OGH vom 30.04.2012, 9ObA85/11g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Hon. Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter MMag. Dr. Helwig Aubauer und Dr. Heinreich Ehmer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. R***** W*****, Pensionist, *****, vertreten durch Mag. Boris Knirsch ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei V***** AG, *****, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen 56.664,64 EUR brutto sA (Revisionsinteresse 43.070,60 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 139/10b 20, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 5 Cga 141/09d 13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Ob von einem einheitlichen durchgehenden Arbeitsverhältnis des Klägers für die Zeit vom bis oder von zwei aufeinander folgenden selbstständigen Arbeitsverhältnissen des Klägers, und zwar zunächst mit der Ö***** AG für die Zeit vom bis und sodann mit der Beklagten vom bis , auszugehen ist, hängt von der Auslegung der rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen der Beteiligten ab. Die Vorinstanzen gingen von zwei selbstständigen Arbeitsverhältnissen aus, wobei das erste Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Ö***** AG zum einvernehmlich aufgelöst und eine Abfertigung an den Kläger ausbezahlt worden sei. Das Auslegungsergebnis der Vorinstanzen ist nach der Lage des Falls vertretbar. Die Beurteilung der Auslegung begründet zufolge ihrer Einzelfallbezogenheit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS Justiz RS0044298 ua). Dass die Vereinbarungen der Beteiligten in einem Konzern erfolgten, wurde von den Vorinstanzen berücksichtigt.
Hat auch das zweite, hier gegenständliche Arbeitsverhältnis ununterbrochen jedenfalls fünf Jahre gedauert, so gebührt dem Angestellten bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 23 Abs 1 AngG eine Abfertigung in der Höhe des dreifachen monatlichen Entgelts. Nach § 40 AngG können die Rechte, die dem Angestellten aufgrund des einseitig zwingenden § 23 AngG zustehen, durch den Arbeitsvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden ( Drs in ZellKomm² AngG Rz 1, 4; RIS Justiz RS0029931 ua). Die im Arbeitsvertrag mit der Beklagten vom enthaltene Regelung, dass die Abfertigung des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten um die frühere Abfertigung des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis mit der Ö***** AG vermindert werde, ist ungültig, weil sie die Rechte des Angestellten aufgrund des § 23 AngG beschränkt ( Drs in ZellKomm² AngG Rz 5 ua). Dass der Kläger an der Formulierung der Abfertigungsregelung im zweiten Arbeitsvertrag mitgewirkt hat, macht weder die unwirksame Regelung wirksam, noch eröffnet es der Beklagten den Einwand des Verstoßes des Klägers gegen Treu und Glauben (vgl Drs in ZellKomm² AngG Rz 1; 8 ObA 49/07z; RIS Justiz RS0122708 ua). Dass der Kläger zur Beklagten unter anderem deshalb wechselte, weil er befürchtete, den Kündigungsschutz zu verlieren, unterstreicht den Einzelfallcharakter der einzelnen Willenserklärungen, kann aber in Bezug auf die Bejahung der Berechtigung seines Abfertigungsanspruchs nach § 23 iVm § 40 AngG dahingestellt bleiben.
Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).