OGH vom 28.03.2017, 8Ob88/16y

OGH vom 28.03.2017, 8Ob88/16y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, den Hofrat Dr. Brenn und die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei I*****, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, im Verfahren über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 10/16a-15, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 43 Cg 71/14k-9, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art 4 Nr 14 der Richtlinie 2007/64/EG über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (ZahlungsdiensteRichtlinie) dahin auszulegen, dass auch ein Online-Sparkonto, auf das der jeweilige Kunde (mit täglicher Fälligkeit und ohne besondere Mitwirkung der Bank) im Wege des Telebanking Einzahlungen auf ein auf ihn lautendes und Abhebungen von einem auf ihn lautenden Referenzkonto (ein Girokonto in Österreich) durchführen kann, unter den Begriff des „Zahlungskontos“ (Art 4 Nr 14) zu subsumieren ist und daher vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst wird?

II. Das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof wird bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.

Text

Begründung:

I. Sachverhalt:

Das Anlassverfahren ist ein sogenannter Klauselprozess. Der Klägerin kommt nach dem österreichischen Konsumentenschutzgesetz (§ 29 Abs 1 KSchG) eine Klageberechtigung zur Durchsetzung von Verbraucherinteressen zu. Die beklagte Bank betreibt österreichweit das Bankgeschäft und verwendet im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Die Klägerin ist der Auffassung, dass zahlreiche dieser AGB gegen das Österreichische Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG), mit dem die Zahlungsdienste-Richtlinie (Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Zahlungsdienste im Binnenmarkt) umgesetzt wurde, verstoßen und daher unzulässig sind. Die beklagte Bank ist hingegen der Ansicht, dass die Bestimmungen des ersten und dritten Hauptstücks des ZaDiG auf die von ihr angebotenen „Direkt-Sparkonten“ nicht anwendbar seien.

Als Vorfrage für die Zulässigkeit zahlreicher der bekämpften Klauseln in den AGB der Beklagten ist daher die Frage der Anwendbarkeit des Österreichischen Zahlungsdienstegesetzes (ZaDiG), mit dem die Zahlungsdienste-Richtlinie umgesetzt wurde, von Bedeutung.

Für das Vorabentscheidungsverfahren ist davon auszugehen, dass die beklagte Bank unter der Bezeichnung „Direkt-Sparen“ Online-Sparkonten anbietet, auf die der jeweilige Kunde selbsttätig Einzahlungen und Abhebungen im Wege des Telebanking durchführen kann, wobei er diese Überweisungen allerdings stets über ein auf ihn lautendes Referenzkonto (ein Girokonto in Österreich, nicht notwendig bei der hier beklagten Bank) tätigen muss. Der Kunde kann bei täglicher Fälligkeit (und damit auch ohne negative Auswirkungen auf die Verzinsung) ohne Einschränkung entscheiden, ob, wann und wie viel Geld er vom Referenzkonto auf das Direkt-Sparkonto ein- oder auszahlt. Überträge sind zwar nur zwischen dem Sparkonto und dem Referenzkonto möglich, dadurch wird der Kontoinhaber aber nicht gehindert, jederzeit (und ohne notwendige Beiziehung des Zahlungsdienstleisters) über den auf dem Direkt-Sparkonto erliegenden Geldbetrag zu verfügen.

Gegenstand des Vorabentscheidungsverfahrens ist nur die Frage, ob die von der Beklagten angebotene Form von Online-Direkt-Sparkonten als Zahlungskonten im Sinn der Zahlungsdienste-Richtlinie zu qualifizieren sind und daher vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst werden. Das Österreichische Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG) hat in Umsetzung der Zahlungsdienste-Richtlinie deren maßgebliche Begriffsbestimmungen (insbesondere zum Zahlungsvorgang sowie zum Zahlungskonto) wörtlich übernommen. Sofern diese Online-Sparkonten daher von der Zahlungsdienste-Richtlinie erfasst werden, ist auch das ZaDiG auf diese Konten anzuwenden.

