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VfGH vom 14.10.1999, g116/98

VfGH vom 14.10.1999, g116/98

Sammlungsnummer

15632

Leitsatz

Zulässigkeit der Individualanträge auf Aufhebung des Verbots der Eizellspende bzw des Verbots der Samenspende bei der In-vitro-Fertilisation; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die angefochtenen Bestimmungen; kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens; keine Unsachlichkeit der Ungleichbehandlung von homologen und heterologen Formen medizinisch unterstützter Fortpflanzung, insbesondere unter Berücksichtigung des Kindeswohls; keine Verletzung des Rechts auf Familiengründung

Spruch

Der Antrag der Erstantragstellerin auf Aufhebung des § 3 Abs 1 des Fortpflanzungsmedizingesetzes, BGBl. Nr. 275/1992, wird - außer hinsichtlich der Wendung "und der Samen" - zurückgewiesen.

Der Antrag der Zweitantragstellerin wird zurückgewiesen, soweit er auf Aufhebung des § 3 Abs 1 des Fortpflanzungsmedizingesetzes, BGBl. Nr. 275/1992, gerichtet ist, außer hinsichtlich der Wendung "die Eizellen und", und soweit er auf Aufhebung des § 3 Abs 3 des Fortpflanzungsmedizingesetzes gerichtet ist, außer hinsichtlich der Wendung "Eizellen und".

Im übrigen werden die Anträge abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die Erstantragstellerin begehrt mit ihrem Antrag vom die Aufhebung der Abs 1 und 2 des § 3 des Fortpflanzungsmedizingesetzes, BGBl. Nr. 275/1992 (im folgenden: FMedG), in eventu des § 3 FMedG, die Zweitantragstellerin begehrt mit ihrem Antrag vom die Aufhebung der Abs 1 und 3 des § 3, in eventu des § 3 FMedG.

1.2. § 3 FMedG lautet wie folgt:

"§3.(1) Für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung dürfen nur die Eizellen und der Samen der Ehegatten oder Lebensgefährten verwendet werden.

(2) Für die Methode nach § 1 Abs 2 Z 1 darf jedoch der Samen eines Dritten verwendet werden, wenn der des Ehegatten oder Lebensgefährten nicht fortpflanzungsfähig ist.

(3) Eizellen und entwicklungsfähige Zellen dürfen nur bei der Frau verwendet werden, von der sie stammen."

2. Die angefochtene Bestimmung steht in folgendem rechtlichen Zusammenhang:

Gemäß § 1 Abs 1 FMedG gilt als medizinisch unterstützte Fortpflanzung die Anwendung medizinischer Methoden zur Herbeiführung einer Schwangerschaft auf andere Weise als durch Geschlechtsverkehr.

Diese Methoden werden in § 1 Abs 2 FMedG aufgezählt. Als Methoden der medizinisch unterstützten Fortpflanzung gelten demnach "insbesondere

1. das Einbringen von Samen in die Geschlechtsorgane einer Frau,

2. die Vereinigung von Eizellen mit Samenzellen außerhalb des Körpers einer Frau,

3. das Einbringen von entwicklungsfähigen Zellen in die Gebärmutter oder den Eileiter einer Frau und

4. das Einbringen von Eizellen oder von Eizellen mit Samen in die Gebärmutter oder den Eileiter einer Frau."

Die §§2 und 3 leg. cit. regeln die Voraussetzungen der Zulässigkeit einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung. Diese ist nur in einer Ehe oder eheähnlichen Lebensgemeinschaft zulässig, wenn nach dem Stand der Wissenschaft und Erfahrung alle anderen möglichen und zumutbaren Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr erfolglos gewesen oder aussichtlos sind.

Gemäß § 8 FMedG darf eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung bei Ehegatten nur mit deren schriftlicher Zustimmung, bei Lebensgefährten nur mit Zustimmung in Form eines gerichtlichen Protokolls oder eines Notariatsaktes erfolgen. Bei Verwendung von Samen eines Dritten bedarf die Zustimmung stets eines gerichtlichen Protokolls oder eines Notariatsaktes.

In § 15 leg. cit. wird festgelegt, welche Aufzeichnungen die Krankenanstalt über den Dritten, der Samen zur Verfügung stellt, sowie darüber zu führen hat, für welche Ehen oder Lebensgemeinschaften der Samen verwendet worden ist.

Nach § 16 FMedG darf die zur Verfügungstellung von Samen für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung nicht Gegenstand eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts sein. § 17 beschränkt die höchstzulässige Aufbewahrungsdauer von Samen und Eizellen, sowie entwicklungsfähige Zellen mit höchstens einem Jahr und verbietet ihre Weitergabe an andere Personen oder Einrichtungen.

§ 18 leg. cit. normiert Aufzeichnungspflichten des Arztes, der eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt hat.

§ 20 FMedG regelt näheres über diese Aufzeichnungen und über die Einsichtnahme in diese, insbesondere durch das Kind, welches mit dem Samen eines Dritten gezeugt worden ist.

Durch ArtII FMedG werden im ABGB mehrere Bestimmungen neu eingefügt oder geändert:

Ein neuer § 137b ABGB regelt die "Mutterschaft": Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat.

Die neu eingeführten bzw. geänderten §§155, 156a und 163 ABGB enthalten Regelungen, welche die Rechtsfolgen einer Samenspende betreffen: Dem zustimmenden Ehemann wird die Bestreitung der Ehelichkeit verwehrt (§156a ABGB), im Falle eines unehelichen Kindes gilt der Mann, dessen Samen bei einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung verwendet worden ist, als dessen Vater (§163 Abs 1 letzter Satz ABGB). Wurde die Fortpflanzung mit dem Samen "eines Dritten" vorgenommen, so gilt jener Mann als Vater, der dieser medizinisch unterstützten Fortpflanzung qualifiziert zugestimmt hat (§163 Abs 3 ABGB), hingegen kann ein dritter Samenspender nicht als Vater eines Kindes festgestellt werden (§163 Abs 4 ABGB).

1.3.1. Das Vorbringen der Erstantragstellerin lautet, soweit es für die Antragslegitimation relevant ist, auszugsweise wie folgt:

"Der Antragstellerin ist es laut beiliegender Zusammenfassung

der Krankengeschichte ... nicht möglich, mit ihrem Ehegatten ...

(siehe den Auszug aus dem Ehebuch der Marktgemeinde Lustenau, Beilage ./B), ein Kind 'auf natürliche Weise' zu bekommen. ...

Die Untersuchungen ergaben bei Frau ... eine eileiterbedingte

Sterilität, die für sich eine Indikation für eine sogenannte In-vitro-Fertilisation (= IVF = Zeugung im Reagenzglas = extrakorporale Befruchtung) darstellt.

Im Falle der Antragstellerin stehen die Dinge so, daß die wegen Eileitersterilität indizierte IVF nicht mit Samen ihres Ehegatten, ... durchgeführt werden kann. Herr ... ist nämlich selbst unfruchtbar. Zwar wurde versucht, einer Frau ... entnommenen Eizelle ein Spermatid (i.e. eine Vorstufe der Samenzelle in der Spermatogenese) ihres Gatten durch eine mittlerweile etablierte Methode, die sogenannte intrazytoplasmatische Spermainjektion, einzubringen, doch scheiterten die entsprechenden ärztlichen Bemühungen. Wirklich erfolgversprechend erscheint die intrazytoplasmatische Spermainjektion nach heutigem Wissensstand nämlich nur, wenn beim Mann tatsächlich Samenzellen und nicht bloß Vorstufen von Samenzellen (Spermatiden) gewonnen werden. Herrn ... wurden durch die durchgeführte Biopsie größere Gewebsteile aus dem Hoden entfernt. Ärztlicherseits wird ihm empfohlen, keine weitere - praktisch ohnedies nicht erfolgversprechende - Therapie mittels der ICSI-Methode anzustreben, weil weitere Biopsien von Hodengewebe sogar eine (ungewollte) Kastration hervorrufen könnten.

Entsprechend diesen Befunden ist Frau ... unfähig, ein Kind

auf 'normalem Wege' zu empfangen, und Herr ... ist absolut

zeugungsunfähig. Der Kinderwunsch des Ehepaares ... könnte

allerdings erfüllt werden, wenn Frau ... Eizellen entnommen und

mit Samen eines anderen Mannes als ihres Gatten (also eines

Spenders) befruchtet werden würde. Zu einer IVF mit gespendetem

Samen haben sich Herr und Frau ... zwischenzeitlich auch schon

entschieden.

§ 3 Abs 1 FMedG gestattet die medizinisch unterstützte

Fortpflanzung nur unter der Voraussetzung, daß Samen des

Wunschvaters und Eizellen der Wunschmutter hiebei Verwendung

finden. Daher ist es Frau ... kraft § 3 Abs 1 FMedG verboten, auf

den Samen eines Spenders zurückzugreifen. Die Ausnahmevorschrift

von § 3 Abs 2 FMedG ist für Frau ... unanwendbar, weil ihr

Kinderwunsch nur durch eine IVF, bei der (von dritter Seite)

gespendeter Samen Verwendung findet, erfüllbar wäre. § 3 Abs 2

FMedG erlaubt hingegen nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung

und der Absicht des Gesetzgebers ... nur die Einbringung von (von

dritter Seite) gespendetem Samen in die Geschlechtsorgane einer

Frau; die IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen ist daher

... eindeutig verboten.

Frau ... und Herr ... haben am in Lustenau die Ehe

geschlossen (siehe Beilage ./B) und leben in aufrechter ehelicher

Gemeinschaft. Beide haben übereinstimmend in Form eines

Notariatsaktes (siehe Beilage./C) erklärt und erklären weiterhin,

daß sie in Österreich an Frau ... eine IVF mit (von dritter

Seite) gespendetem Samen durchführen lassen wollen ... .

Die Antragstellerin ist Normadressat des § 3 Abs 1 und 2 FMedG. Es ist ihr kraft dieser Bestimmung nicht erlaubt, im Rahmen einer IVF schwanger zu werden und ein Kind zu gebären.

Die Antragstellerin ist von den angefochtenen Bestimmungen nicht bloß faktisch betroffen. § 3 Abs 1 und 2 FMedG gestalten tiefgreifend ihre persönliche Rechtssphäre. Das Verbot schränkt ihr Privatleben bzw. ihre Fortpflanzungsfreiheit ein.

Der Eingriff in die Rechte der Antragstellerin ist nach Art und Umfang durch das Gesetz selbst bestimmt: Wie vorhin ausgeführt, ist eine IVF von Eizellen der Antragstellerin mit Samen eines (den Wunscheltern meist unbekannten) Spenders durch § 3 Abs 1 und 2 FMedG verboten.

Die Antragstellerin hegt schon seit vielen Jahren den Wunsch, ein Kind zu gebären, was ihr aber wegen der absoluten Zeugungsunfähigkeit ihres Gatten und dem Umstand, selbst auf eine IVF angewiesen zu sein, im Lichte der bekämpften Bestimmung (§3 Abs 1 und 2 FMedG) rechtlicherseits verunmöglicht worden ist. Die Effektivität des letztlich (auch) die Antragstellerin treffenden Verbotes des § 3 Abs 1 und 2 FMedG hängt weder von einem vorhergehenden gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Akt ab. Es besteht für die Antragstellerin derzeit keinerlei Möglichkeit, ihre grundrechtlich geschützte Position zu verwirklichen (vgl. VfSlg. 8984 und 9721). Die Rechtsverletzung, die § 3 Abs 1 und 2 FMedG für die Antragstellerin hervorruft, ist somit aktuell und nicht nur potentiell. Der Antragstellerin steht kein anderer Weg zur Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit dieser Verbotsbestimmung offen. Es besteht für die Antragstellerin nicht einmal die Möglichkeit, ein Verwaltungsstrafverfahren vom Zaun zu brechen, da § 23 FMedG nur den Arzt, der verbotswidrig handelt, mit Strafe bedroht. Selbst wenn die Antragstellerin Adressat der Strafbestimmungen des FMedG wäre, wäre ihr die Einlassung auf ein Verwaltungsstrafverfahren im Lichte der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur nicht zumutbar."

