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OGH vom 29.04.1998, 9ObA416/97k

OGH vom 29.04.1998, 9ObA416/97k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer und Dr.Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Raimund Kabelka und Mag.Thomas Kallab als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Josef E*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Peter M***** Gesellschaft mbH, wider die beklagte Partei Peter M*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Richard Köhler und Dr.Anton Draskovits, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 458.253,80 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 373/96s-55, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 12 Cga 445/93k-46, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit Notariatsakt vom gründete der Beklagte mit der "V***** UnternehmensbeteiligungsgesmbH", welche durch den Geschäftsführer Karl V***** vertreten wurde, die "Peter M***** GesmbH", deren Unternehmensgegenstand das Speditionsgewerbe war. Das Stammkapital von S 500.000,- wurde bar einbezahlt, wobei der Beklagte eine Stammeinlage von S 245.000,-, die Mitgesellschafterin eine solche von S 255.000,- übernahm. In der Folge wurde der Unternehmensgegenstand auf die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im Nah- und Fernverkehr und den Handel mit Waren aller Art erweitert. Zum Geschäftsführer wurde der Beklagte bestellt. Mit Generalversammlungsbeschluß vom wurde der Beklagte als Geschäftsführer abberufen und Karl V***** zum neuen Geschäftsführer bestellt; der Beklagte erhielt Haus- und Hofverbot. Am wurde über das Vermögen der Peter M***** GesmbH der Konkurs eröffnet.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom , GZ 12 e Vr 13.502/93, Hv 7268/93-28, wurde Peter M***** für schuldig erkannt, er habe in Wien

I.) als verantwortlicher Geschäftsführer der Peter M***** GesmbH, welche Schuldnerin mehrerer Gläubiger war,

1.) in der Zeit vom bis Ende September 1992 fahrlässig deren Zahlungsunfähigkeit herbeigeführt, insbesondere indem er das Unternehmen ohne ausreichendes Eigenkapital führte, unverhältnismäßig Kredit benutzte und durch Erwerb eines Gebäudes gewagte Geschäfte abschloß, die mit den Vermögensverhältnissen der Firma in auffallendem Widerspruch standen;

2.) ab Anfang Oktober 1992 bis in Kenntnis bzw fahrlässiger Unkenntnis der Unternehmenszahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung der Firmengläubiger dadurch vereitelt bzw geschmälert, daß er das Unternehmen fortführte, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht rechtzeitig beantragte und den Gläubigerfonds um rund S 260.000,- verschob;

II.) 1992 die ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Peter M***** GesmbH durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen dadurch wissentlich mißbraucht und dieser einen S 25.000,- übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, daß er einen Bargeldbetrag von S 50.000,-, den er als Provision von einem Mitarbeiter der D***** Austria GmbH anläßlich des Ankaufs eines Lkw durch die Peter M***** GmbH erhalten habe, nicht dem Firmenvermögen zuführte, sondern für eigene Zwecke verwendete.

Er habe hiedurch zu I) 1) das Vergehen der fahrlässigen Krida als leitender Angestellter nach §§ 159 Abs 1 Z 1, 161 Abs 1 StGB;

zu I) 2) das Vergehen der fahrlässigen Krida als leitender Angestellter nach §§ 159 Abs 1 Z 2, 161 Abs 1 StGB;

zu II) das Vergehen der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 erster Fall StGB begangen.

Der klagende Masseverwalter begehrt (nach einer Einschränkung) den Zuspruch von S 458.253,80 sA. Das Klagebegehren wurde zuletzt auf Verletzung des Geschäftsführervertrages bzw der Bestimmung des § 25 GmbHG, insbesondere § 25 Abs 3 Z 2 GmbHG, durch den Beklagten gestützt.

