OGH vom 13.07.1994, 9ObA77/94
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinz Paul und Walter Darmstädter als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dkfm.DDr.S***** U*****, Vorstandsdirektor i.R., ***** vertreten durch Dr.Karl F.Engelhart und Dr.Nikolaus Reininger, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei V***** AG *****, vertreten durch Neudorfer, Griensteidl, Hahnkamper & Stapf, Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, wegen S 8,697,760 brutto sA, Feststellung (Streitwert S 11,044,764) und Zwischenantrages auf Feststellung (Streitwert S 3,000.000), infolge Revision und Rekurses der klagenden Partei gegen das Urteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 32 Ra 37/93-56, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teil- und Zwischenurteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 14 Cga 1039/90-50, abgeändert bzw aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird zur Gänze und dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Teilurteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache mit Zwischenurteil zu Recht erkannt:
Es wird festgestellt, daß gemäß den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen eine Aufrechnung von Ansprüchen der beklagten Partei aus Sorgfaltsverletzungen aller Art betreffenden Geschäftsführungsmaßnahmen gegen Ansprüche der klagenden Partei aus dem Anstellungsverhältnis ausgeschlossen ist, soferne im Einzelfall keine abweichende schriftliche Vereinbarung geschlossen wird oder der Anspruch der beklagten Partei aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung feststeht.
Das Feststellungsmehrbegehren wird abgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und Revisions- sowie Rekursverfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger trat am als Angestellter in die Dienste der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei. Seit war er Mitglied des Vorstandes und in dieser Funktion für das Finanz-, Personal- und Rechtsressort zuständig. Am erklärte er unter Berufung auf den dienstvertraglich vereinbarten Austrittsgrund der grundlegenden Änderung des Kreises der Aktionäre oder des Mehrheitsaktionärs der Gesellschaft seinen vorzeitigen Austritt. Noch am selben Tag behob er an der Kasse der Zentrale in Wien unter dem Titel "Endabrechnung Juni 1989" einen Barbetrag von S 6,061.821.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger S 1,470.000 sA als Erfolgsprämie für 1988, S 632.000 sA als anteilige Erfolgsprämie für 1989, S 6,595.760 sA an bisher fällig gewordener Betriebspension und die Feststellung, daß die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Parteien aus dem Vorstandsdienstvertrag auch nach der Auflösung des Dienstverhältnisses weiter aufrecht und verbindlich seien, so daß ihm insbesondere ein Anspruch auf Zahlung des vereinbarten wertgesicherten Ruhegenusses zustehe. Weiters stellte er einen Zwischenantrag auf Feststellung, daß der am vereinbarte Aufrechnungsverzicht rechtswirksam sei, nach wie vor Gültigkeit habe und die Aufrechnung aller wie immer gearteten behaupteten Forderungen der beklagten Partei gegen Forderungen des Klägers aus dem Dienstverhältnis einschließlich von Ruhegehaltsansprüchen ausschließe.
Die beklagte Partei habe dem Kläger zwar die ihm zustehende Abfertigung ausgezahlt, verweigere ihm aber alle sonstigen Ansprüche aus dem Vorstandsdienstvertrag, insbesondere die Erfolgsprämien für 1988 und 1989 sowie die Betriebspension. Sie erhebe grund- und haltlose Vorwürfe, die jedoch kein Leistungsverweigerungsrecht begründen könnten. Ein Großteil der den Vorwürfen zugrundeliegenden Handlungen, auf die Ersatzansprüche gegründet werden, sei mit Zustimmung, ausdrücklicher Genehmigung und jedenfalls mit Wissen des Vorstands und des Aufsichtsrats erfolgt. Dem Kläger sei für alle Geschäftsjahre die Entlastung erteilt worden. Die beklagte Partei habe daher auf ihre Ansprüche verzichtet; sie seien auch verwirkt und verfristet bzw verglichen.
Der Kläger habe schon mit dem Zustandekommen des Vorstandsdienstvertrages (Jahresgrundbezug - Jahresaktivitätsbezug) einen Rechtsanspruch auf die Erfolgsprämien für die Vertragsdauer erworben; diese Prämien seien auch während der gesamten Zeit seiner Vorstandstätigkeit seit dem Jahre 1977 vorbehaltlos und ohne Hinweis auf die Möglichkeit einer künftigen Einstellung in einer aus dem Gesamtergebnis (ohne Bezug auf das jeweilige Ressort) ableitbaren Höhe ausgezahlt worden, so daß sie Gehaltsbestandteil (wohlerworbene Rechte) geworden seien. Die Höhe der Erfolgsprämie habe sich nicht nach dem Erfolg des einzelnen Vorstandsmitglieds, sondern in erster Linie nach der Höhe der Jahresdividende gerichtet. Da für 1988 und 1989 ebenfalls eine Jahresdividende von 20 % ausgeschüttet worden sei, ergebe sich schon aus der Vertragshandhabung zwischen den Parteien, daß der Kläger einen Anspruch auf eine Prämie bzw eine anteilige Prämie in der bisherigen Höhe habe. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates habe den Vorstand informiert, daß der Arbeitsausschuß des Aufsichtsrats noch am einen schriftlichen Beschluß über die Erfolgsprämie der Vorstandsmitglieder für 1988 ausfertigen werde. Die Beschlußfassung sei lediglich deshalb unterblieben, weil der Arbeitsausschuß des Aufsichtsrates aufgrund des zwischen den damaligen und nunmehrigen Hauptaktionären der beklagten Partei (Ma*****, B***** - Mo*****, Wien) geschlossenen Vergleiches vom der Meinung gewesen sei, keine neuen Verpflichtungen für die Gesellschaft mehr eingehen zu dürfen.
In seinem Dienstvertrag sei wie bei anderen Vorstandsmitgliedern die Vereinbarung enthalten, daß es ausdrücklich verboten sei, behauptete Ansprüche der beklagten Partei gegen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis aufzurechnen, soferne nichts anderes schriftlich vereinbart oder der Anspruch der beklagten Partei aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung festgestellt worden sei. Zufolge dieses - nicht vom Kläger geforderten - umfassenden Kompensationsausschlusses sei auf die von der beklagten Partei eingewendeten Gegenforderungen nicht einzugehen. Der Grund für das vereinbarte und vom Kläger zur Kenntnis genommene Aufrechnungsverbot liege darin, daß die Organe der Gesellschaft, die im Zeitpunkt der von den neuen Aktionären gerügten Handlungen noch von den Altgesellschaftern abhängig gewesen seien, vor den Schadenersatzforderungen der neuen Aktionäre, welche die Gesellschaft bereits massiv angegriffen hätten, geschützt werden sollten. Diese Absicherungsbestrebungen seien vom neuen Mehrheitsaktionär Mo***** AG auch insofern anerkannt worden, als im Vergleich zwischen der Mo***** AG und der Ma***** SA vom Mai 1989 unter anderem vereinbart worden sei, die beklagte Partei zu verpflichten, daß sie gegen ihre Organe wegen Schadenersatzansprüchen aus der Gebarung vor dem Vergleich keine gerichtlichen Schritte unternehme. Die Möglichkeit eines Aktivprozesses stehe ohnehin offen.
