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VfGH vom 07.10.2008, b17/08

VfGH vom 07.10.2008, b17/08

Sammlungsnummer

18586

Leitsatz

Verletzung im Eigentumsrecht durch gesetzlose Bemessung der Börsenumsatzsteuer für den Erwerb von Geschäftsanteilen an einer GesmbH; keine Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Höchstgrenze für den vereinbarten Besserungspreis bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage ohne Rücksicht auf die Erreichung des tatsächlichen Preises; keine Präjudizialität von Bestimmungen des Kapitalverkehrsteuergesetzes über bedingte oder befristete Anschaffungsgeschäfte bzw über den Steuermaßstab in bestimmten Fällen

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.340,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides hat

die Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Gesellschaft aufgrund eines Abtretungsvertrages vom alle Geschäftsanteile an der S.E. GmbH erworben; als Kaufpreis wurden gemäß Punkt II. des darüber aufgenommenen Notariatsaktes DM 21,000.000,-- (entspricht € 10,737.129,51) abzüglich des von der S.E. GmbH zu entrichtenden Auseinandersetzungsguthabens (das zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt war) vereinbart. Weiters war vereinbart - so die Feststellungen des angefochtenen Bescheides -, dass sich der Kaufpreis "für den Fall des Eintritts bestimmter Bedingungen im Zeitraum bis um bis zu DM 12,500.000,-- (entspricht € 6,391.148,51) erhöhen" könne. In Punkt III. des Vertrages sei festgehalten worden, dass diese Vereinbarung mit Eintritt der letzten Bedingung gemäß Punkt VII. oder zu einem anderen von den Vertragsparteien festgelegten Zeitpunkt in Kraft tritt.

Mit vorläufigem Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß Teil III des Kapitalverkehrsteuergesetzes, dRGBl. I S 1058/1934, (in der Folge: KVG) Börsenumsatzsteuer in Höhe von S 1,846.827,- (entspricht € 134.214,15) vorgeschrieben. In diesem vorläufigen Bescheid wurde zunächst nur der in Punkt II. des Kauf- und Abtretungsvertrages festgehaltene Kaufpreis in Höhe von DM 21,000.000,-- als Bemessungsgrundlage herangezogen.

Auf Grund eines Vorhaltes des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom gab die beschwerdeführende Gesellschaft bekannt, dass das Auseinandersetzungsguthaben S 10,840.000,-- (entspricht € 787.773,52) betrage und sich der Kaufpreis daher auf DM 19,459.248,91 (entspricht € 9,949.355,98) reduziere. Bezüglich des laut Punkt II. des Kauf- und Abtretungsvertrages vereinbarten Besserungspreises wies die beschwerdeführende Gesellschaft darauf hin, dass dieser nach Maßgabe der Umsatzentwicklungen in den Geschäftsjahren 2002 und 2004 berechnet werden sollte, und teilte dem Finanzamt mit, dass zwischen den Vertragsparteien am eine Ergänzungsvereinbarung getroffen worden sei, wonach sich der Kaufpreis aus diesem Titel um € 2,000.000,-- erhöhe.

Das Finanzamt setzte in der Folge die Börsenumsatzsteuer endgültig fest und legte als Bemessungsgrundlage für den in Punkt II. des Vertrages vereinbarten Besserungspreis den im Vertrag als Höchstgrenze festgehaltenen Betrag von DM 12,500.000,-- (entspricht € 6,391.148,51) zugrunde.

2. Die dagegen erhobene Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde vom Unabhängigen Finanzsenat, Außenstelle Wien, abgewiesen. Zur Frage, ob und wie der Besserungspreis in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist, wird darin ausgeführt:

"Nach § 18 Abs 1 KVG sind Anschaffungsgeschäfte entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums an Wertpapieren gerichtet sind. In der im Berufungsfall anzuwendenden Fassung galten als Anschaffungsgeschäfte gemäß § 18 Abs 2 Z. 3 KVG auch bedingte oder befristete Anschaffungsgeschäfte. (Das vorliegende Anschaffungsgeschäft vom , für das laut Angaben der Bw. alle Bedingungen am eingetreten waren, war kein Anlassfall [für das hg. Erk. Slg. 15.580/1999], weshalb hier auch noch die Bestimmung des § 18 Abs 2 Z 3 KVG in der Fassung vor der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof Anwendung findet).

