OGH vom 28.05.2013, 10ObS9/13s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhold Hohengartner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wolfgang Jelinek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch MMag. Dr. Irmtraud Oraz, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsinstitut für Verkehr und öffentliche Einrichtungen, 1030 Wien, Untere Weißgerberstraße 37, vertreten durch Prof. Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in Wien, wegen des besonderen Steigerungsbetrags für Zuschussleistungen gemäß § 480 ASVG, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Rs 160/12h 8, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 3 Cgs 83/12k 4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten der Revision selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der 1946 geborene Kläger bezog ab eine Leistung der beklagten Partei von zuletzt 110,95 EUR.
Mit Bescheid vom setzte die beklagte Partei seinen monatlichen Ruhegenuss des leistungsorientierten Systems gemäß § 52 ihrer Satzung ab von 110,95 EUR auf 69,94 EUR herab.
Mit weiterem Bescheid vom sprach die beklagte Partei aus, gemäß § 480 ASVG gebühre dem Kläger ab Jänner 2012 zusätzlich zu seiner ASVG Pension ein besonderer Steigerungsbetrag iSd § 248 ASVG im Ausmaß von monatlich 69,94 EUR. Den besonderen Steigerungsbetrag erhalte er ab Jänner 2012 von der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau. Die Leistung der beklagten Partei falle mit Ablauf des weg.
Der Kläger erhob gegen beide Bescheide Klage und begehrte die Feststellung, dass ihm ab Jänner 2012 zusätzlich zu seiner ASVG Pension ein besonderer Steigerungsbetrag im Ausmaß von monatlich 110,95 EUR gebühre und der monatliche Ruhegenuss des leistungsorientierten Systems ab nicht von 110,95 EUR auf 69,94 EUR herabgesetzt werde, sondern in der bisherigen Höhe weiter bestehe. Die von der beklagten Partei angewendete Satzungsänderung sei verfassungswidrig. Es bestehe für Pensionen ein besonderer Vertrauensschutz, der es verbiete, diese abrupt herabzusetzen.
Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung. Sie brachte vor, das mit der 57. ASVG Novelle und einer neuen Satzung im Jahr 2000 realisierte Umstellungskonzept 1999 müsse seit dem Vorliegen der versicherungsmathematischen Bilanz zum als gescheitert erkannt werden. Trotz Verschlechterungen des Leistungsrechts und Entfall zweier Pensionsanpassungen habe sich der Fehlbetrag am auf mindestens 26 Mio EUR erhöht. Das für den Kläger vom bis entrichtete Deckungskapital sei aufgrund der bezogenen Leistungen bis vollständig verbraucht gewesen. Die Bescheide entsprächen der Rechtslage.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und wiederholte den Inhalt der bekämpften Bescheide. Die Kürzung der Leistung des Klägers entspreche den anzuwendenden Satzungsbestimmungen der beklagten Partei. Eine allfällige Verfassungswidrigkeit könne es nicht aufgreifen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge. Der Kläger stelle nicht in Frage, dass die Voraussetzungen des § 479 Abs 4 iVm § 581 Abs 4 ASVG vorliegen und die im Bescheid festgesetzte Höhe des besonderen Steigerungsbetrags für Zuschussleistungen gemäß § 480 ASVG der Satzung 2011 der beklagten Partei entspreche. Die Leistungskürzung durch die Satzungsänderung im Jahr 2009 könne im vorliegenden Verfahren nicht überprüft werden, sei diese doch nicht Gegenstand des von der beklagten Partei erlassenen Bescheids. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der in der Satzung 2011 der beklagten Partei normierten Leistungskürzungen hege das Berufungsgericht nicht. Es handle sich bloß um eine Zuschussleistung zur ASVG Pension und nicht um die Grundleistung selbst. Dem Kläger habe jedenfalls aufgrund des § 479 Abs 4 ASVG und der Sanierungsbemühungen der letzten Jahre bewusst sein müssen, dass es zu Kürzungen der Leistungen in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Situation der beklagten Partei kommen könne. Den Gesetzesmaterialien zum SRÄG 2011 sei zu entnehmen, dass sich die beklagte Partei in einer äußerst schwierigen finanziellen Situation befinde. Die Differenzierungen bei der Höhe der Leistungskürzungen in § 52 der Satzung 2011 der beklagten Partei seien sachlich: Vor dem Jahr 1983 angefallene Ruhegenüsse würden weniger stark gekürzt als danach angefallene. Ebenso werde berücksichtigt, ob die Pensionisten ihre Pension vor Erreichen des Regelpensionsalters und wie lange vor diesem angetreten hätten. Bei Abwägung dieser Gesamtumstände erscheine die sich beim Kläger ergebende Leistungskürzung von rund 36 %, möge sie für ihn auch schmerzlich sein, aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden sein.
