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VfGH vom 05.03.1988, B890/86

VfGH vom 05.03.1988, B890/86

Sammlungsnummer

11633

Leitsatz

Versagung der Genehmigung des örtlichen Raumordnungsprogrammes - Beschwerdelegitimation der Gemeinde gegeben; keine Verneinung des Selbstverwaltungsrechtes; Zulässigkeit der Beschwerde gegen aufsichtsbehördlichen Bescheid wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm

NÖ RaumordnungsG 1976 § 1 Abs 1, § 14 Abs 2 Z 8;

Raumordnungsprogramm für die Planungszone Unteres Ennstal, V der NÖ LReg LGBl. 8000/35-0; örtliches Raumordnungsprogramm Ennsdorf, V des Gemeinderates vom ; überörtliches Raumordnungsprogramm; finale Determinierung der Plannungsziele - besondere Bedeutung der Vorschriften über Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen; hinreichende gesetzliche Determinanten für (verbindliche) Festlegung von Siedlungsgrenzen in von Schadstoff- und Lärmemissionen besonders betroffenen Gebeiten; hinlängliche Begründung des überörtlichen Interesses an der Festlegung von Baulandgrenzen - keine der Gemeinde zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich vorbehaltene Maßnahme; keine Gesetzwidrigkeit des Verordnungserlassungsverfahrens; keine Verletzung des Selbstverwaltungsrechtes; keine Rechtsverletzung wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm

Spruch

Die Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid weder im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Selbstverwaltung noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen

generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

und dem VwGH zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Bf. durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Gemeinderat der Gemeinde Ennsdorf beschloß am eine V, mit der das örtliche Raumordnungsprogramm erlassen wurde. Mit Bescheid vom hat die NÖ. Landesregierung gemäß § 21 Abs 5 Z 1 und Abs 7 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976, LGBl. 8000-1, dieser V die Genehmigung versagt. Die Genehmigung wurde mit der Begründung verweigert, daß das örtliche Raumordnungsprogramm der Gemeinde Ennsdorf der seit rechtswirksamen V der NÖ. Landesregierung vom über ein Raumordnungsprogramm für die Planungszone Unteres Ennstal, LGBl. 8000/35-0, (in Hinkunft kurz: zonales Raumordnungsprogramm) dadurch widerspreche, daß es über die im zonalen Raumordnungsprogramm festgelegten Siedlungsgrenzen hinaus in insgesamt sechs verschiedenen Bereichen rechtswidrigerweise Bauland vorsehe. Diese Festlegung von Bauland-Wohngebiet bzw. Bauland-Agrargebiet in sechs näher angeführten Bereichen durch das örtliche Raumordnungsprogramm stünde im Widerspruch zu § 3 Abs 8 und § 5 Abs 8 letzter Satz des zonalen Raumordnungsprogrammes, sodaß gemäß § 21 Abs 5 Z 1 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 die Genehmigung zu versagen gewesen sei.

2. In ihrer Beschwerde gegen den Bescheid der NÖ. Landesregierung vom , ZII/2-R-86/2-1986, erachtet sich die Gemeinde Ennsdorf in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Selbstverwaltung gem. Art 116 Abs 1 B-VG sowie wegen Anwendung einer gesetzwidrigen V in ihren Rechten gem. Art 144 Abs 1 B-VG verletzt.

In der Begründung ihrer Beschwerde führt die bf. Gemeinde zur Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts einmal aus, daß sich die Aufsichtsbehörde mit den Einwendungen und Argumenten der Gemeinde nicht auseinandersetzte und entgegen dem Rechtsanspruch der Gemeinde auf Ausübung des Aufsichtsrechtes den die Genehmigung für das örtliche Raumordnungsprogramm verweigernden Bescheid unter Verletzung der Sechs-Monate-Frist des § 88 Abs 3 NÖ. Gemeindeordnung erst mehr als vier Jahre nach Einlangen der von der Gemeinde Ennsdorf am beschlossenen V über das örtliche Raumordnungsprogramm erließ. In inhaltlicher Hinsicht berief sich die bf. Gemeinde auf die örtliche Sachkenntnis des das örtliche Raumordnungsprogramm beschließenden Gemeinderates, die durchzusetzen gerade "Sinn des in der Bundesverfassung verankerten Rechtes auf Gemeindeautonomie" sei. Die Bf. rechtfertigte die an sechs Stellen vorgenommene Widmung von Bauland-Wohngebiet bzw. Bauland-Agrargebiet im örtlichen Raumordnungsprogramm über die im zonalen Raumordnungsprogramm vorgesehenen Siedlungsgrenzen hinaus mit verschiedenen, auf die örtlichen Gegebenheiten Rücksicht nehmenden Überlegungen, insbesondere auch damit, daß in mehreren dieser Bereiche aufgrund des derzeit (noch) geltenden vereinfachten Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Ennsdorf aus dem Jahre 1978, welcher mit Bescheid der NÖ. Landesregierung vom genehmigt worden war, bereits die Baulandwidmung gelte.

Zur Gesetzwidrigkeit der V der NÖ. Landesregierung über das zonale Raumordnungsprogramm führt die Bf. aus, daß seit Erlassung des von der NÖ. Landesregierung bescheidmäßig im Jahre 1978 genehmigten vereinfachten Flächenwidmungsplans der Gemeinde Ennsdorf hinsichtlich der bestehenden und der zu erwartenden Lärmemissionen keine Änderung eingetreten sei, sodaß es an der gem. § 5 Abs 1 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 notwendigen "wesentlichen Änderung der Grundlagen" für den Erlaß des zonalen Raumordnungsprogrammes fehle. Ferner wird vorgebracht, daß sich die Siedlungsgrenzen des § 3 Abs 8 und des § 5 Abs 8 des zonalen Raumordnungsprogrammes aus den Planungszielen des NÖ. Raumordnungsgesetzes 1976 nicht ableiten ließen, sodaß deren Festlegung in einem überörtlichen Raumordnungsprogramm mit der Bestimmung des Art 18 Abs 2 B-VG unvereinbar sei. Schließlich rügt die bf. Gemeinde, daß § 4 Abs 2 des zonalen Raumordnungsprogrammes anordne, daß dessen Bestimmungen "als Empfehlungen für die davon betroffenen Gemeinden" gelten, insoweit sie Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde betreffen. Es fehle derartigen "Empfehlungen" sowohl an einer verfassungsrechtlichen als auch an einer gesetzlichen Deckung, sodaß ihre Aufnahme in ein zonales Raumordnungsprogramm rechtswidrig sei.

