OGH vom 28.04.1992, 10ObS87/92
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Robert Göstl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Alfred Klair (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Walter T*****, gesetzlich vertreten durch den Sachwalter Rudolf K*****, dieser vertreten durch Dr. Karl Zerner, Dr. Heinrich Vana und Dr. Christine Kolbitsch, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER ARBEITER (Landesstelle Wien), 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Hilflosenzuschusses aus Anlaß und infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 32 Rs 2/92-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 14 Cgs 46/90-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten der Berufung und der Revision sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Aus dem den Kläger betreffenden Pensionsakt der beklagten Partei und dem erstgerichtlichen Akt ergibt sich folgende Vorgeschichte dieses Verfahrens:
Am beantragte der am geborene Kläger, der schon damals in seiner derzeitigen Wohnung wohnte, bei der beklagten Partei wegen "Geisteskrankheit" die Invaliditätspension. Er hatte von 1964 bis 1985 als Hilfsarbeiter 231 Pflichtbeitragsmonate und von 1983 bis 1985 20 Ersatzmonate erworben.
Zur Erstuntersuchung am bei einem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie erschien er mit seiner Tante, mit deren Hilfe die Anamnese erhoben werden konnte, daß er drei Volksschulklassen besuchte, in einem Heim aufwuchs und im Untersuchungsjahr im Behindertenzentrum G***** Flecht- und andere Bastlerarbeiten verrichtete, wofür er ein monatliches Taschengeld von 1.000 S erhielt. Er befand sich in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand, war jedoch nicht orientiert, kaum kontaktfähig, verlangsamt und affektlabil. Der Gutachter erhob einen unauffälligen organneurologischen Befund und diagnostizierte eine frühkindliche Hirnschädigung mit mittel- bis höhergradiger Debilität. Deshalb erachtete er die bisher ausgeübten Tätigkeiten dem Pensionswerber nicht zumutbar und auch Hilflosigkeit als gegeben. Er empfahl eine vorübergehende Pensionierung und eine Nachuntersuchung nach drei Jahren.
Daraufhin erkannte die beklagte Partei dem Kläger mit Bescheid vom vom an eine Invaliditätspension wegen vorübergehender Invalidität von monatlich 5.086 S und den Hilflosenzuschuß zu. Seit März 1986 wurde die Pension auf Wunsch des Pensionisten bargeldlos auf dessen Konto bei einer Wiener Bank überwiesen.
Bei der Nachuntersuchung durch denselben Vertrauensarzt der beklagten Partei am fand dieser den Pensionisten orientiert, angepaßt, kooperativ, ohne Psychosezeichen und etwas verlangsamt; einfache Wissensfragen wurden nicht beantwortet, einfache Rechenbeispiele nicht gelöst. Der Gutachter diagnostizierte eine frühkindliche Hirnschädigung mit mittel- bis höhergradiger Debilität, demnach (diesbezüglich) keine Befundänderung gegenüber der Erstuntersuchung. Weil keine Besserung dieses Zustandsbildes mehr zu erwarten sei, empfahl er nunmehr, dauernde Invalidität anzunehmen. Weil der Pensionist nunmehr jedoch ausreichend orientiert und imstande sei, die täglich wiederkehrenden lebensnotwendigen Verrichtungen allein und ohne fremde Hilfe auszuüben, liege keine Hilflosigkeit mehr vor.
Deshalb wurde die Invaliditätspension mit Bescheid der beklagten Partei vom vom an um den auf den Hilflosenzuschuß entfallenden Betrag herabgesetzt. Der an den Pensionisten adressierte Bescheid konnte bei einem Zustellversuch am nicht zugestellt werden und wurde an diesem Tag, an dem auch die Abholfrist begann, beim Zustellpostamt 1070 Wien hinterlegt; eine Verständigung von der Hinterlegung wurde in das Hausbrieffach eingelegt.
Bereits am hatte Hertha C*****, eine in ***** W*****, wohnende Tante des Pensionisten, die diesen bereits zur Erstuntersuchung begleitet haben dürfte, beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien angeregt, für ihn einen Sachwalter zu bestellen, weil er ständig Kaufverträge, "die er niemals bezahlen kann", unterschreibe. Im Zuge des Sachwalterbestellungsverfahrens wurde Walter T***** am durch einen zum Sachverständigen bestellten Facharzt für Psychiatrie und Neurologie untersucht, der am einen schriftlichen Befund samt Gutachten erstattete. Bei der Befundaufnahme berichtete der Behinderte, über eine Rente befragt, "daß er ca 5.000 S bekomme, früher habe er auch noch eine Nothilfe" - damit meinte er wahrscheinlich den Hilflosenzuschuß - "gehabt, die sei ihm jetzt weggenommen worden, weil er sich allein anziehen könne....". Der Untersuchte war bei klarem Bewußtsein....ausreichend orientiert, gut kontaktfähig, im Verhalten angepaßt, wirkte affektiv deutlich verflacht, die Stimmungslage etwas depressiv, der Gedankenablauf war geordnet, aber deutlich verlangsamt, die Gedankeninhalte waren verarmt. Eine wesentliche Störung des Gedächtnisses oder der Merkfähigkeit war nicht festzustellen. Verstandesmäßig machte er einen stark unterbegabten Eindruck mit mangelndem Wissensstand, mangelhaften Schulfertigkeiten und auch nicht ausreichender Einsichtsfähigkeit über seine psychische Behinderung. Wahnideen oder Sinnestäuschungen waren nicht feststellbar. Der Sachverständige diagnostizierte eine deutliche Verstandesschwäche vom Grade einer Debilität (leichter Schwachsinn). Debile seien nicht imstande, ihr Leben zu gestalten und zu organisieren, könnten sich zwar allein waschen, kleiden, anziehen und ev auch Nahrung beschaffen und bereiten, bräuchten aber Hilfe und Unterstützung bei komplizierten Angelegenheiten, wie Geldeinteilung über größere Zeiträume, Hilfe bei der Wohnungsbeschaffung, aber auch bei diversen Anträgen, wie für Pensionierung oder Hilflosenzuschuß usw. Der Behinderte benötige ständige Hilfe und Betreuung in dem Ausmaß, wie sie ihm derzeit von seiner Tante, also im familiären Bereich, gegeben werde. Er sei zwar imstande, eine eigene Wohnung zu bewohnen, brauche aber Unterstützung bei der Geldeinteilung, Planung von Investitionen und bei der Stellung von ev Anträgen bzw bei der Vertretung vor Behörden.
