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VfGH vom 02.03.2020, E4050/2019

VfGH vom 02.03.2020, E4050/2019

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Berichtigung des portugiesischen Namensbestandteils "Nobre de" wegen Verwendung untersagter Adelszeichen; Erforderlichkeit der Prüfung des historischen Adelsbezugs oder der ausländischen Standesbezeichnung im Hinblick auf den Eindruck bestehender Vorrechte auf Grund der Geburt oder des Standes bei ausländischen Namensbestandteilen

Spruch

I.Die Beschwerdeführerin ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II.Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die Beschwerdeführerin wurde am als österreichische Staatsbürgerin geboren. Nach der Eheschließung im Jahr 1973 mit dem aus Portugal stammenden **** **** Nobre de *******, der seit 1964 österreichischer Staatsbürger ist, wurde im Ehebuch des Standesamtsverbandes Salzburg der gemeinsame Familienname Nobre de ******* eingetragen.

Mit Bescheid vom berichtigte der Obmann des Standesamtsverbandes Salzburg den im Ehebuch des Standesamtsverbandes Salzburg bzw den im Zentralen Personenstandsregister (ZPR) gemäß "§§42 und 20 Personenstandsgesetz 2013 (PStG 2013), i.d.F. BGBl I Nr 56/2018, i.V.m. § 9 und 13 IPR-Gesetz i.d.F. BGBl I Nr 58/2018, i.V.m. § 1 des Gesetzes vom über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden, StGBl. Nr 211/1919 i.d.g.F. [im Folgenden: AdelsaufhebungsG], i.V.m. § 2 Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Inneres und Unterricht und Des Staatsamtes für Justiz, im Einvernehmen mit den beteiligten Staatsämtern vom , über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden, StGBI. Nr 237/1919 i.d.g.F. [im Folgenden: Vollzugsanweisung]", eingetragenen Familiennamen der Beschwerdeführerin "Nobre de *******" auf den Familiennamen "*******".

2.Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg mit Erkenntnis vom als unbegründet ab. Bei dem umstrittenen Namensbestandteil "Nobre de" handle es sich um eine für österreichische Staatsbürger unzulässige Adelsbezeichnung. Es komme nicht darauf an, ob der konkrete Name tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweise. Da das durch § 2 Z 1 der Vollzugsanweisung als Namensbestandteil verbotene Wort "von" grundsätzlich geeignet sei, den Anschein einer adeligen Herkunft und damit entsprechender Vorrechte hervorzurufen, auch wenn es sich um kein Adelsprädikat, sondern um eine Herkunftsbezeichnung handle, müsse auch bei ausländischen Namensteilen bzw Präpositionen geprüft werden, ob der fragliche Name geeignet sei, in den Beziehungen der Menschen untereinander das Bestehen von Vorrechten der Geburt oder des Standes zum Ausdruck zu bringen. Dies treffe auch auf den Namen "Nobre de *******" zu, der laienhaft mit die "Edle von *******" oder die "Noble von *******" übersetzt werden könne, da er den Anschein erwecke, seine Trägerin besitze Vorrechte der Geburt bzw des Standes. Ob der Name tatsächlich von einer adeligen Herkunft abstamme, sei nicht relevant.

3.Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art 7 B-VG und auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 EMRK und Art 7 GRC, sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird:

Bei dem Namen "*******" handle es sich, wie die Konsularabteilung der Portugiesischen Botschaft mit Schreiben vom erklärt habe, im Gegensatz zu einer im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg vorgelegten, nicht bindenden Mitteilung des Bundesministers für Inneres vom um keinen portugiesischen Adelstitel. Zudem würde der vom Landesverwaltungsgericht Salzburg angenommene Anschein einer adeligen Herkunft zu weit verstanden werden. Auf diesen Anschein könne es dann nicht ankommen, wenn die konkreten historischen Fakten gegen eine adelige Herkunft sprechen würden. Der Name "Nobre de *******" sei ein zufälliges Aufeinandertreffen dreier Wörter. Zudem sei es nicht verständlich, warum der Ausdruck "Nobre de" im Namen der Beschwerdeführerin gestrichen werden solle, da dieser den adeligen Eindruck vermitteln würde, obwohl "*******" angeblich ein Adelsname sei.

