OGH vom 17.03.1999, 9ObA343/98a

OGH vom 17.03.1999, 9ObA343/98a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Krajcsir und Anton Degen als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich, Auf der Gugl 3, 4020 Linz, vertreten durch Zauner & Mühlböck, Rechtsanwälte KEG in Linz, wider die beklagte Partei Landwirtschaftskammer für Oberösterreich, Auf der Gugl 3, 4021 Linz, vertreten durch Saxinger, Baumann & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG (Streitwert S 52.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 11 Ra 211/98y-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 7 Cga 20/98s-6, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Es wird festgestellt, daß die beklagte Partei bei der Berechnung von Abfertigungsansprüchen anteilige Sonderzahlungen zu berücksichtigen hat."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.103,04 (darin S 1.183,84 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zwischen der Beklagten und ihren Arbeitnehmern wurde in den einzelnen Arbeitsverträgen jeweils die Anwendung der Dienstvorschriften der Beklagten, bestehend aus Dienstordnung, Besoldungsordnung und Pensionsordnung, vereinbart. Die Besoldungsordnung normiert auszugsweise folgendes (Beilage./1):

"§ 4 Bezüge

(1) Dem Bediensteten gebühren Monatsbezüge.

(2) Der Monatsbezug der Kammerbeamten/Angestellten mit Pensionszusage besteht aus dem Gehalt und allfälligen Zulagen (Dienstalterszulagen, Dienstzulagen, Verwaltungsdienstzulage, Ergänzungszulagen, Erzieherzulage, Haushaltszulage/Kinderzulage, Teuerungszulage), der Monatsbezug des Angestellten aus dem Monatsentgelt und allfälligen Zulagen wie beim Kammerbeamten/Angestellten mit Pensionszusage, die Dienstalterungszulagen ausgenommen.

(3) Außer den Monatsbezügen gebührt dem Bediensteten für jedes Kalenderhalbjahr eine Sonderzahlung in der Höhe des Monatsbezuges, der ihm für den Monat der Auszahlung zusteht.

(4) ..."

"§ 39 Abfertigungsansprüche

(1) Hat der Angestellte gemäß den Bestimmungen der §§ 55 und 56 der Dienstordnung Anspruch auf Abfertigungen, beträgt diese nach der Dauer des Dienstverhältnisses von

3 Jahren das Zweifache

5 Jahren das Dreifache

10 Jahren das Vierfache

15 Jahren das Sechsfache

20 Jahren das Neunfache

25 Jahren das Zwölffache des dem Angestellten für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsentgeltes und der Haushaltszulage/Kinderzulage.

(2) ...

(3) ...

(4) ..."

Gestützt auf diese Bestimmungen berechnet die Beklagte die Abfertigungsansprüche ausscheidender Arbeitnehmer stets ohne Einbeziehung der Sonderzahlungen. Von der Frage, ob Sonderzahlungen in die Berechnung der Abfertigung einzubeziehen sind oder nicht, sind mindestens drei Arbeitnehmer betroffen, deren Arbeitsverhältnisse erst jüngst aufgelöst wurden.

Der klagende Betriebsrat begehrt die Feststellung, daß die Beklagte bei der Berechnung von Abfertigungsansprüchen anteilige Sonderzahlungen zu berücksichtigen habe. Gemäß dem auf die Arbeitsverhältnisse der Beklagten zwingend anzuwendenden Angestelltengesetz (AngG) fielen auch die Sonderzahlungen unter das "für den letzten Monat gebührende Entgelt" und seien daher in die Berechnung der Abfertigung einzubeziehen.