In einer weiteren, vom VfGH eingeholten Stellungnahme vom schildert die Gemeinde Ennsdorf ihre Bevölkerungsund Wohnraumentwicklung zwischen 1981 und 1987. Nach Meinung der Gemeinde Ennsdorf seien die Siedlungsgrenzen des zonalen Raumordnungsprogrammes sachlich nicht begründbar, weil danach Flächen zur Bebauung zugelassen würden, die genau den gleichen Immissionen ausgesetzt seien wie die nach dem zonalen Raumordnungsprogramm von einer Bebauung freizuhaltenden Flächen. Außerdem hätte "eine allein nach der Beschallung festgelegte Abgrenzung ... zur Folge, daß wesentlich größere Teile des Gemeindegebietes im zonalen Raumordnungsprogramm als nicht bebaubare Zonen erklärt werden bzw. der größte Teil der Gemeinde Ennsdorf abgesiedelt werden müßte". Auch die Freihaltung von Gebieten von der Bebauung wegen der durch das beabsichtigte Industriegebiet am Hafen Enns-Ennsdorf zu erwartenden Beeinträchtigungen sei als Prävention untauglich, da die Siedlungsgrenzen zu diesem Zweck wesentlich weitreichender und rigoroser sein müßten. Die im örtlichen Raumordnungsprogramm festgelegten Widmungsgrenzen seien daher "nicht allein aus technisch-wissenschaftlicher Grundlagenforschung abgeleitet, sondern stellen einen Kompromiß zur Deckung des mittelfristig notwendigen Baulandbedarfes dar".

3. Die NÖ. Landesregierung beantragt in ihrer Gegenschrift vom die Abweisung der Beschwerde. Ihrer Rechtsansicht zufolge könne das Recht auf Selbstverwaltung nur durch Erlassung eines Bescheides verletzt werden, nicht hingegen dadurch, daß die Aufsichtsbehörde "im Sinne des § 88 Abs 3 der NÖ. Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-4, innerhalb von sechs Monaten keinen Bescheid erlassen hat". Eine Beeinträchtigung der "Eigenverantwortlichkeit" der Gemeinde Ennsdorf wird verneint, weil durch den angefochtenen Bescheid in die "durch Weisungs- und Rechtsmittelfreiheit gekennzeichnete besondere Rechtsstellung der Gemeinde" nicht eingegriffen werde.

Über Aufforderung des VfGH erstattete die NÖ. Landesregierung eine weitere Äußerung vom , in der sie die Gesetzmäßigkeit der V über das zonale Raumordnungsprogramm darzutun versucht. Sie hält darin der Gemeinde entgegen,

"daß zufolge der zahlreichen Raumordnungsprobleme und Planungsüberlegungen in dieser Zone (Westautobahn, Westbahn, neue Planung der B 1 und B 123, Ennshafen, Industriegebiet NÖ-OÖ, Emissionen, Schotterabbau, Wasserschutzgebiet und dgl.) für die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der umstrittenen Festlegungen allein die Ortskenntnis innerhalb der eigenen Gemeinde nicht ausreichend sein kann. Gerade deshalb kam es ja zur Ausarbeitung einer überörtlichen Planung (Planungszone), um die gebietsübergreifenden Planungen und Probleme koordinieren zu können."

Zur gesetzlichen Deckung der Festlegung von Siedlungsgrenzen im zonalen Raumordnungsprogramm verweist die NÖ. Landesregierung auf die Begriffsdefinition "Raumordnung" in § 1 Abs 1 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976, welche die Formulierung "vor allem Schutz vor Lärm" enthält. Weiters verweist sie auf § 14 Abs 2 Z 8 dieses Gesetzes über die Abschirmung von Wohnbauland gegenüber Störungseinflüssen von Betriebsgebieten, Industriegebieten, Durchzugsstraßen und Materialgewinnungsstätten. Ferner hat die NÖ. Landesregierung gem. § 14 Abs 3 NÖ. Raumordnungsgesetz eine V über die höchstzulässigen äquivalenten Dauerschallpegel bei den einzelnen Nutzungsarten des Baulandes erlassen (V vom , LGBl. 8000/4-0). Nach Auffassung der NÖ. Landesregierung "gehen die Festlegungen der Siedlungsgrenzen im zonalen Raumordnungsprogramm Untere Enns durchaus konform mit § 14 Abs 2 Z 8 des NÖ. Raumordnungsgesetzes 1976 bzw. der Verordnung über die Bestimmung des zulässigen äquivalenten Dauerschallpegels bei Baulandwidmungen, LGBl. 8000/4-0." Hingewiesen wird insbesondere auf die Ergebnisse der Grundlagenforschung zum zonalen Raumordnungsprogramm und die dabei eingeholten Gutachten über die Umweltsituation, insbesondere die Lärmemissionen bzw. -immissionen. Die Festlegung von Siedlungsgrenzen im zonalen Raumordnungsprogramm war nach Meinung der NÖ. Landesregierung notwendig, um eine Baulandwidmung durch Gemeinden in Bereichen zu verhindern, "die von Störungseinflüssen im Sinne der Planungsrichtlinie des § 14 Abs 2 Z 8 des NÖ. Raumordnungsgesetzes 1976 nicht abgeschirmt werden können". Während sich die Grundlagenforschung zum zonalen Raumordnungsprogramm mit der Umweltsituation, insbesondere den Lärmemissionen, die für die sechs Konfliktbereiche im wesentlichen maßgebend sind, eingehend befasse, behandle die Grundlagenforschung zum örtlichen Raumordnungsprogramm der Gemeinde Ennsdorf diese Problematik überhaupt nicht. Auch die Baulandreserven der Gemeinde, die vom Ortsplaner mit ca. 420 Bauplätzen angegeben werden, reichen nach Meinung der NÖ. Landesregierung bei Berücksichtigung der Siedlungsgrenzen des zonalen Raumordnungsprogrammes aus, um die künftige Entwicklung der Gemeinde im Hinblick auf mögliche Bebauungen nicht zu beeinträchtigen.