Die beklagte Partei beantragte, die Klagebegehren und den Zwischenantrag auf Feststellung abzuweisen. Die Zusage früherer Erfolgsprämien habe ohne weitergehende Verpflichtung immer nur auf eine "einmalige Erfolgsprämie" gelautet, die für das jeweilige Geschäftsjahr stets "in Anerkennung der (in diesem Jahr) erbrachten Leistungen" zuerkannt worden sei. Prämien für 1988 und 1989 seien aber weder vereinbart noch zuerkannt worden. Bei der Zuerkennung der Prämien sei es auch keineswegs nur auf die Höhe der Jahresdividende angekommen. Selbst wenn der Kläger durch die wiederholte Leistung einen Anspruch auf die Weiterzahlung der Prämien erworben hätte, stünde ihm keine "Erfolgs"prämie für 1988 zu, da er im Geschäftsjahr 1988 etwa durch die Malversationen im Geschäftsfall "B*****-Bank/M*****-Bank" der beklagten Partei einen S 25,000.000 weit übersteigenden Schaden zugefügt habe. Dazu kämen auch noch andere Schadenszufügungen, die insgesamt dazu geführt hätten, dem Kläger die Anerkennung zu versagen. Für das Jahr 1989 habe die beklagte Partei in Absprache mit der Belegschaftsvertretung die Jahresprämie nicht mehr auf der Basis von Monatsgehältern ausgezahlt, sondern nur mehr in einem festen Betrag von S 15.000. Diese Vereinbarung sei auch für den Kläger verbindlich.
Die beklagte Partei habe überdies Gegenforderungen in einer den Klagebetrag übersteigenden Höhe. Der Kläger habe nicht das Wohl der Gesellschaft gefördert, sondern primär seinen eigenen finanziellen Vorteil. Eine Quelle seiner (strafbaren) Provisionseinkünfte sei die Veranlagung der Mittel der beklagten Partei in Wertpapieren gewesen. Er habe dazu nicht nur das Vermögen der beklagten Partei herangezogen, sondern auch veranlaßt, daß Kredite in "ungeheurer" Höhe aufgenommen worden seien. Erst nach Beendigung des Dienstverhältnisses sei hervorgekommen, daß der Kläger eine Schadloshaltungsverpflichtung namens der beklagten Partei gegenüber der B*****-Bank, BRD, für Kursverluste aus der Innehabung von Aktien der beklagten Partei übernommen habe. Die daraus im Jahr 1987 entstandene Verbindlichkeit von rund S 25,000.000 sei über Veranlassung des Klägers im Jahresabschluß 1987 nicht aufgeschienen (§ 255 Z 2 AktG). Der Kläger habe veranlaßt, daß sämtliche auf diese Angelegenheit bezughabenden Punkte in den Vorstandsprotokollen zwischen Dezember 1987 und April 1988 nachträglich entfernt worden seien (§ 223 StGB). In der Folge habe er die Abdeckung der Verbindlichkeit im Jahre 1988 durch mehrere Transaktionen mit der M*****-Bank verschleiert (§ 255 Z 1 AktG). Die beklagte Partei habe von weiteren, vom Kläger bisher sorgfältig verwischten Umständen Kenntnis erlangt, die den Verdacht begründen, daß der Kläger die ihm ressortmäßig zustehende Gestion systematisch dazu mißbraucht habe, um von Geschäftspartnern Zahlungen in die eigene Tasche (Provisionen, Kickbacks) zu erlangen. Wegen dieses gesamten Sachverhalts sei gegen den Kläger aufgrund einer Strafanzeige die Voruntersuchung wegen des Verdachtes nach § 153 Abs 1 und 2, zweiter Fall StGB und § 255 Z 1 und 2 AktG eingeleitet worden.
Der Kläger habe sich während eines riesigen, über die K*****-Bank laufenden Veranlagungsgeschäftes zwischen Jänner und November 1986 rund S 7,000.000 als "Kickback" (Subprovision) auszahlen lassen. Auch wenn der Direktor der Bank zur Schadensgutmachung rund 12,000.000 S an die beklagte Partei gezahlt habe, ändere dies nichts an der Untreue des Klägers. Dieser habe außer der erwähnten Abdeckung der Verbindlichkeiten gegenüber der B*****-Bank die Zahlung überhöhter Bankenentgelte an die M*****-Bank veranlaßt. Welche Gegenleistung er dafür erhalten habe, sei Gegenstand der strafrechtlichen Voruntersuchung.
Auf Veranlassung des Klägers habe der Konzern im Jahr 1989 an die englischen "G*****-Funds" eine dieser nicht zustehende Ankaufsgebühr von rund S 4,9 Mio gezahlt. Aus dem Verkauf von Aktienkapital (M*****) und dem Ankauf eines Grundstückes seien "Sanierungsbeiträge" von 65,6 Mio S aufgelaufen, wobei der Kläger dazu keine betriebswirtschaftlich haltbare Begründung geben könne. Der Kläger habe auch seine Befugnisse zur späten Abrechnung sowie auf Sachbezug gröblich mißbraucht. Er habe sich 1987 bis 1989 "Vertrauensspesen" in Höhe von rund S 40.000 auszahlen lassen, obwohl die Kosten des jeweiligen Aufenthaltes bereits von einer Tochtergesellschaft getragen worden seien. Weiters habe er Reisekosten der Ehegattin und Kosten von Privatreisen der beklagten Partei - zum Teil auch doppelt - verrechnet. Den beigestellten Dienstwagenfahrer habe er als kostenlose Arbeits- und Transportkraft für private Zwecke benützt.
Aus den vom Kläger veranlaßten Depot- und Portfolio-Managementvereinbarungen mit B***** und K*****-Bank resultiere abzüglich der Teilschadensgutmachung noch ein Schaden von S 24,862.949. Aus dem Faktum B*****-Bank/Jahresabschluß 1987 ergebe sich ein Schaden von S 24,964.899,35. Der Schaden, der aus den Veranlagungen bei der M*****-Bank erwachsen sei, sei mit S 80,077.000 zu beziffern. Die M*****-Bank habe zwar am S 80,000.000 gezahlt, sich aber die Rückforderung vorbehalten. Aus dem Faktum G***** hafte noch ein Schadensbetrag von S 4,960.000 aus. Insgesamt habe der Kläger der beklagten Partei einen bisher bekannten Schaden in Höhe von mindestens S 150,000.000 zugefügt (§ 84 Abs 2 AktG und § 1009 ABGB). Diese Forderung werde für den Fall, daß die Ansprüche des Klägers zu Recht bestehen, mit diesen aufgerechnet.