Mit rechtskräftigem Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , 9 SW 17/88-13, wurde für Walter T***** der Diplomsozialarbeiter R***** K***** vom (Wiener) Verein für Sachwalterschaft gemäß § 273 ABGB zum Sachwalter für folgenden Kreis von Angelegenheiten bestellt: Einkommensverwaltung, Vertretung vor Gerichten und Behörden, insbesondere Sozialversicherungsbehörde, Vertretung gegenüber privaten Vertragspartnern.
Mit am eingelangter Eingabe vom teilte R***** K***** der beklagten Partei seine Bestellung mit und ersuchte, die Pensionsleistung nunmehr auf das Gerichtsdepotkonto bei einer Wiener Bank zu überweisen und ihm den letzten Pensionsbescheid zu übersenden. Für den Fall, daß bisher kein Antrag auf Zuerkennung des Hilflosenzuschusses gestellt worden sein sollte, beantragte er den Hilflosenzuschuß, weil der Pensionist ständiger Wartung und Hilfe bedürfe.
Unter Bezugnahme auf diese Eingabe gab die beklagte Partei dem Verein für Sachwalterschaft mit Schreiben vom die Zusammensetzung des Pensionsauszahlungsbetrages seit bekannt. Mit Schreiben vom teilte sie dem genannten Verein zu Handen des bestellten Sachwalters mit, daß die Pension mit Bescheid vom gemäß § 97 ASVG (um den Hilflosenzuschuß) herabgesetzt worden sei, weil die Voraussetzungen für diesen Anspruch gemäß § 105 a Abs 1 ASVG nicht mehr vorgelegen hätten. In solchen Fällen könne der Antrag auf Gewährung des Hilflosenzuschusses gemäß § 362 ASVG erst ein Jahr nach Rechtskraft der Entscheidung gestellt werden. Weil der neuerliche Antrag bereits am gestellt worden sei, wäre binnen vier Wochen eine Bescheinigung über eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes vorzulegen.
Daraufhin legte der Sachwalter mit am eingelangtem Schreiben vom das im Sachwalterbestellungsverfahren eingeholte, bereits oben erwähnte schriftliche psychiatrische Gutachten vom und eine Übertragung des Tonbandprotokolls des Sachwalterschaftsgerichtes vom vor, das ua eine mündliche Ergänzung des psychiatrischen Gutachtens und die Angabe des später zum Sachwalter bestellten damaligen Verfahrenssachwalters enthält, es werde zu versuchen sein, "auch den Hilflosenzuschuß wieder zu bekommen, der ihm" (dem Behinderten) "abgesprochen wurde". Die schon erwähnte Tante des Behinderten nahm damals zur Kenntnis, daß ua für die Vertretung ihres Neffen vor Sozialversicherungsträgern für die Erlangung des Hilflosenzuschusses R***** K***** als Sachwalter bestellt werde. Dieser verwies in der Eingabe vom darauf, aus dem vorgelegten Gutachten sei ersichtlich, daß der Pensionist wegen seiner geistigen Behinderung ständige Wartung und Hilfe benötige. Er werde von seiner Tante betreut, die ihn mit Essen versorge, Wäsche und Wohnung reinige und ihm bei der Körperpflege behilflich sei, weil er sonst wegen seiner geistigen Behinderung verwahrlosen könnte. Ohne die intensive Betreuung durch die Tante könnte der Behinderte nicht in einer eigenen Wohnung wohnen und müßte in eine stationäre Betreuungsinstitution aufgenommen werden. Der Sachwalter ersuchte, den Antrag (vom ) neuerlich zu prüfen.
Nunmehr ersuchte die Pensionsabteilung ihre fachärztliche Begutachtungsstation um Veranlassung einer Nachuntersuchung und Stellungnahme zum "Wiederholungsantrag (§ 362 ASVG; Entscheidung rechtskräftig seit )", ob auf Grund der beiliegenden ärztlichen Bescheinigung seit der letzten Untersuchung am 23.(richtig 22.)12.1988 eine wesentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes anzunehmen sei. Gegebenenfalls wurde um Veranlassung einer neuerlichen Untersuchung und um Stellungnahme gebeten, ob bzw seit wann Hiflflosigkeit vorliege.
In dem daraufhin von einem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie auf Grund einer mit dem Pensionisten und seiner Tante am aufgenommenen Anamnese und neurologischen sowie psychiatrischen Untersuchung erstellten vertrauensärztlichen Gutachten wurde eine angeborene höhergradige Geistesschwäche (Debilität an der Grenze der Imbezillität) diagnostiziert und ausgeführt, daß der "Pensionswerber" auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur bei weitgehendem Entgegenkommen des Arbeitgebers erwerbsfähig und auf sich allein gestellt der Verwahrlosung und dem Verderben preisgegeben wäre. Somit bestehe dauernde Invalidität und seit Antrag Hilflosigkeit.
Der Chefarztstellvertreter hingegen gab die Stellungnahme ab, daß auf Grund des vorliegenden Befundes Hilflosigkeit nicht anzunehmen sei.