§ 21 KVG regelt die Bemessungsgrundlage der Börsenumsatzsteuer (dies ergibt sich bereits aus der Überschrift 'Steuermaßstab'). So wird die Steuer berechnet:

Gemäß Z. 1 leg.cit. regelmäßig: vom vereinbarten Preis.

Gemäß Z. 4 leg.cit., wenn einem Vertragsteil ein Wahlrecht oder die Befugnis, innerhalb gewisser Grenzen den Umfang der Leistung zu bestimmen, zugestanden worden ist, nach dem höchstmöglichen Wert des Gegenstands.

...

Zur Problematik der 'bedingten Leistungen' hat der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom , Zl. 99/16/0399 ausgesprochen, dass das, was § 18 Abs 2 Z. 3 KVG für bedingte Geschäfte generell anordnet (nämlich ihre Gleichstellung mit unbedingten Geschäften), nicht nur zu gelten hat, wenn ein Geschäft in seiner Gesamtheit einer Bedingung unterworfen ist, sondern auch dann, wenn (nur) eines der Vertragselemente (wie zB. das Essentiale des Abtretungspreises) bedingt ist. Andernfalls käme man zu dem nicht vertretbaren Ergebnis, dass die Parteien durch einen nach ihrem Willen unbedingt geschlossenen Vertrag mit einem unbedingten, bloß symbolischen Preis von S 1,-- in Verbindung mit der Vereinbarung eines aufschiebend bedingten weiteren (meist wesentlich höheren) Kaufpreises die Anwendung des § 18 Abs 2 Z. 3 KVG vermeiden könnten. Insbesondere dann, wenn die Parteien eines der Essentialia eines Vertrages (wie zB. den Kaufpreis oder einen Kaufpreisteil) unter eine Bedingung stellen, ist, wenn keiner der Tatbestände des § 21 KVG erfüllt ist, die die Bedingung regelnde Bestimmung des § 18 Abs 2 Z. 3 leg.cit. anzuwenden.

Insoweit ist daher der Begriff 'vereinbarter Preis' in § 21 Z. 1 KVG durch die Anwendung des § 18 Abs 2 Z. 3 leg.cit. dahin zu ergänzen, dass auch ein bedingt vereinbarter Kaufpreis(teil) als Teil des Anschaffungsgeschäftes zu verstehen und damit als Steuermaßstab heranzuziehen ist. Für eine Trennung des Geschäftes in einen unbedingt abgeschlossenen Teil und einen 'bedingten' Teil des Kaufpreises, bietet das Gesetz keine Grundlage.

Weiters hat der Gerichtshof festgestellt, dass sich im Übrigen auch aus § 21 Z. 4 KVG, wonach für den einer Willkürbedingung vergleichbaren Fall des Leistungsgestaltungsrechtes einer der Vertragsparteien ebenfalls der 'höchstmögliche Wert des Gegenstandes' als Steuerbemessungsgrundlage heranzuziehen ist, die Heranziehung der bei Eintritt der von den Parteien gesetzten Bedingung maximalen

Kaufpreishöhe ... ergibt.

