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OGH vom 15.12.2009, 9ObA80/09v

OGH vom 15.12.2009, 9ObA80/09v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei F***** H*****, Unternehmer, *****, vertreten durch Dr. Hitzenberger ua, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, gegen die beklagte Partei A***** H*****, Monteur, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Birek, Rechtsanwalt in Schlüßlberg, wegen 1.335,39 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 11 Ra 34/09p-18, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 14 Cga 54/08i-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Arbeitsrechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Beklagte war beim Kläger, der ein Personalleasingunternehmen betreibt, ab beschäftigt. Er wurde vom Kläger einer GmbH (in der Folge: Beschäftiger) als Monteur überlassen. Im schriftlichen Arbeitsvertrag war vereinbart worden, dass der Beklagte dem Kläger bei verschuldeter Entlassung oder unbegründetem vorzeitigem Austritt eine sofort fällige Konventionalstrafe in der Höhe eines Bruttomonatsentgelts, berechnet wie für die Abfertigung, schulde.

Am erfuhr der Kläger, dass der Beklagte auf selbständiger Basis „über Werkvertrag", „somit nach wie vor indirekt über den Kläger", beim Beschäftigerbetrieb arbeiten werde. Die Parteien gingen daher davon aus, dass das bisher bestandene Arbeitsverhältnis einvernehmlich sofort beendet werde. Am meldete der Kläger den Beklagten bei der Gebietskrankenkasse mit ab, wobei er als Abmeldegrund „Kündigung durch den Dienstnehmer" angab. Der Beklagte konnte allerdings in der Folge die angestrebte selbständige Tätigkeit nicht antreten, weil er „dem Kläger" den erforderlichen Schlossergewerbeschein nicht vorlegen konnte. Am stand fest, dass der Beklagte rückwirkend mit „wieder als unselbständig für den Kläger arbeitend galt". Aus diesem Grund stornierte der Kläger im Einverständnis mit dem Beklagten und dem Beschäftigerbetrieb am die mit bekannt gegebene Abmeldung des Klägers zum .

Am versah der Beklagte zum letzten Mal im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zum Kläger seine Arbeit im Beschäftigerbetrieb. Am 27. und am blieb er dem Arbeitsplatz fern. Am trat er ein Dienstverhältnis bei einem anderen Überlasser an und arbeitete in der Folge am bisherigen Arbeitsplatz beim bisherigen Beschäftiger weiter.

Ende März 2007 erhielt der Beklagte ein Schreiben des Klägers mit folgendem Inhalt:

„Beendigung Dienstverhältnis - unberechtigt vorzeitiger Austritt

Trotz mehrmaliger mündlicher Abmahnungen meinerseits sind Sie wider Erwarten am Donnerstag sowie auch am Freitag der Arbeit unentschuldigt fern geblieben.

Obwohl im Dienstvertrag auf Seite 2 unter Punkt 2 festgehalten wurde, dass sie unverzüglich jede Arbeitsverhinderung unter Angabe des Grundes, sowohl mir als auch der beim Beschäftiger zuständigen Stelle zu melden haben, sind Sie dieser Pflicht nicht nachgekommen.

Ihr unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz sehe ich als „unberechtigt vorzeitigen Austritt", was zu einer sofortigen Auflösung des Dienstverhältnisses führt.

Letzter Arbeitstag war Mittwoch , gleichzeitig wurden Sie mit diesem Tag von mir bei der Gebietskrankenkasse abgemeldet".