Mit an den Pensionisten zu Handen des Sachwalters adressiertem, diesem am zugestellten Bescheid vom lehnte die beklagte Partei "den Antrag vom auf Gewährung des Hilflosenzuschusses" ab, weil der Pensionist nicht dauernd außerstande sei, die sich regelmäßig wiederholenden lebenswichtigen Verrichtungen, wie Essen, Trinken, An- und Auskleiden, Waschen usw, ohne fremde Hilfe vorzunehmen.
Die am bei der beklagten Partei eingelangte Klage richtet sich auf einen Hilflosenzuschuß im gesetzlichen Ausmaß vom an - das ist das Datum des Entziehungsbescheides - und stützte sich zunächst auf das im Schwalterbestellungsverfahren eingeholte psychiatrische Gutachten vom , nach dem der Kläger ständige Wartung und Pflege benötige.
Die beklagte Partei bestritt dies und beantragte die Abweisung der Klage.
In der Tagsatzung vom brachte der Kläger vor, daß ihm von der beklagten Partei vom bis (richtig ) der Hilflosenzuschuß gewährt worden sei und sich sein gesundheitlicher Zustand nicht verändert habe. Er sei hinsichtlich Ernährung, Körperpflege, Wäsche- und Wohnungsreinigung auf die Hilfe seiner Tante angewiesen und vor deren Hilfeleistung völlig verwahrlost gewesen.
In dem in der Tagsatzung vom vorgetragenen, am zur Post gegebenen Schriftsatz vom brachte der Kläger unter Vorlage von Ablichtungen der bezogenen Bescheide vor, daß die Zustellung des Bescheides vom , mit dem ihm der im Bescheid vom zuerkannte Hilflosenzuschuß entzogen worden sei, wegen seiner damaligen Geschäfts- und Prozeßunfähigkeit rechtsunwirksam sei. Die Entziehung sei daher nach § 99 Abs 3 ASVG nicht wirksam geworden. Selbst wenn man der Meinung sei, daß mit "diesem" Bescheid - damit dürfte der Bescheid vom gemeint sein - allenfalls auch eine rechtswirksame Entziehung des wegen der unwirksamen Zustellung des seinerzeitigen Entziehungsbescheides allenfalls bis zur Zustellung des nunmehr angefochtenen Bescheides zustehenden Hilflosenzuschusses erfolgt sein sollte, wäre in diesem Verfahren nicht über die Neugewährung, sondern über die Entziehung dieses Zuschusses zu entscheiden. Diese wäre nur bei einer wesentlichen Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers zulässig, die jedoch seit der Gewährung nicht eingetreten sei. Deshalb gebühre dem Kläger der Hilflosenzuschuß vom an weiter.
Dazu brachte die beklagte Partei in einem in der Tagsatzung vom vorgetragenen Schriftsatz vom vor, sie habe dem Sachwalter in einem Schreiben vom mitgeteilt, daß seinem in einem Schreiben vom gestellten Begehren auf neuerliche Zustellung des Bescheides vom nicht entsprochen werden könne. Sowohl der Bescheid vom über die Gewährung der Invaliditätspension und des Hilflosenzuschusses als auch der Bescheid vom seien dem (damals) in seiner Handlungsfähigkeit nicht eingeschränkten Kläger zugegangen, dem erst mit Beschluß vom ein Sachwalter für die Vertretung vor Gericht und Behörden bestellt worden sei. Deshalb könne die Herabsetzung der Invaliditätspension um den Hilflosenzuschuß seit nach Meinung der beklagten Partei nicht Gegenstand dieses Rechtsstreites sein. Den vom Sachwalter übermittelten Kopien des gerichtlichen Sachwalteraktes sei zu entnehmen, daß dem Sachwalter die Entziehung des Hilflosenzuschusses schon damals bekannt gewesen sei.
Das Erstgericht wies die Klage ab.
Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Der (am geborene) Kläger ist seit seiner Geburt psychisch behindert und intellektuell nicht in der Lage, sich bei Behörden zu vertreten. Erst mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom (richtig ), 9 SW 17/88, wurde für ihn ein Sachwalter bestellt. Mit "nur an den Kläger persönlich zugestelltem" Bescheid vom entzog ihm die beklagte Partei den mit Bescheid vom zuerkannten Hilflosenzuschuß. Der Kläger bewohnt allein eine Wohnung und wird bei den Verrichtungen des täglichen Lebens von seiner Tante unterstützt. Er kann sich allein an- und ausziehen, waschen, den Wohnraum oberflächlich instandhalten, einfache Speisen zubereiten, die kleine Leibwäsche waschen, seinen Ofen in Gang halten und auch Nahrungsmittel einholen, wenn ihm die für eine eventuelle Bevorratung benötigten Lebensmittel auf einen Zettel geschrieben werden. Zur Überprüfung der Wohnsituation und zur Anleitung für die genannten Verrichtungen benötigt er fünfmal in der Woche eine Stunde Hilfe, deren Kosten "den Betrag des mittleren Hilflosenzuschusses nicht übersteigen". "Auch wenn es infolge Inkontinenz zu einer Verschmutzung des Klägers kommt, müßte es durch Medikation und Konditionierung möglich sein, dies hintanzuhalten."
Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes sei lediglich über den "Neuantrag" vom , und zwar im klageabweisenden Sinn, zu entscheiden, weil der Kläger nicht derart hilflos sei, daß er ständig der Wartung und Hilfe bedürfe. Soweit er seinen Anspruch auf die Gewährung im Jahre 1986 und Entziehung im Jahre 1989 stütze, sei darauf zu verweisen, daß bei Annahme einer nicht rechtswirksamen Entziehung der Anspruch auf Hilflosenzuschuß nach wie vor aufrecht, im vorliegenden Verfahren aber nicht zu beurteilen wäre. Sehe man aber das nachträgliche Zukommen des Entziehungsbescheides an den Sachwalter als Heilung der Zustellung an und wäre infolge zwischenzeitlichen Verstreichens der "Rechtsmittelfrist" von der Rechtskraft dieses Bescheides auszugehen, dann wäre im vorliegenden Verfahren nicht über die Entziehung, sondern nur über die Neugewährung abzusprechen.
