OGH vom 08.06.2004, 10ObS79/04x

OGH vom 08.06.2004, 10ObS79/04x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Johannes Denk (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Fritz J*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltgesellschaft mbH in Graz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 4/04v-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 34 Cgs 221/01f-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Partei den Antrag des am geborenen Klägers vom auf Zuerkennung der Invaliditätspension ab, weil der Kläger nicht invalid sei.

Das Erstgericht wies das dagegen erhobene und auf Gewährung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab gerichtete Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen war der zum Stichtag 57 Jahre alte Kläger, der keine qualifizierte Berufsausbildung erworben hat, als Hilfsarbeiter in verschiedenen Branchen tätig. Im maßgebenden Beobachtungszeitraum vom bis erwarb der Kläger insgesamt 139 Beitragsmonate in der Pflichtversicherung nach dem ASVG, und zwar 105 Beitragsmonate als Hilfsarbeiter bei der Warenübernahme im Metallhandel (Firma Z 15 Beitragsmonate als Putzereiarbeiter (davon drei Monate auch als Hausbesorger), 8 Beitragsmonate als Beifahrer in der Verpackungsindustrie (Firma V*****), 7 Beitragsmonate als Wäschereiarbeiter, 3 Beitragsmonate als Speditionsarbeiter (Firma W*****) und 1 Beitragsmonat als Hilfsarbeiter in einer Molkerei. Die Tätigkeiten bei den Firmen W*****, V***** und Z***** waren ähnlich, weil sie als Be- und Entladetätigkeiten sowie Zwischenlagerungsarbeiten dem Großbereich "Lager" zuzuordnen sind.

Im maßgebenden Zeitraum vom bis war der Kläger vom bis bei der Firma Gebrüder W***** beschäftigt. Bei der Firma V***** war der Kläger vom bis einschließlich beschäftigt, wobei er im Zeitraum vom bis Krankengeld bezogen hat. Für den Zeitraum vom bis bezog der Kläger Urlaubsabfindung. Bei der Firma Z***** war der Kläger vom bis beschäftigt, wobei er in den Zeiträumen vom bis , am , vom bis , vom bis , vom bis , vom bis , vom bis , vom bis , vom bis , vom bis und vom bis Krankengeld bezogen hat.

Auf Grund seiner - im Einzelnen festgestellten - Leiden kann der Kläger nur noch leichte Arbeiten im Sitzen, Gehen und Stehen verrichten. Hebe- und Transportarbeiten sind auf 5 kg zu beschränken. Überkopfarbeiten und Bückarbeiten sind auf ein Drittel zu reduzieren und gleichmäßig zu verteilen. Alle Arbeiten können nur zu ebener Erde geleistet werden. Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Nachtarbeiten sind auszuscheiden. Ein forciertes Arbeitstempo ist halbtägig möglich. Schul- und Anlernbarkeit sind nicht gegeben, den üblichen Arbeitsanweisungen ist er gewachsen. Ortswechsel und Pendelverkehr sind zumutbar. Die Tätigkeit eines Lagerarbeiters kann der Kläger wegen der damit verbundenen Hebe- und Transportarbeiten nicht mehr verrichten. Der Kläger kann aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch beispielsweise die Tätigkeiten des Sortierers/Kontrollors in der Elektronikindustrie und des Geschirrabräumers verrichten.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Kläger habe bei den Firmen Gebrüder W*****, V***** und Z***** "eine" - sehr ähnliche - Tätigkeit im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG ausgeübt. Da er diese Tätigkeit jedoch nicht durch mindestens 120 Kalendermonate hindurch ausgeübt habe, komme die Bestimmung des § 255 Abs 4 ASVG nicht zur Anwendung. Der Kläger sei im Sinne der für ihn maßgebenden Bestimmung des § 255 Abs 3 ASVG nicht invalid, weil er nach seinem medizinischen Leistungskalkül noch eine Reihe von Verweisungstätigkeiten, wie beispielsweise die Tätigkeiten eines Kontrollarbeiters, Geschirrabräumers oder Aufsehers verrichten könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Ein Anspruch auf Invaliditätspension nach § 255 Abs 4 ASVG idF SVÄG 2000 setze ua voraus, dass der Versicherte in den letzten 180 Kalendermonaten vor dem Stichtag eine Tätigkeit mindestens 120 Kalendermonate hindurch ausgeübt habe, der er nun auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht mehr nachgehen könne. Da dabei nur die Zeiten der tatsächlichen Ausübung der Erwerbstätigkeit zählten, könnten Zeiten der Arbeitslosigkeit ebenso wenig berücksichtigt werden wie Zeiten des Krankengeldbezuges oder Zeiten, für die Urlaubsabfindung/Urlaubsentschädigung bzw Urlaubsersatzleistung bezahlt werde. All diesen Zeiten sei gemein, dass der Versicherte seine Tätigkeit nicht ausübe und auch keine Arbeitspflicht bestehe. Bei der Prüfung der Frage, ob der Versicherte eine Tätigkeit "120 Kalendermonate" hindurch ausgeübt habe, sei somit auf die Zeiten der tatsächlichen Ausübung der Erwerbstätigkeit und nicht auf Beitragsmonate abzustellen, wobei in analoger Anwendung des § 133 Abs 2 GSVG - soweit nicht ganze Kalendermonate dieser Erwerbstätigkeit vorliegen - jeweils 30 Kalendertage zu einem Kalendermonat zusammenzufassen seien.

