OGH vom 21.04.2010, 15Os5/10i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Romstorfer als Schriftführer in der Strafsache gegen Ciprian C***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Ciprian C***** und Ioan S***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom , GZ 8 Hv 15/09h 152, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur Mag. Michel, der Angeklagten Ciprian C***** und Ioan S***** und ihrer Verteidiger Mag. Kräutler und Dr. Vacarescu zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird dahin Folge gegeben, dass die Freiheitsstrafen bei Ciprian C***** auf vier Jahre und bei Ioan S***** auf viereinhalb Jahre herabgesetzt werden.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Laurentiu M***** und einen rechtskräftigen Freispruch des Eremia V***** enthaltenden - Urteil wurden Ciprian C***** und Ioan S***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I./) sowie Ciprian C***** (II./) und Ioan S***** (III./) jeweils der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter, dritter und fünfter Fall SMG, Ioan S***** als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie in Graz, Leibnitz und anderen Orten des österreichischen Bundesgebietes vorschriftswidrig
I./ Ciprian C***** und Ioan S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken auch mit Laurentiu M***** Suchtgift in einer das 25 fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 140.000 Stück Ecstasy Tabletten und 5.000 Gramm Kokain verdeckten Ermittlern der Sicherheitsbehörden angeboten, und zwar
1./ Ciprian C*****, indem er am 18. November, 21. November, 24. November und mit verdeckten Ermittlern der Sicherheitsbehörden verhandelte, die Lieferung der angeführten Suchtgifte in Aussicht stellte sowie die Details der Lieferung und die Preise vereinbarte,
2./ Ioan S*****, indem er am im Zuge der Verhandlungen mit verdeckten Ermittlern der Sicherheitsbehörden über die Lieferung der angeführten Suchtgifte den Preis für die Ecstasy Tabletten mit drei Euro pro Stück festsetzte und sich mit der Bezahlung des offenen Betrages aus dem Vertrauenskauf zum Zeitpunkt der Lieferung der angeführten Suchtgiftmengen einverstanden erklärte sowie am die Verhandlungen mit den verdeckten Ermittlern fortsetzte,
...
II./ Ciprian C***** Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge
1./ ein- und ausgeführt, indem er am 17. und 2.000 Stück Ecstasy Tabletten von Belgien kommend über Deutschland nach Österreich importierte,
2./ anderen überlassen, indem er am 2.000 Stück Ecstasy Tabletten zum Preis von 8.000 Euro an verdeckte Ermittler der Sicherheitsbehörden verkaufte,
III./ Ioan S***** zu den unter II./ angeführten Tathandlungen des Ciprian C***** beigetragen, indem er ihm das Geld für den Ankauf der später übergebenen Ecstasy Tabletten in Belgien zur Verfügung stellte, ihn mit seinem Pkw (zumindest teilweise) auf der Schmuggelfahrt begleitete und sich an den Verkaufsverhandlungen am in Leibnitz beteiligte.
Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Ciprian C***** und Ioan S*****, die des Erstangeklagten gestützt auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit a StPO, die des Zweitangeklagten auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO; beide Beschwerden schlagen fehl.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Ciprian C*****:
Die Verfahrensrüge (Z 4) scheitert mit der Kritik an der Abweisung des in der Hauptverhandlung vom gestellten Antrags (ON 148, S 31), „die Frage nach der Identität des (unter Wahrung seiner Anonymität vernommenen Polizeibeamten ‚VE 1’ als) Zeugen nicht zu erlassen, da die anonyme Aussage gemäß § 162 StPO nur bei Vorliegen einer konkreten Gefahr für zulässig erachtet wird“, schon daran, dass der Antrag nicht darlegte, aus welchen Gründen durch das Fehlen der Kenntnis des Namens des - dem Beschwerdeführer unstrittig bekannten - verdeckten Ermittlers konkret Verteidigungsrechte verletzt worden seien. Soweit (erstmals) in der Beschwerde behauptet wird, der Verteidigung wäre damit die Prüfung verwehrt worden, ob der Zeuge „tatsächlich bereits mehr als 30 Jahre im Polizeieinsatz … und ca. 15 Jahre als verdeckter Ermittler“ tätig sei „bzw. überhaupt, ob es sich um Polizeibeamte handelt“, vernachlässigt der Nichtigkeitswerber, dass bei der Prüfung der Berechtigung eines Antrags nach Z 4 stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Stellung des Antrags und den bei seiner Stellung vorgebrachten Gründen auszugehen ist (RIS-Justiz RS0099618), und nennt im Übrigen damit auch keine für die Schuld- und Subsumtionsfrage bedeutenden Umstände.