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass (von der Bw. grundsätzlich unbestritten) mit Abschluss des Abtretungsvertrages vom ein Verpflichtungsgeschäft betreffend die Abtretung von GmbH-Gesellschaftsanteilen abgeschlossen wurde, wodurch ein die Börsenumsatzsteuerpflicht begründender Abgabentatbestand verwirklicht worden ist. Aus den obigen Ausführungen wird des weiteren auch deutlich, dass selbst Preisteile, deren Leistung vom Eintritt einer Bedingung abhängig ist, für die Bemessung der Börsenumsatzsteuer beachtlich sind. Schon aus der Formulierung im Vertrag selbst ist ersichtlich, dass der Besserungspreis Teil der Preis- und Wertvorstellungen der Parteien war. Die Ergänzungsvereinbarung, die festhält, in welcher Höhe der Besserungspreis endgültig zu entrichten ist, ist Teil des Erfüllungsgeschäftes und als solcher für die Festsetzung der Börsenumsatzsteuer selbst unerheblich. Damit ist entgegen der Ansicht der Bw. auch der durch spätere Erfolge bedingte Besserungspreis, auf Grund der Bestimmung des § 18 Abs 2 Z. 3 KVG (in der für den Berufungsfall geltenden Fassung) in Zusammenhang mit § 21 Z. 4 KVG mit dem vertraglich genannten Höchstbetrag von DM 12,500.000,-- (das entspricht € 6,391.148,51) als Teil des vereinbarten Preises in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen."

3. Dagegen richtet sich die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (nämlich des § 21 Z 4 KVG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt wird.

4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Sie führt dazu Folgendes aus:

"Beim Verfassungsgerichtshof war [zu B2712/96] bereits [ein] Verfahren anhängig, [dem] ebenfalls ein börsenumsatzsteuerpflichtiges Anschaffungsgeschäft zu Grunde lag. In diesem Fall war ein Abtretungspreis von S 1,-- vereinbart worden, der sich umsatzabhängig auf bis zu maximal S 10,000.000,-- erhöhen sollte. Auch hier legte die Finanzbehörde der Bemessung der Börsenumsatzsteuer den Preis von S 10,000.000,-- zu Grunde und begründete dies damit, dass § 18 Abs 1 Z. 3 KVG generell bedingte Anschaffungsgeschäfte den aufschiebend bedingten gleichstelle.

In seiner Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof führte der damalige Beschwerdeführer, gestützt auf die Bestimmung des § 21 Z 1 KVG - die als Steuermaßstab zur Berechnung der Börsenumsatzsteuer regelmäßig den vereinbarten Preis vorsieht - aus, dass ein bestimmbarer Preis vereinbart worden sei. Ein derartiger liege immer noch vor, wenn die Auszahlung eines Mehrpreises auf Grund des letztlich errechneten Preises von einer Bedingung abhängig gemacht werde. Die Heranziehung des § 18 Abs 2 Z 3 KVG, der (zur damaligen Rechtslage) auch bedingte Anschaffungsgeschäfte der Börsenumsatzsteuer unterwirft, hielt der Bf. hinsichtlich des Entgeltes für verfehlt.

Nach Erstattung einer Gegenschrift, in der die belangte Behörde § 18 Abs 2 Z 3 KVG nicht nur hinsichtlich bedingter Rechtsgeschäfte sondern auch in Bezug auf bedingte Entgelte für relevant hielt, nahm der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde nicht in Behandlung. Der Gerichtshof führte in seinem Beschluss vom , B2712/96 aus, die gerügten Rechtsverletzungen des Falles seien nur Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung eines einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der Fragen nicht anzustellen. Nach Abtretung dieser Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof stellte dieser mit Beschluss vom , Zl. A17/9-1 (98/16/0267) den Antrag an den Verfassungsgerichtshof, die Worte 'bedingte oder' in § 18 Abs 2 Z 3 KVG als verfassungswidrig aufzuheben. In weiterer Folge wies der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag mit Beschluss vom , G76/99, zurück, und führte aus:

'In dem beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren geht es somit um die rechtsrichtige Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Börsenumsatzsteuer. Diese Frage ist allein unter Heranziehung des § 21 KVG - 'Steuermaßstab' - zu beurteilen. Die vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtene Gesetzesstelle ist in diesem Zusammenhang hingegen nicht von Relevanz. Der Umstand, dass sich die vor dem Verwaltungsgerichtshof belangte Behörde in der Begründung des von ihr erlassenen Bescheides - in Erwiderung des an diese Behörde gerichteten Berufungsvorbringens - auf diese Bestimmung bezieht, ändert daran nichts.'