Das Berufungsgericht sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 480 ASVG und damit im Zusammenhang stehenden Satzungsbestimmungen der beklagten Partei nicht vorliege und von diesen Regelungen ein größerer Personenkreis betroffen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die von der beklagten Partei beantwortete Revision des Klägers ist zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
Der Kläger bestreitet nicht, dass die bekämpfte Leistungskürzung § 480 ASVG idF des SRÄG 2011, BGBl I 2011/122, und § 52 der Satzung 2011 der beklagten Partei entspricht. Entgegen seinen Rechtsmittelausführungen hat er in erster Instanz vorgebracht, sich nicht dagegen zu wehren, dass der Steigerungsbetrag in Zukunft von der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau erbracht werde. Er macht geltend, die vierte Änderung der Satzung der beklagten Partei vom (Herabsetzung der Anwartschaften und Leistungen des laufenden leistungsorientierten Systems um 15 %) und die „Bestimmungen der 76. ASVG Novelle“ widersprächen eklatant dem Gleichheitsgrundsatz. Die „hier gegenständliche(n) Satzungsänderungen und Satzung“ seien verfassungswidrig, weil für Pensionen ein besonderer Vertrauensschutz bestehe, der eine abrupte Abänderung verbiete. Dem Kläger stünden nun Leistungen zu, die gemäß § 52 Abs 1 lit c der Satzung um 15 % und dann gemäß § 52 Abs 2 der Satzung um weitere 22,5 % zu kürzen gewesen seien. Dadurch sei der Kläger in „seinem einfachen gesetzlich/verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf das Gebot der Bestimmung von Gesetzen (Art 18 B VG) verletzt“.
Dem ist zu erwidern:
Das beklagte Pensionsinstitut ist eine Zuschusskasse des öffentlichen Rechts (§ 479 Abs 1 ASVG). Nach § 479 Abs 2 ASVG ist bis zum Inkrafttreten einer besonderen bundesgesetzlichen Regelung die zusätzliche Pensionsversicherung unter Bedachtnahme auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versicherungsträger und auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Versicherten durch die Satzung der beklagten Partei zu regeln.
Die Zusatzversicherung nach § 479 ASVG versteht sich als Ergänzung der gesetzlichen Pensionsversicherung. Sie hat daher die Aufgabe, die für die Versicherungsfälle des Alters, der Berufsunfähigkeit und des Todes gesetzlich vorgesehenen Leistungen zu ergänzen ( Frank in SV Kommentar § 479 ASVG Rz 17). Da der beklagten Partei keine öffentlichen Mittel zur Verfügung stehen, bestimmt sich ihre für die Festsetzung der Leistungen maßgebliche „finanzielle Leistungsfähigkeit“ ausschließlich nach dem Verhältnis zwischen eingehobenen Beiträgen und ausbezahlten Leistungen ( Frank in SV Kommentar § 479 ASVG Rz 18). In Abkehr vom bisherigen Mischsystem (zum Teil Umlageverfahren/zum Teil Kapitaldeckungsverfahren) wurde mit der 57. ASVG Novelle den Pensionsinstituten eine „kapitalgedeckte Finanzierungsform (ErläutRV 1909 BlgNR 20. GP 4) vorgegeben: § 479 Abs 4 ASVG zufolge ist die finanzielle Leistungsfähigkeit der Pensionsinstitute gegeben, wenn und solange der Abgang in der versicherungstechnischen Bilanz 5 % der bilanzierten Summe nicht überschreitet. Wird diese Grenze überschritten, so sind zur Deckung des Abgangs die Versicherungsleistungen herabzusetzen oder die Beiträge zu erhöhen. Nach der mit derselben Novelle geschaffenen Übergangsbestimmung des § 581 Abs 4 ASVG tritt im Jahr 1999 an die Stelle des Prozentsatzes von 5 ein Prozentsatz von 20 und an die Stelle des Prozentsatzes von 20 ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab , ein jeweils um einen Prozentpunkt verminderter Prozentsatz. Dadurch sollte die zusätzliche Pensionsversicherung bis „ohne gravierende Eingriffe in das Beitrags und Leistungsrecht“ angepasst werden können (ErläutRV 1909 BlgNR 20. GP 5).
Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 479 Abs 2 ASVG aus der Sicht des Legalitätsprinzips (Art 18 Abs 1 B-VG) bestehen nicht. Art 120b Abs 1 B VG idF BGBl I 2008/2 eröffnet den Trägern der nicht territorialen Selbstverwaltung, zu der auch die beklagte Partei gehört (vgl Frank in SV Kommentar § 479 ASVG Rz 8), ausdrücklich die Möglichkeit, ihre Angelegenheiten „im Rahmen der Gesetze“ durch Satzungen zu ordnen. Dieses gesetzesergänzende Verordnungsrecht erlaubt es, die in § 479 ASVG vorgesehene Zusatzversicherung gänzlich im Satzungsweg zu regeln, soweit dabei nicht gegen „bestehende Gesetze und Verordnungen“ verstoßen (vgl Art 118 Abs 6 B VG) werde ( Frank in SV Kommentar § 479 ASVG Rz 8).
Durch das SRÄG 2011, BGBl I 2011/122, wurde § 480 ASVG eingefügt. Danach gebührt Personen, die am Anspruch auf eine Zuschussleistung aus dem leistungsorientierten System des Pensionsinstituts haben, anstelle dieser Zuschussleistung ein besonderer Steigerungsbetrag iSd § 248 Abs 5 ASVG, der vom zuständigen Pensionsversicherungsträger (§ 29 ASVG) unter anderem mit der Maßgabe zu erbringen ist, dass die Höhe des besonderen Steigerungsbetrags dem Ausmaß jener Ruhegenuss oder Hinterbliebenenversorgungsgenuss-Zuschussleistung entspricht, die der anspruchsberechtigten Person am satzungsmäßig gebührt. Über den besonderen Steigerungsbetrag hat das Pensionsinstitut einen Bescheid zum Stichtag zu erlassen.
§ 481 ASVG idF des SRÄG 2011 regelt den besonderen Steigerungsbetrag für Anwartschaften (zum ) auf Zuschussleistungen. Jenes Kapital des Pensionsinstituts, das nach Anwendung des § 481 ASVG gemäß der versicherungsrechtlichen Bilanz zum zur Deckung der Ansprüche und Anwartschaften aus dem leistungsorientierten System verbleibt, ist mit Ausnahme der Urlaubs-, Abfertigungs- und Verwaltungskostenrückstellungen bis längstens an die zuständigen Versicherungsträger zu übertragen (§ 482 ASVG idF des SRÄG 2011). Ab hat das Pensionsinstitut ausschließlich beitragsorientiert zu verfahren. Der Geltungsbereich des beitragsorientierten Systems bestimmt sich nach § 38 der Satzung 2006 in der am geltenden Fassung. Die Beitragspflicht endet mit Ablauf des (§ 483 Abs 1 ASVG idF des SRÄG 2011). Ab kann gegen das Vermögen des Pensionsinstituts zur Hereinbringung von Ansprüchen aus dem leistungsorientierten System nach Abschnitt V der Satzung 2006 in der am geltenden Fassung weder ein Pfandrecht wirksam begründet noch Exekution geführt werden (§ 483 Abs 2 ASVG idF des SRÄG 2011).
Dazu führen die Materialien (ErläutRV 1512 BlgNR 24. GP 4 f und 12 f) auszugsweise aus:
„Das Pensionsinstitut für Verkehr und öffentliche Einrichtungen wurde im Jahr 1898 gegründet und vom Gesetzgeber im Jahr 1956 als „Zuschusskasse öffentlichen Rechts“ in das ASVG übernommen (...). Das im Wesentlichen im Umlageverfahren finanzierte System des Pensionsinstituts für Verkehr und öffentliche Einrichtungen geriet ua weil die Zahl der BeitragszahlerInnen zwischen 1980 und 1997 drastisch gesunken war ab Mitte der 1990er Jahre in einen erheblichen finanziellen Engpass.
Im Rahmen eines im Jahr 1999 umgesetzten Sanierungskonzepts, zu dem neben einem beachtlichen finanziellen Beitrag des Bundes auch die LeistungsbezieherInnen und die Anwartschaftsberechtigten (durch Kürzungen von Leistungen und Anwartschaften) sowie die DienstgeberInnen einen Beitrag geleistet hatten, sollte das umlagefinanzierte Altsystem auslaufen, neu eintretende Versicherte aber in einem neuen „beitragsorientierten System“ geführt werden.
