OGH vom 14.07.2011, 13Os49/11x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Tomecek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter S***** und eine Angeklagte wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Walter S***** und Karin S***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom , GZ 26 Hv 139/10k 24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Beiden Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten jeweils des Verbrechens der betrügerischen Krida schuldig erkannt, und zwar Walter S***** nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (I), Karin S***** nach §§ 12 dritter Fall, 156 Abs 1 StGB (III).
Danach haben in I***** und an anderen Orten
(I) Walter S***** von Jänner 2009 bis März 2010 als Schuldner mehrerer Gläubiger Bestandteile seines Vermögens „verheimlicht bzw. beiseite geschafft“ und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen mit dem 50.000 Euro übersteigenden Schaden von 71.595,62 Euro vereitelt oder geschmälert, indem er von ihm bar kassierte oder auf eines seiner Konten überwiesene Miet-, Kautions- und Ablösezahlungen von Wohnungsmietern auf seiner zum AZ 6 E 3436/08y des Bezirksgerichts T***** unter Zwangsverwaltung stehenden Liegenschaft in I***** für sich behielt und nicht an den Zwangsverwalter abführte;
(III) Karin S***** zu der unter Punkt I beschriebenen strafbaren Handlung des Walter S***** dadurch beigetragen, dass sie ihre Konten für Überweisungen im Zusammenhang mit diesen Mietverhältnissen zur Verfügung stellte (zu ergänzen [vgl US 6]:) und Zahlungen bar kassierte und den solcherart vereinnahmten Betrag von insgesamt 8.699,37 Euro nicht an den Zwangsverwalter weiterleitete.
Dagegen richten sich die von Walter S***** auf die Z 4, 5, 9 lit a und 10 sowie von Karin S***** auf die Z 5, 5a und 9 lit a jeweils des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, denen keine Berechtigung zukommt.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Walter S*****:
Mit Verfahrensrüge (Z 4) bekämpft der Beschwerdeführer die Abweisung seiner Anträge auf
1/ „Einholung eines buchhalterischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass“ er „im Halbjahr 2009 umfangreiche Zahlungen geleistet hat, sohin diese Beträge nicht selbst angeeignet hat und diese Beträge insbesondere auf die Zeit der Zwangsverwaltung anzurechnen sind bzw. jedenfalls auf die Zeit kurz davor diese Beträge in der Zeit der Zwangsverwaltung fällig wurden und dass ein allenfalls durch Malversationen des Erstangeklagten eingetretener Schaden den Betrag von EUR 50.000,- nicht erreicht“ (ON 23 S 29 ff);
2/ Vernehmung „eines informierten Vertreters des Finanzamtes Innsbruck zum Beweis dafür, dass die dargelegten Zahlungen vom 23. 1. und auf Verbindlichkeiten nach der Zeit der Zwangsverwaltung anzurechnen sind und darüber hinaus noch weitere Zahlungen erfolgt sind“ (ON 23 S 31);
3/ Vernehmung eines Mitarbeiters der H***** zum Beweis dafür, dass (zusammengefasst) der Beschwerdeführer nach dem von ihm vereinnahmte Mietzinse zur Tilgung von mit diesem Datum fällig gestellten Krediten bei der genannten Bank verwendet habe (ON 20 S 28 f).
Dem Beschwerdestandpunkt zuwider erfolgte die Abweisung dieser Beweisanträge zu Recht, weil das Erstgericht (vgl US 7 f iVm 15) die vom Beschwerdeführer behaupteten Zahlungen zur Tilgung von Steuerschulden und im Zusammenhang mit der unter Zwangsverwaltung stehenden Liegenschaft mit Ausnahme eines im Hinblick auf die Qualifikation des § 156 Abs 2 StGB nicht entscheidenden Betrags ohnehin als erwiesen angenommen hat (RIS-Justiz RS0099135). Weshalb die begehrten Zeugenvernehmungen geeignet gewesen wären, darüber hinaus Zahlungen zur Tilgung bestehender Verbindlichkeiten unter Beweis zu stellen, ließen die solcherart auf unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichteten Anträge (2 und 3) nicht erkennen. Derartiges Vorbringen wäre im Hinblick auf die im Antragszeitpunkt vorliegenden Verfahrensergebnisse insbesondere die Verantwortung des Beschwerdeführers, der solche Zahlungen selbst nicht behauptet hatte (vgl ON 20 S 8 ff und ON 23 S 21) erforderlich gewesen (RIS-Justiz RS0107040, RS0098062).