1.3.2. Die Zweitantragstellerin begründet das Vorliegen der Prozeßvoraussetzungen auszugsweise wie folgt:

"Der Antragstellerin ist es laut beiliegender Zusammenfassung

ihrer Krankengeschichte ... nicht möglich, mit ihrem

Lebensgefährten ... ein Kind 'auf natürliche Weise' zu bekommen.

Daß (die Lebensgefährten) miteinander in einer aufrechten eheähnlichen Lebensgemeinschaft leben, die bislang kinderlos geblieben ist, wurde von (beiden Teilen) an Eides statt erklärt (siehe den Notariatsakt Beilage/B).

Bei der Antragstellerin liegt eine sogenannte Gonadendysgenesie vor. Es fehlen bei ihr also die zur Fortpflanzung nötigen Keimzellen (i.e.: die Eizellen) ... . Daher ist die Antragstellerin absolut steril. Gleichzeitig ist sie aber in der Lage, ein Kind auszutragen, weil sie eine funktionstüchtige Gebärmutter hat.

Für Fälle wie de(n vorliegenden) hat die Wissenschaft ein Verfahren entwickelt, das es an sich sterilen Frauen erlaubt, ein Kind auszutragen und zu gebären: den sogenannten heterologen Embryotransfer nach Eispende (...). ...

Die Antragstellerin und ihr Lebensgefährte ... haben sich zur

Durchführung eines heterologen Embryotranfers nach Eizellspende

entschlossen. Beide haben einvernehmlich erklärt, daß der

Antragstellerin eine ihr gespendete Eizelle, die mit Samen des

(Lebensgefährten) befruchtet wird, übertragen werden solle, damit

... die Antragstellerin schwanger werden und ein Kind gebären

kann, das wenigstens rechtlich ihr zugeordnet ist (vgl. § 137b

ABGB idF des FMedG) ... .

§ 3 FMedG verbietet den heterologen Embryotransfer nach Eizellspende absolut. Zum einen sagt schon § 3 Abs 1 FMedG, daß für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur die Eizellen und der Samen der Ehegatten oder Lebensgefährten verwendet werden dürfen. Zum anderen wird diese programmatische Anordnung durch

§3 Abs 3 FMedG konkretisiert. 'Eizellen und entwicklungsfähige Zellen dürfen nur bei der Frau verwendet werden, von der sie stammen.' ...

Die Antragstellerin ist Normadressat des § 3 Abs 1 und 3 FMedG. Es ist ihr kraft dieser Bestimmung nicht erlaubt, durch heterologen Embryotransfer nach Eizellspende schwanger zu werden und ein Kind zu gebären."

Die weiteren Ausführungen der Zweitantragstellerin zur Antragslegitimation sind mit jenen der Erstantragstellerin im wesentlichen ident.

1.4. In der Sache selbst behaupten die Antragstellerinnen eine Verletzung der Art 8 und 12 EMRK sowie einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz.

1.4.1. Beide Antragstellerinnen führen dazu in ihren Anträgen aus:

"Verletzung von Art 8 MRK:

... Die Entscheidung ob, wann und mit wem sich jemand fortzupflanzen gedenkt, genießt auch menschenrechtlichen Schutz. Diese Wertung legt schon Art 8 MRK nahe, wonach jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens hat. Denn zum Privatleben zählen nach ganz allgemeiner Auffassung wenigstens die elementarsten und intimsten Lebensbereiche:

nämlich das Sexual- und Fortpflanzungsverhalten (E. Bernat, Das Recht der medizinisch assistierten Zeugung 1990 - eine vergleichende Bestandsaufnahme, in E. Bernat (Hrsg.) Fortpflanzungsmedizin - Wertung und Gesetzgebung, Wien 1991, S 65/66 f; I. Fahrenhorst, Fortpflanzungstechnologie unds Europäische Menschenrechtskonvention, EuGRZ 1988, S 125/127). ... Der österreichische VfGH hat diese Wertung im Zusammenhang mit der Frage der Zulässigkeit der Prostitution ausdrücklich unterstrichen, wenn er davon ausgeht, daß 'Sexualverhalten, das nicht öffentlich in Erscheinung tritt, jedenfalls zur Privatsphäre' zählt (VfSlg. 8272/78; ebenso VfSlg. 8907/80 und 8445/78). Argumentum a fortiori darf für das Fortpflanzungsverhalten nichts anderes gelten. Es ist elementarer Bestandteil des Privatlebens, weil es beim Schutz der dem einzelnen zugebilligten Fortpflanzungsfreiheit um nichts weniger als ein 'Bekenntnis zur Freiheit der Intimsphäre' (Schorn, die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Frankfurt/M. 1965, S 243) geht. Mit anderen Worten: Wenn es schon eine grundrechtlich geschützte Privatsphäre der Prostituierten gibt, dann sollte es auch eine grundrechtlich geschützte Privatsphäre von Menschen geben, die sich nur kraft medizinischer Assistenz fortpflanzen können. Das Interesse dieser Personen wird wohl noch höher zu veranschlagen sein als das Interesse der Prostituierten, ihren Körper ohne staatliche Intervention zu vermarkten.

Nach ganz überwiegender Auffassung ist auch die Fortpflanzung mittels gespendeter Keimzellen vom Schutz des Art 8 Abs 1 MRK erfaßt (A.Stolz, Grundrechtsaspekte künstlicher

Befruchtungsmethoden, in: E Bernat (Hrsg.), Lebensbeginn durch Menschenhand, Graz 1985, 109ff. Th. Öhlinger - M. Nowak,

Grundrechtsfragen künstlicher Fortpflanzung, in: BMFJK (Hrsg.), Familienpolitik und künstliche Fortpflanzung, Wien 1986, 31 ff;

E. Bernat, in: E. Bernat (Hrsg.), Fortpflanzungsmedizin (1991) 81 ff; H. Gamerith, ÖA 1992, 143 (Buchbesprechung); I. Fahrenhorst; EuGRZ 1988, 127). Daher wäre ein Verbot der Eispende (bzw. im Antrag G116/98: Verbot der IVF mit von dritter Seite gespendetem Samen) mit der EMRK nur dann in Einklang zu bringen, wenn es vom Gesetzesvorbehalt des Art 8 Abs 2 gedeckt wäre ... .

Verletzung von Art 12 MRK:

Gemäß Art 12 EMRK haben Männer und Frauen heiratsfähigen Alters grundsätzlich das Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. Unter der Freiheit, eine Familie gründen zu dürfen, wird nach ganz einheitlicher Auffassung auch das Recht des Einzelnen verstanden, sich die Errungenschaften der modernen Fortpflanzungsmedizin zu Nutze zu machen (vgl. die Nachweise im letzten Absatz, sowie Th.Ramm, die Fortpflanzung - ein Freiheitsrecht? JZ 1989,861 ff.). Die in Art 12 EMRK verbriefte Fortpflanzungsfreiheit ist also nichts anderes als die Verdeutlichung einer Wertung, die man an sich schon Art 8 Abs 1 MRK entnehmen kann. Zu einer entsprechenden Beurteilung ist im übrigen auch das Schweizerische Bundesgericht gekommen, das ein generelles Verbot der heterologen Form der künstlichen Insemination als Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der persönlichen Freiheit (sc: Selbstbestimmungsfreiheit) qualifiziert hat (BG , EuGRZ 1989, 370 ff. und BG , EuGRZ 1994, 223 ff.). Deshalb genießt die Antragstellerin nicht nur den Schutz aus Art 8 Abs 1, sondern auch jenen aus Art 12 MRK."

Die Erstantragstellerin setzt sodann - bezogen auf das Verbot der Samenspende bei In-Vitro-Fertilisation - fort:

"Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art7 B-VG, Art 2 StGG 1867):

Das Verbot der IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen verstößt nicht nur gegen die in Art 8 Abs 1, 12 MRK positivierten Menschenrechte, sondern stellt sich auch als gleichheitswidrige Beeinträchtigung einer bestimmte Klasse von Frauen dar, der auch die Antragstellerin angehört.

Der Gesetzgeber hat in § 3 Abs 2 FMedG die heterologe Insemination ... ausdrücklich zugelassen. Er gestattet also jenen Frauen, die selbst empfängnisfähig sind, den vom Partner konsentierten Rückgriff auf (von dritter Seite) gespendetes Sperma, wenn der Parnter fortpflanzungsunfähig ist (vgl. § 2 Abs 2 iVm § 8 Abs 1 FMedG). Durch die heterologe Insemination soll es zur Geburt eines Kindes kommen, das statusrechtlich der Wunschmutter (die das Kind empfängt, austrägt und gebiert (vgl. § 137b ABGB idF des FMedG)) und dem Wunschvater (vgl. §§138, 163 Abs 3, 156a ABGB) zugeordnet ist. Nur die Wunschmutter, nicht aber der Wunschvater ist nach Zeugung durch heterologe Insemination mit dem Kind biologisch verwandt.

Kraft § 3 Abs 1 und 2 FMedG untersagt es der Gesetzgeber jenen Frauen, die selbst nicht empfängnisfähig sind, sich Eizellen entnehmen und mit (von dritter Seite) gespendetem Samen (nach Zustimmung des Partners: § 8 Abs 1 FMedG) befruchten zu lassen. Ein Kind, das auf diese Weise gezeugt und geboren werden könnte, hätte denselben sozialen und rechtlichen Status wie ein aus einer heterologen Insemination hervorgehendes Kind (vgl. nochmals §§137 b, 138, 163 Abs 3, 156 a ABGB). Es stellt eine evidente Ungleichbehandlung jener Klasse von Frauen dar, die, wie die Antragstellerin, 'doppelt betroffen' sind, gegenüber der Klasse von Frauen, die 'nur' durch die Zeugungsunfähigkeit des Partners 'einfach betroffen' sind. Die Argumente, die der Gesetzgeber für die Legitimität der von ihm geschaffenen Ungleichbehandlung vorgetragen hat, überzeugen schon im Ansatz nicht. In den Erl.

RV, 216 Blg. StProt. Nr 18. GP, 11, r. Sp. heißt es: 'Die Sonderbehandlung der Insemination mit Fremdsamen (entsprechend § 1 Abs 2 Z 1 FMedG) beruht auf deren vergleichsweise einfachen Handhabung und der dadurch erschwerten Überprüfbarkeit; zudem läßt sich die Anwendung dieser seit vielen Jahren gängigen Methode durch gesetzliche Schranken kaum mehr ausschließen.' Die Einschränkung, die § 3 Abs 2 FMedG trifft - von Dritter Seite gespendeter Samen darf nur im Rahmen der Fortpflanzungsmethode nach § 1 Abs 2 Z 1 FMedG Verwendung finden - entbehrt, 'jeglicher wissenschaftlich-rationaler, aber auch sozialethisch fundierten Begründung.' (P.J. Schick, Der Entwurf eines FHG - eine kritische

Wertungsanalyse in: E. Bernat (Hrsg.) Fortpflanzungsmedizin (1991) 34) Worin liegt der Unterschied zwischen einer heterologen Insemination (§1 Abs 2 Z 1 FMedG) und einer IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen? Doch nur in der Technik der Samenapplizierung, die aber im Lichte des Gleichheitssatzes nicht entscheidend sein darf. Denn der Gesetzgeber hat nicht daran gezweifelt, daß die IVF als legitime Fortpflanzungsmethode eingesetzt werden darf (vgl. § 1 Abs 2 Z 2 FMedG). Warum soll im übrigen ein 'Verbot der Samenspende' bei einer Insemination (iSv § 1 Abs 2 Z 1 FMedG) weniger leicht überprüfbar sein als bei einer IVF? Der Gleichheitssatz gebietet es, die Samenspende überall dort zuzulassen, wo sie medizinisch indiziert erscheint und nicht danach zu differenzieren, ob nun der gespendete Samen im Genitaltrakt der Frau oder in vitro zur Befruchtung der Eizelle führt (in diesem Sinne auch E. Bernat, in: E. Bernat (Hrsg.), Fortpflanzungsmedizin (1991) 82 sowie M. Memmer, ZfRV 1993, 172: '(§3 Abs 2 FMedG) schafft damit zwei Gruppen von Frauen, wobei letztere angesichts des 'hohen technischen Aufwandes' von einer (IVF) mit Drittsperma ausgeschlossen werden sollen. Diese Zulässigkeitsbeschränkung ist ... evident gleichheitswidrig; der erhöhte technische Aufwand begründet keine sachlich gerechtfertigte Differenzierung'; F. Kerschner, JBI 1993, 745; Th. Öhlinger/M.Nowak, in:BMFJK (Hrsg.), aaO, 31/37 und U.E. Binder, Die Auswirkungen der EMRK und des UN--Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom auf Rechtsfragen im Bereich der medizinisch assistierten Fortpflanzung, Frankfurt/Main 1998, 79).