Ein Antrag betreffend den weiteren Zeugen „VE 2 Max“ wurde - der Beschwerde zuwider - nicht gestellt.
Die Mängelrüge (Z 5) behauptet einen inneren Widerspruch zwischen den Feststellungen über den Inhalt der Verhandlungen des Beschwerdeführers mit verdeckten Ermittlern vom (US 15) und jenen über das - abweichend davon - von einem anderen Angeklagten mit den verdeckten Ermittlern am Besprochene (US 17), legt aber nicht dar, warum diese Konstatierungen nach den Kriterien logischen Denkens nicht nebeneinander bestehen können, sondern kritisiert der Sache nach lediglich die Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung. Der Beschwerde zuwider hat das Schöffengericht nicht festgestellt, dass der Angeklagte C***** die 2.000 Stück Ecstasy Tabletten aus einer Lieferung nach Wien „abgezweigt“ habe, vielmehr bloß, dass der Viertangeklagte V***** solches einem verdeckten Ermittler gegenüber behauptete (US 17).
Die von der Mängelrüge bekämpften Konstatierungen US 22 und 23 sind weder undeutlich im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes noch widerspricht die Feststellung, dass dem Angeklagten S***** am die Preisgestaltung oblag (US 23, 24), der Annahme, dass der Angeklagte C***** Verhandlungen führte und die Preise mit den verdeckten Ermittlern vereinbarte.
Mit Kritik an den Urteilsannahmen zur „möglichen“ Erwähnung, dass das Kokain direkt aus Südamerika komme (US 24) sowie dem Vorbringen zum Zeitpunkt der Bezahlung der restlichen 4.000 Euro, zum Kommissionszweck (US 25) und zur Ursache, warum S***** und V***** nach Österreich zurückkamen (US 33), spricht die Mängelrüge keine entscheidenden Tatsachen an.
Lediglich einen für die Strafbemessung bedeutsamen Umstand betrifft eine allfällige Anstiftung des Beschwerdeführers durch V*****.
Der die tatrichterliche Beweiswürdigung erneut nach Art einer Schuldberufung kritisierende Vorwurf, V***** habe falsch gedolmetscht, bekämpft die Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit des Genannten (US 38, 40), wie wohl die Glaubwürdigkeitsbeurteilung als kritisch-psychologischer Vorgang einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogen ist ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 431).
Die unter dem Aspekt einer Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) vermisste Auseinandersetzung mit den Angaben des Zeugen „VE 1 Josef“ findet sich auf US 39.
Nach den Erwägungen der Tatrichter handelt es sich bei den Angaben des Angeklagten C***** größtenteils um „Schutzbehauptungen“ (US 36). Dem Gebot der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend war das Erstgericht demnach nicht verpflichtet, sich mit sämtlichen Details der insgesamt als unglaubwürdig verworfenen Aussage des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen.
Der Beschwerde (Z 5 zweiter Fall) zuwider kommt den Konstatierungen zur „Geldvorzeigeaktion“ und zur Zahlungsaufforderung hinsichtlich eines weiteren Betrags von 4.000 Euro keine Bedeutung für die Schuld- oder Subsumtionsfrage zu, weil sie sich auf einen bereits nach dem Anbot gelegenen Zeitpunkt beziehen. Deshalb waren Verfahrensergebnisse betreffend den Auftrag zum „Schmuggeltransport“ in diesem Zusammenhang gleichfalls nicht erörterungsbedürftig.
Nicht von Relevanz sind auch die Feststellungen zum Anlass der Besprechung vom . Insoweit erschöpft sich die Mängelrüge mit eigenen Beweiswerterwägungen erneut in einer in diesem Rahmen unzulässigen Beweiswürdigungskritik.
