OGH vom 26.06.2007, 10ObS64/07w

OGH vom 26.06.2007, 10ObS64/07w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Rudolf Grammer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria S*****, vertreten durch Dr. Johannes Grahofer, Rechtsanwalt in Amstetten, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Pflegegeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 148/06w-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 25 Cgs 305/05g-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Maria G*****, die Mutter der Klägerin, bezog ab Pflegegeld der Stufe 4. Sie befand sich seit bis zu ihrem Tod am in Pflege des niederösterreichischen Landes-Pensionisten- und Pflegeheimes Amstetten. Die anfallenden Pflegekosten wurden durch 80 % der Pension der Klägerin (§ 324 Abs 3 ASVG), 80 % des Pflegegeldes (§ 13 Abs 1 BPGG) sowie durch Zuschüsse des Sozialhilfeträgers abgedeckt. Mit einem am vor dem Erstgericht abgeschlossenen Vergleich wurde der Klägerin ab ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 5 und mit Bescheid der beklagten Partei vom ein Pflegegeld der Stufe 7 ab zuerkannt. In dem zu AZ 14 A 158/05w beim Bezirksgericht Amstetten geführten Verlassenschaftsverfahren nach Maria G***** meldete die Bezirkshauptmannschaft Amstetten gemäß § 38 nö Sozialhilfegesetz 2000, LGBl 92000, einen Betrag von EUR 26.449,49 an offenen Pflegeheimkosten als Forderung an. Aufgrund einer weiteren Zahlung der beklagten Partei verringerte sich diese Forderung in der Folge auf EUR 25.574,69. Die Klägerin gab im Verlassenschaftsverfahren nach ihrer verstorbenen Mutter eine unbedingte Erbserklärung ab. Mit Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes Amstetten vom wurde die Verlassenschaft nach Maria G*****der Klägerin als Alleinerbin eingeantwortet. Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten forderte daraufhin mit Schreiben vom von der Klägerin die Zahlung des Betrages von EUR 25.574,69 an offenen Verpflegungskosten für den Aufenthalt von Maria G***** im Pflegeheim.

Mit Eingabe vom beantragte die Klägerin bei der beklagten Partei, das Pflegegeldruhen ab rückwirkend aufzuheben und die einbehaltenen Pflegegeldbeträge an sie auszubezahlen. Zur Begründung führte sie aus, ihre Mutter habe sich seit in stationärer Pflege des niederösterreichischen Landes-Pensionisten- und Pflegeheimes Amstetten befunden und sei dort am verstorben. Die nicht aus Pension und Pflegegeld ihrer Mutter abgedeckten Pflegegebühren von EUR 25.574,69 seien vom Land Niederösterreich im Verlassenschaftsverfahren geltend gemacht und ihr zufolge des Einantwortungsbeschlusses des Bezirksgerichtes Amstetten vom zur Zahlung vorgeschrieben worden. In der Zeit vom bis zum Tod ihrer Mutter habe ein Teil des Pflegegeldes gemäß § 13 BPGG geruht. Da sie nunmehr im Nachhinein zur Zahlung der gesamten Kosten des stationären Pflegeheimaufenthaltes ihrer Mutter herangezogen werde, liege eine Kostenbeteiligung des Sozialhilfeträgers nicht mehr vor, weshalb das „Differenzruhen" gemäß § 13 Abs 1 BPGG nicht berechtigt sei.

Die beklagte Partei lehnte mit Bescheid vom diesen Antrag der Klägerin auf Auszahlung der Ruhensbeträge gemäß § 13 BPGG für den Aufenthalt ihrer Mutter im Pflegeheim Amstetten vom bis mit der Begründung ab, dass zum Zeitpunkt des Todes der Pflegegeldbezieherin weder eine fällige Geldleistung vorgelegen sei noch ein Verfahren auf Gewährung oder Neufeststellung des Pflegegeldes offen gewesen sei (§ 19 BPGG).