Rechtliche Beurteilung

II. Unionsrechtliche Grundlagen:

Die für das Vorabentscheidungsverfahren einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen lauten:

Art 4

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Begriff

3. „Zahlungsdienst“ jede im Anhang angeführte gewerbliche Tätigkeit;

5. „Zahlungsvorgang“ die bzw der vom Zahler oder Zahlungsempfänger ausgelöste Bereitstellung, Transfer oder Abhebung eines Geldbetrags, unabhängig von etwaigen zugrunde liegenden Verpflichtungen im Verhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger;

6. „Zahlungssystem“ ein System zum Transfer von Geldbeträgen mit formalen und standardisierten Regeln und einheitlichen Vorschriften für die Verarbeitung, das Clearing und/oder die Verrechnung von Zahlungsvorgängen;

8. „Zahlungsempfänger“ eine natürliche oder juristische Person, die den bei einem Zahlungsvorgang transferierten Geldbetrag als Empfänger erhalten soll;

10. „Zahlungsdienstnutzer“ eine natürliche oder juristische Person, die einen Zahlungsdienst als Zahler oder

11. „Verbraucher“ eine natürliche Person, die bei den von dieser Richtlinie erfassten Zahlungsdienstverträgen zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können;

12. „Rahmenvertrag“ einen Zahlungsdienstver-trag, der die zukünftige Ausführung einzelner und aufeinander folgender Zahlungsvorgänge regelt und die Verpflichtung zur Einrichtung eines Zahlungskontos und die entsprechenden Bedingungen enthalten kann;

14. „Zahlungskonto“ ein auf den Namen eines oder mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Konto, das für die Ausführung von Zahlungsvorgängen genutzt wird;

...

III. Innerstaatliche Rechtsvorschriften:

Die relevanten nationalen Rechtsvorschriften lauten:

§ 3: Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen:

...

5. Zahlungsvorgang: vom Zahler oder Zahlungsempfänger ausgelöste Bereitstellung, Transfer oder Abhebung eines Geldbetrags, unabhängig von etwaigen zugrunde liegenden Verpflichtungen im Verhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger;

6. Zahlungssystem: ein System zum Transfer von Geldbeträgen mit formalen und standardisierten Regeln und einheitlichen Vorschriften für die Verarbeitung, das Clearing oder die Verrechnung von Zahlungsvorgängen;

7. Zahler: eine Person, die Inhaber eines Zahlungskontos ist und die einen Zahlungsauftrag von diesem Zahlungskonto erteilt oder gestattet oder — falls kein Zahlungskonto vorhanden ist — eine Person, die den Auftrag für einen Zahlungsvorgang erteilt;

8. Zahlungsempfänger: eine Person, die den bei einem Zahlungsvorgang transferierten Geldbetrag als Empfänger erhalten soll;

...

10. Zahlungsdienstnutzer: eine Person, die einen Zahlungsdienst als Zahler oder Zahlungsempfänger oder in beiden Eigenschaften in Anspruch nimmt;

11. Verbraucher: eine natürliche Person, die bei den von diesem Bundesgesetz erfassten Zahlungsdienstverträgen zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können;

...

13. Zahlungskonto: ein auf den Namen eines oder mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Konto, das für die Ausführung von Zahlungsvorgängen genutzt wird;

...

§ 31.

(1) Spareinlagen sind Geldeinlagen bei Kreditinstituten, die nicht dem Zahlungsverkehr, sondern der Anlage dienen und als solche nur gegen die Ausfolgung von

IV. Anträge und Vorbringen der Parteien sowie bisheriges Verfahren:

Der klagende Verbraucherverband begehrte, der beklagten Bank die Verwendung der im Einzelnen genannten (insgesamt 59) Klauseln und die Berufung darauf zu untersagen und ihm die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung zu erteilen. Die Klauseln verstießen gegen gesetzliche Verbote, insbesondere gegen das Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG).

