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OGH vom 27.01.1998, 10ObS95/97m

OGH vom 27.01.1998, 10ObS95/97m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Hübner und Dr.Hans Lahner (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1030 Wien, Ghegastraße 1, vertreten durch Dr.Georg Hesz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Land Niederösterreich, 1010 Wien Herrengasse 8-10, im bisherigen Verfahren nicht vertreten, wegen S 84.056,20 sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 223/96d, 10 Ra 224/96a-12, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 19 Cga 141/96k-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit der am beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien eingebrachten Mahnklage begehrt die klagende Partei von der beklagten Partei "als Träger der Sozialhilfe" die Zahlung von S 84.056,20 sA aus dem Titel der Rückforderung von zu Unrecht bezogener Ausgleichszulage des bei der klagenden Partei versicherten Waisenpensionisten Franz K*****, die der beklagten Partei für den Zeitraum 1990 und 1991 in der Klagshöhe zugekommen sei. Dazu erstattete die klagende Partei folgendes Vorbringen: Sie sei als Pensionsversicherungsträger verpflichtet, dem am geborenen Franz K***** seit eine Waisenpension über sein 18.Lebensjahr hinaus zu zahlen. Auf Grund der geringen Pensionshöhe sei auch eine Ausgleichszulage und seinerzeit ein Hilflosenzuschuß, seit ein Pflegegeld zu leisten. Der Versicherte sei seit 1953 im Niederösterreichischen Landeskrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie in Klosterneuburg (Gugging) untergebracht. Da er nicht in der Lage sei, seine Interessen selbst zu vertreten, sei ihm vom Bezirksgericht Gloggnitz ein Sachwalter bestellt worden. Die pflegschaftsbehördliche Vertretung seiner Interessen werde von der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen als ausführendes Organ der beklagten Partei wahrgenommen. Die klagende Partei habe für den Versicherten im Zeitraum bis Ausgleichszulage in der Höhe von insgesamt S 123.825,- geleistet. Diese Ausgleichszulage sei zu 20 % dem Bezugsberechtigten direkt zugekommen, ein Anteil von 80 % sei an die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen als Vertreter des Trägers der Sozialhilfe, somit der beklagten Partei überwiesen worden (§ 173 Abs 3 BSVG). Anläßlich einer periodischen Überprüfung der Bezugsberechtigung am sei festgestellt worden, daß der Versicherte Franz K***** Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt habe: Im Rahmen des Projektes "Haus der Kunst" seien Arbeiten, die er als Maler angefertigt habe, verkauft worden. Auf Grund der Steuerbescheide für die Jahre 1990 und 1991 habe der Versicherte Einkünfte von S 78.699,- für 1990 und S 72.035,- für 1991 bezogen. Damit habe aber kein Anspruch auf Bezug einer Ausgleichszulage bestanden. Die klagende Partei habe vom Bezugsberechtigten, vertreten durch dessen Sachwalter, den Gesamtbezug von S 123.825,- mit Bescheid zurückgefordert. Über die dagegen vom Versicherten erhobene Klage habe das Arbeits- und Sozialgericht Wien mit rechtskräftigem Urteil vom zu 19 Cgs 75/93w festgestellt, daß zwar ein Überbezug an Ausgleichszulage in dieser Höhe entstanden sei, der Versicherte aber lediglich einen 20 %igen Anteil, der ihm zur freien Verfügung gestellt worden sei, zurückzuzahlen habe; diese Rückzahlung sei auch erfolgt. Die beklagte Partei sei somit für jenen Anteil von 80 %, der von ihr direkt - über die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen - bezogen worden sei, ersatzpflichtig, doch vermindere sich der daraus ergebende Betrag von S 99.060,- auf den eingeklagten, da das Arbeits- und Sozialgericht Wien nicht berücksichtigt habe, daß die Sonderzahlungen ungeschmälert dem Pensionisten zukommen müßten. Die klagende Partei begehre daher von der beklagten Partei den Ersatz des Klagsbetrages aus dem Titel der ungerechtfertigten Bereicherung, die dadurch entstanden sei, daß die beklagte Partei den genannten Betrag vereinnahmt habe, obwohl der Versicherte bzw sein jeweiliger Sachwalter und die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen verpflichtet gewesen wären, die anrechenbaren Einkünfte rechtzeitig zu melden. Gemäß § 173 Abs 3 BSVG habe die klagende Partei daher Anspruch auf Rückzahlung des zu Unrecht überwiesenen Betrages. Eine solche Rückzahlung sei von der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen bisher abgelehnt worden.

Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien wies diese Klage vor Zustellung an die beklagte Partei von Amts wegen zurück. Geltend gemacht werde ein Anspruch auf Rückforderung einer zu Unrecht bezogenen Ausgleichszulage; hiefür sei jedoch als Sozialrechtssache nach § 65 ASGG das Arbeits- und Sozialgericht zuständig. Hierauf beantragte die klagende Partei mit Schriftsatz, die Klage an das nicht offenbar unzuständige Arbeits- und Sozialgericht Wien zu überweisen (§ 230a ZPO).

Das Bezirksgericht Innere Stadt faßte daraufhin den Beschluß, daß die Zurückweisung der Klage aufgehoben und die Klage an das Arbeits- und Sozialgericht Wien überwiesen werde.

Nunmehr wies das Arbeits- und Sozialgericht Wien die Klage vor Zustellung an die beklagte Partei von Amts wegen mit der Begründung zurück, es liege Unzulässigkeit des Rechtswegs vor. Nach dem Tatsachenvorbringen handle es sich bei dem geltend gemachten Klagsbetrag inhaltlich um einen Überbezug an Ausgleichszulage, wobei diese Beträge gemäß § 173 Abs 3 BSVG an den Träger der Sozialhilfe im Rahmen des Anspruchsüberganges bezahlt worden seien. Amtsbekannt sei, daß das Arbeits- und Sozialgericht Wien im Verfahren 19 Cgs 75/93w einen Überbezug an Ausgleichszulage für diesen Zeitraum festgestellt habe. Die klagende Partei habe jedoch verabsäumt, diesen Überbezug gegenüber der beklagten Partei als Träger der Sozialhilfe mit Bescheid geltend zu machen. Hätte sie einen Bescheid auf Rückforderung des Überbezuges erlassen, dann wäre dagegen der beklagten Partei als Träger der Sozialhilfe ein Klagerecht gemäß §§ 65 und 67 ASVG zugestanden. Bürgerlichrechtliche Bereicherungsansprüche könnten nur subsidiär bestehen. Die Rückforderung von Überbezügen an Pensionen, Ausgleichszulagen und Hilflosenzuschüssen sei im Rahmen des Sozialrechts geregelt. Wenn die klagende Partei ihr Begehren auf Bereicherung stütze, ohne einen Bescheid über den Anspruch erlassen zu haben, bedeute dies eine Umgehung der Vorschriften des § 454 Z 2 ASVG sowie der §§ 65 und 67

ASGG.