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Klage der Klägerin mit dem Begehren auf Auszahlung des während des stationären Aufenthaltes ihrer Mutter gemäß § 13 BPGG einbehaltenen Ruhensbetrages. Der ihr von der Bezirkshauptmannschaft Amstetten zur Zahlung vorgeschriebene Betrag von EUR 25.574,69 werde von ihr in drei Jahresraten bezahlt, wobei eine Rate bereits beglichen worden sei. Da sie somit nunmehr nachträglich zur Zahlung der gesamten Kosten des stationären Pflegeheimaufenthaltes ihrer Mutter herangezogen worden sei, liege eine Kostenbeteiligung eines Sozialhilfeträgers nicht mehr vor, weshalb die einbehaltenen Pflegegeldbeträge an sie auszubezahlen seien.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, der pflegebedürftigen Person gebühre für die Dauer des Anspruchsüberganges lediglich ein Taschengeld in Höhe von 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3, während der Anspruch auf Pflegegeld im übrigen Umfang gemäß § 13 BPGG ruhe. Darüber hinaus mangle es auch an den für die Klägerin notwendigen Anspruchsvoraussetzungen nach § 19 BPGG, weil zum Zeitpunkt des Todes der Pflegegeldbezieherin weder eine fällige Geldleistung vorgelegen noch ein Verfahren auf Gewährung oder Neufeststellung des Pflegegeldes offen gewesen sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt ab. Nach seiner rechtlichen Beurteilung gehe gemäß § 13 Abs 1 BPGG der Anspruch auf Pflegegeld für die Zeit der Pflege einer pflegebedürftigen Person auf Kosten oder Kostenbeteiligung eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers in einem Pflege-, Wohn-, Alten- oder Erziehungsheim bis zur Höhe der Verpflegungskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH, auf den jeweiligen Kostenträger über. Für die Dauer des Anspruchsüberganges gebühre der pflegebedürftigen Person ein Taschengeld in Höhe von 10 vH des Pflegegeldes der Stufe 3. Im Übrigen ruhe der Anspruch auf Pflegegeld. Während der Dauer der stationären Pflege der Mutter der Klägerin habe daher nur ein auf den Kostenträger übergegangener Anspruch auf Pflegegeld im Ausmaß von 80 vH sowie ein Anspruch auf das der Pflegebedürftigen ausbezahlte Taschengeld in Höhe von 10 vH des Pflegegeldes der Stufe 3 bestanden. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Pflegegeld in Höhe des Ruhensbetrages habe nicht bestanden. Der vom Anspruchsübergang erfasste Zeitraum ende mit der tatsächlichen Beendigung der jeweiligen stationären Pflege. Dies gelte auch bei Tod der pflegebedürftigen Person.

Das Berufungsgericht gab der Berufung keine Folge. Es schloss sich im Wesentlichen der Rechtsansicht des Erstgerichtes an und vertrat die Ansicht, dass die nachträgliche Zahlung der während des Heimaufenthaltes der Pflegebedürftigen von der Bezirkshauptmannschaft Amstetten bevorschussten Pflegeheimkosten von EUR 25.574,69 zu keiner Neuaufrollung des „Differenzruhensbetrages" führen könne, weil jedenfalls in der Vergangenheit eine Kostenbeteiligung des Sozialhilfeträgers bestanden habe. Der Umstand, dass bei Personen mit einem höheren Maß an Pflegebedürftigkeit bei häuslicher Pflege - trotz gleichen Betreuungs- und Hilfsbedarfes - im Ergebnis ein höheres Pflegegeld gewährt werde als bei stationärer Pflege auf Kosten eines Sozialhilfeträgers („Differenzruhen"), sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass es Pflegebedürftigen nach dem Willen des Gesetzgebers möglich sein solle, möglichst lange in ihrer gewohnten Umgebung bleiben zu können. Diese Zielsetzung des Gesetzgebers komme auch in der Bestimmung des § 13 Abs 1 BPGG zum Ausdruck. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung zulässig sei, weil noch keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum „Differenzruhen", insbesondere zu einer von der Klägerin begehrten Auszahlung des „Differenzruhensbetrages", vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht aufgezeigten Grund zulässig und im Sinne der beschlossenen Aufhebung auch berechtigt. Die Klägerin macht in ihren Revisionsausführungen geltend, das sogenannte „Differenzruhen" gemäß § 13 BPGG knüpfe richtigerweise an die Pflege der pflegebedürftigen Person unter Kostenbeteiligung eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers in einem Pflege-, Wohn-, Alten- oder Erziehungsheim an. Dem gegenüber stehe einem „Selbstzahler", der die gesamten Pflegekosten zur Bezahlung übernehme, auch während der Zeit seiner Pflege in einer der genannten Einrichtungen das zuerkannte Pflegegeld im vollen Umfang zu. Aufgrund der ursprünglichen Kostenbeteiligung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten habe zwar bis zum Zeitpunkt der vollständigen Abdeckung dieser Pflegekostenbeiträge durch die Klägerin der Anspruch auf Auszahlung des Pflegegeldes im Umfang des Differenzbetrages zwischen 80 % des zugesprochenen Pflegegeldes zuzüglich 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3 einerseits und dem vollen Pflegegeldbetrag andererseits zu Recht geruht. Dieser ruhende Differenzbetrag sei allerdings nach Rückzahlung der gesamten von der Bezirkshauptmannschaft Amstetten geleisteten Pflegekostenbeiträge an die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihrer verstorbenen Mutter auszubezahlen. Eine andere Vorgehensweise würde zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber „ursprünglichen Selbstzahlern" führen.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