Der derzeit noch wirksame vereinfachte Flächenwidmungsplan der Gemeinde Ennsdorf stamme aus dem Jahre 1974 und sei lediglich 1975 und 1978 geringfügig geändert worden. Da das derzeit geltende NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 im Jahre 1974 noch nicht in Kraft gestanden sei, habe sich die Aufsichtsbehörde bei der Genehmigung des vereinfachten Flächenwidmungsplanes noch nicht an dessen Regelungen orientieren können. Im übrigen habe die NÖ. Landesregierung bei der Festsetzung der Siedlungsgrenzen im zonalen Raumordnungsprogramm teilweise auf den rechtswirksamen vereinfachten Flächenwidmungsplan Rücksicht genommen (so in den Bereichen 3, 4 und 6: Identität der Festlegung im zonalen Raumordnungsprogramm mit dem rechtswirksamen vereinfachten Flächenwidmungsplan), teilweise sei im zonalen Raumordnungsprogramm die im ersten Entwurf zum örtlichen Raumordnungsprogramm im Jahre 1982 vorgesehene und der NÖ. Landesregierung zur Begutachtung vorgelegte Widmung berücksichtigt worden (Bereiche 1 und 5), schließlich betreffe der Widerspruch zwischen dem zonalen Raumordnungsprogramm und dem vereinfachten Flächenwidmungsplan (im Bereich 2) nur ein einziges Gebäude, dessen Bestand auch im Grünland - als im Grünland erhaltenswerter Bau (Geb) - gesichert werden könne.

Zum Verfahren bei der Ausarbeitung des zonalen Raumordnungsprogrammes stellt die NÖ. Landesregierung fest, daß mit den vom zonalen Raumordnungsprogramm betroffenen Gemeinden laufend Koordinationsgespräche abgehalten worden seien. Bei der ersten Informationsbesprechung mit Gemeindevertretern am sei ein Einverständnis mit den betroffenen Gemeinden hergestellt worden, die Planungsarbeiten an den örtlichen Raumordnungsprogrammen bis zur Ausarbeitung des zonalen Raumordnungsprogrammes auszusetzen. Bei Einhaltung der besprochenen Vorgangsweise wäre ein Zwang zur Widmungsänderung nicht nötig geworden. Bei der Abschlußbesprechung sei die Nichtberücksichtigung der Einwendung der von der Gemeinde Ennsdorf als zu eng empfundenen Siedlungsgrenzen ausdrücklich mit den durch die Schaffung des Industriegebietes am Ennshafen zu erwartenden Auswirkungen sowie mit den vorliegenden Lärmgutachten begründet worden.

Nach Meinung der NÖ. Landesregierung handelt es sich bei den Siedlungsgrenzen des zonalen Raumordnungsprogrammes keinesfalls um unverbindliche Empfehlungen, sondern

"um Vorschriften im überörtlichen Interesse aufgrund der gegebenen bzw. zu erwartenden Lärm- und Staubbelastungen (A 1 Westautobahn, Westbahn, Planung neuer Trassen der B 1 und B 123, des Ennshafens und verschiedener Industriebetriebe). Hiedurch ist in den strittigen, außerhalb der Siedlungsgrenzen gelegenen Bereichen schon jetzt bzw. in Zukunft eine Lärm- und Staubbelastung gegeben bzw. zu erwarten, die weit über dem höchstzulässigen äquivalenten Dauerschallpegel in Baulandbereichen mit der Nutzungsart Wohngebiet bzw. Agrargebiet liegt. Ähnliches gilt für die mit der Staubbelastung verbundenen Störungseinflüsse. Es lag daher nach Ansicht der bel. Beh. im überörtlichen Interesse, verbindliche Siedlungsgrenzen festzulegen, über die hinaus Baulandwidmungen nicht zulässig sind und dadurch Widersprüche zur erwähnten V, LGBl. 8000/4-0, sowie § 14 Abs 2 Z 8 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 von vornherein auszuschalten. Die Planungshoheit der Gemeinde und damit ihr eigener Wirkungsbereich bzw. die dabei zu treffenden Maßnahmen erscheinen hiedurch nicht beeinträchtigt."

II. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Gemeinde Ennsdorf macht in ihrer Beschwerde gegen den Bescheid der NÖ. Landesregierung über die Versagung der Genehmigung des örtlichen Raumordnungsprogrammes die Verletzung ihres Rechtes auf Selbstverwaltung gem. Art 116 Abs 1 iVm Art 118 Abs 4, 119 a Abs 9 und 144 B-VG geltend. Da es sich bei der Genehmigungsversagung um einen letztinstanzlichen aufsichtsbehördlichen Bescheid handelt, ist die Gemeinde gem. Art 119 a Abs 9 B-VG legitimiert, vor dem VfGH gem. Art 144 B-VG Beschwerde wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Selbstverwaltung zu führen. Die Beschwerde ist daher zulässig.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. zB VfSlg. 7459/1974, 7568/1975, 7972/1976, 8150/1977, 9156/1981, 9943/1984, 10635/1985) liegt eine Verletzung des der Gemeinde verfassungsgesetzlich gewährleisteten Selbstverwaltungsrechtes nur dann und insoweit vor, als eine staatliche Behörde eine Maßnahme trifft, mit der das Recht der Gemeinde auf Besorgung einer bestimmten Angelegenheit im eigenen Wirkungsbereich schlechthin verneint wird. In Abkehr von der noch in VfSlg. 6857/1972 vertretenen Auffassung ist der VfGH seit seinem Erkenntnis VfSlg. 7459/1974 der Meinung, daß mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Einschränkung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde durch das dem Bund und dem Land zustehende Aufsichtsrecht (Art118 Abs 4 B-VG) eine lediglich gesetzwidrige Ausübung des Aufsichtsrechtes noch keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Selbstverwaltungsrechtes bedeutet, zumal die Gemeinde gem. Art 119 a Abs 9 B-VG die Möglichkeit besitzt, eine derartige Rechtswidrigkeit des aufsichtsbehördlichen Bescheides vor dem VwGH gem. Art 131 B-VG geltend zu machen.

