicht gesamtändernd sind, eine gewisse Bedeutung zukommen. Nach Ansicht der Bundesregierung handelt es sich bei dieser Argumentation, die versucht, alle den Gesetzesbeschluss begleitenden Umstände mit in Betracht zu ziehen, nicht um eine reine petitio principii. Sie geht vielmehr davon aus, dass der (einfache) Verfassungsgesetzgeber auf der Basis des Systems des B-VG eine Regelung erlassen hat, deren Bindung an die höchstrangige Rechtsschicht des B-VG (i.e. die Grundprinzipien) aus Sicht der Bundesregierung gegeben ist."

Zum Vorwurf des "gesamtändernden" Charakters des § 126a BVergG führt die Bundesregierung aus:

"Wie der Gerichtshof in seiner Judikatur ausführt, kann eine Verfassungsbestimmung dann im Widerspruch zu den leitenden Grundsätzen des Bundesverfassungsrechts stehen, wenn einerseits schwerwiegende und umfassende Eingriffe in die Grundprinzipien vorgenommen werden oder wenn andererseits bloß partiell wirkende Eingriffe aufgrund ihrer Häufung im Effekt zu einer Gesamtänderung führen (vgl. dazu umfassend Hiesel, Verfassungsgesetzgeber und Verfassungsgerichtshof (1995), 122ff mwN der Lit. und Judikatur). Dass durch § 126a BvergG nach Ansicht der Bundesregierung kein umfassender und schwerwiegender Eingriff in die Grundprinzipien vorgenommen wurde, wurde bereits oben ausgeführt.

Der Vollständigkeit halber ist zu bemerken, dass durch die gegenständliche Regelung denkbarer Weise vor allem (vor dem Hintergrund des ggst. Anlassfalls G12/00 u.a.) das demokratische und in allgemeiner Weise das rechtsstaatliche Grundprinzip betroffen sein könnten; es könnte auch ein Eingriff in die Grundrechte vorliegen. Der Gerichtshof erwähnt diese Maßstäbe eingangs in seiner Begründung, wenn er davon spricht, dass die 'Freizeichnung' u.a. sowohl die staatsorganisatorischen Vorschriften des Bundesverfassungsrechts beträfe als auch die Grundrechte, wobei er das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, die Entscheidung durch ein unabhängiges und unparteiliches Tribunal und den Gleichheitsgrundsatz nennt.

Die Verantwortung oberster Organe gegenüber dem Nationalrat bzw. den Landtagen ist sicher ein mit dem demokratischen Grundprinzip in enger Verknüpfung stehendes Element. Es wäre unbestreitbar eine Verletzung des demokratischen Grundprinzips, wenn der Verfassungsgesetzgeber die obersten Organe der Verwaltung schlechthin etwa auf rein rechtspolitische Aufgaben beschränken würde. Aus dem System des B-VG ist jedoch nicht erkennbar, dass es unzulässig wäre, die Ministerverantwortlichkeit bis zu einem gewissen Grad einzuschränken. Bei anderer Betrachtung wäre bereits die Einrichtung der Unabhängigen Verwaltungssenate bedenklich. Letztlich läuft es auch hier - wie in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ausgeführt - auf eine quantitative Beurteilung der Eingriffe in das demokratische Prinzip hinaus. Dabei ist auch zu beachten, dass, wie Öhlinger, Verfassungsgesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit, ÖJZ 1990, 2 (7), ausführt, das demokratische Prinzip auch beinhaltet, dass die Letztentscheidungskompetenz über den Sinngehalt der (einfachen) Verfassung beim Parlament verbleibt. Einschränkungen des parlamentarisch-demokratischen Prinzips durch den Verfassungsgesetzgeber selbst sind daher zulässig, soweit und solange nicht eine (weitreichende) Beseitigung desselben stattfindet. Trotz seiner wirtschaftlichen Bedeutung ist das (Landes)Vergabewesen nur ein relativ kleiner Zweig der Verwaltung: so wurden etwa beim Salzburger Vergabekontrollsenat 1996 zwei, 1997 drei, 1998 14, 1999 sechs und 2000 zehn Vergabekontrollverfahren durchgeführt. In dieser Hinsicht wird man daher eine Gesamtänderung nicht annehmen können.

Auch hinsichtlich der zitierten Grundrechte ist nach Ansicht der Bundesregierung nicht erkennbar, dass in diese in so wesentlicher Weise eingegriffen würde, dass dies einer Gesamtänderung gleichkäme. Jedenfalls hatte die Aufhebung des § 11 Abs 1 Z 1 BVergG 1997 (vgl. dazu G 44 bis 46/99) ihre Begründung in der Problematik der Stellung oberster Organe, und nicht in einem grundrechtlichen Bezug. Auch die Vorverfahren zum Salzburger Landesvergabegesetz bieten keinen Anhaltspunkt für eine grundrechtliche Problematik.

Das Hauptgewicht der Bedenken des Gerichtshofes liegt wohl eindeutig auf dem Element des 'Ausschlusses der Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Normenkontrolle als zentrales Element des rechtsstaatlichen Baugesetzes der österreichischen Bundesverfassung'.

Der Verfassungsgerichtshof zitiert insbesondere das Erkenntnis VfSlg 15.215/1998, nach dem die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Normenkontrolle als zentrales Element des rechtsstaatlichen Baugesetzes der österreichischen Bundesverfassung anzusehen sei. In einer Reihe von Erkenntnissen hat der Verfassungsgerichtshof seine Ansicht deutlich gemacht, dass er es für bedenklich hält, wenn seine Prüfungszuständigkeit in einem erheblichen Ausmaß eingeschränkt wird (vgl. dazu Hiesel, aa0, 101). Aber auch hier ist nach der bisherigen Judikatur auf das 'Häufungsargument' (vgl. VfSlg 11.829/1988, 11.918/1988 oder 11.927/1988) abzustellen: Eine baugesetzwidrige Einschränkung der Gesetzesprüfungskompetenz des Verfassungsgerichtshofes liegt (erst) dann vor, wenn partiell wirkende Maßnahmen - gehäuft vorgenommen - im Effekt zu einer Gesamtänderung der Bundesverfassung führen. Dies bedeutet, dass nicht jeder Einbruch in die Kontrollkompetenz des Verfassungsgerichtshofes zur Baugesetzwidrigkeit der die Kontrollkompetenz des Verfassungsgerichtshofes beschränkenden Regelung führt, sondern nur Eingriffe von besonderem quantitativen oder qualitativen Gewicht es vermögen, das Rechtsstaatsprinzip zu verletzen.