Wird eine pflegebedürftige Person auf Kosten oder unter Kostenbeteiligung eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers unter anderem in einem Pflegeheim stationär gepflegt, so geht nach § 13 Abs 1 BPGG (also kraft Legalzession) für die Zeit dieser Pflege der Anspruch auf Pflegegeld bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH, auf den jeweiligen Kostenträger über. Für die Dauer des Anspruchsüberganges gebührt der pflegebedürftigen Person ein Taschengeld in Höhe von 10 vH des Pflegegeldes der Stufe 3; im Übrigen ruht der Anspruch auf Pflegegeld (sogenanntes „Differenzruhen"). Der Anspruchsübergang tritt nach § 13 Abs 2 BPGG mit dem auf das Einlangen der Verständigung beim Entscheidungsträger folgenden Monat ein.

Diese Bestimmung des § 13 BPGG räumt dem Träger der Sozialhilfe, der den Pflegebedürftigen für eine Zeit unterstützt hat, für die er einen Anspruch auf Pflegegeld hat, einen Ersatzanspruch ein. Sie entspricht im Wesentlichen den vergleichbaren Vorschriften in den Sozialversicherungs- und Versorgungsgesetzen (vgl § 324 Abs 3 ASVG und § 55b KOVG). Es handelt sich um einen Leistungsanspruch des Pflegebedürftigen, der kraft einer Legalzession auf den Träger der Sozialhilfe übergeht. Kann die pflegebedürftige Person hingegen aufgrund ihres Einkommens und Vermögens sowie des Pflegegeldes die Kosten für die Unterbringung in einer der im Abs 1 genannten Einrichtungen selbst aufbringen („Selbstzahler"), wird § 13 BPGG nicht zur Anwendung kommen. Das Pflegegeld ist in diesem Fall (ungekürzt) direkt an den Anspruchsberechtigten auszuzahlen (vgl Gruber/Pallinger, BPGG § 13 Rz 1f).

Mit § 13 Abs 1 BPGG wurde somit auch das Ziel verfolgt, jenen Personen, die mangels ausreichender eigener Einkünfte und mangels ausreichendem eigenem Vermögens eine stationäre Pflege nicht als sogenannte Selbstzahler bestreiten können, diese allenfalls notwendige stationäre Pflege in einer der in § 13 Abs 1 Z 1 bis 5 BPGG genannten Einrichtungen unter erheblichem Einsatz öffentlicher Mittel zu gewährleisten. § 13 Abs 1 BPGG schafft daher einen Interessenausgleich zwischen den diese öffentlichen Mittel bereitstellenden Gebietskörperschaften Bund und Länder und enthält auch noch eine zusätzliche Schutznorm zugunsten der betroffenen pflegebedürftigen Personen zur Sicherung der über die in der stationären Einrichtung bereits weitestgehend abgedeckten Pflegebedürfnisse hinausgehenden persönlichen Bedürfnisse (Taschengeldregelung). § 13 BPGG ordnet dazu in erster Linie den Übergang eines Teiles des Pflegegeldanspruches an bestimmte Träger an, wenn und insoweit diese für die Kosten der stationären Unterbringung aufkommen. Der Anspruchsübergang erstreckt sich bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH des Pflegegeldes. Dem Pflegebedürftigen wiederum muss jedenfalls ein Taschengeld in Höhe von 10 vH des Pflegegeldes der Stufe 3 verbleiben. Ein nach Abzug des dem Pflegebedürftigen bei stationärer Pflege gebührenden Taschengeldes sowie des auf den jeweiligen Kostenträger übergegangenen Betrages allenfalls noch verbleibender Betrag wird nach § 13 Abs 1 vorletzter Satz, letzter Halbsatz BPGG ruhend gestellt (sogenanntes „Differenzruhen"). Bei Pflegebedürftigen ab der Stufe 3 erspart sich der Bund bzw der jeweilige Unfallversicherungsträger (vgl § 23 BPGG) somit einen Teil des Pflegegeldes. Dies geht auf Kosten des jeweiligen Sozialhilfeträgers usw bzw - wenn die Verpflegskosten anderweitig (etwa durch Übergang eines Teiles der Pension oder durch andere Leistungen des stationär Gepflegten bzw seiner Angehörigen) gedeckt sind - zu Lasten des Pflegebedürftigen (vgl Pfeil, BPGG 163 zur Rechtslage nach § 13 Abs 1 BPGG vor der Kürzung des Taschengeldes von 20 % auf 10 % der Pflegegeldstufe 3 durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 1996/201). Die Bestimmung des § 13 BPGG kommt hingegen, wie bereits erwähnt, bei sogenannten „Selbstzahlern", also Pflegebedürftigen, die für die Unterbringung und Versorgung in einer stationären Einrichtung auf keine Unterstützung eines der genannten Träger angewiesen sind, von vornherein nicht zur Anwendung.

Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass die Mutter der Klägerin im Sinn des § 13 BPGG unter Kostenbeteiligung des Sozialhilfeträgers in einem Pflegeheim stationär gepflegt wurde (vgl auch SSV-NF 14/136; 12/22). Nach § 38 Abs 1 nö Sozialhilfegesetz 2000, LGBl 92000, ist der Hilfeempfänger zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen gelangt oder nachträglich bekannt wird, dass er zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen oder Vermögen hatte oder im Fall des § 15 Abs 3 und 4 die Verwertung von Vermögen nachträglich möglich und zumutbar wird. Nach § 38 Abs 4 nö SHG geht die Verbindlichkeit zum Ersatz der Kosten von Leistungen nach Abs 1 gleich einer anderen Schuld auf den Nachlass des Empfängers der Hilfe über. Die Erben des Hilfeempfängers haften jedoch für den Ersatz der Kosten der Sozialhilfe nur bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses. Zutreffend macht die Klägerin geltend, dass unter der Voraussetzung des Ersatzes der gesamten vom Sozialhilfeträger für die stationäre Pflege ihrer Mutter aufgewendeten Pflegekostenbeiträge durch sie als Alleinerbin gemäß der zitierten Bestimmung des § 38 Abs 4 nö SHG von einer Kostenbeteiligung des Sozialhilfeträgers im Sinn des § 13 Abs 1 BPGG nicht mehr gesprochen werden könnte, sondern die Klägerin bzw deren Mutter wirtschaftlich als „Selbstzahlerin" qualifiziert werden müsste. Es kann insoweit für die Beurteilung als „Selbstzahler" bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nämlich keinen entscheidenden Unterschied machen, ob der Betreffende die Kosten für Unterbringung und Versorgung in einer stationären Einrichtung von vornherein aus eigenen Einkünften oder eigenem Vermögen getragen hat oder dem Sozialhilfeträger die von diesem zunächst bevorschussten Kosten zur Gänze ersetzt hat. Entscheidend für die Behandlung als „Selbstzahler" ist, dass die Kosten der stationären Pflege vom Betreffenden letztlich ausschließlich aus eigenen Einkünften bzw eigenem Vermögen bestritten wurden. Wäre dies bei der Klägerin entsprechend ihren Behauptungen in der Revision der Fall, wäre eine Einbehaltung des Differenzruhensbetrages im Sinn des § 13 Abs 1 BPGG durch den Bund nicht mehr gerechtfertigt.