... Verstoß gegen die Eingriffsschranken des Art 8 Abs 2 und

12 MRK:

... Der Schutz der Gesundheit jener Frauen, die aufgrund

medizinischer Indikationsstellung einer IVF mit(von dritter Seite) gespendetem Samen bedürfen, kann nicht das Ziel von § 3 Abs 1 FMedG gewesen sein. Denn die IVF, die im homologen System erlaubt worden ist, wird ganz allgemein als Heilbehandlung oder doch als sozialverträgliche medizinische Maßnahme eingeschätzt. Die medizinischen Risiken, die dieses Verfahren - wie jeder invasive (operative) Eingriff - in sich birgt, sind für die Frau (Stimulation, Eizellentnahme) nicht höher, wenn zur Befruchtung der Samen eines Dritten verwendet wird. Deshalb erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf die Eingriffsschranken der Art 8, 12 MRK unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Patientin: Er ist im Zusammenhang mit der IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen jedenfalls verfassungsrechtlich nicht relevant...

Die Erl. RV meinen aaO, daß der 'mit solchen (sc.: den nach § 3 Abs 1 FMedG verbotenen) Verfahren verbundene hohe technische Aufwand' § 3 Abs 1 FMedG legitim erscheinen läßt. Zwar stellt sich schon allgemein die Frage, inwieweit ein mit einem technischen Verfahren einhergehender 'hoher technischer Aufwand' ein Grund sein kann, Freiheitsrechte zu verkürzen. ... Denn der technische Aufwand bei einer IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen ist nicht höher als der Aufwand bei einer IVF, die mit Samen des Wunschvaters durchgeführt wird. Der Aufwand, der im Zusammenhang mit der Aquirierung des Samenspenders nötig ist, gleicht demjenigen vor einer heterologen Insemination (§1 Abs 2 Z 1 FMedG). Das Argument, ein Verbot der IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen sei im Lichte der Eingriffsschranken der Art 8, 12 MRK wegen des 'hohen technischen Aufwandes', verfassungsrechtlich zulässig, entbehrt daher der inneren Stimmigkeit, wenn nicht gar eines rational nachvollziehbaren Gedankens.

In den Erl. RV, aaO, wird auch zum Ausdruck gebracht, daß 'die Möglichkeit der Schaffung ungewöhnlicher persönlicher Beziehungen' für § 3 Abs 1 FMedG verantwortlich gewesen sei. Die persönlichen Beziehungen, die ein Kind hat, das durch IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen gezeugt worden ist, sind aber nicht ungewöhnlicher als die persönlichen Beziehungen eines durch heterologe Insemination (§1 Abs 2 Z 1 FMedG) gezeugten Kindes: Es hat eine Mutter (vgl. §§163 Abs 3, 156a ABGB). Es hat auch die Möglichkeit, die Identität des biologischen Vaters in Erfahrung zu bringen (§20 FMedG), der ansonsten in keinerlei rechtliche Beziehung zum Kind tritt. ... Da die Fortpflanzung mittels gespendeter Keimzellen ein Freiheitsrecht ist, kann es schon dem Grunde nach nicht überzeugen, dieses Freiheitsrecht nur einer Kategorie von Kinderwunschfrauen zuzubilligen, wenn doch eine andere Kategorie von Kinderwunschfrauen sich durch keine rechtlich maßgeblichen Umstände unterscheidet. Im Zusammenhang mit den augenblicklich interessierenden Eingriffsschranken der Art 8, 12 MRK gilt genau das gleiche: Die persönlichen Beziehungen des mittels Samenspende gezeugten Kindes sind immer dieselben, unabhängig davon, ob es im Genitaltrakt der Frau oder in vitro entstanden ist.

Im übrigen wäre eine 'ungewöhnliche persönliche Beziehung' per se kein Grund, sie von Rechts wegen zu unterbinden oder ein Verbot im Lichte der Eingriffsschranken der Art 8, 12 MRK für gerechtfertigt zu erachten. Auch wenn die Erl. RV, aaO, mit 'ungewöhnlich' naturwidrig meinen, hätten sie begründen müssen, warum ein ihrer Auffassung zufolge 'naturwidriger Zustand' verboten werden sollte. Der Rückgriff an den Begriff der 'Natur' oder des 'Natürlichen' hilft im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Argumentation nicht weiter, wenn man sich nicht darauf einigt, was mit diesen Begriffen gemeint ist. Von einem universellen Standpunkt aus betrachtet erscheint die Frage 'Wie unnatürlich ('ungewöhnlich') muß eine menschliche Beziehung sein, um sie legitimerweise verbieten zu dürfen?' kaum beantwortet werden zu könne. Denn die Natur ist kein Gradmesser für moralische und rechtliche Verhaltensregeln. Meint man mit 'ungewöhnlich' unmoralisch, muß man begründen, von welchem Standpunkt aus betrachtet die von § 3 Abs 1 FMedG verbotenen Fortpflanzungstechniken moralwidrig erscheinen, und ob der eingenommene Standpunkt ein Verbot im Lichte der Eingriffsschranken der Art 8, 12 MRK rechtfertigt. Diese Begründung haben weder die Erl. RV, aaO, geleistet, noch erscheint es unter technologischen Gesichtpunkten, die sich mit jenen der Verfassungsordnung decken, legitim, der Verwendung von Drittsamen im Rahmen einer IVF den Charakter des Unmoralischen zuzuschreiben.

Schließlich findet sich in den Erl RV, aaO, 17 auch der Hinweis, die Verbotsbestimmung des § 3 Abs 1 und 2 FMedG sei dazu geeignet, einer 'drohende(n) Ausbeutung der Gebärfähigkeit der Frau' vorzubeugen. Es mag sein, daß dieses Argument auf andere Methoden medizinisch assistierter Zeugung zutrifft (insbesondere auf die sogenannte 'Leihmutterschaft'). Der IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen ist die 'Ausbeutung' der Gebärfähigkeit der Frau' aber genauso wenig wesensimmanent wie dem ihr entsprechender Verfahren, der (vom Gesetzgeber erlaubten: § 1 Abs 2 Z 1 FMedG) heterologen Insemination. Im Gegenteil. Der Gesetzgeber hat in §§7 f FMedG administrativ - prozedurale Regeln geschaffen, die gerade sicherstellen sollen, daß die Frau frei, ernstlich und überlegt in die entsprechenden Therapien einwilligt. Welchen anderen Sinn sollen denn psychotherapeutische Betreuung und psychologische Beratung (§7 Abs 2 FMedG) sowie das Erfordernis einer ganz besonders solennen Zustimmungserklärung der Wunscheltern (§8 Abs 1 FMedG: Notariatsakt bzw. gerichtliches Protokoll) haben?

Die in den Erl. RV, aaO, 16 f. angeführten Argumente sprechen also samt und sonders nicht dafür, daß das Verbot der IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen (§3 Abs 1 und 2 FMedG) im Gesetzesvorbehalt der Art 8, 12 MRK unter dem Gesichtspunkt "Schutz der Moral" bzw. "Schutz der Rechte und Freiheiten anderer" Deckung finden würde.

An verschiedenen Stellen der Erl. RV (siehe insb. Aa0, 11) wird versucht, die in § 3 FMedG enthaltenen Verbotsbestimmungen unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des Kindeswohls zu legitimieren. Mit anderen Worten: Als ultima ratio sei ein Zeugungsverbot angemessen, um Gefahren von dem durch die (nun verbotene) Zeugung erhofften Kind abzuwenden. Wäre dieses Argument zutreffend, so erschienen die Verbote in § 3 FMedG auch zweifelsohne vom Gesetzesvorbehalt der Art 8, 12 MRK gedeckt zu sein.

Verbietet der Gesetzgeber auf der Grundlage solcher Überlegungen die IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen, schüttet es dann das Kind nicht mit dem Bade aus? Der Vergleich der durch IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen zu zeugenden Kinder mit jenen, die in Adoption genommen werden sollen, geht richtiger Ansicht zufolge (vgl. E. Bernat, Das Kindeswohl auf dem Prüfstand des Rechts, ÖAmtsV 1994, 43/47) ins Leere: Die Annahme an Kindes Statt dient dem Wohl und der Versorgung bereits existierender Menschen, die sonst vielfach auf staatliche Hilfe angewiesen wären. Besteht hingegen der Wunsch nach Fortpflanzung ... fehlt noch jene Person, um deren Wohl sich der Gesetzgeber besonders sorgt: das Kind. Das Argument, Kinder vor ihrer eigenen Existenz zu schützen, indem man ihre Entstehung verbietet, muß - wenn es als durchdachte Zielvorstellung gelten soll - von der Annahme ausgehen, daß das Leben solcher (etwa mittel IVF mit (von dritter Seite) gesependetem Samen gezeugter) Kinder - für sie selbst - so lebensunwert erscheint, daß es besser ist, ihnen diese Existenz zu ersparen. Die Annahme, die dieses scheinbare Kindeswohlargument abstützt, ist aber im Lichte der empirischen Sozialforschung völlig unzutreffend: Studien, die sich mit dem Heranreifen von durch heterologe Insemination gezeugten Kindern beschäftigen, kommen einheitlich zu dem Ergebnis, daß sich das Leben solcher Kinder qualitativ vom Leben von Kindern aus der 'Normalpopulation' gar nicht unterscheide (vgl. nur R. Snowden et al. Artefizielle Reproduktion, Stuttgart 1985, passim; F. Mochimaru, Artificial insemination with frozen donor semen, 28 Keio J. Med. 33 (1979)). Die Kernaussage dieser Studie wird umso plausibler, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die im Zuge der Fortpflanzungsmedizin gezeugten Kinder allesamt Wunschkinder sind und daher eine wohl besonders große Zuneigung von seiten der Wunscheltern erfahren. Eine in der Literatur zitierte und von einem durch heterologe Insemination gezeugten Kind gemachte Aussage (Snowden et al., Artefizielle Reproduktion (1985) 46) erscheint für die soeben getroffen Einschätzung geradezu paradigmatisch zu sein: 'Die Erkenntnis, daß ich nicht so ohne weiteres zur Welt gebracht wurde, sondern daß die Eltern einen langen Weg machen mußten, um ein Kind zu bekommen, berührt mich. Und plötzlich fühlte ich, daß sie sich auch unendlich lieben mußten, und daß ich besonders wichtig für sie wäre.' Das Wohl des Kindes ist also kein Argument für ein Verbot, Kinder durch IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen zu zeugen, weil es auf der Grundlage empirischer Erkenntnisse in keiner Weise nachvollziehbar ist, daß Kinder, die durch Fremdsamen gezeugt werden, ein für sie lebensunwertes Leben führen würden.