Der Kläger begehrt vom Beklagten 1.335,39 EUR (Saldo aus Lohn inklusive Zuschläge abzüglich anteiliger Urlaubsbeihilfe und Weihnachtsremuneration von je 117,21 EUR und einer Konventionalstrafe von 2.045,75 EUR). Der Beklagte, der am die Arbeit frühzeitig verlassen habe, an den nächsten beiden Tagen nicht zur Arbeit erschienen und telefonisch nicht erreichbar gewesen sei, sei unberechtigt vorzeitig ausgetreten. Für diesen Fall sei im Arbeitsvertrag eine Konventionalstrafe vereinbart worden. Im Laufe des Verfahrens brachte der Kläger vor, den Beklagten am wegen seines unentschuldigten Nichterscheinens entlassen zu haben. Wenn seine Arbeitnehmer dem Arbeitsplatz fernblieben und unerreichbar seien, sei es ihm unmöglich, seinen Auftraggebern eine verlässliche Auftragsabwicklung zu gewährleisten. Die Vereinbarung einer Konventionalstrafe sei zulässig und auch notwendig, weil es schwer sei, bei solchen Vorkommnissen einen konkreten Schaden nachzuweisen, obwohl immer das Vertrauensverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer gestört sei.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die Vereinbarung der Konventionalstrafe sei sittenwidrig. Er berufe sich auch auf das richterliche Mäßigungsrecht, weil dem Kläger kein Schaden entstanden sei. Die Konventionalstrafe sei unverhältnismäßig, weil er derzeit netto 1.700 EUR verdiene und kein Vermögen habe. An der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses treffe ihn kein Verschulden. Er sei vom Kläger am abgemeldet worden, weil ihm in Aussicht gestellt worden sei, dass er beim Beschäftiger selbständig tätig sein könne. Der Beschäftiger habe dies jedoch in der Folge abgelehnt. Nach Stornierung der Abmeldung am habe er zum Kläger daraufhin ein neues Arbeitsverhältnis begonnen. Der „Austritt" am - per - sei daher in der Probezeit und damit rechtmäßig erfolgt. Darüber hinaus habe ihm der Kläger im Jänner und im Februar zu wenig Lohn gezahlt und weder Diäten und Referenzzuschläge noch Überstunden berücksichtigt.

Der Kläger hielt dem entgegen, dass es sich um ein durchgehendes Arbeitsverhältnis gehandelt und daher keine zweite Probezeit begonnen habe. Die Konventionalstrafe sei nicht zu mäßigen, weil der Beklagte das Arbeitsverhältnis beendet habe, weil er bei einem Konkurrenzunternehmen einen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen und beim selben Beschäftiger weiter gearbeitet habe. Dies sei als eine nahe dem Vorsatz liegende Schädigung zu werten.

Der Beklagte brachte schließlich vor, an den vom Kläger angeführten Tagen zwar vom Dienst abwesend, aber arbeitsunfähig gewesen zu sein. Er habe sich sowohl beim Beschäftigerbetrieb als auch beim Kläger als arbeitsunfähig gemeldet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging davon aus, dass das Arbeitsverhältnis durchgehend vom bis gedauert habe und dazwischen nicht beendet worden sei. Das Stornieren der Abmeldung habe den Fortlauf des Arbeitsverhältnisses bedeutet. Ob das Arbeitsverhältnis durch Austritt, durch Entlassung oder vielleicht während einer neu zu laufen begonnenen Probezeit beendet worden sei, sei nicht entscheidend. Die vereinbarte Konventionalstrafe sei nämlich nach § 11 Abs 3 AÜG unzulässig. Im Sinne dieser Gesetzesstelle sei zu prüfen, ob die Konventionalstrafe unter Abwägung der wechselseitigen Interessen tatsächlich dem Erfordernis der Billigkeit entspreche. Bei unberechtigtem vorzeitigen Austritt oder bei berechtigter Entlassung sehe der Kollektivvertrag für Arbeitskräfteüberlassung den Wegfall des aliquoten Anspruchs auf Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration vor. Damit sei von den Kollektivvertragspartnern selbst diese Art der Beendigung pönalisiert worden. Weitergehende Konventionalstrafen für denselben Tatbestand seien damit unbillig. Die branchenkundigen Kokllektivvertragsparteien könnten selbst beurteilen, welche Sanktion im Fall eines unberechtigten Austritts billig sei. Der Beklagte sei somit damit abschließend bestraft, dass die anteilige Urlaubsbeihilfe und Weihnachtsremuneration nicht ausgezahlt worden sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Nach § 11 Abs 3 AÜG seien Vereinbarungen, die sonstige Konventionalstrafen oder Reuegeld vorsehen, nur insoweit zulässig, als sie nicht nach Gegenstand, Zeit oder Ort und im Verhältnis zu dem geschäftlichen Interesse, das der Überlasser an der Einhaltung der jeweiligen vertraglichen Verpflichtungen hat, eine unbillige finanzielle Belastung der überlassenen Arbeitskraft bewirken.