Abgesehen von Extremfällen, wie die Abschaffung der Zuständigkeit zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen in Art 140 Abs 1 B-VG schlechthin oder die Hebung weitester Teile der einfachen Gesetzgebung in den Rang des Bundesverfassungsrechts, fällt es bei der Beurteilung an Hand dogmatisch begründeter und nachvollziehbarer Kriterien sehr schwer, zu sagen, ob einzelne Regelungen die Prüfungszuständigkeit des Gerichtshofes in derart exzessiver Weise unterlaufen, dass das rechtsstaatliche Grundprinzip beseitigt würde. Nach Ansicht der Bundesregierung ziehen jedenfalls einzelne und darüber hinaus zeitlich begrenzte Sonderregelungen, wie die prüfungsgegenständliche, in einem quantitativ wie qualitativ nicht überragend bedeutsamen Teil der österreichischen Rechtsordnung (noch) nicht derart weitgehende Konsequenzen nach sich, dass man von einer 'Ausschaltung der Prüfungszuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes' ausgehen müsste."

Der Verfassungsgerichtshof möge aus diesen Gründen aussprechen, daß § 126a BVergG nicht verfassungswidrig ist.

Für den Fall der Aufhebung der Bestimmung beantragt die Bundesregierung, eine Frist für das Außerkrafttreten von 18 Monaten - also über den gesetzlich angeordneten Geltungszeitraum hinaus (vgl. oben Pkt. II.1.) - zu bestimmen; eine solche Frist sei erforderlich, da "diesfalls das Rechtsschutzsystem im Bereich des Vergaberechtes in mehreren Bundesländern einer vollständigen Neuregelung unterzogen werden müsste".

3. a) Die Salzburger Landesregierung hat als beteiligte Partei des Anlaßverfahrens ebenfalls eine Äußerung erstattet. Auch sie tritt den im Prüfungsbeschluß geäußerten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes entgegen und argumentiert wie folgt:

"2.1. Der Verfassungsgerichtshof wendet sich (mit seinen Bedenken) nicht gegen den Umstand, dass der Verfassungsgesetzgeber jene in den Landesvergabegesetzen zur Kontrolle auch von Entscheidungen von obersten Organen vorgesehenen Vergabekontrolleinrichtungen (für einen befristeten Zeitraum) als bundesverfassungsrechtlich für zulässig erklärt. Der Verfassungsgerichtshof legt nicht dar, inwiefern eine bundesverfassungsrechtliche Regelung, die einen Vergabekontrollsenat in erster und letzter Instanz zur Entscheidung über einen Antrag zur Nachprüfung eines landesrechtlichen Vergabeverfahrens ermächtigt, wegen Verstoßes gegen qualifiziertes Verfassungsrecht möglicherweise verfassungswidrig wäre.

Eine solche (einfache) bundesverfassungsrechtliche Regelung ist aber vor dem Hintergrund des Art 44 Abs 3 B-VG zulässig: Die besondere Stellung von obersten Organen im Sinn des Art 19 B-VG konkretisiert freilich im Hinblick auf ihre Verantwortlichkeit in erster Linie das demokratische Prinzip. Ob sie dadurch allerdings schon unter den Bestandschutz des Art 44 Abs 3 B-VG fällt, ist damit nicht gesagt. Letzteres wird in der Lehre nicht behauptet und kommt auch in der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Einrichtung von Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag bzw von Unabhängigen Verwaltungssenaten in Überordnung zu obersten Organen nicht zum Ausdruck. Es ist daher von der Zulässigkeit einer bundesverfassungsrechtlichen Regelung auszugehen, die Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag mit Aufgaben der Kontrolle von Entscheidungen oberster Organe über die Vergabe von Aufträgen betraut.

2.2.1. § 126a BVergG sollte allerdings nichts anderes bewirken als die auf Grund des Erk notwendig gewordene bundesverfassungsrechtliche Absicherung der landesgesetzlichen Vergabekontrollsenate. Dies zeigt der systematische Zusammenhang mit § 99 Abs 2 letzter Satz ('Das Bundesvergabeamt übt seine Befugnisse auch gegenüber den in Art 19 B-VG bezeichneten obersten Organen der Vollziehung des Bundes aus.') wie auch die Genese deutlich: Die (nicht Gesetz gewordene) RV 329 Blg NR (zur Erlassung eines neuen Bundesvergabegesetzes sowie zur Änderung des Forschungsorganisationsgesetzes) nimmt ausdrücklich auf das Erk des G 44 - 46/99, Bezug, sieht aber lediglich eine verfassungsrechtliche Absicherung des Bundesvergabeamtes vor. Schon im Begutachtungsverfahren zum dieser RV vorangegangenen Entwurf forderten einzelne Länder (so auch Salzburg) mit Nachdruck eine besondere verfassungsrechtliche Ermächtigung zum Fortbestand der bewährten Vergabekontrollsenate.

Die Bundesregierung ließ dieses Verlangen unverständlicherweise und Bund und Länder in Verfassungsangelegenheiten ungleichbehandelnd unbeachtet. Im Zuge der Behandlung der RV im Verfassungsausschuss war absehbar, dass diese RV nicht die erforderliche Verfassungsmehrheit erhalten würde. Um bis 2002 in Verhandlungen mit dem Nationalrat, den Ländern und den Gemeinden ein neues (möglicherweise bundeseinheitliches) Vergaberecht zu erarbeiten und dennoch den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen, wurden neben der Reaktion auf das Ökopunkte-Erk des EuGH die Verfassungsbestimmungen der §§99 Abs 2 letzter Satz und 126a BVergG erlassen (s dazu den Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses 360 Blg NR XXI. GP).

