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VfGH vom 28.11.2014, E577/2014

VfGH vom 28.11.2014, E577/2014

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung des Antrags auf Nichtigerklärung einer Ausscheidensentscheidung in einem Vergabeverfahren betr einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich sowie auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren; keine Bedenken gegen die Gebührenregelungen im Nachprüfungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht

Spruch

I. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch das angefochtene Erkenntnis weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

II. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist schuldig, der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.616,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1.1. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt führte als öffentliche Auftraggeberin ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrags im Oberschwellenbereich durch. Die unionsweite Bekanntmachung erfolgte am , jene in Österreich am . Die Ausschreibungsunterlagen legen fest, dass der Bewerber seine finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit u.a. durch die Bonitätsauskunft eines Kreditinstituts nachweisen müsse. Für den Fall, dass ein Teilnahmeantrag verbessert werden muss, sehen die Ausschreibungsunterlagen vor, dass die Auftraggeberin dem jeweiligen Bewerber einen Auftrag zur Verbesserung binnen einer Frist von zumindest drei Werktagen erteilen müsse und bei nicht erfolgter Verbesserung die Bewerbung nicht weiter berücksichtigen dürfe. Die beschwerdeführende Gesellschaft stellte innerhalb der Teilnahmefrist einen Teilnahmeantrag.

Die Auftraggeberin forderte die beschwerdeführende Gesellschaft am auf, bis zum neben anderen Unterlagen "eine Bonitätsauskunft eines Kreditinstituts (nicht älter als 3 Monate)" vorzulegen. Mit Schreiben vom reichte die beschwerdeführende Gesellschaft diverse Unterlagen nach, u.a. eine Auskunft des Kreditschutzverbandes (KSV) vom . Mit E-Mail vom teilte die Auftraggeberin der beschwerdeführenden Gesellschaft mit, dass ihr Teilnahmeantrag wegen fehlender Eignung auszuscheiden sei. Begründend führte sie aus, dass die beschwerdeführende Gesellschaft lediglich eine Auskunft des KSV, nicht aber eine Bonitätsauskunft eines Kreditinstituts eingereicht habe.

Daraufhin stellte die beschwerdeführende Gesellschaft am beim Bundesverwaltungsgericht Anträge auf Nichtigerklärung der Nicht-Zulassung zur Teilnahme am Verhandlungsverfahren, auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Für die Anträge überwies die beschwerdeführende Gesellschaft am eine Gebühr von € 3.078,-- an das Bundesverwaltungsgericht. Die Auftraggeberin übermittelte am eine Stellungnahme, in der sie den geschätzten Auftragswert ohne Umsatzsteuer mit € 30 Mio. angab. Daraufhin entrichtete die beschwerdeführende Gesellschaft am eine zusätzliche Antragsgebühr in der Höhe von € 15.390,--. Mit Beschluss vom erließ das Bundesverwaltungsgericht eine einstweilige Verfügung, die der Auftraggeberin die Aufforderung zur Angebotsabgabe für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagte. Am führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, in der die beschwerdeführende Gesellschaft u.a. eine Bonitätsauskunft eines Kreditinstituts vom vorlegte, wonach die beschwerdeführende Gesellschaft "sowohl zum Zeitpunkt der Teilnahmeantragstellung am als auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt kreditwürdig, nicht überschuldet und nicht insolvenzgefährdet war bzw ist".

1.2. Mit Erkenntnis vom wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Nichtigerklärung der Nicht-Zulassung zur Teilnahme am Verhandlungsverfahren gemäß § 312 Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006), BGBl I 17/2006 idF BGBl I 128/2013, ab. Ob die Auskunft des KSV zu der Bonitätsauskunft eines Kreditinstituts gleichwertig sei, sei im vorliegenden Fall unerheblich, da nach den bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen zwingend eine Bonitätsauskunft eines Kreditinstituts gefordert werde. Da die beschwerdeführende Gesellschaft dem Verbesserungsauftrag vom somit nicht fristgerecht nachgekommen sei, sei die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am Verhandlungsverfahren zu Recht erfolgt. Daher bestehe auch kein Anspruch auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren in der Höhe von € 18.468,--.

1. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und einer verfassungs- und gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird. Begründend wird dazu u.a. Folgendes ausgeführt:

1.3. Das Bundesverwaltungsgericht sei dem – im Widerspruch zum Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbs stehenden – formalistischen Ansatz der Auftraggeberin gefolgt, dass eine Auskunft des KSV weder die geforderte Bonitätsauskunft eines Kreditinstituts darstelle noch eine solche zu ersetzen vermöge. Der in den Teilnahmeunterlagen verwendete Begriff der Bonitätsauskunft entstamme § 74 Abs 1 Z 1 BVergG 2006, weshalb bei der Auslegung der Ausschreibungsunterlagen das in den Materialien zu dieser Bestimmung zum Ausdruck kommende Begriffsverständnis heranzuziehen sei. Die Materialien gingen grundsätzlich von einer synonymen Verwendung der Begriffe der Bankauskunft, Bankerklärung und Bonitätsauskunft aus und setzten diese u.a. den Auskünften von Kreditschutzverbänden wie dem KSV gleich. Die Gleichwertigkeit dieser Auskünfte entspreche auch dem Zweck einer Bonitätsauskunft. Das Bundesverwaltungsgericht hätte ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union richten müssen, weil die angeführten Bestimmungen des BVergG 2006 in Umsetzung des Art 47 Abs 1 lita Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, ABl. 2004 L 134, 114, ergangen seien. Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Bonitätsauskunft der Hausbank der beschwerdeführenden Gesellschaft bestätige, dass die Informationen der Auskunft des KSV richtig seien und schon zum Zeitpunkt der Teilnahmeantragstellung zugetroffen hätten. Die Bonitätsauskunft der Hausbank sei darüber hinaus maßgeblich gewesen, weil in den bestandsfesten Teilnahmeunterlagen festgelegt sei, dass die Eignung im Zeitpunkt der Aufforderung zur Angebotsabgabe vorliegen müsse, die Aufforderung zur Angebotsabgabe aber auf Grund der erlassenen einstweiligen Verfügung bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses nicht erfolgen habe können.

Das Bundesverwaltungsgericht habe auch wesentliche Ermittlungsschritte hinsichtlich der Höhe des geschätzten Auftragswerts unterlassen, indem es die diesbezüglichen Angaben der Auftraggeberin in deren Stellungnahme vom offenbar ungeprüft übernommen habe. Im angefochtenen Erkenntnis werde nicht erwähnt, dass diese Angabe ihre Bestätigung im Vergabeakt finde. Der Auftragswert sei aber für die Gebührenbemessung von wesentlicher Bedeutung.

1.4. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht habe nur die Lösung einer vergleichsweise einfachen Rechtsfrage zum Gegenstand gehabt, sodass der Verfahrensaufwand gering gewesen sei. Daher erweise sich die bemessene Gebühr von € 18.468,-- als überzogen und unsachlich.

Das in Rede stehende Vergabeverfahren sei als Verhandlungsverfahren nach vorheriger Bekanntmachung ein zweistufiges Verfahren, das sich zum Zeitpunkt der Anfechtung der Nicht-Zulassung zur Teilnahme in der Präqualifikationsphase befunden habe. In diesem Stadium des Verfahrens könnten sich in einem allfälligen Kontrollverfahren generell nur Fragen zur Eignung der Teilnehmer oder der Übereinstimmung eines Teilnahmeantrags mit den Vorgaben der Teilnahmeunterlagen stellen. Dabei handle es sich um Rechtsfragen, deren Beantwortung keines besonderen Ermittlungsaufwands bedürfe. Gemäß § 318 BVergG 2006 iVm §§1 und 2 Abs 2 der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Pauschalgebühr für die Inanspruchnahme des Bundesverwaltungsgerichtes in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens (BVwG Pauschalgebührenverordnung Vergabe – BVwG-PauschGebV Vergabe), BGBl II 491/2013, sei in einem Verfahren wie dem vorliegenden die übliche Pauschalgebühr aber um das Sechsfache erhöht. Die Höhe dieser Pauschalgebühr stehe in keiner Relation zum Verfahrensaufwand, der bei Kontrollverfahren über die Nicht-Zulassung zur Teilnahme deutlich geringer sei als bei anderen Kontrollverfahren. Zudem habe der geschätzte Auftragswert auf den tatsächlichen Aufwand der Behörde, der in Kontrollverfahren über die Nicht-Zulassung zur Teilnahme immer derselbe sei, keinen Einfluss. Auch der Nutzen für den Rechtsschutzsuchenden sei unabhängig vom Auftragswert derselbe. Im Fall des Obsiegens erhalte der Rechtsschutzwerber die Möglichkeit, im Verfahren ein Angebot zu legen. Damit bestehe aber hinsichtlich des zu erzielenden Nutzens für den Antragsteller kein Unterschied zu einer Anfechtung von Teilnahmebedingungen oder Ausschreibungsunterlagen, für die in § 3 Abs 1 BVwG-PauschGebV Vergabe verringerte Gebührensätze vorgesehen seien, obwohl der Verfahrensaufwand dort sogar höher sei.

Aus den angeführten Gründen seien die anzuwendenden Gebührenbestimmungen des BVergG 2006 und der BVwG-PauschGebV Vergabe verfassungs- bzw. gesetzwidrig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht legte die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor, sah jedoch von der Erstattung einer Äußerung ab.

3. Die Auftraggeberin erstattete als mitbeteiligte Partei eine Äußerung, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt und den Beschwerdevorwürfen Folgendes entgegengehalten wird:

§74 Abs 1 Z 1 BVergG 2006 sei im Nachprüfungsverfahren nicht anwendbar gewesen, weil sich diese Bestimmung nur an den Auftraggeber richte und erläutere, welche Nachweise dieser verlangen dürfe. Somit seien – wie das Bundesverwaltungsgericht zutreffend festgestellt habe – zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Nicht-Zulassung der beschwerdeführenden Gesellschaft ausschließlich die bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen heranzuziehen, die zwingend die Vorlage einer Bonitätsauskunft eines Kreditinstituts vorsähen. Da der KSV kein Kreditinstitut sei, habe die beschwerdeführende Gesellschaft die in den Ausschreibungsunterlagen geforderte Bonitätsauskunft nicht erbracht. Somit habe die Auftraggeberin die beschwerdeführende Gesellschaft gerade wegen der Gleichbehandlung aller Bieter nicht zur Teilnahme am Vergabeverfahren zulassen dürfen.

Voraussetzung der ersatzweisen Vorlage eines gleichwertigen Nachweises für die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit gemäß § 74 Abs 2 BVergG 2006 sei, dass der Bewerber einen berechtigten Grund glaubhaft mache, warum er den vom Auftraggeber geforderten Nachweis nicht erbringen könne. Der Auftraggeber könne sodann dem ersatzweisen Nachweis zustimmen, falls er diesen für geeignet erachte. Im Vergabeverfahren habe die beschwerdeführende Gesellschaft kein derartiges Ersuchen gestellt, und folglich habe auch die Auftraggeberin nicht erklärt, die vorgelegte Auskunft des KSV für gleichwertig zu erachten. Das Bundesverwaltungsgericht habe daher auch keine amtswegige Ermittlungspflicht hinsichtlich der im Nachprüfungsverfahren behaupteten Gleichwertigkeit getroffen.

II. Rechtslage

1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006), BGBl I 17/2006 idF BGBl I 128/2013, lauten:

"Eigenerklärung, Verlangen der Nachweise durch den Auftraggeber

§70. (1) Der Auftraggeber hat festzulegen, mit welchen Nachweisen gemäß den §§71 bis 75 Unternehmer, die an einem Vergabeverfahren teilnehmen, ihre

1. berufliche Befugnis,

2. berufliche Zuverlässigkeit,

3. finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie

4. technische Leistungsfähigkeit

zu belegen haben. Nachweise dürfen nur so weit festgelegt werden, wie es durch den Gegenstand des Auftrages gerechtfertigt ist. Dabei hat der Auftraggeber die berechtigten Interessen des Unternehmers am Schutz seiner technischen oder handelsbezogenen Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

[…]

Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

§74. (1) Als Nachweis für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemäß § 70 Abs 1 Z 3 kann der Auftraggeber insbesondere verlangen:

1. eine entsprechende Bankerklärung (Bonitätsauskunft),

[…]

(2) Kann ein Unternehmer aus einem von ihm glaubhaft zu machenden berechtigten Grund die vom Auftraggeber gemäß Abs 1 geforderten Nachweise nicht beibringen, so kann er den Nachweis seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Vorlage jedes anderen vom Auftraggeber für geeignet erachteten Nachweises erbringen. Als geeignete Nachweise sind jedenfalls anzusehen:

1. Angaben über die Anzahl der beschäftigten Dienstnehmer;

2. Angaben über Unternehmensbeteiligungen;

3. Angaben über Kapitalausstattung, Anlagevermögen, Grundbesitz.

[…]

Gebühren

§318. (1) Für Anträge gemäß den §§320 Abs 1, 328 Abs 1 und § 331 Abs 1 und 2 hat der Antragsteller nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten:

1. Die Pauschalgebühr ist gemäß den von der Bundesregierung durch Verordnung festzusetzenden Gebührensätzen bei Antragstellung zu entrichten. Bieter- und Arbeitsgemeinschaften haben die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten. Die Gebührensätze sind entsprechend dem Verhältnis des durch den Antrag bewirkten Verfahrensaufwandes zu dem für den Antragsteller zu erzielenden Nutzen festzusetzen. Die Gebührensätze sind nach objektiven Merkmalen abzustufen. Als objektive Merkmale sind insbesondere der Auftragsgegenstand, die Art des durchgeführten Verfahrens, die Tatsache, ob es sich um Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung oder der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages oder um sonstige gesondert anfechtbare Entscheidungen bzw. ob es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich oder im Unterschwellenbereich handelt, heranzuziehen.

2. Die festgesetzten Gebührensätze vermindern oder erhöhen sich jährlich in dem Maß, das sich aus der Veränderung des von der Bundesanstalt Statistik Österreich verlautbarten Verbraucherpreisindex 2010 oder des an seine Stelle tretenden Index gegenüber der der letzten Festsetzung zugrunde gelegten Indexzahl ergibt. Der Bundeskanzler hat nach Verlautbarung der für Juni des laufenden Jahres maßgeblichen Indexzahl die neu festgesetzten Gebührensätze im Bundesgesetzblatt kundzumachen. Die neu festgesetzten Gebührensätze gelten ab dem der Kundmachung folgenden Monatsersten.

3. Die Pauschalgebühren sind durch Barzahlung, durch Einzahlung mit Erlagschein, mittels Bankomatkarte oder Kreditkarte zu entrichten. Die über die Barzahlung und Einzahlung mit Erlagschein hinausgehenden zulässigen Entrichtungsarten sind durch das Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe der vorhandenen technisch-organisatorischen Voraussetzungen festzulegen und entsprechend bekannt zu machen.

4. Für Anträge gemäß § 328 Abs 1 ist eine Gebühr in der Höhe von 50 vH der festgesetzten Gebühr zu entrichten.

5. Hat ein Antragsteller zum selben Vergabeverfahren bereits einen Antrag gemäß § 320 Abs 1 oder gemäß § 331 Abs 1 oder 2 eingebracht, so ist von diesem Antragsteller für jeden weiteren Antrag gemäß § 320 Abs 1 oder gemäß § 331 Abs 1 oder 2 eine Gebühr in der Höhe von 80 vH der festgesetzten Gebühr zu entrichten.

6. Bezieht sich der Antrag lediglich auf die Vergabe eines Loses, dessen geschätzter Auftragswert den jeweiligen Schwellenwert gemäß den §§12 und 180 nicht erreicht, so ist lediglich die Pauschalgebühr für das dem Los entsprechende Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich zu entrichten.

7. Wird ein Antrag vor Durchführung der mündlichen Verhandlung oder, wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, vor Erlassung des Erkenntnisses oder Beschlusses zurückgezogen, so ist lediglich eine Gebühr in der Höhe von 75 vH der für den jeweiligen Antrag festgesetzten oder gemäß Z 5 reduzierten Gebühr zu entrichten. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuerstatten.

8. Die Gebührensätze bzw. Gebühren gemäß Z 1 und 2 sowie 4 bis 7 sind auf ganze Euro ab- oder aufzurunden.

(2) Für Anträge gemäß Abs 1 und die Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht fallen keine Gebühren nach dem Gebührengesetz an."

2. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Pauschalgebühr für die Inanspruchnahme des Bundesverwaltungsgerichtes in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens (BVwG-Pauschalgebührenverordnung Vergabe – BVwG-PauschGebV Vergabe), BGBl II 491/2013, lauten:

"Gebührensätze

§1. Für Anträge gemäß den §§320 Abs 1 und 331 Abs 1 und 2 BVergG 2006 und für Anträge gemäß § 135 BVergGVS 2012 in Verbindung mit den §§320 Abs 1 und 331 Abs 1 und 2 BVergG 2006 hat der Antragsteller nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Direktvergaben
308 €
Direktvergaben mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb – Bauaufträge
1 026 €
Direktvergaben mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb – Liefer- und Dienstleistungsaufträge
513 €
Verfahren ohne Bekanntmachung gemäß den §§37 Z 2 und 38 Abs 2 Z 1 und 2 und Abs 3 BVergG 2006
513 €
Bauaufträge gemäß § 37 Z 1 BVergG 2006
1 026 €
Sonstige Bauaufträge im Unterschwellenbereich
3 078 €
Sonstige Liefer- und Dienstleistungsaufträge sowie Wettbewerbe im Unterschwellenbereich
1 026 €
Bauaufträge im Oberschwellenbereich
6 156 €
Liefer- und Dienstleistungsaufträge sowie Wettbewerbe im Oberschwellenbereich
2 052 €

Erhöhte Gebührensätze

§2. (1) Wenn der geschätzte Auftragswert bzw. der Auftragswert den jeweiligen in den §§12 Abs 1 und 2 und 180 Abs 1 und 2 BVergG 2006 und § 10 Abs 1 BVergGVS 2012 genannten Schwellenwert um mehr als das Zehnfache übersteigt, so beträgt die zu entrichtende Pauschalgebühr das Dreifache der jeweils gemäß § 1 festgesetzten Gebühr.

(2) Wenn der geschätzte Auftragswert bzw. der Auftragswert den jeweiligen in den §§12 Abs 1 und 2 und 180 Abs 1 und 2 BVergG 2006 und § 10 Abs 1 BVergGVS 2012 genannten Schwellenwert um mehr als das 20fache übersteigt, so beträgt die zu entrichtende Pauschalgebühr das Sechsfache der jeweils gemäß § 1 festgesetzten Gebühr.

(3) Abs 1 und 2 gelten für Ideenwettbewerbe mit der Maßgabe, dass an Stelle des geschätzten Auftragswertes bzw. des Auftragswertes die Summe der Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer als Grundlage für die Erhöhung der Pauschalgebühr herangezogen wird.

(4) Bezieht sich der Antrag lediglich auf die Vergabe eines Loses, so richtet sich die Höhe der Pauschalgebühr gemäß den Abs 1 und 2 nach dem geschätzten Auftragswert bzw. dem Auftragswert des Loses.

Reduzierte Gebührensätze

§3. (1) Die vom Antragsteller für Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen oder der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages zu entrichtende Pauschalgebühr beträgt 25vH der gemäß § 1 festgesetzten bzw. 10vH der gemäß § 2 erhöhten Gebühr.

(2) Hat ein Antragsteller zum selben Vergabeverfahren bereits einen Antrag auf Nachprüfung der Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen oder der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages eingebracht, so bemisst sich die für jeden weiteren Antrag auf Nachprüfung der Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen oder der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages zu entrichtende Gebühr gemäß § 318 Abs 1 Z 5 nach der gemäß Abs 1 reduzierten Gebühr.

(3) Die Gebührensätze gemäß Abs 1 und 2 sind auf ganze Euro ab- oder aufzurunden."

III. Erwägungen

Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet:

1. Bedenken gegen die dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegenden Rechtsvorschriften sind – aus der Sicht des Beschwerdefalles – nicht entstanden:

1.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann der Gesetzgeber im Hinblick auf die Kostenwahrheit und das Verursacherprinzip Gebühren für die Inanspruchnahme der Gerichte vorsehen, wobei ihm bei der Festsetzung und Bemessung der Gerichtsgebühren ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommt (vgl. etwa VfSlg 19.590/2011, 19.666/2012). Dieser ist auch nicht überschritten, wenn der Gesetzgeber bei der Regelung von Gerichtsgebühren von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht und an leicht feststellbare äußere Merkmale anknüpft (VfSlg 11.751/1988). Dem Gesetzgeber steht es außerdem frei, bei der Bemessung von Gerichtsgebühren Gesichtspunkte der Verwaltungsökonomie zu berücksichtigen (VfSlg 19.487/2011).

