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OGH vom 04.04.2017, 14Os68/16f

OGH vom 04.04.2017, 14Os68/16f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Melounek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian P***** wegen des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom , GZ 34 Hv 92/15f-83, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian P***** – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant – des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in L***** die ihm als Geschäftsführer der P***** GmbH (seit : PF***** GmbH) eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, „und zwar durch Verstoß in unvertretbarer Weise gegen Regeln, die dem Vermögensschutz der wirtschaftlich Berechtigten dienten“, wissentlich missbraucht und dadurch der genannten Gesellschaft einen „Vermögensnachteil“ in Höhe von 50.000 Euro zugefügt, „indem er in deren Namen eine Verbindlichkeit für die P***** GmbH begründete, indem er Schadensvergütungen im Zusammenhang mit der geschäftlichen Tätigkeit der P***** GmbH Co KG auszahlte bzw die Überweisung der nachstehenden Beträge veranlasste“, nämlich am (1/a, b und 2/c [US 6 f]) und am (2/a und b) 25.000 Euro auf ein Konto lautend auf Christian Erwin P***** (1/a), 10.000 Euro auf ein Konto der Bettina H***** (nunmehr P*****, 1/b) und je 5.000 Euro auf Konten lautend auf Manfred P*****, Bernadette P***** und Ing. Manfred S 2/a–c).

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 2, 3, 4, 5, 9 lit a und b StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Die Verfahrensrüge (Z 2) kritisiert die gegen den Widerspruch des Beschwerdeführers (ON 68 S 9 ff; ON 72 S 14 ff) „gemäß § 252 Abs 2 StPO“ vorgenommene Verlesung (ON 72 S 22; vgl auch US 19 f) von Teilen eines mit datierten Amtsvermerks des „Teams Fahndung Linz für das Finanzamt Linz als Finanzstrafbehörde I. Instanz im Auftrag der Staatsanwaltschaft Linz“ über eine Besprechung betreffend die abgabenbehördlichen Prüfungen und finanzstrafrechtlichen Ermittlungen bei der „P*****-Gruppe“, im Rahmen derer der Angeklagte die – vom Schöffengericht in seine beweiswürdigenden Erwägungen einbezogene (US 11, 22) – Aussage getätigt hatte, dass „der Ansatz von 100 % falsch“ war und man auch den „P*****-Mitarbeitern“ – wie zwei „fremden Anlegern“ – „nur 50 % hätte ausbezahlen dürfen“ (ON 20 S 43 ff [ident mit ON 29 S 239 f]). Sie bringt dazu im Wesentlichen vor, es handle sich bei den in diesem „Aktenvermerk“ festgehaltenen Vorgängen um eine – unter Umgehung der Bestimmungen über die Beschuldigtenvernehmung – unzulässigerweise in Form von

Erkundigungen durchgeführte Beweisaufnahme und kritisiert die gegenteiligen Sachverhaltsannahmen des Erstgerichts – unter Berufung auf Z 5 – als undeutlich, unvollständig sowie offenbar unzureichend begründet und aktenwidrig.

Eine Verfahrensrüge verspricht Erfolg, wenn der Beschwerdeführer aufzeigt, dass die getroffene Verfügung– ungeachtet allfälliger rechtlicher Erwägungen desjenigen Organwalters, der sie getroffen hat – angesichts der tatsächlichen Lage im Verfügungszeitpunkt rechtlich verfehlt war. Ist die Lösung, ausgehend von der vom verantwortlichen Organwalter dafür (aus Sicht des Obersten Gerichtshofs erkennbar) herangezogenen Sachverhaltsgrundlage, rechtsrichtig erfolgt, kann diese Sachverhaltsgrundlage nur nach Maßgabe der in Z 5 (zu Gunsten des Angeklagten auch der Z 5a) genannten Kriterien angefochten werden. Bei – wie hier – nicht erkennbarer Sachverhaltsgrundlage ist der Bezugspunkt für die rechtsrichtige Lösung der Verfahrensfrage aber derjenige Sachverhalt, der im Zeitpunkt der Verfügung gegeben war und, auf diesen Zeitpunkt bezogen, vom Obersten Gerichtshof in freier Beweiswürdigung festgestellt wird (Ratz, WKStPO § 281 Rz 46, 49 f mwN, 52).