Das Gegenteil ist entsprechend der einschlägigen Literatur der

Fall. Selbst wenn entsprechende Studien nicht vorhanden wären,

muß auch für Kinder, die durch fortpflanzungsmedizinische

Eingriffe gezeugt werden, von der allgemeinen Wertung ausgegangen

werden, daß jedes menschliche Leben - so wie es ist - als Wert zu

verstehen ist. 'Es gibt kein - und schon gar nicht ein

verfassungsmäßig geschütztes - Recht, nicht zu leben oder nicht

geboren zu werden. ... Der Entschluß, keine Kinder in die Welt zu

setzen, ist keine Entscheidung zum Wohl des nichtgezeugten

Kindes. ... Hinzu kommt, daß alle Aussagen über das künftige Wohl

des Kindes vor Zeugung spekulativ sein müssen und in diesem

Zusammenhang anmaßend erscheinen. ... Zu den nichtvorhersehbaren

Dingen gehören Glücksgefühl, Zufriedenheit, Erfüllung und die sonstigen Werte unserer überwiegend christlich-humanistisch geprägten Ordnung. Die Gesellschaft ist nicht berufen zu entscheiden, ob Kinder hieran teilhaben werden, um aus einer negativen Antwort ein Recht zur Verhinderung der Zeugung dieser Kinder herzuleiten.' (D. Coester-Waltjen, Gutachten B für den 56. DJT (1986) 46) Das Kindeswohl kann also verfassungsrechtlich nicht als Legitimation für Verbote, sich fortzupflanzen, eingesetzt werden, weil entsprechende Verbote unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls nicht von den Gesetzesvorbehalten der Art 8, 12 MRK gedeckt sind.

...

Zu guter Letzt könnte noch erwogen werden, das Verbot der IVF mit (von dritter Seite) gespendetem Samen durch die Gesetzesvorbehalte der Art 8 Abs 2, 12 MRK zu legitimieren, da man die Auffassung vertreten könnte, diese Verfahren verletzten die Moral im Sinne der Wertüberzeugung religiös gebundener Menschen. Unter 'Moral' im Sinn von Art 8 Abs 2 MRK ist jedoch keineswegs die Anschauung gesellschaftlicher Gruppen, die nur metaphysisch begründet werden kann, zu verstehen. So gesehen wäre es unzutreffend, ein Verbot des heterologen Embryotransfers nach Eizellspende mit Normen zu begründen, die etwa von der katholischen Kirche in dem lehramtlichen Dokument 'Donum Vitae' zum Ausdruck gebracht worden sind (Abdruck in R. Speamann, Die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens, Freiburg 1987, 11 ff). Denn Grundlagen der staatlichen Gesetzgebung dürfen nur jene Normvorstellungen sein, die Universalität beanspruchen können, also im Prinzip für jedermann einsichtig und nachvollziehbar sind. Nicht universell begründbar und daher auch nicht allgemein einsichtig und nachvollziehbar sind Normen, die auf metaphysischen Grundannahmen, etwa der Existenz Gottes oder Handlungsgeboten Gottes, aufbauen. Ein gesetzliches Verbot, das ausschließlich auf den Glaubenswahrheiten religiöser Gruppen aufbaut, wäre für sich verfassungswidrig, weil es die Glaubens- und Gewissensfreiheit der Andersdenkenden in unzulässiger Weise einengen würde (Verletzung von Art 14 StGG, 9 MRK).

Das Recht darf nämlich nicht dazu benützt werden, 'kirchliche Vorstellungen und Zwecke zu Lasten kirchlich nicht gebundener Bürger einseitig durchzusetzen oder zu begünstigen.' (B. Rüthers, Rechtsordnung und Wertordnung, Konstanz 1986, 49 f.) Die Empfehlung der vatikanischen Glaubenskongregation, 'die Spendung von Keimzellen zwischen Personen, die nicht legitim verheiratet sind, gesetzlich' zu verbieten, ist daher im Lichte von Art 8 Abs 2 ,12 MRK verfehlt, weil Inhalt sowie Begründungen von Glaubenwahrheiten nicht rational erklärbar sind und das Dokunent 'Donum Vitae' augenscheinlich nicht von der Wertüberzeugung weiter Teile der Bevölkerung getragen wird. So gesehen erscheint es nur folgerichtig, daß die Menschenrechts-Judikatur im Rahmen der inhaltlichen Aufbereitung des Gesetzesvorbehaltes des Art 8 Abs 2 MRK die Abwehr physischer und psychischer Beeinträchtigungen in den Vordergrund stellt (Nachweise bei A Brödel, Der Anspruch auf Achtung des Familienlebens, Baden-Baden 1991, 88 ff; vgl. auch VfSlg. 8272 (S 179): 'Der Umstand, daß (ein) Verhalten als unmoralisch qualifiziert wird, hat für sich allein noch nicht zur Folge, daß ein Verbot als zulässig, weil 'in einer demokratischen Gesellschaft ... notwendig' beurteilt werden müßte.').

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß § 3 Abs 1 FMedG weder mit den in der MRK verbrieften Rechten auf Achtung des Privatlebens (Art8 Abs 1) bzw. der Familiengründungsfreiheit (Art12) noch mit dem Gleichheitssatz (Art7 B-VG, Art 2 StGG 1867) in Einklang gebracht werden kann. Das Verbot ... ist auch nicht von den Gesetzesvorbehalten der Art 8 Abs 2, 12 MRK gedeckt. ..."

Die Zweitantragstellerin bezieht sich in ihrer im wesentlichen parallelen Argumentation auf das Verbot der Eizellspende; in ihren Ausführungen heißt es u.a.:

"Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art7 B-VG, Art 2 StGG 1867):

Das Verbot des heterologen Embryotranfers nach Eizellspende

verstößt nicht nur gegen die in Art 8 Abs 1, 12 MRK positivierten

Menschenrechte, sondern stellt sich auch als gleichheitswidrige

Beeinträchtigung der Frau dar. Der Gesetzesgeber des FMedG hat

nämlich durch Zulassung der heterologen Insemination ... eine

Substitutionstherapie anerkannt (vgl. § 3 Abs 2 FMedG), die es

unfruchtbaren Männern ermöglicht, auf Keimgut eines Spenders

zurückzugreifen und ein Kind zu bekommen, das ... rechtlich

ausschließlich ihnen zugeordnet wird (vgl. §§163 Abs 3, 156a ABGB idF des FMedG), wenn entsprechende Formvorschriften eingehalten werden.

Während es also Männern im Falle der Unfruchtbarkeit gestattet ist, auf Samen eines Spenders zurückzugreifen, ist es sterilen Frauen verboten, sich einen Embryo einpflanzen zu lassen, der aus einer ihnen gespendeten Eizelle entstanden ist. Dabei handelt es sich um eine sachlich durch nichts zu rechtfertigende Beeinträchtigung steriler Frauen gegenüber sterilen Männern, die als gleichheitswidrig verstanden werden muß (so auch E. Bernat, in E. Bernat (Hrsg.), Fortpflanzungsmedizin (1991) 84; P.J. Schick, aao, 35; H. Gamerith, ÖstAmtsV 1992, 143, F. Kerschner, JBI 1993, 745, U.E. Binder, Die Auswirkungen der EMRK, 140).

...

Verstoß gegen die Eingriffsschranken des Art 8 Abs 2 und 12

MRK:

Der Schutz der Gesundheit der Eispenderin kann das Verbot in § 3 Abs 1 und 3 FMedG keinesfalls rechtfertigen. Das österreichische Recht kennt zwar keine ausdrückliche Vorschrift, die die Explantation eines Organs vom lebenden Spender zum Zweck der Implantation in einen Empfängerorganismus erlauben würde, doch gilt hier der allgemeine Grundsatz volenti non fit iniuria (vgl. § 90 Abs 1 StGB). Vor dem Hintergrund dieser Basiswertung ist unbestrittenermaßen anerkannt, daß der aufgeklärte und frei einwilligende Spender sogar lebenswichtige Organe spenden darf, wenn diese paarig angelegt sind (Paradigma: die Nierenspende; dazu weiterführend Ch. Kopetzki, Organgewinnung zu Zwecken der Transplantation, Wien 1988, 250 ff.). Im übrigen wird die Zulässigkeit der Organspende vom Lebenden vom Sozialversicherungs- (vgl. § 120 Abs 2 ASVG) und Krankenanstaltenrecht (vgl. § 26 Abs 1 lite KAG) geradezu vorausgesetzt. Wenn also der Gesetzgeber etwa die Spende einer Niere erlaubt, so besteht unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Gesundheit der Eizellspenderin kein Grund, die Entnahme von Eizellen zu untersagen, wenn die Spenderin vor dem Eingriff entsprechend aufgeklärt worden ist und eine unmißverständliche Einwilligungserklärung abgegeben hat. Im Gegenteil: Während die Nierenspende erhöhte gesundheitliche Risiken für den Spender nach sich zieht (vgl. die Beiträge in W. Land/J.B. Dossetor (Hrsg.), Organ Replacement-Therapy. Ethics, Justice, Commerce, Berlin 1991, 25 ff.); kann die Eientnahme heute in einer Weise durchgeführt werden, die die Spenderin gesundheitlich weit weniger belastet: Die Eizellen werden unter Ultraschall sichtbar gemacht und sodann über den transvaginalen Weg aspiriert. Ein stationärer Krankenhausaufenthalt für die Spenderin kann in der Regel vermieden werden (vgl. W. Feichtinger et al., Fertilität 4 (1988) 85 ff.).

Daß die Eizellentnahme, die aus der Sicht der Spenderin keine Heilbehandlung ist, nicht sittenwidrig erscheint, zeigt im übrigen § 16 FMedG: Wenn die Zurverfügungstellung von Samen (für eine heterologe Insemination in vivo (§1 Abs 2 Z 1 FMedG)) unter den in dieser Bestimmung genannten Bedingungen zulässig ist, darf nichts anderes für den analogen Fall - die Eizellspende - gelten (ebenso U.E. Binder, Die Auswirkungen der EMRK, 138).

Die Erl. RV ... meinen aaO, daß der 'mit solchen (sc. den nach § 3 FMedG verbotenen) Verfahren verbunden hohe technische Aufwand' § 3 FMedG legitim erscheinen läßt. Zwar stellt sich schon allgemein die Frage, inwieweit ein mit einem technischen Verfahren einhergehender 'hoher technischer Aufwand' ein Grund sein kann, Freiheitsrechte zu verkürzen ... Denn der technische Aufwand bei einem heterologen Embryotransfer nach Eizellspende ist nicht wesentlich höher als im Rahmen einer extrakorporalen Befruchtung mit den Eizellen der Wunschmutter. Der Aufwand, der im Zusammenhang mit der Aquirierung der Eizellspenderin nötig ist, gleicht demjenigen vor einer heterologen Insemination (Finden eines geeigneten Samenspenders). Und der invasive Eingriff bei der Eizellspenderin entspricht jenem einer Eizellentnahme bei Frauen, die im Rahmen eines 'ganz normalen' Invitro-Fertilisations-Programmes schwanger werden wollen.

In der Erl. RV ... wird auch zum Ausdruck gebracht, daß 'die Möglichkeit der Schaffung ungewöhnlicher persönlicher Beziehungen' für § 3 FMedG verantwortlich gewesen sei. Die persönlichen Beziehungen, die ein nach heterologem Embryotransfer geborenes Kind hat, sind zwar 'neuartig', weil es zwei biologische Mütter hat: eine genetische und eine planzentare, mit der es rechtlich verwandt ist (vgl. § 137b ABGB). Das entspricht aber im Bereich der männlichen Sterilität der Situation eines nach heterologen Insemination gezeugten Kindes; sie ist nur umgekehrt. Nach heterologer Insemination (§3 Abs 2 Z 1 FMedG: Einbringen von Spendersamen in den Genitaltrakt der Wunschmutter) ist das Kind nur mit der Wunschmutter, nicht aber mit dem Wunschvater genetisch verwandt. Nach heterologem Embryotransfer (Eizellspende) ist das Kind nur mit dem Wunschvater, nicht aber mit der Wunschmutter genetisch verwandt. Vergleicht man die heterologe Insemination mit dem heterologen Embryotransfer nach Eizellspende, so gelangt man sogar zu dem Ergebnis, daß die persönliche Beziehung eines nach heterologem Embryotransfer geborenen Kindes zur Wunschmutter 'weniger ungewöhnlich' ist als jene des nach heterologer Insemination geborenen Kindes zum Wunschvater. In diesem Fall korrespondiert der rechtlichen Zuordnung (§§163 Abs 3, 156a ABGB) gar keine biologische Verwandtschaft, während das Kind nach heterologem Embryotransfer mit der Wunschmutter nicht nur rechtlich (§137b ABGB), sondern - durch Austragen und Geburt - auch biologisch verbunden ist."