Der Hinweis auf die polizeilichen Erhebungen, vor allem die Angaben der im Ermittlungsverfahren als Zeugen vernommenen Mieter (US 12) zur Fundierung der (auf US 6 nach den Positionen Miete, Strom, Ablöse und Kaution aufgeschlüsselten) Höhe der von diesen an den Beschwerdeführer geleisteten Zahlungen widerspricht weder Denkgesetzen noch grundlegenden Erfahrungssätzen (vgl RIS Justiz RS0118317) und ist daher der dagegen erhobenen Mängelrüge (der Sache nach Z 5 vierter Fall) zuwider unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden. Zur ausdrücklichen Nennung sämtlicher Zeugen und der von ihnen im Einzelnen geleisteten Zahlungen war das Erstgericht schon mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten.
Die Kritik an vorgeblich widersprüchlichen (Z 5 dritter Fall) Feststellungen zum herbeigeführten Schaden spricht, da die von ihr genannten Beträge jedenfalls über 50.000 Euro liegen (vgl US 2, 6 und 12), keine entscheidende Tatsache an.
Die Urteilsannahme, der Beschwerdeführer habe die vereinnahmten Beträge „großteils selber verbraucht“ (US 6), betrifft ebenfalls keine entscheidende Tatsache (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 398); schon aus diesem Grund versagt der dagegen erhobene Einwand der Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall). Denn die Feststellung, der Beschwerdeführer habe durch die im Urteil näher beschriebene, von ihm gar nicht in Zweifel gezogene, Vorgangsweise (US 5 f) seiner Mitwirkungspflicht im Rahmen der Zwangsverwaltung (vgl §§ 99 f EO) zuwider von dieser erfasste Beträge am Zwangsverwalter vorbei selbst vereinnahmt, solcherart (mit darauf gerichtetem Vorsatz) verheimlicht und dadurch sein Vermögen mit entsprechender Schmälerung der Befriedigung seiner Gläubiger (vgl US 9 f) zum Schein verringert (vgl zur rechtlichen Gleichwertigkeit der in § 156 Abs 1 StGB genannten Begehungsformen: RIS-Justiz RS0120085), bietet für sich bereits eine ausreichende Sachverhaltsgrundlage für die vom Erstgericht vorgenommene Subsumtion (vgl RIS-Justiz RS0116655). Da vorliegend der (scheinbar verringerte) Befriedigungsfonds im Tatzeitraum bereits Gegenstand eines Exekutionsverfahrens war und dieses selbst bei ungestörter Abwicklung zu keiner vollständigen Befriedigung der Gläubiger hätte führen können (vgl zur Einkommenslosigkeit des Beschwerdeführers und zur Höhe seiner Schulden sowie zu den Erträgen der Liegenschaft: US 4, 6 f und 9 f), ist Vollendung bereits mit (verbotswidriger) Vereinnahmung der von der Zwangsverwaltung erfassten Erträge durch den Beschwerdeführer eingetreten. Indem die Mieter durch dessen Umtriebe vom Umstand der Zwangsverwaltung keine Kenntnis erlangten, leisteten sie nämlich schuldbefreiend an ihn (vgl § 110 EO), wodurch die Erfolglosigkeit der Exekutionsführung in diesem Umfang und der daraus resultierende Befriedigungsausfall feststanden (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK 2 § 156 Rz 19 ff; RIS-Justiz RS0094607; 12 Os 189/10a). Der Vollendung nachfolgende Verfügungen des Beschwerdeführers über sein (verheimlichtes) Vermögen sind für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage ohne Bedeutung.
Aus diesem Grund schlägt auch eine Bekämpfung dieser (nicht entscheidenden) Feststellung mit dem Einwand fehlender Begründung (der Sache nach Z 5 vierter Fall) fehl.
