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OGH vom 04.05.1999, 10ObS8/99w

OGH vom 04.05.1999, 10ObS8/99w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wilhelm Koutny und Mag. Dr. Walter Zeiler (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Erwin T*****, vertreten durch Dr. Michael Bereis, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, vertreten durch Dr. Paul Bachmann ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Erwerbsunfähigkeit, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 113/98h-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 14 Cgs 98/97x-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO liegt nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO keiner Begründung. Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die schon in der Berufung geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber verneint wurden, können nach ständiger Rechtsprechung - auch im Verfahren nach dem ASGG - nicht mehr mit Erfolg in der Revision gerügt werden (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 503 mwN). Ob einem Sachverständigengutachten gefolgt werden kann, ob ein eingeholtes Sachverständigengutachten zu ergänzen ist und ob ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt werden soll, sind nicht revisible Fragen der Beweiswürdigung (SSV-NF 7/12; RIS-Justiz RS0043320). Dies gilt auch für die Feststellung oder Nichtfeststellung bestimmter Tatsachen, hier insbesondere des Umstandes, daß beim Kläger "Krankenstände" nicht prognostizierbar sind.

Unter Zugrundelegung der bindenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen, wonach der Kläger auch mit den festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen weiterhin in der Lage ist, seine bisherige selbständige Tätigkeit eines Handelsvertreters auszuüben, liegt der Versagung der begehrten Erwerbsunfähigkeitspension gemäß § 133 Abs 2 GSVG auch keine unrichtige rechtliche Beurteilung zugrunde, sodaß auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Allfällige Verweisungsprobleme stellen sich in einem derartigen Fall nicht. Kann der Kläger seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben, bedarf es auch keiner weiteren Analyse, wieviele Kilometer der Kläger pro Jahr mit einem Kraftfahrzeug zurücklegt. Mit seinen Überlegungen, er müsse in Zukunft befürchten, "unter Umständen" aus gesundheitlichen Gründen den Führerschein zu verlieren, entfernt sich der Revisionswerber von der auf den Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz abstellenden Tatsachengrundlage (§ 193 ZPO). Auf zukünftige, selbst nach Ansicht des Revisionswerbers ungewisse Ereignisse kann nicht Bedacht genommen werden.

Es sei aber angemerkt, daß die hier unstrittig anzuwendende Bestimmung des § 133 Abs 2 GSVG ohnehin keinen Tätigkeitsschutz gewährt; der Kläger wäre daher keineswegs nur auf die Tätigkeit des Handelsvertreters allein verweisbar, sondern nach ständiger Rechtsprechung des Senates auf das gesamte Verweisungsfeld der sich aus § 124 Z 10 GewO 1994 ergebenden Verweisungsberufe (zuletzt 10 ObS 10/98p, 10 ObS 180/98p, 10 ObS 252/98a, jeweils mwN), die keineswegs alle eine aufrechte Lenkerberechtigung bedingen.

Der Vorwurf des Revisionswerbers, die Vorinstanzen hätten keine Feststellungen zu den "Krankenständen" des Klägers "in der letzten Zeit" getroffen, ist unbegründet. Krankenstände im technischen Sinn sind im allgemeinen ein Spezifikum der unselbständigen Beschäftigung; sie kommen bei selbständig Erwerbstätigen, abgesehen vom ausnahmsweisen Fall einer Zusatzversicherung (§§ 105 ff GSVG), nicht in Frage. Die Gründe, die zur Invalidität bzw zur Berufsunfähigkeit unselbständig Erwerbstätiger beim Auftreten von vermehrten Krankenständen ins Treffen geführt werden, können nicht ohne weiteres auf selbständig Erwerbstätige übertragen werden. Dort fällt das Argument, daß der Versicherte nur mit besonderem Entgegenkommen eines anderen seiner Tätigkeit nachgehen könne, weg, weil ein abhängiges Arbeitsverhältnis nicht vorliegt. Ein Ausschluß von einer selbständigen Tätigkeit wird nur dann angenommen werden können, wenn krankheitsbedingte Arbeitsausfälle soweit gehen, daß aus diesem Grund die Erzielung eines die Existenz sichernden Einkommens aus der selbständigen Tätigkeit nicht mehr gewährleistet ist (SSV-NF 10/29 mwN). In welchem Umfang der Versicherte in der Vergangenheit im "Krankenstand" war, ist im übrigen ohne Bedeutung; wesentlich ist ausschließlich die Prognose für die Zukunft, ausgehend von den Anforderungen in den Verweisungsberufen (SSV-NF 7/75). In Sozialrechtssachen gelten unbeschadet der Sonderregelungen des § 87 Abs 4 ASGG ebenfalls die allgemeinen Regeln über die (objektive) Beweislast, weshalb jeder, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, die rechtsbegründenden Tatsachen beweisen muß. Dies bedeutet für die Frage des Ausschlusses von einer selbständigen Tätigkeit infolge übermäßiger krankheitsbedingter Arbeitsausfälle, daß es Sache des Versicherten ist, ein derartiges Ausmaß für die Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit zu beweisen (SSV-NF 4/40 mwN). Ein derartiger Nachweis ist hier jedoch nicht gelungen.

Da der Kläger sohin nach den dargelegten Grundsätzen nicht erwerbsunfähig im Sinne des § 133 Abs 2 GSVG ist, wurde sein Klagebegehren mit Recht abgewiesen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.