Das Rekursgericht gab dem dagegen von der klagenden Partei erhobenen Rekurs nicht Folge. Die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen (§ 72 BSVG) habe gemäß § 367 Abs 2 ASVG, der gemäß § 182 BSVG auch für das Verfahren zur Durchführung dieses Gesetzes gelte, mit Bescheid zu erfolgen. Ein solcher Bescheid könne nach "§ 371 Z 1 ASVG" (gemeint offenbar § 65 ASGG) im Zusammenhalt mit § 354 Z 2 ASVG durch Klage beim Sozialgericht angefochten werden. Unter Zugrundelegung des § 173 Abs 3 BSVG rücke der Träger der Sozialhilfe in die Rechtsposition des Versicherten ein und sei auf Grund der Legalzession als Einzelrechtsnachfolger anzusehen. Die Auffassung der klagenden Partei, ihr stünde ein Recht auf Bescheiderlassung gegenüber der beklagten Partei nicht zu, sei daher unrichtig. Auch aus § 66 ASGG lasse sich ableiten, daß die für Versicherte geltenden Verfahrensvorschriften auch für solche Personen zum Tragen kämen, die nicht selbst versichert seien, sondern ihre Rechte vom Versicherten ableiten. Da auf Grund der Anstaltsunterbringung seit 1953 schon längst ein Anspruchsübergang nach § 173 Abs 3 BSVG hinsichtlich von 80 % der an den Versicherten zu entrichtenden Gesamtleistungen eingetreten sei, könne der dem Verfahren 19 Cgs 75/93w des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien zugrundeliegende Bescheid der klagenden Partei gegen den Versicherten nicht auf die beklagte Partei selbst bezogen werden. Soweit die klagende Partei einen Bereicherungsanspruch gemäß § 1431 ABGB geltend mache, sei festzuhalten, daß § 72 BSVG die Anwendung der allgemeinen Norm des § 1431 ABGB nicht grundsätzlich ausschließe. Leistungen eines Versicherungsträgers, die auf Grund eines Bescheides erbracht worden seien, könnten jedoch nur in den in § 72 Abs 1 BSVG normierten Fällen, nicht aber Grund von Normen des bürgerlichen Rechts zurückgefordert werden. § 1431 ABGB könne nur dort zur Anwendung kommen, wo eine Leistung ohne Erlassung eines Bescheides zu Unrecht erfolgt sei, zum Beispiel bei irrtümlicher Anweisung eines zu hohen Betrages oder Anweisung an eine falsche Adresse. Ein solcher Fall liege aber hier nicht vor. Die klageweise Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs aus dem Titel der Bereicherung müsse als Umgehung des § 367 Abs 2 ASVG angesehen werden. Schließlich sprach das Rekursgericht aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine einschlägige Judikatur des Höchstgerichtes nicht vorliege.

Der dagegen von der klagenden Partei erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die klagende Partei wiederholt ihren Rechtsstandpunkt, ihr sei gegenüber der beklagten Partei kein Bescheidrecht zugekommen. Ein Bescheidrecht steht einem Sozialversicherungsträger nur gegenüber dem Versicherten zu. Die §§ 173 ff BSVG regelten nämlich ausnahmslos Ersatzansprüche, die den Trägern der Sozialhilfe gegenüber dem Versicherungsträger zustünden und nicht umgekehrt. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz sei auch der Sozialhilfeträger nicht in die Position des Versicherten eingerückt; er leite seine Rechte nicht vom Versicherten ab. Die Beträge, die die beklagte Partei vereinnahmt habe, seien "aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen" (die allerdings nicht genannt werden) überwiesen worden. Konsequenterweise habe daher der festgestellte Überbezug nur als Bereicherungsanspruch auf dem ordentlichen Zivilrechtsweg geltend gemacht werden können. Da das Bezirksgericht Innere Stadt die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen habe, sei "nur noch" der Weg zum Arbeits- und Sozialgericht offengestanden.