OGH vom 28.09.2017, 8Ob96/17a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, den Hofrat Dr. Brenn und die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. DI G*****, 2. Ing. A*****, beide vertreten durch Mag. Sandra Cejpek, Rechtsanwältin in Guntramsdorf, gegen den Antragsgegner Mag. E*****, vertreten durch Dr. Thomas Gratzl, Rechtsanwalt in Wels, wegen 16.680 EUR sA, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 7 R 86/17b-19, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Amstetten vom , GZ 514 Nc 7/16y-15, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner ist schuldig, den Antragstellern die mit 1.292,49 EUR (darin 215,41 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Antragsteller begehren vom Antragsgegner Zahlung an die Gesellschafter der Miteigentümergemeinschaft einer (näher bezeichneten) Liegenschaft. Dazu bringen sie vor, sie seien – ebenso wie der Antragsgegner – zu bestimmten Anteilen Miteigentümer dieser Liegenschaft. Dem Erwerb sei ein sogenanntes „Bauherrenmodell“ zugrunde gelegen, ein Zusammenschluss von mehreren Investoren mit dem Ziel, die Liegenschaft gemeinsam zu erwerben, darauf ein Gebäude zu errichten und dieses gemeinschaftlich organisiert und ertragbringend zu verwerten. Im Miteigentumsvertrag dazu sei die Aufteilung von Kosten und Ertrag so geregelt worden, dass der Aufwand von den Beteiligten anteilig im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen sei. Bei Nichtabdeckung der Ausgaben aus den Mieterträgen habe sich jeder Miteigentümer verpflichtet, den auf ihn entfallenden Anteil auf das Gemeinschaftskonto einzuzahlen. Der Antragsgegner sei seinen Zahlungsverpflichtungen aus dem Miteigentumsvertrag nicht nachgekommen.
Der Antragsgegner erhob die Einrede der örtlichen und sachlichen Unzuständigkeit: Für allfällige Streitigkeiten sei im Miteigentumsvertrag der Gerichtsstand Linz vereinbart worden. Sofern dies nicht wirksam sei, richte sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Liegenschaft (Wien). Aus der Konstruktion der Miteigentumsgemeinschaft ergebe sich, dass Eigenmittel nur am Anfang während der Gründungsphase aufzubringen seien; die Einforderung von Eigenmitteln, die eine Gemeinschaft zu Beginn benötige, falle jedoch nicht unter den Begriff der Verwaltung und Benützung einer gemeinschaftlichen Sache.
Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf die Fragen der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit ein und stellte – soweit Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens – fest, der Antrag sei im Verfahren außer Streitsachen zu erledigen und die Rechtssache werde an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Fünfhaus überwiesen.
Das Rekursgericht bestätigte den Beschluss und ließ den Revisionsrekurs mit der Begründung zu, der Oberste Gerichtshof habe sich noch nicht mit der Frage befasst, ob ein Antrag zur Einforderung eines Deckungsbeitrags für die Aufwendungen auf eine gemeinsame Liegenschaft in Abgrenzung zu § 838a ABGB vor dem Hindergrund des GesBR-Reformgesetzes (BGBl I 2014/83) existiere.
Der Revisionsrekurs ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts – mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1. Trotz Zulässigerklärung des Revisionsrekurses durch das Rekursgericht muss der Rechtsmittelwerber eine erhebliche Rechtsfrage aufzeigen. Macht er hingegen nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, so ist das Rechtsmittel ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs zurückzuweisen (8 Ob 80/16x; 8 Ob 18/14a mwN).
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurswerber geht auf die vom Rekursgericht als erheblich erachtete Frage in seinem Rechtsmittel nicht ein. Selbst wenn dieses daher die Zulässigkeit des Revisionrekurses zu Recht ausgesprochen haben sollte, ist das Rechtsmittel nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0102059 [T1; T 15; T 17]; RS0048272 [T8]).
2.1 Die Frage, ob über ein Begehren im außerstreitigen Verfahren oder im Prozessweg zu entscheiden ist, ist nach dem Inhalt des Begehrens, nicht aber danach zu beurteilen, ob das Begehren begründet ist oder welche Einwendungen dagegen erhoben wurden (RIS-Justiz RS0013639; RS0005896; RS0005861).