In der Berufung beantragte der Kläger, das erstgerichtliche Urteil dahin abzuändern, daß ihm der Hilflosenzuschuß über den hinaus weiter zustehe, allenfalls die Klage wegen Aufrechtbestehens des Anspruches auf Grund des Bescheides vom zurückzuweisen. In der Rechtsrüge führte der Berufungswerber im wesentlichen aus, daß er bereits bei Zustellung des Entziehungsbescheides prozeßunfähig gewesen sei. Weil das angefochtene Urteil ausspreche, daß dem Kläger seit kein Hilflosenzuschuß zustehe, werde dadurch ein auf Grund des seinerzeitigen Gewährungsbescheides bestehender Anspruch auf Hilflosenzuschuß von diesem Tag an beseitigt und in die Rechtskraft des Zuerkennungsbescheides eingegriffen. Wenn man davon ausgehe, daß der Anspruch auf Grund des Zuerkennungsbescheides weiterbestehe, dann wäre die Klage gegen den (außer Kraft getretenen) Abweisungsbescheid mangels Rechtsschutzinteresses zurückzuweisen. Halte man - aus prozeßökonomischen Gründen - den mit der Klage bekämpften Abweisungsbescheid einem Entziehungsbescheid gleich, weil der frühere Entziehungsbescheid - mangels wirksamer Zustellung - unwirksam geblieben sei, dann wäre der Gesundheitszustand zur Zeit der Gewährung mit dem zur Zeit des Schlusses der Verhandlung zu vergleichen gewesen. Mangels einer wesentlichen Besserung wäre eine Entziehung nicht zulässig. Als Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens rügte der Berufungswerber die angeblich unschlüssige Begründung im Zusammenhang mit der Vermeidbarkeit von Inkontinenzfolgen.
Die beklagte Partei führte in der Berufungsbeantwortung ua aus, dem Sachwalter sei schon zur Zeit seiner Bestellung bekannt gewesen, daß der Entziehungsbescheid dem Kläger zugegangen war. Dennoch habe er den Antrag vom aufrechterhalten und - im vorliegenden Verfahren - erstmals nach der Tagsatzung vom (im Schriftsatz vom ) eine nicht rechtswirksame Zustellung des Entziehungsbescheides behauptet. Auch wenn der Kläger schon bei dieser Zustellung prozeßunfähig gewesen wäre, wäre im Hinblick auf das Verhalten des Sachwalters von dessen nachträglicher Genehmigung auszugehen.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil.
Weil sich die Klage gegen den Bescheid vom richte, sei auf die Ausführungen der Berufung zum Bescheid vom und damit auf die nicht gesetzgemäß ausgeführte Rechtsrüge nicht näher einzugehen. Die gerügte Mangelhaftigkeit liege nicht vor, weil die Feststellungen über die Inkontinenz ausreichten.
Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit den Anträgen, die Urteile der Vorinstanzen im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder sie allenfalls aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die Revision ist nach § 46 Abs 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 dieser Gesetzesstelle zulässig; sie ist auch im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Für das Verfahren vor den Versicherungsträgern in Leistungssachen....gelten nach § 357 Abs 1 ASVG entsprechend ua die nachstehenden Bestimmungen des AVG: § 8 über Beteiligte und Parteien, § 9 über Rechts- und Handlungsfähigkeit, §§ 10 bis 12 über Vertreter, §§ 21 und 22 über Zustellungen, §§ 58, 59 bis 61 und § 62 Abs 4 über Inhalt und Form der Bescheide.
Über den Antrag auf eine Leistung gemäß § 222 Abs 1 und 2 ASVG aus der Pensionsversicherung ist nach § 367 Abs 1 leg cit jedenfalls ein Bescheid zu erlassen. Abs 1 dieser Bestimmung ist nach deren Abs 2 ua bei Entziehung und Neufeststellung eines Leistungsanspruches entsprechend anzuwenden.
Sind die Voraussetzungen des Anspruches auf eine laufende Leistung nicht mehr vorhanden, so ist die Leistung nach § 99 Abs 1 ASVG zu entziehen, sofern nicht der Anspruch gemäß § 100 Abs 1 ohne weiteres Verfahren erlischt.
Nach § 97 Abs 3 ASVG wird die Herabsetzung einer Pension, zB um den Hilflosenzuschuß, wenn der Herabsetzungsgrund in der Wiederherstellung oder Besserung des körperlichen oder geistigen Zustandes des Pensionisten oder seines Kindes gelegen ist, mit dem Ablauf des Kalendermonates wirksam, der auf die Zustellung des Bescheides folgt, sonst mit dem Ende des Kalendermonates, in dem der Herabsetzungsgrund eingetreten ist.
Beim Hilflosenzuschuß handelt es sich um keinen eigenen Leistungsanspruch, sondern um einen Pensionsbestandteil im weiteren Sinn, weshalb seine - mit Bescheid vorzunehmende - "Entziehung" iS des § 97 Abs 3 ASVG eine Herabsetzung der Pension, zu der er gewährt wurde, bedeutet. Eine solche Herabsetzung stellt aber inhaltlich die Entziehung eines Bestandteiles eines Anspruches auf eine laufende Leistung im weiteren Sinn dar, deren Voraussetzungen im § 99 ASVG geregelt sind. Ein Hilflosenzuschuß darf daher (für sich allein) auf Dauer nur entzogen werden, wenn seine im § 105 a Abs 1 ASVG angeführten Voraussetzungen nicht mehr vorhanden sind, wenn der Pensionist also nicht mehr derart hilflos ist, daß er ständig der Wartung und Hilfe bedarf (SSV-NF 1/44; die im 1.Absatz der veröffentlichten Begründung angegebene Literatur findet sich nunmehr bei Teschner in Tomandl, SV-System 5.ErgLfg 411; Teschner in MGA ASVG 45.ErgLfg 566 f und 51. ErgLfg 579 f).
