OGH vom 29.08.2013, 8Ob85/13b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** reg GenmbH, *****, vertreten durch Dr. Friedrich Valzachi, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 2) E***** C*****, 3) S***** C*****, und 4) C***** H*****, alle vertreten durch Dr. Martin Hembach, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen 140.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der zweit bis viertbeklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 266/12w 31, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1 Das Vorliegen einer (form )gültigen Wechselbürgschaft (Art 30 bis 32 WG) ist nicht strittig (vgl dazu 8 Ob 91/11g). Nach Art 32 Abs 1 WG haftet der Wechselbürge gleich einem Bürgen und Zahler (8 Ob 227/99m; vgl auch 8 Ob 2082/96a).
1.2 Das Argument der Beklagten, die Vorinstanzen hätten unterscheiden müssen, ob es sich im Anlassfall um eine Wechselbürgschaft oder um eine Bürgschaft nach ABGB handle, ist nicht verständlich. Die Vorinstanzen haben die von den Zweit bis Viertbeklagten gegen die Bürgschaftsverpflichtung erhobenen materiellen Einwendungen ohnedies geprüft.
Im zugrunde liegenden Bürgschaftsvertrag vom wurde ausdrücklich festgehalten, dass die Zweit- bis Viertbeklagten die Haftung als Bürge und Zahler iSd § 1357 ABGB übernehmen. Die Vorinstanzen sind damit ohne korrekturbedürftige Fehlbeurteilung von einer „wechselmäßig unterlegten“ Bürgschaft ausgegangen (vgl 8 Ob 31/05z; 8 Ob 128/10x).
2.1 Die in der außerordentlichen Revision ins Treffen geführten betragsmäßigen Beschränkungen hinsichtlich der Viertbeklagten und der Zweitbeklagten haben sich nach den Feststellungen auf die ursprünglichen Wechselverbindlichkeiten aus dem Jahr 1993 bezogen. Die Wechselklage betrifft demgegenüber die modifizierten Wechselverbindlichkeiten laut Bürgschaftsvertrag vom . In der neuen Wechselwidmungserklärung wurde eine betragsmäßige Beschränkung der Wechselverpflichtungen gerade nicht vereinbart.
2.2 Das vertragswidrige Ausfüllen eines Blankowechsels muss der Schuldner darlegen und beweisen (8 Ob 87/07p). Für eine vereinbarungswidrige Vorgangsweise der Klägerin bietet die Tatsachengrundlage keinen Anhaltspunkt.
3.1 Auf § 864a ABGB haben sich die Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren nicht berufen und dazu kein Sachvorbringen erstattet. Die Behauptungs und Beweislast zur Nachteiligkeit und Ungewöhnlichkeit von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern trifft ebenfalls die Beklagten (8 Ob 31/05z). Warum die in Pkt 1 des Bürgschaftsvertrags enthaltene Regelung als überraschende Vertragsbestimmung anzusehen sein soll, wäre auch nicht ersichtlich.
3.2 Zu einer angeblichen gröblichen Benachteiligung „im Sinn des § 879 Abs 1 und Abs 3 ABGB“ im Zusammenhang mit der Haftung für künftige Forderungen haben die Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren ebenfalls kein Vorbringen erstattet. Das Gleiche gilt für „die allgemeine Sittenwidrigkeit von Bürgschaften naher Angehöriger“ aufgrund eines krassen Missverhältnisses zwischen Haftungsumfang und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Interzedenten (vgl 8 Ob 31/05z; 8 Ob 128/13x). Auch in dieser Hinsicht trifft die Behauptungs und Beweispflicht die Beklagten. Davon ausgehend hat das Berufungsgericht die Bezugnahme der Beklagten „auf die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft nach § 879 Abs 1 ABGB“ in der Berufung zutreffend als Neuerung qualifiziert.
3.3 Die von den Beklagten zitierte Entscheidung 6 Ob 212/09h hat sich auf die Haftung auch aus künftig abzuschließenden Kreditverträgen bezogen. Demgegenüber sind im Anlassfall nur Forderungen aus dem konkret zugrunde liegenden Schuldverhältnis, also dem Abstattungskredit vom , besichert.
4. Unstrittig ist, dass die Vorschriften der §§ 25c und 25d KSchG (BGBl I 1997/6) auf den Anlassfall nicht anzuwenden sind. Im erstinstanzlichen Verfahren haben sich die Beklagten darauf berufen, dass sie nicht im Sinn des Bankwesengesetzes aufgeklärt worden seien. Vielmehr sei ihnen gesagt worden, es handle sich nur um einen Formalakt. Eine derartige Äußerung konnte von den Tatsacheninstanzen allerdings nicht festgestellt werden.
Den Zweit bis Viertbeklagten war die Kreditsumme des Abstattungskredits aus dem Bürgschaftsvertrag bekannt. Der Zahlungsbetrag laut Wechselzahlungsauftrag ist hinter der Kreditsumme zurückgeblieben. Wenn die Vorinstanzen in dieser Situation mit Rücksicht auf das Sachvorbringen der Beklagten zum Ergebnis gelangen, dass Warn- und Aufklärungspflichten einen besonderen Kenntnisstand des Kreditinstituts in Bezug auf die angespannte finanzielle Lage des Kreditschuldners voraussetzten und von einer Verletzung solcher Pflichten nicht ausgegangen werden könne, hält sich diese Beurteilung im Rahmen der Rechtsprechung (RIS Justiz RS0026488; RS0113880).
Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.