Auf Grund des Geschäftsführervertrages hätte der Beklagte Verpflichtungsgeschäfte für die Gesellschaft, gleich welcher Art, durch welche im Einzelfall eine finanzielle Verpflichtung in Höhe von mehr als S 500.000,- für die Gesellschaft entstehe, nur nach vorherigen Gesellschaftsbeschluß eingehen dürfen. In diesem Zusammenhang sei auch der Abschluß von Miet- oder Leasingverträgen ausdrücklich genannt worden. Diese Vertragsbestimmung könne nur so ausgelegt werden, daß eine Einheit bildende Einzelanschaffungen ebenso wie einzelne Mietzinse bzw Leasingentgelte nicht im Sinne der sonst als Umgehung möglichen "Salamitaktik" getrennt zu bewerten, sondern als Einheit zu betrachten seien und der Gesamtwert für den Umfang des Verpflichtungsgeschäftes heranzuziehen sei. Unter den Begriff "finanzielle Verpflichtung" falle auch die bei einem Kauf zu entrichtende Umsatzsteuer, unabhängig davon, ob diese zu einem späteren Zeitpunkt als Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht werden könne. Entgegen dieser vertraglichen Verpflichtung habe der Beklagte eine neue EDV-Anlage einschließlich Software, Hardware und Programmierungsaufwand zu einem Preis von zunächst S 420.211,50 zuzüglich S 84.042,30 Umsatzsteuer, insgesamt sohin um S 504.253,80 ohne Einholung eines Gesellschafterbeschlusses angeschafft. Zusätzlich seien noch Aufträge für Programmierstunden zu einem Bruttopreis von S 15.624,- sowie weitere Programmierstunden zu einem Bruttopreis von S 43.522,32 und die Anschaffung weiterer Hard- und Software zum Bruttopreis von S 6.600,- erfolgt. Die beiden letzten Beträge seien von der Gesellschaft nicht mehr gezahlt worden. An den Lieferanten seien S 433.231,50 netto, dies seien S 519.877,80 brutto gezahlt worden, davon nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft Ende September 1992 S 192.253,50 netto oder S 230.704,20 brutto. Hinsichtlich des letztgenannten Betrages werde das Klagebegehren ausdrücklich auch auf eine Verletzung des § 25 Abs 3 Z 3 GesmbHG gestützt. Darüber hinaus habe der Beklagte namens der Gesellschaft noch Server mit Bildschirm und PC's, einen Laserdrucker sowie weitere Zusatzgeräte mit einem Aufwand von zumindest S 300.000,- netto angeschafft, sodaß das als Einheit aufzufassende Nettoauftragsvolumen S 750.000,- netto betragen habe. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen würden lediglich S 428.253,80 geltend gemacht, dies sei der Bruttobetrag von S 504.253,80 abzüglich des im Verwertungsverfahren erzielten Nettoerlöses für die Anlage (= Fahrnisse, AS 201) von S 46.000,-. Eine bisher vorhandene EDV-Anlage sei für die Unternehmenszwecke ausreichend gewesen; die neue Anlage sei unbrauchbar gewesen. Deren Anschaffung sei lediglich im Hinblick auf die Beteiligung des Beklagten an einem anderen Unternehmen erfolgt, welchem die Benützung der neuen EDV-Anlage zugute kommen sollte. In der Vorgangsweise des Beklagten liege auch ein Verstoß gegen § 35 Abs 1 Z 7 GmbHG, weil für die Anlage mehr als 20 % des Stammkapitals (S 500.000,-) ausgegeben werden mußten. Die Klage werde auch auf die Geschäftsführerhaftung nach § 25 GmbHG gestützt, weil die Gesellschaft von Anfang an überschuldet, ab September 1992 sogar zahlungsunfähig gewesen sei, weshalb die Anlage nicht hätte angeschafft werden dürfen. Im Umfang von S 50.000,- werde das Klagebegehren auch auf eine Deliktshaftung des Beklagten gestützt, der treuwidrig eine Kundenprovision angenommen, nicht jedoch der Gesellschaft zugeführt habe und deshalb auch rechtskräftig verurteilt worden sei. Auch darin liege ein Verhalten, das eine Haftung nach § 25 GesmbHG auslöse.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Vorwurf einer Verletzung des Geschäftsführervertrages durch den Beklagten sei unberechtigt. Der Geschäftsführer der Mehrheitsgesellschafterin sei vom Beklagten über die Notwendigkeit der Anschaffung einer neuen EDV-Anlage ständig informiert worden. Die vorhandene EDV-Anlage sei reparaturanfällig geworden, sodaß allein an Reparaturaufwand jährlich S 120.000,- hätten aufgewendet werden müssen. Dazu sei gekommen, daß die vorhandene Anlage hinsichtlich Lager- und Ladegeschäften sowie hinsichtlich der Telekommunikation nicht mehr zureichend gewesen sei und Ergänzungsversuche fehlgeschlagen seien. Anfang 1992 wäre wieder ein weiterer Reparaturaufwand von S 100.000,- erforderlich geworden. Der Umstieg auf ein PC-System sei daher wirtschaftlich notwendig gewesen. Es liege auch keine Investition über S 500.000,- vor, vielmehr sei von nicht zusammenhängenden Einzelgeschäften, zu deren Abschluß der Beklagte allein berechtigt gewesen sei, auszugehen. An Investitionen seien insgesamt nur S 420.000,- netto getätigt worden, Konkurrenzanbote seien wesentlich höher gewesen. Der Geschäftsführervertrag sei dahin auszulegen, daß nur Nettobeträge gemeint gewesen seien, nicht jedoch Bruttobeträge einschließlich anfallender Umsatzsteuer. In den Rechnungen, auf die sich der Kläger beziehe, seien viele Leistungen enthalten, die sich nicht auf Soft- oder Hardware beziehen, vielmehr handle es sich um notwendige Servicearbeiten, die dem Beklagten nicht angelastet werden könnten. Der höchste Rechnungsbetrag belaufe sich auf S 75.820,80. Auch ein Verstoß gegen § 35 Abs 1 Z 7 GesmbHG liege nicht vor, weil diese dispositive Bestimmung durch den Geschäftsführervertrag aufgehoben worden sei. Der Kläger könne sich aber auch auf keine Haftung des Beklagten nach § 25 GmbHG stützen. Die Anschaffung der EDV-Anlage sei lange vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erfolgt; soweit nach dem September 1992 weitere Aufträge erteilt worden seien, seien diese absolut notwendig gewesen. Der Kläger müsse sich auch die Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Gesellschaft entgegenhalten lassen, weil bei einem Wert von S 460.000,- nur S 46.000,- an Erlös erzielt worden sei. Auch sei eine Schadensminderung nach dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz zu erwägen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte im wesentlichen noch fest:

Der Beklagte gab zu Beginn seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für Büroausstattung, Fuhrpark, Lagerausrüstung und Lagerbewegungsgeräte sowie eine EDV-Anlage zumindest S 3,6 Millionen aus. Dieser Investitionsbetrag überstieg das eingezahlte Stammkapital um mehr als das Siebenfache, sodaß von Anfang an eine Unternehmensüberschuldung gegeben war. Der Beklagte bedachte nicht, daß durch das von ihm im geringen Ausmaß akquirierte Eigenkapital seine Vertragspartner voraussichtlich Schaden leiden würden. Das Unternehmen erwirtschafte 1987 einen Verlust von S 196.000,-, 1988 einen solchen von S 482.000,-, 1989 einen von S 1,6 Millionen, 1990 einen solchen von S 447.000,-; unter Berücksichtigung der Gewinne für 1991 von S 2.600,-

und für 1992 von S 350.000,- ergibt sich für den Beobachtungszeitraum 1987 bis 1992 ein kumulierter Verlust von rund S 2,7 Millionen. Das Fremdkapital des Unternehmens betrug im Jahr 1992 108 %, die Unternehmensverbindlichkeiten betrugen 1992 107 % des Gesellschaftsvermögens.

Seit 1989 lag infolge der schlechten Ertragslage eine Überschuldung vor, die Bankkredite stiegen 1989 auf S 5 Millionen an. 1991 wurden fast 60 % der verfügbaren Mittel zur Bezahlung von Bankkrediten benötigt, die übrigen Mittel waren durch Investitionen und Kundenforderungen gebunden. Im letzten Wirtschaftsjahr 1992, welches nur durch eine vorläufige Belastung dokumentiert wurde, wurde der enorme Anstieg der sonstigen Forderungen durch sonstige Verbindlichkeiten gedeckt. Die Unternehmensliquidität ersten und zweiten Grades im Zeitraum 1987 bis 1989 zeigt, daß das Unternehmen zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd in der Lage war, die kurzfristigen Verbindlichkeiten aus dem Firmenvermögen zu berichtigen. Trotz des für 1992 ausgewiesenen geringfügigen Gewinnes konnte in den Monaten Jänner, Februar, Juni, September und Oktober 1992 keine vollständige Kostendeckung erzielt werden. Ab dem