Die erfolgte Namensberichtigung würde einen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 EMRK darstellen. Selbst für den Fall, dass "Nobre de *******" tatsächlich mit dem Adelsaufhebungsgesetz unvereinbar wäre, sei nur das Wort "de" zu streichen, da damit ein geringerer Eingriff in das Namensrecht der Beschwerdeführerin verbunden wäre.

4.Der Obmann des Standesamtsverbandes Salzburg und das Landesverwaltungsgericht Salzburg haben die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.

II. Rechtslage

5.Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Regelung des Personenstandswesens (Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013), BGBl I 16/2013 idF BGBl I 104/2018, lauten auszugsweise:

"1. HAUPTSTÜCK

ALLGEMEINER TEIL

1. Abschnitt

Allgemeines

Personenstand und Personenstandsfall

§1. (1) Personenstand im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die sich aus den Merkmalen des Familienrechts ergebende Stellung einer Person innerhalb der Rechtsordnung einschließlich ihres Namens.

(2) Personenstandsfälle sind Geburt, Eheschließung, Begründung einer eingetragenen Partnerschaft und Tod.

[…]

3. HAUPTSTÜCK

EINTRAGUNG DES PERSONENSTANDSFALLES UND PERSONENSTANDSREGISTER

1. Abschnitt

Eintragung des Personenstandsfalles

[…]

Berichtigung

§42. (1) Eine Eintragung ist zu berichtigen, wenn sie bereits zur Zeit der Eintragung unrichtig gewesen ist.

(2) Die Berichtigung erfolgt durch jene Personenstandsbehörde, die die unrichtige Eintragung vorgenommen hat.

(3) Die Berichtigung kann unter Wahrung des rechtlichen Gehörs auf Antrag oder von Amts wegen vorgenommen werden.

(4) Offenkundige Schreibfehler kann jede Personenstandsbehörde auch ohne Einbindung des Betroffenen berichtigen.

(5) Jedwede Berichtigung ist dem Betroffenen mitzuteilen."

6.Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden, StGBl. 211/1919 idF BGBl I 2/2008, lauten:

"§1. Der Adel, seine äußeren Ehrenvorzüge sowie bloß zur Auszeichnung verliehene, mit einer amtlichen Stellung, dem Beruf oder einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung nicht im Zusammenhange stehenden Titel und Würden und die damit verbundenen Ehrenvorzüge österreichischer Staatsbürger

werden aufgehoben.

§2. Die Führung dieser Adelsbezeichnungen, Titel und Würden ist untersagt. Übertretungen werden von den politischen Behörden mit Geld bis zu 20.000 K oder Arrest bis zu sechs Monaten bestraft.

[…]

§4. Die Entscheidung darüber, welche Titel und Würden nach § 1 als aufgehoben

anzusehen sind, steht dem Staatssekretär für Inneres und Unterricht zu.

§5. Die in Österreich bestehenden weltlichen Ritter- und Damenorden werden aufgehoben."

3. Die maßgeblichen Bestimmungen der Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Inneres und Unterricht und des Staatsamtes für Justiz, im Einvernehmen mit den beteiligten Staatsämtern vom , über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden, StGBl. 237/1919 idF StGBl. 484/1919, lauten:

"§1. Die Aufhebung des Adels, seiner äußeren Ehrenvorzüge, weiters der bloß zur Auszeichnung verliehenen, mit einer amtlichen Stellung, dem Berufe oder einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung nicht im Zusammenhange stehenden Titel und Würden und der damit verbundenen Ehrenvorzüge trifft alle österreichischen Staatsbürger, und zwar, gleichviel, ob es sich um im Inlande erworbene, oder um ausländische Vorzüge handelt.