Das auslaufende „Altsystem“ (sogenanntes leistungsorientiertes System) startete im Jahr 2000 dennoch mit einer finanziellen Unterdeckung von rund 25,5 Mio EUR, die nachdem in den folgenden Jahren insbesondere auch die zugrundeliegende Ertragserwartung nicht erfüllt werden konnte spätestens ab Vorliegen der versicherungstechnischen Bilanz zum die Setzung entsprechender Maßnahmen mit 2007 dringend angezeigt erscheinen ließ.
Die erforderlichen massiven Eingriffe in bestehende Leistungen und Anwartschaften, um das Problem systemintern zu lösen, stießen auf evidente verfassungsrechtliche Schranken, weshalb in der Folge in Gesprächen unter Beteiligung des Pensionsinstituts, des Sozial und des Finanzressorts Varianten zur Sanierung unter neuerlicher Hilfestellung des Bundes entwickelt wurden.
...
Die nunmehr vorgeschlagene Lösung basiert auf der Übernahme sämtlicher Zuschussleistungen und Anwartschaften aus dem im Pensionsinstitut geführten „Altsystem“ (dem leistungsorientierten System nach Abschnitt V der Satzung 2006, verlautbart ...) in die Höherversicherung nach § 248 ASVG.
...
Von dieser Maßnahme werden rund 1.300 ZuschussleistungsbezieherInnen und 1.586 Anwart-schaftsberechtigte betroffen sein.
Das Ausmaß der Zuschussleistungen und Anwartschaften aus dem Altsystem ist entsprechend der neuen Satzung des Pensionsinstituts mit deren Inkrafttreten am bescheidmäßig herabzusetzen und diese herabgesetzten Leistungen werden sodann in die Höherversicherung nach dem ASVG übernommen.
Aufgrund dieser Höherversicherung gebührt soweit schon ein Leistungsanspruch besteht anstelle der bisherigen Zuschussleistungen des Pensionsinstituts ein besonderer Steigerungsbetrag, und zwar in der Höhe der am satzungsmäßig (neu) festgestellten Zuschussleistung.
...
Von Bundesseite werden für die erforderlichen Leistungen Mittel in der Höhe von 27,5 Mio EUR bereit gestellt, welche im Lauf der kommenden 60 Jahre sukzessive in die durch die Leistungsübernahme erhöhte Abgangsdeckung fließen. Die dem „Altsystem“ zugeordneten finanziellen Mittel (insgesamt rund 55 Mio EUR) sind im Gegenzug dem zuständigen Pensionsversicherungsträger zu übertragen.
Um mit den genannten finanziellen Mitteln das Auslangen zu finden, ist aber auch eine entsprechende Leistungskürzung durch das Pensionsinstitut unabdingbar: Durch diese im Rahmen und in der Verantwortung der Selbstverwaltung des Pensionsinstituts vorzunehmende Kürzung soll sichergestellt werden, dass die in das ASVG übernommenen Leistungen aus der Höherversicherung letztendlich keine höhere Belastung als die genannte Summe von 27,5 Mio EUR verursachen.“
§ 52 der am kundgemachten neuen Satzung 2011 der beklagten Partei (avsv 2011/353) lautet auszugsweise wie folgt:
„(1) Monatliche Leistungen des leistungsorientierten Systems der vor dem Inkrafttreten dieser Satzung geltenden Satzung werden wie folgt herabgesetzt:
...
b) Ruhegenüsse, die nach dem Jahr 1982 und vor dem Jahr 2000 angefallen sind, werden einer Neuberechnung nach der am in Geltung gestandenen Satzung unterzogen. Von der Neuberechnung ist ein allfälliger besonderer Steigerungsbetrag gemäß § 581 Abs 2a ASVG in Abzug zu bringen. Sind 85 vH des verbleibenden neu berechnenden Ruhegenusses niedriger als der vor dem Inkrafttreten dieser Satzung gebührende Ruhegenuss, wird der Ruhegenuss um den halben Differenzbetrag herabgesetzt. Ruhegenüsse, die vor dem Tag, an dem die Altersgrenze für die Alterspension aus der Pensionsversicherung nach dem ASVG erreicht ist, angefallen sind, werden überdies für jeden angefangenen Monat des Anfalls vor dieser Altersgrenze um 0,25 vH, höchstens jedoch um 15 vH des zuvor ermittelten Ausmaßes herabgesetzt.
...