2.2 Nach § 838a ABGB sind Streitigkeiten zwischen den Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten in das Verfahren Außerstreitsachen verwiesen. Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 471 BlgNR 22. GP 33) fallen in das Außerstreitverfahren die mit der Verwaltung und Benützung unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten der Teilhaber, somit die richterlichen Aufgaben nach den §§ 833 bis 838 ABGB, die Streitigkeiten aus einer Benützungsregelung, die Rechnungslegung und Verteilung des Erlöses (§ 830 Abs 1 ABGB), die Verteilung des Nutzens und Aufwands (§ 839 ABGB), die Auseinandersetzung über Bestellung, Wechsel und Enthebung des Verwalters (§ 836 ABGB) und Ansprüche der Teilhaber untereinander aus von ihnen beschlossenen Handlungen des Verwalters. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Auseinandersetzung der Teilhaber eine Vereinbarung zu Grunde liegt oder nicht; in beiden Fällen ist der Außerstreitrichter zur Verhandlung und Entscheidung berufen (ErläutRV 471 BlgNR 22. GP 33). Demgegenüber sind nach den Gesetzesmaterialien Ansprüche, die nicht nur auf das Miteigentumsverhältnis, sondern darüber hinaus auch noch auf weitere Rechtsgrundlagen gestützt werden, wie etwa Besitzstörung, Schadenersatz und Bereicherung oder ein auf das Nachbarrecht gestützter Unterlassungsanspruch zwischen Miteigentümern, weiterhin im Streitverfahren geltend zu machen.
2.3 Daher sind nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs Streitigkeiten zwischen den Miteigentümern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten auch dann im Außerstreitverfahren zu entscheiden, wenn der Auseinandersetzung eine Vereinbarung der Miteigentümer zugrunde liegt (RIS-Justiz RS0013563 [T15]; zuletzt 3 Ob 45/17i). Dies gilt auch für die zwischen Miteigentümern strittige Verteilung des Aufwands für die gemeinschaftliche Sache (5 Ob 200/14v mwN).
3.1 Die Antragsteller haben ihr Begehren zwar als „actio pro socio“ übertitelt und in ihrem Vorbringen die Miteigentümergemeinschaft selbst rechtlich als eine GesBR qualifiziert. Der gegen den Antragsgegner geltend gemachte Anspruch auf Zahlung an sämtliche Miteigentümer stützt sich jedoch (allein) auf die (vom Antragsgegner vorgelegte) als „Miteigentümervertrag“ bezeichnete Vereinbarung. Die Auslegung des Antragsvorbringens durch die Vorinstanzen dahin, dass damit eine (nur) aus dem Miteigentumsvertrag abgeleitete Zahlungspflicht unter den Teilhabern (Miteigentümern) eingefordert wird, die auf keine weitere Rechtsgrundlage (insbesondere auf keinen Gesellschaftsvertrag) Bezug nimmt, ist daher nicht zu beanstanden.
3.2 Zu der vom Rekursgericht aufgeworfenen Rechtsfrage, inwiefern ein Antrag, mit dem ein Deckungsbeitrag für Aufwendungen auf die gemeinsame Liegenschaft eingefordert wird, im Hinblick auf die Bestimmungen des GesBR-Reformgesetzes (noch) in Betracht komme, nimmt das Rechtsmittel mit keinem Wort Stellung. Auch die Qualifikation der Parteien als (bloße) Teilhaber im Sinn des § 838a ABGB zieht das Rechtsmittel nicht in Zweifel und geht selbst nicht auf die Frage ein, ob hier allenfalls Umstände dafür vorliegen könnten, dass die Beteiligten eine GesBR gegründet haben könnten. Eine Auseinandersetzung mit der vom Rekursgericht aufgeworfenen Abgrenzungsfrage hat daher hier nicht zu erfolgen.
3.3 Die vom Erstgericht ausgesprochene Überweisung an das Bezirksgericht Fünfhaus wird im Revisionsrekurs nicht inhaltlich bekämpft.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 78, 101 AußStrG. Die Antragsteller haben auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979; RS0035962).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0080OB00096.17A.0928.000 |
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