2.2.2. Dieser Motivation des Verfassungsgesetzgebers kommt im Hinblick auf das vom Verfassungsgerichtshof geäußerte Bedenken verfassungsrechtliche Bedeutung zu: Schon im Licht des eindeutig nachvollziehbaren Willens des Verfassungsgesetzgebers kann von keiner 'umfassenden Freistellung des einfachen Gesetzesrechtes vom Verfassungsrecht' gesprochen werden (zur Bedeutung der Entstehungsgeschichte von Verfassungsbestimmungen für ihre Interpretation s ). Sondern: § 126a BVergG will ausschließlich jene vom Verfassungsgerichtshof im Erk vermisste bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung eines Verwaltungsorgans zur Kontrolle von Vergabeentscheidungen eines obersten Organs einräumen. Eine solche bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung ohne Durchführung eines Verfahrens nach Art 44 Abs 3 B-VG ist zulässig, wenn sie nicht eine Gesamtänderung der Bundesverfassung darstellt. Dass dies der Fall wäre, scheint auch der Verfassungsgerichtshof nicht anzunehmen. Allein der Umstand, dass eine Verfassungsbestimmung in Reaktion auf ein Erk des Verfassungsgerichtshofes erlassen wird, kann eine solche Verfassungsbestimmung nicht verfassungswidrig machen. Hier ist auch zu bedenken, dass Ausnahmen von Art 19 B-VG - und nur darum geht es - bereits in der Bundesverfassung selbst grundgelegt sind, und zwar schon durch Art 133 Z 4 B-VG. Die Möglichkeit der Durchbrechung der Leitungs- und Weisungsbefugnis der obersten Organe der Vollziehung, wenn nicht schon auf Grund einer besonderen Rechtfertigung durch einfaches Gesetz zulässig, ist damit auch anders zu sehen, als das in der Lehre mit Blick auf die Gefahr einer schleichenden Gesamtänderung stets kritisierte Tätigwerden des Verfassungsgesetzgebers zum Zweck der 'Korrektur' von Ergebnissen der Verfassungsrechtsprechung (etwa zur Absicherung von Regelungen im Hinblick auf den Gleichheitssatz).

Dazu kommt: Die in Prüfung gezogene Verfassungsbestimmung ist befristet. Dies aus dem guten Grund der Ermöglichung eines neuen (möglicherweise bundeseinheitlich) geltenden Vergaberechtes, welches intensiver Verhandlungen und Vorbereitung bedarf. Die aus diesem Grund erfolgende Befristung zeigt deutlich, dass der Verfassungsgesetzgeber in Wahrheit den Verfassungsgerichtshof gar nicht 'korrigieren' will. Er will dem Gesetzgeber noch Zeit geben und setzt ihn mit der Befristung gleichzeitig unter Druck.

2.3. Der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes lässt die Darlegung vermissen, welche am in Geltung stehenden landesgesetzlichen Bestimmungen die Organisation und Zuständigkeit von Organen betreffen, denen der Rechtschutz hinsichtlich der Vergabe von öffentlichen Aufträgen obliegt. Der Verfassungsgesetzgeber strebt keine Freizeichnung der Landesgesetzgebung für einen bestimmten Teilbereich von der Bundesverfassung an, sondern er hat einen bestimmten abgrenzbaren Regelungsbestand vor Augen, den er für einen befristeten Zeitraum bundesverfassungsrechtlich absichern möchte - dies ausschließlich im Hinblick auf das Erk .

2.4. Zum Bedenken des Widerspruchs zum Rechtsstaatsprinzip auf Grund des gesehenen Entzugs einer Verfassungsbestimmung von der verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle ist auszuführen:

2.4.1. Solange der Verfassungsgerichtshof nach der Bundesverfassung zur Normenkontrolle zuständig ist, ist kein Verfassungsrecht verfassungsgerichtlicher Kontrolle entzogen. Verfassungsrecht ist im Hinblick auf das Vorliegen einer Gesamtänderung der Bundesverfassung zu prüfen. Hier will der Verfassungsgerichtshof eine Grenze für das Tätigwerden des (einfachen) Verfassungsgesetzgebers ziehen. Diese Grenze liegt ganz unbestritten im Vorliegen einer Gesamtänderung der Bundesverfassung.

Die Prüfung dieser Frage hat dabei materieller Natur zu sein. Dh:

Wird mit der Regelung (hier: Zulässigkeit der Kontrolle oberster Organe durch andere Verwaltungsorgane in einem Teilbereich) ein Baugesetz in seinem Kern berührt ? Oder aber, auch beim Verständnis der in Prüfung gezogenen Verfassungsbestimmung als umfassende Absicherung einer ganzen Reihe von (feststehenden und feststellbaren !) landesgesetzlichen Bestimmungen, welche die Zuständigkeit und Organisation von Organen regeln, denen die Vergabekontrolle übertragen ist: Wird durch die konkreten landesgesetzlichen Regelungen, die durch § 126a BVergG gleichsam auf die Stufe des Bundesverfassungsrechtes gehoben worden sind, ein Baugesetz in seinem Kern berührt ? Diese Frage hat der Verfassungsgerichtshof zu beantworten und nicht, ob der Umstand, dass die Verfassungsbestimmung, die jene landesgesetzlichen Bestimmungen verfassungsrechtlich vorübergehend absichert, vielleicht das Rechtsstaatsprinzip in seinem Kern berührt, weil dadurch der Verfassungsgerichtshof in seiner Prüfungsbefugnis im Hinblick auf das Vorliegen einer Gesamtänderung eingeschränkt wird! Dieser Ansatz des Verfassungsgerichthofes gelangt seinerseits in massiven Konflikt mit einem anderen Baugesetz, nämlich dem der parlamentarischen Demokratie.

2.4.2. Stellt man nun das demokratische Baugesetz in seiner Ausformung als System der repräsentativen Demokratie dem rechtsstaatlichen Baugesetz, welches auch durch die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes konkretisiert wird, gegenüber, ist Folgendes festzustellen: Das System der repräsentativen Demokratie gilt unbestritten als Kernbestand des demokratischen Baugesetzes. Eine Abschaffung der Parlamente als Gesetzgebungsorgane wäre zweifellos eine Gesamtänderung der Bundesverfassung. Nun wird man auch die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Normenkontrolle als wesentlichen Bestandteil des rechtsstaatlichen Baugesetzes zu qualifizieren haben - auch die Abschaffung der Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofgesetzes (gemeint wohl: des Verfassungsgerichtshofes) zur Normenkontrolle würde somit eine Gesamtänderung der Bundesverfassung darstellen. Insofern besteht im Gefüge der Baugesetze Gleichwertigkeit zwischen der Zuständigkeit des Gesetzgebers und jener des Verfassungsgerichtshofes. (Der Fall der Abschaffung des Verfassungsgerichtshofes ohne Durchführung eines Verfahrens gemäß Art 44 Abs 3 B-VG, was die Nichtkontrollierbarkeit dieses Vorganges zur Folge hätte, wäre freilich ein die Grundfesten des demokratischen Rechtsstaates erschütternder Verfassungsbruch, der wohl nur in einem 'demokratischen Ausnahmezustand' der Republik denkbar wäre. Er ist von derart theoretischer Bedeutung, dass er für die Lösung der Frage, ob § 126a BVergG eine Gesamtänderung der Bundesverfassung darstellt, keine Relevanz haben kann.) Andererseits lässt sich aus dem Umstand der Abänderbarkeit der Verfassung nach Maßgabe des Art 44 Abs 1 und 3 B-VG der Vorrang des demokratischen Baugesetzes vor dem rechtsstaatlichen erkennen: Art 44 Abs 1 B-VG mit den qualifizierten Beschlusserfordernissen, also eine höhere demokratische Legitimation, ermächtigt den (Verfassungs)gesetzgeber zur Beschränkung der Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofes. Die Annahme eines Gesetzesbeschlusses zur Gesamtänderung der Bundesverfassung in einer Volksabstimmung gemäß Art 44 Abs 3 B-VG vermag den Verfassungsgerichtshof gänzlich auszuschalten. So gesehen schlägt daher das demokratische Baugesetz gegenüber dem rechtsstaatlichen Baugesetz durch.