Sowohl die Vereinbarung als auch die nunmehrige Bezugnahme des Klägers auf das Kompensationsverbot verstoße gegen die guten Sitten. Während des sieben Jahre dauernden Rechtsstreits wegen des Erwerbs eines Aktienpakets von der Ma***** SA durch die Mo***** AG habe sich der Kläger in Verbindung mit Funktionären der Verkäuferin "bestens abgesichert". Einerseits seien die Aufsichtsratsvergütungen auf Spitzenwerte gestiegen und andererseits sei der Dienstvertrag des Klägers vom in vielen Bereichen von dem Gedanken getragen gewesen, ihm bei einem Wechsel des Hauptaktionärs ungerechtfertigte Vorteile zuzubilligen. Für den Fall, daß der Kläger bei Vereinbarung des Kompensationsausschlusses bereits geplant habe, sich als Machthaber zu bereichern und die beklagte Partei zu schädigen, werde diese Vereinbarung auch wegen arglistiger Irreführung angefochten. Sollte die Bereicherungs- und Schädigungsabsicht im Jahre 1984 noch nicht bestanden haben, sei das Beharren des Klägers auf der Anwendung des Aufrechnungsverbots wegen unverhältnismäßiger Benachteiligung der beklagten Partei sittenwidrig. Ein vorsätzlicher (strafbarer) Schädiger könne sich gegenüber den Ersatzansprüchen des Geschädigten nicht auf ein vereinbartes Kompensationsverbot berufen. Soferne dieses überhaupt wirksam sei, schließe es lediglich die Verrechnung von Gehaltsansprüchen mit Gegenansprüchen aus Maßnahmen der Geschäftsführung aus, nicht aber Gegenforderungen auf Schadenersatz aus strafbaren Handlungen oder aus dem Titel der Einforderung von Vorteilen gemäß § 1009 ABGB (§ 153a StGB). Hinsichtlich dieser vom Kläger als Machthaber bezogenen Vorteile (K*****-Bank, M*****-Bank, Z***** & H***** (rund S 13,2 Mio), bestehe überdies Konnexität (§ 879 ABGB iVm § 6 Abs 1 Z 8 KSchG), so daß diesbezüglich das Kompensationsverbot nicht wirksam sei.
Das Erstgericht schränkte die Verhandlung auf den erhobenen Anspruch auf Zahlung der Erfolgsprämien und auf das mit Zwischenantrag auf Feststellung geltend gemachte Kompensationsverbot ein (§ 188 ZPO). Es gab mit Teil- und Zwischenurteil dem Klagebegehren mit S 2,102.000 und dem Zwischenantrag auf Feststellung statt und behielt sich die Entscheidung über das Zinsenbegehren, den Anspruch auf Ruhegenuß sowie die Kostenentscheidung vor. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:
Mitte des Jahres 1982 erwarb die Mo***** AG knapp 70 % der Aktien der beklagten Partei vom bisherigen Hauptaktionär Ma***** SA, Basel. Zufolge der Weigerung, die Aktien herauszugeben, führte die Mo***** AG in der Schweiz einen langjährigen Rechtsstreit auf Erfüllung des Kaufvertrages. Durch einen Ende Mai 1989 abgeschlossenen Vergleich kam es dann zum Wechsel des Hauptaktionärs.
Seit Februar 1984 erschienen verschiedene, nach Ansicht des Klägers von der Mo***** AG lancierte, Zeitungsmeldungen mit negativer Berichterstattung über die Unternehmensführung der beklagten Partei und insbesondere mit persönlichen Angriffen gegen den Kläger. Zu dieser Zeit schrieb auch die Mo***** AG an alle Vorstandsmitglieder der beklagten Partei, wobei sie in diesen Schreiben auf den anhängigen Rechtsstreit in Basel hinwies. Sie drohte darin weiters an, daß sie die Mitglieder des Gesellschaftsorgans im Zusammenhang mit der beabsichtigten Veräußerung der M***** AG und dem beabsichtigten Erwerb von 25 % des Aktienkapitals der S***** SA, Basel, für alle Schäden, die durch diese oder weitere Transaktionen entstanden seien oder entstehen würden, persönlich haftbar machen werde. Nachdem der Vorstand der beklagten Partei diese Vorwürfe zurückgewiesen hatte, wiederholte die Mo***** AG mit Schreiben vom ihre Ankündigung, alle Mitglieder des Vorstandes persönlich haftbar zu machen. Daraufhin protestierte nicht nur der Vorstand der beklagten Partei, sondern auch der Aufsichtsrat, der sich in seinem Schreiben vom gegen die unrichtigen Behauptungen verwahrte und darauf hinwies, daß sich die Mo***** AG Befugnisse anmaße, die ihr auch als Aktionär nicht zustehen würden. Für Angelegenheiten der Gesellschaft seien ausschließlich die Gesellschaftsorgane zuständig. Die Mo***** AG wurde ersucht, Eingriffe in die Agenden der Gesellschaftsorgane und in den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft, Androhungen von Nachteilen und sonstige Handlungen zu unterlassen, die zum Nachteil der Gesellschaft gereichten.
Mit Schreiben der Mo***** AG vom wurden sämtliche Vorwürfe aufrecht erhalten und es wurde neuerlich auf die Schadenersatzpflicht und die Haftung der Vorstandsmitglieder hingewiesen. Der Schriftwechsel endete mit einem Schreiben des Aufsichtsrates der beklagten Partei an die M***** AG vom , wonach in einer gemeinsamen Sitzung des Aufsichtsrats und des Vorstands der Beschluß gefaßt worden sei, ihren bisherigen Schreiben nichts mehr hinzuzufügen.
Der Aufsichtsrat der beklagten Partei hatte in seiner Sitzung vom beschlossen, das Vorstandsmandat des Klägers für die Zeit vom bis zu verlängern. Es kam zu Gesprächen über die Ausgestaltung des neuen Dienstvertrages, in deren Verlauf der Kläger um einen Vergleich seines bisherigen Dienstvertrages mit den Verträgen der anderen Vorstandsmitglieder ersuchte. Es wurde eine dementsprechende "Synopsis" erstellt. Nach Erhalt dieser vergleichenden Übersicht erstattete der Kläger seine Vorschläge, die kein Kompensationsverbot enthielten; die diesbezüglichen Bestrebungen gingen nicht von ihm aus. Durch den Schriftwechsel mit der Mo***** AG war es nämlich zu einer Beunruhigung im gesamten Vorstand gekommen. Es wurden vom Vorstand mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats und den Mitgliedern des Arbeitsausschusses Überlegungen angestellt, wie man sich vor solchen Forderungen schützen könne. Es waren verschiedenste Absicherungsmöglichkeiten im Gespräch (Rechtsgutachten Univ.Prof.