Der Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung (im Folgenden: KV) sehe in seinem Punkt XVI Z 5 vor, dass Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach Verbrauch eines Urlaubs und Erhalt des Urlaubszuschusses, jedoch vor Ablauf des Kalenderjahres endet, den auf den restlichen Teil des Kalenderjahres entfallenden Anteil des Urlaubszuschusses dann zurückzuzahlen haben, wenn das Arbeitsverhältnis durch Arbeitnehmerkündigung, Entlassung aus dem Verschulden des Arbeitnehmers oder Austritt ohne wichtigen Grund aufgelöst wird. Abschnitt XVI Z 6 des KV lege fest, dass Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor Verbrauch eines Urlaubs endet, Anspruch auf den aliquoten Teil des Urlaubszuschusses haben, entsprechend ihrer jeweils im Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit (je Woche 1/52). Dieser Anspruch entfalle bei Entlassung ohne Verschulden des Arbeitnehmers und bei Austritt aus wichtigem Grund. Entsprechende Regelungen für die Weihnachtsremuneration fänden sich in Abschnitt XVII Z 4 und 5 des KV.

Die Frage, ob die vereinbarte Konventionalstrafe im Verhältnis zum geschäftlichen Interesse, das der Kläger an der Einhaltung des Arbeitsvertrags habe, eine unbillige finanzielle Belastung des Beklagten bewirke, sei hier zu bejahen. Die Kollektivvertragspartner haben selbst den Fall des unberechtigten vorzeitigen Austritts oder der verschuldeten berechtigten Entlassung mit dem Entfall bzw der Rückzahlungspflicht des (aliquoten) Anspruchs auf Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration pönalisiert und damit zum Ausdruck gebracht, dass eine darüber hinausgehende Sanktion mit einer Konventionalstrafe unbillig sei. Zum anderen sei dem Kläger zwar ein grundsätzliches geschäftliches Interesse an der ordnungsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten nicht abzusprechen, doch trete dieses Interesse gegenüber der finanziellen Belastung des Beklagten in den Hintergrund. Inwieweit der Beklagte den Kläger dadurch geschädigt habe, dass er nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am bei einem Konkurrenzunternehmen ein neues Arbeitsverhältnis begonnen habe und am selben Arbeitsplatz beim Beschäftigerbetrieb arbeite, werde in der Berufung nicht erklärt. Soweit der Berufungswerber diesen Umstand betone, übersehe er, dass - um die Bewegungsfreiheit der überlassenen Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt nicht in bedenklicher Weise einzuschränken - gemäß § 11 Abs 2 Z 6 AÜG Vereinbarungen verboten seien, die die überlassene Arbeitskraft für die Zeit nach dem Ende des Vertragsverhältnisses zum Überlasser, insbesondere etwa durch Konventionalstrafen, in ihrer Erwerbstätigkeit einschränken. Dies betreffe aber nicht nur den Wechsel in ein Arbeitsverhältnis zum Beschäftiger, sondern auch zu einem anderen Überlasser oder sonstigen Arbeitgeber.

Der Berufung sei daher ein Erfolg zu versagen.

Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil sich der Oberste Gerichtshof mit der hier zu beurteilenden Rechtsfrage noch nicht auseinandergesetzt habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, es im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig und im Sinne der Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen auch berechtigt.

1. Nach § 11 Abs 3 AÜG sind Vereinbarungen, die „sonstige Konventionalstrafen" (dh andere als die in § 11 Abs 2 Z 6 genannten, die jedoch hier nicht von Interesse sind) oder Reuegeld vorsehen, „nur insoweit zulässig, als sie nicht nach Gegenstand, Zeit oder Ort und im Verhältnis zu dem geschäftlichen Interesse, das der Überlasser an der Einhaltung der jeweiligen vertraglichen Verpflichtungen hat, eine unbillige finanzielle Belastung der überlassenen Arbeitskraft bewirken."