Die Behauptung der Rechtsrüge (Z 9 lit a), den Beschwerdeführer träfen im Rahmen der Zwangsverwaltung (abgesehen davon, sich „jeder Verfügung über die von der Exekution betroffenen Erträgnisse zu enthalten und sich an der Geschäftsführung des Verwalters gegen dessen Willen nicht zu beteiligen“) keine besonderen Pflichten, weshalb ein Verheimlichen seines Vermögens nicht vorliege, ist nicht am Gesetz ausgerichtet (vgl §§ 99 f EO) und übergeht zudem die Konstatierungen zu seinem gerade mit dieser Absicht (des Verheimlichens) gesetzten Verhalten (US 5 f und 9).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) fordert, das Erstgericht hätte vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Liegenschaftsverwaltung geleistete Zahlungen ebenso schadensmindernd berücksichtigen müssen wie ein für von ihm verrichtete Hausmeisterarbeiten angemessenes (jedoch nicht bezahltes) Entgelt. Sie ignoriert dabei die Feststellungen, wonach die zuletzt genannten Arbeiten durch seine kostenlose Benützung einer großen „Penthouse Wohnung im Dachgeschoss der zwangsverwalteten Liegenschaft“ „abgegolten sein sollten“ (US 8) und übersieht, dass die ins Treffen geführten Zahlungen (von 16.643,38 Euro) ohnehin vom Schadensbetrag abgezogen wurden (US 7 f iVm US 12).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Karin S*****:
Die Mängelrüge spricht mit der Kritik, das angefochtene Urteil sei undeutlich (Z 5 erster Fall), weil es nicht näher ausführe, ob Vermögen verheimlicht oder beiseite geschafft worden sei und ob dies zur Schmälerung oder Vereitelung der Befriedigung eines oder mehrerer Gläubiger geführt habe, keine entscheidende Tatsache an, denn die Begehungsformen des § 156 Abs 1 StGB sind wie bereits im Zusammenhang mit der Mängelrüge des Walter S***** dargelegt rechtlich gleichwertig, und das Tatbild lässt die Vereitelung oder Schmälerung der Befriedigung bloß eines Gläubigers genügen.
Der Einwand, das Erstgericht habe sich mit der Feststellung, die Beschwerdeführerin habe ihr Konto im Wissen um die Zwangsverwaltung für die Malversationen des Walter S***** zur Verfügung gestellt (US 9), entgegenstehenden Beweisergebnissen nicht auseinander gesetzt (Z 5 zweiter Fall), lässt außer Acht, dass der Beschwerdeführerin von dieser unbekämpft auch zur Last liegt, von der Zwangsverwaltung umfasste Beträge bar entgegengenommen und an Walter S***** weitergegeben zu haben (US 6 und 9), und betrifft daher abermals keine entscheidende Tatsache. Aus dem gleichen Grund versagt auch die (nur) zu diesem Thema ausgeführte Tatsachenrüge (Z 5a).
Der im Übrigen ohnehin durch weitere Überlegungen ergänzte Schluss von einem gezeigten Verhalten auf die innere Tatseite (vgl US 13 ff) ist der weiteren Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden und methodisch bei leugnenden Angeklagten meist gar nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0098671).
Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) einen Freispruch mit dem Argument fordert, die von Walter S***** geleisteten Zahlungen (von 16.643,38 Euro) hätten auch vom der Beschwerdeführerin zugerechneten Schaden abgezogen werden müssen, übergeht sie die Urteilsannahmen, wonach diese Zahlungen im Zeitraum vom 5. Jänner bis erfolgten (US 7 f), während der Beschwerdeführerin noch über einen längeren Zeitraum danach gesetzte Beitragshandlungen zur Last liegen (vgl US 13: bis „Dezember 2010“, ersichtlich gemeint [vgl ON 20 S 19 und ON 10 S 487]: Jänner 2010).
Dass die Beschwerdeführerin vom Beginn des Tatzeitraums (also von Jänner 2009) an, jedenfalls aber ab dem von der Zwangsverwaltung Kenntnis hatte (vgl US 11 und 13), ist der weiteren Rechtsrüge (Z 9 lit a) zuwider dem Urteil in seiner Gesamtheit deutlich genug zu entnehmen.
Der Einwand, das Urteil enthalte keine für die Beurteilung der subjektiven Tatseite erforderlichen Feststellungen dazu, dass der Beschwerdeführerin „das Wesen der Zwangsverwaltung bekannt war“, übergeht die genau dazu und zu ihrer auf Verheimlichung des Vermögens und Schädigung der Gläubiger des Walter S***** gerichteten Absicht getroffenen Konstatierungen (US 9 und 11 f).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.