Im konkreten Fall habe der Kläger nur im Rahmen seiner Tätigkeit bei den Unternehmen der Firmen W*****, V***** und Z***** ähnliche Tätigkeiten verrichtet, welche als "eine" Tätigkeit im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG gewertet werden könnten. Die Tätigkeit bei den genannten Unternehmen habe der Kläger im maßgebenden Beobachtungszeitraum - bei analoger Anwendung der bereits erwähnten Regelung des § 133 Abs 2 GSVG - über einen Zeitraum von insgesamt 115 Kalendermonate und 23 Tage ausgeübt, weshalb der Kläger die im § 255 Abs 4 ASVG geforderte Mindestausübungsdauer von 120 Kalendermonaten nicht erreiche. Dass der Kläger nach § 255 Abs 3 ASVG nicht invalid sei, werde auch von ihm nicht bestritten.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil - soweit überblickbar - eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Mindestausübungsdauer nach § 255 Abs 4 ASVG und zur Berücksichtigung von Zeiten des Krankengeldbezuges während der Ausübung einer Tätigkeit nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Revisionswerber macht geltend, ein Abstellen auf Beitragsmonate sei gerechtfertigt, weil sämtliche Bestimmungen des ASVG, die die Ausübung von Tätigkeiten in einem bestimmten Ausmaß vorschrieben, auf Beitragsmonate abstellten. In Analogie zu § 255 Abs 2 ASVG seien daher Beitragsmonate heranzuziehen. Bei der Prüfung der Frage, ob eine Tätigkeit 120 Monate hindurch ausgeübt worden sei, dürften auch Krankengeldbezugszeiten sowie die Zeiten, in denen eine Urlaubsentschädigung bzw Urlaubsabfindung bezogen worden sei, nicht unberücksichtigt bleiben.

Diesen Ausführungen kommt, wie der erkennende Senat mittlerweile in der Entscheidung 10 ObS 264/02z vom näher begründet hat, keine Berechtigung zu. Der erkennende Senat hat dazu folgendes ausgeführt:

"Mit dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000-SVÄG 2000, BGBl I 2000/43, wurde die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (§ 253d ASVG) ab aufgehoben. Gleichzeitig wurde ein neuer § 255 Abs 4 ASVG in Kraft gesetzt. Mit dieser Bestimmung soll Versicherten ab Erreichen einer bestimmten Altersgrenze der Zugang zu einer Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit erleichtert werden. Nach § 255 Abs 4 ASVG idF SVÄG 2000 gilt als invalid auch der (die) Versicherte, der (die) das 57. Lebensjahr vollendet hat, wenn er (sie) infolge von Krankheit oder Gebrechen oder Schwäche seiner (ihrer) körperlichen oder geistigen Kräfte außerstande ist, einer Tätigkeit, die er (sie) in den letzten 180 Kalendermonaten vor dem Stichtag mindestens 120 Kalendermonate hindurch ausgeübt hat, nachzugehen. Dabei sind zumutbare Änderungen dieser Tätigkeit zu berücksichtigen.

Eine Voraussetzung für den Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (§ 253d ASVG) bestand darin, dass der (die) Versicherte innerhalb der letzten 180 Kalendermonate vor dem Stichtag 72 Beitragsmonate der Pflichtversicherung nachweist und in mindestens der Hälfte der Beitragsmonate nach diesem Bundesgesetz während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag (§ 223 Abs 2 ASVG) eine gleiche oder gleichartige Tätigkeit ausgeübt hat.

§ 255 Abs 4 ASVG unterscheidet sich vom aufgehobenen § 253d ASVG somit unter anderem darin, dass die Tätigkeit durch mindestens 120 Kalendermonate (innerhalb der letzten 180 Kalendermonate) ausgeübt worden sein muss, während nach § 253d ASVG in den letzten 180 Kalendermonaten mindestens 72 Beitragsmonate vorliegen mussten, wovon in mindestens der Hälfte der Beitragsmonate eine gleiche oder gleichartige Tätigkeit ausgeübt wurde.