Auf einen Verfahrensfehler des Vorsitzenden kommt es unter dem Aspekt der Z 2 nicht an (Ratz, WKStPO § 281 Rz 180 f), womit die Einwände gegen dessen dazu angestellten Überlegungen von vorneherein ins Leere gehen.

In Betreff der – nach dem Vorgesagten alleine relevanten (vgl auch Ratz, WKStPO § 281 Rz 38) – Vorgangsweise des zuständigen Organwalters (des ermittelnden Finanzbeamten) weist die Rüge zunächst zutreffend darauf hin, dass der Beschwerdeführer anlässlich seiner in einem „Aktenvermerk“ (vgl § 152 Abs 3 StPO „Amtsvermerk“) festgehaltenen Besprechung vom , welche der Informationserlangung (unter anderem) der Finanzstrafbehörde diente (die den vom Schuldspruch erfassten, eine Verdachtslage zugleich auch nach § 33 Abs 1 FinStrG [verdeckte Gewinnausschüttung] implizierenden Sachverhalt mit Anlassbericht vom zur Anzeige gebracht hatte [vgl ON 2 S 40 f, S 51; ON 1 S 27]), nicht über seine Stellung als Beschuldigter (§ 48 Abs 2 StPO) und die damit verbundenen Rechte (§ 49 StPO) ins Bild gesetzt wurde, womit eine Erkundigung und keine Vernehmung vorlag (vgl auch ON 72 S 17 f).

Nichtig ist eine derartige Erkundigung indes nur dann, wenn das Unterbleiben des gebotenen „Förmlich-ins-Bild Setzens“ (maW der Vernehmung) als Umgehung zu werten ist. Dies ist dann der Fall, wenn der als Beschuldigter (§ 48 Abs 2 StPO) in Betracht kommende Befragte über seine Stellung und die damit verbundenen Rechte im Unklaren belassen wurde (vgl Ratz, WKStPO § 281 Rz 187).

Ausgehend vom Wortlaut des in Rede stehenden Amtsvermerks (erneut ON 20 S 44) und den Angaben des ermittelnden Finanzbeamten Wilhelm B***** (ON 72 S 18 f) im Verein mit der dem „Arbeitsgespräch“ vorangegangenen Kommunikation zwischen der Finanzstrafbehörde und dem Rechtsvertreter des Angeklagten (ON 71 S 23 f) überzeugte sich der Oberste Gerichtshof in freier Beweiswürdigung, dass Christian P***** – seinen Behauptungen (ON 72 S 11) zuwider – vor der Besprechung über seine Stellung als Beschuldigter und sein Aussageverweigerungsrecht belehrt wurde. Nach der Aktenlage war er zudem zum hier relevanten Zeitpunkt bereits durch einen beim Termin anwesenden Verteidiger vertreten (ON 5, ON 20 S 43 ff) und erklärte sich zur Teilnahme an der Unterredung und der Beantwortung von Fragen erst bereit, nachdem seiner Forderung nach schriftlicher Übermittlung der zu behandelnden Themenkomplexe entsprochen worden war (erneut ON 71 S 23 f), woraus sich insgesamt auch ergibt, dass er über die (zudem notorische) Möglichkeit der Verwendung allfälliger Angaben als Beweis für oder gegen ihn im Bilde war. Spätestens unmittelbar vor der hier relevanten Äußerung wurde dem Beschwerdeführer schließlich auch mitgeteilt, welcher konkreten Tat (der Rückzahlung von 100 % ihrer – von der „P***** F***** GmbH verspekulierten – Einlagen an „P*****-Mitarbeiter“; vgl dazu § 164 Abs 1 StPO) er verdächtigt werde (vgl erneut ON 20 S 44), wobei er im Übrigen bereits zuvor in Kenntnis der gegen ihn bestehenden Verdachtslage im Zusammenhang mit dem „Schadensfall P*****“ war (vgl etwa die – dem Verteidiger des Angeklagten im Mai 2013 zugestellte und mit Beschwerde bekämpfte – Anordnung der Auskunftserteilung [ON 3, 5, 8 iVm ON 1 S 17, 23]).