Die Beklagte begehrt die Abweisung des Klagebegehrens und wendet ein, daß das AngG nicht anwendbar sei, weil die Landwirtschaftskammern nicht in dessen Anwendungsbereich fallen. Maßgeblich seien vielmehr die gemäß § 44 Abs 1 Oö. Landwirtschaftskammergesetz von der Vollversammlung in Gleichstellung mit den Bestimmungen für Bedienstete des Landes Oberösterreich erlassenen Dienstvorschriften. Die Abfertigungsansprüche würden demnach gemäß Besoldungsordnung zurecht ohne Berücksichtigung der Sonderzahlungen berechnet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ausgehend vom eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt vertrat es die Rechtsauffassung, daß das AngG nicht auf Arbeitsverhältnisse der Beklagten anzuwenden sei. Die Landwirtschaftskammern seien in der Aufzählung des § 2 AngG nicht erwähnt. Für die Beurteilung der Ansprüche der Arbeitnehmer der Beklagten seien die abgeschlossenen Arbeitsverträge maßgeblich. Danach gelte im Zusammenhang mit der Besoldungsordnung auch "das Vertragsbedienstetengesetz", wodurch eine subsidiäre Anwendung des ABGB und des AngG ausgeschlossen sei. § 39 Besoldungsordnung entspreche § 56 Abs 9 Oö. Landes-Vertragsbedienstetengesetz. Die Berechnung der Abfertigung durch die Beklagte sei demnach richtig erfolgt.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es verneinte mit ausführlicher Begründung die Anwendung des AngG auf Arbeitnehmer der Beklagten. Auch das Arbeiter-Abfertigungsgesetz (ArbAbfG) sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Zwar gelte es nicht nur für Arbeiter, sondern gemäß seiner Generalklausel in Art I § 1 Abs 1 für alle aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages beschäftigten Arbeitnehmer, doch komme hier der Ausnahmetatbestand des Art I § 1 Abs 2 Z 2 zum Tragen. Dieser nehme zwar unmittelbar nur Arbeitsverhältnisse zu einem Land, einem Gemeindeverband oder einer Gemeinde von der Geltung des Gesetzes aus; diese Ausnahmebestimmung sei aber analog auf jene Arbeitsverhältnisse anzuwenden, für welche die Bestimmungen für Bedienstete des Landes mittelbar gelten. Andernfalls käme es bei Berechnung der Abfertigungen zu einer sachlich nicht gerechtfertigten und wohl auch nicht beabsichtigten Besserstellung der Arbeitnehmer der Beklagten gegenüber den Bediensteten des Landes Oberösterreich.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, daß die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer der Beklagten eine Berechnung der Abfertigung ohne Einbeziehung der Sonderzahlungen vorsehen. Sie lehnen sich insoweit an den Begriff des "Monatsentgeltes" im Sinne des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 (VBG 1948) bzw der Landes-Vertragsbedienstetengesetze an, der nicht - wie sonst vor allem im Bereich des AngG - als ein alle Entlohnungen (Bezüge) umfassender Oberbegriff verstanden wird, sodaß neben dem eigentlichen Gehalt gewährte Sonderzahlungen nicht darunter fallen und für die Ermittlung der Abfertigung ausscheiden (vgl Arb 6.139; Arb 8.970; 9 ObA 103/90; 9 ObA 366/93; Arb 11.262; Arb 11.310; ARD 4.936/28/98).

Weiters ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig, daß die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer der Beklagten nicht dem AngG unterliegen. Es kann insoweit auf die Begründung des Berufungsgerichtes verwiesen werden (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO), das zutreffend hervorhob, daß der Geltungsbereich des AngG auf einer taxativen Aufzählung der ihm unterliegenden Arbeitsverhältnisse beruht (Martinek/Schwarz/Schwarz, AngG7 88; Arb 10.026), worunter die Arbeitsverhältnisse der Landwirtschaftskammern nicht subsumierbar sind.