Daran, daß der Kläger in den vom beklagten Träger der Pensionsversicherung zur Feststellung des Anspruches des Klägers auf einen Hilflosenzuschuß zur Invaliditätspension durchgeführten beiden Verfahren in Leistungssachen, und zwar im amtswegigen ersten Verfahren zur Herabsetzung der Invaliditätspension um den Hilflosenzuschuß und im auf Antrag des Sachwalters des Klägers eingeleiteten zweiten Verfahren zur Erhöhung der Invaliditätspension um den Hilflosenzuschuß, Partei im Sinne des § 8 AVG war, besteht kein Zweifel.
Insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, ist sie von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen (§ 9 AVG).
Während die persönliche Rechtsfähigkeit und die dadurch begründete Parteifähigkeit, das ist die Fähigkeit, Träger von prozessualen Rechten und Pflichten zu sein (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsrechts5 Rz 130 bis 132), des Klägers in beiden vom beklagten Träger der Pensionsversicherung durchgeführten Verfahren in Leistungssachen unbestritten ist, ist dies bei der Handlungsfähigkeit und der durch sie begründeten Prozeßfähigkeit, das ist die Fähigkeit, durch eigene Handlungen oder durch die eines gewillkürten Vertreters prozessuale Rechte und Pflichten zu begründen (Walter-Mayer, Grundriß Rz 130, 131 und 133), des Klägers hinsichtlich des erstgenannten Verfahrens strittig.
Ob eine Partei handlungs- und damit auch prozeßfähig ist, bestimmt sich primär nach den Verwaltungsvorschriften, subsidiär nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes (Walter-Mayer, Grundriß Rz 131 und 133; Oberndorfer in Tomandl, SV-System 6.ErgLfg 663 f).
Das ASVG sieht nur Bestimmungen über die Berechtigung zur Stellung von Anträgen auf Gewährung von Leistungsansprüchen und über die Berechtigung, Leistungen in Empfang zu nehmen, vor. Wenn es im § 361 Abs 2 Satz 1 ASVG heißt, daß zur Stellung eines (Leistungsfeststellungs)Antrages der Anspruchswerber selbst oder sein gesetzlicher Vertreter berechtigt ist, dann bezieht sich das Antragstellungsrecht der Anspruchswerber - abgesehen von der im
2. Satz dieses Absatzes für mündige Minderjährige vorgesehenen Ausnahme - nur auf Personen, die diesbezüglich in ihrer Handlungsfähigkeit nicht beschränkt sind. Bei diesbezüglich beschränkten Anspruchswerbern ist nur deren gesetzlicher Vertreter zur Stellung des (Leistungsfeststellungs)Antrages berechtigt.
Ob der Kläger im amtswegigen ersten Verfahren zur Herabsetzung der Invaliditätspension um den Hilflosenzuschuß, insbesondere bei der Zustellung des Bescheides vom handlungsfähig und prozeßfähig war, hängt daher davon ab, ob er damals seine damit zusammenhängenden Angelegenheiten aus einem anderen Grund als dem der Minderjährigkeit selbst gehörig zu besorgen vermochte.
Dies wäre nicht der Fall, wenn er diesbezüglich trotz seiner Volljährigkeit "den Gebrauch der Vernunft nicht gehabt hätte" (§ 865 ABGB). Solche Personen sind nämlich nach dieser Gesetzesstelle "unfähig, ein Versprechen zu machen oder es anzunehmen", können also wegen ihrer Geisteskrankheit oder -schwäche - außer in den Fällen des § 151 Abs 3 ABGB - keine gültigen Geschäfte schließen.
Dafür bedarf es aber grundsätzlich völliger Unfähigkeit, die Bedeutung rechtsgeschäftlicher Handlungen zu erkennen, also einer Geisteskrankheit oder -schwäche, die früher volle Entmündigung, nunmehr die Betrauung des Sachwalters mit der Besorgung aller Angelegenheiten der behinderten Person nach § 273 Abs 3 Z 3 ABGB gerechtfertigt hätte bzw rechtfertigen würde (Rummel in Rummel, ABGB I2 Rz 3 zu § 865 mit Judikaturzitaten). Darüber hinaus läßt die neuere Rsp (JBl 1977, 537; SZ 55/166; EFSlg 48.575; NZ 1987,
14) und die praktisch einhellige Lehre auch durch Geisteskrankheit oder -schwäche bedingte völlige Unfähigkeit, die Tragweite eines bestimmten Geschäfts einzusehen, für die Ungültigkeit desselben ausreichen (sog partielle Geschäftsunfähigkeit) (Rummel aaO mit Literaturzitaten).
Dadurch, daß für den Kläger während des amtswegigen ersten Verfahrens zur Herabsetzung der Invaliditätspension um den Hilflosenzuschuß, insbesondere zur Zeit der Zustellung des Herabsetzungsbescheides vom , nämlich mit Beschluß vom , 9 SW 17/88-4, R***** K***** zum einstweiligen Sachwalter bestellt war, wurde der Betroffene in seinen Rechtshandlungen allerdings nicht beschränkt, weil dieser einstweilige Sachwalter nach § 238 Abs 1 AußStrG nur zur Vertretung im Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters, nicht aber auch nach Abs 2 leg cit zur Besorgung sonstiger dringender Angelegenheiten für die Dauer des genannten Verfahrens bestellt wurde.
Die Beschränkung der Geschäftsfähigkeit des Betroffenen infolge Bestellung eines Sachwalters trat vielmehr erst mit der Rechtskraft des Beschlusses vom , 9 SW 17/88-13, hinsichtlich der darin umschriebenen Angelegenheiten, die der Sachwalter zu besorgen hat, ein, darunter auch für die Vertretung vor Gerichten und Behörden, insbesondere "Sozialversicherungsbehörde". Weil der am zugestellte Beschluß, mit dem der Sachwalter bestellt wurde, nicht mit einem Rechtsmittel bekämpft wurde, wurde er - entgegen der Bestätigung des Sachwalterschaftsgerichtes richtigerweise - nach § 247 AußStrG mit dem Eintritt der Rechtskraft am wirksam.