Dr.Frotz: Schad- und Klagloshaltung, Versicherungsmöglichkeit, Absegnung der Beschlüsse durch die Hauptversammlung u.dgl.), aus denen nach vielen Gesprächen über eine längere Zeit letztlich die Vereinbarung eines Kompensationsverbotes als Kompromiß hervorging. Ziel dieser Vereinbarung war es, die Sistierung von Zahlungen der beklagten Partei an ihre Organe zu verhindern. Diese sollten vielmehr vor Schadenersatzansprüchen aus Geschäftsführungsmaßnahmen, Sorgfaltsverletzungen aller Art und vor leichtfertigen Anspruchserhebungen geschützt werden. Über strafbare Handlungen wurde in diesem Zusammenhang nicht gesprochen. Das Kompensationsverbot sollte keinen Freibrief für Malversationen bilden. Eine Aufrechnungsmöglichkeit sollte dann gegeben sein, soweit hinsichtlich der von der Gesellschaft gegenüber ihren Organen erhobenen Vorwürfe hinreichende Argumente und Bescheinigungsmittel vorlägen, die auch für die Erlangung einer einstweiligen Verfügung gegen die Gesellschaftsorgane ausreichten. Sollte eine Bescheinigung im Provisorialverfahren nicht möglich sein, sollte die Gesellschaft auch nicht aufrechnen dürfen.
Hingegen ging der Arbeitsausschuß des Aufsichtsrates auf den Wunsch der Vorstandsmitglieder, daß das Kompensationsverbot nur durch eine Entscheidung im Hauptverfahren aufgehoben werde, nicht ein. Die Gesellschaft sollte die Möglichkeit haben, durch eine einstweilige Verfügung eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken, um dann die Aufrechnungserklärung abgeben zu können. Schließlich formulierte das Aufsichtsratsmitglied Rechtsanwalt Dr.M***** ein Kompensationsverbot, das in die Vorstandsdienstverträge aufgenommen wurde:
"Eine Aufrechnung von Ansprüchen der Gesellschaft mit Ihren Ansprüchen aus dem Dienstverhältnis ist ausgeschlossen, soferne im Einzelfall nicht eine abweichende schriftliche Vereinbarung geschlossen wird oder der Anspruch der Gesellschaft aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung feststeht."
Auch nach der Vereinbarung dieses Kompensationsverbotes gab es darüber noch weitere Gespräche, die am zu einer Klarstellung und "authentischen Interpretation" durch den Arbeitsausschuß des Aufsichtsrats führte:
"Eine Aufrechnung der Gesellschaft mit nicht rechtskräftig festgestellten Ansprüchen gegen Ihre Ansprüche aus dem Dienstverhältnis einschließlich von Ruhegehaltsansprüchen ist ausgeschlossen; abweichende Vereinbarungen im Einzelfall bedürfen der Schriftform."
Mit Kurzbrief des Aufsichtsratsmitgliedes Dr.M***** vom hatte der Kläger den endgültigen Entwurf seines (neuen) Dienstvertrages erhalten. Er unterzeichnete den Vertrag und sandte ihn dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats zurück. Schon bei seiner Bewerbung hatte ihm sein Amtsvorgänger mitgeteilt, daß das Einkommen eines Vorstandsmitglieds aus zwei Komponenten bestehe; nämlich aus einem Grundbezug und einer Erfolgsprämie, die an den Erfolg des Unternehmens geknüpft sei. Nach dem Dienstvertrag vom , der in der Folge durch Briefwechsel vom 24.1./ für eine weitere Vorstandsperiode bis verlängert wurde, gebührte dem Kläger ein sogenannter Jahresgrundbezug. Grundlage für die Errechnung des Ruhegenusses bilden die letzten Jahresgesamtbezüge zuzüglich des Durchschnitts der auf die letzten fünf Jahre entfallenden Erfolgsprämie.
Während der gesamten Dauer ihrer Tätigkeit erhielten sämtliche Vorstandsmitglieder der beklagten Partei mit Ausnahme eines später hinzugekommenen Mitglieds regelmäßig eine Erfolgsprämie ausgezahlt, die der Arbeitsausschuß des Aufsichtsrates festsetzte. Auch die Belegschaft erhielt eine Ertragsprämie, später Erfolgsprämie genannt, in Höhe von ein bis eineinhalb Monatsbezügen. Diese wurde als obligate Zahlung an alle Mitarbeiter gewährt, sofern es zu einem positiven Geschäftsabschluß gekommen ist, was regelmäßig der Fall war. Von der Festlegung von Voraussetzungen sah man diesbezüglich bewußt ab. Den Vorstandsmitgliedern erkannte der Arbeitsausschuß des Aufsichtsrates jeweils eine "einmalige Erfolgsprämie" in Anerkennung der für das Geschäftsjahr erbrachten Leistungen zu. Das Wort "einmalig" wurde so verstanden, daß diese Prämie in einem einzigen Betrag jährlich ausgezahlt wird.
Während der Vorstand der beklagten Partei die Prämiengewährung an die Belegschaft als "freiwillig" ansah, hielt er die Erfolgsprämie an die Vorstandsmitglieder für einen Verdienstbestandteil. Es gab zwar auch diesbezüglich keine institutionalisierten Kriterien für die Bemessung der Höhe, aber eine gewisse Abstufung nach der Dauer der Zugehörigkeit zur beklagten Partei und nach dem Rang der Vorstandsmitglieder. Die Gewährung war allgemein vom Vorliegen eines Geschäftserfolgs des Unternehmens abhängig, wobei es nicht auf den Erfolg des jeweiligen Vorstandsmitglieds selbst ankam. Kürzungen der Prämie bei einem Mißerfolg eines bestimmten Ressorts gab es nicht. Im Aufsichtsrat der beklagten Partei wurde allgemein die Ansicht vertreten, daß zwar auch die Vorstandsmitglieder keinen Anspruch auf Prämiengewährung hätten, daß eine solche aber gewährt werden soll, wenn es der Erfolg der Gesellschaft erlaube. Mit der alljährlichen Zuerkennung der Prämie an die Vorstandsmitglieder war aber keinerlei Mitteilung verbunden, die auf eine "Freiwilligkeit" und "Widerrufbarkeit" der Leistung hingewiesen hätte. Seit dem Jahre 1985 schüttete die beklagte Partei eine gleichbleibende Jahresdividende von 20 % aus. Der Kläger erhielt seit diesem Jahr eine Erfolgsprämie von jeweils S 1,470.000 ausgezahlt. Auch für die Jahre 1988 und 1989 betrug die Jahresdividende 20 %.