2.4.3. § 126a BVergG beinhaltet die bundesverfassungsrechtliche Absicherung von bestimmten landesgesetzlichen Regelungen, welche die Zuständigkeit und Organisation von Organen regeln, denen die Vergabekontrolle übertragen ist. Dies ausschließlich im Hinblick auf die Zulässigkeit solcher landesgesetzlicher Einrichtungen zur Kontrolle von Vergabeentscheidungen der Landesregierung. Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang mit § 99 Abs 2 letzter Satz BVergG sowie den Gesetzesmaterialien (s 360 Blg NR XXI. GP; vgl hier 2.2.). Damit geht eine Einschränkung der Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofes darauf einher, ob eine solche bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung von landesgesetzlichen Einrichtungen zur Kontrolle von Vergabeentscheidungen der Landesregierung eine Gesamtänderung der Bundesverfassung darstellt. Dazu ist der Bundesverfassungsgesetzgeber kraft Art 44 Abs 1 B-VG befugt. Aus Art 44 Abs 3 B-VG folgt die mit der Erlassung von Verfassungsbestimmungen verbundene Beschränkung der Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofes. Der so zu interpretierende § 126a BVergG (s insb oben unter 2.2.) stellt weder eine 'Verfassungssuspendierung' noch eine Abschaffung der Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes (für einen bestimmten Teilbereich) dar. Aus diesen Gründen ist die Salzburger Landesregierung daher der Auffassung, dass § 126a BVergG nicht verfassungswidrig ist."

b) Demgegenüber hat die im Anlaßverfahren B2214/98 beschwerdeführende Gesellschaft eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des Verfassungsgerichtshofs anschloß:

"Zur (Bundes-)Verfassungswidrigkeit des § 126a BVergG

a) § 126a BVergG dient erkennbar der (bundes)verfassungsrechtlichen 'Absicherung' von Bestimmungen in den Vergabegesetzen der Länder, die der vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G44-46/99, aufgehobenen Bestimmung des § 11 Abs 1 Z 1 BVergG 1997 nachgebildet oder inhaltsgleich sind.

Mit dem Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß vom ist auch die beteiligte Partei der Ansicht, dass der einfache Verfassungsgesetzgeber nicht ermächtigt ist, die Geltung der Bundesverfassung in einer Weise einzuschränken, wie dies durch § 126a BVergG geschieht.

Anders als bei anderen Fällen der 'Absicherung' einer einfachgesetzlichen Norm durch eine Verfassungsbestimmung, wie etwa durch den letzten Satz des § 103 Abs 2 KFG (VfSlg 11.829/1988), wird durch § 126a BVergG nicht eine konkrete Norm in Hinblick auf bestimmte verfassungsrechtliche Vorschriften 'immunisiert' (etwa im Fall des § 103 Abs 2 KFG in Hinblick auf Art 90 Abs 2 B-VG), indem der Beurteilungsmaßstab für den Verfassungsgerichtshof hinsichtlich dieser Norm durch Verfassungsvorschrift geändert wird (Köhler,

11. ÖJT Bd I/2 (1992) 121), während im übrigen die verfassungsrechtliche Prüfungskompetenz unberührt bleibt. Zwar hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 11.829/1998 die 'Mischkonstruktion' des § 103 Abs 2 KFG (Hengstschläger, Totaländerung der Verfassung durch Gesetzessanierung?, FS Walter (1991) 240 ff) für baugesetzkonform erachtet, jedoch nur unter Hinweis auf die eng begrenzte Ermächtigung der in diesem Verfahren geprüften Verfassungsbestimmung (im Ergebnis folgend: Barfuß, Grenzen der Verfassungsänderung, 13. ÖJT Bd I/1 (1997) 54; Hiesel, Verfassungsgesetzgeber und Verfassungsgerichtshof (1995) 107 ff; Mischkonstruktionen grundsätzlich ablehnend: Hengstschläger, Totaländerung der Verfassung durch Gesetzessanierung? FS Walter (1991) 240f).

Im Fall des - ebenfalls eine (aber viel weitergehende) verfassungsrechtliche Immunisierung bewirkenden - § 126a BVergG werden jedoch nicht näher bezeichnete landesgesetzliche Bestimmungen - unabhängig von ihrem Inhalt - gänzlich der verfassungsgerichtlichen Gesetzesprüfungskompetenz entzogen, indem die Bundesverfassung als solche und zur Gänze für die landesgesetzlichen Bestimmungen ausgesetzt wird. Neben dem Eingriff in das rechtsstaatliche Baugesetz durch Ausschaltung der verfassungsgerichtlichen Gesetzesprüfungskompetenz handelt es sich hier sohin um eine (zwar zeitlich begrenzte) Verfassungssuspendierung, zu der der (einfache) Verfassungsgesetzgeber nicht ermächtigt ist (und für die überdies zweifelhaft ist, ob sie überhaupt mit einer Volksabstimmung nach Art 44 Abs 3 B-VG zulässig wäre: Pernthaler, Grenzen der Verfassungsänderung, 13. ÖJT Bd I/2 (1999) 30 ff und 39).

Da § 126a BVergG die Geltung der Bundesverfassung ohne Einschränkung in Bezug auf die genannten landesgesetzlichen Bestimmungen beseitigt, sind die Baugesetze der Bundesverfassung (siehe dazu va VfSlg 2455/1952) nicht bloß berührt; für den von den einschlägigen landesgesetzlichen Bestimmungen erfassten Teilbereich der österreichischen Rechtsordnung erfahren die Baugesetze einen schwerwiegenden Eingriff, der sie gänzlich beseitigt, sodass ohne jeden Zweifel eine Baugesetzkernwidrigkeit vorliegt (Pernthaler, Grenzen der Verfassungsänderung, 13. ÖJT Bd I/2 (1999) 22).