Im Hinblick auf das in den Erläuterungen aufzufindende Argument, ungewöhnliche persönliche Beziehungen zwischen Kindern und Eltern verhindern zu wollen, gleichen die Ausführungen der Zweitantragstellerin u abgesehen davon, daß sich ihr Antrag auf das Verbot des heterologen Embryotransfers bezieht u nahezu wortgleich den bereits zitierten Ausführungen der Erstantragstellerin.

Das gleiche gilt für die Ausführungen hinsichtlich der von den Materialien befürchteten drohenden Ausbeutung der Gebärfähigkeit der Frau. Die Zweitantragstellerin fügt diesen Ausführungen hinzu:

"Wenn im Zusammenhang mit der Eispende von einer drohenden Ausbeutung weiblicher Fruchtbarkeit überhaupt die Rede sein kann, dann wohl nur bezüglich der Situation der Spenderin. Man könnte nämlich theoretisch befürchten, daß Eizellen jenen Frauen unbefugt entnommen werden könnten, die sich nicht als (bloß) Spenderinnen zur Verfügung stellen, sondern selbst als Patientinnen im Rahmen eines In-vitro-Fertilisations-Programmes behandelt werden. Diesen Umstand könnte der Gesetzgeber freilich gesondert berücksichtigen. So könnte er etwa anordnen, daß Eizellen nur von jenen Frauen 'weitergegeben' werden dürften, die gleichzeitig nicht selbst im Rahmen einer Sterilitätstherapie behandelt werden. Nach einschlägigen empirischen Studien lassen sich Eizellenspenderinnen relativ leicht unter jenen Frauen finden, die nach einer entsprechenden Sterilitätstherapie Mutter geworden sind und selbst keine weitere Reproduktion anstreben. Diese Frauen zeigen großes Verständnis für den Kinderwunsch unfruchtbarer Paare und sind daher auch aus altruistischen Gründen (vgl. § 16 FMedG) zur Eizellspende bereit (weiterführend P. Kemeter et al., The willingness of infertile women to donate eggs, in W Feichtinger/P. Kemeter (Hrsg.), Future Aspects of Human in Vitro Fertilization, Berlin 1987, 145 ff)."

Die Zweitantragstellerin tritt der von der Regierungsvorlage ins Treffen geführten Argumentation, das Verbot des heterologen Embryotransfers diene dem Kindeswohl, mit den selben Argumenten entgegen, mit denen die Erstantragstellerin das gleiche Argument hinsichtlich des Verbotes der In-vitro-Fertilisation mit Drittsamen bestreitet. Schließlich wendet auch sie sich mit den gleichen Argumenten wie die Erstantragstellerin dagegen, dem Moralbegriff des Art 8 Abs 2 EMRK die Wertüberzeugungen religiös gebundener Menschen zu unterlegen und schließt:

"Zusammenfassend kann gesagt werden, daß § 3 Abs 1 FMedG weder mit den in der MRK verbrieften Rechten auf Achtung des Privatlebens (Art8 Abs 1) bzw. der Familiengründungsfreiheit (Art12) noch mit dem Gleichheitssatz (Art7 B-VG, Art 2 StGG 1867) in Einklang gebracht werden kann. Das Verbot ... ist auch nicht von den Gesetzesvorbehalten der Art 8 Abs 2, 12 MRK gedeckt. ..."

2. Der Bundeskanzler hat in beiden Verfahren mitgeteilt, daß die Bundesregierung beschlossen hat, von der Erstattung einer meritorischen Äußerung Abstand zu nehmen. Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung jedoch in beiden Verfahren den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen, um die erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat die Anträge ihres Sachzusammenhanges wegen zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:

A. Zur Zulässigkeit der Anträge:

1. Voraussetzung für Antragslegitimation der Antragstellerinnen ist einerseits die Behauptung, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in ihren Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für die Antragstellerinnen tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der Antragstellerinnen nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

1.1. Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn es die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, ).

1.2. Die zunächst zu prüfende Prozeßvoraussetzung des nachteiligen Eingreifens der bekämpften Regelung in die Rechtssphäre der Antragstellerinnen liegt hier vor:

1.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, daß § 3 Fortpflanzungsmedizingesetz nach Wortlaut und Gesetzessystematik (hier vor allem im Zusammenhang mit den begleitenden familienrechtlichen Regelungen des ArtII leg. cit.) entsprechend dem Willen des Gesetzgebers intendiert, in die Privatsphäre der Antragstellerinnen - soweit es um die Erfüllung eines Kindeswunsches durch medizinisch unterstützte Fortpflanzung geht - unmittelbar regulierend einzugreifen, und zwar dahin, daß ihr aus der Zahl der medizinisch möglichen Methoden einer solchen Unterstützung jene, welche eine Eizellspende oder eine Samenspende Dritter bei der Vornahme einer In-vitro-Fertilisation zur Voraussetzung haben, nicht offenstehen sollen.

1.2.2. Die gesetzlichen Verbote des § 3 FMedG lassen sich also nicht als nur an Ärzte gerichtete Regelungen rein berufsrechtlicher Natur verstehen. Es zeigt nicht zuletzt auch die korrespondierende Strafbestimmung des § 23 Abs 1 Z 1 lita FMedG durch die ihren Adressatenkreis gegenüber jenem der (jeweils betroffenen) Verbotsnorm einschränkende einleitende Wendung "Wer als Arzt" (eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchführt, die u.a. nach § 3 unzulässig ist ... begeht eine Verwaltungsübertretung), daß sich die Verbotsnorm an einen weiteren Adressatenkreis richtet als die Strafbestimmung.

1.3. Die Antragstellerinnen sind durch die angegriffene Norm aber auch aktuell betroffen:

1.3.1. Gemäß § 2 Abs 1 FMedG ist eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur in einer Ehe oder eheähnlichen Lebensgemeinschaft zulässig. Gemäß § 2 Abs 2 leg. cit. ist sie ferner nur zulässig, wenn nach dem Stand der Wissenschaft und Erfahrung alle anderen möglichen und zumutbaren Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr erfolglos gewesen oder aussichtslos sind.

Nach § 8 Abs 1 leg. cit. muß die (bei Ehegatten und Lebensgefährten) erforderliche schriftliche Zustimmung zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung in Form eines gerichtlichen Protokolls oder Notariatsaktes erteilt werden.

1.3.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß vom , G231/94 bzw. in seinem Beschluß vom , G254/96 dargetan hat, ist es für die Zulässigkeit eines Individualantrages auf Aufhebung des § 3 Abs 1 und 3 FMedG u.a. Voraussetzung, daß im Sinn der unmittelbaren Betroffenheit auch der Bestand einer Ehe oder eheähnlichen Gemeinschaft bzw. das Vorliegen der nach § 8 FMedG erforderlichen Zustimmung dargelegt wird.

1.3.3. Diese Voraussetzungen sind in den vorliegenden Fällen erfüllt:

a) Aus der dem Antrag beigelegten Zusammenfassung der Krankengeschichte der Erstantragstellerin durch einen Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist zu ersehen, daß für diese Antragstellerin und ihren Ehegatten die einzige Möglichkeit zur Erfüllung ihres Kindeswunsches in einer In-vitro-Fertilisation unter Zuhilfenahme einer Samenspende eines Dritten besteht. Die beigelegte Ablichtung aus dem Ehebuch vermag das Vorliegen einer aufrechten Ehe darzutun; aus der Ablichtung eines Notariatsaktes ist die nach § 8 FMedG erforderliche Zustimmung des Ehegatten zu ersehen.

b) Aus den dem Antrag der Zweitantragstellerin beigelegten Befunden (Zusammenfassung der Krankengeschichte der Zweitantragstellerin durch die Universitätsklinik Graz sowie der beigelegte dort erstellte Befund) ergibt sich, daß für die Zweitantragstellerin keine Möglichkeit mehr besteht, Mutter eines genetisch mit ihr verwandten Kindes zu werden, sowie daß eine Eizellspende für sie die einzige Möglichkeit darstellt, sich den Kindeswunsch zu erfüllen. Der ihrem Antrag beigelegte Notariatsakt enthält nicht nur die Zustimmung des Lebensgefährten gemäß § 8 FMedG, sondern auch eine eidesstattliche Erklärung, daß die Antragstellerin mit jener Person, mit der sie sich fortpflanzen will, in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebt.

1.3.4. Die Voraussetzungen einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung nach § 2 FMedG liegen somit in Ansehung beider Antragstellerinnen vor.

1.4. Die einzige Möglichkeit der Antragstellerinnen, ein Kind auszutragen und zu gebären, bestünde in der Vornahme der jeweils erwähnten medizinisch unterstützten Maßnahme der Fortpflanzung. Dies wird den Antragstellerinnen durch die jeweils angefochtenen Bestimmungen des § 3 FMedG untersagt. Es ist kein Sachverhaltselement ersichtlich, welches in Ansehung der Antragstellerinnen - abgesehen von der Inangriffnahme einer gesetzlich nicht erlaubten, medizinisch unterstützten Fortpflanzung - noch hinzutreten könnte, um ein noch höheres Maß an aktueller Betroffenheit durch die angegriffenen Normen herbeizuführen. Die angegriffenen Gesetzesstellen sind für die Antragstellerinnen auch jeweils unmittelbar wirksam, ohne daß eine die unmittelbare Betroffenheit erst vermittelnde gerichtliche Entscheidung oder ein verwaltungsbehördlicher Bescheid vorgesehen wäre.

1.5. Die dargelegte Betroffenheit der Antragstellerinnen erstreckt sich jedoch nicht auf die gesamten, jeweils von ihnen bekämpften Bestimmungen:

1.5.1. In Ansehung der Erstantragstellerin liegt eine solche Betroffenheit nur insoweit vor, als die angegriffenen Gesetzesstellen die Vornahme einer In-vitro-Fertilisation unter Zuhilfenahme einer Samenspende untersagen, in Ansehung der Zweitantragstellerin nur insoweit, als die Verwendung fremder Eizellen untersagt wird. Da § 3 Abs 1 FMedG beides untersagt und die Antragstellerinnen hinsichtlich der jeweils anderen Methode offensichtlich eine unmittelbare Betroffenheit nicht darzutun vermögen (sie daher auch nicht näher darlegen), sind die Anträge, soweit sie sich auf § 3 Abs 1 FMedG beziehen, jeweils in jenem Umfang zurückzuweisen, in dem die Antragstellerinnen nicht nur jene Wendungen bekämpfen, hinsichtlich derer jeweils eine unmittelbare Betroffenheit im vorstehend dargelegten Sinne besteht.

1.5.2. Zulässig ist der Antrag der Erstantragstellerin in bezug auf § 3 Abs 2 leg. cit.: Diese Bestimmung enthält zwar nur eine Ausnahme vom Verbot der Samenspende Dritter für die - hier medizinisch nicht in Betracht kommende - Methode nach § 1 Abs 2 Z 1 leg. cit. ("Insemination"); sie steht aber dadurch mit der Verbotsnorm in einem untrennbaren Zusammenhang: Die Aufhebung der genannten Wendung in Abs 1 allein würde wegen der einleitenden Anknüpfung mit "jedoch" in Abs 2 - im Verhältnis zum dann verbleibenden Rest des Abs 1 - eine unverständliche und unklare Bestimmung hinterlassen, welche einen Gegenschluß hinsichtlich der in Abs 2 nicht genannten Methoden, und im Ergebnis daher eine Wiederherstellung der derzeitigen, von den Antragstellerinnen als verfassungswidrig bekämpften Rechtslage zuließe, wenn nicht nahelegte. Die Ausnahmeregelung des § 3 Abs 2 leg. cit. steht daher mit der Regel des § 3 Abs 1 über das Verbot der Samenspende in einem so engen Zusammenhang, daß sie mit der Wendung "und der Samen" eine Einheit bildet und daher nur gemeinsam mit dieser in Prüfung gezogen werden kann.

