VfGH vom 03.03.2015, E1521/2014

VfGH vom 03.03.2015, E1521/2014

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte" für Fachkräfte in Mangelberufen mangels Berücksichtigung betriebsbedingter Lohnschwankungen und infolge Unterlassung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens hinsichtlich des geforderten Mindestentgelts

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs 1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreter die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer, ein Bodenleger mit der Staatsangehörigkeit Bosniens und Herzegowinas, ist in einem Gewerbebetrieb in Wolfsberg beschäftigt. Im Zeitraum von Juni 2013 bis April 2014 wurde er wie folgt entlohnt:

" Juni 2013: € 2.291,– brutto (Grundlohn, Überstunden)

Juli 2013: € 2.488,20 brutto (Grundlohn, Überstunden)

August 2013: € 2.813,– brutto (Grundlohn, Feiertagsentgelt und € 603,20 als Auslöse)

September 2013: € 2.488,20 brutto (Grundlohn, Überstunden, Urlaubsentgelt und € 394,40 als Auslöse)

Oktober 2013: € 2.888,40 brutto (Grundlohn, Überstunden und € 435,– als Auslöse)

November 2013: € 3.527,22 brutto (Grundlohn, Feiertagsentgelt, Überstunden, Weihnachtsremuneration und € 295,80 als Kostenersatz Öffi)

Dezember 2013: € 3.130,43 brutto (Grundlohn, Urlaubsentgelt, Feiertagsentgelt, Überstunden, Urlaubszuschuss und € 295,80 als Kostenersatz Öffi)

Jänner 2014: € 2.546,20 brutto (Grundlohn, Urlaubsentgelt, Feiertagsentgelt, Überstunden und € 295,80 als Kostenersatz Öffi)

Februar 2014: € 2.366,40 brutto (Grundlohn, Überstunden und € 382,80 als Kostenersatz Öffi)

März 2014: € 2.424,40 brutto (Grundlohn, Urlaubsentgelt, Überstunden und € 365,40 als Kostenersatz Öffi)

April 2014: € 3.404,60 brutto (Grundlohn, Feiertagsentgelt, Überstunden und € 452,40 als Kostenersatz Öffi)" (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

Zusätzlich erhielt er in den Monaten Mai und Juni 2014 folgende Nachzahlungen:

" Mai 2014: € 346,60 brutto (für Juni, Juli, September 2013)

Juni 2014: € 290, brutto (für Februar und März 2014)." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

2. Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle Wolfsberg des Arbeitsmarktservice vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte Plus gemäß den §§20e Abs 1 Z 2 und Abs 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz (in der Folge: AuslBG) abgewiesen.

3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom wurde der Bescheid der regionalen Geschäftsstelle Wolfsberg des Arbeitsmarktservice vom bestätigt und die Beschwerde gemäß §§20e Abs 1 Z 2 und Abs 3 AuslBG als unbegründet abgewiesen.

Dem Beschwerdeführer sei eine Rot-Weiß-Rot-Karte (Fachkraft im Mangelberuf) von bis für eine unselbständige Tätigkeit als Bodenleger mit einer Bruttoentlohnung von € 2.538,– erteilt worden. Die Überprüfung der Lohnkontoblätter hätte ergeben, dass der Beschwerdeführer gemäß dem Kollektivvertrag im Mangelberuf Bodenleger gemäß § 12a Z 3 AuslBG bezahlt, der der Bewilligung zugrunde liegende Bruttolohn von € 2.538,– jedoch nicht durchgehend ausbezahlt worden sei. Die ausbezahlten Löhne würden zwischen € 2.291,– und 3.527,– schwanken. Laut Arbeitgebererklärung wäre dieser bereit gewesen, einen Lohn von € 2.538,– zu bezahlen. Dieser Bruttobetrag sei in der gesamten Periode (elf Abrechnungsblätter) nur fünf Mal bezahlt worden und dies auch nur auf Grund der jeweils ausbezahlten Urlaubsentgelte, Urlaubszuschüsse, Feiertagsentgelte, Überstundenentlohnungen, Kostenersatz für öffentliche Verkehrsmittel und Weihnachtsremunerationen. Es könne daher nicht bestätigt werden, dass der Beschwerdeführer als Inhaber einer Rot-Weiß-Rot-Karte innerhalb der letzten zwölf Monate zehn Monate unter den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen beschäftigt gewesen wäre.

Der Begriff des Entgelts sei nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen; das, was der Dienstnehmer für seine Leistung als Gegenleistung bekomme, falle unter den Begriff. Aufwandsentschädigungen hätten jedoch keinen Lohncharakter, weshalb die vom Dienstgeber ausgewiesenen Punkte "Kostenersatz Öffi" und "Auslösen" weder zum Entgelt noch zur Bruttoentlohnung zählen würden. Die maßgebliche Höhe der Bruttoentlohnung habe daher nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht erreicht werden können, weshalb sich eine Bewertung der übrigen Ansätze erübrige.