Überlegungen der Tatrichter zum Tatmotiv (US 41), wonach C***** bei S***** allenfalls Schulden hatte, betreffen ebenso wenig entscheidende Umstände wie die Urteilsannahmen zur Auftragserteilung zum Suchtgifttransport und zu Geldforderungen seitens C***** und S***** (US 27).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) vernachlässigt, dass unter diesem Nichtigkeitsgrund nur unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) bekämpft werden können (RIS-Justiz RS0118780). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde mit dem Hinweis darauf, dass der Angeklagte C***** stets 4.000 Euro gefordert habe, nicht gerecht.
Soweit der Nichtigkeitswerber die erstgerichtlichen Erwägungen zur Glaubwürdigkeit des Viertangeklagten V***** mit eigenen Beweiswerterwägungen kritisiert, übersieht er, dass dieser kritisch-psychologische Vorgang als solcher einer Anfechtung auch aus Z 5a entzogen ist (RIS-Justiz RS0099649).
Mit Blick auf die weiteren Angaben des Zeugen A*****, denen zufolge er nicht sagen könne, ob über 140.000 Ecstasy Tabletten verhandelt wurde (ON 148/S 17 dritter Absatz), erweist sich auch die subjektive Einschätzung dieses Zeugen, wonach der Angeklagte C***** allenfalls mit der „140.000 Ecstasy Geschichte“ nichts zu tun gehabt habe (ON 148/S 17), als nicht geeignet, erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Feststellungen zu erzeugen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet auf Basis der Rechtsansicht, dass der Tatbestand des Anbietens iSd § 28a Abs 1 vierter Fall SMG durch das Anbot allein, Suchtgift zu bringen oder herbeizuschaffen, noch nicht erfüllt sei, sondern dessen Umsetzung durch eine Bezugsquelle oder Bemühungen um eine solche in eine denkbare Nähe gerückt sein müsse oder etwa durch die Übergabe von Probematerial an den Interessenten konkretisiert worden sein müsse, einen Rechtsfehler mangels Feststellungen. Es hätte Konstatierungen dahingehend bedurft, dass die angegebene Menge an Suchtgift tatsächlich vorhanden war bzw die Angeklagten bzw C***** in zeitlicher Nähe Zugriff auf eine Suchtgiftmenge von 140.000 Stück Ecstasy oder fünf Kilogramm Kokain hatten.
Mit der SMG Novelle 2007 wurde der Rahmenbeschluss 2004/757/JI des Rates vom zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen umgesetzt und die von der bisherigen Terminologie nicht umfasste Tathandlung des „Anbietens“ in die gerichtlichen Straftatbestände der §§ 27 Abs 1 Z 1, 28a Abs 1, 30 Abs 1, 31a Abs 1 und 32 Abs 3 SMG aufgenommen.
Lediglich der Fall, dass der Anbietende selbst noch nicht im Besitz von Suchtgift ist und bloß allfällige Käufer ausloten will (vgl Schwaighofer in WK 2 SMG § 27 Rz 35f), war vor der SMG Novelle 2007 nicht erfasst.
Nach den EBRV 301 BlgNr 23. GP 10 ist für die Verwirklichung des Tatbestands maßgebend, ob das Angebot, und zwar die an eine andere Person gerichtete Offerte zur Übertragung von Verfügungsgewalt über Suchtgift nur noch angenommen werden muss, hingegen irrelevant, ob der Anbieter bereits im Besitz des Suchtgiftes ist.
Eine Legaldefinition des Begriffs „Anbieten“ findet sich im Suchtmittelgesetz nicht. Dieser kommt aber auch in Bestimmungen des StGB vor (vgl §§ 104a, 168d, 207a, 215a, 265, 307, 307a und 307b), wobei es nach herrschender Auffassung zur Vollendung des Tatbestands einer Annahme nicht bedarf (vgl Mayerhofer , StGB 6 § 104a Anm 8; § 307 E 6; Philipp in WK 2 § 215a Rz 8; Schwaighofer in WK 2 § 104a Rz 5).