1.5.3. Soweit sich der Antrag der Zweitantragstellerin auf § 3 Abs 3 FMedG bezieht, gilt hingegen das zu Absatz 1 schon Gesagte, soweit diese Bestimmung durch die Eingangswendung "Eizellen und" anordnet, daß (auch) diese nur bei der Frau verwendet werden dürfen, von der sie stammen. Im übrigen (d.h. hinsichtlich der Parallelregelung für entwicklungsfähige Zellen) ist der auf Aufhebung des § 3 Abs 3 FMedG gerichtete Antrag der Zweitantragstellerin daher mangels unmittelbarer Betroffenheit unzulässig.

2. Die Anträge sind daher - soweit sie nicht aus den genannten Gründen zum Teil als überschießend zurückzuweisen sind - zulässig.

B. In der Sache sind die Anträge jedoch nicht begründet:

1. In der zunächst zu untersuchenden Frage, ob der Entschluß der Antragstellerinnen und ihrer Partner, ein Kind haben und - wegen des Fehlens bestimmter dafür erforderlicher biologischer Fähigkeiten, ein Kind auf natürliche Weise zu empfangen und zur Welt zu bringen - zu diesem Zweck den Weg einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung beschreiten zu wollen, dem Schutzbereich des Art 8 EMRK unterliegt, ließ sich der Verfassungsgerichtshof von folgenden Erwägungen leiten:

1.1. Rechtsprechung des EGMR oder anderer europäischer Verfassungsgerichte zu dieser Frage fehlt, soweit dies überblickt werden kann. Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts, worin dieses (generelle) kantonale Verbote medizinisch unterstützter Fortpflanzung als mit der eidgenössischen Verfassung unvereinbar aufgehoben hat, lassen diese Frage ausdrücklich mangels Entscheidungen der Straßburger Organe offen und stützen sich ausschließlich auf Schweizer Verfassungsrecht (vgl. die Urteile vom , EuGRZ 1989, 370 ff. (374 f.) und vom , EuGRZ 1994, 223 ff. (229)).

1.2. In Art 8 Abs 1 EMRK ist für den Schutz der angestrebten medizinisch assistierten Fortpflanzung in erster Linie der Begriff der "Achtung des Privatlebens" einschlägig, zumal jener der "Achtung des Familienlebens" offenbar in erster Linie die bereits existierende Familie im Auge hat.

1.2.1. In ihrer bisherigen Rechtsprechung haben die Straßburger Instanzen den Begriff des Privatlebens umfassend verstanden und in Art 8 EMRK nicht nur die Rechtsgrundlage für die Beschränkung der Zulässigkeit von Eingriffen in das Privatleben durch den Staat (vgl. dazu Wildhaber/Breitenmoser, IntKommzEMRK, Art 8 Rz 42 ff. mwN) gesehen, sondern aus dieser Bestimmung auch positive Handlungspflichten des Staates zur Bereitstellung eines das Privatleben sichernden rechtlichen Rahmens abgeleitet (vgl. Wildhaber/Breitenmoser, IntKommzEMRK, Art 8 Rz 52 mwN).

1.2.2. Unter dem Begriff des Privatlebens werden insbesondere die wesentlichen Ausdrucksmöglichkeiten der menschlichen Persönlichkeit (vgl. EGMR EuGRZ 1983, 488 "Dudgeon"), die körperliche und geistige Integrität, das Recht, die Gestaltung des Privatlebens dem Blick der Öffentlichkeit und des Staates zu entziehen (vgl. VfSlg. 12689/1991), vor allem aber auch die Intimsphäre im allgemeinen und das Sexualleben und -verhalten im besonderen geschützt, letztgenannte jedenfalls insoweit sie nicht öffentlich in Erscheinung treten (VfSlg. 8272/1978; näheres vgl. bei Wildhaber, Int.KommzEMRK, Art 8, Rz 114 ff.).

1.2.3. Vor dem Hintergrund dieses Begriffsverständnisses des in Art 8 Abs 1 EMRK genannten Privatlebens, dem sich der Verfassungsgerichtshof anschließt, besteht kein Zweifel, daß der von Ehegatten oder Lebensgefährten gefaßte Entschluß, ein Kind haben zu wollen und sich hiezu erforderlicher medizinischer Unterstützung zu bedienen, dem Schutzbereich des Art 8 Abs 1 EMRK unterliegt. Dies ungeachtet des Umstandes, daß dieser Kindeswunsch nicht ohne Beteiligung von Dritten (und damit nicht nur im rein privaten Bereich) verwirklicht werden kann und damit auch öffentlich in Erscheinung tritt:

Auch die Verwirklichung eines Kindeswunsches ohne medizinisch assistierte Fortpflanzung wird nämlich in der Regel - je nach Verlauf einer Schwangerschaft - in unterschiedlichem Ausmaß einer medizinischen Begleitung und Betreuung bedürfen, ohne daß dies auf den Umfang des Schutzbereiches zurückzuwirken vermöchte. Die in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Schranken dieses Grundrechts zeigen überdies, daß es für die Qualifikation eines Lebensbereiches als zum Schutzbereich gehörend grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob und inwieweit aus dem rein privaten Rahmen herausgetreten werden muß, bzw. ob und in welchem Umfang gegebenenfalls dritte Personen und Institutionen mitwirken müssen (so auch Berka, Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz (1982) 302 f.; an der Tauglichkeit des Abgrenzungsmerkmales "disclosure and nondisclosure" zweifelnd auch Janis/Kay/Bradley, European Human Rights Law, 2. Aufl., 1995, 268). Der Grad und die Art und Weise der "Öffentlichkeit" einer solchen notwendigen Beteiligung Dritter ist

- gegebenenfalls - im Rahmen der Prüfung der Rechtfertigung eines Eingriffes nach Art 8 Abs 2 EMRK zu berücksichtigen.

1.2.4. Die medizinisch unterstützte Fortpflanzung fällt somit unter dem Gesichtspunkt der Achtung des Privatlebens in den Schutzbereich des Art 8 Abs 1 EMRK (ebenso im Ergebnis, wenn auch aus zT unterschiedlichen Gründen Stolz, Grundrechtsaspekte künstlicher Befruchtungsmethoden, in: Bernat (Hg.), Lebensbeginn durch Menschenhand, 1985, 109 ff. (117 f.); Öhlinger/Nowak, Grundrechtsfragen künstlicher Fortpflanzung, in: BMFJK (Hg), Familienpolitik und künstliche Fortpflanzung, 1986, 31 ff.; Posch, Rechtsprobleme der medizinisch assistierten Fortpflanzung und Gentechnologie, GA zum 10. ÖJT, 1988, 28 ff.; Loebenstein,

Die Zukunft der Grundrechte im Lichte der künstlichen Fortpflanzung des Menschen, Teil 2, JBl 1987, 749 ff.; Fahrenhorst, Fortpflanzungstechnologien und Europäische Menschenrechtskonvention , EuGRZ 1988, 125 ff.; Wildhaber, IntKommzEMRK, Art 8, Rz 193; Pernthaler/Rath-Kathrein, Der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie, in:

Machacek/Pahr/Stadler, 40 Jahre EMRK, 252 ff. (253); U. E. Binder, Die Auswirkungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom auf Rechtsfragen im Bereich der medizinisch assistierten Fortpflanzung, 1998, 45).

2. Die von den Antragstellerinnen bekämpften Regelungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes greifen daher - soweit sie die Zulässigkeit medizinisch unterstützter Fortpflanzung einschränken - in das Grundrecht des Art 8 Abs 1 EMRK ein. Es ist somit zu untersuchen, ob die angegriffenen Regelungen im Rahmen der Eingriffsschranken des Art 8 Abs 2 EMRK zulässig sind oder diese verletzen; dazu hat der Verfassungsgerichtshof folgende Überlegungen angestellt:

2.1. In den Erläuterungen (RV 216 Blg. NR 18. GP) zum FMedG wird zur Begründung der bekämpften Verbote einer Samenspende durch Dritte bei In-vitro-Fertilisationen bzw. einer Eizellspende ausgeführt:

"Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung soll grundsätzlich nur mit Eizellen und Samen des Wunschelternpaars durchgeführt werden; nur die Insemination soll mit dem Samen eines Dritten zulässig sein. Die 'Eizellenspende', die Spende entwicklungsfähiger Zellen, die 'Samenspende' bei einer In-vitro-Fertilisation und ähnlich komplizierten Verfahren sollen ebenso wie jede Form der 'Leihmutterschaft' unzulässig sein. Der hohe technische Aufwand, die potentiell weitgehende Entfernung dieser Methoden von den Gegebenheiten der natürlichen Fortpflanzung, die Möglichkeit der Schaffung ungewöhnlicher persönlicher Beziehungen sowie die drohende Belastung, Ausbeutung und Ausnützung der Frau sprechen für das Verbot solcher Verfahren. Die Sonderbehandlung der Insemination mit Fremdsamen beruht auf deren vergleichsweise einfachen Handhabung und der dadurch erschwerten Überprüfbarkeit; zudem läßt sich die Anwendung dieser schon seit vielen Jahren gängigen Methode durch gesetzliche Schranken kaum mehr ausschließen.

...

Nach § 3 sollen - mit Ausnahme der Insemination - für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur Ei- und Samenzellen der Ehegatten bzw. Lebensgefährten verwendet werden dürfen. Diese Einschränkung auf das 'homologe System' entspricht im Licht der vorangegangenen verfassungsrechtlichen Erwägungen dem für Ehepaare abgeleiteten Grundrecht auf Fortpflanzung und - aus folgenden Gründen - dem Gleichheitssatz: Die künstliche Beeinflussung des natürlichen Zeugungsgeschehens - insbesondere bei der In-vitro-Fertilisation - wird überwiegend als zulässige Methode zur Behandlung der Unfruchtbarkeit der Wunscheltern anerkannt, sofern deren Eizellen und Samen verwendet werden. Die Durchführung derartiger Verfahren mit fremden Keimzellen begegnet dagegen einer Reihe von Bedenken: Alle diese Methoden bedingen einen hohen technischen Aufwand, der im 'homologen System' noch hingenommen wird, bei der Verwendung fremder Eizellen und entwicklungsfähiger Zellen und (oder) fremden Samens aber zunehmend Zweifel hervorruft. Darüber hinaus betritt die Medizin mit solchen Techniken im Vergleich zu den Bedingungen der natürlichen Fortpflanzung insoweit Neuland, als es zu einer 'Aufspaltung der Mutterschaft' zwischen einer genetischen, einer austragenden und allenfalls sogar einer 'sozialen' Mutter kommt. Dies kann, selbst wenn eindeutige rechtliche Regelungen geschaffen werden, zu schwersten psychischen Konflikten sowohl für das Kind als auch für die beteiligten Frauen führen. Ferner droht bei Verwendung einer fremden Eizelle oder fremder entwicklungsfähiger Zellen eine Ausbeutung weiblicher Fruchtbarkeit, die - gerade im Zusammenhang mit möglichen kommerziellen Begleiterscheinungen - auf keinen Fall hingenommen werden kann. Letztlich eröffnet die Zulassung der Spende von Eizellen oder entwicklungsfähigen Zellen sowie der 'Leihmutterschaft' auch das Tor für Mißbräuche, denen von vornherein mit allen gebotenen Mitteln entgegenzutreten ist.

Diese Gründe mögen teilweise auch für eine mit dem Samen eines Dritten durchgeführten Insemination zutreffen. Dennoch kann dieses seit längerer Zeit praktizierte und verhältnismäßig einfache Verfahren nicht mit hochtechnischen und aufwendigen Methoden wie der Spende von Eizellen oder entwicklungsfähigen Zellen (die in jedem Fall körperliche Eingriffe bei den beteiligten Frauen erfordern) oder der Verwendung fremden Samens bei einer In-vitro-Fertilisation verglichen werden. Ein Vebot der Samenspende wäre darüber hinaus - anders als die Spende von Eizellen oder entwicklungsfähigen Zellen - kaum überprüfbar. Diese Umstände rechtfertigen eine zurückhaltende Zulässigkeitsregelung; eine sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung oder ein Verstoß gegen das Recht auf Fortpflanzung kann darin jedenfalls nicht gesehen werden.

...

Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung soll grundsätzlich nur mit den Keimzellen der Wunscheltern durchgeführt werden; nur bei der Insemination darf der Samen eines Dritten verwendet werden, wenn der Samen des Ehegatten oder Lebensgefährten nicht fortpflanzungsfähig ist (§3 Abs 1 und 2). ... Der mit solchen Verfahren verbundene hohe technische Aufwand, die Möglichkeit der Schaffung ungewöhnlicher persönlicher Beziehungen, die drohende Ausbeutung der Gebärfähigkeit der Frau und die Gefahr von Mißbräuchen sprechen - wie bereits in den Punkten 5. und 6. der Allgemeinen Erläuterungen ausgeführt - dafür, diese Methoden für unzulässig zu erklären.

..."

2.2. Im Bericht des Justizausschusses (490 Blg. NR, 18. GP) findet sich zum grundsätzlichen Verbot der Samenspende (bzw. Eizellspende) folgende Begründung:

"... Wenn der Ausschuß dennoch - auch in diesem Punkt der Regierungsvorlage folgend - ausnahmsweise die Zulassung der heterologen Insemination vorschlägt, beruht dies einzig und allein darauf, daß die seit längerem auch mit Fremdsamen praktizierte Methode der Insemination verhältnismäßig einfach gehandhabt und kaum effektiv kontrolliert werden kann. Ein Verbot dieses Verfahrens könnte die ganz gewiß nicht erwünschte Wirkung nach sich ziehen, daß sich die beteiligten Paare ihren oft dringenden Kinderwunsch unter Außerachtlassung der gesetzlichen Schranken erfüllen lassen."

2.3. Angesichts der Gesetzesqualität des in Rede stehenden Eingriffs kommt es - unter Außerachtlassung von vornherein nicht in Betracht kommender Rechtfertigungsgründe des Art 8 Abs 2 EMRK - entscheidend darauf an, ob in der Regelung des § 3 FMedG eine Maßnahme erblickt werden kann, "die in einer demokratischen Gesellschaft ... zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist", wobei der Begriff der Moral den Schutz des moralischen Ethos oder der moralischen Normen der Gesellschaft insgesamt umfassen kann (s. zum Begriff der Moral EGMR im Fall Dudgeon, EuGRZ 1983, 491), also keineswegs ein (Un)Werturteil über individuelles Verhalten zum Ausdruck bringen soll.

2.3.1. Die Gesetzesmaterialien lassen in diesem Zusammenhang als allgemeinen Gesichtspunkt erkennen, daß der Gesetzgeber eine angemessene gesetzliche Regelung im Spannungsfeld von menschlicher Würde, Kindeswohl und Recht auf Fortpflanzung angestrebt hat; sie führen im hier maßgebenden Zusammenhang als besondere Rechtfertigung des Verbotes der Samenspende Dritter bei In-vitro-Fertilisation und des Verbotes der Eispende das Kindeswohl und die im "hohen technischen Aufwand" einer In-vitro-Fertilisation liegende Entfernung dieser Methoden von den "Gegebenheiten der natürlichen Fortpflanzung", die "Schaffung ungewöhnlicher persönlicher Beziehungen" sowie die "drohende Belastung, Ausbeutung und Ausnützung der Frau" (RV 11), sowie die Mißbrauchsgefahr in Gestalt der "Leihmutterschaft" ins Treffen.

2.3.2. Es ist nachvollziehbar, daß die Verlagerung der Fortpflanzung in ein laboratoriumsgleiches Umfeld, wie dies bei der In-vitro-Fertilisation mit nachfolgendem Embryotransfer der Fall ist (zur medizinisch-technischen Vorgangsweise vgl. Posch, Rechtsprobleme der medizinisch assistierten Fortpflanzung und Gentechnologie, GA zum 10. ÖJT, 1988, 6 ff.), gegenüber der biologisch vorgezeichneten Form der Fortpflanzung weitreichende Möglichkeiten eröffnet, welche - werden sie voll ausgeschöpft - einerseits unter dem Gesichtspunkt des Wohles der solcherart gezeugten und zur Welt gebrachten Kinder erhebliche Fragen von deren Gesundheit, aber auch von deren Rechten aufwerfen, andererseits aber auch allgemeine gesellschaftliche Wertvorstellungen in ethisch-moralischer Hinsicht (im Sinne des zuvor erwähnten Moralbegriffs) tiefgreifend berühren. Es sei in diesem Zusammenhang nur an die dadurch eröffneten, in letzter Konsequenz auf eine "Zuchtwahl" hinauslaufenden Möglichkeiten einer selektiven Eizell- bzw. Samenwahl (zu derartigen Fragen vgl. etwa Haslinger, Der medizinische Ehebruch, in:

Familienpolitik und künstliche Fortpflanzung, 1985, 83 ff.) und an die Gefahren einer weitgehenden Kommerzialisierung dieser Vorgänge erinnert (so spricht Erwägungsgrund B. der Entschließung des Europäischen Parlaments vom , Dok. A2-372/88, ABl. Nr. C96/171, vom "Risiko einer Vermarktung des weiblichen Körpers und der männlichen und weiblichen Keimzellen").

2.3.3. Die In-vitro-Fertilisation (mit anschließendem Embryotransfer) wirft daneben aber auch Fragen auf, welche überdies das Berufsethos der beteiligten Ärzte spezifisch berühren, wie zB den in der Literatur besonders diskutierten Umgang mit "überzähligen" Embryonen (zu den Kontroversen darüber vgl. Posch, aaO, 7, FN 7) oder die durch Kryokonservierung von Embryonen mögliche Herbeiführung von "Generationensprüngen" - (vgl. Posch, aaO, 8). Der mitunter aus ethischen Gründen erhobenen Forderung nach Einpflanzung aller befruchteter Embryonen in die Gebärmutter der Frau (vgl. dazu Starck, GA z.

56. DJT, 1986, A24 f.; Feichtinger/Kemeter, Über die In-vitro-Fertilisierung beim Menschen in: Bernat (Hrsg), Lebensbeginn durch Menschenhand, 1985, 67 f.), steht nach anderer Ansicht wieder eine erhöhte Gefahr von Mehrlingsgeburten und damit ein erhöhtes Risiko für Leben und Gesundheit von Mutter und Kind gegenüber (vgl. Posch, aaO, 6; Feichtinger/Kemeter, aaO, 67 f.; zum Problemkreis siehe auch Dreier, Kommentar zum Grundgesetz, Art 1 I, Rz 56 ff.).

2.4. Den erwähnten Bedenken dürfte vor dem Hintergrund des Erforderlichkeits- (und damit Verhältnismäßigkeits-) Gebotes des Art 8 Abs 2 EMRK freilich nicht mittels eines generellen Verbotes aller medizinisch unterstützten Maßnahmen der Fortpflanzung Rechnung getragen werden, da die Intensität der jeweils eintretenden Berührung öffentlicher Interessen offenkundig in erster Linie davon abhängt, wie weit nicht bloß homologe, sondern auch heterologe Formen medizinisch unterstützter Fortpflanzung in Rede stehen, in welchem Ausmaß medizinische Eingriffe mehr oder minder komplexer und die betroffenen Personen belastender Natur hiefür erforderlich sind, sowie ferner, ob mit einer solchen Maßnahme entweder ungewöhnliche Beziehungen, oder Beziehungen herbeigeführt werden, bei welchen die sozialen und biologischen Verhältnisse voneinander abweichen.

2.4.1. Damit stellt sich für einen Gesetzgeber, dem die Herstellung eines rechtlichen Rahmens für medizinisch unterstützte Fortpflanzung (zulässigerweise) ein Anliegen ist, aus verfassungsrechtlicher Sicht die Frage der Grenzziehung zwischen solchen Maßnahmen, die noch als zulässig und solchen, die bereits als unzulässig erachtet werden. Diese Grenzziehung ist innerhalb einer gedachten Bandbreite technisch möglicher medizinischer Maßnahmen vorzunehmen, welche von der bei der Wunschmutter mit ausschließlich von den Wunscheltern stammendem genetischen Material (somit homolog) durchgeführten Insemination bis zum Extrem der Heranziehung einer anderen Frau als der Wunschmutter zur Austragung eines rein heterolog (d.h. ohne Samen oder Eizellen der Wunscheltern) in-vitro erzeugten Embryonen reicht. Die Möglichkeit einer denkbaren Kombination mit gentechnischen Manipulationen kann hier außer Betracht bleiben.

2.4.2. Die vom Gesetzgeber in § 3 FMedG getroffene Regelung läuft - soweit sie im vorliegenden Fall zu prüfen ist - darauf hinaus, heterologe Formen der medizinisch unterstützten Fortpflanzung (also: die Verwendung von Samenspenden Dritter und von Eizellspenden) generell zu verbieten und von diesem Grundsatz nur für den Fall der Samenspende Dritter bei Insemination eine Ausnahme zu machen; daneben sind homologe Formen medizinisch unterstützter Fortpflanzung generell zulässig. Alle zulässigen Formen medizinisch unterstützter Fortpflanzung sind nicht auf eheliche Gemeinschaften beschränkt, sondern auch in Lebensgemeinschaften zulässig.

Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, daß der Gesetzgeber damit die ihm unter den gegebenen Umständen von der Verfassung gesetzten Schranken überschritten hätte:

2.4.2.1. Der einfache Gesetzgeber kann innerhalb dieser Schranken frei entscheiden, welche Instrumente er - unter Berücksichtigung erwünschter oder in Kauf genommener Nebenwirkungen - in der jeweils gegebenen Situation zur Verwirklichung seiner Zielsetzungen geeignet erachtet und anwendet. Diese von der Verfassung - hier durch Art 8 Abs 2 ERMK - gezogenen Schranken würden aber etwa überschritten, indem zur Zielerreichung völlig ungeeignete Mittel gewählt oder die vorgesehenen, an sich geeigneten zu einer sachlich unbegründbaren Differenzierung führen würden (s. zB VfSlg. 12182/1989, VfSlg. 11369/1987).

2.4.2.2. Nach der Rechtsprechung des EGMR besteht dabei ein Spielraum des Gesetzgebers, der sich vor dem Hintergrund des Art 8 Abs 2 EMRK danach bemißt, inwieweit die möglichen nachteiligen Folgen einer im Rahmen des Privatlebens getroffenen Entscheidung für die öffentliche Ordnung in ihrer Dimension besser oder weniger präzise endgültig abgeschätzt werden können. Insbesondere wenn diese im Rahmen des Privatlebens getroffene Entscheidung "komplizierte wissenschaftliche, rechtliche, moralische und gesellschaftliche Probleme aufwirft" und wenn es sich - wie offenkundig auch hier - um neue medizinische Verfahren handelt, über deren ethische und moralische Implikationen allgemeine, einigermaßen einheitliche Auffassungen in den Mitgliedstaaten der EMRK noch nicht bestehen, ist dieser Spielraum ein relativ weiterer (vgl. EGMR , 75/1995/581/667 - Transsexualität - Z 43 u. 44 = ÖJZ 1998/14; Fahrenhorst, aaO, 125 ff. mwN).

2.4.2.3. Es kann dem Gesetzgeber derzeit nicht entgegengetreten werden, wenn er das zulässige Anwendungsfeld der In-vitro-Fertilisationen, die u zum Unterschied von der Insemination u wegen des hohen Maßes an Technizität die erwähnten besonderen Fragen ethischumoralischer, aber auch gesundheitlicher Natur aufwerfen, aber auch angesichts der besonderen Schwierigkeit der Folgenabschätzung solcher Maßnahmen im Hinblick auf das Wohl des Kindes, auf homologe Methoden einschränken, und ingesamt bei der Zulassung derartiger medizinischer Methoden Zurückhaltung üben wollte.

2.4.2.4. Nach dem derzeitigen Stand der Erfahrungen kann nämlich nicht ohne weiteres gesagt werden, daß weniger weitreichende Eingriffe ebenso geeignet wären, die möglichen Mißstände hintanzuhalten. Dazu vermochten auch die Antragstellerinnen nichts vorzubringen. Insoweit ist freilich eine Veränderung der Sachlage im Zeitablauf und damit eine in Hinkunft eintretende Verengung des rechtspolitischen Spielraums denkbar, welche den Gesetzgeber auch aus verfassungsrechtlicher Sicht verhalten könnte, der Entwicklung durch eine entsprechende Anpassung der gesetzlichen Regelung Rechnung zu tragen (vgl. VfSlg. 9995/1984 mwH).