Demzufolge kann von einer Umgehung der Bestimmungen über die Beschuldigtenvernehmung keine Rede sein, womit

ein den Finanzbehörden unterlaufener Verfahrensfehler nicht vorliegt und die Verlesung des in Rede stehenden Amtsvermerks keine Nichtigkeit aus Z 2 begründet.

Unter dem Aspekt der Z 4 ist die Beschwerde, die sich gegen die Abweisung (ON 72 S 17, 21) des – auf der nach dem Vorgesagten verfehlten Prämisse einer nichtigen Erkundigung aufbauenden – Antrags auf „Unterlassung der Verlesung, des Vortrags und des Vorhalts des Amtsvermerks vom “ (ON 68 S 9, ON 72 S 14) sowie das weitere (gleichlautend begründete) Begehren auf „Unterbleiben der Vernehmung des informierten Vertreters des Finanzamts Linz, nämlich des Herrn Wilhelm B*****, und der Verwendung anderer Beweismittel über den Inhalt der Besprechung vom “ (ON 72 S 14 ff) richtet, aus den genannten Gründen ebenfalls nicht berechtigt. Die in diesem Zusammenhang zusätzlich aufgestellte Behauptung, die entgegen den Vorschriften über die Vernehmung des Beschuldigten in einem Aktenvermerk festgehaltene „vermeintliche“ Aussage des Angeklagten unterliege einem „Verlesungsverbot (Art 6 Abs 1 MRK; § 281 Abs 1 Z 4 StPO)“, weil sie dem in § 166 Abs 1 Z 2, Abs 2 StPO normierten ausdrücklichen Beweisverbot „annähernd gleichwertig“ sei (vgl auch erneut Ratz, WKStPO § 281 Rz 187), ist ebenso unverständlich wie der Vorwurf, der Angeklagte und sein Verteidiger seien nicht über die „Aufnahme des Aktenvermerks informiert“ worden (vgl aber § 152 Abs 3 StPO), wobei dieser zudem – ohne Hinweis auf den Charakter einer „Arbeitsbesprechung“ – versuche, „den Anschein zu erwecken, er enthalte die Aussage des Beschuldigten in seiner Vernehmung“ (vgl erneut ON 20 S 43 f).

Der weiteren Beschwerdeauffassung (Z 3) zuwider wurde

§ 260 Abs 1 Z 1 StPO entsprochen, weil der Tatbeschreibung samt Feststellung des dadurch eingetretenen Schadens im Erkenntnis – auch unter Heranziehung der Entscheidungsgründe zu dessen Verdeutlichung (US 6 ff, 11, 22 f) – der dem Beschwerdeführer angelastete Befugnismissbrauch (§ 153 Abs 2 StGB) hinreichend deutlich zu entnehmen ist (Ratz, WKStPO § 281 Rz 278, 286 ff mwN; Lendl, WKStPO § 260 Rz 8, 19). Ob der Vermögensabfluss durch – jeweils rechtsgrundlose („eine Verbindlichkeit …. begründete“) – Auszahlung oder Veranlassung der Überweisung von Schadensvergütungen bewirkt wurde, ist nicht entscheidend (vgl auch Kirchbacher/Presslauer in WK² StGB § 153 Rz 21 sowie erneut US 6).

Die behauptete „Unvollständigkeit“ des Ausspruchs über die Abschöpfung der Bereicherung (§ 260 Abs 1 Z 3 StPO [vgl Lendl, WKStPO § 260 Rz 35]) liegt angesichts der Bezugnahme auf die – die Abschöpfung beim Täter regelnde – Bestimmung des § 20 Abs 1 Z 1 StGB idF BGBl I 2002/134 und mit Blick auf die Entscheidungsgründe (US 24 f) ebensowenig vor (Ratz, WKStPO § 281 Rz 279).