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich 51 der angefochtenen Klauseln statt, wies das Mehrbegehren betreffend weitere acht Klauseln ab und ermächtigte den klagenden Verband zur Urteilsveröffentlichung. Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung teilweise dahin ab, dass es zusätzlich weitere vier der beanstandeten Klauseln untersagte und nur noch hinsichtlich vier verbleibender Klauseln das Begehren abwies. Die in Rede stehenden Klauseln, die insbesondere die Entgeltbedingungen, Änderungen der Vertragsbedingungen, Informationsvorgänge sowie Haftungsfragen betreffen, stellten einen Verstoß gegen die zwingenden Vorschriften des ZaDiG, des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) sowie des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) dar.

Beide Vorinstanzen kamen jeweils eingangs ihrer Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die von der Beklagten angebotenen Online-Sparkonten vom Anwendungsbereich des ZaDiG erfasst seien.

V. Berechtigung zur Vorlage:

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs kann mit den Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts nicht mehr angefochten werden (Art 267 AEUV). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs hat in einem Verfahren nach Art 267 AEUV das befasste nationale Gericht sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden, das Unionsrecht betreffenden Fragen zu beurteilen (vgl EuGH C395/08 Rn 18).

VI. Begründung der Vorlagefrage:

1.

In der Richtlinie wird der Begriff des Zahlungskontos in Art 4 Nr 14 definiert als „ein auf den Namen eines oder mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Konto, das für die Ausführung von Zahlungsvorgängen genutzt wird“.

Die Europäische Kommission hat in einem Frage-Antwort-Dokument (European Commission, Your questions on PSD, Question no 25 zu „Article 3(i)“, Date of answer ) ausgeführt, dass Sparkonten, bei denen der Inhaber ohne Intervention des Zahlungsdienstleisters oder Vereinbarung mit diesem über seine Gelder verfügen kann, Zahlungskonten seien; im Gegensatz dazu würden Festgeldkonten nicht unter diesen Begriff fallen, weil bei diesen der Zahlungsdienstleister Gelder entgegen nimmt und zurückzahlt, während der Kontoinhaber nicht berechtigt ist, während der Laufzeit zusätzliche Beträge auf das Konto einzuzahlen oder von diesem zu beheben. In einer weiteren Antwort (European Commission, Your questions on PSD, Question no 187 zu „General“, Date of answer ) hat die Europäische Kommission erklärt, dass Sparkonten als Zahlungskonten zu verstehen sind, sofern der Kontoinhaber die Möglichkeit hat, wann immer er möchte, Einzahlungen oder Abhebungen zu tätigen. Dies gelte unabhängig davon, ob für die Transaktionen ein Sparbuch zu verwenden ist (die Forderungen also in einem Wertpapier verbrieft sind), oder nicht.

Eine Aussage des Europäischen Gerichtshofs zur Frage der Qualifikation von Sparkonten als (mögliche) Zahlungskonten im Sinn der Zahlungsdienste-Richtlinie konnte nicht aufgefunden werden.

2.

Der österreichische Gesetzgeber hat die Definition des Zahlungskontos in § 3 Z 13 ZaDiG aus Art 4 Nr 14 der Zahlungsdienste-Richtlinie übernommen („ein auf den Namen eines oder mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Konto, das für die Ausführung von Zahlungsvorgängen genutzt wird“). Als Zahlungsvorgang gilt gemäß § 3 Z 5 ZaDiG (entsprechend Art 4 Nr 5 der Zahlungsdienste-Richtlinie) eine vom Zahler oder Zahlungsempfänger ausgelöste Bereitstellung, ein Transfer oder eine Abhebung eines Geldbetrags, unabhängig von etwaigen zugrunde liegenden Verpflichtungen im Verhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger.