Die Versagung der Genehmigung des örtlichen Raumordnungsprogrammes würde das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Selbstverwaltung sohin nur dann verletzen, wenn der bel. Beh. der Vorwurf der Verneinung des Selbstverwaltungsrechtes gemacht werden müßte (VfSlg. 9156/1981). Dies ist jedoch nicht der Fall. Durch den angefochtenen Bescheid wird das Recht der Gemeinde Ennsdorf, ein örtliches Raumordnungsprogramm im eigenen Wirkungsbereich im Rahmen des NÖ. Raumordnungsgesetzes 1976 und der dazu ergangenen Verordnungen des Landes zu erlassen, nicht verneint. Daß sich die Gemeinde bei Ausübung ihres die Wahrnehmung des eigenen Wirkungsbereiches umfassenden Rechtes auf Selbstverwaltung an den "Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes" zu halten hat, ergibt sich aus Art 118 Abs 4 B-VG. Auch das zonale Raumordnungsprogramm bildet eine V des Landes. Die Gemeinde Ennsdorf darf daher die ihr im eigenen Wirkungsbereich gewährleistete "örtliche Raumplanung" (Art118 Abs 3 Z 9 B-VG) nur im Rahmen des zonalen Raumordnungsprogrammes ausüben.

Die Frage der richtigen Anwendung des NÖ. RaumordnungsG 1976 und des zonalen Raumordnungsprogrammes bei Erlassung des Bescheides, mit dem die Genehmigung für das örtliche Raumordnungsprogramm verweigert wurde, ebenso wie die Frage der rechtzeitigen Erlassung dieses Bescheides hat ausschließlich der VwGH gem. Art 131 und 132 B-VG zu prüfen. Weder die Verzögerung noch die Verweigerung der Genehmigung des örtlichen Raumordnungsprogrammes durch die NÖ. Landesregierung wegen Widerspruchs zu Gesetzen und Verordnungen des Landes (VfSlg. 9533/1982, 10399/1985) verletzen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Gemeinde Ennsdorf auf Selbstverwaltung an sich.

3. Der in Art 119 a Abs 9 B-VG enthaltene Verweis auf Art 144 B-VG macht deutlich, daß der VfGH aufgrund einer Beschwerde einer durch einen aufsichtsbehördlichen Bescheid betroffenen Gemeinde auch zu prüfen hat, ob die Gemeinde durch den Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen V in ihren Rechten verletzt wurde. Anders als beim Antrag einer Gemeinde auf Überprüfung einer V gem. Art 139 Abs 1 letzter Satz B-VG, dessen Unzulässigkeit mangels Eingriffs der V in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Gemeinde auf Selbstverwaltung der VfGH angenommen hat (VfSlg. 9533/1982 und 10399/1985), geht der VfGH sohin davon aus, daß mit Rücksicht auf die den Gemeinden in Art 119 a Abs 9 B-VG ausdrücklich eingeräumte Beschwerdebefugnis nach Art 144 B-VG auch die Beschwerde gegen einen aufsichtsbehördlichen Bescheid wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm zulässig ist. Der VfGH hat daher zu prüfen, ob die von der beschwerdeführenden Gemeinde vorgetragenen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der V der NÖ. Landesregierung über das zonale Raumordnungsprogramm zutreffen oder sonstige Bedenken bestehen.

Der VfGH hat in ständiger Judikatur (vgl. zB VfSlg. 8150/1977 und 9156/1981) ausgesprochen, daß sich jedes örtliche Raumordnungsprogramm, insbesondere jeder Flächenwidmungs- und Bebauungsplan einer Gemeinde zur Gänze in überörtliche Interessen einzufügen hat. Es ist Aufgabe des Landesgesetzgebers, diese überörtlichen Interessen zu benennen und geeignete rechtliche Instrumente zu ihrer Durchsetzung gegenüber den Gemeinden als den verfassungsrechtlich mit der "örtlichen Raumplanung" betrauten Verwaltungsträgern vorzusehen. Dementsprechend ordnet § 1 Abs 2 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 bestimmte Leitziele für die überörtliche Raumordnung an. Ausgehend von den Leitzielen und den Ergebnissen der in § 2 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 vorgesehenen Grundlagenforschung haben Raumordnungsprogramme des Landes gem. § 3 Abs 2 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976, die gem. Abs 3 derselben Bestimmung auch beschränkt auf eine Planungszone aufgestellt werden können, die angestrebten Ziele festzulegen und die erforderlichen Maßnahmen zu bezeichnen. § 6 Abs 1 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 ordnet ferner an, daß örtliche Raumordnungsprogramme überörtlichen Raumordnungsprogrammen nicht widersprechen dürfen. Im Falle des Widerspruchs hat gem. § 21 Abs 5 Z 1 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 die Landesregierung dem örtlichen Raumordnungsprogramm die erforderliche Genehmigung zu versagen.