2.1. Nach Sacherer/Schwarz (AÜG² 233) schließt diese Bestimmung Konventionalstrafen aus, die nach den im Gesetz genannten Kriterien eine „unbillige Belastung" der überlassenen Arbeitskraft bewirken würden. Im Zweifel stellten alle finanziellen Verpflichtungen des Arbeitnehmers nach Ende des Arbeitsverhältnisses eine solche Belastung dar, wenn sie nicht geringfügig seien oder wenn das Verschulden und das Ausmaß und die Wirkungen der Vertragsverletzung nicht besonders groß seien. Auch bei grundsätzlich zulässigen Konventionalstrafen sei nämlich zu beachten, ob sie nach Gegenstand, Zeit oder Ort und im Verhältnis zu dem geschäftlichen Interesse, das der Überlasser an der Einhaltung der jeweiligen Vertragsverpflichtung hat, eine unbillige finanzielle Belastung der überlassenen Arbeitskraft bewirkten. Es sei daher zu prüfen, welchen wirtschaftlichen Nachteil der Überlasser durch das vertragswidrige Verhalten der Arbeitskraft erleide. Ferner sei zu prüfen, welchen Nachteil die Arbeitskraft erlitten hätte, wenn sie sich vertragskonform verhalten hätte. Diese beiden möglichen bzw eingetretenen Nachteile seien zueinander in ein Verhältnis zu bringen. Überwiege bei diesem Interessenvergleich das Interesse des Überlassers, sei die Konventionalstrafe grundsätzlich gültig vereinbart worden; sie könne aber dennoch richterlich gemäßigt werden. Überwiege das Interesse der Arbeitskraft, sei die Konventionalstrafe nicht zu leisten.

2.2. Nach Schindler (in ZellKomm § 11 AÜG Rz 20), auf dessen Ausführungen sich die Vorinstanzen berufen, ist jeweils abzuwägen, ob die vereinbarte und geforderte Konventionalstrafe unter Abwägung der wechselseitigen Interessen tatsächlich dem Erfordernis der Billigkeit entspricht. Er verweist überdies auf den KV, der für den Fall des unberechtigten vorzeitigen Austritts für Arbeiter den Wegfall des (aliquoten) Anspruchs auf Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration vorsehe. Damit sei dieser Fall von den Kollektivvertragspartnern selbst pönalisiert worden, sodass weitergehende Konventionalstrafen oder Reuegelder für denselben Tatbestand jedenfalls unbillig seien. Die branchenkundigen Kollektivvertragspartner seien in der Lage zu beurteilen, welche Sanktion gerecht und billig sei.

2.3. Geppert(AÜG § 11 Erl 7) verweist auf die Gesetzesmaterialen (RV 450 BlgNR 17. GP 20), nach denen der Zweck des § 11 Abs 3 AÜG darin bestehe, Vereinbarungen mit Konventionalstrafen und Reuegeldern hintanzuhalten, die „als Druckmittel zur Erzwingung der Einhaltung unzumutbarer Bedingungen" verwendet werden (können). § 11 Abs 3 sei somit nur auf jene Vereinbarungen anzuwenden, deren Einhaltung mit Hilfe einer Vertragsstrafe oder eines Reuegeldes abgesichert worden sei. Die Bestimmung sehe nur eine Überprüfung der Zulässigkeit der Vereinbarung, also der „Hauptverbindlichkeit" und nicht auch der Konventionalstrafe oder des Reuegeldes selbst vor. Hiefür seien die allgemeinen Bestimmungen maßgebend, insbesondere die Regelung des § 879 ABGB sowie jene des § 1336 ABGB mit dem darin festgelegten richterlichen Mäßigungsrecht.