Im nunmehr beschwerdeverfangenen Verfahren finden noch die Bestimmungen des Kapitalverkehrsteuergesetzes in der Fassung vor Aufhebung der Wortfolge 'bedingte oder' in § 18 Abs 2 Z 3 KVG durch den Verfassungsgerichtshof Anwendung, und es unterliegen demnach auch bedingte Anschaffungsgeschäfte der Börsenumsatzsteuer. Die belangte Behörde erachtet daher den gegenständlichen Beschwerdefall sowohl auf Grund des Sachverhaltes als auch auf Grund der anzuwendenden Rechtslage als dem oben angeführten vergleichbar und vertritt daher die Ansicht, dass auch in diesem Fall keine verfassungsrechtlich relevanten Fragen zu klären sind.

Soweit sich der Bf. zur Begründung seiner Beschwerde auch auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu § 22 GebG () bezieht, ist festzuhalten:

§ 22 GebG in der ursprünglichen Fassung lautete: 'Ist eine Leistung nicht mit einem bestimmten Betrage, wohl aber deren höchstes Ausmaß ausgedrückt oder ist zwischen zwei oder mehreren Rechten oder Verbindlichkeiten eine Wahl bedungen, so ist die Gebühr im ersteren Falle nach dem Höchstbetrag, im letzteren Falle nach dem größeren Geldwerte der zur Wahl gestellten Leistungen zu entrichten.'

Mit Erkenntnis vom , G1/06, hob der Gerichtshof die Wortfolge 'eine Leistung nicht mit einem bestimmten Betrage, wohl aber deren höchstes Ausmaß ausgedrückt oder ist' auf, sodass § 22 GebG nunmehr lautet: 'Ist zwischen zwei oder mehreren Rechten oder Verbindlichkeiten eine Wahl bedungen, so ist die Gebühr im ersteren Falle nach dem Höchstbetrag, im letzteren Falle nach dem größeren Geldwerte der zur Wahl gestellten Leistungen zu entrichten.'

Somit ist § 22 GebG nicht zur Gänze aus dem Rechtsbestand beseitigt worden, sondern auf ein nunmehr dem § 21 Z 4 KVG vergleichbares Ausmaß reduziert worden, der das Heranziehen eines 'Höchstbetrages' anordnet, wenn einer Partei ein Wahlrecht eingeräumt wird.

Die Bestimmung des § 21 Z 4 KVG hinsichtlich der der Bf. ein Gesetzesprüfungsverfahren anregt, lautet vergleichsweise: '(Die Steuer wird berechnet) wenn einem Vertragsteil ein Wahlrecht oder die Befugnis, innerhalb gewisser Grenzen den Umfang der Leistung zu bestimmen, zugestanden worden ist: nach dem höchstmöglichen Wert des Gegenstands.'

Im gegenständlichen Fall war eine bestimmbare Leistung vereinbart, die unter bestimmten Voraussetzungen höher oder niedriger ausfallen sollte, es stand aber keinem der Vertragspartner ein Wahlrecht oder eine Befugnis zu, den Umfang der Leistung zu bestimmen.

§ 21 Z 4 KVG erweist sich daher in diesem Verfahren nicht als präjudiziell. ...

Nach Ansicht der belangten Behörde erweist sich die Beschwerde als unbegründet und es wird beantragt, die Beschwerde abzuweisen".

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die §§18 und 21 KVG lauteten in der hier maßgeblichen Fassung (dh. vor Aufhebung der Worte "bedingte oder" in § 18 Abs 2 Z 3 leg.cit. durch den Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis VfSlg. 15.580/1999) wie folgt:

"§18

Anschaffungsgeschäfte

(1) Anschaffungsgeschäfte sind entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums an Wertpapieren gerichtet sind.

(2) Als Anschaffungsgeschäfte gelten auch


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1.
Geschäfte, die das Einbringen von Wertpapieren in eine Kapitalgesellschaft oder eine andere Personenvereinigung zum Gegenstand haben;


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2.
Geschäfte, durch die bei der Auseinandersetzung einer Kapitalgesellschaft mit ihren Gesellschaftern, bei der Auflösung einer anderen Personenvereinigung oder beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personenvereinigung den Gesellschaftern Wertpapiere aus dem Vermögen der Gesellschaft überwiesen werden;


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3. bedingte oder befristete Anschaffungsgeschäfte;


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4.
die Versicherung von Wertpapieren gegen Verlosung, wenn der Versicherungsfall eintritt.