Entgegen dem Einwand der Mängelrüge sind die Urteilsannahmen, wonach zum Zeitpunkt der vom Schuldspruch umfassten Überweisungen keine den Angeklagten zu diesen Zahlungen ermächtigende Entscheidung der Aktionäre der P***** AG und auch „keine andere Entscheidung von natürlichen oder juristischen Personen im Zusammenhang mit der P***** Fi***** GmbH, der P***** GmbH und der P***** AG“ vorlag, die den Angeklagten zu „Überweisungen in dieser Höhe“ ermächtigt hätte (US 7), weder unvollständig noch offenbar unzureichend begründet (Z 5 zweiter und vierter Fall).

Deren Ableitung aus einer vernetzten Betrachtung einer Reihe von Verfahrensergebnissen, vor allem den Angaben des Zeugen Manfred P*****, dem Fehlen schriftlicher Aufzeichnungen über die vom Angeklagten behauptete entsprechende Beschlussfassung des Vorstands und der Aktionäre der „Großmuttergesellschaft“ P***** AG, dem damals aktuellen Verfahrensstand sowie den Ergebnissen der von zwei anderen Anlegern angestrengten Zivilprozessen und weiteren Indizien (US 11 ff) entspricht sowohl den Gesetzen logischen Denkens als auch grundlegenden Erfahrungssätzen und ist daher unter dem Aspekt der

Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RISJustiz RS0108609).

Im Rahmen dieser Überlegungen haben die Tatrichter ausführlich erläutert, aus welchen Gründen sie gegenläufigen Zeugenaussagen und der Verantwortung des Beschwerdeführers keinen Glauben schenkten (US 11 ff), und auch die Angaben des Zeugen Rechtsanwalt Dr. L*****, wonach er (zusammengefasst) den Optimismus des Angeklagten nach Einlangen des Sachverständigengutachtens im Zivilverfahren AZ 1 Cg 29/09v des Landesgerichts Linz (S***** gegen P***** AG und P***** GmbH) durch den Hinweis auf das nach wie vor bestehende Prozessrisiko dämpfte, berücksichtigt (US 6, 19). Zu einer Auseinandersetzung mit sämtlichen Aussagedetails waren sie mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten (RISJustiz RS0106642). Davon abgesehen vermag die Mängelrüge nicht darzutun, inwiefern die von ihr zitierten (inhaltlich Gleiches detaillierter zum Ausdruck bringenden) Passagen aus der Aussage des Letztgenannten den Feststellungen zur fehlenden Ermächtigung durch die wirtschaftlich Berechtigten oder zur inneren Tatseite über die erstrichterlichen Erwägungen hinaus in erörterungsbedürftiger Weise (Z 5 zweiter Fall) entgegenstehen sollen.

Soweit sie (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a) „weitere Feststellungen zur Kommunikation zwischen Rechtsanwalt Dr. L***** und dem Angeklagten vor und (insbesondere) nach dem Zeitpunkt des Einlangens des Gutachtens im Zivilverfahren des Dr. Martin Sc*****“ vermisst, leitet sie deren rechtliche Relevanz nicht aus einem Vergleich mit dem Gesetz auf Basis des Urteilssachverhalts ab (vgl Ratz, WKStPO § 281 Rz 584, 588).

Insgesamt erschöpft sich das gegen die oben zitierten Feststellungen gerichtete Vorbringen darin, aus den angeführten Beweisergebnissen eigene, für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse zu ziehen und einzelne Aspekte der erstgerichtlichen Erwägungen zu kritisieren (vgl aber RISJustiz RS0119370, RS0116737), womit die Beschwerde keinen der geltend gemachten Begründungsmängel aufzeigt, sondern bloß unzulässig die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung bekämpft.

Offenbar unzureichende Begründung der Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite wird ohne jede Auseinandersetzung mit den – im Übrigen logisch und empirisch einwandfreien – Urteilsausführungen (US 21 f) nicht prozessordnungskonform geltend gemacht.