So weit reicht die Ermächtigung des (einfachen) Verfassungsgesetzgebers, die Verfassung zu ändern, keinesfalls; diese endet nämlich wegen Art 1 iVm Art 44 Abs 3 B-VG dort, wo gegen die Baugesetze verstoßen wird. Mit anderen Worten hat diese Barfuß, Grenzen der Verfassungsänderung, 13. ÖJT Bd I/1 (1997), zum Ausdruck gebracht: 'Die letzte Entscheidungskompetenz liegt nämlich aus der Sicht des Art 44 Abs 3 B-VG beim Volk, und nicht bei seinen Repräsentanten.'

b) Der Eingriff in das Rechtsstaatsprinzip durch Ausschaltung der verfassungsgerichtlichen Gesetzesprüfungskompetenz zeigt sich auch dadurch, dass die Gesetzesprüfungskompetenz des VfGH in einer weiteren Hinsicht beeinträchtigt wird:

Nicht nur ist die Prüfungsbefugnis hinsichtlich der aktuellen Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs 1 Z 1 SLVergG beseitigt, sondern auch in Hinblick auf einen allfälligen Ausspruch des Verfassungsgerichtshofs iSd Art 140 Abs 4 B-VG, dass die Bestimmung des § 1 Abs 1 Z 1 SLVergG verfassungswidrig war. Auch wenn - wie gerade ausgeführt - nicht jede Immunisierung einer einfachgesetzlichen Vorschrift durch eine Verfassungsbestimmung unzulässig ist, sodass von einer Baugesetzwidrigkeit gesprochen werden kann (Korinek,

11. ÖJT Bd I/2 (1992) 119), zeigt sich in diesem Fall der totalen Ausschaltung des Verfassungsgerichtshofs, dass Hengstschlägers Bemerkung (in: Totaländerung der Verfassung durch Gesetzessanierung?, FS Walter (1991) 241) zutrifft, dass die Mischkonstruktion eine Gesetzgebungstechnik ist, die eine im B-VG an sich nicht vorgesehene Normenkategorie schafft.

So geht Art 140 B-VG davon aus, dass eine verfassungswidrige Bestimmung entweder in Kraft ist oder bereits außer Kraft getreten ist, in welchem Fall der Verfassungsgerichtshof auszusprechen hat, dass diese Bestimmung verfassungswidrig war (Art140 Abs 4 B-VG). Sollte der Verfassungsgerichtshof - selbst wenn § 126a BVergG nicht verfassungswidrig und somit ab Inkrafttreten mit anzuwenden sein sollte - bei Prüfung des § 1 Abs 1 Z 1 SLVergG zum Ergebnis kommen, dass diese Bestimmung verfassungswidrig wäre (gäbe es nicht § 126a BVergG), kann der Verfassungsgerichtshof dennoch nicht ohne weiteres aussprechen, dass die in Prüfung stehende Wortfolge des § 1 Abs 1 Z 1 SLVergG bis verfassungswidrig war: § 1 Abs 1 Z 1 SLVergG ist nämlich nicht außer Kraft getreten, sondern nach wie vor unverändert in Kraft. Ein Anwendungsfall des Art 140 Abs 4 B-VG liegt sohin - streng genommen - nicht vor, was dem System des Art 140 B-VG widerspricht (weshalb die beklagte Partei, solle die Verfassungsbestimmung des § 126a BVergG nicht verfassungswidrig sein, dennoch den Ausspruch gemäß Art 140 Abs 4 B-VG analog für zulässig erachtet ...).

c) Ob darüber hinaus in § 126a BVergG ein Verfassungsmissbrauch, eine inhaltliche Verfassungsdurchbrechung, zu erblicken ist, für die die Bundesverfassung (anders als für ihre Änderung) keine Regel enthält, und die daher auch einer Beschlussfassung durch das Bundesvolk entzogen sein dürfte, weil sie gar keine neue Verfassung schaffen, sondern lediglich die geltende Verfassung inhaltlich und zeitlich begrenzt als normativen Maßstab der Verfassungskontrolle außer Kraft setzen will, mag - wie der Verfassungsgerichtshof trefflich festhält - dahingestellt bleiben:

Feststeht, dass die zu prüfende Bestimmung des § 126a BVergG die Baugesetze in ihrem Kern verletzt und dass keine Volksabstimmung stattgefunden hat. Schon daran zeigt sich, dass der Verfassungsgesetzgeber in verfassungswidriger Weise seine Ermächtigung überschritten hat."

Im übrigen erachtet die beteiligte Partei die in Prüfung stehende Wortfolge in § 1 Abs 1 Z 1 SVergG auch für landesverfassungswidrig, da sie dem sich aus Art 36 Abs 3 und anderen Bestimmungen der Salzburger Landesverfassung 1999 ergebenden Grundgedanken widerspreche, demzufolge eine Überprüfung der Entscheidungen der obersten Organe der Salzburger Landesverwaltung unzulässig sei.

4. Die von der Bundesregierung und der Salzburger Landesregierung vorgetragenen Argumente sind nicht geeignet, die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes zu zerstreuen:

Die Bundesregierung verteidigt die Verfassungsmäßigkeit der Regelung im wesentlichen damit, daß sie zum einen die Prämisse des Verfassungsgerichtshofes in Frage stellt, die Bestimmung solle die Wirkung haben, die Vorschriften über Einrichtung und Aufgaben der Vergabekontrolle in den Ländern in umfassender Weise von bundesverfassungsrechtlichen Bindungen freizustellen; die Bestimmung sei vielmehr baugesetzkonform und angesichts ihrer Entstehungsgeschichte so zu verstehen, daß sie bloß die nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gefährdeten Regelungen jener Landesgesetze verfassungsrechtlich unangreifbar machen soll, die kollegiale Verwaltungsbehörden mit richterlichem Einschlag zur Kontrolle der Vergabeentscheidungen der obersten Landesorgane berufen. Ähnlich argumentiert auch die Salzburger Landesregierung. Zum zweiten meint die Bundesregierung, daß eine derartige partielle Einschränkung der Stellung der obersten Organe und der Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Normenkontrolle zwar das demokratische und rechtsstaatliche Baugesetz berührt, aber keine schwerwiegenden Eingriffe in diese Baugesetze der Verfassung bewirke, sodaß sie nicht als gesamtändernd zu qualifizieren sei.

a) Zu Inhalt und Bedeutung des § 126a BVergG

Der Bundesregierung ist Recht zu geben, wenn sie - ebenso wie die Salzburger Landesregierung - ausführt, es stelle eine Prämisse der Bedenken des Verfassungsgerichtshofes dar, daß die in Prüfung genommene Verfassungsbestimmung die Geltung der Bundesverfassung für landesgesetzliche Vorschriften über die Organisation und Zuständigkeit von Vergabekontrolleinrichtungen umfassend außer Kraft zu setzen trachtet. Die Bundesregierung räumt zwar ein, daß "eine gewisse Kritik" am weitgefaßten Wortlaut der Regelung berechtigt sein mag, meint jedoch, aus der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Regelung ergebe sich deutlich, daß sie ein Pendant zur gleichzeitig eingeführten Verfassungsbestimmung des § 99 Abs 2 letzter Satz BVergG sein solle, mit dem auf Verfassungsebene bestimmt ist, daß das BVA seine Befugnisse auch gegenüber den in Art 19 B-VG bezeichneten obersten Organen der Vollziehung des Bundes ausübt.

