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OGH vom 22.10.2010, 9ObA96/10y

OGH vom 22.10.2010, 9ObA96/10y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gillinger und Dr. Gerda Höhrhan Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Günther Loibner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M***** W*****, vertreten durch Mag. Werner Piplits, Rechtsanwalt in Wien, wegen 19.113,24 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 32/10z 18, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtvornahme einer Mäßigung der Konventionalstrafe nach § 38 AngG:

Die Ausübung des Mäßigungsrechts kann nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls erfolgen und stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS Justiz RS0029967 [T4]). Zwar stellt eine im Verhältnis zur Konventionalstrafe geringfügige Schadenshöhe das primäre Kriterium dar (RIS Justiz RS0029848 [T2]); doch ist der Eintritt eines materiellen Schadens keine Voraussetzung für den Verfall einer Konventionalstrafe, wenn diese der Befestigung übernommener vertraglicher Pflichten (hier: aus der Konkurrenzklausel) diente, um auf den Verpflichteten einen zusätzlichen Erfüllungsdruck auszuüben (9 ObA 10/08y).

Auch die übrigen Umstände des vorliegenden Einzelfalls lassen keine auffallende Fehlbeurteilung erkennen: Der Beklagte unterwarf sich zunächst aus freiem Willen und in Kenntnis seiner privaten familiären und finanziellen Verhältnisse, die sich in der Folge nicht änderten, der Konkurrenzklausel und der Konventionalstrafe. Er kündigte in der Folge ohne einen in der Sphäre der Beklagten erkennbaren Grund das Dienstverhältnis auf, nachdem er bereits zuvor den neuen Angestelltenvertrag mit dem schärfsten Konkurrenten seiner Arbeitgeberin abgeschlossen hatte. Wenn die Vorinstanzen daher im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung (RIS Justiz RS0029848 [T1]) von einer Mäßigung Abstand nahmen, ist diese Beurteilung zumindest vertretbar.

Zum Verfall des Entgelts für Überstunden:

Der Beklagte meint, dass er die Verfallsfrist des Punktes 5 lit e des anzuwendenden Kollektivvertrags für Angestellte im Hotel- und Gastgewerbe nicht versäumt habe.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten: Der Sinn einer Fallfrist für Überstundenentgelt liegt vor allem darin, dass bei Geltendmachung des Entgelts für länger zurückliegende Überstunden regelmäßig schwierige Beweisprobleme auftreten. Durch Schaffung einer kürzeren Fallfrist soll der Arbeitnehmer verhalten werden, über die Arbeitszeit hinausgehende Arbeitsleistungen in so unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Leistung geltend zu machen, dass die Möglichkeit einer ordnungsgemäßen Überprüfung des Sachverhalts gewährleistet ist (RIS Justiz RS0034408). Selbst dann, wenn man dem Beklagten dahin beipflichten wollte, dass bei Vereinbarung eines Überstundenpauschales ein längerer Durchrechnungszeitraum erforderlich ist (vgl RIS Justiz RS0051788), der hier erst mit dem Kündigungstermin geendet habe, ist die Verneinung einer fristwahrenden Geltendmachung der Forderung vertretbar. Die zweite Instanz hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ein rechtzeitiges Begehren nur dann vorliegt, wenn die Ansprüche so weit konkretisiert sind, dass der Arbeitgeber erkennen kann, welche Ansprüche ihrer Art und Höhe nach gemeint sind und diesem dadurch die Möglichkeit einer konkreten Zuordnung eröffnet wird (9 ObA 153/03w uva). Hier muss vor allem berücksichtigt werden, dass sich der beklagte Arbeitnehmer seine Zeit frei einteilen konnte, eine Pauschalabgeltung für 20 Überstunden monatlich erhielt und dem Arbeitgeber entgegen der festgestellten vertraglichen Verpflichtung ausgenommen für hier nicht verfahrensgegenständliche Sonderveranstaltungen - keine Unterlagen über die behaupteten laufenden Überschreitungen der Regelarbeitszeit und der pauschalierten Überstunden zukommen ließ. Dem Begehren auf Abgeltung „zumindest 368 Überstunden im Zeitraum . September 2008“ wurde daher mit jedenfalls vertretbarer Rechtsauffassung die fristwahrende Wirkung abgesprochen.