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OGH vom 05.04.1966, 8Ob86/66

OGH vom 05.04.1966, 8Ob86/66

Norm

ABGB § 307;

ABGB § 308;

ABGB § 367;

ABGB § 1063;

ABGB § 1393;

Kopf

SZ 39/65

Spruch

Bei Übertragung des Anwartschaftsrechtes des Käufers unter Eigentumsvorbehalt findet eine Befreiung von Beschränkungen dieses Rechtes analog § 367 ABGB. nicht statt

Entscheidung vom , 8 Ob 86/66

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz

Text

Der Beklagte, ein Autohändler, verkaufte im August 1964 an Otto S. einen PKW um 57.000 S unter Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises. S. leistete eine Teilzahlung von 30.000 S. Den restlichen Betrag von 27.000 S erhielt der Beklagte von der klagenden Bank gegen Übertragung des Eigentumvorbehaltes und der Forderung des Restkaufpreises, welcher S. von der Bank kreditiert wurde. S. hatte diese Schuld bereits bis auf 14.157 S bezahlt und wandte sich an den Beklagten, um gegen Rückgabe des PKW einen neuen zu erwerben. Er unterrichtete den Beklagten, das Finanzamt habe für eine Steuerforderung von 8744 S den Gebrauchtwagen gepfändet. In Gegenwart des Beklagten sprach S. fernmündlich mit der Klägerin, die ihm mitteilte, daß sein Konto noch mit 14.157 S belastet und das Fahrzeug für die erwähnte Steuerschuld gepfändet sei. Von der Absicht, den Wagen an den Beklagten in Anrechnung auf den Kaufpreis für einen neuen PKW zurückzugeben, wurde bei diesem Gespräch nichts erwähnt. S. kaufte vom Beklagten ein neues Fahrzeug und übergab den alten Wagen dem Beklagten. Als der Beklagte von der Klägerin die Wagenpapiere gegen Bezahlung des Kaufpreisrestes und der Steuerschuld verlangte, lehnte dies die Klägerin unter Hinweis auf Punkt 17 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken ab, weil der Eigentumsvorbehalt noch bis zur Bezahlung der übrigen Schulden des S. an die Bank aufrecht bleibe.

Nach der Klagebeantwortung wurde das strittige Fahrzeug im Einvernehmen der Streitteile verkauft und aus dem Erlös der Kaufpreisrest von 14.157 S sowie die Steuerschuld von 8744 S bezahlt. Den restlichen Erlös in der Höhe von 12.149 S erlegte der Beklagte auf ein Separatkonto.

Otto S. schuldet zur Zeit der Veräußerung des PKWs an den Beklagten außer dem Kaufpreis und schuldet noch jetzt (nach Bezahlung des Kaufpreisrestes und der Steuerschuld) an die klagende Partei einen Betrag von mindestens 12.149 S. Die klagende Partei, die ursprünglich die Herausgabe des PKWs begehrt hafte, änderte das Klagepetit auf Bezahlung des restlichen Erlöses von 12.149 S, weil aus dem inzwischen getätigten Verkauf des Wagens der Beklagte noch diesen Betrag in Händen habe und sie berechtigt sei, diesen Betrag zur Tilgung der anderen Verbindlichkeiten des S. heranzuziehen. Die klagende Partei, die ursprünglich die Herausgabe des PKWs gelten, weil er Kenntnis von ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen gehabt und gewußt habe, daß sie gegen S. noch weitere Forderungen habe, auf die der Eigentumsvorbehalt ausgedehnt worden sei. Der Beklagte hätte sich vor dem Erwerb bei ihr nach allfälligen, dem Eigentumsübergang entgegenstehenden Hindernissen erkundigen müssen.

Der Beklagte hielt dem entgegen, er habe beim Erwerb zwar gewußt, daß S. noch andere Schulden habe, doch habe er die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht mehr in Erinnerung gehabt und sei gutgläubig gewesen.

Das Erstgericht wies die Klage ab und führte in der rechtlichen Beurteilung aus, S. habe mit der klagenden Partei gültig vereinbaren können, daß er erst dann Eigentümer des Kraftwagens werde, wenn er an die Klägerin überhaupt nichts mehr schulde. Dem Beklagten habe er diese Vertragsbestimmung sowie die Tatsache, daß er noch weitere Bankschulden habe, bei der Übergabe des PKWs an den Beklagten verheimlicht. Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, vor dem Erwerb die Klägerin zu befragen, ob der Eigentumsübertragung ein Hindernis entgegenstehe. Es habe genügt, daß er sich um den Kaufpreisrest erkundigt habe. Er habe sich im guten Glauben befunden, als er von S. nach Bezahlung des Kaufpreises eine Anwartschaft auf das Eigentum am PKW. erwarb. Auf diesen Erwerb sei § 367 ABGB. anzuwenden. Die Klägerin habe deshalb infolge Abstattung des restlichen Kaufpreises durch den Beklagten ihr Vorbehaltseigentum verloren und könne weder auf die Herausgabe des Wagens noch auf die Bezahlung des Interesses dringen.

Das Berufungsgericht gab in Abänderung des erstgerichtlichen Urteiles dem Klagebegehren Folge.