4. Quartal 1992 konnten an einige Gläubiger überhaupt keine Zahlungen mehr geleistet werden. Mit Ende September 1992 ergibt sich die eingetretene Unternehmenszahlungsfähigkeit, welche bei gehöriger Sorgfalt auf Grund der monatlichen Saldenlisten und "offenen Posten" - Buchhaltung zu diesem Zeitpunkt subjektiv erkennbar war. Dem Beklagten war aus Gesprächen mit dem Geschäftsführer der Mitgesellschafterin bekannt, daß diese nicht bereit war, Eigenkapitalzuschüsse zu gewähren, dazu war auch der Beklagte nicht in der Lage. Dennoch meldete er kein Insolvenzverfahren an.

Der Geschäftsführervertrag sieht vor, daß der Beklagte Verpflichtungsgeschäfte für die Gesellschaft, gleich welcher Art, durch welche im Einzelfall eine finanzielle Verpflichtung in Höhe von mehr als S 500.000,- für die Gesellschaft entsteht, nur nach vorherigem Gesellschaftsbeschluß eingehen darf. In diesem Zusammenhang ist der Abschluß von Miet- oder Leasingverträgen ausdrücklich genannt.

Obwohl der Gebrauchswert der alten NCR-Anlage noch gegeben war, entschloß sich der Beklagte, das gesamte EDV-System der Gemeinschuldnerin gegen ein neues PC-System auszutauschen. Die alte NCR-Anlage verursachte zwar laufende Kosten mit der Wartung, doch war sie funktionsfähig und den Ansprüchen der Gemeinschuldnerin angemessen. Der Beklagte beauftragte Michael K***** mit der Lieferung von Soft- und Hardware und der Durchführung von Programmierungsarbeiten. Der von der Gemeinschuldnerin gezahlte Gesamtrechnungsbetrag ergab netto S 420.211,50 zuzüglich Umsatzsteuer von S 84.042,30 brutto somit S 504.253,80. Die Anlage konnte vom Masseverwalter um S 46.000,- netto verkauft werden. Zusätzlich zu den Anschaffungskosten wurden von Michael K***** bzw seinem Unternehmen "D*****" noch zusätzliche Leistungen erbracht, die ebenfalls im Rahmen der Anschaffung und Installierung der EDV-Anlage zu sehen sind, nämlich Programmierstunden im Umfang von S 15.624,- brutto, die noch von der Gemeinschuldnerin bezahlt wurden, sowie nicht mehr bezahlte Programmierstunden von S 43.522,32 brutto sowie Bereitstellung von Hard- und Software in Höhe von S 6.600,- brutto. Insgesamt wurden S 433.231,50 netto, dies sind S 519.877,80 brutto, an Michael K***** gezahlt, davon jedenfalls S 191.253,50 netto, dies sind S 230.704,20 brutto, nach Ende September 1992, somit nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit. Von dritter Seite wurden noch Hardwarebestandteile im Gesamtumfang von S 300.000,- netto angeschafft, sodaß sich das gesamte Auftragsvolumen auf mehr als S 750.000,- netto belief. Trotzdem holte der Beklagte keinen Gesellschafterbeschluß ein, er informierte den Mitgesellschafter V***** (gemeint: den Geschäftsführer der Mitgesellschafterin) nicht einmal über die Tatsache des Austausches der alten NCR-Anlage gegen ein neues PC-System.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß unter dem Eingehen von Verbindlichkeiten über S 500.000,- im Einzelfall auch eine Einheit bildende Einzelanschaffungen zu verstehen seien, wie dies bei einer Computeranlage naturgemäß fast immer der Fall sei. Hardware-, Software und Programmieraufwand bildeten eine wirtschaftliche Einheit, die nicht getrennt betrachtet werden könne. Mit dem Betrag von S 500.000,-, bei dessen Überschreitung die Einholung eines Gesellschafterbeschlusses erforderlich sei, könne nur ein Bruttobetrag, das heißt einschließlich Umsatzsteuer, gemeint sein, weil unabhängig von der Möglichkeit eines späteren Vorsteuerabzuges das Unternehmen jedenfalls zunächst mit dem gesamten Betrag belastet werde. Der Beklagte hafte daher aus der Verletzung des Geschäftsführervertrages, wobei Schadenseintritt und Rechtswidrigkeit genauso problemlos zu erkennen seien wie die Kausalität seines Verhaltens. Selbst dann, wenn der Beklagte nicht in der Lage gewesen sein sollte, den Einheitscharakter der eingegangenen Verpflichtung zu erkennen, müsse er für den Mangel an Fähigkeiten einstehen, die zur Erfüllung der Geschäftsführerpflichten erforderlich seien.