Die in Prüfung stehende Bestimmung auf diesen Gehalt zu reduzieren, ist indes nicht gerechtfertigt. Zwar ist der Bundesregierung im methodischen Ansatz ihrer Argumentation, daß es nicht auf den Wortlaut der Bestimmung allein, sondern auf die Entstehungsgeschichte, den Gegenstand und den Zweck der Regelung ankommt, Recht zu geben, jedoch erweist eine Bedachtnahme gerade darauf, daß die Bestimmung eine umfassendere Bedeutung haben sollte:

Schon der Vergleich der Regelungen des § 99 Abs 2 letzter Satz und des § 126a BVergG zeigt, daß die in Prüfung stehende ungleich umfassender formuliert ist. Hätte der Verfassungsgesetzgeber nichts anderes gewollt, als anzuordnen, daß die als kollegiale Verwaltungsbehörden eingerichteten Vergabe-kontrollorgane (das waren im Zeitpunkt der Beschlußfassung des § 126a BVergG bloß jene der Länder Salzburg, Steiermark und Wien) ihre Befugnisse auch gegenüber den obersten Organen dieser Länder ausüben dürfen, so hätte er wohl eine dem § 99 Abs 2 leg.cit. ähnliche, nicht aber eine so weit gefaßte Formulierung gewählt.

Das bestätigt auch der oben wiedergegebene Ausschußbericht (vgl. Pkt. II.1.b)), der davon spricht, daß die verschiedenen im Bereich der Länder derzeit existierenden Vergabekontrolleinrichtungen "bundesverfassungsrechtlich abgesichert" werden sollen, und ausdrücklich auch auf die UVS verweist. Hinsichtlich der UVS besteht aber das Problem der Kontrolle der Vergabeentscheidungen der obersten Organe der Länder, dessen Lösung die Bundesregierung als einzigen Zweck der Regelung nennt, von vornherein nicht (vgl. z.B. VfSlg. 14.891/1997).

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof hat der Vertreter der Bundesregierung darauf hingewiesen, daß der im Verfassungsausschuß behandelte Antrag auf einem Wunsch der Länder beruhte, der in einem Beschluß der Landesamtsdirektorenkonferenz vom zum Ausdruck kommt, in dem es heißt:

"Die Landesamtsdirektorenkonferenz ersucht den Bund, im Zuge der gegenwärtig in Verhandlung stehenden Neuerlassung des Bundesvergabegesetzes auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene eine Absicherung der bestehenden eigenen Vergabekontrolleinrichtungen in den Ländern vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes vorzunehmen."

Die dabei bezogene aktuelle Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes beschränkte sich aber - wie im folgenden zu zeigen ist - keineswegs auf die Frage der Überprüfbarkeit von Entscheidungen oberster Organe durch unabhängige Verwaltungsbehörden.

Die unterschiedliche Textierung, der Ausschußbericht und dessen Vorgeschichte machen deutlich, daß die in Prüfung stehende Bestimmung in einem umfassenderen Sinn von verfassungsrechtlichen Bindungen freizeichnen soll, als dies von der Bundesregierung und von der Salzburger Landesregierung behauptet wird.

Dies wird auch einsichtig, wenn man ins Kalkül zieht, daß zum Zeitpunkt der Beschlußfassung über § 126a BVergG im Nationalrat auch andere Fragen der Organisation und Zuständigkeit der Vergabekontrolleinrichtungen der Länder in Diskussion und zum Teil auch Gegenstand verfassungsgerichtlicher Verfahren waren, als die Frage, ob in drei der Bundesländer auch die obersten Verwaltungsorgane durch die dort existierenden Vergabekontrolleinrichtungen kontrolliert werden dürfen. So war etwa die Frage der Zulässigkeit der Beschränkung der Zuständigkeit der Vergabekontrolleinrichtungen auf Kontrollen von Vergaben oberhalb bestimmter Schwellenwerte und die Zulässigkeit des Ausschlusses der Kontrolle von Zuschlagsentscheidungen und Widerrufsentscheidungen Gegenstand verfassungsrechtlicher Erörterung, wobei diese Fragen im Hinblick auf alle Bundesländer relevant sind.

Auch die im Prüfungsbeschluß enthaltenen Hinweise auf die Exemtionswirkung der in Prüfung stehenden Bestimmung auch auf den Grundrechtsbereich entsprangen nicht bloß theoretischen Erwägungen, sondern konkreten verfassungsrechtlichen Diskussionen und teilweise verfassungsgerichtlichen Erfahrungen. So war in früher beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Verfahren umstritten, ob etwa die Wiener, die Tiroler und die Vorarlberger Regelung (vor Übertragung der Zuständigkeit der Vergabekontrolle in Tirol und Vorarlberg auf die UVS) etwa im Hinblick auf die Bestimmung des Art 6 EMRK (betreffend die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Kontrolleinrichtungen) mit der Verfassungslage übereinstimmen (vgl. VfSlg. 15.507/1999, 15.668/1999 und ua.) und wurde die Vereinbarkeit organisationsrechtlicher Vorschriften mit den Anforderungen des Grundrechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (unter anderem im Hinblick auf das Erfordernis der Kontinuität der Besetzung der Richterbank, die Möglichkeit der Sanktionierung einer rechtswidrigen Nichtvorlage an den EuGH sowie die Frage der gemeinschaftsrechtskonformen Zusammensetzung der Vergabekontrollbehörde) auch in verfassungsgerichtlichen Verfahren erörtert (vgl. neben den bereits zitierten Erkenntnissen auch VfSlg. 14.499/1996).

Beim Verfassungsgerichtshof sind auch Verfahren anhängig, in denen die Vereinbarkeit verschiedener Schwellenwertregelungen mit dem Gleichheitsgrundsatz zur Erörterung stehen. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, daß die Kärntner Landesregierung in dem zu G20/01 protokollierten Verfahren, in dem es auf Antrag des Unabhängigen Verwaltungssenats Kärnten um die Zulässigkeit von Schwellenwertregelungen im Zusammenhang mit Vergabekontrolleinrichtungen geht, in ihrer Äußerung ausdrücklich auf § 126a BVergG hinweist und daraus ableitet, daß die zur Aufhebung beantragten Bestimmungen nunmehr verfassungsrechtlich unangreifbar geworden seien.