Es ging von folgenden rechtlichen Erwägungen aus:

Der Eigentumsvorbehalt als Nebenvereinbarung des Kaufvertrages über bewegliche Sachen bestehe darin, daß der Kauf selbst zwar unbedingt abgeschlossen, der Eigentumsübergang aber von einer Bedingung abhängig sei. Der Käufer werde Rechtsbesitzer an dem Kaufgegenstand und habe eine Eigentumsanwartschaft gegenüber dem Verkäufer. Der Käufer könne zwar als Vertrauensmann des Verkäufers die Sache an gutgläubige Dritte mit der Wirkung veräußern, daß der Dritte Eigentum erwerbe. Das Anwartschaftsrecht des Käufers auf das Eigentum äußere sich darin, daß der Käufer gegenüber dem Verkäufer den Anspruch habe, daß dieser nach Bezahlung des Kaufpreises das Eigentum dem Käufer zu überlassen habe. Nach § 367 ABGB. sei der Dritterwerber dann redlich, wenn er den Veräußerer für den Eigentümer halte. Der gute Glaube fehle dann, wenn der Erwerber Kenntnis vom Eigentumsvorbehalt habe. Weil der Beklagte gewußt habe, daß S. nicht Eigentümer sei, sondern nur das Anwartschaftsrecht besitze, habe der Beklagte das Eigentumsrecht nicht erwerben und S. dieses auch nicht an ihn übertragen können, dies selbst dann, wenn S. der klagenden Partei nicht mehr als den Kaufpreisrest geschuldet hätte. In diesem Falle wäre der Beklagte erst mit der Bezahlung des Kaufpreisrestes, die das Erlöschen des Vorbehaltseigentums zur Folge gehabt hätte, Eigentümer geworden. S. habe sein Anwartschaftsrecht nur in jenem Umfang und mit jenen Einschränkungen übertragen können, wie es ihm gegenüber der klagenden Partei zugestanden sei, S. habe nicht das Eigentumsrecht an dem PKW übertragen, weil er dieses nicht gehabt habe und dies dem Beklagten beim Erwerb bekannt gewesen sei.

Da das Vorbehaltseigentum der klagenden Partei nicht erloschen sei, müßte der Beklagte das Fahrzeug an die Klägerin herausgeben, sodaß der Klägerin der restliche Verkaufserlös zustehe.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In der Rechtsrüge behauptet der Beklagte, dem Berufungsgericht sei ein Rechtsirrtum unterlaufen, weil dieses nicht beachtet habe, daß gemäß § 1419 ABGB. infolge grundloser Weigerung, den Kaufpreis anzunehmen, das vorbehaltene Eigentumsrecht der klagenden Partei erloschen sei.

Er übersieht jedoch, daß die klagende Partei die Zahlung des restlichen Kaufpreises (die restliche, darauf bezügliche Darlehensrückzahlung) angenommen hat, aber schon vorher der Eigentumsvorbehalt der Klägerin in bezug auf die übrigen, noch unbeglichenen Bankschulden des S. erweitert worden ist, sodaß der Eigentumsvorbehalt durch die erwähnte Zahlung noch nicht zum Erlöschen gekommen ist.

Der Rechtsmittelwerber gesteht zwar zu, daß er zur Zeit, als S. ihm die Übertragung des Eigentumsrechtes an dem Fahrzeug anbot, den Eigentumsvorbehalt der Klägerin als selbstverständlich angenommen habe, behauptet aber gutgläubigen Erwerb des Eigentums durch ihn, weil ihm S. nur eine Forderung des Finanzamtes bekanntgegeben, im übrigen aber erklärt habe, daß das Fahrzeug mit anderen Forderungen außer mit dem Restkaufpreis nicht belastet sei. Er habe sich auf das Telefongespräch des S. mit der klagenden Partei, das in seiner Gegenwart abgeführt worden sei, verlassen können, wonach das Konto, welches von der Klägerin über das Fahrzeug geführt worden sei, nur noch mit 14.157 S belastet gewesen sei. Eine persönliche Intervention bei der Bank habe er für zwecklos gehalten, weil die Klägerin an die Wahrung des Bankgeheimnisses gebunden gewesen sei. Er sei sohin als redlicher Erwerber anzusehen und durch die Übergabe des Fahrzeuges an ihn Eigentümer geworden.

Auf die Bestimmungen des § 367 ABGB. über den gutgläubigen Erwerb des Eigentums vom Vertrauensmann kann sich der Beklagte jedoch nicht stützen. Ihm war bei der Übergabe bekannt, daß S. nur ein Anwartschaftsrecht auf das Eigentum am PKW und keine Verfügungsberechtigung über das Eigentum hatte, daß vielmehr Vorbehaltseigentümer die klagende Partei war. Der gute Glaube besteht in der Überzeugung vom Eigentum des Vormannes (Klang-Komm.[2] II 223) oder nach Handelsrecht auch in der Überzeugung der Verfügungsberechtigung des Vormannes (§ 366 HGB., Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, I. Band, S. 218). Es ist daher unerheblich, welche Auskünfte S. dem Beklagten über die Belastungen des Fahrzeuges erteilt hat. Der Beklagte hatte sich hinsichtlich der Übertragung der Eigentumsrechte an die Klägerin zu wenden. S. hingegen konnte an den Beklagten nur sein Anwartschaftsrecht auf das Eigentum in dem Umfange übertragen, in welchem es ihm zustand (§ 1394 ABGB.), sohin unter der Bedingung, daß der Eigentumsvorbehalt der Klägerin so lange aufrecht zu bleiben habe, bis seine sämtlichen Schulden bei der klagenden Partei berichtigt seien. Das Anwartschaftsrecht ist wie jedes Forderungsrecht übertragbar und nicht dinglicher Natur (Serick a. a. O. S. 255, 275). Der Beklagte erlangte von S. sohin bloß die Anwartschaft auf das Eigentum. Infolge Zahlung des Restkaufpreises an die Klägerin durch den Beklagten wären diese Schuld und damit das Vorbehaltseigentum der klagenden Partei nur erloschen, wenn nicht weitere Schulden des S. an die Bank vorhanden gewesen wären.

Die Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Urteiles ist sohin unbegrundet.