Zutreffend erwog das Berufungsgericht, ob die gegenständlichen Arbeitsverhältnisse allenfalls dem ArbAbfG unterliegen und wies bereits auf die in Artikel I § 1 Abs 1 normierte Generalklausel hin. Danach gilt dieses Bundesgesetz für alle Arbeitsverhältnisse, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen. Mag auch die primäre Zielsetzung des Gesetzgebers die Angleichung der arbeitsrechtlichen Stellung der Arbeiter an jene der Angestellten und hier wiederum vorrangig die Schaffung eines gesetzlichen Abfertigungsanspruches für Arbeiter gewesen sein (AB 1.215 BlgNR 14. GP 1); so stellt doch die Generalklausel des Art I § 1 Abs 1 ArbAbfG ganz allgemein auf "Arbeitsverhältnisse" ab und gewährt nicht nur Arbeitern, sondern "allen" aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages beschäftigten Arbeitnehmern einen gesetzlichen Anspruch auf Abfertigung (ZAS 1988, 197; Arb 11.094 = DRdA 1994, 151 [insoweit zust Schindler, 154]). Es wurde damit eine Art "Auffanggesetz" für alle sonstigen Arbeitsverhältnisse geschaffen (Kirschbaum in Runggaldier, Abfertigungsrecht 23 f).

Zu prüfen bleibt jedoch, ob hier allenfalls Arbeitsverhältnisse vorliegen, die vom Geltungsbereich des ArbAbfG ausgenommen sind (Art I § 1 Abs 2 und 3 ArbAbfG). Dies ist zu verneinen, weil es sich bei den Arbeitsverhältnissen der Beklagten weder um Arbeitsverhältnisse (Abs 2)

der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter, auf die das Landarbeitsgesetz anzuwenden ist (Z 1),

zu einem Land, Gemeindeverband oder Gemeinde (Z 2),

zum Bund (Z 3)

oder Beschäftigungsverhältnisse, für die das Heimarbeitsgesetz gilt,

noch um Arbeitsverhältnisse handelt (Abs 3), auf die

das Angestelltengesetz (Z 1),

das Gutsangestelltengesetz (Z 2),

das Journalistengesetz (Z 3) oder

das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz (Z 4)

das Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (Z 5) anzuwenden ist.

Der Zweck der im ArbAbfG enthaltenen Ausnahmebestimmungen läßt sich weder dem Gesetzestext noch den Gesetzesmaterialien entnehmen. Erkennbar ist jedoch, daß die Ausnahmebestimmungen des Art I § 1 Abs 3 ArbAbfG jene Arbeitsverhältnisse erfassen wollen, für die bereits vor dem ArbAbfG eine gesetzliche Abfertigungsregelung bestand. Demgegenüber haben die Ausnahmebestimmungen des Art I § 1 Abs 2 Z 1 und 2 ArbAbfG ihre Ursache sichtlich in den Kompetenztatbeständen der Bundesverfassung; Überlegungen zur Ausnahmebestimmung des Art I § 1 Abs 2 Z 3 ArbAbfG können hier auf sich beruhen (ZAS 1988, 197 mwN).

Auch das Berufungsgericht erkannte, daß keiner der Ausnahmetatbestände des Art I § 1 Abs 2 und 3 ArbAbfG unmittelbar anwendbar ist, nahm jedoch letztlich das Vorliegen einer Gesetzeslücke an und wollte, wie bereits oben wiedergegeben, die Ausnahmebestimmung des Art I § 1 Abs 2 Z 2 ArbAbfG ("Arbeitsverhältnisse zu einem Land") auch auf die Arbeitsverhältnisse einer Landwirtschaftskammer analog angewendet wissen. Dieser Auffassung kann jedoch nicht beigetreten werden.

Eine Lücke im Rechtssinn ist dann gegeben, wenn die Regelung eines Sachbereiches keine Bestimmung für eine Frage enthält, die im Zusammenhang mit dieser Regelung an sich geregelt werden müßte. Eine Lücke ist dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist, und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Die bloße Meinung des Rechtsanwenders, eine Regelung sei wünschenswert, rechtfertigt also die Annahme einer Gesetzeslücke noch nicht. Bei der Lücke handelt es sich daher um eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung (Koziol/Welser I10 23 f mwN).

Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, daß eine Ausnahmebestimmung nicht von vornherein von einer ausdehnenden Auslegung ausgeschlossen ist (SZ 47/113 mwN); mit einer bloß ausdehnenden Auslegung allein wäre es hier jedoch nicht getan, weil die Arbeitsverhältnisse der Beklagten schon nach dem Wortlaut keine "Arbeitsverhältnisse zu einem Land" sind. Um auch "Arbeitsverhältnisse zu einer Landwirtschaftskammer" von der Geltung des ArbAbfG auszunehmen, bedürfte es sohin des Vorliegens einer Gesetzeslücke, für die jedoch keine Anhaltspunkte bestehen. Betrachtet man nämlich das ArbAbfG als eine Art "Auffanggesetz" für alle sonstigen Arbeitsverhältnisse, so bestünde für die Arbeitsverhältnisse der Beklagten - wären sie vom ArbAbfG ausgenommen - keine sonstige gesetzliche Abfertigungsregelung.

Auch kompetenzrechtliche Erwägungen bieten keinen Grund, die Arbeitsverhältnisse der Beklagten vom ArbAbfG auszunehmen. Zwar folgt aus den Art 10 Abs 1 Z 8, Art 11 Abs 1 Z 2 und Art 15 Abs 1 B-VG, daß die Einrichtung beruflicher Vertretungen auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiet in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache ist (Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung 73;

Pernthaler, Kammern im Bundesstaat 31; Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht8 Rz 926; VfSlg 11.501 mwN ua);

arbeitsrechtliche Belange der Arbeitnehmer sind damit jedoch nicht mitumfaßt, zumal es für das "Arbeitsrecht" einen eigenen Kompetenztatbestand gibt, wonach das Arbeitsrecht sowohl in Gesetzgebung als auch in Vollziehung Bundessache ist (Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG). Der Begriff "Arbeitsrecht" wird im weitesten Sinn verstanden. Darunter fällt das gesamte Arbeitsvertragsrecht der Arbeiter und das gesamte Arbeitsvertragsrecht der Angestellten (Thienel in DRdA 1994, 222 [230]; Schrammel in ZAS 1988, 187 [188]; Öhlinger in FS Strasser [1983] 21 [27]). Der Kompetenztatbestand des Art 12 Abs 1 Z 6 B-VG kommt hier nicht zum Tragen, weil es nicht um das Recht land- und forstwirtschaftlicher Arbeiter oder den Arbeitnehmerschutz in diesem Bereich geht (Thienel aaO 231; Spielbüchler in FS Strasser [1993] 341 [369 f]; s. auch § 1 Landarbeitsgesetz 1984 bzw § 1 Oö. Landarbeitsordnung 1989).

Das Berufungsgericht begründete die von ihm angenommene Erweiterung der Ausnahmen vom ArbAbfG auch nicht mit kompetenzrechtlichen Erwägungen, sondern befürchtete primär eine nicht gerechtfertigte Besserstellung der Arbeitnehmer der Beklagten gegenüber den Bediensteten des Landes Oberösterreich. Dieser Ansatz greift jedoch nicht. Der Bundesgesetzgeber traf für die Angestellten und Vertragsbediensteten des Bundes im AngG bzw im VBG 1948 durchaus unterschiedliche Regelungen über die Bemessungsgrundlage bei Berechnung der Abfertigung, ohne daß dies eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bewirkt hätte (Arb 9.970; Arb 11.262; Arb 11.310, jeweils mwN). Im Vordergrund hat daher nicht der Vergleich von Arbeitnehmern, deren arbeitsrechtliche Belange dem Bundesgesetzgeber obliegen, mit Vertragsbediensteten des Landes Oberösterreich, deren arbeitsrechtliche Belange in Gesetzgebung und Vollziehung dem Land Oberösterreich obliegen (Art 21 B-VG), zu stehen, sondern vielmehr die Überlegung, daß die vom Berufungsgericht durch Analogie geschaffene Ausnahme vom ArbAbfG zur Folge hätte, daß für die Arbeitnehmer der Landwirtschaftskammern gar kein gesetzlicher Abfertigungsanspruch mehr bestünde.