Die Rechtsrüge behauptet zunächst einen Rechtsfehler des Erstgerichts (Z 9 lit a) mit der Begründung, „die Begleichung einer nach zivilrechtlich zu beurteilenden Grundsätzen rechtmäßig bestehenden Forderung (gegenständlich: auf Schadenersatz oder Rückabwicklung des Investments)“ könne – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – „strafrechtlich nicht verboten“ sein („die vollständige Erfüllung einer dem Grunde nach berechtigten Forderung schon objektiv niemals den Befugnismissbrauch des § 153 StGB darstellen“). Indem sie aber im Folgenden einräumt, dass die Zahlungsempfänger nach den (auf Basis der in zwei von anderen Anlegern gegen Unternehmen der P*****-Gruppe angestrengten Zivilverfahren geschlossenen Vergleichen und der eigenen Einschätzung des Angeklagten im Abgabenverfahren disloziert im Rahmen der Beweiswürdigung getroffenen) Urteilsfeststellungen nur einen Anspruch auf Rückerstattung von (höchstens) der Hälfte ihrer Investments hatten (US 10 f), erweist sie sich als unschlüssig.

Soweit sie in diesem Zusammenhang einzelne (zudem teilweise überflüssige) Sachverhaltsannahmen der Tatrichter (nach denen die Zahlungen [insgesamt] „zu früh“ erfolgten, der Angeklagte „zumindest zuwarten“ hätte müssen und das geschädigte Unternehmen auch sonst keinen – den durch die rechtsgrundlosen Überweisungen entstandenen Vermögensschaden aufwiegenden – Vorteil aus der inkriminierten Vorgangsweise zog [US 7 f, 11], zumal die Publizitätswirkung von – im Fall nur teilweiser Rückerstattung der Investments angeblich befürchteten – Zivilklagen der Zahlungsempfänger auf andere Weise [etwa durch Verschwiegenheitsvereinbarungen] leichter zu vermeiden gewesen wäre [US 22]), als rechtlich verfehlt erachtet, weil diese die Beurteilung des Täterverhaltens als Befugnismissbrauch nicht zuließen, argumentiert sie gleichfalls nicht auf Basis des gesamten Urteilssachverhalts und verfehlt solcherart den (

auf der Sachverhaltsebene) gerade darin gelegenen

Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (Ratz, WKStPO § 281 Rz 581).

Sie unterlässt dabei nämlich die gebotene Gesamtbetrachtung der Feststellungen, nach denen der Angeklagte seine ihm als Geschäftsführer der P***** GmbH eingeräumte Befugnis, über deren Vermögen zu verfügen, wissentlich missbrauchte und dem Unternehmen dadurch einen Vermögensschaden in Höhe von 50.000 Euro zufügte, indem er – bewusst in unvertretbarer Weise gegen §§ 1009, 1013 ABGB,§ 25a Abs 1a GmbH-Gesetz verstoßend – die Rückerstattung der gesamten Investments in Höhe von 100.000 Euro an die im Spruch genannten Anleger veranlasste, obwohl der Hälfte der Zahlungen kein berechtigter Anspruch gegenüberstand, keine – aufgrund des Charakters der Rechtshandlung als außerordentliche Maßnahme indes erforderliche – Genehmigung der wirtschaftlich Berechtigten vorlag und die Vorgangsweise auch sonst nicht im Interesse der Gesellschaft gelegen war, und dabei zumindest mit bedingtem Schädigungsvorsatz handelte (US 6 ff, 10 f, 21 ff).

Aus welchem Grund diese Urteilsannahmen die vorgenommene Subsumtion in objektiver oder subjektiver Hinsicht nicht tragen sollten, wird nicht erklärt. Ebensowenig wird dargelegt, warum die zitierten Konstatierungen mit Blick auf § 153 Abs 2 StGB keinen ausreichenden Sachverhaltsbezug zum Befugnismissbrauch des Beschwerdeführers herstellen sollten und inwiefern es darüber hinausgehender „sehr präziser Feststellungen“ („[zumindest] präziser Konstatierungen“) dazu bedurft hätte, dass „gerade nur die Auszahlung der zweiten Hälfte der Schadensvergütung unvertretbar gewesen sein soll“, wie eine Verschwiegenheitsvereinbarung „aussehen hätte sollen“, insbesondere ob die vom Schuldspruch umfassten Anleger einer solchen zugestimmt und sich mit 50 % des „Veranlagungsnachteils“ zufrieden gegeben hätten und diese Vorgangsweise „jede Möglichkeit einer Publizität verlässlich beseitigt hätte“ (nominell auch Z 5, der Sache nach nur Z 9 lit a).