...

§21

Steuermaßstab

Die Steuer wird berechnet:


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1.
regelmäßig von dem vereinbarten Preis. Kosten, die durch den Abschluß des Geschäftes entstehen, und Stückzinsen, soweit sie bei Geschäften über Schuldverschreibungen besonders berechnet werden, sind dem Preis nicht hinzuzurechnen. Bei Stellgeschäften wird das Stellgeld dem Kaufpreis hinzugerechnet;


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2.
wenn ein Preis nicht vereinbart ist:
von dem mittleren Börsen- oder Marktpreis, der für das Wertpapier am Tag des Geschäftabschlusses gilt;


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3.
wenn es sowohl an einer Preisvereinbarung als auch an einem Börsen- oder Marktpreis fehlt:
nach dem Wert des Wertpapiers;


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4.
wenn einem Vertragsteil ein Wahlrecht oder die Befugnis, innerhalb gewisser Grenzen den Umfang der Leistung zu bestimmen, zugestanden worden ist:
nach dem höchstmöglichen Wert des Gegenstands."

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wird eine Abgabe vorgeschrieben; er greift somit in das Eigentumsrecht ein. Ein solcher Eingriff ist nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 11.470/1987, 15.884/2000, 16.112/2001, 16.290/2001) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergeht oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruht, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der dann vorliegt, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hat, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen ist.

3. Die belangte Behörde stützt sich auf die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/16/0399, vertretene Rechtsansicht. Diesem verwaltungsgerichtlichen Verfahren lag die Beurteilung eines Anschaffungsgeschäftes zugrunde, bei dem einerseits ein (bereits im Vertrag) bestimmt bezifferter Kaufpreisteil und andererseits ein nach bestimmten, im Vertrag näher definierten Umständen zu bestimmender Besserungspreis vereinbart worden war. Der Verwaltungsgerichtshof hat aus Anlass dieses Verfahrens gemäß Art 140 B-VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung eines Teils des § 18 Abs 2 Z 3 KVG als verfassungswidrig gestellt. Der Verfassungsgerichtshof hat diesen Antrag mit Beschluss VfSlg. 15.565/1999 unter Hinweis darauf als unzulässig zurückgewiesen, dass § 18 Abs 2 Z 3 leg.cit. bei einer Kaufpreisvereinbarung wie jener des dem Verfahren des damals antragstellenden Verwaltungsgerichtshofes zugrunde liegenden nicht anzuwenden ist. Wörtlich führte er dazu aus:

"Im vorliegenden Fall wendet sich die an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde gegen einen Bescheid, mit dem der Beschwerdeführerin für den Erwerb von Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft m.b.H. Börsenumsatzsteuer in bestimmter Höhe vorgeschrieben wurde. In dem diesem Anteilserwerb zugrundeliegenden Vertrag wird die Abtretung von Geschäftsanteilen vereinbart, u.zw. unbedingt, und dafür ein Abtretungspreis von ATS 1,-- bestimmt. Darüber hinaus enthält der Vertrag die Festlegung, dass sich dieser Abtretungspreis nach Maßgabe des Eintretens näher bestimmter Umstände, insbesondere einer näher bestimmten Entwicklung der Umsätze des Unternehmens, bis auf maximal ATS 10 Mio. erhöhen kann. Die belangte Behörde zog im angefochtenen Bescheid als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der zu entrichtenden Börsenumsatzsteuer diese maximale Höhe des Kaufpreises heran.

In dem beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren geht es somit um die rechtsrichtige Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Börsenumsatzsteuer. Diese Frage ist allein unter Heranziehung des § 21 KVG - 'Steuermaßstab' - zu beurteilen. Die vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtene Gesetzesstelle ist in diesem Zusammenhang hingegen nicht von Relevanz. Der Umstand, dass sich die vor dem Verwaltungsgerichtshof belangte Behörde in der Begründung des von ihr erlassenen Bescheides - in Erwiderung des an diese Behörde gerichteten Berufungsvorbringens - auf diese Bestimmung bezieht, ändert daran nichts."

