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OGH vom 28.03.2007, 9Ob2/07w

OGH vom 28.03.2007, 9Ob2/07w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am verstorbenen Magdalena M*****, im Streit über das Erbrecht zwischen Helmut M*****, vertreten durch Giesinger Ender & Partner, Rechtsanwälte in Feldkirch, und Franz M*****, vertreten durch Dr. Ronald Sutter, Rechtsanwalt in Feldkirch, aus Anlass des Revisionsrekurses des Franz M*****, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom , GZ 2 R 261/06g-44, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom , GZ 12 A 293/06f-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird als nichtig aufgehoben. Der Rekurs des Franz M***** gegen die Entscheidung des Erstgerichtes wird als verspätet zurückgewiesen.

Die Kosten der Parteien in Rekurs- und im Revisionsrekursverfahren werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung:

Die am ohne Hinterlassung einer letztwilligen Anordnung verstorbene Erblasserin hat zwei volljährige Söhne, und zwar Franz und Helmut. Helmut hat eine Erbsantrittserklärung zum ganzen Nachlass und Franz zur Hälfte des Nachlasses abgegeben.

Der Widerspruch in den Erbsantrittserklärungen ist darauf zurückzuführen, dass Helmut in seiner Erbsantrittserklärung zum ganzen Nachlass davon ausgeht, dass Franz auf sein Erbrecht nach der gemeinsamen Mutter gemäß § 551 ABGB wirksam verzichtet hat. Am wurde vom Bezirksgericht Feldkirch ein Vergleich über einen Erbverzicht ausgefertigt.

Der Nachweis, dass dieser Vergleich von Franz nicht geschlossen wurde, ist diesem nicht gelungen.

Das Erstgericht stellte fest, dass Helmut auf Grund seiner zum ganzen Nachlass aus dem Titel des Gesetzes abgegebenen bedingten Erbsantrittserklärung zum ganzen Nachlass erbberechtigt sei. Es ging dabei davon aus, dass nach § 292 ZPO innerhalb der Grenzen der Amtsbefugnis errichtete öffentliche Urkunden vollen Beweis dessen begründeten, was darin verfügt sei. Der Gegenbeweis sei Franz nicht gelungen, weshalb vom Vergleichsabschluss auszugehen sei. Nach § 551 ABGB bedürfe der Erbverzicht für seine Gültigkeit der Beurkundung durch gerichtliches Protokoll. Dieses liege nicht vor, da der entsprechende Akt aus dem Jahr 1976 bereits skatiert sei. Gegenstand eines gerichtlichen Vergleiches könne jede materiell-rechtliche Regelung sein, die auch Gegenstand eines Urteiles sein könne, soweit Vergleichsfähigkeit nicht ausgeschlossen werde. Da dies nicht der Fall sei, könne auch der Erbverzicht zum Inhalt eines prozessualen Vergleiches gemacht werden, was hier erfolgt sei.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss von Franz erhobenen Rekurs nicht Folge. Es hielt dem Argument, dass der Erbverzicht eines Notaritasaktes bedürfe entgegen, dass auch durch die Vorlage der Vergleichsausfertigung der Formvorschrift des § 551 entsprochen werde. Dass Anbot und Annahme des Erbverzichtes in Vergleichsform erfolgt seien, schade nicht.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht allerdings als zulässig, weil zur Frage, ob die Einhaltung der Formvorschrift des § 551 ABGB auch nachgewiesen sei, wenn ein gerichtliches Protokoll nicht mehr vorliege, sondern der Nachweis durch Urkunden erfolge eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 AußStrG sei.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass des gegen diese Entscheidung gerichteten Revisionsrekurses ist von Amts wegen die Nichtigkeit der Rekursentscheidung wahrzunehmen:

Der Beschluss des Erstgerichts wurde dem Rechtmittelwerber am zugestellt. Die nach § 125 ZPO zu berechnende (vgl Fucik/Kloiber AußstrG 2005, 181; Klick in Rechber AußstrG,§ 46 Rz 1) 14-tägige Rekursfrist des § 46 AußstrG endete demnach am . Der erst am bei Gericht überreichte Rekurs wurde somit verspätet erhoben. Wenngleich diese Verspätung vom Rekursgericht übersehen wurde, war sie aus Anlass des Revisionsrekurses auch von Amts wegen aufzugreifen, da das Rekursgericht in die bereits eingetretene Rechtskraft der erstgerichtlichen Entscheidung eingegriffen hat. Die Voraussetzungen für die Entscheidung über ein nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingebrachtes Rechtsmittel nach § 46 Abs 3 AußstrG lagen nicht vor. Dies führt zur Aufhebung der zweitinstanzlichen Entscheidung als nichtig sowie zur Zurückweisung des an die zweite Instanz gerichteten Rekurses (vgl § 71 Abs 4 iVm § 56 AußstrG 2005; allgemein zum Eingriff in die Rechtskraft durch Entscheidung über ein verspätetes Rechtmittel RIS Justiz RS0039826; RIS Justiz RS0041842). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Erstgericht den angefochtenen Beschluss nach Abfassung des Rekurses des Franz über Ergänzungsantrag des Helmut noch ergänzt hat ( vgl § 41 AußstrG iVm § 424 ZPO).

Die Kosten des Verfahrens sind gegenseitig aufzuheben. Keine der Parteien hat auf die Verspätung hingewiesen. Ein Beitrag zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung wurde nicht geleistet (§ 78 Abs 2 AußStrG; vgl zur ZPO zuletzt etwa 2 Ob 155/00h).