Andererseits sei die Haftung des Beklagten gegenüber der GmbH auch auf § 25 Abs 3 Z 2 GmbHG rückführbar, weil der Beklagte als Geschäftsführer nach dem Zeitpunkt, zu dem er die Eröffnung des Konkursverfahrens hätte beantragen müssen, also bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, Zahlungen geleistet habe. Insbesondere habe er am noch einen Lkw um S 630.000,- gekauft. Der Beklagte hafte aber auch gemäß § 69 KO für den Schaden, der aus der schuldhaft verspäteten Anmeldung des Konkurses entstanden sei. Der Beklagte könne sich gegenüber dem Gericht auch nicht darauf berufen, daß er die Tat, deretwegen er verurteilt worden sei, nicht begangen habe.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Im Unterbleiben weiterer Beweisaufnahmen, insbesondere durch Einholen eines Sachverständigengutachtens aus der EDV-Branche sowie eines Wirtschaftstreuhänders lägen keine Verfahrensmängel. Richtig sei, daß den Kläger die Beweislast für die Schadenshöhe treffe, diese ergebe sich jedoch aus dem verlesenen, im Strafverfahren erstatteten Gutachten. Ausgehend von schlüssigen Feststellungen sei weder ein Verfahrensmangel, noch eine unrichtige Beweiswürdigung zu erkennen. Das Erstgericht habe zutreffend die Bindungswirkung des rechtskräftigen Strafurteils angenommen. Gemäß § 46 Abs 1 ASGG sei die ordentliche Revision zuzulassen, weil der Frage der Bindungswirkung grundsätzliche Bedeutung zukomme, die Rechtsprechung hiezu jedoch noch nicht endgültig gefestigt erscheine.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, bzw dieser nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig; sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wenngleich ein Verstoß gegen § 159 StGB immer auch eine Haftung des Geschäftsführers gemäß § 25 GmbHG in sich begreift (SZ 63/124 = GesRZ 1990, 162 = WBl 1990, 348 [Dellinger] = ecolex 1990, 675 = RdW 1991, 43), handelt es sich bei der Bestimmung des § 159 iVm § 161 StGB doch um eine reine Gläubigerschutzbestimmung, sodaß die Geltendmachung daraus abgeleiteter Ansprüche nicht dem Masseverwalter zusteht (SZ 63/124 ua). Gleiches gilt für eine Geltendmachung von Ansprüchen aus einer Verletzung des Schutzgesetzes (§ 1311 ABGB) des § 69 Abs 2 KO (EvBl 1986/129). Wohl könnte ein Schaden der Gesellschaft auch aus der Konkursverschleppung im Falle der Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung der GesmbH in Betracht kommen, der sich in erster Linie aus dem Betriebsverlust ergibt, der durch die Konkursverschleppung bzw die ungerechtfertigte Unternehmensfortführung eingetreten ist und die Masse schmälert (SZ 63/124, SZ 45/46), doch kann dies im vorliegenden Fall ungeprüft bleiben, weil der Kläger für den Zeitpunkt nach eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin seine Ansprüche nur auf eine gemäß § 25 Abs 3 Z 2 GmbHG unzulässige Zahlung stützt. Die vom Berufungsgericht geteilte Rechtsauffassung des Erstgerichtes, daß der Kläger seine Ansprüche auch auf einen Verstoß gegen § 69 Abs 2 GmbHG stützen könne, ist daher verfehlt.