Die Ausübung einer bestimmten (selbständigen) Tätigkeit während einer gewissen Dauer wird auch für den durch das SVÄG 2000 in den zu § 255 Abs 4 ASVG parallelen Bestimmungen des § 133 Abs 3 GSVG und des § 124 Abs 2 BSVG verankerten Berufsschutz verlangt. Danach gilt als erwerbsunfähig auch der (die) Versicherte, der (die) das 57. Lebensjahr vollendet hat, wenn er (sie) infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner (ihrer) körperlichen oder geistigen Kräfte außer Stande ist, einer selbständigen Erwerbstätigkeit, die er (sie) in den letzten 180 Kalendermonaten vor dem Stichtag mindestens 120 Kalendermonate hindurch ausgeübt hat, nachzugehen. Nach § 133 Abs 2 GSVG gilt als erwerbsunfähig auch der (die) Versicherte, der (die) das 50. Lebensjahr vollendet hat, und dessen (deren) persönliche Arbeitsleistung zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig war, wenn er (sie) infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner (ihrer) körperlichen oder geistigen Kräfte außer Stande ist, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die eine ähnliche Ausbildung sowie gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten wie die Erwerbstätigkeit erfordert, die der (die) Versicherte zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat. Dass der Gesetzgeber in dieser Bestimmung eindeutig auf Kalendermonate abstellt, zeigt insbesondere der letzte Satz des § 133 Abs 2 GSVG, wonach, soweit nicht ganze Kalendermonate dieser Erwerbstätigkeit vorliegen, jeweils 30 Kalendertage zu einem Kalendermonat zusammenzufassen sind.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes und nach der Rechtsprechung muss die in § 133 Abs 2 GSVG geforderte 60-monatige Erwerbstätigkeit nicht in aufeinanderfolgenden Kalendermonaten ausgeübt werden (SSV-NF 4/93 ua). Weiters muss es sich um Zeiten handeln, die die Versicherungspflicht nach dem GSVG begründen, wobei nur volle Monate einer die Pflichtversicherung begründenden selbständigen Erwerbstätigkeit Berücksichtigung finden. Soweit nicht ganze Kalendermonate dieser Erwerbstätigkeit vorliegen, sind jeweils 30 Kalendertage zu einem Kalendermonat zusammenzufassen (SSV-NF 7/31). Wegen des in Hinsicht auf die "selbständige Erwerbstätigkeit", die "zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt" wurde, völlig gleichen Gesetzeswortlauts hat der Oberste Gerichtshof diese zu § 133 Abs 2 GSVG entwickelten Grundsätze auch im Fall der vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit (§ 131c GSVG - der Vorgängerregelung des nunmehrigen § 133 Abs 3 GSVG) angewendet (SSV-NF 11/10).

Die Einführung eines Rahmenzeitraums (180 Kalendermonate) und die Verlängerung der erforderlichen Dauer der Erwerbstätigkeit (von mindestens 60 auf 120 Kalendermonate) durch die neue Bestimmung des § 133 Abs 3 GSVG ändern nichts daran, dass für die Beurteilung der Erwerbstätigkeitsdauer von 120 Kalendermonaten die zur 60-monatigen Erwerbstätigkeitsdauer des § 133 Abs 2 GSVG entwickelten und auch auf § 131c GSVG angewandten Grundsätze im Rahmen des § 133 Abs 3 GSVG zu berücksichtigen sind (vgl B. Karl, Der Erwerbsunfähigkeitsbegriff nach dem SVÄG 2000, ASoK 2001, 117 ff [120]).