Laut den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 207 der BlgNR 24. GP 15; zu § 3 Z 13 ZaDiG) ist das Konzept des Zahlungskontos stets in einem Bezug zu den Zahlungsdiensten zu sehen. So sind Kreditkonten, die vom Kreditgeber in Verbindung mit einem (Hypothekar-)Kredit eingerichtet werden und auf die der Kreditnehmer regelmäßig periodisch wiederkehrende Einzahlungen tätigen muss, keine Zahlungskonten, weil der Inhaber des Kontos, der gleichzeitig Zahlungsempfänger ist, das Kreditinstitut ist. Wenn das Konto allerdings Kreditfunktion, Einlagenfunktion und Zahlungsfunktion kombiniert, ist es als Zahlungskonto zu qualifizieren.

3.

In österreichischen wird zur Qualifikation von Online-Sparkonten als Zahlungskonten im Sinn des ZaDiG unterschiedlich argumentiert:

Leixner (ZaDiG² § 3 Rz 10) und Broucek (in Weilinger, ZaDiG § 3 Rz 41) heben zunächst hervor, dass Konten, die nicht – auch – zur Ausführung von Zahlungsvorgängen dienen, keine Zahlungskonten sind. Ein „Sparkonto“, das täglich fällig ist, sei als Zahlungskonto zu qualifizieren (Broucek in Weilinger, ZaDiG § 3 Rz 41). Nach Ansicht von Leixner (ZaDiG² § 3 Rz 10) ist die Überweisungsfunktion bzw der „Bezahlungscharakter“ eines Kontos allein nicht für die Qualifikation als Zahlungskonto maßgeblich, sondern entscheidend ist die freie Dispositionsbefugnis des Kontoinhabers, die darin besteht, dass er jederzeit Einzahlungen und Behebungen vornehmen kann. Nach dieser Auffassung sind Online-Sparkonten – auch wenn der Ansparcharakter im Vordergrund steht – vom Begriff des Zahlungskontos erfasst.

Anders sehen dies Koch (ÖBA 2009, 869 [870]; ders in Dellinger, BWG § 37 Rz 1b), Weilinger/Knauder (in Weilinger, ZaDiG § 26 Rz 27) und Schopper/Fichtinger (JAP 2009/2010/20, 176 [177 f]), die auf die von den Parteien (Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer) beabsichtigte und tatsächlich genutzte Funktionalität des Kontos für die Abwicklung von „Zahlungsverkehr“ abstellen. Für Einlagen auf Sparbüchern sei gemäß § 31 Abs 1 BWG die Zahlungsverkehrsverwendung explizit ausgeschlossen; daher könne ein Online-Sparkonto – unabhängig von täglicher Fälligkeit und einer Vereinbarung über ein Referenzkonto – kein Zahlungskonto im Sinn des § 3 Z 13 ZaDiG sein (Koch in Dellinger, BWG § 37 Rz 1b).

4.

Auf Basis der dargestellten unionsrechtlichen Grundlagen ist nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs davon auszugehen, dass ein entscheidendes Kriterium für die Qualifikation als Zahlungskonto im Sinn des Art 4 Nr 14 der Zahlungsdienste-Richtlinie die freie Dispositionsbefugnis des Kontoinhabers ist. Dies bedeutet, dass der Kontoinhaber sein Konto uneingeschränkt – nach seinem Belieben, ohne Mitwirkung des Zahlungsdienstleisters und ohne daraus resultierende nachteilige Auswirkungen für ihn selbst, wie etwa Zinsverluste – für die Ausführung von Zahlungsvorgängen im Sinn des Art 4 Nr 5 der Zahlungsdienste-Richtlinie (Bereitstellung, Transfer oder Abhebung eines Geldbetrags unabhängig von etwaigen zugrunde liegenden Verpflichtungen zwischen Zahler und Empfänger) nutzen kann. Die Bezeichnung als „Sparkonto“ allein ist kein Grund dafür, dieses aus dem Anwendungsbereich der Zahlungsdienste-Richtlinie auszunehmen, weil sich in ihren Ausnahmebestimmungen (Art 3) kein Anhaltspunkt dafür finden lässt. Die Zahlungsdienste-Richtlinie soll laut ihrem Erwägungsgrund 9 grundsätzlich (abgesehen von ausdrücklich genannten Ausnahmen, die insbesondere den Bargeldverkehr, den Erwerb von Waren und Dienstleistungen sowie in gewissem Umfang Kreditgewährungen betreffen,) die Durchführung von Zahlungsvorgängen regeln, soweit es sich um elektronisches Geld handelt. Solche elektronischen Zahlungsvorgänge werden aber gerade auch mit Online-Sparkonten durchgeführt, für die daher ebenfalls ein entsprechender Regelungsbedarf besteht.