Im juristischen Sprachgebrauch ist der Begriff „Anbieten“ (vgl § 861 ABGB) auch sonst bekannt. Das Angebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit Zugang an den Erklärungsempfänger in Wirksamkeit tritt, womit der Antrag zur Annahme geeignet und der Offerent an ihn gebunden wird, sohin sein Angebot nicht mehr einseitig widerrufen kann ( Koziol/Welser13 I 124). Nach gesicherter Rechtsprechung muss ein Angebot, um zur Annahme geeignet zu sein, lediglich zwei Voraussetzungen erfüllen, nämlich inhaltlich ausreichend bestimmt sein, also die wesentlichen Punkte des abzuschließenden Vertrags enthalten, und einen endgültigen Bindungswillen des Offerenten zum Ausdruck bringen (RIS-Justiz RS0013981). Ein Angebot liegt unabhängig davon vor, ob das Angebotene auch tatsächlich geliefert werden kann (vgl 17 Ob 11/07b zu § 10a Z 2 MSchG; zum Begriff des Anbietens in § 307 StGB iSe [nicht weiter eingeschränkten] „Für sofort in Aussicht Stellens“ s Bertel in WK² § 307 Rz 1).
Dem Begriff des „Anbietens“ iSd § 28a Abs 1 vierter Fall SMG als selbständig vertypter Vorbereitungshandlung zum Überlassen kommt kein anderer Bedeutungsinhalt zu.
Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte und auf die Stellungnahme der Richtervereinigung im Begutachtungsverfahren gestützte Rechtsauffassung, wonach für die Verwirklichung des Tatbestands auch maßgebend sei, ob das Suchtgift für den Anbietenden tatsächlich (also real bereits) verfügbar ist, lässt sich aus dem Gesetz nicht ableiten.
Auch mit Blick auf die Tathandlungen des Besitzens, des Verschaffens und des versuchten Überlassens von Suchtgift entspricht die von der Beschwerde geforderte teleologische Reduktion des Gesetzeswortlauts iSe Abstellens auf das Bestehen einer Verfügungsmacht über das Suchtgift oder einer in zeitlicher Nähe gelegenen Zugriffsmöglichkeit auf dieses nicht dem Sinn des Gesetzes, zumal diesfalls für die Tathandlung des Anbietens in der Praxis kaum mehr ein Anwendungsbereich verbliebe.
Fallaktuell ist die konstatierte Willenserklärung, 140.000 Stück Ecstasy Tabletten und fünf Kilogramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von annähernd 80 Prozent um letztlich 600.000 Euro zu verkaufen, in objektiver Hinsicht ausreichend bestimmt (US 21 bis 26, 37), demnach zur Annahme geeignet.
Im Übrigen haben die Tatrichter mit mängelfreier Begründung die Ernsthaftigkeit des Anbots sowie mit Blick auf die dem Anbot folgenden Tatgeschehen der Geldvorzeigeaktion und der weiteren Treffen auch die tatsächliche Verfügbarkeit des Suchtgifts für die Anbieter festgestellt (US 42 f). Demnach ist der in subjektiver Hinsicht erforderliche Bindungswille den Urteilsannahmen eindeutig zu entnehmen.
Nach den Feststellungen drängte C***** erst am entgegen den ursprünglichen Vereinbarungen auf Zahlung der letztlich noch offen gebliebenen weiteren 4.000 Euro (US 26) und es beharrten sowohl C***** als auch S***** vehement darauf, unbedingt das Geld sehen zu wollen, bevor sie den Auftrag nach Belgien weitergeben wollten, die Transporte oder Kuriere mit dem Suchtgift aus Belgien überhaupt loszuschicken (US 27).
Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die Urteilsannahmen zur Ernsthaftigkeit des Angebots, zum Bindungswillen des Angeklagten an dieses und zur Annahme, dass das Suchtgift für die Anbieter auch verfügbar gewesen sei (US 42), mit eigenen Beweiswerterwägungen bestreitet, ferner behauptet, das Angebot wäre unter der Bedingung der Übergabe von 4.000 Euro gestanden, weiters in Zweifel zieht, dass Suchtmittel in diesem Ausmaß für die Angeklagten zugänglich gewesen wären, verfehlt sie mangels Festhaltens an den Feststellungen eine gesetzmäßige Ausführung.