Die im Verfahren geltend gemachten Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der V über das zonale Raumordnungsprogramm beziehen sich ausschließlich auf die darin festgelegten Siedlungsgrenzen. § 3 Abs 8 des zonalen Raumordnungsprogrammes legt nämlich unter dem Titel "Zielsetzungen" fest, daß "eine

weitere Siedlungsentwicklung ... nur unter besonderer Beachtung

der ... Vermeidung der von Schadstoff- und Lärmemissionen besonders

betroffenen Gebiete, sowie nicht über die in der Anlage 2 als Siedlungsgrenzen ausgewiesenen Bereiche hinaus, erfolgen" soll. § 5 Abs 8 letzter Satz des zonalen Raumordnungsprogrammes ordnet unter dem Titel "Maßnahmen" an, daß "im Bereich der Orte Raad und Rems sowie über die Siedlungsgrenzen gemäß § 3 Abs 8 hinaus ... Flächen als Bauland nicht ausgewiesen werden (dürfen)". Bezweifelt wird (a) die normative Wirkung dieser Festlegung und Anordnung, (b) die rechtliche Deckung der in der Anlage 2 zum zonalen Raumordnungsprogramm planerisch eindeutig erfolgten Festlegung von Siedlungsgrenzen im Sinne des Art 18 Abs 2 B-VG und vor dem Hintergrund der notwendigen verfassungsrechtlichen Abgrenzung zwischen überörtlicher und örtlicher Raumplanung gem. Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG, (c) die mangelnde Auseinandersetzung mit dem geltenden vereinfachten Flächenwidmungsplan der Gemeinde Ennsdorf aus 1974 bzw. 1978 bei Erlassung des zonalen Raumordnungsprogrammes und (d) die Unzulässigkeit einer im Vergleich zum vereinfachten Flächenwidmungsplan engeren Siedlungsbegrenzung im zonalen Raumordnungsprogramm, weil es sowohl an einer "Änderung der Rechtslage" als auch an einer "wesentlichen Änderung der Grundlagen" gem. § 5 Abs 1 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 - den gesetzlichen Voraussetzungen für die Änderung eines Raumordnungsprogrammes - fehle.

a. Der VfGH stimmt der von der NÖ. Landesregierung in ihrer Äußerung vom vertretenen Rechtsauffassung zu, daß es sich jedenfalls bei dem hier fraglichen Verbot des § 5 Abs 8 letzter Satz des zonalen Raumordnungsprogrammes, wonach über die Siedlungsgrenzen gem. § 3 Abs 8 hinaus "Flächen als Bauland nicht ausgewiesen werden (dürfen)", um keine bloßen Empfehlungen handelt. Schon die imperative Formulierung beweist, daß der Verordnungsgeber mit der Norm des § 5 Abs 8 letzter Satz des zonalen Raumordnungsprogrammes die Gemeinden verpflichten wollte, in ihren Flächenwidmungsplanungen über die im zonalen Raumordnungsprogramm festgelegten Siedlungsgrenzen hinaus keine Flächen als Bauland auszuweisen.

An der Rechtsverbindlichkeit dieser Anordnung den betroffenen Gemeinden gegenüber vermag auch § 4 Abs 2 des zonalen Raumordnungsprogrammes nichts zu ändern. Zwar gelten danach Bestimmungen des zonalen Raumordnungsprogrammes lediglich "als Empfehlungen für die davon betroffenen Gemeinden", insoweit sie Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinden betreffen. Doch würde eine derartige salvatorische Klausel gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot verstoßen und damit auch in verfassungswidriger Weise die Rechtsschutzfunktion des VfGH nach Art 139 B-VG praktisch beeinträchtigen, sofern sie nicht nur dahin verstanden wird, daß die Deutung einer Bestimmung des zonalen Raumordnungsprogrammes als bloße Empfehlung lediglich dann geboten ist, wenn diese Deutung im Hinblick auf die Formulierung der Bestimmung zulässig erscheint (vgl. etwa die in § 5 Abs 1, 6 und 9 des zonalen Raumordnungsprogrammes vorgesehenen planerischen Maßnahmen der Gemeinden, die bloß ergriffen werden "sollen").

b. Die für die Gemeinde Ennsdorf verbindliche Festlegung von Siedlungsgrenzen im zonalen Raumordnungsprogramm stützt sich in zureichender Weise auf die geschilderten Bestimmungen des NÖ. Raumordnungsgesetzes 1976 iVm Art 18 Abs 2 B-VG und Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG. Das zonale Raumordnungsprogramm legt in den hier zu untersuchenden Vorschriften Ziele der Siedlungsentwicklung für die Planungszone "Untere Enns" fest (§3 Abs 8) und verpflichtet die Gemeinde Ennsdorf als Maßnahme, über festgelegte Siedlungsgrenzen hinaus keine Flächen als Bauland zu widmen (§5 Abs 8). Der VfGH hat bereits in VfSlg. 8280/1978 für die im Sinne des Art 18 Abs 2 B-VG hinreichende gesetzliche Determinierung von Flächenwidmungsplänen festgestellt, daß bei "sogenannten Raumordnungsplänen, denen Verordnungscharakter zukommt", der "normative Inhalt weitgehend durch das Wesen eines solchen Planes vorherbestimmt" ist. Ebenso wie es für Flächenwidmungspläne nicht möglich ist, "schon auf der Gesetzesstufe im einzelnen festzulegen, für welche Gebiete die gesetzlich vorgesehenen Widmungen gelten sollen" (so VfSlg. 8280/1978), ist es auch undenkbar, die im Zuge von überörtlichen Raumordnungsprogrammen flächenbezogen festzusetzenden Maßnahmen im vorhinein gesetzlich zu bestimmen. Diese Maßnahmen sind einerseits final, d.h. im Hinblick auf die aus dem NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 abgeleiteten und hier für die Planungszone "Untere Enns" konkretisierten Planungsziele, determiniert. Zusätzlich zu dieser rechtlich notwendigen Verknüpfung von Zielfestlegungen und Maßnahmen erfährt das überörtliche Raumordnungsprogramm eine weitere gesetzliche Determinierung aus seiner Aufgabenstellung: Beziehen sich die Rechtswirkungen überörtlicher Raumordnungsprogramme gem. § 6 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 (abgesehen von den hier nicht relevanten Maßnahmen des Landes als Träger von Privatrechten gem. § 6 Abs 2) auf die örtlichen Raumordnungsprogramme, die jenen nicht widersprechen dürfen und die gem. § 30 Abs 1 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 innerhalb von 2 Jahren nach Erlassung des sie betreffenden rechtswirksamen regionalen (und wohl auch zonalen) Raumordnungsprogrammes von den Gemeinden aufzustellen oder entsprechend zu ändern sind, so ist daraus zu schließen, daß die gesetzlichen Vorschriften über die örtliche Raumordnung auch den Inhalt der überörtlichen Raumordnungsprogramme prädeterminieren.