Gemäß § 25 GmbHG sind die Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden (Abs 1); sie haften der Gesellschaft bei Verletzung ihrer Obliegenheiten zur ungeteilten Hand für den daraus entstandenen Schaden (Abs 2). Unter anderem sind sie insbesondere dann zum Ersatz verpflichtet, wenn nach dem Zeitpunkt, in dem sie die Eröffnung des Konkurses zu begehren verpflichtet waren, Zahlungen geleistet werden (Abs 3 Z 2). Zur Geltendmachung eines durch einen Verstoß gegen § 25 GmbHG entstandenen Schadens ist nach ständiger Rechtsprechung der Masseverwalter berufen (WBl 1988, 29 mwN). Gleiches muß für eine Verletzung von Pflichten des Geschäftsführers gegen den von ihm mit der Gesellschaft geschlossenen Vertrag gelten.

Der Kläger stützt seinen Schadenersatzanspruch zunächst auf eine solche Vertragsverletzung. Das Erstgericht konnte keine vom Vertragstext abweichende Parteienabsicht feststellen. Nach dem Vertragstext (Punkt I 1.1) ist für das Eingehen von Verpflichtungsgeschäften für die Gesellschaft gleich welcher Art, durch welche im Einzelfall eine finanzielle Verpflichtung in Höhe von mehr als S 500.000,- für die Gesellschaft entsteht, ein vorheriger Beschluß der Gesellschafter einzuholen. Schon eine "einfache" Auslegung (Rummel in Rummel I2 Rz 4 zu § 914 ABGB) läßt keinen anderen Wortsinn als den erkennen, daß bei Abschluß eines Kauf- oder Werklieferungsvertrages das Entstehen einer finanziellen Verpflichtung auch die Umsatzsteuer umfaßt, weil, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, die zunächst zu entrichtende Umsatzsteuer das Gesellschaftsvermögen jedenfalls vorübergehend selbst dann belastet, wenn es in der Folge zu einem Vorsteuerabzug kommt. Der Hinweis des Rekurswerbers, daß es sich sowohl beim Beklagten wie beim Geschäftsführer der Mehrheitsgesellschafterin um erfahrene Kaufleute gehandelt habe, die üblicherweise von Nettobeträgen ausgingen, findet einerseits in den Feststellungen keine Grundlage und übersieht, daß ein Geschäftsführer einer GesmbH in dieser Eigenschaft nicht Kaufmann ist (RIS-Justiz RS0059726).