§2. Durch § 1 des Gesetzes vom , St. G. Bl. Nr 211, sind aufgehoben:

1. das Recht zur Führung des Adelszeichens 'von';

2. das Recht zur Führung von Prädikaten, zu welchen neben den zugestandenen die Familien unterscheidenden Adelsprädikaten im engeren Sinne auch das Ehrenwort Edler sowie die Prädikate Erlaucht, Durchlaucht und Hoheit gezählt wurden;

3. das Recht zur Führung hergebrachter Wappennamen und adeliger Beinamen;

4. das Recht zur Führung der adeligen Standesbezeichnungen, wie z. B. Ritter, Freiherr, Graf und Fürst, dann des Würdetitels Herzog, sowie anderer einschlägiger in- und ausländischer Standesbezeichnungen;

5. das Recht zur Führung von Familienwappen, insbesondere auch der fälschlich 'bürgerlich' genannten Wappen, sowie das Recht zur Führung gewisser ausländischer, an sich nicht immer mit einem Adelsvorzuge verbundener Titel, wie z. B. Conte, Conta Palatino, Marchese, Marchio Romanus, Comes Romanus, Baro Romanus ec., selbst wenn es nichtadeligen Familien zukam."

4. Die § 9 und 13 des Bundesgesetzes vom über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz), BGBl 304/1978 (in dieser Fassung geltend), lauten:

"Personalstatut einer natürlichen Person

§9. (1) Das Personalstatut einer natürlichen Person ist das Recht des Staates, dem die Person angehört. Hat eine Person neben einer fremden Staatsangehörigkeit auch die österreichische Staatsbürgerschaft, so ist diese maßgebend. Für andere Mehrstaater ist die Staatsangehörigkeit des Staates maßgebend, zu dem die stärkste Beziehung besteht.

(2) […]

Name

§13. (1) Die Führung des Namens einer Person ist nach deren jeweiligem Personalstatut zu beurteilen, auf welchem Grund auch immer der Namenserwerb beruht.

(2) Der Schutz des Namens ist nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Verletzungshandlung gesetzt wird."

III. Erwägungen

Die – zulässige – Beschwerde ist begründet:

7.Gemäß § 1 des im Verfassungsrang stehenden und den Gleichheitsgrundsatz des Art 7 Abs 1 B-VG diesbezüglich ausführenden Adelsaufhebungsgesetzes wird "[d]er Adel […] österreichischer Staatsbürger […] aufgehoben". § 1 der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vollzugsanweisung präzisiert diese Bestimmung dahingehend, dass die Aufhebung des Adels alle österreichischen Staatsbürger, "und zwar, gleichviel, ob es sich um im Inlande erworbene, oder um ausländische Vorzüge handelt", trifft.

Näherhin bestimmt diese – im Verordnungsrang stehende (siehe ) – Vollzugsanweisung in ihrem § 2, dass durch § 1 AdelsaufhebungsG unter anderem das Recht zur Führung des Adelszeichens "von" (§2 Z 1 Vollzugsanweisung) und "das Recht zur Führung von Prädikaten, zu welchen neben den zugestandenen die Familien unterscheidenden Adelsprädikaten im engeren Sinne auch das Ehrenwort Edler […]" gehören (§2 Z 2 Vollzugsanweisung), aufgehoben wird. Gemäß § 2 Z 4 der Vollzugsanweisung ist durch § 1 AdelsaufhebungsG "das Recht zur Führung der adeligen Standesbezeichnungen […] sowie anderer einschlägiger in- und ausländischer Standesbezeichnungen" ebenso aufgehoben wie gemäß deren § 2 Z 5 "das Recht zur Führung gewisser ausländischer, an sich nicht immer mit einem Adelsvorzuge verbundener Titel, […] selbst wenn es nichtadeligen Familien zukam".

8.In VfSlg 17.060/2003 hat der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die besondere Funktion des Adelsaufhebungsgesetzes zur Herstellung demokratischer Gleichheit (vgl Kolonovits, in: Korinek/Holoubek et al [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 5. Lfg., 2002, Vorbemerkungen zum AdelsaufhG, Rz 8) festgehalten, dass österreichische Staatsbürger nach diesem Verfassungsgesetz allgemein nicht berechtigt sind, Adelstitel ausländischen Ursprungs zu führen.