Mit allgemeinen Rechtsausführungen zum „Rücktrittsrecht des Anlegers wegen Verletzung der Prospektpflicht“ sowie zur Schadenersatzhaftung wegen Verletzung von Aufklärungs-, Sorgfalts- und Überwachungspflichten und dem Hinweis auf einzelne Verfahrensergebnisse verbunden mit eigenen Erwägungen behauptet die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit a) Feststellungsdefizite zum Grund und zur Höhe der Ansprüche der Anleger und begehrt „Tatsachenfeststellungen“ zum „Zurechtbestehen der Ansprüche der Begünstigten zu 100 %“. Damit macht sie aber der Sache nach keinen

Feststellungsmangel (vgl Ratz, WKStPO § 281 Rz 600) geltend, sondern bekämpft die – von ihr erneut übergangenen (vgl RISJustiz RS0099730) – (gegenteiligen) Konstatierungen zum Anspruch der Anleger auf Rückzahlung von (bloß) 50 % des Investments (US 7 f, US 10 f) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Davon abgesehen erklärt die Beschwerde nicht, aus welchem Grund ein – auch nach ihrem Vorbringen zu den Tatzeitpunkten noch nicht in Anspruch genommenes – „Rücktrittsrecht des Anlegers“ (§ 5 KMG) der Beurteilung des Täterverhaltens als Untreue entgegenstehen sollte, während die ins Treffen geführte Passage aus der Verantwortung des Angeklagten (ON 68 S 5) das Bestehen eines 100%igen Rückerstattungsanspruchs aus dem Titel des Schadenersatzes keineswegs indiziert, die angeblich darauf hindeutenden (zudem nur auf hier nicht betroffene Anleger bezogenen) Aussagen des Sachverständigen Mag. G***** der angegebenen Fundstelle in den (umfangreichen) Akten („ON 29, AS 183, 185“) nicht zu entnehmen sind (vgl aber RISJustiz RS0124172) und Schriftsätze des Verteidigers keine

in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnisse darstellen.

Die auf Z 9 lit b gestützte Beschwerdeargumentation, das Schöffengericht hätte prüfen müssen, ob der Angeklagte einem Erlaubnistatbestandsirrtum (§ 8 StGB) oder einem Rechtsirrtum (§ 9 StGB) unterlegen sei, und sich (insbesondere) aufgrund seiner Verantwortung (wonach er von der Richtigkeit seiner Entscheidung und Vorgangsweise überzeugt gewesen sei) mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob er „allenfalls irrtümlich angenommen hat, dass die einen Betrag von 50 % übersteigende Schadensvergütung an die im Urteilsspruch genannten Personen weitere und größere Schäden der Gesellschaft verhindert“ (womit der Sache nach aus Z 9 lit a ein das Wissen um den Befugnismissbrauch sowie den Schädigungsvorsatz betreffender Tatbildirrtum behauptet wird), ignoriert ein weiteres Mal die konträren Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite (US 9 iVm US 6 bis 8, 11; US 21 ff).

Dem inhaltlich erhobenen Vorwurf von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat das Erstgericht im Rahmen seiner beweiswürdigenden Erwägungen die insoweit leugnende Einlassung des Beschwerdeführers (US 9 ff) ebenso berücksichtigt wie die Aussage des Zeugen Werner P***** (US 15 f, 21). Inwiefern die Depositionen des Zeugen Dr. L*****, nach denen er den Angeklagten vor „dem Schneeballeffekt“ gewarnt und ihm geraten habe, „den Ball flach zu halten“, den kritisierten Feststellungen erörterungsbedürftig entgegenstehen sollten, wird nicht erklärt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0140OS00068.16F.0404.000
Schlagworte:
3 Alle Os-Entscheidungen

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