Das schließt allerdings nicht aus, daß der Kläger schon vorher, allerdings nicht infolge Bestellung eines Sachwalters, sondern - wie oben bereits dargelegt wurde - wegen Geisteskrankheit oder -schwäche, in seiner Handlungs- und Prozeßfähigkeit so beschränkt war, daß ihm der Bescheid der beklagten Partei vom über die Herabsetzung der Invaliditätspension um den Hilflosenzuschuß nicht wirksam zugestellt werden konnte.
Ist für einen tatsächlich Behinderten kein gesetzlicher Vertreter bestellt, so hat die Behörde die Prozeßfähigkeit zu prüfen (Walter-Mayer, aaO Rz 134 f; Zierl, ÖGZ 1984, 121). Soll von Amts wegen oder auf Antrag gegen einen handlungsunfähigen Beteiligten, der eines gesetzlichen Vertreters entbehrt,.....eine Amtshandlung vorgenommen werden, so kann die Behörde, wenn die Wichtigkeit der Sache es erfordert, nach § 11 AVG die Bestellung eines Sachwalters (Kurators) bei dem hierfür zuständigen Gericht (§ 109 JN) veranlassen. Mangelnde Prozeßfähigkeit führt zur Unwirksamkeit verfahrensrechtlicher Akte. Die Zustellung ist ein rechtlich geregeltes Verfahren, das aus zwei rechtlich zu unterscheidenden Akten, der Zustellverfügung und dem eigentlichen Zustellvorgang, besteht. Erstere ist von der Behörde zu treffen und hat ua den Empfänger festzulegen; der "eigentliche Zustellvorgang" führt die Zustellverfügung aus. Sowohl die Zustellverfügung als auch deren Durchführung sind Verfahrensakte, die rechtswirksam nur gegen Prozeßfähige gesetzt werden können. An handlungsunfähige Personen darf eine Zustellung nicht verfügt werden; die Behörde hat vielmehr den gesetzlichen oder bestellten Vertreter als "Empfänger" festzulegen. Eine an einen Handlungsunfähigen "vorgenommene" Zustellung löst keine Rechtswirkungen aus. Eine rechtmäßige Zustellung hingegen löst alle an sie geknüpften Rechtswirkungen aus; der zugestellte Akt gilt als "erlassen". Eine
weitere - spätere - Zustellung löst nach § 6 ZustellG keine Rechtsfolgen mehr aus (Walter-Mayer, aaO Rz 135, 197 f, 202; Walter-Mayer, Das österreichische Zustellrecht, 20, 77; VwSlgNF 6659 A, 8057 A, 12.701 A).
Nach den unbekämpft gebliebenen erstgerichtlichen Feststellungen ist der Kläger seit seiner Geburt psychisch behindert und intellektuell nicht in der Lage, sich bei Behörden zu vertreten. Diese Feststellung beruht insbesondere auf der mündlichen Ergänzung des Sachverständigen für Neurologie und Psychiatrie in der Tagsatzung vom , daß der Kläger "aus intellektueller Sicht" nicht in der Lage sei, sich bei Behörden zu vertreten, und dies auch zeit seines Lebens nicht war.
Daraus ergibt sich auch, daß die gemäß § 21 AVG nach den Bestimmungen des ZustellG vorzunehmende "Zustellung" des Bescheides der beklagten Partei vom an den Kläger selbst nicht wirksam vorgenommen wurde, weil der darin bezeichnete Empfänger schon zur Zeit der Bescheidzustellung prozeßunfähig war.
Eine Heilung dieses Zustellmangels könnte allerdings eingetreten sein, wenn der am beim Postamt 1070 Wien hinterlegte Bescheid in der Folge dem später bestellten Sachwalter tatsächlich zugekommen wäre.
Zwar wäre eine Heilung nach § 7 ZustG ausgeschlossen, weil das Schriftstück in diesem Fall nicht der Person tatsächlich zugekommen wäre, für die es (nach der Zustellverfügung) bestimmt war, also nicht dem von der Behörde festgelegten Empfänger (Walter-Mayer, Grundriß Rz 228 mit Judikaturhinweisen ua; gegentelig allerdings zuletzt Zib, Keine Heilung bei falscher Zustellverfügung in ÖJZ 1990, 129). Jedoch wäre eine Heilung nach § 9 Abs 1 Satz 2 ZustG möglich, welche Bestimmung nach vom erkennenden Senat geteilter fast einhelliger Lehre (Walter-Mayer, Das österreichische Zustellrecht, MSA 50 FN 8 c, gegenteilig allerdings Walter-Mayer, Grundriß Rz 203; Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze MGA I, 861 FN 6) und Rsp des VwGH (vgl die Rsp-Zitate 8 bis 10 zu § 9 ZustG bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 1190) auch auf gesetzliche Vertreter anwendbar ist.
Ob und allenfalls wann der Bescheid der beklagten Partei vom dem Sachwalter (gesetzlichen Vertreter) des Klägers nach Rechtskraft seiner Bestellung tatsächlich zugekommen und dadurch wirksam zugestellt worden ist - mangels wirksamer Zustellung (oder direkter Ausfolgung iS des § 24 ZustG) wäre der Bescheid noch nicht einmal erlassen - läßt sich aus dem bisherigen Akteninhalt noch nicht verläßlich beurteilen. Auch daraus, daß vom Sachwalter mit dem Schriftsatz vom ua eine Ablichtung dieses Bescheides vorgelegt wurde, ergibt sich noch nicht zwingend, daß das Original dieses Bescheides bereits dem gesetzlichen Vertreter des Klägers ächlich zugekommen ist.