Die Vermeidung von durch Schadstoff- und Lärmemissionen besonders betroffenen Gebieten im Zuge der weiteren Siedlungsentwicklung, wie sie vom § 3 Abs 8 des zonalen Raumordnungsprogrammes unter gleichzeitiger näherer planerischer Festlegung der betroffenen Gebiete in der Anlage 2 erfolgt, kann sich daher in zureichendem Maß auf die gesetzliche Definition der Raumordnung in § 1 Abs 1 Z 1 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 ("Sicherung der lebensbedingten Erfordernisse, insbesondere zur Erhaltung der physischen und psychischen Gesundheit der Bevölkerung, vor allem Schutz vor Lärm, Erschütterungen, Verunreinigungen der Luft, ..."), auf das ausdrücklich für die überörtliche und örtliche Raumordnung geltende Leitziel des § 1 Abs 2 Z 9 litf NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 ("Schutz vor Lärmbelästigungen, Staub, Geruchsbelästigungen, Strahlungen und Erschütterungen") sowie auf die Planungsrichtlinie zur Erstellung von Flächenwidmungsplänen gem. § 14 Abs 2 Z 8 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 (über die Abschirmung von Wohnbauland "gegenüber Betriebsgebieten, Industriegebieten, Durchzugsstraßen und Materialgewinnungsstätten") stützen. Auch § 14 Abs 3 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 und die dazu ergangene V über die höchstzulässigen äquivalenten Dauerschallpegel bei den einzelnen Nutzungsarten des Baulandes, LGBl. 8000/4-0, bildet eine zusätzliche Rechtsgrundlage für die Festlegung von Siedlungsgrenzen im zonalen Raumordnungsprogramm. Daß der Verordnungsgeber in § 5 Abs 8 letzter Satz des zonalen Raumordnungsprogrammes die Gemeinde Ennsdorf verpflichtet, über die bezeichneten Siedlungsgrenzen hinaus kein Bauland zu widmen, ergibt sich als notwendige Maßnahme zur Durchführung der Ziele des überörtlichen Raumordnungsprogrammes von selbst. Die Aufsichtsbehörde wäre auch ohne § 5 Abs 8 letzter Satz des zonalen Raumordnungsprogrammes verpflichtet, einem örtlichen Raumordnungsprogramm die Genehmigung zu versagen, das mit seiner Baulandwidmung die im überörtlichen Interesse festgelegten Siedlungsgrenzen verletzt. Die Verbindlichkeit der Siedlungsgrenzen für die gemeindliche Flächenwidmungsplanung wurde sohin nur wegen der in § 3 Abs 2 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 geforderten Bezeichnung der "erforderlichen Maßnahmen" im Hinblick auf die angestrebten Ziele des überörtlichen Raumordnungsprogrammes ausdrücklich festgelegt.

Das NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 bietet daher nicht nur im Sinne der ständigen Judikatur des VfGH zur gesetzlichen Determinierung von Raumordnungsplänen eine hinreichende gesetzliche Grundlage zum Erlaß überörtlicher Raumordnungsprogramme, sondern es kann sich auch die konkrete Festlegung von Siedlungsgrenzen in von Schadstoff- und Lärmemissionen besonders betroffenen Gebieten im zonalen Raumordnungsprogramm "Untere Enns" auf im Sinne dieser Judikatur hinreichende gesetzliche Determinanten stützen.

Zu prüfen bleibt dem VfGH, ob durch die planerische Festlegung einer Siedlungsgrenze zwecks Verhinderung von Schadstoff- und Lärmimmissionen in einem überörtlichen Raumordnungsprogramm von Seiten der staatlichen Verwaltungsbehörde nicht eine Aufgabe der "örtlichen Raumplanung" besorgt wurde, die von den Gemeinden kraft Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG im eigenen Wirkungsbereich wahrzunehmen und diesen verfassungsrechtlich vorbehalten ist. So hat der VfGH zB in VfSlg. 8601/1979 ein Tankstellenerrichtungs- und -erweiterungsverbot innerhalb eines bestimmten Gebietes einer Gemeinde, das aus raumordnerischen Gründen sowie aus Gründen der Erhaltung des Stadtbildes erlassen worden war, als Maßnahme der örtlichen Baupolizei und der örtlichen Raumplanung nach Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugeordnet, zumal "auch rechtstechnisch ... Instrumente des Baurechts und des Rechts der örtlichen Raumplanung verwendet" wurden. Ausdrücklich sprach er aus, daß

"durch den Umstand, daß bei der Erlassung der Regelung auf überörtliche Gesichtspunkte und damit auf nicht in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallende (insbesondere verkehrsrechtliche und gewerberechtliche) Angelegenheiten Bedacht genommen wurde, die Zugehörigkeit einer ihrem Inhalt nach baupolizeilichen Regelung zu den Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei nicht berührt" (wird).