Den Vorinstanzen ist auch dahin beizupflichten, daß die Bedeutung des Wortes "Einzelfall" so verstanden werden muß, daß üblicherweise als Gesamtheit abgeschlossene Geschäfte nicht dadurch ihren Einzelfallcharakter verlieren können, wenn eine Aufgliederung in Einzellieferungen und -leistungen, die getrennt verrechnet werden, erfolgt, weil darin eine klare Umgehung der Kontrollrechte der Gesellschafter gelegen wäre. Wohl haben die Vorinstanzen die Anschaffung der neuen EDV-Anlage, bestehend aus Hard- und Software und Programmierungsleistungen, als wirtschaftliche Einheit aufgefaßt. Dabei handelt es sich aber um eine rechtliche Bewertung. Zu einer verläßlichen Beurteilung fehlt es jedoch, worauf der Revisionswerber zutreffend hinweist, an ausreichenden Feststellungen. Insbesondere wurde vom Erstgericht nicht festgestellt, welche Aufgaben die neue Anlage erfüllen sollte und welcher Umfang von Lieferungen und Leistungen (Hardware, Software und Programmierungsarbeiten) demnach schon bei Erteilung des Erstauftrages absehbar war. Nur eine detaillierte Erörterung der aus den Teilrechnungen hervorgehenden Lieferungs- und Leistungsinhalte wird - tunlichst unter Beiziehung eines Sachverständigen aus dem EDV-Gebiet - eine Beurteilung dahin erlauben, inwieweit eine a priori als Einheit zu betrachtende Investition vorlag oder aber erst einem späteren Entschluß entsprungene, für das Gesamtkonzept jedoch nicht notwendige Ergänzungen in Auftrag gegeben wurden. Sollte sich dann ergeben, daß ein wirtschaftlich einheitliches Geschäft mit einem (einschließlich Umsatzsteuer) S 500.000,- überschreitenden Aufwand vorlag, wäre wohl grundsätzlich die Haftung des Beklagten aus dem Anstellungsvertrag denkbar (Koppensteiner GmbHG Rz 4 zu § 25), doch bedürfte es dann eines nach den sonst geltenden zivilrechtlichen Grundsätzen zur ermittelnden Schadens (Koppensteiner aaO Rz 21), der sich aus dem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte (sogenannte Differenzrechnung), errechnet (Reich-Rohrwig, GmbHRecht2 Rz 2/403 mwN). Dieser Schaden könnte nun darin bestehen, daß die Anschaffung der neuen EDV-Anlage wirtschaftlich nicht erforderlich war und den Anschaffungskosten ein geringerer Veräußerungswert gegenüberstand. Sollte eine bessere Verwertung als die vom Masseverwalter vorgenommene nicht möglich gewesen sein, wovon, solange ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nicht erwiesen ist, ausgegangen werden kann, wird dieser Veräußerungserlös den Anschaffungskosten gegenübergestellt werden können; doch ist hiebei in Betracht zu ziehen, daß nach dem Vorbringen des Klägers (AS 201) nur Fahrnisse veräußert wurden. Zur genauen Ermittlung der Schadenshöhe werden deshalb auch Feststellungen darüber erforderlich sein, ob und welcher Erlös bzw warum kein solcher über die Software erzielt werden konnte. Gleichfalls wird auf den Einwand des Beklagten einer durch den Wegfall von Reparaturaufwand an der alten Anlage entstandenen Ersparnis einzugehen sein. Soweit sich der Kläger neben einer vertraglichen auch auf die ergänzende (Koppensteiner aaO Rz 4) gesetzliche Geschäftsführerhaftung nach § 25 GmbHG stützt (AS 111), ist dieses Vorbringen insofern unschlüssig, als eine mangelnde Liquidität der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Anschaffungen, die unstrittig vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erfolgten, noch nicht erkennbar war.

Sollte sich eine Haftung des beklagten Geschäftsführers weder aus einer Vertragsverletzung noch - ausgehend vom bisherigen Vorbringen - aus einer Verletzung des § 25 GmbHG vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ergeben, wird eine solche nach § 25 Abs 3 Z 2 GmbH für die nach erkennbarem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit geleisteten Zahlungen an Gesellschaftsgläubiger in Frage kommen. In diesem Zusammenhang bestreitet der Beklagte eine Bindung des Zivilgerichtes an das - unstrittig in Rechtskraft erwachsene - verurteilende Erkenntnis des Strafgerichtes hinsichtlich Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft und deren Erkennbarkeit durch den Beklagten.