Die Geltung des § 126a BVergG hätte daher auch zur Folge, daß Grundrechtsverletzungen, die ihre Ursache in entsprechenden gesetzlichen Regelungen haben, als saniert zu gelten hätten und nicht aufgegriffen werden könnten, denn auch in diesen Fällen handelt es sich um "landesgesetzliche Vorschriften betreffend die Organisation und Zuständigkeit" von Landesvergabekontrollorganen.

Es zeigt also nicht nur der Wortlaut für sich, sondern auch sein Vergleich mit der gleichzeitig eingeführten Verfassungsbestimmung des § 99 Abs 2 BVergG und der historische Entstehungszusammenhang, daß sich die Prämisse des Verfassungsgerichtshofes als zutreffend erwiesen hat, die Regelung sollte - wenn auch aus einem konkreten Anlaß heraus - eine umfassende Freizeichnung landesgesetzlicher Vorschriften über die Vergabekontrolle bewirken, sodaß die Bundesverfassung für diesen Teil der Landesrechtsordnungen ihre Funktion als Schranke für den Landesgesetzgeber verlieren sollte. Der Wortlaut, der systematische Zusammenhang, der historisch belegbare Zweck der Regelung und der Kontext der Entstehungsgeschichte geben ein derartig deutliches Bild, daß der Verfassungsgerichtshof es nicht für zulässig ansieht, eine baugesetzkonforme reduzierende Interpretation der Vorschrift, wie dies die Regierungen des Bundes und des Landes Salzburg vorschlagen, vorzunehmen. Vielmehr soll nach der in Prüfung stehenden Verfassungsbestimmung das Bundesverfassungsrecht insgesamt und damit auch das B-VG und dessen leitende Prinzipien einschließlich der Bestimmung des Art 44 Abs 3 B-VG seine Maßgeblichkeit für einen bestimmten Teilbereich der Rechtsordnung der Länder, nämlich für die landesgesetzlichen Vorschriften über die Zuständigkeit und Organisation der Vergabekontrolleinrichtungen in den Ländern verlieren.

b) Zur Zulässigkeit der Suspendierung der normativen Kraft der Bundesverfassung

Von ihrer - wie eben gezeigt wurde: nicht zutreffenden - Prämisse ausgehend vermeint die Bundesregierung, daß die Regelung bloß eine quantitativ nicht ins Gewicht fallende Beschränkung des demokratischen Baugesetzes bewirke und daß die Einschränkung der Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Normenkontrolle, in der die Bundesregierung das Hauptargument der Bedenken des Gerichtshofes zu erkennen vermeint, nicht von besonderem quantitativen oder qualitativen Gewicht sei, sodaß es nicht angehe, von einer Verletzung des Rechtsstaatsprinzips zu sprechen.

Damit geht die Argumentation aber an den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes vorbei. Dieser hatte im Prüfungsbeschluß nicht das Bedenken formuliert, daß es dem Verfassungsgesetzgeber im Sinne des Art 44 Abs 1 B-VG verwehrt sei, die Stellung der obersten Organe der Länder gegenüber Vergabekontrolleinrichtungen zu beschränken oder dem Verfassungsgerichtshof in einer bestimmten Frage die Kompetenz im Bereich der Normenkontrolle zu nehmen (, was hier offen bleiben kann). Er meinte vielmehr - unter Hinweis auf Äußerungen in der Lehre (Winkler, Verfassungsrecht und Verfassungsrechtsdenken, in: derselbe, Studien zum Verfassungsrecht, 1991, 1 ff., insb. 28 ff., Adamovich/Funk/Holzinger, Österreichisches Staatsrecht, Band 1, 1997, 128 ff., oder Pernthaler, Der Verfassungskern, 1998, 46 ff., 80 f.; alle mwH) und der Rechtsprechung (vgl. etwa VfSlg. 2455/1952, 11.829/1988, 15.215/1998, 15.373/1998) -, daß es dem einfachen Verfassungsgesetzgeber nicht gestattet sei, die Bundesverfassung auch nur für einen Teilbereich der Rechtsordnung in ihrer Wirkung schlechthin zu suspendieren. Er rechnete es zum Inhalt des qualifizierten Verfassungsrechts, daß es nicht dazu ermächtige, sich selbst seine Maßgeblichkeit für das unterverfassungsgesetzliche Recht zu nehmen; denn derartiges dürfte mit dem rechtsstaatlichen Prinzip in Widerspruch stehen, das verlangt, "daß alle Akte staatlicher Organe im Gesetz und mittelbar letzten Endes in der Verfassung begründet sein müssen und daß für die Sicherung dieses Postulats wirksame Rechtsschutzeinrichtungen bestehen" (VfSlg. 2455/1952).

Diesem Bedenken ist im Verfahren nicht entgegengetreten worden. Es zählt in der Tat zum Kernbestand des Verfassungsrechts, sicherzustellen, daß der einfache Verfassungsgesetzgeber die Maßgeblichkeit der Verfassung für einen bestimmten Teilbereich der Rechtsordnung nicht beseitigen können soll. Der Verfassungsgerichtshof hat dies - und nicht, wie die Bundesregierung meint, die verfassungsgerichtliche Normenkontrollzuständigkeit - ins Zentrum seiner Bedenken gerückt; er hat nur ausgeführt, daß das Prinzip der Maßgeblichkeit der Verfassung ebenso wie die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Normenkontrolle als zentrales Element des rechtsstaatlichen Baugesetzes der österreichischen Bundesverfassung anzusehen sei. Es war somit nicht das primäre Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, daß seine Normenkontrollbefugnis in einem Teilbereich beschränkt werde, weshalb das Verfahren auch keinen Anlaß dazu bietet, zu der - in dieser Form höchst problematischen und in Widerspruch zur ständigen verfassungsgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa VfSlg. 11.756/1988, 11.829/1988, 11.916/1988, 11.972/1989) und herrschenden Lehre (vgl. etwa die Hinweise bei Hiesel, Verfassungsgesetzgeber und Verfassungsgerichtshof, 1995, 24 ff.) stehenden - Behauptung der Bundesregierung Stellung zu nehmen, es falle abgesehen von Extremfällen wie der Abschaffung der Gesetzesprüfungskompetenz nach Art 140 Abs 1 B-VG sehr schwer, eine Grenze für die Zulässigkeit der Einschränkung der Normenkontrollbefugnisse des Verfassungsgerichtshofes zu erkennen. Denn der Verfassungsgerichtshof hat darauf hingewiesen, daß die Reduktion seiner Gesetzesprüfungskompetenz nur eine zwangsläufige Folge des Verlustes der Maßgeblichkeit der Verfassung ist, und dargelegt, daß der Verlust der Maßgeblichkeit der Verfassung selbst seine Bedenken auslöst (in diesem Sinn auch Pernthaler, a.a.O, 75: "Das Problem der inhaltlichen Qualifikation von kontrollausschaltenden Verfassungsnormen ist also im allgemeinen nicht von diesem Vorgang selbst, sondern von dem dadurch ausgeschalteten Kontrollmaßstab der Verfassung her zu lösen").