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Wird ein Pensionsberechtigter auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe in einem Altersheim, einer Heil- und Pflegeanstalt oder einer ähnlichen Einrichtung verpflegt, so geht für die Zeit dieser Pflege der Anspruch auf Pension einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH auf den Träger der Sozialhilfe über; das gleiche gilt in Fällen, in denen ein Pensionsberechtigter auf Kosten eines Landes im Rahmen der Behindertenhilfe in einer der genannten Einrichtungen oder auf einer der genannten Pflegestellen untergebracht wird, mit der Maßgabe, daß der vom Anspruchsübergang erfaßte Teil der Pension auf das jeweilige Land übergeht. Nach § 72 Abs 1 BSVG hat der Versicherungsträger zu Unrecht erbrachte Geldleistungen zurückzufordern, wenn der Leistungsempfänger bzw Zahlungsempfänger (§ 71) den Bezug durch bewußt unwahre Angaben, bewußte Verschweigung maßgebender Tatsachen oder Verletzung der Meldevorschriften und der Auskunftspflicht (§§ 16 bis 18 und 20) herbeigeführt hat oder wenn der Leistungsempfänger bzw Zahlungsempfänger (§ 71) erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Diese Bestimmung unterscheidet (ebenso wie etwa § 107 ASVG) zwischen Leistungs- und Zahlungsempfänger, der in § 71 BSVG näher umschrieben wird: Danach werden die Leistungen in der Regel an den Anspruchsberechtigten ausgezahlt. Ist dieser minderjährig, so ist die Leistung dem gesetzlichen Vertreter auszuzahlen. Ist für einen Anspruchsberechtigten ein Sachwalter bestellt, so ist diesem die Leistung auszuzahlen, wenn die Angelegenheiten, mit deren Besorgung er betraut worden ist, die Empfangnahme der Leistung umfaßt (Abs 1). Daraus folgt, daß zu Unrecht erbrachte Geldleistungen auch von anderen Personen als den primär Anspruchsberechtigten (Versicherten) zurückgefordert werden können, wenn sie Zahlungsempfänger im Sinne des § 71 Abs 1 BSVG (§ 106 Abs 1 ASVG) waren. Die Auffasung der klagenden Partei, sie könne Rückforderungsansprüche nur gegen den Versicherten erheben, trifft daher nicht zu.

Nach § 367 ASVG, der gemäß § 182 BSVG hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung des BSVG anzuwenden ist, hat der Versicherungsträger unter anderem bei Geltendmachung des Anspruches auf Rückersatz einer unrechtmäßig bezogenen Leistung einen Bescheid zu erlassen. Demgegenüber normiert allerdings § 369 ASVG, daß im Verfahren über Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe gemäß Abschnitt II des 5. Teiles des ASVG den Versicherungsträgern ein Bescheidrecht nicht zusteht. Dies wird in den Gesetzesmaterialien damit begründet daß in diesen Fällen ein Bedürfnis nach rascher vorläufiger Formalisierung der gegenständlichen Rechtsbeziehung nicht bestehe. Es werde also in Form eines Schriftenwechsels zunächst der beiderseitige Rechtsstandpunkt klargestellt werden; führe dieser nicht zu einem für den Fürsorgeträger befriedigenden Ergebnis oder nehme der Versicherungsträger nicht binnen sechs Monaten nach Geltendmachung des Ersatzanspruches schriftlich zu der Ersatzforderung Stellung, sondern habe der Fürsorgeträger Klage auf Anerkennung des Ersatzanspruches einzubringen (Teschner/Widlar, MGA ASVG Anm 1 zu § 369). Bei Klagen zur Durchsetzung von Ersatzansprüchen der Träger der Sozialhilfe tritt auch nach derzeitiger Rechtslage an die Stelle des ablehnenden Bescheides die schriftliche Mitteilung des Versicherungsträgers, daß er den Ersatzanspruch ganz oder teilweise ablehnt (§ 70 Abs 1 ASGG). Dies betrifft Rechtsstreitigkeiten über Ersatzansprüche eines Trägers der Sozialhilfe im Sinne des § 354 Z 3 ASVG und somit Sozialrechtssachen nach § 65 Abs 1 Z 3 ASGG (siehe dazu SSV-NF 10/1). Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um eine Rechtsstreitigkeit über Ersatzansprüche eines Sozialhilfeträgers, sondern um eine Rechtsstreitigkeit über die Pflicht zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung im Sinne des § 65 Abs 1 Z 2 ASGG. Die Sozialversicherungsgesetze unterscheiden zwischen Ersatzansprüchen im engeren Sinn (§ 324 Abs 1 ASVG, hier § 173 Abs 1 BSVG) und Fällen der Legalzession (§ 324 Abs 3 und 4 ASVG; hier § 173 Abs 3 und 4 BSVG). Soweit die Zuerkennung von Leistungsansprüchen des Versicherten geltend gemacht wird, die im Wege der Legalzession auf den Sozialhilfeträger übergegangen sind, liegt bereits nach älterer Rechtsprechung (SSV 21/88) kein Fall der Ziffer 3 sondern der Ziffer 1 des § 354 ASVG (§ 65 Abs 1 Z 1 ASGG) vor. In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen (Fink, Die sukzessive Zuständigkeit, 143 FN 206), daß hier eben eine Legalzession und kein "Ersatzanspruch" im engeren Sinn vorliege und die insoweit irreführende Überschrift vor § 324 ASVG auf die Regierungsvorlage zur Stammfassung des ASVG (599 BlgNR 7.GP) zurückgehe, nach der eine solche Legalzession noch nicht vorgesehen war (siehe dazu auch Pfeil, Neuregelung der Pflegevorsorge in Österreich, 229 bei Anm 1). Diesfalls kann der in die Rechte des Versicherten eingetretene Sozialhilfeträger daher auch die Zuerkennung (Erhöhung) der Leistungen im Verfahren in Leistungssachen beantragen, soweit die Leistungen dem Versicherten nicht bereits zuerkannt sind; dasselbe gilt kraft gesetzlicher Anordnung für Leistungsansprüche, aus denen ein sonstiger Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers zu befriedigen ist (§ 361 Abs 2 letzter Satz ASVG; Fink aaO bei FN 207). Die Klagsführung beim Arbeits- und Sozialgericht setzt hier - weil ein Fall des § 65 Abs 1 Z 1 ASGG vorliegt - einen Bescheid des Sozialversicherungsträgers oder dessen Säumnis voraus. Ist hingegen die Leistung dem Versicherten bereits zuerkannt und zwischen dem Sozialversicherungsträger und dem Sozialhilfeträger nur der Grund oder die Höhe des Ersatzanspruches - sei es mit oder ohne Legalzession - strittig, so fällt diese Streitigkeit unter § 65 Abs 1 Z 3 ASGG (Fink aaO bei FN 208).

Diese Grundsätze haben nach Auffassung des Senates auch in Rechtsstreitigkeiten nach § 65 Abs 1 Z 2 über die Pflicht zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung oder zu Unrecht empfangenen Pflegegeldes zu gelten. Die Leistungsansprüche des Versicherten sind im Wege der Legalzession auf die beklagte Partei als Sozialhilfeträger übergegangen, sie ist damit in die Rechte des Versicherten eingetreten und könnte nicht nur die Zuerkennung (Erhöhung) von Leistungen im Verfahren in Leistungssachen beantragen, sondern gilt auch als Zahlungsempfänger im Sinne der §§ 71 und 72 BSVG. Damit kann der Versicherungsträger auch von ihr zu Unrecht erbrachte Geldleistungen unter den näher geschilderten Umständen zurückfordern. Handelt es sich aber um ein solches Rückforderungsrecht gegen einen Legalzessionar, dann ist im Sinne des § 367 Abs 1 und 2 ASVG auch über diesen Anspruch auf Rückersatz ein Bescheid zu erlassen. Diese Auffassung steht, wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, im Einklang mit § 66 ASGG, wonach diejenigen Bestimmungen des ASGG, die sich auf Versicherungsträger beziehen, auch auf Träger der Sozialhilfe und sonstige Entscheidungsträger anzuwenden sind, diejenigen Bestimmungen aber, die sich auf Versicherte beziehen, auf alle anderen Parteien. Damit wird klar gestellt, daß die für "Versicherte" geltenden Verfahrensvorschriften etwa auch für solche Personen zum Tragen kommen, die nicht selbst Versicherte sind, sondern ihre Rechte von Versicherten ableiten (Regierungsvorlage, zitiert bei Feizinger/Tades ASGG Anm 5 zu § 66; Kuderna, ASGG2 Anm 3 zu § 66). Dies trifft nicht nur auf die etwa in § 76 ASGG