Ob und allenfalls seit wann der Bescheid vom dem Sachwalter des Klägers tatsächlich zugekommen und damit wirksam erlassen und zugestellt wurde, ist jedoch - entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen - auch im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungswesentlich.
1. Wäre dieser Bescheid nämlich mangels wirksamer Erlassung und Zustellung bisher für den Kläger ohne jede Wirkung (Walter-Mayer, Grundriß Rz 426 f, 431), dann wäre die darin verfügte "Entziehung" des Hilflosenzuschusses auch nicht wirksam geworden, weil die Herabsetzung einer Pension, wenn der Herabsetzungsgrund in der Wiederherstellung oder Besserung des körperlichen oder geistigen Zustandes des Pensionisten....gelegen ist, nach § 97 Abs 3 ASVG erst mit dem Ablauf des Kalendermonates wirksam wird, der auf die Zustellung des (Herabsetzungs-)Bescheides folgt.
In diesem Fall hätte die beklagte Partei den Hilflosenzuschuß auch über den weiter auszahlen müssen.
Der am vom - damals noch gar nicht wirksam bestellten - Sachwalter für den Fall, daß "bis dato kein Antrag auf Zuerkennung des Hilflosenzuschusses gestellt worden sein sollte" eingebrachte, nach Wirksamkeit der Sachwalterbestellung in der Eingabe vom wiederholte Antrag auf Hilflosenzuschuß wäre also mangels wirksamer Herabsetzung der Pension um den Hilflosenzuschuß gar nicht erforderlich gewesen und hätte nicht zur Einleitung eines Verfahrens zur Gewährung des noch gar nicht wirksam entzogenen Hilflosenzuschusses führen dürfen.
Die beklagte Partei hätte in diesem Fall nur die Möglichkeit gehabt, von Amts wegen zu prüfen, ob sich der körperliche oder geistige Zustand des Klägers seit der zur seinerzeitigen Gewährung des Hilflosenzuschusses führenden Erstuntersuchung vom so wesentlich gebessert hat, daß dies die einer Entziehung des Hilflosenzuschusses entsprechende Herabsetzung der Invaliditätspension um diesen Zuschuß rechtfertige, wie sie in dem - möglicherweise nicht wirksam gewordenen - Bescheid vom ausgesprochen worden war.
Diesfalls wäre der nach neuerlicher Untersuchung des Klägers - nunmehr richtigerweise an den Sachwalter zugestellte und damit - erlassene Bescheid vom , in dem "der Antrag des Klägers vom auf Gewährung des Hilflosenzuschusses" abgelehnt wurde, weil er nicht derart hilflos sei, daß er ständig der Wartung und Hilfe bedürfe, trotz seines Wortlautes nicht nur in dessen Sinn, sondern inhaltlich auch als Bescheid über die Herabsetzung der Invaliditätspension um den - noch nicht wirksam entzogenen - Hilflosenzuschuß wegen Besserung des körperlichen oder geistigen Zustandes des Klägers iS des § 97 Abs 3 ASVG zu verstehen, die nach dieser Gesetzesstelle allerdings erst mit dem Ablauf des auf die Zustellung des Bescheides am folgenden Monates Dezember 1989 wirksam werden konnte.
Dies wurde vom gesetzlichen Vertreter des Klägers im wesentlichen schon in der Tagsatzung vom erkannt, als er vorbrachte, daß die beklagte Partei dem Kläger vom bis 1.3. (richtig 28.2.) 1989 den Hilflosenzuschuß gewährt und daß sich der gesundheitliche Zustand des Klägers nicht verändert habe. Noch deutlicher brachte der Sachwalter diesen Standpunkt in dem in der Tagsatzung vom vorgetragenen Schriftsatz vom zum Ausdruck, in dem er auf die Unwirksamkeit des Entziehungsbescheides vom und darauf hinwies, daß auch dann, wenn man der Meinung sei, mit dem Bescheid vom sei der bis zu seiner Zustellung gebührende Hilflosenzuschuß entzogen worden, in diesem Verfahren nicht über eine Neugewährung, sondern über die Entziehung dieses Zuschusses zu entscheiden sei. Eine solche sei nur bei einer wesentlichen Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers zulässig, die jedoch seit der seinerzeitigen Gewährung nicht eingetreten wäre.
Die beklagte Partei wendete dazu lediglich ein, daß die Herabsetzung der Invaliditätspension um den Hilflosenzuschuß ab nicht Gegenstand dieses Rechtsstreites sein könne, weil der Bescheid vom dem damals in seiner Handlungsfähigkeit nicht eingeschränkten Kläger zugegangen wäre.
Wäre der "Bescheid" vom noch nicht wirksam zugestellt und daher gar nicht erlassen, dann hätte der beklagte Versicherungsträger darüber, ob und seit wann dem Kläger zur Invaliditätspension der Hilflosenzuschuß gebührt, - abgesehen von dem seinerzeitigen Bescheid vom , mit dem dem Kläger vom an eine Invaliditätspension samt Hilflosenzuschuß zuerkannt wurde, - nur mit dem am zugestellten Bescheid vom entschieden, und zwar durch Ablehnung des - angenommenen - Antrages vom auf Gewährung des Hilflosenzuschusses. In dieser Verneinung eines Anspruches auf diesen Zuschuß ab läge im Hinblick auf die Unwirksamkeit des Herabsetzungsbescheides vom - wie bereits ausgeführt wurde - inhaltlich auch die Herabsetzung der Invaliditätspension um den Hilflosenzuschuß, und zwar bereits ab .
Die Klage könnte sich daher zulässigerweise nur gegen den Bescheid vom richten, mit dem der beklagte Versicherungsträger über den Bestand des Anspruches des Klägers auf den Hilflosenzuschuß zur Invaliditätspension ab entschieden hat.