3. Der Oberste Gerichtshof hat vor diesem Hintergrund zu der hier maßgebenden Frage der Prüfung einer Vereinbarung über eine Konventionalstrafe Folgendes erwogen:

3.1. Den eben wiedergegebenen Ausführungen Gepperts ist vor allem darin zuzustimmen, dass zwischen der nach § 11 Abs 3 AÜG vorzunehmenden Prüfung der Zulässigkeit einer Vereinbarung, die eine Konventionalstrafe vorsieht, und der Überprüfung der Konventionalstrafe auf ihre Billigkeit im Sinn des § 1336 ABGB unterschieden werden muss. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Vereinbarung muss auf den Zeitpunkt ihres Abschlusses abgestellt werden (vgl Reischauer in Rummel³ § 1336 Rz 3 zur insoweit vergleichbaren Prüfung der Sittenwidrigkeit der Konventionalstrafenvereinbarung). Nur wenn zum damaligen Zeitpunkt die Vereinbarung nach den in § 11 Abs 3 AÜG genannten Kriterien eine unbillige Belastung der Arbeitskraft darstellte, kann die Vereinbarung als solche unzulässig sein. Umstände, die sich begrifflich erst durch die nachträgliche Entwicklung ergeben können - etwa die Höhe des im konkreten Fall durch das schuldhafte Verhalten der Arbeitskraft eintretenden Schadens - können nicht dazu führen, dass die Konventionalstrafe „unzulässig vereinbart wurde"; vielmehr sind sie erst bei der nachträglichen Überprüfung der Billigkeit einer (zulässigerweise vereinbarten) Konventionalstrafe nach § 1336 ABGB zu berücksichtigen.

3.2. Die demgemäß aus der Sicht des Zeitpunkts des Vertragsabschlusses durchzuführende Prüfung der Zulässigkeit der Vereinbarung im Sinne des § 11 Abs 3 AÜG hat primär an jener Verpflichtung der Arbeitskraft anzusetzen, die durch die Konventionalstrafe gesichert werden soll. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus den von Geppert zutreffend zitierten Materialien und steht auch mit dem Wortlaut des Gesetzes im Einklang. Auch außerhalb des Bereichs des in § 11 Abs 2 Z 6 AÜG generell normierten Verbots, die Arbeitskraft für die Zeit nach dem Ende des Vertragsverhältnisses zum Überlasser (ua) durch Konventionalstrafen in ihrer Erwerbstätigkeit zu beschränken, soll es unzulässig sein, Konventionalstrafen „als Druckmittel zur Erzwingung der Einhaltung unzumutbarer Bedingungen" zu verwenden. Der Oberste Gerichtshof schließt sich aber auch der Auffassung an, dass bei der Prüfung nach § 11 Abs 3 AÜG auch im Hinblick auf die Höhe der vereinbarten Konventionalstrafe eine Abwägung der von der Vereinbarung berührten Interessen und auf deren Grundlage eine Beurteilung der Billigkeit der Belastung der überlassenen Arbeitskraft stattzufinden hat, sodass Konventionalstrafen, deren Höhe in keinem Verhältnis zu den Interessen steht, die durch eine Verletzung der abgesicherten Pflichten berührt werden können, die (gänzliche oder teilweise) Unzulässigkeit der Vereinbarung zur Folge haben können. Diese zuletzt genannte Prüfung der Zulässigkeit der Vereinbarung muss aber aus den oben dargestellten Gründen aus der Sicht des Zeitpunkts ihres Abschlusses erfolgen. Nur wenn bei einer ex-ante-Betrachtung die Vereinbarung in diesem Sinn eine unbillige Belastung der überlassenen Arbeitskraft bewirkt, kann dies die Unzulässigkeit der Vereinbarung bewirken. Die erst später zutage tretenden Umstände - also insbesondere die Höhe des durch das schuldhafte Verhalten der Arbeitskraft eingetretenen Schadens, das Ausmaß ihres Verschuldens, ihre konkret berührten Interessen etc - können hingegen nur im Zuge der Prüfung der Konventionalstrafe im Sinne des § 1336 ABGB (also bei der Ausübung des richterlichen Mäßigungsrechts) berücksichtigt werden.