Im Hinblick auf die inhaltliche Nähe der Regelung des § 133 Abs 3 GSVG zu jener über den Berufsschutz nach § 255 Abs 4 ASVG kann für die Prüfung des Tatbestandselements des § 255 Abs 4 ASVG, dass der Versicherte innerhalb der letzten 180 Kalendermonate vor dem Stichtag mindestens 120 Kalendermonate hindurch eine Tätigkeit ausgeübt hat, auf die für den Bereich des GSVG entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Dies bedeutet, dass die vom Gesetzgeber des SVÄG 2000 im § 255 Abs 4 ASVG (ebenso wie in den Parallelbestimmungen des § 133 Abs 3 GSVG und des § 124 Abs 2 BSVG) festgesetzte erforderliche Erwerbstätigkeitsdauer von mindestens 120 Kalendermonaten kein Redaktionsversehen ist, sondern sich ganz offensichtlich an der damals bereits bestehenden Regelung des § 133 Abs 2 GSVG orientierte. Auch die Materialien (AB 187 BlgNR 21. GP 3 f) geben keinen Anhaltspunkt für ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers, wie es der Kläger behauptet, heißt es doch im Ausschussbericht, es solle der Berufsschutz für Personen, die das 57. Lebensjahr bereits vollendet und durch 10 Jahre während der letzten 15 Jahre vor dem Pensionsstichtag eine bestimmte Tätigkeit ausgeübt haben, verbessert werden. Im Übrigen unterscheidet der Gesetzgeber penibel zwischen Kalendermonaten, Versicherungsmonaten, Ersatzmonaten und Beitragsmonaten, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt ein Redaktionsversehen auszuschließen ist.

Der erkennende Senat teilt daher nicht die Auffassung des Revisionswerbers, dass der Begriff "Kalendermonat" mit dem Begriff "Beitragsmonat" gleichzusetzen sei und ein "Kalendermonat einer Tätigkeit" im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG daher schon dann vorliege, wenn auf Grund dieser Tätigkeit in einem Kalendermonat Beitragszeiten in einem nach §§ 231 Z 1, 232 Abs 1 ASVG zur Begründung eines Beitragsmonats ausreichenden Ausmaß liegen.

Eine weitere Frage ist, ob nur ganze Monate der Ausübung einer Tätigkeit iSd § 255 Abs 4 ASVG oder ob - wie dies § 133 Abs 2 letzter Satz GSVG für den dort geregelten Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitspension vorsieht -, jeweils 30 Kalendertage zusammenzufassen sind, soweit nicht ganze Kalendermonate der Tätigkeit vorliegen. Eine derartige Regel enthielt auch der - zu § 253d ASVG parallele - § 131c Abs 2 GSVG. Auch wenn eine solche Anordnung in § 133 Abs 3 GSVG, der auf die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit mindestens 120 Kalendermonate hindurch während der letzten 180 Kalendermonate abstellt, ebenso wie in dessen Parallelbestimmung des § 255 Abs 4 ASVG nicht ausdrücklich getroffen wurde, so bringt doch § 133 Abs 2 letzter Satz GSVG eine Grundwertung des Gesetzgebers zum Ausdruck. Es soll offenkundig das Tatbestandsmerkmal, dass eine Tätigkeit in einer Mindestanzahl von Kalendermonaten hindurch ausgeübt worden sein muss, leichter erfüllbar sein, indem einzelne Kalendertage der Ausübung nicht verloren gehen, sondern in entsprechender Anzahl zu einem Kalendermonat zusammengefasst werden. Es wäre ein Wertungswiderspruch, die Vorschrift des § 133 Abs 2 letzter Satz GSVG nicht auch im Fall der Erwerbsunfähigkeitpension nach § 133 Abs 3 GSVG anzuwenden. Vor diesem Hintergrund kommt der erkennende Senat im Hinblick auf die bereits dargelegte inhaltliche Nähe der Regelung zur Auffassung, dass die Regel des § 133 Abs 2 letzter Satz GSVG im Fall des § 255 Abs 4 ASVG analog anzuwenden ist.

Der erkennende Senat hat bereits - ebenfalls in analoger Anwendung der zu § 133 Abs 2 GSVG entwickelten Grundsätze - ausgesprochen, dass die nunmehr geforderte 10-jährige Tätigkeit nicht - ohne Unterbrechungen - in aufeinander folgenden Kalendermonaten ausgeübt worden sein muss (10 ObS 156/03v). In dieser Entscheidung wurde ferner im Fall eines Saisonarbeiters erkannt, dass so wie im Bereich der selbständig Erwerbstätigen jene Zeiten nicht als Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit berücksichtigt werden, in denen die Erwerbstätigkeit eingestellt war, die Zeiten der Arbeitslosigkeit während der Wintermonate nicht als Zeiten der Ausübung der unselbständigen Erwerbstätigkeit gewertet werden. Diese Beurteilung hat unabhängig davon zu erfolgen, ob das Dienstverhältnis des Versicherten während der Wintermonate aufgelöst oder infolge einer Karenzierungsvereinbarung die Arbeitspflicht und die Entgeltpflicht bei Aufrechterhaltung des Bestands des Arbeitsverhältnisses ruhten.