Am informierte der Aufsichtsratsvorsitzende die Mitglieder des Vorstandes davon, daß es zwischen der Ma***** und der Mo***** zu einem Vergleich und somit zu einem Wechsel des Hauptaktionärs gekommen war. Mit einer Ausnahme ersuchten sämtliche Vorstandsmitglieder, eine Endabrechnung zu erstellen, da ein vorzeitiges Ausscheiden in Erwägung gezogen werde. Nach Einholung eines Rechtsgutachtens des Firmenanwalts unter anderem auch über die Gewährung der Erfolgsprämie stellte der Aufsichtsratsvorsitzende dem Kläger am die Zahlung einer Erfolgsprämie von S 1,470.000 für 1988 in Aussicht; er erklärte, daß die schriftliche Ausfertigung des Beschlusses am 1.6. erfolgen werde. Auch das Personalbüro nahm in seine Endabrechnung für den Kläger (ohne Präjudiz) eine Erfolgsprämie "in zuletzt gewährter Höhe von S 1,470.000" auf. Der Arbeitsausschuß des Aufsichtsrates faßte aber lediglich einen sogenannten "Vorratsbeschluß" über eine Erfolgsprämie in dieser Höhe, da erst geklärt werden müsse, ob der Beschluß den Vereinbarungen zwischen Mo***** und Ma*****entspreche (Vergleich). Da der "Vorratsbeschluß" diesen Vereinbarungen nicht entsprach, wurde er nicht wirksam.
Für das Jahr 1988 erhielt kein Vorstandsmitglied eine Erfolgsprämie.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die beklagte Partei durch die wiederholte, langjährige Gewährung der Erfolgsprämie an die Mitglieder des Vorstandes eine konkludente Vereinbarung gemäß § 863 ABGB getroffen habe, so daß dadurch die Prämien zum Entgeltbestandteil geworden seien. Da es dabei lediglich auf den Geschäftserfolg des Unternehmens im Hinblick auf eine bestimmte Höhe der Jahresdividende angekommen sei, liege diese Voraussetzung auch für 1988 und 1989 vor. Mangels anderslautender Vereinbarung sei auch eine anteilige Erfolgsprämie für 1989 zuzusprechen.
Das Kompensationsverbot sei nicht vom Kläger verlangt, sondern es sei ihm vielmehr ohne sein weiteres Zutun wie den anderen Vorstandsmitgliedern eingeräumt worden. Dem Einwand der Sittenwidrigkeit und der Schädigungsabsicht sei dadurch der Boden entzogen, zumal Schadenersatzforderungen der Gesellschaft gegen den Kläger nicht ausgeschlossen seien. Die Mitglieder des Vorstandes sollten dadurch lediglich vor Entgeltkürzungen geschützt werden. Für den Fall, daß zumindest eine rechtskräftige einstweilige Verfügung gegen den Kläger vorgelegen wäre, hätte ohnehin aufgerechnet werden können. Aus der weiten Formulierung des Verbots sei abzuleiten, daß darunter alle Ansprüche der beklagten Partei - auch aus den in diesem Verfahren nicht überprüften, aber von der beklagten Partei behaupteten, allfälligen strafbaren Handlungen - fielen.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es das Klagebegehren auf Zahlung der Erfolgsprämien samt Zinsen abwies; die Entscheidung hinsichtlich des Zwischenantrages auf Feststellung hob es auf. Es sprach aus, daß der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß zulässig sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß der Anstellungsvertrag eines Vorstandsmitglieds mangels persönlicher Abhängigkeit kein Arbeitsvertrag, sondern ein freier Dienstvertrag sei. Auch wenn in diesem Vertrag die subsidiäre Anwendung des Angestelltengesetzes vereinbart worden sei, ändere dies nichts daran, daß der Kläger nicht die Rechtsstellung eines "genuinen" Angestellten erlangt habe. Die Rechtsprechung zur konkludenten Wirkung einer regelmäßigen Prämiengewährung sei auf das Verhältnis des Arbeitgebers zu den ihm gegenüber abhängigen Arbeitnehmern abgestellt. Falle aber die Arbeitgeberposition mit der Arbeitnehmerposition zusammen, wie es für das Mitglied eines Vorstandes typisch sei, bestehe keine rechtsgeschäftliche Verpflichtungsgrundlage zur schlüssigen Ergänzung eines abhängigen Dienstvertrages; sie müßte auch an den besonderen Beschränkungen eines "In-sich-Geschäftes" scheitern. Dazu komme, daß die Bestimmungen der §§ 78 und 84 AktG einer Vertrauenslage, der Arbeitgeber werde die vorbehaltlos gewährten Leistungen auch in Zukunft weiter gewähren, entgegenstünden. Der Aufsichtsrat müsse dafür sorgen, daß die Gesamtbezüge der Vorstandsmitglieder in einem angemessenen Verhältnis zur Lage der Gesellschaft stehen.
Diese Beurteilung entspreche auch dem Selbstverständnis des Aufsichtsrates der beklagten Partei, das dazu geführt habe, daß kein Beschluß über die Prämiengewährung mehr zustande gekommen sei. Wäre nämlich bereits ein Rechtsanspruch des Klägers auf die Erfolgsprämie erwachsen, hätte es für einen bloß deklaratorischen Beschluß des Aufsichtsrats keine Veranlassung gegeben; dieser hätte die neu zu bestellenden Gesellschaftsorgane durch seine Beschlußfassung auch nicht präjudizieren können. Mangels eines konstitutiven Beschlusses über eine Erfolgsprämie versage sohin die Berufung des Klägers auf ein wohl erworbenes Recht. Für ein über 4 % hinausgehendes Zinsenbegehren bestehe keine Rechtsgrundlage, so daß auch dieses abzuweisen sei.
Voraussetzung für die Präjudizialität des Zwischenantrages auf Feststellung sei eine mögliche Aufrechnungslage, die durch die Abweisung des Begehrens auf die Erfolgsprämie weggefallen sei. Ob eine konkrete Aufrechnungslage hinsichtlich der übrigen, vom Kläger geltend gemachten Forderungen bestehe, könne erst nach Bejahung deren Begründetheit beurteilt werden. Vor diesem Verfahrensstand komme der Feststellung eines Aufrechnungsverbots bloß theoretische Wirkung zu, so daß das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung diesbezüglich noch zu prüfen sein werde.