4.1. Gemäß § 1162a ABGB kann der Dienstgeber, wenn der Dienstnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt, Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrags verlangen. Diese Pflicht des Dienstnehmers kann durch eine Konventionalstrafe gesichert werden (RIS-Justiz RS0028153; SZ 56/75; zuletzt 9 ObA 50/09g). Für die ebenfalls in § 1162a ABGB statuierte Ersatzpflicht des wegen eines Verschuldens vorzeitig entlassenen Arbeitnehmers kann nichts anderes gelten.

4.2. Die in diesem Zusammenhang von Schindler (in ZellKomm § 11 Rz 20)vertretene Auffassung, dass im Bereich des Kollektivvertrags für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung derartige, häufig für den Fall des unberechtigten vorzeitigen Austritts vereinbarte Konventionalstrafen nicht mehr zulässig seien, wird vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt. Schindler begründet seine Auffassung mit den vom Berufungsgericht zitierten Bestimmungen des Kollektivvertrags, nach denen bei unberechtigtem vorzeitigen Austritt der Arbeitskraft der (aliquote) Anspruch auf Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration wegfällt. Damit sei der unberechtigte vorzeitige Austritt von den (branchenkundigen) Kollektivvertragsparteien pönalisiert worden, sodass weitergehende Konventionalstrafen jedenfalls unbillig seien.

Diese Argumentation trägt der Rechtsnatur der Konventionalstrafe nicht hinreichend Rechnung. Die Konventionalstrafe ist ihrem Wesen nach die Pauschalierung eines Schadenersatzanspruchs. Diese Pauschalierung enthebt den Ersatzberechtigten zwar seiner Verpflichtung zum Nachweis eines Schadenseintritts, ändert aber nichts am Charakter des Anspruchs als Schadenersatzanspruch (RIS-Justiz RS0028153; zuletzt 9 ObA 50/09g). Vereinbarungen über die Pauschalierung von Ersatzansprüchen des Arbeitgebers werden aber nicht dadurch unzulässig, weil die Kollektivvertragsparteien für den Fall des vorzeitigen Austritts des Arbeitnehmers den (aliquoten) Wegfall des von ihnen grundsätzlich vereinbarten Anspruchs auf Sonderzahlungen vereinbart haben. Dabei handelt es sich um völlig unterschiedliche Regelungsbereiche, die miteinander nichts zu tun haben. Schließlich kann der Arbeitgeber auch ohne Vereinbarung einer Konventionalstrafe den ihm durch den vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers erwachsenen konkreten Schaden geltend machen, ohne dass ihm der (aliquote) Wegfall der Sonderzahlungen entgegen gehalten werden könnte.

4.3. Da auch - ex-ante betrachtet - die Höhe der hier vereinbarten Konventionalstrafe in keinem auffallenden Missverhältnis zu den denkmöglich berührten wechselseitigen Interessen steht, fehlt es daher an einer hinreichenden Grundlage dafür, die Vereinbarung der nun geforderten Konventionalstrafe im Sinne des § 11 Abs 3 AÜG als unzulässig zu betrachten.

5. Damit ist es zunächst erforderlich, die vom Berufungsgericht - ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsauffassung - nicht abschließend beantwortete Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu prüfen:

5.1. Der Beklagte hat geltend gemacht, dass nach der einvernehmlichen Auflösung des (ersten) Arbeitsverhältnisses zwischen den Streitteilen am am ein neues Arbeitsverhältnis mit einem neuen Probemonat (im Sinne Punkt 9. des Arbeitsvertrags bzw Art IV Z 1 des KV) begonnen habe. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Probemonat sei ohne Angabe von Gründen möglich und gebe daher dem Arbeitgeber keinen Anspruch auf die Konventionalstrafe. Dem kann allerdings unter den gegebenen Umständen nicht beigepflichtet werden.