2.4.3. Andererseits kann dem Gesetzgeber aber auch nicht vorgeworfen werden, die gewichtigen Interessen von Männern und Frauen, in Ehen oder in Lebensgemeinschaften auch dann gemeinsame Kinder zu haben, wenn es dazu (aufwendiger) medizinischer Unterstützung bedarf, nicht ausreichend berücksichtigt zu haben. Der Gesetzgeber hat durch die Zulassung der Samenspende Dritter bei Insemination, welche nicht nur seit längerer Zeit schon praktiziert wurde, sondern auch der natürlichen Methode am nächsten kommt und - soweit überblickbar - mit den verhältnismäßig geringsten nachteiligen Konsequenzen verbundenen sein dürfte, auch eine heterologe Form der medizinisch unterstützten Fortpflanzung zugelassen. Er hat ferner die zulässigen Formen medizinisch unterstützter Fortpflanzung auch auf nichteheliche Gemeinschaften erstreckt und dadurch auch deren Interessen weitreichend Rechnung getragen. Soweit freilich homologe Maßnahmen nicht ausreichen, sondern die Verwirklichung des Kindeswunsches vielmehr heterologe Maßnahmen medizinisch unterstützter Fortpflanzung erforderlich machen würde, kollidieren die Interessen der Wunscheltern mit den genannten öffentlichen Interessen; die grundrechtliche Stütze der Interessen des Privatlebens findet insoweit in den Schranken des Art 8 Abs 2 EMRK eine (verfassungsrechtlich zulässige) Grenze. Der Gesetzgeber hat sich - wie dargelegt - im Rahmen des ihm zuzubilligenden Spielraums gehalten, und auch nicht das Gewicht der Interessen an der Fortpflanzung im Verhältnis zu den genannten öffentlichen Interessen in verfassungsrechtlich relevanter Weise verkannt: Er hat mit dem Abstellen auf die Ehe und eheähnliche Lebensgemeinschaft vielmehr eine Grenzziehung zwischen den (zulässigen) homologen und den (grundsätzlich unzulässigen) heterologen Methoden medizinisch unterstützter Fortpflanzung in einer Weise vorgenommen, welche vor dem dargelegten Hintergrund verfassungsrechtlichen Bedenken nicht begegnet.

2.5. Der Verfassungsgerichtshof hält daher die bekämpften Regelungen des § 3 FMedG unter dem Gesichtspunkt der Schranken des Art 8 Abs 2 EMRK nach dem Erkenntnisstand, den der Gesetzgeber - insoweit auf langjährige Fachdiskussionen und gründliche Vorbereitungsarbeiten zurückgreifend (vgl. dazu im einzelnen den Überblick in den Erläuterungen zur RV, aaO, 8 f.) - seinerzeit vorgefunden hat und dessen wesentliche Änderung von den Antragstellerinnen nicht behauptet wird, für unbedenklich.

2.6. Die in den Anträgen gegen die Regelung des § 3 FMedG unter Gleichheitsgesichtspunkten vorgetragenen zusätzlichen Bedenken vermögen - soweit sie im Lichte der bisherigen Ausführungen noch von Bedeutung sind - nicht zu überzeugen:

2.6.1. Soweit die Antragstellerinnen aus der Zulassung homologer Formen medizinischer Unterstützung die Unsachlichkeit der Beschränkung heterologer Formen abzuleiten suchen, ergibt sich schon aus den bisherigen Überlegungen, daß diese beiden Arten medizinischer Methoden aufgrund der ganz verschiedenen Arten von Bedenken, die sie in gesundheitlicher und ethischer Hinsicht, aber auch unter dem Gesichtspunkt des Wohles der solcherart gezeugten und zur Welt gebrachten Kinder aufwerfen, vom Gesetzgeber nicht schematisch gleich behandelt werden müssen.

Auch die Zulassung der heterologen Insemination spricht nicht gegen die Sachlichkeit des Verbotes aller anderen heterologen Formen medizinischer Unterstützung, insbesondere der Eizellspende und der Samenspende bei In-vitro-Fertilisationen:

2.6.1.1. Was die Eizellspende betrifft, so bringt sie - zum Unterschied von der Samenspende Dritter - das zusätzliche Problem mit sich, daß ein mittels Eizellspende gezeugtes Kind über zwei biologische Mütter verfügt, nämlich über eine genetische und eine "plazentare"; insoweit werden also - worauf auch die Gesetzesmaterialien hinweisen - durch eine solche Maßnahme der Fortpflanzung tatsächlich "ungewöhnliche Beziehungen" hergestellt, welche das Kindeswohl berühren können.

Die Bedachtnahme auf das Kindeswohl ist nach der Rechtsprechung der Straßburger Instanzen sowohl aus dem Schutz der Gesundheit als auch aus dem Schutz der Rechte und Freiheiten anderer ableitbar und daher als legitimes Schrankenziel im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK anerkannt (s. die Nachweise bei Wildhaber/Breitenmoser, aaO, RZ 629 f. zu Art 8 EMRK). Es ist dem Gesetzgeber daher auch auf der Ebene des Gleichheitssatzes nicht entgegenzutreten, wenn er die zu befürchtenden psychischen Konfliktsituationen, aber auch gesellschaftliche Vorstellungen über nicht wünschenswerte Eltern-Kind-Beziehungen zum Anlaß einer Regelung nimmt, die zu vermeiden trachtet, daß Kinder mehr als eine biologische Mutter haben (vgl. auch Wildhaber, aaO, Rz. 199, sowie den in diese Richtung gehenden Beschluß des Parlaments der Europäischen Union, Dok. A2-372/88 vom , EB-ABl. Nr. C96/171 Z 10 zu diesem Thema).

Der Gesichtspunkt des Kindeswohls schlägt bei der Herstellung ungewöhnlicher Beziehungen durch medizinisch unterstützte Fortpflanzungsmaßnahmen in höherem Maße zu Buche, als bei Maßnahmen, als deren Folge solche ungewöhnlichen Beziehungen nicht hergestellt werden. Aufgrund dieses Unterschiedes im Tatsächlichen ist der Gesetzgeber daher - entgegen dem Vorbringen in den Anträgen - von verfassungs Wegen auch nicht gehalten, die Samenspende Dritter und die Eizellspende insoweit gleichzubehandeln (und letztere daher zuzulassen), als die Eizellspende - vergleichbar der Insemination - ohne Vornahme einer In-vitro-Fertilisation durchgeführt wird.

2.6.1.2. Hinsichtlich der Samenspende trifft zwar das Antragsargument zu, daß durch sie für den Fall ihres Erfolges insoweit keine "ungewöhnliche Beziehung" hergestellt wird, als die Zahl jener Fälle, in denen die Mutter aus anderen Gründen nicht mit dem biologischen Vater ihres Kindes zusammenlebt, notorisch nicht gering ist. Dennoch läßt sich aus der Zulässigkeit der Samenspende bei Insemination für die Antragstellerinnen nichts gewinnen: Abgesehen davon, daß deren Verbot - wie die Gesetzesmaterialien aufzeigen - auf Hindernisse hinsichtlich seiner Effektivität stoßen und daher aus verfassungsrechtlicher Sicht Fragen hinsichtlich seiner Eignung aufwerfen würde, übersehen die Antragsstellerinnen vor allem, daß ein Zusammentreffen heterologer Methoden mit einer In-vitro-Fertilisation eine Akkumulierung der erwähnten Gefahren beider Methoden ergäbe. Eine schematische Gleichbehandlung der Drittsamenspende bei Insemination und bei In-vitro-Fertilisation ist daher aus mehreren Gründen unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht geboten.

2.6.2. Dem in den Anträgen angestellten Vergleich mit der Adoption steht wieder entgegen, daß durch diese keine ungewöhnlichen biologischen, sondern bloß rechtliche Verhältnisse hergestellt werden, die jenen gleichen, wie sie zwischen biologisch verwandten Eltern und Kindern bestehen. Diese rechtlichen Verhältnisse knüpfen ihrerseits an faktische soziale Verhältnisse an, die sich schon vor der Adoption eingestellt haben, und entweder der Eltern-Kind-Beziehung gleichkommen oder die Herstellung einer solchen Beziehung erwarten lassen (§180a ABGB). Auch sie dürfen aber zulässigerweise nur hergestellt werden, wenn sie dem Wohl eines nicht eigenberechtigten Wahlkindes entsprechen.

2.6.3. Anders als im Antrag in der Art eines argumentum ad absurdum (und ebenso in Teilen der Literatur u.a. von U.E. Binder, aaO, 78 und 138 f. und Coester-Waltjen, Die künstliche Befruchtung beim Menschen, Zulässigkeit und zivilrechtliche Folgen, GA für den 56. DJT, 1986, D.I., B 45 f.) gegen die Berücksichtigung des Kindeswohls eingewendet wird, schützt das Verbot der Eizellspende (oder eine andere Beschränkung der medizinisch unterstützten Fortpflanzung, wie zu ergänzen wäre) keineswegs das "Kind vor seiner eigenen Existenz", da es vor der Befruchtung einer bestimmten Eizelle mit einer bestimmten Samenzelle schlechthin an einem Individuum, das denkmöglich "vor seiner Existenz geschützt" oder dem ein wie immer geartetes "Interesse" an seiner Existenz zugerechnet werden könnte, fehlt.

Weder der damit letztlich angesprochene Gesichtspunkt, daß "jedes menschliche Leben grundsätzlich als Wert zu verstehen ist" (so Coester-Waltjen, aaO, B 46), noch die mit einer Freigabe der Eizellspende (oder anderer heterologer Methoden) eintretenden, allenfalls bevölkerungspolitisch erwünschten Effekte auf die Geburtenrate berühren die individuelle Grundrechtssphäre des Art 8 EMRK; sie sind daher nicht geeignet, gegen aus Gründen des Wohles des künftigen Kindes vorgesehene gesetzliche Beschränkungen der hier vorliegenden Art mit Erfolg ins Treffen geführt zu werden.

2.6.4. Der von der Zweitantragstellerin gegen das Verbot der Eizellspende schließlich ins Treffen geführte Vergleich der Spende einer (jederzeit reproduzierbaren) Eizelle mit der Transplantation von (nicht reproduzierbaren) Organen geht schon deshalb fehl, weil letztere in aller Regel nur zur Abwendung einer Gefahr für das Leben eines Menschen, zur Lebensverlängerung oder (als Alternative zu belastenden Therapien) zum Zwecke der Führung eines menschenwürdigen Lebens dient. Die Erfüllung eines Kindeswunsches - mag dieser auch für die betroffenen Männer und Frauen von großer Bedeutung sein - ist damit insoweit von vornherein nicht vergleichbar.

2.7. Die angegriffenen Regelungen verstoßen daher auch nicht gegen den Gleichheitssatz.

3. Da sich ergeben hat, daß die Verbote der künstlichen Fortpflanzung mittels In-vitro-Fertilisation bei Samenspende Dritter sowie der Eizellspende vom Gesetzesvorbehalt des Art 8 Abs 2 EMRK gedeckt sind, liegt auch kein Verstoß gegen Art 12 EMRK vor (s. dazu EKMR im Fall Graf-Zwahlen, EuGRZ 1978, 519, wonach ein Eingriff in das Familienleben iSd Art 8 Abs 1 EMRK, der nach Art 8 Abs 2 gerechtfertigt ist, nicht zugleich eine Verletzung des Art 12 EMRK darstellen kann, sowie

VfSlg. 8691/1979, wonach ein Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben, der zugleich einen Eingriff in das Recht auf Familiengründung iSd Art 12 EMRK darstellt, und iSd Art 8 Abs 2 EMRK gerechtfertigt ist, Art 12 EMRK nicht verletzt), sodaß der Bezug zu Art 12 EMRK nicht gesondert untersucht zu werden braucht.

4. Die angefochtenen Bestimmungen des § 3 FMedG sind daher nicht verfassungswidrig, weshalb die Anträge, soweit sie sich als zulässig erwiesen haben, abzuweisen sind.