In VfSlg 19.891/2014 hat der Verfassungsgerichtshof an dieser Auffassung explizit festgehalten und ausgeführt, dass es die aus seinem historischen Entstehungszusammenhang begründete Zielsetzung des Adelsaufhebungsgesetzes ist, die in Art 7 Abs 1 Satz 2 B-VG festgeschriebene Grundaussage der Verfassung der demokratischen Republik Österreich, dass für alle Staatsbürger Vorrechte der Geburt oder des Standes ausgeschlossen sind, dahingehend zu konkretisieren, dass der Adel und seine äußeren Ehrenvorzüge für österreichische Staatsbürger ausnahmslos aufgehoben werden (§1 AdelsaufhebungsG). Kein österreichischer Staatsbürger soll also einen Namen (Namensbestandteil oder -zusatz) führen oder erwerben können, der im Sinne des Adelsaufhebungsgesetzes Adelsbezeichnungen enthält und somit den Eindruck erwecken könnte, für seinen Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes.

Das Adelsaufhebungsgesetz schließt nach dieser Rechtsprechung also für österreichische Staatsbürger den Erwerb von Namensbestandteilen oder -zusätzen aus, die im Sinne des Adelsaufhebungsgesetzes und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung Adelsbezeichnungen darstellen. Der Zusatz "von" stellt ein solches als Namensbestandteil unzulässiges Adelszeichen dar.

In VfSlg 20.234/2017 hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass im Hinblick auf die besondere Zielsetzung des Adelsaufhebungsgesetzes zur Herstellung demokratischer Gleichheit durch Abschaffung des Adels und auch seiner "äußeren Ehrenvorzüge" (§1 AdelsaufhebungsG) diese Verfassungsbestimmung und in der Folge in entsprechender Interpretation § 2 Z 1 der Vollzugsanweisung dahingehend zu verstehen sind, dass ein Verbot, das Wort "von" als Namensbestandteil zu führen, nicht nur für jene Familiennamen besteht, die tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweisen. Die aus dem historischen Entstehungszusammenhang begründete Zielsetzung des Adelsaufhebungsgesetzes geht nämlich in Konkretisierung der in Art 7 Abs 1 Satz 2 B-VG festgeschriebenen Grundaussage der Verfassung der demokratischen Republik Österreich, dass für alle Staatsbürger Vorrechte der Geburt oder des Standes ausgeschlossen sind, auch dahin, einen Namen (Namensbestandteil oder -zusatz) zu verbieten, der den Eindruck erwecken könnte, für seinen Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes (siehe auch VfSlg 19.891/2014).

Bei dieser Beurteilung kommt es darauf an, ob der in Rede stehende Name (Namensbestandteil oder -zusatz) geeignet ist, in den Beziehungen der Menschen untereinander das Bestehen solcher Vorrechte zum Ausdruck zu bringen, wobei die objektive Wahrnehmung derjenigen, die das Diskriminierungsverbot des Art 7 Abs 1 Satz 2 B-VG vor einer Ungleichbehandlung auf Grund von Vorrechten der Geburt oder des Standes schützen will, maßgeblich ist (vgl auch , Bogendorff von Wolffersdorff, Rz 79: "[…] Adelsbezeichnungen oder -bestandteile, die glauben machen könnten, dass der Träger des Namens einen entsprechenden Rang inne habe […]"). In diesem Sinn ist das durch § 2 Z 1 der Vollzugsanweisung als Namensbestandteil verbotene Wort "von" grundsätzlich geeignet, den Anschein einer adeligen Herkunft und damit entsprechender Vorrechte hervorzurufen, ohne dass es darauf ankommt, ob die konkrete Namens- oder Familiengeschichte tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweist (VfSlg 20.234/2017).

3. Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass das Adelsaufhebungsgesetz in Verbindung mit der Vollzugsanweisung österreichischen Staatsbürgern zunächst ausnahmslos untersagt, Namensbestandteile oder -zusätze zu führen, die Adelsbezeichnungen darstellen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um inländische oder ausländische Adelsbezeichnungen handelt.

Durch das Adelsaufhebungsgesetz sind österreichischen Staatsbürgern des Weiteren auch solche Namensbestandteile oder -zusätze untersagt, die von einer objektiven Wahrnehmung der Staatsbürger (Art7 Abs 1 B-VG) ausgehend geeignet sind, in den Beziehungen der Menschen untereinander das Bestehen solcher Vorrechte zum Ausdruck zu bringen. Das Wort "von" als Namensbestandteil ist nach dieser Rechtsprechung grundsätzlich geeignet, den Anschein einer adeligen Herkunft hervorzurufen.

4. Im vorliegenden Fall hat der Verfassungsgerichtshof zu beurteilen, ob das Landesverwaltungsgericht Salzburg zu Recht davon ausgegangen ist, dass § 1 des in Verfassungsrang stehenden Adelsaufhebungsgesetzes iVm der Vollzugsanweisung der Beschwerdeführerin deswegen untersagt, den Namensbestandteil "Nobre de" zu führen, weil dieser Namensbestandteil übersetzt als "Edle von" den Eindruck erwecken könnte, es handle sich um eine Adelsbezeichnung, sodass für seine Trägerin Vorrechte der Geburt oder des Standes bestünden.

4.1. Dass auch Adelsbezeichnungen ausländischen Ursprungs durch § 1 AdelsaufhebungsG österreichischen Staatsbürgern untersagt sind, wenn sie den Eindruck erwecken, für ihren Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Vollzugsanweisung in Konkretisierung des Adelsaufhebungsgesetzes in § 1 inländische und ausländische Adelsbezeichnungen gleichermaßen untersagt und in § 2 Z 5 ausdrücklich darauf abstellt, dass gewisse ausländische Titel den Eindruck entsprechender Adelsvorzüge erwecken können und daher untersagt sind, auch wenn sie tatsächlich nicht mit einem Adelsvorzug verbunden sind. Der Zweck dieser Regelungen der Vollzugsanweisung liegt auch darin sicherzustellen, dass sich Angehörige des Adels auch in der Namensführung nicht mehr von den übrigen Staatsbürgern unterscheiden. "Das sollte nicht nur für Adelsbezeichnungen im strengen Wortsinn, sondern auch für Bezeichnungen gelten, die den Anschein einer Zugehörigkeit zu einem bevorzugten Stand erwecken. Dies wird aus § 2 Z 5 der Vollzugsanweisung deutlich, wonach auch 'das Recht zur Führung gewisser ausländischer, an sich nicht immer mit dem Adelsvorzuge verbundener Titel […] selbst wenn es nichtadeligen Familien zukam' als aufgehoben festgestellt wurde" (Zeyringer, Adelsbezeichnungen und Personenstandsrecht, ÖSTA 1980, 3 [4 f.]).

Dabei ist auch von Bedeutung, dass die Vollzugsanweisung in § 2 Z 4 und 5 entsprechende ausländische Standesbezeichnungen oder Titel, die den Eindruck eines Adelsvorzugs erwecken können, bloß demonstrativ aufzählt und damit zu erkennen gibt, dass für die Frage, wann eine ausländische Standesbezeichnung oder ein ausländischer Titel den Eindruck entsprechender Adelsvorzüge erwecken können, im Hinblick auf die Vielzahl möglicher ausländischer Standesbezeichnungen und Adelstitel auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen ist.

Dies gilt, wie aus den in § 2 Z 4 und 5 der Vollzugsanweisung genannten Beispielen hervorgeht, für ausländische Namensbestandteile, die als solche Standesbezeichnungen bzw verpönte Titel transportieren (so kommt es nach § 2 Z 4 auf adelige Standesbezeichnungen wie zB Ritter, Freiherr, Graf oder Fürst und diesen vergleichbare ausländische Standesbezeichnungen an und hat § 2 Z 5 ausländische Titel wie beispielsweise Conte oder Marchese vor Augen).