Richtig ist, dass nach der zum Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlasser ergangenen Entscheidung 8 ObA 42/05t auch im Falle der Aneinanderreihung zweier Arbeitsverhältnisse zwischen denselben Parteien - unabhängig von der Dauer des dazwischen liegenden Zeitraums - auch im zweiten Arbeitsverhältnis der erste Monat als Probemonat gilt, in dem das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten jederzeit ohne Angabe von Gründen gelöst werden kann. Hier ist aber nach den Feststellungen davon auszugehen, dass die Streitteile kein neues Arbeitsverhältnis begründen wollten und auch nicht begründet haben. Zwar sind die dazu getroffenen Feststellungen wenig ausführlich; dennoch ist ihnen mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass der Beklagte ununterbrochen beim Beschäftiger gearbeitet hat und dass zwischen den Parteien Einigkeit darüber bestand, dass das bestehende Arbeitsverhältnis zwischen ihnen - weil es dem Beklagten für eine selbständige Tätigkeit am notwendigen Gewerbeschein mangelte - fortgesetzt werden sollte. Dabei braucht auf den in den Feststellungen anklingenden Umstand, dass ja auch die zunächst beim unverändert bleibenden Beschäftiger in Aussicht genommene „selbständige" Tätigkeit des Beklagten „indirekt über den Kläger" erfolgen sollte, gar nicht eingegangen zu werden. Es ist daher davon auszugehen, dass zwischen den Parteien kein neues Arbeitsverhältnis begründet wurde und zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Probemonat bereits abgelaufen war.

5.2. Für die Annahme eines Austritts des Beklagten fehlt es an hinreichenden Grundlagen. Fest steht lediglich, dass der Beklagte an zwei aufeinander folgenden Tagen der Arbeit fernblieb. Daraus ohne „vernünftigen Grund, daran zu zweifeln" (§ 863 ABGB) zu schließen, er habe das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beenden wollen, ist selbst dann nicht möglich, wenn der Beklagte tatsächlich unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen wäre, was er allerdings bestritten hat und was bislang nicht überprüft wurde.

5.3. Nach den Feststellungen ist vielmehr davon auszugehen, dass das Arbeitsverhältnis vom Kläger durch Entlassung beendet wurde. Mit dem dem Beklagten Ende März 2008 zugekommenen Schreiben des Klägers Beil ./B hat der Kläger dem Beklagten unmissverständlich deutlich gemacht, dass er das Arbeitsverhältnis mit der Begründung, dass der Beklagte zweimal unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen sei, als beendet betrachte. Zwar qualifiziert der Kläger in diesem Schreiben die Beendigung (zu Unrecht) als vorzeitigen Austritt des Klägers. Ungeachtet dieser unrichtigen rechtlichen Qualifikation bringt das Schreiben aber den Beendigungswillen des Klägers deutlich zum Ausdruck, zumal darin von der „sofortigen Auflösung des Dienstverhältnisses" die Rede ist und es auch die Erklärung enthält, den Beklagten bei der Gebietskrankenkasse abgemeldet zu haben.

Ob die Entlassung berechtigt ist, steht aber derzeit noch nicht fest, weil bislang die Behauptung des Beklagten, er sei am 27. 3. und am arbeitsunfähig gewesen und habe dies sowohl dem Kläger als auch dem Beschäftiger bekannt gegeben, nicht überprüft wurde.

Schon aus diesem Grund erweist sich das Verfahren als ergänzungsbedürftig. Im fortgesetzten Verfahren wird der Beklagte, der bisher für seine eben wiedergegebenen Behauptungen keine Beweise angeboten hat, aufzufordern sein, taugliche Beweise anzubieten.

6. Sollte sich herausstellen, dass die Entlassung des Beklagten berechtigt war und daher die vereinbarte Konventionalstrafe gefordert werden kann, bedarf es der Prüfung der Höhe der Konventionalstrafe im Sinne des § 1336 ABGB. Auch dazu (siehe zu den Mäßigungskriterien im Detail Reischauer in Rummel³ § 1336 Rz 12 ff) fehlt es bislang an den erforderlichen Feststellungen.

Die Arbeitsrechtssache war daher an das Erstgericht zurückzuverweisen, das das Verfahren im aufgezeigten Umfang zu ergänzen haben wird.

7. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.