Umgekehrt hat der Gerichtshof in VfSlg. 8150/1977 in Zusammenhang mit der aufsichtsbehördlichen Genehmigungspflicht für Ausnahmebewilligungen vom Flächenwidmungsplan ausgeführt, daß "auch ein überörtliches Interesse an der Bedachtnahme auf gegebene - örtliche oder überörtliche - Strukturverhältnisse denkbar" ist und daher selbst die individuelle Ausnahmebewilligung nicht ausschließlich unter dem Blickwinkel des eigenen Wirkungsbereiches gesehen werden darf. Ähnlich hat der Gerichtshof in VfSlg. 9156/1981 die Versagung der Genehmigung der Umwidmung einzelner Grundstücke in Landschaftsschutzgebieten aus überörtlichen Interessen gerechtfertigt.

Für die begriffliche Abgrenzung der der Gemeinde im Rahmen der "örtlichen Raumplanung" gem. Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG zustehenden Befugnisse ist die allgemeine verfassungsrechtliche Umschreibung des eigenen Wirkungsbereiches in Art 118 Abs 2 B-VG maßgeblich. Eine Planungsmaßnahme zählt danach dann zur örtlichen Raumplanung, ist also der Gemeinde vorbehalten, wenn sie im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet ist, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. In ein überörtliches Raumordnungsprogramm dürfen sohin planerische Festlegungen nur unter der Voraussetzung aufgenommen werden, daß das überörtliche Interesse an diesen Festlegungen überwiegt. Die danach gebotene Interessenabwägung ist im Hinblick auf jede einzelne mögliche Planfestlegung unter Berücksichtigung der konkreten Problemlage mit der Maßgabe vorzunehmen, daß bei Flächenwidmungen angesichts ihrer örtlichen Radizierung im Regelfall von einem Überwiegen örtlicher Interessen, sohin von der Zuständigkeit der Gemeinde auszugehen ist. Sollen konkrete Flächen im Wege der überörtlichen Raumplanung einer bestimmten Widmung (zB als Verkehrsweg) zugeführt oder von einer bestimmten Widmung (zB als Bauland) freigehalten werden, so müssen derartige planerische Festlegungen eindeutig und nachweislich aus überwiegenden überörtlichen Interessen begründet werden (Oberndorfer, in:

Evers-Oberndorfer, Die Freihaltung von Verkehrsflächen durch die Landesraumordnung, 1980, 41 f.; Rill, Kommentar zu den Raumordnungsgesetzen, in: Rechtsvorschriften zu Umweltschutz und Raumordnung, Band 2, hrsg. v. Institut für Stadtforschung, 1982, 59).

Das überörtliche Interesse an der Festlegung von Siedlungsgrenzen durch das zonale Raumordnungsprogramm wurde von der NÖ. Landesregierung nach Meinung des VfGH hinlänglich dargetan. Im Zuge der Grundlagenforschung zum zonalen Raumordnungsprogramm wurden Gutachten über die Umweltsituation, insbesondere zu den Lärmemissionen bzw. - immissionen eingeholt. Auf den Seiten 22 - 25 der vom Amt der NÖ. Landesregierung im Februar 1981 verfaßten Broschüre "Zonales Raumordnungsprogramm 'Untere Enns' - GRUNDLAGEN" sind die Überlegungen im einzelnen wiedergegeben. Dort werden die aus der beabsichtigten Industrieansiedlung insbesondre im Bereich des Ennshafens sowie im Bereich des ÖMV-Geländes zu erwartenden Auswirkungen sowie eine Analyse der Lärmemissionen im Bereich der beiden Hauptverkehrsachsen Westautobahn und Westbahn angeführt und die Konsequenzen für die Siedlungsentwicklung gezogen. Im überörtlichen Interesse ist dabei nicht nur die Verhinderung von Baulandwidmungen auf den von Schadstoff- und Lärmemissionen besonders betroffenen Flächen, sondern auch die Steuerung des räumlichen Entwicklungsprozesses im Raum "Untere Enns", für dessen drei Gemeinden Ennsdorf, St. Pantaleon-Erla und St. Valentin wegen der Aufschließung einer Industriezone im Bereich des Ennshafens neben einer weiteren wirtschaftlichen Entwicklung des Gebietes auch vermehrte Emissionen, erhöhtes Verkehrsaufkommen und damit auch erhöhte Belastungen für die umliegenden Siedlungsräume erwartet werden.

Ebenso wie es verfassungsrechtlich aufgrund des Art 119 a Abs 8 B-VG in Verbindung mit § 21 Abs 5 Z 4 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 für zulässig angesehen werden müßte, einem örtlichen Raumordnungsprogramm die aufsichtsbehördliche Genehmigung zu versagen, weil es den Grundsatz der weitestgehenden Immissionsfreiheit gem. § 14 Abs 2 Z 8 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 bei der Festlegung von Wohnbauland nicht hinreichend beachtet, muß es der NÖ. Landesregierung im Zuge der Aufstellung eines überörtlichen Raumordnungsprogrammes gestattet sein, Baulandgrenzen unter Berufung auf die genannte Vorschrift von vornherein allgemein festzulegen. Damit wird nicht eine der Gemeinde zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich vorbehaltene Maßnahme der örtlichen Raumplanung getroffen. Es wird vielmehr nur aus Gründen, die - wie gezeigt - im überörtlichen Interesse liegen, das Planungsermessen der Gemeinde hinsichtlich der Grundstücke, die jenseits der im zonalen Raumordnungsprogramm festgelegten Siedlungsgrenzen liegen, verringert, (Holzer, Agrar-Raumplanungsrecht, 1981, 212).

c. Soweit der bel. Beh. von der Bf. der Vorwurf gemacht wird, daß sie bei Erlassung ihres zonalen Raumordnungsprogrammes auf die Einwendungen der Gemeinde Ennsdorf nicht eingegangen sei und insbesondere die im vereinfachten Flächenwidmungsplan des Jahres 1974 bzw. 1978 bereits ausgewiesenen und genehmigten Baulandwidmungen nicht berücksichtigt hätte, trifft dieser Vorwurf jedenfalls in einer die Gesetzwidrigkeit der V über das zonale Raumordnungsprogramm bewirkenden Art und Weise nicht zu. Wohl bleibt der VfGH auch für überörtliche Raumordnungsprogramme bei seiner zu Flächenwidmungsplänen ergangenen Judikatur (VfSlg. 8280/1978 u. a.), wonach den Vorschriften des Gesetzes über die Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen besondere Bedeutung zukommt, sofern das Gesetz die vom Verordnungsgeber zu erlassenden Planungsnormen ihrem Wesen nach nur final determinieren kann.