4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI BVG zur Durchführung des internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Der Beschwerdeführer behauptet ein willkürliches Verhalten der Behörde infolge einer gehäuften und maßgeblichen Verkennung der Rechtslage, welches ihn im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletze. Die Behörde verkenne insbesondere, dass der Dienstgeber stets den kollektivvertraglich festgesetzten Stundenlohn von € 11,60 bezahlt habe und auch sonst alle Zulassungsvoraussetzungen erfüllt seien. Zudem habe die Behörde eine Ermittlungstätigkeit hinsichtlich des Vorbringens des Dienstgebers unterlassen, wonach wirtschaftliche Gründe für die Lohnschwankungen vorlägen. Mit ihrer Rechtsansicht unterstelle die Behörde den angewendeten gesetzlichen Bestimmungen einen verfassungswidrigen Inhalt, da der Beschwerdeführer, um den Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot-Karte Plus zu erlangen, bei kürzeren Arbeitsmonaten mehr Arbeitsleistung erbringen müsste als Kollegen mit gleicher beruflicher Qualifikation. Hierin liege eine unsachliche Benachteiligung gegenüber gleich qualifizierten Drittstaatsangehörigen.

Hinzu komme, dass dem Dienstgeber eine unzumutbare Belastung aufgebürdet werde, da dieser Arbeitsressourcen lukrieren müsste, um den Dienstnehmer – in diesem Fall den Beschwerdeführer – weiterbeschäftigen zu können, was ihm aus wirtschaftlichen Gründen aber nicht möglich sei.

Außerdem habe die Behörde bloß zu prüfen, ob der Beschwerdeführer in den letzten zwölf Monaten zehn Monate lang das Mindestentgelt laut Kollektivvertrag erhalten bzw. ob der Dienstgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften zehn Monate lang innerhalb der letzten zwölf Monate eingehalten habe und die maßgeblichen Voraussetzungen für die Erteilung der Rot-Weiß-Rot-Karte Plus somit erfüllt worden seien. Eine Bindung des Dienstgebers an den in der Arbeitgebererklärung angegebenen Bruttolohn ergebe sich aber weder aus dem Sinn der Gesetzesbestimmung noch aus dem Wortlaut des Gesetzes.

5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichtsakten, die regionale Geschäftsstelle Wolfsberg des Arbeitsmarktservice die Verwaltungsakten vorgelegt. Beide sahen von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. § 41a des Bundesgesetzes über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG), BGBl I 100/2005 idF BGBl I 68/2013, lautet wie folgt:

"Aufenthaltstitel 'Rot-Weiß-Rot – Karte plus'

§41a. (1) Drittstaatsangehörigen kann in einem Verfahren gemäß § 24 Abs 4 ein Aufenthaltstitel 'Rot-Weiß-Rot – Karte plus' erteilt werden, wenn

1. sie bereits zwölf Monate einen Aufenthaltstitel gemäß § 41 Abs 1 oder 2 besitzen,

2. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

3. eine Mitteilung gemäß § 20e Abs 1 Z 2 AuslBG vorliegt.

(2)-(11) […]"

2. Die relevanten Bestimmungen des Bundesgesetzes vom , mit dem die Beschäftigung von Ausländern geregelt wird (Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG), BGBl 218 idF BGBl I 72/2013, lauten wie folgt:

"Beschäftigungsbewilligung

Voraussetzungen

§4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und

1. […]

2. die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,

3. keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate,

4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,

5. der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt hat,

6. die Vereinbarung über die beabsichtigte Beschäftigung (§2 Abs 2) nicht aufgrund einer gemäß dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl Nr 31/1969, unerlaubten Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies wusste oder hätte wissen müssen,

7. der Arbeitgeber den Ausländer auf einem Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des § 6 Abs 2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt,

8. die Erklärung über die Verständigung des Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten Einstellung des Ausländers vorliegt und

9. der Arbeitgeber nicht hinsichtlich des antragsgegenständlichen oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes innerhalb von sechs Monaten vor oder im Zuge der Antragstellung

a) einen Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, gekündigt hat oder

b) die Einstellung eines für den konkreten Arbeitsplatz geeigneten Arbeitnehmers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, abgelehnt hat,

es sei denn, er macht glaubhaft, dass die Kündigung oder die Ablehnung der Einstellung nicht aufgrund des Alters des Arbeitnehmers erfolgt ist.

(2)-(7) […]

[…]

Fachkräfte in Mangelberufen

§12a. Ausländer werden in einem in der Fachkräfteverordnung (§13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie

1. eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,

2. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,

3. für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und

sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.

[…]

Rot-Weiß-Rot – Karte plus

§20e. (1) Vor Erteilung einer 'Rot-Weiß-Rot – Karte plus' (§§41a Abs 1, 2 und 7, 47 Abs 4, 56 Abs 3 NAG) hat die nach dem Wohnsitz des Ausländers, im Falle der Z 2 und 3 die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice der nach dem NAG zuständigen Behörde zu bestätigen, dass der Ausländer

1. die Voraussetzungen gemäß § 15 erfüllt oder

2. als Inhaber einer 'Rot-Weiß-Rot – Karte' innerhalb der letzten zwölf Monate zehn Monate unter den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen beschäftigt war oder

3. Inhaber einer 'Blauen Karte EU' innerhalb der letzten 24 Monate 21 Monate unter den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen beschäftigt war.

Im Falle der Z 1 ist vor der Bestätigung der Regionalbeirat anzuhören.

(2) […]

(3) Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die zuständige regionale Geschäftsstelle die Bestätigung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Ausländer zu übermitteln."

III. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

2. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Bosniens und Herzegowinas, macht eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI BVG zur Durchführung des internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung) geltend.

2.1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

2.2. Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

2.3. Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

3. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:

3.1. Das Bundesverwaltungsgericht kommt zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Zulassung als "Fachkraft in Mangelberufen" nach § 12a Z 3 AuslBG, wonach er das für die beabsichtigte Beschäftigung ihm nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten müsste, nicht erfülle, weil ein Bruttolohn von € 2.538,– in zehn Monaten innerhalb der letzten zwölf Monate vom Dienstgeber auszubezahlen gewesen sei. Die Beschwerde sei daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Weder aus dem Gesetz noch aus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses lässt sich ableiten, wie der Betrag von monatlich mindestens € 2.538,–, der als Voraussetzung für die Zulassung als "Fachkraft in Mangelberufen" nach § 12a Z 3 AuslBG angenommen wird, ermittelt wird, hat der Dienstgeber doch den Beschwerdebehauptungen zufolge trotz – über das Jahr gesehen – schwankender monatlicher Arbeitsstundenanzahl stets den kollektivvertraglich vorgesehenen Mindeststundenlohn von € 11,60 an den Beschwerdeführer ausbezahlt:

Aus § 12a Z 3 AuslBG geht nicht hervor, dass das "nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt" auf den Bruttomonatslohn abzielen und eine starre Grenze vorgeben würde, sodass monatliche und betriebsbedingte bzw. wirtschaftliche Lohnschwankungen nicht berücksichtigt werden können. Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ergibt sich vielmehr lediglich, dass neben der erforderlichen Mindestpunkteanzahl "ein der Ausbildung und jeweiligen Einstufung entsprechendes Entgelt, das vom Arbeitgeber vor der Einstellung zu gewährleisten ist", eine unabdingbare Zulassungsvoraussetzung darstelle (RV 1077 BlgNR 24. GP, 12). Aus den im Erkenntnis wiedergegebenen Teilen des anzuwendenden Kollektivvertrags lässt sich ebenso wenig ein Anhaltspunkt für die Begründung des vom Bundesverwaltungsgericht angenommenen Betrags gewinnen.

3.3. Mit seiner Rechtsansicht unterstellt das Bundesverwaltungsgericht den angewendeten gesetzlichen Bestimmungen einen verfassungswidrigen Inhalt, weil der Beschwerdeführer – will er den Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot-Karte Plus erlangen – in einem Betrieb mit zulässigerweise schwankendem Beschäftigungsausmaß der Arbeitnehmer wie dem, in dem er beschäftigt wird, in kürzeren Arbeitsmonaten mehr Arbeitsleistung erbringen müsste als Arbeitnehmer mit gleicher beruflicher Qualifikation und gleichmäßiger Lohnzahlung. Dies stellt eine Ungleichbehandlung gegenüber gleich qualifizierten Drittstaatsangehörigen dar, die sachlich nicht gerechtfertigt ist.

3.4. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverwaltungsgericht überdies nicht nur das Vorbringen des Dienstgebers, wonach betriebsbedingte Gründe für die Lohnschwankungen vorlägen, die zu berücksichtigen wären, gänzlich und damit in verfassungsrechtlich relevanter Weise unberücksichtigt gelassen, sondern insoweit auch die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens in einem entscheidenden Punkt, nämlich ob solche Gründe tatsächlich vorlagen und in welchem Ausmaß betriebsübliche Überzahlungen gewährt wurden, unterlassen.

3.5. Das Bundesverwaltungsgericht hat bei der Erlassung der Entscheidung Willkür geübt, weshalb diese wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander aufzuheben ist.

IV. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:E1521.2014