Gleiches gilt für die behauptete Zurückziehung eines Angebots. Im Übrigen käme einer solchen infolge Deliktsvollendung mit Angeboterstellung keine Bedeutung zu.
Der Beschwerdeführer verkennt zudem, dass die „Geldvorzeigeaktion“ nach den Urteilsannahmen bereits der dem Angebot nachfolgenden Durchführung des Suchtgiftgeschäfts zuzurechnen ist. Auf eine räumliche und zeitliche Ausführungsnähe der Übergabe und auf eine Annahmebereitschaft kommt es für die Tathandlung des Anbietens nicht an.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ioan S*****:
Die Verfahrensrüge nach Z 3 behauptet, dass verschiedene (mit Seitenzahlen bezeichnete) „Schriftstücke“ deshalb zu Unrecht verlesen worden seien, weil „entsprechende unmittelbare Beweisaufnahmen stattgefunden hatten“. Soweit sie sich damit auf Protokolle über die Vernehmungen von Zeugen bezieht, lässt sie zum einen § 252 Abs 1 Z 2 StPO außer Acht, zum anderen übersieht sie, dass im Fall der zusätzlichen Verlesung früherer Angaben eines Zeugen, der in der Hauptverhandlung vernommen wurde, schon grundsätzlich keine - vom Schutzzweck des § 252 Abs 1 StPO allein erfasste - Hintanhaltung einer Einschränkung der Unmittelbarkeit durch bloßes Beweissurrogat in Rede steht. Nicht abweichende frühere Angaben eines in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen sind daher - ebenso wie abweichende - vom Verlesungsverbot des § 252 Abs 1 StPO nicht erfasst (14 Os 168/97; Kirchbacher , WK-StPO § 252 Rz 68; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 230).
Die Verfahrensrüge nach Z 4 kritisiert die Nichtdurchführung der vom Verteidiger in der Hauptverhandlung vom zum Beweis dafür beantragen Rufdatenerfassung und Standortpeilung des Mobiltelefons des Beschwerdeführers, dass dieser nicht gemeinsam mit dem Angeklagten C***** zwischen 10. und in B***** 2.000 Ecstasy Tabletten angekauft habe (ON 148, S 189 f). Wenngleich eine formelle Beschlussfassung über den Antrag gesetzwidrig (§ 238 Abs 3 StPO) unterblieb, liegt eine Verletzung von Verteidigungsrechten schon deshalb nicht vor, weil unter Rücksichtnahme auf den vorliegenden Schuldspruch (III./) kein für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage bedeutender Umstand in Rede steht und die Tatrichter das im Antrag bezeichnete Beweisthema ohnehin im Sinn der Verantwortung des Beschwerdeführers als gegeben angenommen haben (US 19). Die Einhaltung des § 238 Abs 3 StPO steht nur insoweit unter Nichtigkeitssanktion, als ihr einem just darauf abzielenden - hier aber nicht vorliegenden - Antrag des Beschwerdeführers zuwider nicht entsprochen wurde (RIS-Justiz RS0118924; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 316). Soweit die Rüge auch auf einen Antrag vom Bezug nimmt, vernachlässigt sie die darauf folgende Neudurchführung der Hauptverhandlung gemäß § 276a StPO (ON 138; vgl Danek , WK-StPO § 276a Rz 10).
Soweit die Beschwerde unter Z 4 weiters behauptet, infolge vorliegender Tatprovokation seien sämtliche erlangten Beweismittel nichtig, bezieht sie sich nicht auf einen - unter dem bezeichneten Nichtigkeitsgrund allein relevierbaren - in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Beschwerdeführers.
Die Mängelrüge (Z 5) behauptet - der Sache nach aus Z 9 lit a - das Fehlen von Feststellungen zum voluntativen Vorsatzelement beim festgestellten Zurverfügungstellen von Geld zum Ankauf der Ecstasy Tabletten in Belgien, vernachlässigt dabei aber die Konstatierungen über die zwischen den Angeklagten getroffenen Vereinbarungen betreffend diese Suchtmittel (US 18 Mitte, US 19 ab viertletzter Zeile).