Auch geht es - anders als etwa im Verfahren G19,20/00, das mit dem Erkenntnis vom abgeschlossen wurde und das die Verfassungsmäßigkeit des § 15a FAG 1997 idF BGBl. I 30/2000 betraf - nicht darum, ob und welche Grenzen dem Verfassungsgesetzgeber im Sinne des Art 44 Abs 1 B-VG im Hinblick auf die Gestaltung einzelner Lebenssachverhalte, hier bei der Erlassung konkreter vergaberechtlicher Regelungen, gezogen sind. Es geht vielmehr darum, ob der einfache Verfassungsgesetzgeber befugt ist, für einen Teilbereich der Rechtsordnung der Verfassung ihre normative Kraft zu nehmen und damit den schon in VfSlg. 2455/1952 formulierten - als Kerngehalt des rechtsstaatlichen Prinzips, an das der Verfassungsgesetzgeber im Sinne des Art 44 Abs 1 B-VG gebunden ist, zu verstehenden - Grundsatz zu durchbrechen, daß alle Akte der staatlichen Gewalt letztlich in der Verfassung begründet sein müssen.

Der Verfassungsgerichtshof bleibt daher bei seiner im Prüfungsbeschluß vertretenen Auffassung, daß der Verlust der Maßstabsfunktion der Verfassung für einen Teilbereich der Rechtsordnung (unabhängig von der Bedeutung dieses Teilbereichs) das rechtsstaatliche Prinzip verletzt, fügt ihr aber hinzu, daß es auch dem demokratischen Prinzip widerspräche, anzunehmen, der einfache Verfassungsgesetzgeber sei legitimiert, die Verfassung als "Zwangsnormerzeugungsregel" (vgl. Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 1972, 9 f.) in ihrer Wirkung auch nur für einen Teilbereich der unterverfassungsgesetzlichen Rechtsordnung schlechthin zu suspendieren (vgl. in diesem Zusammenhang auch Hengstschläger, Totaländerung der Verfassung durch Gesetzessanierung?, in: FS Walter, 1991, 215 ff. (hic: 243)); denn es liefe die Möglichkeit zur Verfassungssuspendierung durch einfaches Verfassungsrecht letztlich darauf hinaus, dem Bundesvolk einen Teil der verfassungsgebenden Gewalt zu nehmen (vgl. zur zentralen Bedeutung dieses Elements des demokratischen Baugesetzes etwa Oberndorfer, Art 1 B-VG, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Rz 10 (2000)).

Der Verfassungsgerichtshof braucht in diesem Zusammenhang nicht zu untersuchen, ob eine Verfassungssuspendierung in einem Verfahren nach Art 44 Abs 3 B-VG überhaupt erfolgen könnte, was - mit je unterschiedlicher Begründung - etwa von Pernthaler (a.a.O., 80 f. und 85) und Oberndorfer (a.a.O., Rz 10) verneint wird; jedenfalls steht sie als dem demokratischen und dem rechtsstaatlichen Prinzip widersprechend nicht zur Disposition des Verfassungsgesetzgebers im Sinne des Art 44 Abs 1 B-VG.

5. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich somit als begründet erwiesen. Es war daher auszusprechen, daß § 126a BVergG als verfassungswidrig aufzuheben ist.

6. Eine Fristsetzung für das Inkrafttreten der Aufhebung kommt schon allein deshalb nicht in Betracht, weil dadurch die Maßgeblichkeit der Verfassung weiterhin eingeschränkt bliebe und die Verletzung des demokratischen und des rechtsstaatlichen Prinzips perpetuiert würde. Vielmehr war vor diesem Hintergrund auszusprechen, daß die Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist, sodaß die umfassende Immunisierungswirkung der Verfassungsbestimmung in allen Fragen der Organisation und Zuständigkeit von Landeskontrolleinrichtungen betreffenden verfassungsgerichtlichen Verfahren wegfällt.

Das von der Bundesregierung ins Treffen geführte Argument, es könnte erforderlich sein, "das Rechtsschutzsystem im Bereich des Vergaberechtes in mehreren Bundesländern einer vollständigen Neuregelung" zu unterziehen, ist der Sache nach berechtigt; dem kann aber nicht eine Fristsetzung für das Außerkrafttreten der mißlungenen Verfassungsbestimmung Rechnung tragen, sondern allenfalls eine Fristsetzung im Fall der Aufhebung von - nach Aufhebung des § 126a BVergG nicht mehr "immunisierten" - verfassungswidrigen Bestimmungen im Vergaberecht selbst (in diesem Sinn schon VfSlg. 15.578/1999 sowie für die Aufhebung der in Prüfung stehenden Wortfolge im SVergG unten Pkt. VIII.2.).

7. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VerfGG iVm § 2 Abs 1 Z 4 BGBlG.

VIII. Die Konsequenz für die Salzburger landesgesetzliche Bestimmung:

1. Aufgrund des Ergebnisses im Verfahren G132-136/01 war daher in den Verfahren G12/00 und G48/00 bis G51/00 auszusprechen, daß die Wortfolge "das Land," in § 1 Abs 1 Z 1 SVergG als verfassungswidrig aufzuheben ist. Hinsichtlich des Umfangs der Aufhebung ist der Verfassungsgerichtshof seiner im Prüfungsbeschluß zu G12/00 formulierten Abgrenzung gefolgt.

2. Bei der Festsetzung der Frist für das Inkrafttreten der Aufhebung der in Prüfung stehenden Wortfolge "das Land," in § 1 Abs 1 Z 1 SVergG hat der Verfassungsgerichtshof den von der Landesregierung hervorgehobenen Umstand berücksichtigt, daß im Falle der Aufhebung der geprüften Wortfolge zur Schaffung einer gemeinschaftsrechtlich gebotenen und zugleich den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Kontrolle der Vergaben des Landes umfassende legistische Vorbereitungsarbeiten geleistet werden müßten.

Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz

B-VG.

3. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes von Salzburg zur unverzüglichen Kundmachung erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG.