OGH vom 18.12.2014, 9ObA99/14w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Dr. Gerda Höhrhan Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. K***** C*****, vertreten durch Mag. Herwig Wünsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, 1014 Wien, Minoritenplatz 8, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 2.537,72 EUR sA und Feststellung (4.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 7 Ra 40/14z 21, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 35 Cga 93/13x 15, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 465,96 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin ist seit 1992 Vertragsbedienstete der Beklagten im Dienststand des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres. Seit 1995 befindet sie sich in einem unbefristeten Dienstverhältnis. Die Klägerin wurde im Dienstvertrag in den gehobenen Dienst in das Entlohnungsschema I, Entlohnungsgruppe b eingeordnet. Nachdem Sie in die Anwendbarkeit des Vertragsbedienstetenreformgesetzes (VBRG) optierte, wurde sie in das Entlohnungsschema v, Entlohnungsgruppe v2 übergeleitet. Mit mehreren Nachträgen zum Dienstvertrag wurde die Klägerin seit 2000 mit ihrem Einverständnis jeweils befristet höherwertig verwendet und entsprechend ihrer höherwertigen Tätigkeit auch entsprechend höher, und zwar nach der Entlohnungsgruppe v1, entlohnt.
Seit Mai 2012 verrichtet die Klägerin mit ihrem Einverständnis wieder Dienst in der Zentralstelle und wird entsprechend dieser Tätigkeit wieder nach der Entlohnungsgruppe v2 entlohnt.
Die Vorinstanzen wiesen sowohl das auf eine Einstufung in die Entlohnungsgruppe v1 bzw Verwendung und Entlohnung nach der Entlohnungsgruppe v1 gestützte Klagehauptbegehren als auch das auf Gewährung einer Ergänzungszulage nach § 15a VBG gestützte Eventualbegehren ab. Das Berufungsgericht hat die Revision mit der Begründung zugelassen, dass keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob der Schutz des § 4 Abs 4 VBG auch dann zur Anwendung komme, wenn ein Vertragsbediensteter nur befristet in einer im Vergleich zum Dienstvertrag höherwertigen Tätigkeit verwendet werde.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Aufzeigens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Trotz der Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht muss der Rechtsmittelwerber eine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen. Macht er in seiner Revision hingegen nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, so ist das Rechtsmittel ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts zurückzuweisen (9 ObA 145/13h; 8 Ob 39/14i ua). Dies ist hier der Fall.
1. Nach § 4 Abs 4 VBG kann ein Dienstverhältnis, das auf bestimmte Zeit eingegangen wurde, auf bestimmte Zeit einmal verlängert werden. Wird das Dienstverhältnis darüber hinaus fortgesetzt, so wird es von da ab so angesehen, wie wenn es von Anfang an auf unbestimmte Zeit eingegangen worden wäre.
Dazu hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst in seiner Entscheidung vom (8 ObA 59/13d) ausgesprochen, dass diese Bestimmung, die den Abschluss von Kettenverträgen und die damit verbundene Umgehung von Schutzbestimmungen zugunsten des Vertragsbediensteten verhindern soll, nach ihrem klaren Wortlaut die Zulässigkeit wiederholter Befristungen bzw die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Dienstverhältnis als auf unbestimmte Zeit eingegangen zu gelten hat, betrifft. Mit dem Ausmaß der Beschäftigung des Vertragsbediensteten im befristeten oder unbefristeten Dienstverhältnis hat diese Norm hingegen nichts zu tun.
Konsequenterweise ist für den Standpunkt der Klägerin aus § 4 Abs 4 VBG auch im Anlassfall nichts zu gewinnen. Nicht das ohnehin unbefristete Dienstverhältnis der Klägerin wurde mehrmals befristet, sondern mit Einverständnis der Klägerin nur deren vorübergehende Verwendung (samt entsprechender höheren Entlohnung) in einer bestimmten höherwertigen Tätigkeit. Damit wurde die Absicht des Gesetzgebers, die Umgehung der Bestimmungen, die den sozialen Schutz des Vertragsbediensteten bei Dienstverhältnissen auf unbestimmte Zeit gewährleisten, zu verhindern (RIS Justiz RS0113896), nicht unterlaufen.
Auf § 4 Abs 4 VBG kann sich die Klägerin daher nicht zur Begründung ihres Klagebegehrens berufen.
2. Weder das VBG noch das Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes Statut (BGBl I 1999/129) [kurz: StatutG], dessen Anwendung „auf ihren Dienstvertrag“ von der Klägerin zu Unrecht (siehe Punkt 4.1.) bestritten wird, steht einer mehrfachen befristeten höherwertigen Verwendung und Entlohnung des Vertragsbediensteten mit dessen Einverständnis entgegen.
Dem widerstreitet auch die von der Klägerin relevierte Rechtsprechung zur Bestimmtheit der zeitlichen Dauer einer Befristung des Dienstverhältnisses (RIS Justiz RS0109439) nicht. Dieser Judikatur liegt der Gedanke zugrunde, dass der Dienstnehmer nicht darüber im Ungewissen bleiben soll, zu welchem Zeitpunkt sein Dienstverhältnis endet. Dies konnte bei der ohnehin in einem unbefristeten Dienstverhältnis stehenden Klägerin, die mit ihrem Einverständnis vorübergehend eine höherwertige, als im Dienstvertrag vereinbarte Tätigkeit verrichtete, nicht der Fall sein.
3. Auch ein nach herrschender Rechtsprechung (8 ObA 43/12z; 9 ObA 89/14z ua) außerhalb eines Sondervertrags unzulässiges Abweichen von den zwingenden gesetzlichen Einstufungs- und Entlohnungsvorschriften des VBG liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Klägerin erhielt für die Dauer ihrer höherwertigen Verwendung die dafür gesetzlich vorgesehene höhere Entlohnung nach der Entlohnungsgruppe v1. Für die von ihr seit verrichtete v2 wertige Tätigkeit, die auch Inhalt ihres Dienstvertrags ist, erhält sie das dafür gesetzlich festgelegte Entgelt nach der Entlohnungsgruppe v2.
4. Mit der Frage, ob eine befristete höherwertige Verwendung eines Vertragsbediensteten des Verwaltungsdienstes zu einer Überstellung im Sinne des § 15 VBG führt, zeigt die außerordentliche Revision ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf (RIS Justiz RS0042656).
4.1. Die Klägerin lässt bei dieser Fragestellung nämlich die auf ihr Dienstverhältnis zur Anwendung gelangende Bestimmung des § 13 Abs 3 StatutG außer Betracht. Der Standpunkt der Klägerin, als Vertragsbedienstete der Beklagten im Dienststand des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres (vgl § 10 Abs 1 StatutG) sei sie zwar dem StatutG unterstellt, dieses Gesetz finde aber nicht auf ihr Dienstverhältnis Anwendung, entbehrt einer gesetzlichen Grundlage. § 4 Abs 2 Z 8 VBG, wonach der Dienstvertrag jedenfalls Bestimmungen darüber zu enthalten hat, dass dieses Bundesgesetz und die zu seiner Durchführung erlassenen Verordnungen in der jeweils geltenden Fassung auf das Dienstverhältnis anzuwenden sind, schließt die Anwendbarkeit anderer für das Dienstverhältnis der Klägerin geltender Rechtsquellen nicht aus.
4.2. § 15 Abs 1 VBG definiert die Überstellung als Einreihung eines Vertragsbediensteten in eine andere Entlohnungsgruppe. Im Anwendungsbereich des StatutG muss sich eine bereits langjährig im Bundesdienst stehende Person einem (weiteren) Auswahlverfahren unterziehen, wenn sie innerhalb des auswärtigen Dienstes von einer niedrigeren in eine höhere Verwendungs bzw Entlohnungsgruppe überstellt (und nicht nur auf dem dafür maßgeblichen Arbeitsplatz verwendet) werden möchte (§ 13 Abs 3 StatutG; RV 1852 BlgNR 20. GP 19). Da die Klägerin diese (zusätzliche) Überstellungsvoraussetzung aber nicht erfüllt, bedarf die Frage, ob eine bloß befristete Verwendungsänderung überhaupt als Überstellung im Sinne des § 15 Abs 1 VBG anzusehen ist, keiner näheren Erörterung.
5. Zutreffend ist, dass der dem Vertragsbediensteten zustehende Entgeltanspruch zwingend, also auch nicht durch Einzeldienstvertrag abdingbar, festgelegt ist (RIS Justiz RS0050823) und es für die Einstufung nicht auf die vereinbarten, sondern auf die tatsächlich geleisteten Dienste ankommt, damit die zwingenden Einstufungs und Entlohnungsstufen auch nicht auf dem Umweg über „Sonderverträge“ außer Wirksamkeit gesetzt werden können (RIS Justiz RS0008975; RS0081680). Gegen diese Grundsätze verstößt die Beklagte aber nicht, wenn sie die von der Klägerin ab verrichtete und auch im Dienstvertrag vereinbarte v2 wertige Tätigkeit entsprechend der Entlohnungsgruppe v2 und nicht (mehr) nach der dafür gesetzlich nicht vorgesehenen höheren Entlohnungsgruppe v1 entlohnt. Der zwingende Charakter der Einstufungs und Entlohnungsvorschriften des VBG besagt nicht, dass der Vertragsbedienstete nach Beendigung einer einvernehmlich befristeten, höherwertigen (als dienstvertraglich vereinbarten) Tätigkeit weiterhin einen Anspruch auf diese höherwertige Verwendung und/oder höhere Entlohnung hat (vgl Ziehensack , VBG § 8a Rz 7).
Die Zurückweisung der ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich nach § 510 Abs 3 Satz 4 ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision in ihrer Revisionsbeantwortung hingewiesen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00099.14W.1218.000