Eine strenge Äquivalenz zwischen der Gebühr und dem bei Gericht verursachten Aufwand ist nicht erforderlich (vgl. etwa VfSlg 11.751/1988, 18.070/2007, 19.590/2011). Der Gesetzgeber kann bei der Gebührenfestsetzung in generalisierender Weise sowohl auf den typischen Aufwand als auch auf die Nutzenäquivalenz abstellen (VfSlg 14.473/1996, 16.048/2000, ebenso zu Gebührenregelungen im Vergaberechtsschutz VfSlg 17.783/2006).

Zur Bemessung der Gebühren im vergaberechtlichen Rechtsschutz insbesondere vor besonderen Vergabekontrollbehörden (wie dem Bundesvergabeamt, siehe VfSlg 17.783/2006, 17.970/2006, 18.034/2006, 18.248/2007, oder dem Vergabekontrollsenat des Landes Wien, siehe VfSlg 17.969/2006) hat der Verfassungsgerichtshof zu Recht erkannt, dass der dem Gesetzgeber bei der Abwägung der genannten Prinzipien zukommende Gestaltungsspielraum überschritten ist, wenn ein Gebührensystem den Zugang zum Rechtsschutz übermäßig erschwert und somit die faktische Effektivität des Rechtsschutzes beeinträchtigt. Dies ist der Fall, wenn das Gebührensystem nicht nur in Ausnahmefällen ein Missverhältnis zwischen der Höhe der Gebühr einerseits sowie dem Aufwand der Behörde und dem Vorteil der Amtshandlung für den Antragsteller andererseits bewirkt.

1.2. § 318 BVergG 2006 sieht für Nachprüfungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine von der allgemeinen Gebührenpflicht für Eingaben vor dem Bundesverwaltungsgericht abweichende Pauschalgebühr vor (vgl. § 318 Abs 2 BVergG 2006). Dabei enthält die Verordnungsermächtigung des § 318 Abs 1 Z 1 BVergG 2006 ein abgestuftes System der Bemessung der Höhe der Pauschalgebühren, wobei sich der Verordnungsgeber an objektiven Merkmalen wie dem Auftragsgegenstand, der Art des durchgeführten Verfahrens und dem Auftragswert, insbesondere der Unterscheidung zwischen Oberschwellenbereich und Unterschwellenbereich, zu orientieren hat.

Die BVwG-PauschGebV Vergabe sieht dementsprechend unterschiedliche Gebührensätze für verschiedene Verfahren und Auftragsarten vor. Dabei staffelt die BVwG-PauschGebV Vergabe die Pauschalgebühr in Anknüpfung an den für das konkrete Vergabeverfahren maßgeblichen Schwellenwert und den geschätzten Auftragswert. Übersteigt der geschätzte Auftragswert den einschlägigen Schwellenwert um mehr als das Zehnfache, so beträgt die zu entrichtende Pauschalgebühr das Dreifache, übersteigt der Auftragswert den Schwellenwert um mehr als das Zwanzigfache, so beträgt die zu entrichtende Pauschalgebühr das Sechsfache der jeweils in § 1 der genannten Verordnung festgesetzten Gebühr (§2 BVwG-PauschGebV Vergabe). Für bestimmte Nachprüfungsanträge – nämlich solche auf Nachprüfung der Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen oder der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages, oder wenn in diesen Fällen mehrere Anträge gestellt werden, gelten reduzierte Gebührensätze (§3 BVwG-PauschGebV Vergabe).

1.3. Die beschwerdeführende Gesellschaft hält die Anknüpfung an den geschätzten Auftragswert bei der Staffelung der Pauschalgebühren im Zusammenhang mit einem Nachprüfungsantrag gegen eine Ausscheidensentscheidung in der ersten Stufe eines zweistufigen Vergabeverfahrens für unsachlich, weil auch im Obsiegensfall vor dem Bundesverwaltungsgericht mit der damit erwirkten Zulassung zur zweiten Stufe des Vergabeverfahrens nicht mehr als die Möglichkeit der Angebotslegung und damit eine Chance im Vergabewettbewerb eröffnet werde. Auch stehe die am geschätzten Auftragswert bemessene Pauschalgebühr in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Aufwand des Gerichts, weil – anders als etwa bei der Nachprüfung von Ausschreibungsbedingungen, in deren Rahmen die Klärung umfangreicher Sachverhaltsfragen einschließlich sachverständiger Beurteilungen erforderlich sein könne, für die aber nach § 3 der BVwG PauschGebV Vergabe in bestimmten Konstellationen gerade reduzierte Gebührensätze gelten – im konkreten Fall lediglich eine einfache Rechtsfrage zu klären gewesen sei. Dies sei für Nachprüfungsanträge gegen Ausscheidungsentscheidungen auf der ersten Stufe eines zweistufigen Vergabeverfahrens auch geradezu typisch.

