OGH vom 27.08.1997, 9ObA262/97p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Heinrich Basalka und Josef Weiss als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Vladimir P*****, Arbeiter, ***** vertreten durch Dr. Gerlinde Dellhorn, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Erwin L*****, Inhaber einer Glaserei, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Kainz, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 155.299,62 brutto sA, infolge ordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 56/97g-8, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 4 Cga 147/96g-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.370,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.395,- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Der seit beim Beklagten als Glaser beschäftigte Kläger wurde mit entlassen. Am wurde er über sein Ersuchen wieder eingestellt. Das zweite Dienstverhältnis endete am durch Dienstgeberkündigung.
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, die beiden Dienstverhältnisse seien als "unmittelbar vorausgegangen" iS des nach § 2 Abs 1 ArbAbfG anwendbaren § 23 Abs 1 Satz 3 AngG zu betrachten und daher bei der Ermittlung der zeitlichen Voraussetzungen für die Abfertigung zusammenzurechnen, ist zutreffend, sodaß es genügt, auf die eingehende Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:
Gemäß Art I § 3 ArbAbfG können die Rechte, die dem Arbeitnehmer auf Grund des § 2 (Festsetzung des Abfertigungsanspruches) zustehen, durch Arbeitsvertrag oder Normen der kollektiven Rechtsgestaltung weder aufgehoben noch beschränkt werden. Diese Unabdingbarkeit liegt im übrigen auch der in der Revision ins Treffen geführten Bestimmung des § 10 des Rahmenkollektivvertrages für das Glasergewerbe zugrunde:
Auch nach dieser Bestimmung richtet sich nämlich der Anspruch auf Abfertigung nach den Bestimmungen des ArbAbfG; dieser gesetzliche Abfertigungsanspruch wird aber durch Zusammenrechnungsbestimmungen ergänzt, die regeln, unter welchen Voraussetzungen - über § 23 AngG hinausgehend - unterbrochene Dienstzeiten für den Erwerb eines kollektivvertraglichen Abfertigungsanspruches eine Einheit bilden (ZAS 1988/15; RdW 1987, 61 zu den insoweit vergleichbaren Kollektivverträgen für das Zimmermeistergewerbe und für Bauindustrie und -gewerbe). Die in der Revision angesprochene Regelung, daß die Anrechnung ua nicht für Fälle gilt, in denen das vor der letzten Unterbrechung liegende Dienstverhältnis durch eine verschuldete Entlassung iS des § 82 GewO geendet hat, bezieht sich nur auf den über den gesetzlichen Abfertigungsanspruch hinausgehenden kollektivvertraglichen Anspruch.
§ 23 Abs 1 Satz 3 AngG ist - ungeachtet seines nur auf das Aufeinanderfolgen eines Arbeiter- und eines Angestelltendienstverhältnisses abstellenden Wortlautes - auf alle Fälle unmittelbar aufeinanderfolgender Arbeitsverhältnisse mit demselben Dienstgeber anzuwenden (Ris-Justiz RS0028390). Bei unmittelbarer Aufeinanderfolge der Arbeitsverhältnisse iS der zitierten Bestimmung ist es unerheblich, aus welchen Gründen das vorangehende Arbeitsverhältnis beendet wurde - selbst die Beendigung des vorhergehenden Arbeitsverhältnisses durch Entlassung schadet nicht - weil durch den alsbaldigen Neuabschluß auch jene Situation bereinigt wird, in der der Gesetzgeber Abfertigungsansprüche versagt. (Arb 10.383; RdW 1988, 52; Martinek/Schwarz/Schwarz, AngG 445; Migsch, Abfertigung für Arbeiter und Angestellte Rz 226). Die vom Gesetz verlangte unmittelbare Aufeinanderfolge ist nicht so zu verstehen, daß ein Arbeitsverhältnis lückenlos an das nächste anzuschließen habe. Es schadet nicht, wenn eine verhältnismäßig kurze Frist zwischen dem Ende des einen und dem Beginn des nächsten Arbeitsverhältnisses liegt, wenn zugleich die Umstände auf eine sachliche Zusammengehörigkeit der beiden Arbeitsverhältnisse deuten (infas 1987 A 96; Ris-Justiz RS0028387; Migsch, aaO, Rz 225; Bydlinski in ZAS 1985, 123ff [127]). Im hier zu beurteilenden Fall, in dem der zunächst nach mehr als zehnjähriger Dauer des Arbeitsverhältnisses entlassene Kläger nach nur 11 Tagen über sein Ersuchen wieder aufgenommen wurde, ist diese Voraussetzung gegeben, zumal diese Situation bereits einer einvernehmlichen Rückziehung der Entlassung (Kuderna, Entlassungsrecht 33) nahekommt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.