Nach § 2 Z 1 und 2 der Vollzugsanweisung sind nun durch § 1 AdelsaufhebungsG das Adelszeichen "von" sowie Adelsprädikate im engeren und im weiteren Sinn, insbesondere auch das Ehrenwort "Edler", aufgehoben, ohne dass die Vollzugsanweisung ausdrücklich auch vergleichbare ausländische Bezeichnungen mit einbezieht. Damit soll offensichtlich dem Umstand Rechnung getragen werden, dass insbesondere dem Adelszeichen "von" im deutschsprachigen Kontext in Österreich eine besondere, unmittelbar mit Vorrechten der Geburt oder des Standes verbundene Bedeutung zukommt, die mit von der Übersetzung her ähnlichen ausländischen Namensbestandteilen oder -zusätzen – wie sie beispielsweise Namenszusätze wie "de" oder "van" darstellen – typischerweise nicht verbunden werden. Solche, den genannten deutschsprachigen Namensbestandteilen und -zusätzen gemäß § 2 Z 1 und 2 der Vollzugsanweisung von der Übersetzung her ähnliche ausländische Namensbestandteile oder -zusätze sind daher durch § 1 AdelsaufhebungsG iVm § 1 der Vollzugsanweisung dann untersagt, wenn sie tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweisen (VfSlg 20.234/2017). Denn gemäß § 1 der Vollzugsanweisung trifft die Aufhebung den Adel und seine äußeren Ehrenvorzüge und damit entsprechende Namensbestandteile und -zusätze, gleichviel, ob es sich um im Inland erworbene, oder um ausländische Vorzüge handelt.

4.2. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg geht davon aus, dass der im Hinblick auf die Beschwerdeführerin strittige Namensbestandteil "Nobre de" mit "Edle von" zu übersetzen sei und insofern den Eindruck einer durch § 1 AdelsaufhebungsG untersagten Adelsbezeichnung erwecke. Damit stellt das Landesverwaltungsgericht Salzburg bei seiner Beurteilung maßgeblich auf die deutsche Übersetzung dieses Namensbestandteils ab, was schon deswegen unzulässig ist, weil es im maßgeblichen Kontext (siehe VfSlg 20.234/2017) für die Beurteilung, ob ein ausländischer Namensbestandteil in Österreich den Eindruck erwecken könnte, für seinen Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes, auf die ausländische, also die fremdsprachige Bezeichnung und nicht die deutschsprachige Übersetzung ankommt.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg verkennt aber insbesondere, dass dem Adelszeichen "von" und dem Ehrenwort "Edler" von der Übersetzung her ähnliche ausländische Namensbestandteile nur dann gemäß § 1 AdelsaufhebungsG iVm § 1 der Vollzugsanweisung untersagt sind, wenn sie entweder tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweisen oder wenn "Nobre de" oder auch "de *******" eine ausländische Standesbezeichnung oder einen ausländischen Titel darstellt, der ebenso einschlägig wie die in § 2 Z 4 und 5 der Vollzugsanweisung genannten ist, und damit objektiv (also ohne dass es auf einen tatsächlichen historischen Adelsbezug ankäme) für österreichische Staatsbürger den Eindruck bestehender Vorrechte der Geburt oder des Standes erwecken kann. Ob eine dieser beiden Voraussetzungen für die strittigen Namensbestandteile der Beschwerdeführerin vorliegt, wird das Landesverwaltungsgericht Salzburg im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben.

5. Indem das Landesverwaltungsgericht Salzburg bei seiner Begründung der angefochtenen Entscheidung die oben dargelegten Vorgaben des § 1 AdelsaufhebungsG iVm der Vollzugsanweisung verkannt hat, hat es die Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.

IV. Ergebnis

1. Die Beschwerdeführerin ist somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2020:E4050.2019
Schlagworte:
Adel, Namensrecht, Personenstandswesen

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