Warum die Zurverfügungstellung von Geld zum Zweck des Ecstasy Ankaufs in Belgien keinen objektiven Beitrag (§ 12 dritter Fall StGB) zur (zuvor zwischen den Beteiligten vereinbarten) im Anschluss erfolgenden Verbringung des Suchtmittels von Belgien nach Österreich darstellen soll, legt die - dies bloß behauptende - Rüge des Weiteren nicht dar.
Soweit die Mängelrüge eine Unvollständigkeit darin sieht, dass die Zeugenaussage des verdeckten Ermittlers „Max“ nicht berücksichtigt worden sei, lässt sie die Urteilsausführungen US 37 ff außer Acht. Mit der Behauptung, dass „keine Notwendigkeit bestanden“ habe, beim Treffen vom über den Preis für das Ecstasy zu verhandeln, kritisiert sie mit eigenständigen Beweiswerterwägungen in unzulässiger Form die Beweiswürdigung.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag keine aus den Akten abzuleitenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu erzeugen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet das Fehlen von Feststellungen zu I./ dahingehend, ob sich die angebotenen Suchtmittel bereits in der Verfügungsgewalt der Anbieter befunden haben, legt aber nicht dar, warum es für die Verwirklichung eines „Anbietens“ iSd § 28a Abs 1 vierter Fall SMG notwendig sein soll, dass das Angebotene für den Anbieter (bereits aktuell) „verfügbar“ sei. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen zur Rechtsrüge des Angeklagten C***** verwiesen. Der Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur zuwider ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers, „Anbieten“ iSd § 28a Abs 1 vierter Fall SMG sei iSe „Feilhaltens“ oder „zum Verkauf bereit Haltens“ zu verstehen, weder aus der einzigen Suchtgiftkonvention 1961 (Art 36) noch aus § 2 Abs 11 AMG etwas zu gewinnen.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet ohne inhaltliche Argumentation die bloße Strafbarkeit der zu I./ dargestellten Tat nach § 277 Abs 1 StGB und verfehlt damit eine prozessordnungskonforme Darstellung. Im Übrigen kann die Verabredung zur gemeinsamen Ausführung einer strafbaren Handlung nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG naturgemäß nicht darin bestehen, dass eine Person die Übergabe von Suchtgift an eine andere Person gerade mit dieser (die somit nicht Täter dieses Delikts werden soll) verabredet (vgl Plöchl in WK 2 § 277 Rz 5).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte jeweils nach § 28a Abs 4 SMG über den Angeklagten C***** eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren, über den Angeklagten S***** eine solche von fünf Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es bei C***** das Zusammentreffen zweier Verbrechen als erschwerend, die „Unbescholtenheit in Österreich“, das Teilgeständnis hinsichtlich der Lieferung/Schmuggel und Übergabe der 2.000 Stück Ecstasy Tabletten hingegen als mildernd, bei S***** das Zusammentreffen zweier Verbrechen als erschwerend, die „Unbescholtenheit in Österreich“ wiederum als mildernd.
Dagegen richten sich die Berufungen der Angeklagten, mit denen Herabsetzungen der Strafen und deren (zumindest teilweise) bedingte Nachsicht begehrt wird; ihnen kommt teilweise Berechtigung zu.
Der vom Erstgericht mit „Unbescholtenheit in Österreich“ bezeichnete Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 2 StGB ist den Angeklagten uneingeschränkt zuzubilligen.
Losgelöst davon war beiden Berufungen jedoch deshalb teilweise Folge zu geben, weil bei beiden Angeklagten aus den Feststellungen des Ersturteils der Milderungsgrund der staatlichen Organwaltern zurechenbaren Tatprovokation abzuleiten ist, dem durch eine ausdrückliche und messbare Strafmilderung in Form einer Reduktion der vom Erstgericht im Übrigen aber sachgerecht ausgemessenen Sanktionen von jeweils einem halben Jahr Freiheitsstrafe Rechnung zu tragen ist (RIS-Justiz RS0119618), sodass die Strafen beim Angeklagten C***** auf vier Jahre und beim Angeklagten S***** auf viereinhalb Jahre herabzusetzen waren.
Eine Anwendung der §§ 43, 43a StGB war schon aufgrund der Höhen der Freiheitsstrafen und des Nichtvorliegens der Voraussetzungen nach § 41 Abs 3 StGB nicht möglich.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.