Entgegen der Auffassung der bf. Gemeinde Ennsdorf wurde ihr im Zuge des Verfahrens zur Erlassung des zonalen Raumordnungsprogrammes hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme im Sinne des § 4 Abs 1 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 gewährt. So wurde die Gemeinde Ennsdorf in einer Besprechung am über den Beginn der Zonenplanung informiert. Zum Entwurf des Raumordnungsprogrammes wurde nicht nur eine Besprechung am abgehalten, bei der laut dem vorliegenden Protokoll die Bestrebungen der Gemeinde Ennsdorf zu einer Erweiterung des Baulandes im Nahbereich der Westbahn und zwischen Westbahn und neu geplanter Bundesstraße 1 bereits mit der Begründung abgelehnt wurden, daß "mit hohen, unzumutbaren Lärmbelästigungen zu rechnen (sei), die in Zukunft noch zunehmen werden"; darüber hinaus wurde die Gemeinde gem. § 4 Abs 1 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 zur Stellungnahme eingeladen. In der vom Gemeinderat abgegebenen Stellungnahme vom heißt es zwar, daß "die zum Teil fixierten Siedlungsgrenzen ... als zu eng empfunden (werden)", ohne daß dieser Einwand dort näher ausgeführt wird. Am fand eine Abschlußbesprechung über den Entwurf des zonalen Raumordnungsprogrammes statt, bei der auch die Gemeinde Ennsdorf vertreten war. Die Nichtberücksichtigung des von der Gemeinde erhobenen Einwandes der als zu eng empfundenen Siedlungsgrenzen im Entwurf wurde dabei nach Meinung des VfGH zureichend wie folgt begründet:

"Bei der Ausweisung dieser Siedlungsgrenzen wurde insbesondere den Anforderungen des Raumordnungsgesetzes bezüglich der Ausweisung von Bauland-Wohngebiet Rechnung getragen. Insbesondere wurden dabei die Schaffung des Industriegebietes am Ennshafen und die zu erwartenden Auswirkungen berücksichtigt. Die Festlegung der Siedlungsgrenzen stützt sich darüber hinaus auf zahlreiche Lärmgutachten der Abteilung R/1. In Gemeindeteilen, die nicht durch eine derartige Siedlungsgrenze betroffen sind, ist eine Widmung von Baulandflächen nach Maßgabe der örtlichen Raumordnung weiterhin möglich".

Der VfGH kann sohin nicht finden, daß die Gemeinde Ennsdorf im Zuge des Verfahrens zur Erstellung des zonalen Raumordnungsprogrammes rechtswidrigerweise übergangen worden ist.

Aber auch die teilweise Nichtberücksichtigung von Baulandwidmungen, die im geltenden vereinfachten Flächenwidmungsplan der Gemeinde Ennsdorf aus dem Jahre 1974 (samt Ergänzung 1978) ausgewiesen sind, im zonalen Raumordnungsprogramm läßt dieses deswegen nicht als rechtswidrig erscheinen. Gem. § 3 Abs 5 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 sind örtliche Raumordnungsprogramme, denen die vereinfachten Flächenwidmungspläne gem. § 30 Abs 3 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 gleichzuhalten sind, in überörtlichen Raumordnungsprogrammen nur dann zu berücksichtigen, wenn sie "den in den überörtlichen Raumordnungsprogrammen angestrebten Zielen nicht widersprechen". Ganz offenkundig widerspricht der noch aufgrund einer früheren Rechtsgrundlage und unter Zugrundelegung einer ganz anderen Planungssituation ursprünglich im Jahre 1974 erstellte vereinfachte Flächenwidmungsplan der Gemeinde Ennsdorf in einzelnen Punkten der mit der Vermeidung von Schadstoff- und Lärmemissionen umschriebenen Zielfestlegung des zonalen Raumordnungsprogrammes. Er war daher bei dessen Aufstellung insoweit auch nicht zu berücksichtigen.

d. Soweit die Bf. bemängelt, daß weder eine "Änderung der Rechtslage" noch eine "wesentliche Änderung der Grundlagen" die Erlassung des zonalen Raumordnungsprogrammes rechtfertigten, ist ihr entgegenzuhalten, daß mangels eines vorhergehenden überörtlichen Raumordnungsprogrammes für die Planungszone "Untere Enns" die Erlassung der V über das zonale Raumordnungsprogramm keine Änderung eines Raumordnungsprogrammes bildet, sodaß auch die dafür in § 5 Abs 1 NÖ. Raumordnungsgesetz 1976 vorgesehenen, einschränkenden rechtlichen Voraussetzungen bei Erlassung des zonalen Raumordnungsprogrammes nicht zum Tragen kommen.

Die von der Bf. gegen die Gesetzmäßigkeit der V über das zonale Raumordnungsprogramm vorgetragenen Bedenken treffen sohin nicht zu. Sonstige Bedenken sind im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen.

4. Die Bf. wurde somit durch den angefochtenen Bescheid über die Versagung der Genehmigung des örtlichen Raumordnungsprogrammes weder im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Selbstverwaltung noch wegen Anwendung der V über das zonale Raumordnungsprogramm in ihren Rechten verletzt.

Die Beschwerde war daher abzuweisen und gemäß Art 144 Abs 3 B-VG antragsgemäß dem VwGH abzutreten.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.