(2) Die gemäß Abs 1 herabgesetzten Leistungen werden weiters auf 77,5 vH ihres Ausmaßes herabgesetzt.“
Da die Leistungskürzung um 15 % durch § 58a der Satzung der beklagten Partei im Jahr 2009 im vorliegenden Verfahren nicht anzuwenden ist, sind Bedenken gegen ihre Verfassungsmäßigkeit nicht zu erwägen.
Der Kläger hat seine Behauptung der Verfassungswidrigkeit unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes nicht konkretisiert.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (zB VfSlg 17.254 mwN) gewährleistet keine Verfassungsvorschrift den Schutz erworbener Rechtspositionen, sodass es im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Die Aufhebung oder Abänderung von Rechten, die der Gesetzgeber zunächst eingeräumt hat, muss jedoch jeweils sachlich begründbar sein. Aber auch an sich unbedenkliche Eingriffe in bestehende Rechtspositionen können nicht die Minderung erworbener Rechte jedweder Art und in jedweder Intensität sachlich rechtfertigen. Unter diesem zuletzt genannten Gesichtspunkt verletzt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ein Gesetz den Gleichheitssatz, wenn es bei Änderung der Rechtslage plötzlich ohne entsprechende Übergangsbestimmungen und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreift; diesem aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten Vertrauensschutz kommt gerade im Pensionsrecht besondere Bedeutung zu (VfSlg 17.254 uva). Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist nämlich bei der Änderung von Regelungen, die (Alters )Pensionen betreffen, zu beachten, dass sich die in Betracht kommenden Personen schon während ihres Erwerbslebens im Vertrauen darauf eingerichtet haben, später eine am Erwerbseinkommen orientierte Pensionsleistung zu beziehen. Eine Missachtung dieses Vertrauens durch plötzliche, die (künftige) Lebensführung direkt treffende Maßnahmen des Gesetzgebers wiegt bei Pensionsbeziehern sowie jenen Personen, die kurz vor Erreichung des Anfallsalters für eine gesetzliche Pension stehen, besonders schwer, weil es diesem Personenkreis meist nicht mehr möglich ist, sich im Nachhinein auf die geänderten Umstände einzustellen (VfSlg 17.254 mwN). Zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit eines derartigen Eingriffs ist es erforderlich, dessen Intensität mit dem Gewicht der den Eingriff tragenden öffentlichen Interessen etwa die Unvermeidbarkeit des Eingriffs zur Erhaltung der Finanzierbarkeit des Systems abzuwägen (VfSlg 17.254 mwN).
Nach den oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien ist davon auszugehen, dass das leistungsorientierte System nach der mit der 57. ASVG Novelle vorgegebenen kapitalgedeckten Finanzierungsform ohne Steuermittel nicht aufrechtzuerhalten war. Ohne die Beteiligung des Bundes in Höhe der Hälfte der dem „Altsystem“ zugeordneten finanziellen Mittel (vgl den Bundesbeitrag zur gesetzlichen Pensionsversicherung nach § 80 ASVG) hätte die Leistungskürzung noch höher ausfallen oder hätten die Beiträge so beträchtlich erhöht werden müssen, dass diese Belastungen dem Gesetzgeber nicht verfassungsmäßig erschienen. Die Zielsetzung, den Beitrag des Bundes mit einem Drittel des zur Finanzierung der in das ASVG Pensionssystem übergeleiteten Zuschussleistungen aus dem „Altsystem“ zu begrenzen, liegt im öffentlichen Interesse. Sie bedingt den Beitrag der Leistungsbezieher, dass es für sie weiter eine Zusatzleistung zur ASVG-Grundpension gibt. Der Verfassungsgerichtshof hat die Verfassungsmäßigkeit von Abschlägen im Ausmaß von durchschnittlich 10 % der Bruttopension im Fall des Pensionsantritts vor Erreichen des Regelpensionsalters bejaht (VfSlg 15.269). Auch die beklagte Partei hat bei der Bemessung der Kürzung auf den Aspekt der Erreichung des Regelpensionsalters Bedacht genommen. Der Kläger hat nicht dargetan, dass die Kürzungen seiner Zuschussleistungen zur ASVG Pension erheblich im Sinn der Kriterien des Verfassungsgerichtshofs sind. Vor diesem Hintergrund vermag der erkennende Senat die vom Kläger unter dem Blickwinkel des Vertrauensschutzes geäußerten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der zur Kürzung der von ihm bezogenen Zuschussleistung führenden Gesetzes- und Satzungsbestimmungen nicht zu teilen. Es ist auch sonst nichts hervorgekommen, das solche Bedenken erwecken könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2013:010OBS00009.13S.0528.000