Für die Ansicht, dass auch ein hier zu beurteilendes OnlineSparkonto als Zahlungskonto zu qualifizieren ist, spricht schließlich auch die Klarstellung, die in dieser Hinsicht mit der revidierten Richtlinie über Zahlungsdienste (Richtlinie 2015/2366/EU) vorgenommen wurde. Nach Anhang I Punkt 3 dieser RL stellt die Ausführung von Zahlungsvorgängen (Art 4 Nr 12 iVm Nr 5) einschließlich des Transfers von Geldbeträgen auf ein Zahlungskonto des Nutzers einen Zahlungsdienst (Art 4 Nr 3) dar.

5.

Am dargestellten Ergebnis können allerdings insofern Zweifel bestehen, als die zu beurteilenden Online-(Direkt-)Sparkonten nach der Zweckbestimmung Spareinlagen darstellen und solche Einlagen nach § 31 Abs 1 des österreichischen Bankwesengesetzes nicht dem Zahlungsverkehr dienen.

Wie bereits erwähnt, können Überweisungen von dem und auf das Direkt-Sparkonto nur über ein sogenanntes Referenzkonto erfolgen, das auf den Kontoinhaber lauten und bei einer in Österreich befindlichen Bank als Girokonto eingerichtet sein muss. Damit ist für jeden Vorgang, bei dem der Kontoinhaber durch seine Überweisung etwa eine Verbindlichkeit begleichen möchte, ein Zwischenschritt notwendig, bei dem der Zahlungsvorgang zwischen zwei Konten (dem Sparkonto und dem Referenzkonto) erfolgt, deren Inhaber er (notwendigerweise) selbst ist. Zahler und Zahlungsempfänger sind in diesem Zwischenschritt also identisch. Der Inhaber des Sparkontos und des Referenzkontos kann den vom Sparkonto überwiesenen Geldbetrag erst nach dem Einlangen auf dem Referenzkonto an einen dritten Zahlungsempfänger weiter überweisen. Ob dieser Zwischenschritt – wie die Beklagte meint – ausreicht, um eine Ausnahme vom Anwendungsbereich zu rechtfertigen, ist nach Ansicht des erkennenden Senats insofern fraglich, als sich ein hinreichend deutlicher Anknüpfungspunkt an eine solche Funktionalität nicht (zwingend) aus der Zahlungsdienste-Richtlinie ergibt. Im Gegenteil stellt die Definition des Zahlungsvorgangs in Art 4 Nr 5 der Zahlungsdienste-Richtlinie klar, dass ein solcher unabhängig von etwaigen zugrunde liegenden Verpflichtungen im Verhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger jeden Transfer (von elektronischem Geld und damit alle Überweisungen auf diesem Wege) erfasst.

6. Die Frage der Anwendbarkeit der Zahlungsdienste-Richtlinie auf Online-Sparkonten ist für die Beurteilung der Zulässigkeit zahlreicher der im Anlassfall bekämpften, von der Beklagten im Geschäftsverkehr mit Kunden verwendeten Klauseln präjudiziell.

VII. Der Ausspruch über die Aussetzung des Verfahrens gründet sich auf § 90a Abs 1 GOG.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0080OB00088.16Y.0328.000
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