genannten Personen zu, die zur Aufnahme eines infolge Todes des Klägers unterbrochenen Verfahrens unter dem dort genannten Voraussetzungen berechtigt sind, sondern auf alle jene Personen, die im Verfahren ihre Rechte vom Versicherten ableiten; sie werden dem Versicherten in verfahrensrechtlicher Hinsicht gleichgestellt (Kuderna aaO). Dies muß aber nach den obigen Ausführungen auch für Personen gelten, auf die sozialversicherungsrechtliche Ansprüche im Wege der Legalzession übergegangen sind. Wie schon das Rekursgericht zutreffend angedeutet hat, wird freilich nicht jede Person, die eine Leistung eines Sozialversicherungsträgers in Empfang genommen hat, automatisch der Regelung des § 107 ASVG bzw des § 72 BSVG unterstellt. Ersatzpflichtig ist vielmehr außer dem Anspruchsberechtigten (Versicherten) selbst nur ein "sonstiger Leistungsempfänger im sozialversicherungsrechtlichen Sinn, auf den gewisse Individualisierungsmerkmale zutreffen", auf den die Leistung also in irgendeiner Form individualisierend zugeschnitten war (so Schrammel in Tomandl, SV-System 8.ErgLfg 171 mwN). Andere Fälle rechtsgrundloser Leistungsgewährung zum Beispiel bei bloßer Namensverwechslung (irrtümliche Anweisung an einen falschen Adressaten; "abgeirrte" Leistungsgewährung) sind vom Sozialversicherungsträger nicht nach den Rückforderungsnormen der Sozialversicherungsgesetze, sondern nach den zivilrechtlichen Bereicherungsnormen und damit im ordentlichen Rechtsweg vor den allgemeinen Zivilgerichten abzuwickeln. Der Anwendungsbereich des § 354 Z 2 ASVG und damit des § 65 Abs 1 Z 2 ASGG ist daher im Sinne der herrschenden Meinung (zuletzt überzeugend auch Fink, Die sukzessive Zuständigkeit, 135 ff, 139 mwN) auf jene Fälle zu reduzieren, in denen der Rückforderungsanspruch auf sozialversicherungsrechtliche Bestimmungen gestützt wird. Auf die Bereicherungsnormen des ABGB gestützte Ansprüche sind jedenfalls dann, wenn die Vermögensverschiebung außerhalb einer sozialversicherungsrechtlichen Leistungsbeziehung erfolgt ist und auch sonstige "individualisierende Merkmale" im oben dargestellten Sinn fehlen, im ordentlichen Rechtsweg ohne Vorschaltung eines Verwaltungsverfahrens auszutragen. Im hier zu beurteilenden Fall besteht kein Zweifel, daß die von der klagenden Partei behauptete Vermögensverschiebung innerhalb einer sozialversicherungsrechtlichen Leistungsbe- ziehung (Übergang sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche des Versicherten auf den Sozialhilfeträger nach § 173 Abs 3 BSVG) erfolgte und die beklagte Partei demnach als Leistungs- bzw Zahlungsempfänger im sozialversicherungsrechtlichen Sinn anzusehen ist. Aber auch der von der klagenden Partei geltend gemachte Rückforderungstatbestand, nämlich die Verletzung von Meldepflichten, ergibt sich ausschließlich aus einer sozialversicherungsrechtlichen Norm (§ 72 BSVG).

Daraus folgt zusammenfassend, daß der Versicherungsträger zu Unrecht erbrachte Geldleistungen auf Grund der einschlägigen Rückforderungsnormen (hier § 72 BSVG) zurückfordern kann, auch wenn die Leistungen im Wege der Legalzession erbracht wurden, und daß andererseits eine gerichtliche Geltendmachung dieses Anspruchs die vorausgegangene Erlassung eines Bescheides gegen den Zahlungsempfänger vorausgesetzt ist (so ausdrücklich § 69 ASGG). Die klagende Partei konnte diese klare Rechtslage nicht dadurch umgehen, daß sie anstelle der Erlassung eines Rückforderungsbescheides eine auf Bereicherung gestützte Klage einbrachte. Diese Klage wurde von den Vorinstanzen zutreffend wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 1 ASGG, wonach ein Versicherungsträger die Kosten, die ihm durch das Verfahren erwachsen sind, ohne Rücksicht auf dessen Ausgang selbst zu tragen haben.