Geht man daher davon aus, daß der gesetzliche Abfertigungsanspruch der Arbeitnehmer der Beklagten seine Grundlage im ArbAbfG findet, ist nur noch zu prüfen, wie dieser beschaffen ist und ob von der Beklagten mit ihren Arbeitnehmern wirksam eine davon abweichende Regelung in den einzelnen Arbeitsverträgen vereinbart werden konnte:

Es ist vorerst auf Art I § 2 Abs 1 ArbAbfG hinzuweisen, wonach auf die Abfertigung der dem ArbAbfG unterliegenden Arbeitsverhältnisse die §§ 23 und 23a AngG, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden sind. Im Wege des § 23 Abs 1 AngG, der bei der Berechnung der Abfertigung - je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses - auf ein Vielfaches "des für den letzten Monat gebührenden Entgeltes" abstellt, kommt somit jene bereits oben erwähnte Auffassung zum Tragen, wonach der Entgeltbegriff ein umfassender ist, der neben dem eigentlichen Gehalt auch die übrigen zusätzlichen Zahlungen wie etwa auch Sonderzahlungen mitumfaßt (Martinek/Schwarz/Schwarz aaO 451 f;

Schrank in Runggaldier, Abfertigungsrecht 157; Arb 7.375; Arb 9.866;

ARD 4.573/26/94 ua). Eine davon abweichende Vereinbarung ist hinsichtlich des gesetzlichen Abfertigungsanspruches nicht wirksam, weil die Rechte, die den Arbeitnehmern aufgrund des Art I § 2 ArbAbfG zustehen, durch Arbeitsvertrag oder Normen der kollektiven Rechtsgestaltung weder aufgehoben noch beschränkt werden können, sohin unabdingbar sind (Art I § 3 ArbAbfG). Das Abfertigungsrecht ist somit einseitig zwingendes Recht (Migsch, Abfertigung für Arbeiter und Angestellte Rz 381 ff). Daß die konkrete arbeitsvertragliche Regelung der Berechnung der Abfertigung ohne Einbeziehung der Sonderzahlungen im Wege der in die Arbeitsverträge einbezogenen Besoldungsordnung der Beklagten ungünstiger ist als die gesetzliche Regelung nach dem ArbAbfG iVm § 23 AngG, wonach die Sonderzahlungen in die Berechnung der Abfertigung einzubeziehen sind, liegt auf der Hand. Im übrigen behauptete nicht einmal die Beklagte in erster Instanz, daß sie den Arbeitnehmern durch andere Gestaltungsrechte günstigere Rechte eingeräumt hätte. Die Berechnung der Abfertigung gemäß Besoldungsordnung kann daher dem (durch Bezugnahme auf das AngG) vom Kläger geltend gemachten Feststellungsbegehren hinsichtlich der Berechnung der gesetzlichen Abfertigungsansprüche nicht entgegengehalten werden (vgl ZAS 1988, 126).

Die Auffassung des Erstgerichtes, daß die Vereinbarung der Besoldungsordnung und "das Vertragsbedienstetengesetz" der Anwendung des ABGB und des AngG entgegenstehen, beruht auf einem offenbaren Mißverständnis der Entscheidung 4 Ob 83/78 (= DRdA 1980/10). Das Vertragsbedienstetenrecht ist auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer der Beklagten nicht ex lege anwendbar, weil die vom Feststellungsbegehren betroffenen Arbeitnehmer weder in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis zum Bund (§ 1 Abs 1 VBG 1948) noch in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis zum Land Oberösterreich (§ 2 Abs 1 Oö. Landes- Vertragsbedienstetengesetz) stehen. Durch die arbeitsvertragliche Regelung des Abfertigungsanspruches in einer dem Oö. Landes-Vertragsbedienstetengesetz nachgebildeten Weise - das Berufungsgericht spricht von einer "mittelbaren Geltung" - können unabdingbare Arbeitnehmerrechte nach dem ArbAbfG nicht aufgehoben oder beschränkt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 ZPO, 50 Abs 1 ZPO.