Mit Entscheidung des verstärkten Senates vom hat der Oberste Gerichtshof zur Bindungswirkung eines Strafurteiles festgestellt: "Wirkt die materielle Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung derart, daß der Verurteilte das Urteil gegen sich gelten lassen muß, und wirkt dieses für den Rechtskreis des Verurteilten, für diesen aber gegen jedermann, so kann sich niemand im nachfolgenden Rechtsstreit einer anderen Partei gegenüber darauf berufen, daß er eine Tat, derentwegen er strafgerichtlich verurteilt wurde, nicht begangen hat, gleichviel, ob der andere am Strafverfahren beteiligt war oder in welcher verfahrensrechtlichen Stellung er dort aufgetreten ist". Von der Bindungswirkung ist die Feststellung, daß der Angeklagte (Beschuldigte) eine bestimmte strafbare Handlung begangen hat, umfaßt. Der Schuldspruch wird in allen seinen Teilen der Rechtskraft teilhaft, also nicht bloß in der Feststellung der strafbaren Handlung nach deren objektiven Merkmalen, sondern auch in der Feststellung der konkreten Sachverhaltselemente und umfaßt auch die rechtliche Subsumtion unter einen bestimmten Tatbestand (EvBl 1998/39). Auch dann, wenn man mit Nowakowski (Zur Einheitstäterschaft nach § 12 StGB insbesondere im Hinblick auf § 15 Abs 2 StGB und § 314 ZPO, RZ 1982 127 f) und Albrecht (Probleme der Bindung an strafgerichtliche Verurteilungen im Zivilverfahren oder § 268 ZPO - der Versuch einer Reanimation, ÖJZ 1997, 201) die Rechtskraft auf jene Tatsachen einschränkt, die zur Begründung des Schuldspruchs entsprechend der Fassung des Deliktstypus notwendig sind, eine Bindung also nur hinsichtlich jener Tatsachen eintreten läßt, die zur Subsumtion eines Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand notwendigerweise festgestellt werden müssen und zur Begründung des Schuldspruchs dienen, trifft dies hier zu: Sowohl der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit als auch dessen Kenntnis durch den Beklagten, deren Zeitpunkt im Schuldspruch mit Ende September 1992 festgestellt wurde, sind Tatsachen, die zur Begründung des Schuldspruches nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB dienen. Der Beklagte kann sich somit gegenüber der Klägerin nicht darauf berufen, daß die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zu einem anderen Zeitpunkt eingetreten oder aber für ihn nicht erkennbar gewesen sei, sodaß eine weitere Beweisaufnahme darüber zu unterbleiben hat.

Im Falle einer Inanspruchnahme des Geschäftsführers nach § 25 Abs 3 Z 2 GmbHG hat die Gesellschaft zur Begründung ihres Schadenersatzanspruches darzutun, daß ihr aus der Zahlung des Geschäftsführers ein Schaden erwachsen ist. Dieser Schaden besteht darin, daß durch die verspätete Konkursanmeldung und die inzwischen geleisteten Zahlungen die Konkursmasse geschmälert wurde. Der Ersatzanspruch steht der Gesellschaft bzw dem im Konkurs über ihr Vermögen bestellten Masseverwalter als Vertreter der Gläubigergesamtheit insoweit zu, als in der Konkursmasse die nach Eintritt des Insolvenzfalles gezahlten Beträge fehlen. Der Schaden der Gesellschaft verringert sich allerdings um diejenige Quote, die der vom Geschäftsführer unstatthafterweise befriedigte Gläubiger im Konkurs ohnehin erhalten hätte. Desgleichen kann Ersatz vom Geschäftsführer nur verlangt werden, wenn er vom Zahlungsempfänger nicht zu erreichen ist, etwa weil eine konkursrechtliche Anfechtung der Zahlung nicht mehr möglich ist, oder der Zahlungsempfänger inzwischen selbst insolvent wurde (SZ 45/46 = EvBl 1972/272). Soweit demnach eine solche Haftung in Betracht gezogen wird, wird es ergänzender Feststellungen dazu bedürfen, welche Beträge nach Eintritt des Zeitpunktes der Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft vom Beklagten an Gesellschaftsgläubiger geleistet wurden, wobei, was aus den bisherigen Feststellungen nicht hervorgeht, auch darauf einzugehen sein wird, ob Umsatzsteuer geleistet wurde. Weiters wird es Feststellungen dazu bedürfen, welche Quote der betreffende Gläubiger im Konkurs ohnehin erhalten würde; erst aus der Differenz zwischen diesem und dem gezahlten Betrag kann sich dann der durch Schmälerung der Masse eingetretene Schaden ergeben. Soweit subsidiär eine Inanspruchnahme des Beklagten aufgrund der Veruntreuung von S 50.000,- erfolgen sollte (AS 203), ist darauf hinzuweisen, daß seinem Einwand, dieser Betrag sei nicht veruntreut, sondern zur Bezahlung für die Gesellschaft tätiger "Schwarzarbeiter" verwendet worden (AS 219), ebenfalls die Bindungswirkung des verurteilenden Straferkenntnisses entgegensteht.

Die aufgezeigten nur aufgrund einer weiteren Verhandlung möglichen Verfahrensergänzungen bedingen die Rückverweisung der Rechtssache an die erste Instanz.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.