4. Die belangte Behörde hält in ihrer Gegenschrift an der Position des angefochtenen Bescheides fest, wonach das hier in Rede stehende Anschaffungsgeschäft - soweit relevant - jenem gleichkommt, das den Verwaltungsgerichtshof im oben genannten Verfahren zu einem Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung des § 18 Abs 2 Z 3 KVG veranlasst hat. Der Verfassungsgerichtshof bleibt aber bei der in seinem damaligen Zurückweisungsbeschluss vertretenen Meinung, dass bei einem Anschaffungsgeschäft mit derartiger Kaufpreisvereinbarung der Vorschrift des § 18 Abs 2 Z 3 KVG ("bedingte oder befristete Anschaffungsgeschäfte") für die Abgabenbemessung keine Relevanz zukommt ("offenkundig keine Voraussetzung bildet"; vgl. VfSlg. 15.565/1999, S 39) und diese Bestimmung im Beschwerdefall somit schon deswegen keine Grundlage für die Heranziehung des Höchstbetrages als Bemessungsgrundlage bilden kann. § 18 Abs 2 Z 3 KVG normiert bloß, dass auch bedingte oder befristete Anschaffungsgeschäfte der Steuerpflicht unterliegen, trifft aber keine Aussage zur Bemessungsgrundlage. Diese wird vielmehr in § 21 leg.cit. (unter der Überschrift "Steuermaßstab") geregelt.

5. Der Verfassungsgerichtshof stimmt der belangten Behörde darin zu, dass die Ziffer 4 des § 21 KVG (die in der Beschwerde als verfassungswidrig gerügt und deren Prüfung angeregt wird) im Beschwerdefall nicht anwendbar ist: Der zugrunde liegende Sachverhalt lässt nicht erkennen, dass hier einem Vertragsteil ein Wahlrecht oder die Befugnis, innerhalb gewisser Grenzen den Umfang der Leistung zu bestimmen, zugestanden worden ist. Auch diese Bestimmung ist daher aus Anlass des Beschwerdefalles, entgegen der Meinung der beschwerdeführenden Gesellschaft, keinem Gesetzesprüfungsverfahren zugänglich.

Ausgehend davon, dass weder § 18 Abs 2 Z 3 noch § 21 Z 4 KVG für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage anzuwenden sind, entbehrt der angefochtene Bescheid aber jeglicher Grundlage dafür, bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage die Höchstgrenze für den vereinbarten Besserungspreis heranzuziehen, ohne Rücksicht darauf, ob der (ursprünglich nicht bestimmte, wohl aber bestimmbare) Preis - nach seiner Feststellung - überhaupt diesen Betrag erreicht hat. Eine Auslegung des § 21 Z 1 KVG in der Weise, dass bei unbestimmten, aber bestimmbaren Beträgen automatisch ein von den Parteien vereinbarter Höchstbetrag anzusetzen wäre, würde dieser Vorschrift einen Inhalt beimessen, der ihr nicht zu entnehmen ist und sie gleichheitswidrig erscheinen ließe, weil sie bei einer solchen Auslegung gerade jene Anordnung träfe, die der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 17.874/2006 (im Zusammenhang mit § 22 GebG) als verfassungswidrig erkannt hat. Da dies im angefochtenen Bescheid nicht beachtet wurde (die belangte Behörde geht in diesem Zusammenhang von einem Gesetzesinhalt des § 22 GebG aus, der keineswegs der im zitierten Erkenntnis ausgesprochenen Aufhebung entspricht), ist der Bescheid mit einem Fehler belastet, der mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen ist. Er war daher wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums aufzuheben.

III. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 88 VfGG. In den antragsgemäß zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in Höhe von € 360,-- sowie der Ersatz der entrichteten Eingabengebühr in Höhe von € 180,-- enthalten.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.