Dieser Auffassung steht nach Ansicht des erkennenden Senates auch nicht die von der beklagten Partei zur Stützung ihres Prozessstandpunktes herangezogene Bestimmung des § 19 BPGG entgegen. Diese Bestimmung regelt jene Fälle, in denen grundsätzlich ein Pflegegeldanspruch besteht, die pflegebedürftige Person jedoch vor Auszahlung der bereits fälligen Leistung bzw vor deren Zuerkennung stirbt. § 19 Abs 1 BPGG enthält somit eine lex specialis zu den allgemeinen erbrechtlichen Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Die ratio dieser Sonderrechtsnachfolge erklärt sich aus dem Zweck des Pflegegeldes, die Pflegekosten (teilweise) abzudecken. Wenn für diese Kosten nicht der Pflegebedürftige selbst, sondern andere für ihn aufgekommen sind, soll das Pflegegeld für diese Personen „reserviert" sein. Ohne die Spezialnorm des § 19 Abs 1 BPGG könnten diese mit ihren Ansprüchen nur auf den Nachlass verwiesen werden. Primär bezugsberechtigt ist nach § 19 Abs 1 Z 1 BPGG die Person, die den Pflegebedürftigen in dem Zeitraum, für den die fällige Geldleistung gebührt, überwiegend und ohne angemessenes Entgelt gepflegt hat. Hiefür kommt nur eine natürliche Person in Betracht. Hat dagegen niemand im fraglichen Zeitraum mehr oder weniger unentgeltlich Betreuung und Hilfe geleistet, ist nach § 19 Abs 1 Z 2 BPGG subsidiär jene (natürliche oder juristische) Person bezugsberechtigt, die während dieser Zeit überwiegend für die Pflege finanziell aufgekommen ist (SSV-NF 14/128 ua). Wird innerhalb von sechs Monaten nach dem Tod der pflegebedürftigen Person von bezugsberechtigten Personen gemäß Abs 1 kein Antrag auf Auszahlung gestellt oder sind keine solchen Personen vorhanden, fällt die noch nicht ausgezahlte Geldleistung in den Nachlass (§ 19 Abs 2 BPGG).

Die Bezugsberechtigung der Klägerin ergibt sich im vorliegenden Fall sowohl aus § 19 Abs 1 Z 2 BPGG als auch aus § 19 Abs 2 BPGG. Die Bezugsberechtigung besteht allerdings nur im Hinblick auf eine bereits fällige, aber noch nicht zur Auszahlung gelangte Geldleistung. Bezüglich der Fälligkeit des Pflegegeldes enthält § 17 BPGG nunmehr die Regelung, dass die Auszahlung des Pflegegeldes entsprechend der Auszahlung der jeweiligen Grundleistung (vgl § 3 BPGG) monatlich im Nachhinein am Ersten des Folgemonats erfolgt. Abgesehen von der ausdrücklich genannten Voraussetzung, dass die Leistung nicht zur Auszahlung gelangt sein darf, ist zudem grundsätzlich erforderlich, dass auch kein Ruhen des Pflegegeldes vorgelegen hat. Grundsätzlich besteht das Ziel der meisten Ruhensbestimmungen darin, Leistungen dann nicht zu erbringen, wenn ein Sicherungsbedürfnis vorübergehend weggefallen ist. Der Grund für den Wegfall des Sicherungsbedürfnisses kann im Bezug einer anderen funktionsgleichen Leistung oder in der Lösung von der österreichischen Versichertengemeinschaft liegen. Den Zielsetzungen entsprechend bleibt trotz Ruhensbestimmungen der Anspruch auf die ruhende Leistung gewahrt, es wird lediglich die Leistungspflicht des Versicherungsträgers sistiert, solange der Ruhensgrund andauert (SSV-NF 6/143 ua). Wenn auch ein Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers gegen die Klägerin als gesetzliche Erbin naturgemäß erst nach dem Tod der Pflegebedürftigen erstmals erhoben werden konnte und daher ein Ersatz der offenen Pflegegebühren von der Klägerin erst zu einem späteren Zeitpunkt geleistet werden konnte, so muss doch in diesem Fall zufolge der zeitlichen Kongruenz der Leistungen von einem rückwirkenden Wegfall des Ruhensgrundes nach § 13 Abs 1 BPGG ausgegangen werden.

Da die Vorinstanzen ausgehend von einer anderen Rechtsansicht nicht geprüft haben, ob die Klägerin die offenen Verpflegskosten von EUR 25.574,69 dem Sozialhilfeträger tatsächlich bereits zur Gänze ersetzt hat (dies wäre Voraussetzung für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Auszahlung des Ruhensbetrages) und auch keine in diesem Fall erforderlichen Feststellungen zur Höhe der von der beklagten Partei gemäß § 13 Abs 1 BPGG als ruhend einbehaltenen Pflegegeldbeträge („Differenzruhen") getroffen haben, waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.