1.4. Schon aus der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Gebührenregelungen im Vergaberechtsschutz ergibt sich, dass eine Differenzierung nach der Art des Vergabeverfahrens und des Auftrages nicht unsachlich ist (vgl. VfSlg 17.783/2006). Der Auftragswert stellt ein sachliches Kriterium dar, das in Relation zum ökonomischen Nutzen für einen rechtsschutzsuchenden Bieter steht (vgl. auch die Erläut. zur RV 127 BlgNR 23. GP, 16). Es liegt auch im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er für bestimmte Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, wie in concreto Nachprüfungs- und Feststellungsverfahren nach dem Bundesvergabegesetz, besondere Gebührenregelungen vorsieht, die den ökonomischen Interessenlagen bei der Inanpruchnahme von Rechtsschutz vor dem Verwaltungsgericht Rechnung tragen. Angesichts der Anknüpfung der Pauschalgebühren an die vergaberechtlichen Schwellenwerte und des Regelungsgegenstandes des Vergaberechts hat der Verfassungsgerichtshof im Lichte des vorliegenden Beschwerdefalles auch keine Bedenken gegen die konkrete Höhe der zu entrichtenden Pauschalgebühren. Der Gleichheitsgrundsatz verwehrt es dem Gesetzgeber bei der zulässigen Typisierung auch nicht, die Verwaltungsgerichtsbarkeit insgesamt in den Blick zu nehmen, was Gebührenregelungen im Zusammenhang mit einer allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit von solchen für spezielle Vergabekontrollbehörden unterscheidet. Dass schließlich § 3 BVwG-PauschGebV Vergabe reduzierte Gebührensätze für Nachprüfungsanträge gegen Regelungen in Ausschreibungs-, Wettbewerbs- oder Teilnahmeunterlagen vorsieht, ist schon deswegen sachlich gerechtfertigt, weil damit Unklarheiten in den Grundlagen eines Vergabeverfahrens für alle Bewerber und Bieter in einer frühen Phase des Verfahrens geklärt werden sollen.

Der Verfassungsgerichtshof teilt also weder die von der beschwerdeführenden Gesellschaft vorgebrachten Bedenken gegen die in Rede stehenden Gebührenvorschriften noch sind dagegen sonst aus Anlass der Behandlung der vorliegenden Beschwerde Bedenken entstanden.

2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn das angefochtene Erkenntnis auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung des Erkenntnisses Willkür geübt hat.

2.1. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften könnte die beschwerdeführende Gesellschaft im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn das Verwaltungsgericht diese Rechtsvorschriften denkunmöglich angewendet oder Willkür geübt hätte (vgl. VfSlg 8835/1980, 10.942/1986, 11.900/1988; ).

2.2. Keiner dieser Mängel liegt hier jedoch vor:

Dem Bundesverwaltungsgericht kann aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn es auf Grund der Ausschreibungsunterlagen davon ausgeht, dass die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am Vergabeverfahren zu Recht erfolgt ist, weil die beschwerdeführende Gesellschaft die in den Ausschreibungsunterlagen geforderte Bonitätsauskunft eines Kreditinstituts nicht rechtzeitig vorgelegt hat. Ob das Bundesverwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die einschlägige Bestimmung in den Ausschreibungsunterlagen bestandsfest geworden ist oder dass es auf die Gleichwertigkeit der Bonitätsauskunft des KSV nicht ankommt, reicht ebenso wenig in die Verfassungssphäre wie die Frage, ob das Bundesverwaltungsgericht nähere Ermittlungen zum – soweit zu sehen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht von der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht bestrittenen – geschätzten Auftragswert hätte anstellen müssen. Diese Fragen sind daher nicht vom Verfassungsgerichtshof zu prüfen (vgl. nur , G48/2013).

IV. Ergebnis

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Gesellschaft in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,-- enthalten.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2014:E577.2014