Nach § 67 Abs 1 ASGG darf nämlich in einer Leistungssache nach § 65 Abs 1 Z 1 ASVG, zu der auch die vorliegende Rechtsstreitigkeit über den Bestand des Anspruches des Klägers auf Hilflosenzuschuß zur Invaliditätspension seit zählt, - vorbehaltlich des hier nicht zutreffenden § 68 ASGG - vom Versicherten eine Klage nur erhoben werden, wenn der Versicherungsträger 1. darüber bereits mit Bescheid entschieden hat oder 2. den Bescheid nicht innerhalb von sechs Monaten....nach dem Eingang des Antrags auf Zuerkennung der Leistung erlassen hat. Die Klage muß in den Fällen des Abs 1 Z 1 bei sonstigem Verlust der Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs innerhalb der unerstreckbaren Frist von vier Wochen - handelt es sich um Leistungen der Pensionsversicherung von drei Monaten - ab Zustellung des Bescheides erhoben werden...(§ 67 Abs 2 ASGG). Wird in einer Leistungssache nach § 65 Abs 1 Z 1....die Klage rechtzeitig erhoben, so tritt der Bescheid des Versicherungsträgers im Umfang des Klagebegehrens außer Kraft; Bescheide, die durch den außer Kraft getretenen Bescheid abgeändert worden sind, werden insoweit aber nicht wieder wirksam (§ 71 Abs 1 ASGG). Wird eine Klage erhoben, obwohl die ua im § 67 ASGG genannten Voraussetzungen nicht vorliegen, so ist die Klage nach § 73 leg cit in jeder Lage des Verfahrens zurückzuweisen.
In diesem Fall beträfe also der Teil des Klagebegehrens, der auf einen Hilflosenzuschuß im gesetzlichen Ausmaß vom 19.1. bis gerichtet ist, einerseits einen Anspruchsteil, über den der beklagte Versicherungsträger mit dem bekämpften Bescheid vom nicht entschieden hat, andererseits ginge es insoweit um die Auszahlung einer dem Kläger mit Bescheid vom zuerkannten Leistung. Insoweit wäre die Klage mangels der im § 67 Abs 1 Z 1 ASGG genannten Voraussetzungen in jeder Lage des Verfahrens zurückzuweisen (§ 73 ASGG).
Für die Zeit vom 11.7. bis wäre die Klage jedenfalls berechtgt, weil die Herabsetzung der Invaliditätspension selbst bei einer Wiederherstellung oder (wesentlichen) Besserung des körperlichen oder geistigen Zustandes des Pensionisten nach § 97 Abs 3 ASVG erst mit dem Ablauf des Kalendermonates wirksam geworden wäre, der auf die Zustellung des Bescheides am folgt, also mit Ablauf des Dezembers 1989.
Für die Zeit vom an wären noch Erörterungen und Feststellungen erforderlich.
Ob die Invaliditätspension durch Entziehung des Hilflosenzuschusses herabgesetzt werden darf, hängt, wie schon erwähnt, davon ab, ob sich der körperliche oder geistige Zustand des Klägers gegenüber der Zeit der Gewährung (Erstuntersuchung vom ) so wesentlich gebessert hat, daß er nicht mehr derart hilflos ist, daß er ständig der Wartung und Hilfe bedarf (§ 105 a Abs 1 ASVG). Dies kann nach den bisherigen Feststellungen nicht verläßlich beurteilt werden, weil keine ausreichenden Feststellungen über den seinerzeitigen Gesundheitszustand des Klägers und seine damalige Fähigkeit, die lebensnotwendigen Verrichtungen allein vorzunehmen, vorliegen.
2. Für den Fall, daß der Bescheid vom dem Sachwalter des Klägers nach Rechtskraft seiner Bestellung tatsächlich zugekommen und damit wirksam zugestellt und erlassen worden wäre, wäre zu unterscheiden:
a) Wäre die vorliegende Klage innerhalb von drei Monaten ab der wirksam gewordenen Zustellung des erwähnten Bescheides erhoben worden, dann wäre sie im Hinblick auf ihr auf einen Hilflosenzuschuß im gesetzlichen Ausmaß vom an - das ist das Datum dieses Entziehungsbescheides - gerichtetes Begehren, aber auch auf das ergänzende Vorbringen in den Tagsatzungen vom und vom (iS des Schriftsatzes vom ) auch als gegen diesen Bescheid gerichtet anzusehen. In diesem Fall wäre dem Kläger der Hilflosenzuschuß bis zum Ablauf des auf die Wirksamkeit der Zustellung dieses Entziehungsbescheides folgenden Monates im Hinblick auf § 97 Abs 3 ASVG jedenfalls weiterzugewähren, für später allerdings nur, falls sich sein Gesundheitszustand gegenüber dem seinerzeitigen Gewährungsbescheid nicht in einem für die Beurteilung der Hilflosigkeit wesentlichen Maß gebessert hätte.
Diesbezüglich fehlt es auch für diesen Fall an einer ausreichenden Erörterung und Feststellung des seinerzeitigen Gesundheitszustandes und seiner allfälligen Änderungen.
b) Nur für den Fall, daß die Klage nicht innerhalb der Frist von drei Monaten nach der allfälligen wirksam gewordenen Zustellung des Entziehungsbescheides vom erhoben worden wäre, könnte sie sich zulässigerweise nicht mehr gegen diesen dann rechtskräftig gewordenen Bescheid, sondern nur mehr gegen den Bescheid vom richten, der dann nicht mehr auch als Entziehungsbescheid zu werten wäre.
Weil somit nach Inhalt der Prozeßakten dem Revisionsgericht erheblich scheinende Tatsachen schon in erster Instanz nicht ausreichend erörtert und festgestellt wurden, waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und war die Sozialrechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen (§§ 496, 499, 503 Z 4, 510 Abs 1, 513 ZPO).
Der Vorbehalt der Entscheidung über die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten der Berufung und der Revision beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.