OGH vom 20.08.2008, 9ObA80/07s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Christa Brezna und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Greta L*****, Angestellte, *****, vertreten durch Engelbrecht & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei G***** GesmbH, *****, vertreten durch Mag. Peter A. Miklautz, Rechtsanwalt in Wien, wegen 39.119,63 EUR brutto sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 158/06y-14, womit das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 8 Cga 42/06a-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.762,92 EUR (darin 293,82 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe :
Die Klägerin war seit bei der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Wegen der Geburt ihres zweiten Kindes am nahm die Klägerin bis zum Karenz in Anspruch. Schon im März 2004 ersuchte sie die Beklagte, im Anschluss an ihre Karenz eine Teilzeitbeschäftigung gemäß § 15h MSchG in Anspruch nehmen zu können. Unstrittig ist ferner (AS 29), dass die Klägerin am schriftlich bekanntgab, im Anschluss an ihre Karenz Teilzeitbeschäftigung entsprechend den Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beanspruchen. Tatsächlich wurde der Klägerin per eine Teilzeitbeschäftigung mit 19 Stunden an drei Wochentagen gewährt, und zwar mit einem Bruttogehalt von 1.550 EUR monatlich. Am erhielt die Klägerin die Kündigung zum . Mit Schreiben vom wies die Klägerin darauf hin, dass ihre Teilzeitbeschäftigung dem Kündigungsschutz des Mutterschutzgesetzes unterliege, sie aber von ihrem Wahlrecht Gebrauch mache, die an sich unwirksame Kündigung als solche akzeptiere und daher auf der Bezahlung der Ersatzansprüche (infolge fristwidriger Kündigung) bestehe.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin Ansprüche auf Kündigungsentschädigung und Abfertigung geltend. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe keine dem § 15j MSchG entsprechende, formgerechte schriftliche Mitteilung eingebracht, sodass ihr weiteres Arbeitsverhältnis kein kündigungsgeschütztes, sondern ein „normales" Teilzeitverhältnis gewesen sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht bestätigte teilweise und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 22.245,48 EUR brutto sA und stellte fest, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen (noch nicht fälligen) Anspruch auf Kündigungsentschädigung für den Zeitraum bis in Höhe von 16.874,15 EUR brutto habe. Ein auf den letztgenannten Betrag gerichtetes Zahlungsbegehren wies es hingegen ab.
Rechtliche Beurteilung
Es hat dabei die Frage, ob das Teilzeitarbeitsverhältnis der Klägerin ab dem Kündigungsschutz des § 15n MSchG unterliegt, zutreffend bejaht. Insoweit kann auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).
Lediglich ergänzend ist den Ausführungen in der Revision entgegenzuhalten:
Unabhängig davon, ob das Schriftlichkeitsgebot des § 15j MSchG als deklarativ oder konstitutiv aufgefasst wird, ist sich die Lehre weitgehend darüber einig, dass ein nur mündlich begehrtes Teilzeitbeschäftigungsbegehren einer Arbeitnehmerin dennoch zum Kündigungsschutz führt, wenn sich der Arbeitgeber auf Verhandlungen über dieses Begehren einlässt und es letztlich zu einer Vereinbarung über eine Teilzeit kommt (Ercher/Stech/Langer § 15j MSchG Rz 20; Burger; „Durchsetzungsverfahren der Elternteilzeit, Darstellung des Verfahrens zur Durchsetzung der Elternteilzeit in ASok 2006, 282 ff; Stech/Ercher, „Geltendmachung und Rechtsdurchsetzung des Anspruchs auf Teilzeitbeschäftigung nach dem MSchG bzw Väter-Karenzgesetz, Verfahren zur Durchsetzung des Anspruchs" in ASok 2005, 165 ff; Schrank, „Die neuen Elternansprüche auf kündigungsgeschützte Teilzeiten und andere Arbeitszeiteinteilungen im ASok-Sonderheft 2004, 30; Wolfsgruber in ZellKomm § 15j MSchG Rz 8, 9). Lediglich Rauch („Die Abgrenzung zwischen Elternteilzeit und anderen Formen der Teilzeitbeschäftigung" in ecolex 2005, 304 ff) vertritt die Auffassung, dass bei Verletzung des Formgebots des schriftlichen Verlangens eine Teilzeitvereinbarung lediglich nach § 19d AZG, somit ohne Kündigungsschutz zustandekommt. Der Meinung des letztgenannten Autors vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Inbesondere käme es zu einem Wertungswiderspruch zur Bestimmung des § 15i MSchG, nach der eine Teilzeitbeschäftigung selbst dann formfrei zustandekommen kann, wenn die speziellen Anspruchsvoraussetzungen (mindestens dreijährige Tätigkeit oder ein Betrieb mit nicht mehr als 20 ständig beschäftigten Dienstnehmern) fehlen. Auch in diesem Fall greift nämlich der Kündigungsschutz nach § 15n MSchG (Schrank aaO 8 f). Vielmehr muss es auch bei der Teilzeitbeschäftigung mit einem Rechtsanspruch nach § 15h MSchG darauf ankommen, welche Parteiabsicht letztlich der Vereinbarung zugrunde liegt. Zieht man im vorliegenden Fall in Betracht, dass die Klägerin einmal mündlich und dann schriftlich (wenn auch nicht fristgerecht) eine Teilzeitbeschäftigung im ausdrücklichen Zusammenhang mit Bestimmungen des MSchG begehrte und der Arbeitgeber diesem Wunsche Rechnung trug, kann am objektiven Erklärungswillen, eine Teilzeitbeschäftigung nach den Bestimmungen des MSchG zu vereinbaren, kein ernster Zweifel bestehen. Soweit aus dem später ausgefolgten Dienstzettel Gegenteiliges hervorgehen sollte, ist dies wegen dessen deklaratorischen Charakters unbeachtlich (RIS-Justiz RS0027889).
Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts ist sowohl hinsichtlich der erst- als auch der zweitinstanzlichen Kosten unanfechtbar (RIS-Justiz RS0044233, RS0044181).
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.