Demgegenüber können aber Unterbrechungen von nur kurzer Dauer einer selbständigen Erwerbstätigkeit - bedingt etwa durch Urlaub oder einen kurzfristigen Krankenstand - im Zusammenhang mit § 133 Abs 2 und 3 GSVG vernachlässigt werden (Teschner/Widlar, GSVG § 133 Anm 4). Dementsprechend sind auch Unterbrechungen einer unselbständigen Tätigkeit, wenn sie nur von verhältnismäßig kurzer Dauer sind (Urlaub, kurzfristiger Krankenstand), im Zusammenhang mit der Prüfung der Frage, ob diese Tätigkeit mindestens 120 Kalendermonate hindurch ausgeübt wurde, zu vernachlässigen. Beim Urlaub handelt es sich um eine Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit unter Fortzahlung des Entgelts, somit um Zeiten, die der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegen. Im Fall der Krankheit eines Arbeitnehmers wurde die Kostenteilung zwischen Arbeitgeber und Sozialversicherung vom Gesetzgeber in der Weise vorgenommen, dass für eine bestimmte Zeit die Entgeltfortzahlungslasten durch den Arbeitgeber übernommen werden und die gesetzliche Krankenversicherung mit dem Anspruch auf Krankengeld grundsätzlich erst dann einsetzt, wenn der (volle) arbeitsrechtliche Entgeltanspruch erschöpft ist (vgl Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht10 6.9.2.1.2). Die Dauer des Krankengeldanspruchs beträgt nach dem Gesetz bis zu 26 bzw 52 Wochen (§ 139 Abs 1 ASVG), je nach Satzung der Krankenkasse allenfalls bis zu 78 Wochen (§ 139 Abs 2 ASVG), gerechnet ab dem Beginn des Krankenstandes. Der Krankengeldanspruch aus der Sozialversicherung ist vom Weiterbestand des Arbeitsverhältnisses nicht abhängig. Während Zeiten der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber - ebenso wie die Zeiten der Entgeltfortzahlung während des Urlaubs - Zeiten der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründen, handelt es sich bei den Zeiten des Krankengeldbezugs - ebenso wie bei den Zeiten der Arbeitslosigkeit - um Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung (§ 227 Abs 1 Z 5 und 6 ASVG). Es erscheint daher für die Prüfung der 120-monatigen Erwerbstätigkeitsdauer des § 255 Abs 4 ASVG sachgerecht, im Fall der Erkrankung des Arbeitnehmers Zeiten der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, nicht jedoch auch Zeiten des Krankengeldbezugs des Arbeitnehmers anzurechnen."

Die vom Revisionswerber auch im vorliegenden Fall vorgenommene Auslegung, ein Versicherter müsste nach § 255 Abs 4 ASVG eine Tätigkeit in den letzten 180 Kalendermonaten vor dem Stichtag mindestens 120 Beitragsmonate hindurch ausgeübt haben, scheitert somit daran, dass der äußerste mögliche Wortsinn die Grenze jeglicher Auslegung absteckt (SZ 67/62; SSV-NF 6/35; JBl 1991, 591 ua) und, wie bereits dargelegt, kein Grund ersichtlich ist, dass sich der Gesetzgeber bei der Wahl des Begriffes "Kalendermonate" etwa vergriffen hätte. Es hat ebenfalls das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes der Kläger im maßgebenden Beobachtungszeitraum nur im Rahmen seiner Tätigkeit bei den Firmen W*****, V***** und Z***** sehr ähnliche Arbeiten ("Lagerarbeiten") verrichtet hat, welche als "eine" Tätigkeit im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG gewertet werden könnten.

Wenn aber im vorliegenden Fall im dargelegten Sinn Zeiten des Krankengeldbezuges des Klägers auf die nach § 255 Abs 4 ASVG erforderliche Mindestdauer von 120 Kalendermonaten nicht angerechnet und - soweit nicht ganze Kalendermonate dieser Erwerbstätigkeit vorliegen - 30 Kalendertage zu einem Kalendermonat zusammengefasst werden, dauerte die Tätigkeit des Klägers bei den drei genannten Unternehmen im maßgebenden Zeitraum nach den insoweit gar nicht bekämpften Berechnungen des Berufungsgerichtes insgesamt jedenfalls weniger als 116 Kalendermonate. Da der Kläger die in § 255 Abs 4 ASVG geforderte Mindestausübungsdauer der "einen Tätigkeit" somit auch dann nicht erreichte, wenn man im Sinne seines Prozessstandpunktes auch die Zeiten ( bis ) berücksichtigt, für die vom Kläger eine Ersatzleistung für nicht konsumierten Urlaub bezogen wurde, kann auch im vorliegenden Fall die Frage, ob solche Zeiten zu berücksichtigen sind, unbeantwortet bleiben.

Der Revision musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.