Gegen diese Entscheidung richten sich die aus den Gründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision und der Rekurs des Klägers mit den Anträgen, das Urteil und den Beschluß des Berufungsgerichtes dahin abzuändern, daß das Teil- und Zwischenurteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. Hilfsweise werden hinsichtlich des Feststellungsanspruches Eventualanträge und ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisions- und Rekursbeantwortung, den Rechtsmitteln des Klägers nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Gänze und der Rekurs zum Teil berechtigt.
Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Soweit das Berufungsgericht nach Ansicht des Klägers sein Vorbringen nicht vollständig und unrichtig wiedergegeben, bestimmte Beweisergebnisse nicht berücksichtigt und im Rahmen der rechtlichen Beurteilung nicht alle Feststellungen beachtet hat, ist dadurch der Revisionsgrund nach § 503 Z 3 ZPO nicht verwirklicht (vgl GMA ZPO14 § 503 E 87 ff).
Hingegen ist die Rechtsrüge im Ergebnis berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung verliert eine regelmäßig in gleicher Höhe gewährte Remuneration, mit welcher der Dienstnehmer rechnen kann, den Charakter einer freiwilligen Zuwendung und begründet einen Anspruch auf Weiterzahlung, wenn mangels ausdrücklicher Betonung des freiwilligen, unverbindlichen und jederzeit widerruflichen Charakters der Zuwendung ein Entgeltanspruch als stillschweigend vereinbart (§ 863 ABGB) angenommen werden kann. Entscheidend ist hiebei, welchen Eindruck der Dienstnehmer von dem schlüssigen Verhalten des Dienstgebers haben mußte, nicht aber das tatsächliche Vorhandensein eines Erklärungswillens auf seiten des Dienstgebers; es kommt darauf an, was der Partner bei sorgfältiger Würdigung dem Erklärungsverhalten entnehmen darf (vgl Schwarz-Löschnigg, ArbR4 267 f; Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, ArbR3 I 189; Arb 9427, 9579, 9786, 9832, 9942, 10.434 uva). Wäre der Kläger Dienstnehmer der beklagten Partei gewesen, bedürfte es keiner weiteren Erörterung, daß er schon kraft individueller und dem maßgeblichen Personenkreis gegenüber gehandhabten Übung einen Anspruch auf die ihm seit dem Jahre 1977 regelmäßig gewährte und seit 1985 in konstanter Höhe (bei einer Dividendenausschüttung von 20 %) gezahlte Erfolgsprämie erworben hätte (vgl auch Binder, Rechtsgrundlagen - Probleme der Remunerationsgewährung, ZAS 1984, 49 ff, 53 ff, 61). Mit der Mitteilung der alljährlichen Zuerkennung der Prämie war keinerlei Hinweis verbunden, der auf eine Freiwilligkeit oder Widerrufbarkeit der Leistung hingewiesen hat; die Wendung "einmalig" wurde so verstanden (natürlicher Konsens), daß die Prämie in einem Betrag ausgezahlt wird. Auch der Umstand, daß die Prämie jeweils aufgrund jährlicher Beschlüsse des Arbeitsausschusses des Aufsichtsrats zuerkannt wurde, könnte nichts daran ändern, daß diese Prämie zumindest bei gleichbleibendem Erfolg des Unternehmens dienstvertraglicher Entgeltbestandteil geworden ist (vgl Arb 9427 ua).
Der Kläger war jedoch als Mitglied des Vorstandes kein Dienstnehmer der beklagten Partei, sondern der von ihm abgeschlossene Anstellungsvertrag begründete nur ein sogenanntes freies Dienstverhältnis (freier Dienstvertrag), auf das nur jene arbeitsrechtlichen Normen (analog) anzuwenden sind, die nicht von der persönlichen Abhängigkeit des Dienstnehmers ausgehen und nicht den sozial Schwächeren schützen sollen (Arb 9371, 10.406; RdW 1988, 428 mwH; Arb 10.944 ua). Da die herrschenden dogmatischen Erklärungsversuche der betrieblichen Übung aber nicht in spezifisch arbeitsrechtlichen Vorschriften begründet sind, sondern in allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen (§ 863 ABGB; Nichtschutznormen: Arb 10.406), bestehen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes grundsätzlich keine Bedenken gegen die Anerkennung der Möglichkeit spezieller betrieblicher Übungen für die Vorstandsmitglieder oder individueller Übungen für einzelne Vorstandsmitglieder (vgl Wachter, Dienstleistungen am Rande des Arbeitsrechts, WBl 1991, 81 ff, 86). Es ist daher zu prüfen, welchen Verpflichtungswillen der Kläger dem gesamten Erklärungsverhalten (einschließlich des Anstellungsvertrages) des Aufsichtsrats (§ 75 Abs 1 AktG) entnehmen durfte und inwieweit ihm ein schutzwürdiges Vertrauen hinsichtlich seiner Überzeugung, die Prämie sei Bestandteil seines Entgelts geworden, zuzubilligen ist.
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen erfuhr der Kläger schon bei seiner Bewerbung von seinem "Amtsvorgänger", daß das Einkommen eines Vorstandsmitglieds aus dem Grundbezug und einer Erfolgsprämie bestehe, die an den Erfolg des Unternehmens geknüpft sei. Diese Erklärung stammte zwar nicht von dem für den Anstellungsvertrag zuständigen Organ der Gesellschaft, sie findet aber bereits Deckung in dem mit dem Aufsichtsrat abgeschlossenen Anstellungsvertrag. Schon der Begriff eines "Jahresgrundbezuges" setzt das Vorhandensein noch anderer Bezüge voraus. So bemißt sich etwa die Höhe der Abfertigung nach den "Gesamtbezügen" und die Höhe des Ruhegenusses nach dem letzten "Jahresaktivitätsbezug" (Beilage A). Grundlage für die Errechnung des Ruhegenusses sind die letzten "Jahresgesamtbezüge" zuzüglich des Durchschnitts der auf die letzten fünf Jahre entfallenden "Erfolgsprämie". Wie sich aus dem Dienstvertrag (Beilage A) weiter ergibt, ruht der Ruhegenußanteil, der sich aus der durchschnittlichen Erfolgsprämie errechnet, ab dem Ersten des Monats, der auf die Feststellung eines Jahresabschlusses folgt, in dem kein Reingewinn der Gesellschaft ausgewiesen ist, bis zum Ersten des Monats, der auf die Feststellung eines Jahresabschlusses folgt, in dem wieder ein Reingewinn ausgewiesen wird. Entgegen der Ansicht von Univ-Prof. Dr.Franz Marhold (Privatgutachten Seite 9) wird die Erfolgsprämie im Anstellungsvertrag somit nicht nur als bloße "Rechengröße" erwähnt, sondern auch als (allenfalls variabler) Teil des Jahresaktivitätsbezugs, dessen ausschließliche Erfolgsabhängigkeit (Reingewinn) sogar auf die Höhe des Ruhegenusses durchschlägt. Der Kläger konnte daher schon nach seinem Anstellungsvertrag der Ansicht sein, ihm sei ein Entgeltanspruch auf eine erfolgsabhängige Prämie eingeräumt worden.
Die Handhabung der Zuerkennung steht diesem Eindruck nach der für die Vertrauenstheorie maßgeblichen Sicht des Klägers (DRdA 1992, 202 ff) nicht entgegen, da sie insoweit vertragskonform erfolgte. Die jeweilige Zuerkennung der Erfolgsprämie durch den Arbeitsausschuß des Aufsichtsrats reduzierte sich im Ergebnis auf eine Bemessung der Höhe nach, wobei in den letzten Jahren bei einer bestimmten Dividendenhöhe eine betragsmäßig bestimmte Prämie zur Auszahlung gelangte (vgl SZ 25/187). Die Wendungen "einmalig" und "in Anerkennung der für das Geschäftsjahr erbrachten Leistungen" in der jeweiligen Zuerkennung blieben gegenüber der jahrelangen, an sich vorbehaltlosen Gewährung in einem bestimmbaren und konstanten Ausmaß lediglich Floskeln, die an dem erkennbar vorliegenden Verpflichtungswillen der beklagten Partei nichts ändern konnten. Die Prämie war je nach der Dauer der Unternehmenszugehörigkeit und dem Rang des Vorstandsmitglieds abgestuft; bei einem Mißerfolg eines bestimmten Ressorts gab es keine Kürzung für den für dieses Ressort Verantwortlichen. Auch in ihrer Berufung räumt die beklagte Partei ein, daß es bei den von ihr erhobenen Vorwürfen gar nicht um einen Mißerfolg in der Sparte des Klägers gehe, sondern um sein persönliches Fehlverhalten (Seite 468). Welche persönliche Auffassung der Vorstandsvorsitzende von der Verpflichtungswirkung der Prämienzusage und der daran anschließenden jahrelangen Übung hatte, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.
Auch der Einwand, daß ein Vorstandsmitglied gemäß den §§ 77 und 78 AktG nach seinem Empfängerhorizont wohl nicht davon ausgehen dürfe, daß eine einmalige Leistung anders als einmalig gewährt werde, vermag nicht zu überzeugen. Einerseits geht dieser Einwand nicht von den Feststellungen aus und andererseits verpflichtet § 78 Abs 1 AktG den Aufsichtsrat lediglich, dafür zu sorgen, daß die Gesamtbezüge der Vorstandsmitglieder in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des einzelnen Vorstandsmitgliedes und zur Lage der Gesellschaft stehen. Diese Bestimmung erlaubt keinen Eingriff in bereits entstandene vertragliche Ansprüche (rechtsstaatliches Prinzip der Vertragstreue: 301 BlgNR 10.GP 69; vgl SZ 62/4) und hätte zur Voraussetzung, daß sich die Lage der Gesellschaft verschlechtert hätte, was aber nicht der Fall war. Der Kläger gründet seinen Anspruch auf Erfolgsprämien nämlich nicht darauf, daß ihm diese unabhängig von der Lage der Gesellschaft zustehe, sondern darauf, daß auch für die Jahre 1988 und 1989 so wie in den vorangegangen Jahren eine Dividendenausschüttung von 20% erfolgt sei. Daß es im Arbeitsausschuß des Aufsichtsrats lediglich zu einem "Vorratsbeschluß" für 1988 gekommen war, ist nach den Feststellungen nicht in der Lage der Gesellschaft begründet, sondern im Zweifel, ob der Beschluß dem Vergleich zwischen Mo***** und Ma***** entspreche. Dieser Vergleich hatte aber keinen Einfluß auf die bereits erworbenen Entgeltansprüche des Klägers.
Hatte der Kläger aber einen kraft Anstellungsvertrages und dementsprechender Übung erworbenen Anspruch auf die Erfolgsprämie, ist diese Entgeltbestandteil geworden; es stand der beklagten Partei nicht frei, die Prämie zu gewähren oder zu versagen; einer besonderen "Anerkennung der Leistungen des Klägers" oder Zuerkennung bedurfte es nicht. Dem Kläger gebührt im Ergebnis sowohl die Prämie für 1988 als auch die anteilige Prämie für 1989 (vgl Martinek-M.Schwarz-W.Schwarz, AngG7 § 16 Erl 2 mwH). Sein Anstellungsverhältnis unterlag zwar nicht ex lege dem Angestelltengesetz, doch ist nach Punkt 10 des Dienstvertrages (Beilage A) in Fragen, die dieser Vertrag nicht regelt, unter Bedachtnahme auf das Angestelltengesetz zu entscheiden. Da nichts Gegenteiliges vereinbart wurde, gilt daher auch die Aliquotierungsbestimmung des § 16 AngG. Die beklagte Partei hätte dem Kläger diesen bereits erworbenen Entgeltbestandteil nicht einmal dann rückwirkend entziehen können, wenn der Kläger gerechtfertigt entlassen worden wäre. Dem Einwand der beklagten Partei, der Kläger habe diesen Entgeltteil verwirkt, da er ihr in strafbarer Weise einen Schaden zugefügt habe - was bisher nicht geprüft wurde - , kann daher nicht nähergetreten werden. Die etwa im Privatgutachten Marhold (S 13) angeführten Fälle des Rechtsmißbrauchs, die einen Widerruf von Gratifikationsleistungen ermöglichten (Erschleichung der Leistung durch Vertuschung, nicht wiedergutzumachender bzw existenzgefährdender Schaden) liegen nicht im Rahmen der Behauptungen. Soweit der Kläger die beklagte Partei geschädigt haben sollte, stehen ihr ohnehin Schadenersatzansprüche zu.
Vertragliche Aufrechnungsverbote sind nach ständiger Rechtsprechung nicht sittenwidrig, da die Gegenforderung ohnehin gesondert geltend gemacht werden kann (vgl Rummel in Rummel2 ABGB § 1440 Rz 29 mwH; Ehrenzweig, Schuldrecht3 I 606; SZ 27/197; SZ 41/68; HS 10.935; Arb 8.915; WBl 1987, 242 mwH ua). Sittenwidrig können in diesem Zusammenhang allerdings Verträge sein, die ausschließlich auf die Belastung eines weder am Vertragsabschluß beteiligten noch von den Vertragspartnern vertretenen Dritten abzielen (Arb 10.759). So ist etwa ein Dienstvertrag unwirksam, wenn er mit Schädigungsabsicht gegen einen allfälligen späteren Eigentümer geschlossen wurde (Arb 4.971; auch Arb 6.415, 6.430, 6.478, 6.621 ua). Selbst wenn man die Mo***** als Dritten ansieht (die beklagte Partei hat ihre rechtliche Natur durch den Wechsel der Aktienmehrheit nicht geändert), war im Zeitpunkt der Vereinbarung des Aufrechnungsverbots noch offen, wer im Rechtsstreit über die Übergabe der Aktien letztlich erfolgreich sein wird. Die Feststellungen der Vorinstanzen bieten dazu keine Hinweise, daß die Mitglieder des Vorstandes mit dem Aufsichtsrat das Kompensationsverbot deshalb vereinbart hätten, um die beklagte Partei zu schädigen.
Zufolge der Angriffe der Mo***** noch während des Rechtsstreites um die Aktienmehrheit, gegen die sich auch der Aufsichtsrat der beklagten Partei verwarht hatte, ist den Mitgliedern des Vorstandes ein legitimes Interesse daran zuzubilligen, daß sie sich vor unmittelbaren Entgeltkürzungen durch leichtfertig erhobene Ansprüche absichern wollten. Es kann allerdings dem Erstgericht nicht beigepflichtet werden, daß das zwischen den Parteien vereinbarte Aufrechnungsverbot generell Ansprüche jeglicher Art - sohin auch aus strafbaren Handlungen enstandene - umfaßt. Dazu ist vorerst der Umfang des Kompensationsverbotes und dessen allfällige geltungserhaltende Reduktion (Krejci in Rummel2 ABGB § 879 Rz 256) zu prüfen. Dabei ist nicht nur der Wortlaut der schriftlichen Vereinbarung von Bedeutung, sondern auch deren nähere Ausformung durch die Parteien im Zuge der langwierigen Verhandlungen; maßgeblich ist die Absicht der Parteien (vgl Rummel aaO § 914 Rz 4, 23 f).
Festgestelltermaßen sollte das als Kompromiß zustandegekommene Aufrechnungsverbot zum Zweck der Entgeltsicherung der Mitglieder des Vorstandes dazu dienen, diese vor der Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen aus Geschäftsführungsmaßnahmen und Sorgfaltsverletzungen aller Art zu schützen; leichtfertig erhobene Ansprüche sollten nicht zu einer Sistierung anstellungsvertraglicher Ansprüche führen. Eine Aufrechnung ist daher vereinbarungsgemäß nur dann zulässig, wenn der Anspruch der beklagten Partei aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung feststeht. Das in diesem Zusammenhang erwähnte Sicherungsverfahren kann wegen des zusätzlichen Erfordernisses der subjektiven oder objektiven Gefährdung (§ 379 Abs 2 EO) allerdings nur von untergeordneter Bedeutung sein und ist in dieser Form nicht geeignet, lediglich Ansprüche auf Geldforderungen rasch feststellen zu lassen.
Wesentlich ist, daß es bei den gesamten Bestrebungen des Vorstands und des Aufsichtsrats um die Frage des Schutzes der Mitglieder des Vorstands vor unmittelbarer Inanspruchnahme aus Geschäftsführungsmaßnahmen (Sorgfaltsverletzungen aller Art) gegangen ist (auch Privatgutachten Frotz vom , Beilage 23). Über allfällige strafbare Handlungen zum Schaden der Gesellschaft wurde dabei nicht gesprochen. Das Kompensationsverbot sollte für die Mitglieder des Vorstandes keinen Freibrief für Malversationen (persönliche Bereicherungen) bilden; dem hätte der Aufsichtsrat auch nicht zustimmen dürfen (§ 99 AktG). Das schriftliche Kompensationsverbot ist daher nach der aus dem Erklärungsumfeld erkennbaren Absicht der Parteien dahin einzuschränken, daß eine Aufrechnung von Ansprüchen der Gesellschaft aus Geschäftsführungsmaßnahmen (Sorgfaltsverletzungen aller Art) mit Ansprüchen aus dem Dienstverhältnis ausgeschlossen ist... Strafbare Handlungen (persönliche Bereicherungen) zum Schaden der beklagten Partei fallen nicht unter den Begriff der Geschäftsführungsmaßnahmen und sind daher vom vereinbarten Aufrechnungsverbot schon nach der Absicht der Parteien nicht umfaßt.
Im fortgesetzten Verfahren wird daher zwischen den erhobenen Gegenforderungen der beklagten Partei zu differenzieren sein. Dazu wird es vor allem erforderlich sein, daß die beklagte Partei vorerst in ihrem umfangreichen, indifferenzierten und teils auch widersprüchlichen Vorbringen eine klare Unterscheidung ihrer Ansprüche dahin vornimmt, welche Forderungen sie aus Sorgfaltsverletzungen aus Geschäftsführungsmaßnahmen ableitet und welche Forderungen aus strafbaren Handlungen des Klägers zum Schaden der Gesellschaft. Die Aufrechnungseinrede im Prozeß ist zwar eine selbständige Prozeßhandlung, die auf eine spruchgemäße Entscheidung im Urteil gerichtet ist und prozeßrechtlich eine rechtskräftige Sachentscheidung anstrebt (vgl Fasching ZPR2 Rz 1292), doch setzt auch hier die Zulässigkeit der Kompensation vereinbarungsgemäß eine bereits rechtskräftige Entscheidung voraus. Die aus Geschäftsführungsmaßnahmen (Sorgfaltsverletzungen aller Art) erhobenen Gegenforderungen sind daher nicht weiter zu prüfen; eine Aufrechnung der Klageforderung mit diesen Gegenforderungen findet nicht statt (SZ 41/68; Arb 8915 ua). Soweit aber auch aufrechenbare Gegenforderungen geltend gemacht werden, die als Schadenersatzansprüche nicht im Zusammenhang mit den Entgeltansprüchen stehen (Fasching aaO Rz 1298), sind diese ungeachtet der diesbezüglichen Zulässigkeit eines Teilurteils (vgl SZ 56/150) zu prüfen und es ist darüber zu entscheiden.
Der Zwischenantrag auf Feststellung bezieht sich auf ein streitiges Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung über das Klagebegehren letztlich abhängt. Die Feststellung ist präjudiziell und reicht in ihrer Bedeutung über den konkreten Rechtsstreit hinaus (vgl Fasching aaO Rz 1077), zumal auch erst später fällig werdende Pensionsansprüche von der Aufrechnung betroffen sein können. Während das erstgerichtliche Teilurteil daher zur Gänze wiederherzustellen ist, ist das über den Zwischenantrag ergangene Zwischenurteil (Fasching aaO Rz 1084 und 1437; WoBl 1989/88
ua) mit den aufgezeigten Einschränkungen zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 52 Abs 2 iVm 393 Abs 4 ZPO begründet.